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10.1016/B978-3-437-22107-1.50055-8
978-3-437-22107-1
Elsevier Inc.
Relativer Gewichtsverlust verschiedener Organe bei Hunger.
Organ | Gewichtsverlust [%] |
Leber | 40 |
Darm | 28 |
Niere | 20 |
Blut | 20 |
Herz | 18 |
Muskeln / Haut / Knochen | 8 |
Hirn | 5 |
Parameter zur Einschätzung des ernährungsbedingten Krankheitsrisikos.
• Gewichtsverlust in den letzten 6 Monaten vor Krankheitsbeginn |
• Albumin < 3,5 g/dl |
• Lymphozytenzahl < 1.500/μl |
• BMI < 18,5 kg/m2 (bei geriatrischen Patienten < 20 kg/m2) |
Bestandteile der enteralen und parenteralen Ernährung.
enteral | parenteral | |
Substrate | ||
Energie | ||
• Kohlenhydrate | • Polysaccharide | • Glukose |
• Oligosaccharide | • Xylit | |
• (Maltodextrin) | ||
• Disaccharide | ||
• Fett | • Pflanzenöle | • LKT |
• MKT | • MKT | |
• Ω3-FS | ||
Stickstoff | • Proteine | • Aminosäuren |
• Oligopeptide | • Dipeptide | |
• Aminosäuren |
Wasser, Elektrolyte, Spurenelemente, Vitamine
Minimale tägliche enterale Zufuhr von Elektrolyten [mg].
• Natrium | 550 |
• Chlorid | 830 |
• Kalium | 2.000 |
• Kalzium | 1.000–1.200 |
• Phosphor | 700 |
• Magnesium | 300 – 400 |
Empfehlungen der täglichen Nährstoffzufuhr.
enteral (nach DGE) | parenteral (nach Bäßler) | |
Vitamine | ||
• Vitamin A | 0,8 – 1,0 mg | 1,8 mg |
• Vitamin B1 | 1 – 1,3 mg | 3 – 4 mg |
• Vitamin B2 | 1,2 – 1,5 mg | 3 – 5 mg |
• Niacin | 13 – 17mg | 40 – 50 mg |
• Pantothensäure | 6 mg* | 1 0 – 20 mg |
• Vitamin B6 | 1,2–1,6 mg | 4 – 6 mg |
• Vitamin B12 | 3 μg | 1 mg i.m. (alle 3 Monate) |
• Folsäure (Folat-Äq.) | 400 μg | 160–400 μg |
• Biotin | 30 – 60 μg* | 60–120 μg |
• Vitamin C | 100 mg | 100–300 mg |
• Vitamin D3 | 5 μg | 5 μg |
• Vitamin E (Toc.-Äq.) | 11–15 mg* | 20–40 mg |
• Vitamin K3 | 66–88 μg* | 100–150 μg |
Spurenelemente | ||
• Eisen | 10 – 15 mg | 10 – 75 μmol |
• Kupfer | 1–1,5 mg* | 7–23 μmol |
• Mangan | 2–5 mg* | 3 – 14 μmol |
• Zink | 7 – 1 0 mg* | 21 – 75 μmol |
• Jod | 150–200 μg | 0,8 – 1,2 μmol |
• Molybdän | 50 – 100 μg* | 0,2 μmol |
• Fluorid | 1,5 – 4 mg | 49 μmol |
• Selen | 30 – 70 μg | 0,25 – 0,8 μmol |
• Chrom | 30–100 μg | 0,2 – 0,3 μmol |
*
Schätzwerte
Probleme der enteralen Ernährung (Häufigkeiten).
• Compliance | 10–40% |
• Übelkeit und Erbrechen | 10–15% |
• Durchfälle | 10% |
• Infektionen | selten |
• Metabolische Komplikationen | sehr selten |
Probleme der enteralen Ernährung bei 1929 Patiententagen auf ITS (nach Adam und Batson 1997).
