© 2019 by Elsevier GmbH
Bitte nutzen Sie das untenstehende Formular um uns Kritik, Fragen oder Anregungen zukommen zu lassen.
Willkommen
Mehr InformationenB978-3-437-24950-1.00049-4
10.1016/B978-3-437-24950-1.00049-4
978-3-437-24950-1
Elsevier GmbH
Wichtige anamnestische Angaben von Patienten mit chronischer Diarrhö.
1 | Entwicklung, Dauer und Kontinuität der Symptomatik |
2 | Auslandsaufenthalte, Erkrankungen bei Kontaktpersonen |
3 | Stuhlbeschaffenheit, Stuhlbeimengungen |
4 | Bestehen einer Stuhlinkontinenz |
5 | Bestehen von abdominellen Schmerzen |
6 | Gewichtsverlust |
7 | Art der Diät, Diätumstellungen |
8 | Aktuelle Medikation |
9 | Medizinische Vorgeschichte inkl. abd. Operationen, Bestrahlungen, Bestehen eines Immundefekts (z.B. HIV-Infektion) und Essstörungen in der Anamnese |
10 | Drogenanamnese inkl. Alkoholabusus und illegale Drogen |
11 | Erfassung extraintestinaler Symptome (Hauterkrankungen, Gelenkbeschwerden, Niereninsuffizienz, Herzrhythmusstörungen) |
Mögliche Ursachen der chronischen Diarrhö. Diarrhö, chronischeUrsachen
Osmotische Diarrhö |
|
Steatorrhö |
|
Entzündliche Darmerkrankungen |
|
Infektionskrankheiten |
|
Endokrine Erkrankungen |
|
Endokrine Tumoren |
|
Neoplasien |
|
Motilitätsinduziert |
|
Medikamentös induziert |
|
Sonstiges |
|
Chronische Diarrhö
-
49.1
Definitionen379
-
49.2
Diagnostische Voraussetzungen379
-
49.3
Behandlungsmethoden380
-
49.4
Therapie mit Gallensäurebindern381
Kernaussagen
-
•
Chronische Diarrhö kann ein Symptom sehr unterschiedlicher Erkrankungen sein. Eine sorgfältige diagnostische Abklärung ist unumgänglich, eine symptomatische Therapie ohne diese Diagnostik ist nicht zulässig.
-
•
Bei bekannter, der Diarrhö zugrunde liegender Erkrankung muss diese zunächst spezifisch therapiert werden.
-
•
Cholestyramin ist als spezifische Therapie bei der chologenen Diarrhö infolge einer Störung der Gallensäurereabsorption im terminalen Ileum etabliert.
-
•
Bei chronischen Diarrhöen mit signifikantem Flüssigkeitsverlust ist die orale Substitutionstherapie mithilfe der sogenannten Oral Rehydration Solution durchzuführen.
-
•
Eine motilitätshemmende Therapie wird mit Loperamid begonnen, nur bei Therapieresistenz sollte die Tinctura opii hinzugenommen werden.
-
•
Eine generell empfohlene Diät bei chronischer Diarrhö unklarer Ätiologie gibt es bislang nicht. Eventuelle Auslöser sollten weggelassen werden. Auf eine ausreichende Kalorienzufuhr ist zu achten.
49.1
Definitionen
-
•
Von DiarrhöDiarrhö spricht man bei mehr als drei Stühlen/d, bei einer verminderten Stuhlkonsistenz und/oder beim Überschreiten eines Stuhlgewichts von 200 g/d.
-
•
Bei der SteatorrhöSteatorrhö handelt es sich definitionsgemäß um eine auf > 7 g/d erhöhte Stuhlfettausscheidung.
-
•
Halten diese Symptome länger als 2–4 Wo. an, spricht man von chronischer DiarrhöDiarrhö, chronische. Im angloamerikanischen Schrifttum wird eine Symptompersistenz von > 4 Wo. zur Diagnosestellung einer chronischen Diarrhö gefordert (CDC-Klassifikation).
Cave
Die chronische Diarrhö stellt ein Symptom sehr unterschiedlicher Krankheitsentitäten dar. Eine sorgfältigediagnostische Abklärung ist unbedingt notwendig, eine symptomatische Therapie ist nicht ohne diese Diagnostik zulässig.
49.2
Diagnostische Voraussetzungen
Anamnese
Diagnostisches Vorgehen
-
•
Nachweis von okkultem Blut bei
-
–
V.a. entzündliche Darmerkrankungen und
-
–
V.a. kolorektales Karzinom),
-
-
•
klassische mikrobiologische Stuhluntersuchungen (bakterielle Durchfallerreger, Wurmeier und Parasiten) sowie bei entsprechendem Risiko
-
•
C. difficile bzw. immunfluoreszenzbasierter Nachweis von Giardia lamblia,
-
•
gegbenenfalls Calprotectin im Stuhl und
-
•
Stuhl auf Elastase.
-
•
Laboruntersuchungen (Schilddrüsenhormone, Gewebstransglutaminase [spezifisch für die Zöliakie], HIV-Test, quantitative Immunglobuline,) und
-
•
24 h-Sammelurin auf 5-HIES stehen
-
•
bildgebende Verfahren (Abdomensonographie, MRT-Sellink Untersuchung) und
-
•
insbesondere endoskopische Untersuchungen des oberen und unteren Gastrointestinaltrakts mit der Möglichkeit der bioptischen Gewebsgewinnung
49.3
Behandlungsmethoden
Als Faustregel gilt
Bei bekannter, der Diarrhö zugrunde liegender Erkrankung muss diese zunächst spezifisch therapiert werden.