Problem | Tage |
• Reflux in den Magen | 191 |
• Übelkeit und Erbrechen | 112 |
• Blähungen | 62 |
• Schmerzen | 20 |
• Gastrointestinale Blutung | 17 |
• Durchfälle | 16 |
• Sondendislokation | 37 |
• Sondenverstopfung | 12 |
Mangelzustände bei CED.
Morbus Crohn [%] | Colitis ulcerosa [%] | |
Gewichtsverlust | 65 – 75 | 18 – 62 |
Hypalbuminämie | 25 – 80 | 25 – 50 |
Intestinaler Eiweißverlust | 75 | 50 – 70 |
Anämie | 60 – 80 | 66 |
Eisenmangel | 38 | 81 |
Vit.-B12-, Vit.-D- und Folsäuremangel | 50 – 75 | 30–40 |
Indikationen zur peripheren parenteralen Ernährung.
Ernährung weniger als 7 Tage | |
nur teilweise Deckung des Substratbedarfs, z. B. |
|
Täglicher Bedarf, empfohlene Zufuhrraten bei parenteraler Ernährung.
Wasser | 25–45 ml/kg KG |
Energie | 25 – 30 kcal/kg KG |
• Glukose | 1,5–6 g/kg KG |
• Fett | 1 – 2 g/kg KG |
Aminosäuren | |
• Minimalbedarf | 0,6 g/kg KG |
• Standard | 0,8 – 1,5 g/kg KG |
Empfohlene parenterale Elektrolytzufuhr pro Tag [mmol/kg KG].
• Natrium | 1 – 1,5 |
• Kalium | 0,5 – 1 |
• Phosphat | 0,2 – 0,3 |
• Kalzium | 0,1–0,3 |
• Magnesium | 0,1 – 0,2 |
• Chlorid | 1 – 2 |
Labormonitoring während parenteraler Ernährung.
Parameter | Initialphase | Stabile Phase |
• Blutglukose | 4 × tgl. | tgl. bis 1 × wöchentlich |
• Na, K, Ca, P, Mg | tgl. | 1–2 × wöchentlich |
• Crea, Hst, Osmolalität, BB | tgl. | wöchentlich |
• Quick, PTT | tgl. | wöchentlich |
• Ammoniak, Laktat | tgl. | wöchentlich |
• Triglyzeride | tgl. | wöchentlich |
• ALT, AST, GGT, AP, Bilirubin | tgl. | wöchentlich |
• Blutgase, pH | tgl. | |
• Albumin | wöchentlich | monatlich |
Enterale und parenterale Ernährung bei Erwachsenen
-
Einleitung A 11 – 1
-
Nährstoffbedarf A 11 – 2
-
Enterale Ernährung A 11 – 3
-
Parenterale Ernährung A 11 – 8
–
Periphere parenterale Ernährung A 11 – 8
–
Bestandteile der parenteralen Ernährung. A 11 – 9
–
Techniken der parenteralen Ernährung A 11 – 10
–
Probleme der parenteralen Ernährung A 11 – 11
–
Überwachung der parenteralen Ernährung A 11 – 12
–
Besonder- heiten der parenteralen Ernährung bei einzelnen Krankheitsbildern A 11 – 13
Kernaussagen
-
□
Zur Ernährungstherapie werden die enterale und die parenterale Ernährung gerechnet.
-
□
Die Indikation für eine Ernährungstherapie wird in Abhängigkeit vom Ausmaß der Malnutrition gestellt, wobei der Albuminwert ein wichtiger prädiktiver Faktor für ein ernährungsbedingtes Krankheitsrisiko ist.
-
□
Die enterale Ernährung ist kostengünstiger und hat eine geringere Komplikationsrate. Sie sollte daher wenn möglich der parenteralen Ernährung vorgezogen werden.
-
□
Eine enterale Ernährung wird über nasogastrale oder nasointestinale Sonden oder eine perkutane Enterostomie verabreicht.
-
□
Für die enterale Ernährung stehen definierte Formuladiäten mit unterschiedlichen Nährstoffrelationen und -gehalten zur Verfügung.
-
□
Der Wasseranteil von Formuladiäten kann zu gering dosiert sein, für Elektrolyte, Spurenelemente und Vitamine kann zusätzlicher Ergänzungsbedarf bestehen.
-
□
Anwendung findet die enterale Ernährung etwa bei Intensivpatienten, bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, bei Leberzirrhose, bei chronischer Niereninsuffizienz, in der Onkologie und bei ausgewählten geriatrischen Patienten.
-
□
Die Indikation zur parenteralen Ernährung liegt vor, wenn eine enterale Ernährung nicht oder nicht ausreichend durchgeführt werden kann.
-
□
Stufen der parenteralen Ernährung sind
□
die Zufuhr von Wasser, Elektrolyten und Glukose,
□
die partielle Deckung des Substratbedarfs (z. B. periphere parenterale Ernährung),
□
die komplette Deckung des geschätzten Substrat-, Wasser- und Elektrolytbedarfs (totale parenterale Ernährung, TPE).
-
□
Die Infusionslösungen für die parenterale Ernährung können nach Bedarf zusammengestellt werden, auch inkomplette und komplette Nährlösungen stehen zur Verfügung.
A 11 – 1
Einleitung
•
die Verbesserung des Ernährungszustands und dadurch der Krankheitsprognose eines Patienten, sowie
•
die Minderung der Komplikationen im Krankheitsverlauf.
•
Ebenso sollen die Lebensqualität angehoben und die Lebenszeit verlängert werden.
Als Faustregel gilt:
Die kostengünstigere enterale Ernährung hat eine geringere Komplikationsrate und sollte der parenteralen Ernährung vorgezogen werden.
Pathophysiologische Grundlagen
•
Hypothetisch wird eine Beeinträchtigung der gastrointestinalen Barriere sowie des Immunsystems angenommen.
•
Dadurch kommt es zu einem Übertritt von Bakterien und Toxinen in den Körperkreislauf mit nachfolgender, systemischer Entzündungsreaktion.
Ernährungsbedingtes Krankheitsrisiko
Als Faustregel gilt:
Ein unbeabsichtigter, signifikanter Gewichtsverlust gilt als besonders guter prädiktiver Faktor für die Einschätzung des ernährungsbedingten Krankheitsrisikos.
Als Faustregel gilt:
Eine Ernährungstherapie ist indiziert
•
bei Patienten mit vorbestehender Malnutrition oder
•
mit einer zu erwartenden, inadäquaten oralen Nahrungsaufnahme über mehr als 7 Tage.
A 11 – 2
Nährstoffbedarf
Energiebedarf
•
Bettlägerige Patienten: × 1,2,
•
gehfähige Patienten: × 1,3.
•
Zusätzlich bei schwerem Trauma: × 1,35 und
•
bei Sepsis: × 1,6.
•
Patienten mit ausgedehnten Verbrennungen erhalten einen Korrekturfaktor bis zum 2fachen des REE.
Als Faustregel gilt:
Als oberer Richtwert für die Energiezufuhr bei Patienten mit schwerer Katabolie kann 40 kcal/kg KG pro Tag angenommen werden.
Nährstoffrelation
Als Faustregel gilt:
Das Verhältnis von Kohlenhydraten zu Fetten zu Eiweißen sollte beim Gesunden für den täglichen Energiebedarf 55 : 30 : 15 betragen.
-
•
Die enterale Ernährung behält diese Nährstoffrelation bei und ist in der Konzeption der so genannten Formuladiäten berücksichtigt.
-
•
Bei der parenteralen Ernährung kann entsprechend der klinischen Situation eine abweichende Relation erforderlich sein. Dies betrifft vor allem eine Reduktion der Kohlenhydratzufuhr bei gleichzeitig erhöhter Fettzufuhr (z. B. im Postaggressionsstoffwechsel mit reduzierter Glukoseutilisation) oder eine vorübergehende Reduktion der Proteinzufuhr bei manifester hepatischer Enzephalopathie.