-
•
als temporäre Therapie direkt vor geplanter diagnostischer Abklärung;
-
•
als symptomatische Therapie nach ausführlicher Diagnostik, die zu keinem Ergebnis geführt hat;
-
•
als symptomatische Therapie bei bekannter Erkrankung, die aber keiner spezifischen Therapie zuführbar ist.
Empirische Antibiotikatherapie
Chronische Diarrhö bei HIV-Infektion
-
•
Cytomegalievirus (CMV),
-
•
Cryptosporidium parvum,
-
•
Clostridium difficile,
-
•
Giardia lamblia,
-
•
Isospora belli,
-
•
atypische Mykobakterien (MAC),
-
•
Enterozytozoon bieneusi.
49.4
Therapie mit Gallensäurebindern
Cave
Bei der Cholestyramingabe vor den Mahlzeiten muss das Problem einer Medikamentenadsorption bedacht werden.
Behandlung mit Octreotid
Rehydrierung und motilitätshemmende Therapie
Als Faustregel gilt
New Oral Rehydration Solution
-
•
2,6 g NatriumchloridDiarrhö, chronischeNew Oral Rehydration SolutionNew Oral Rehydration Solution
-
•
2,9 g Trinatriumcitrat 2 H2O
-
•
1,5 g Kaliumchlorid
-
•
13,5 g Glukose
-
•
ad 1000 ml Wasser
-
•
Loperamid (Imodium®, Dosierung: 2 mg nach jedem Stuhlgang, max. 12 mg/d), das auch eine sekretionshemmende Wirkung hat, und
-
•
die Tinctura opii normata (DAB; 2–20 Tropfen 3–4 ×/d). Der Einsatz der Tinctura opii ist durch die typischen opiatbedingten Nebenwirkungen limitiert.
Als Faustregel gilt
Hierbei sollte die Therapie mit dem Opiatagonisten Loperamid begonnen werden und nur bei Therapieresistenz die Tinctura opii hinzugenommen werden.
Cave
Bei der unkontrollierten Überdosierung beider Substanzen kann es zum Auftreten von (Sub-)Ileus-Zuständen kommen.
Weitere Therapieoptionen
-
•
Diarrhö, chronischeDiphenoxylatDas Diphenoxylat (Reasec®, Dosierung: 3–2(–4) Tabl./d) hat gegenüber den o.g. Medikamenten keine Vorteile und wird heute aufgrund seiner anticholinergen Nebenwirkungen praktisch nicht mehr eingesetzt.
-
•
Diarrhö, chronischeAdsorbenzienOb sogenannte Adsorbenzien oder Quell- und Stopfmittel (Kohlekompretten, Siliziumdioxid, Karaya-Bismuth) bei der symptomatischen Behandlung der chronischen Diarrhö wirksam sind, ist bislang nicht sicher erwiesen.
-
•
Diarrhö, chronischePsylliumPsyllium (Flohsamen) hat die Fähigkeit Wasser zu binden und eine gelartige Substanz zu bilden. Daher kann es auch zur Eindickung von flüssigem Stuhl angewandt werden.
-
!
Auf eine einschleichende Dosierung ist zu achten.
-
•
Diarrhö, chronische5-HT3-(Serotonin)-Rezeptorantagonisten5-HT3-(Serotonin)-Rezeptorantagonisten wirken über einen motilitätshemmenden und antisekretorischen Effekt. Die gut untersuchte Substanz Alosetron wurde aufgrund von Nebenwirkungen vor einigen Jahren vom Markt genommen. Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass auch Ondansetron – eigentlich als Antiemetikum etabliert – hier für eine symptomatische Therapie wirksam sein könnte. Eine Zulassung für diese Indikation besteht allerdings zum aktuellen Zeitpunkt nicht.
-
•
Diarrhö, chronischeUzarawurzelIm Handel erhältlich ist auch ein aus der traditionell afrikanischen Medizin stammendes Extrakt aus der Uzarawurzel (Uzara®). Grundlage der Wirkung ist neben einer Motilitätshemmung der glatten Muskulatur des GI-Trakts eine antisekretorische Wirkung, die über eine Hemmung der Na/K-ATPase vermittelt wird. Aufgrund des fehlenden Wirksamkeitsnachweises und der potenziellen digitalisähnlichen Nebenwirkungen in höherer Dosierung kann diese Therapie nicht empfohlen werden.
Diät
Cave
Wichtig ist, darauf zu achten, dass Patienten mit chronischer Diarrhö eine ausreichende Kalorienmenge zu sich nehmen, damit nicht eine Katabolie mit den daraus resultierenden deletären Komplikationen eintritt.
-
•
die Sprue (glutenfreie Diät),
-
•
erwiesene Nahrungsmittelallergien (Allergenkarenz),
-
•
Laktoseintoleranz (milchzuckerfreie Diät).
Literatur
Afzalpurkar, 1992
AGA medical position statement, 1999
Bini and Cohen, 1999
Fried, 1999
Lankisch et al., 2006
Mönkemüller and Wilcox, 2000
Schiller, 2012
Wedlake et al., 2009