Flüssigkeitsbedarf
Als Faustregel gilt:
Der tägliche Flüssigkeitsbedarf gesunder Erwachsener beträgt 20–45 ml/kg KG und liegt bei älteren Patienten eher im unteren Normbereich.
•
der täglichen, klinischen Beobachtung,
•
der Flüssigkeitsbilanz und
•
der hämodynamischen Kenngrößen.
Elektrolyte
Vitamine, Spurenelemente
A 11 – 3
Enterale Ernährung
•
eine enterale Ernährung > 4 Wochen über eine Enterostomie durchgeführt werden sollte.
•
Transnasale Sonden sind für kürzere Zeiträume geeignet.
•
schwere Störungen der gastrointestinalen Funktion (z. B. Ileus, Peritonitis, unstillbares Erbrechen, Malassimilation),
•
metabolische Instabilität (z. B. diabetische Ketoazidose, Coma hepaticum),
•
Kreislaufinstabilität.
A 11 – 4
Formuladiäten (bilanzierte Trink- und Sondennahrungen)
•
Hochmolekulare Diäten (Kohlenhydrate, Fett, Eiweiß) erfordern eine vollständige gastrointestinale Funktion.
–
Sie enthalten intakte Proteine (z. B. Milch- oder Sojaeiweiß) und natürliche Fette.
–
Sie sind in der Regel gluten-, laktose-, fruktose- und cholesterinfrei.
–
Die Kaloriendichte beträgt meistens 1 kcal/ml.
–
Der Normalbedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen wird bei einer Menge von ca. 1,5 l/Tag gedeckt.
•
Modifizierte hochmolekulare Diäten weisen veränderte Energiedichten (bis 1,5 kcal/Tag), Ballaststoffanteile, Substratrelationen (z. B. hoher Fettanteil, niedriger Kohlenhydratanteil bei Ateminsuffizienz) oder Fettzusammensetzungen (Austausch von LKT gegen MKT bei Malassimilation) auf.
–
Für Diabetiker stehen ballaststoffreiche Diäten mit Zuckeraustauschstoffen zur Verfügung.
–
Für Intensivpatienten im postoperativen Stress oder bei Immundefizienz steht die so genannte Immunonutrition (hoher Anteil Omega-3-Fettsäuren, Arginin, Nukleotiden oder Glutamin) zur Verfügung.
–
Sondennahrungen mit Zusätzen verzweigtkettiger Aminosäuren können für Patienten mit hepatischer Enzephalopathie verwendet werden.
•
Bei so genannten niedermolekularen Diäten besteht der Eiweißanteil aus Oligopeptiden (durch Hydrolyse) oder freien Aminosäuren. Zur Verbesserung der Resorption ist der Fettanteil reduziert bei gleichzeitig hohem Kohlenhydratanteil (hohe Osmolarität).
–
Niedermolekulare Diäten werden zur Behandlung von schweren Resorptionsstörungen (z. B. Kurzdarm) und zur jejunalen Ernährung z. B. bei akuter Pankreatitis verwendet.
–
Modifikationen betreffen z. B. einen niedrigeren Kaliumgehalt für Patienten mit Niereninsuffizienz.
–
Niedermolekulare Diäten sollten aus geschmacklichen Gründen nur über Sonde zugeführt werden.
CAVE:
-
!•
Der Wasseranteil von Formuladiäten beträgt 70 – 85 % und deckt nicht notwendigerweise den täglichen Flüssigkeitsbedarf.
-
•
Bei spezifischen Situationen kann auch für Elektrolyte, Spurenelemente und Vitamine Ergänzungsbedarf bestehen (z. B. schwere Diarrhöen).
A 11 – 5
Techniken
Ernährungssonden
Transnasale Sonden
•
Die mit einem Gleitmittel versehene Sonde kann bei kooperativen Patienten problemlos durch wiederholtes Schlucken platziert werden.
•
Alternativ können Ernährungssonden endoskopisch mit Hilfe eines Führungsdrahtes platziert werden (bei Stenosen oder großen Hiatushernien).
CAVE:
! Bei älteren Menschen ist der Hustenreflex häufig nur schwach ausgeprägt, sodass es nach Schlucken der Sonde zu unbemerkten Fehllagen kommen kann.
Kontraindikationen
CAVE:
! Bei Patienten mit Gesichts- oder Nasen-Rachenverletzungen sind transnasale Sonden kontraindiziert.
Enterostomien
-
•
Gastrostomien werden üblicherweise unter endoskopischer Sicht durchgeführt (perkutan-endoskopische Gastrostomie = PEG);
-
•
Jejunostomien werden im Rahmen abdomineller Operationen als Feinnadelkatheterjejunostomie (= FKJ) chirurgisch angelegt.
•
Wundinfektionen treten bei ca. 15%,
•
lokale Schmerzen bei 5 – 7%,
•
eine Sepsis bei < 1% der Patienten auf.
Kontraindikationen
•
Gerinnungsstörungen,
•
Peritonitis,
•
Peritonealkarzinose und
•
Aszites.
Durchführung der enteralen Ernährung
CAVE:
! Bei Sondenlage im Duodenum oder Jejunum oder bei Verwendung von niedermolekularen Diäten muss die Infusion ausschließlich kontinuierlich erfolgen.
-
•
Die Applikationsgeschwindigkeit richtet sich nach der zur Verfügung stehenden Zeit für die angestrebte Infusionsmenge sowie der Toleranz des Patienten. Adaptationsschemata für die kontinuierliche Infusion von vielen Autoren propagieren anfängliche Infusionsgeschwindigkeiten von 20 – 40 ml/Std. und eine Steigerung auf die volle Dosis binnen 2 – 3 Tagen (z. B. bei Intensivpatienten). Bei stoffwechselstabilen Patienten mit normal funktionierendem Gastrointestinaltrakt kann auch mit der Zielgeschwindigkeit begonnen werden.
-
•
Limitierende Faktoren für die Infusionsmenge sind in Tabelle 6 aufgeführt. Eine Bolusapplikation sollte mit Boli von 50 – 200 ml alle 1,5 – 3 Std. (Imitation mehrerer, kleiner Mahlzeiten) durchgeführt werden. Die maximal tolerierte Infusionsdosis liegt üblicherweise bei ca. 120 ml/Std., entsprechend der physiologischen Fluxrate in das Duodenum. In Einzelfällen werden auch höhere Infusionsgeschwindigkeiten toleriert.
-
•
Die Sondenkost sollte eine Temperatur von 20 – 25 °C haben.
A 11 – 6
Probleme der enteralen Ernährung
-
•
Dislokationen der Sonde erfordern eine Lagekorrektur oder Neuanlage.
-
•
Einem Sondenverschluss kann durch regelmäßiges Spülen vorgebeugt werden.
CAVE:
! Ein hohes Risiko für eine Aspiration mit der Gefahr einer Aspirationspneumonie besteht
•
bei bewusstseinsgetrübten Patienten mit unzureichenden Schutzreflexen und
•
bei Patienten mit postoperativ/medikamentös bedingter Magenentleerungsstörung.
-
•
Die enterale Ernährung ist bei einem Reflux von > 1 l/Tag zu vermindern. Geeignete Maßnahmen sind:
–
niedrige Infusionsrate,
–
sichere Sondenlage im Jejunum,
–
leichte Oberkörperhochlagerung (30°).
-
•
Mögliche Ursachen für Diarrhöen sind
–
Bolusgaben,
–
hohe Osmolarität der Formuladiäten,
–
bakterielle Kontamination oder die Begleitmedikation (z. B. Antibiotika).
CAVE:
! Bei beatmeten Patienten kann ein hoher PEEP Erbrechen (und Aspiration) begünstigen.
•
Dehydratation (bei ausschließlicher Gabe der Sondenkost oder zu geringer Flüssigkeitszufuhr),
•
Hyper- und Hypoglykämien sowie
•
Störungen der Kaliumhomöostase.
CAVE:
! Gefahr und klinische Bedeutung einer Hypophosphatämie bei Mangelernährung werden vielfach unterschätzt. Ein engmaschiges metabolisches Monitoring ist daher unverzichtbar (siehe unten).
A 11 – 7
Besonder- heiten der enteralen Ernährung bei verschiedenen Krankheitsbildern
Enterale Ernährung in der Intensivmedizin
•
In der Akutphase (z. B. moderate Sepsis) dürfen 15 – 20 kcal/kg KG als ausreichend angesehen werden.
•
Bei klinischer Besserung sollte die Zufuhr auf 25 – 35 kcal/kg KG gesteigert werden.
Enterale Ernährung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED)
•
Die Sondennahrung wird in diesen Fällen kontinuierlich über 24 Std. verabreicht, wobei je nach Besserung des klinischen Zustandes Therapiezeiten von 4–8 Wochen sinnvoll sind.
•
Hochmolekulare Diäten sind gleich wirksam wie niedermolekulare Diäten.
•
In der Remission ist in der Regel eine enterale Ernährung nicht indiziert.
Enterale Ernährung bei Leberzirrhose
Als Faustregel gilt:
Die Malnutrition ist ein von der Leberfunktion unabhängiger Risikofaktor.
•
Eine prophylaktische Eiweißrestriktion ist obsolet, die Eiweißzufuhr sollte 1,2 – 1,5 g/kg KG pro Tag betragen.
•
Spezielle Nährlösungen mit Anreicherung von verzweigtkettigen Aminosäuren sind nur in wenigen Fällen mit Proteinintoleranz erforderlich.
Enterale Ernährung bei chronischer Niereninsuffizienz
•
Die Eiweißzufuhr sollte zwischen 0,6 g/kg KG/Tag und 1,2 g/kg KG/Tag liegen und kann unter Dialysetherapie auf 1,5 g/kg KG/Tag gesteigert werden.
Enterale Ernährung in der Geriatrie
•
Bei Patienten mit neurologisch bedingten Schluckstörungen sollte frühzeitig die Indikation zu einer Sondenernährung geprüft werden.
•
Multimorbide, gebrechliche Ältere profitieren von enteraler Ernährung über Sonde, solange der Allgemeinzustand stabil ist.
•
Bei depressiven Patienten wird die Sondenernährung zur Überbrückung der Phase der schweren Antriebs- und Essstörung empfohlen.
•
Bei Demenz im frühen und mittleren Krankheitsstadium werden orale Supplemente empfohlen. Die enterale Ernährung bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz obliegt einer Einzelfallentscheidung, da die Auswirkungen auf funktionale Parameter und Überlebenszeit bisher nicht ausreichend untersucht wurden.
Enterale Ernährung in der Onkologie
•
Zur Durchführung der enteralen Ernährung, z. B. bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich, sollte frühzeitig (vor Operation oder Strahlentherapie) eine PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) angelegt werden. Derzeit ist die nährstoffdefinierte Ernährung (NDD) zu empfehlen.
•
Für die Tumorkatabolie gibt es derzeit keinen etablierten ernährungstherapeutischen Ansatz, jedoch erscheint die Gabe von antiinflammatorisch wirkenden Ω-3 Fettsäuren in Form von angereicherten Trinksupplementen oder auch Kapseln vielversprechend.
A 11 – 8
Parenterale Ernährung
Als Faustregel gilt:
-
•
Die Indikation zur parenteralen Ernährung ist gegeben, wenn eine enterale Ernährung nicht oder nicht ausreichend durchgeführt werden kann.
-
•
Kontraindikationen der parenteralen Ernährung sind
–
instabile Kreislaufsituationen,
–
schwere Hypoxie oder
–
Hyperhydratation.
•
Zufuhr von Wasser, Elektrolyten und Glukose,
•
die partielle Deckung des Substratbedarfs (z. B. periphere parenterale Ernährung),
•
die komplette Deckung des geschätzten Substrat-, Wasser- und Elektrolytbedarfs.
Periphere parenterale Ernährung
A 11 – 9
Bestandteile der parenteralen Ernährung
Kohlenhydrate
Glukose
CAVE:
! Eine Infusionsrate von 5 g/kg KG/Tag sollte nicht überschritten werden, da bei höherer Zufuhr (> 400 g/Tag) die Gefahr der Leberzellverfettung und Glukosurie mit osmotischer Diurese besteht.
Zuckeraustauschstoffe
Fette
•
Langkettige Fettsäuren (LKT = 9,1 kcal/g) stehen mit den Fettdepots im Körper im Gleichgewicht. Etwa 1/3 wird in 24 Std. oxidativ metabolisiert, 2/3 werden im Fettgewebe gespeichert.
•
Für mittelkettige Fettsäuren (MKT = 7 kcal/g) ist eine Speicherung nicht möglich.
•
Empfehlenswert ist ein Fettanteil von 30–35% der Gesamtkalorien, der aber z. B. bei Patienten mit Leberzirrhose auf bis zu 50% gesteigert werden kann.
•
Die Infusionsrate ist abhängig von der Fettclearance (Plasmatriglyzeride unter Infusion < 400 mg/Tag) maximal ca. 2 g/kg KG pro Tag.
CAVE:
-
!•
Lipidemulsionen verbieten sich bei Nüchterntriglyzeridspiegeln > 3 mmol/l bzw. einem Anstieg gegenüber dem Ausgangswert um das 3fache als Zeichen einer Verwertungsstörung.
-
•
Vorsicht ist geboten beim akuten progressiven Lungenversagen (ARDS) wegen der Gefahr, eine pulmonale Diffusionsstörung zu verschlechtern.
Aminosäuren
•
Aufgrund der Instabilität (Glutamin) bzw. schlechten Löslichkeit einzelner Aminosäuren (Tyrosin, Cystein) in wässriger Lösung ist keine der angebotenen Infusionslösungen komplett.
•
Für verschiedene Krankheitszustände (Nierenversagen, Leberzirrhose) werden Aminosäurelösungen angeboten, welche die fehlenden Aminosäuren in Form von Dipeptiden enthalten.
Zufuhr
-
•
Bei stabilen, nicht-katabolen Patienten wird eine ausgeglichene Stickstoffbilanz bei einer Aminosäureinfusion von 0,8 g/kg KG/Tag erzielt.
-
•
Eine höhere Zufuhr bis zur maximalen Infusionsrate von 1,5 g/kg KG/Tag ist bei katabolen Patienten (z. B. stabile Leberzirrhose) notwendig.
-
•
Eine instabile Leberzirrhose mit Zeichen einer hepatischen Enzephalopathie bedingt dagegen eine vorübergehende Dosisreduktion auf 0,5 g/kg KG/Tag oder Präparate mit ausschließlich verzweigtkettigen Aminosäuren.
Kontraindikationen
Elektrolyte
Als Faustregel gilt:
Zu beachten ist bei hoher Glukosezufuhr ein erhöhter Bedarf an Kalium und Phosphat.
CAVE:
! Besonders bei K und Ca ist wegen schwerwiegender Nebenwirkungen bei zu rascher Infusion (z. B. Rhythmusstörungen) Vorsicht geboten.
Vitamine und Spurenelemente
-
•
Vitamine sind essenzielle Nahrungsbestandteile. Auf eine Substitution kann nur bei kurzfristiger parenteraler Ernährung verzichtet werden.
-
•
Für Spurenelemente ist die Dosierung nicht abschließend geklärt.
Ein erhöhter Zinkbedarf besteht bei gastrointestinalen Erkrankungen und schwerer Katabolie.
A 11 – 10
Techniken der parenteralen Ernährung
•
Zentralvenenkatheter in peripheren Armvenen (PICC) sollten nur für zeitlich befristete TPE bis 2 Wochen verwendet werden.
•
Für alle zentralvenösen Katheter sind eine radiologische Lagekontrolle und ggf. -korrektur sowie ein streng aseptisches Arbeiten obligat.
•
Die Infusion der Nährlösung sollte kontinuierlich erfolgen. Es werden jedoch auch Regime mit infusionsfreien Intervallen praktiziert, um dem Patienten mehr Bewegung zu ermöglichen.
A 11 – 11
Probleme der parenteralen Ernährung
•
Fehllagen,
•
Punktionen von Arterien oder Nerven,
•
Luftembolien oder ein
•
Pneumo- und/oder Hämatothorax.
•
Katheterverschluss,
•
Thrombosen oder
•
lokale/systemische Infektionen (Kathetersepsis!) auftreten.
CAVE:
Eine unklare Temperaturerhöhung im Verlauf einer TPE ist immer verdächtig auf eine Kathetersepsis. Der Katheter muss gewechselt werden.
Überhöhte oder mangelnde Nährstoffzufuhr
-
•
Im Verlauf der parenteralen Ernährung kann eine inadäquat hohe Glukosezufuhr z. B. zu Insulinresistenz, osmotischer Diurese oder zur Verschiebung von Kalium und Phosphat von extra- nach intrazellular führen.
-
•
Bei hoher Fettzufuhr kann durch eine verminderte Plasmaklärrate eine Hypertriglyzeridämie auffallen.
-
•
Eine überhöhte Aminosäurezufuhr kann über eine hohe Harnstoffproduktion einen Anstieg der glomerulären Filtration und eine Nierenschädigung bedingen.
-
•
Häufig kommt es unter längerfristiger TPE zum Anstieg der Cholestaseparameter, wobei die Ursachen nicht vollständig geklärt sind.
-
•
Ein Vitaminmangel unter lang andauernder TPE ist auch bei „vollständiger” Supplementierung häufig. Ursachen sind mangelnde Stabilität in Mischlösungen und unausgewogene Komposition der Präparate.
–
Am häufigsten ist ein Mangel an Vitamin C und B6.
–
Kritisch kann ein Mangel an Vitamin B1 (Thiamin; gehäuft bei Alkoholikern mit vorbestehender Thiamindepletion) durch eine Laktatazidose werden.
Als Faustregel gilt:
Einer Organdysfunktion ist durch eine bedarfsgerechte Nährstoffzufuhr bzw. frühzeitige Umstellung auf enterale Ernährung vorzubeugen.
A 11 – 12
Überwachung der parenteralen Ernährung
•
Eisenstatus,
•
Zink,
•
die Vitamine A, B1, B6, B12, C, D3 und
•
Folsäure bestimmt werden.
A 11 – 13
Besonder- heiten der parenteralen Ernährung bei ausgewählten Krankheitsbildern
Leberzirrhose
•
Der Energiebedarf liegt etwa 10% über dem nach Harris und Benedict errechneten Bedarf.
•
Meist können Standardnährlösungen verwendet werden.
•
Einzelne Autoren empfehlen einen höheren Fettanteil bis ca. 50%.
•
Der Bedarf an wasserlöslichen Vitaminen ist erhöht (doppelte Standarddosis).
Akute Pankreatitis
•
Es kann eine Standardnährlösung verwendet werden.
•
Der Energiebedarf kann phasenabhängig schwanken (77–39% Harris und Benedict), sodass in der Anfangsphase eine reduzierte Zufuhr von 10–15 kcal/kg KG/Tag empfohlen wird.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
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