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10.1016/B978-3-437-24950-1.00016-0
978-3-437-24950-1
Elsevier GmbH
Klassifizierung thorakoabdomineller Aneurysmen.
Typ | Beschreibung |
I | Erweiterung der gesamten Aorta thoracica descendens mit Einbeziehung der Viszeralarterien bis an die Nierenarterien heran |
II | Erweiterung der überwiegenden Abschnitte der Aorta thoracica descendens und der Aorta abdominalis mit Einbeziehung der Viszeral- und Nierenarterien |
III | Erweiterung der mittleren und distalen Aorta thoracica descendens mit Einschluss der gesamten abdominalen Aorta |
IV | Erweiterung des zwerchfellnahen Anteils der Aorta mit Einschluss der Viszeral- und Nierenarterien |
Thorakoabdomineller Aortenersatz Januar 1981–Mai 2009.
Gesamt | Paraparese | Paraplegie | Dialyse* | Exitus | |||||
N | % | N | % | N | % | N | % | ||
Ruptur | 130 | 4 | 3 | 9 | 7 | 19 | 14,6 | 21 | 16 |
Dissektion | 158 | 10 | 6 | 14 | 9 | 15 | 9,5 | 20 | 12,5 |
Intakt | 744 | 32 | 4 | 34 | 4,5 | 41 | 5,5 | 55 | 7 |
Insgesamt | 1032 | 46 | 4,4 | 57 | 5,5 | 78 * | 7,5 | 96 | 9,3 |
*
7 Patienten waren bereits präoperativ dialysepflichtig
Erkrankungen der Aorta
Kernaussagen
-
•
Akute Erkrankungen der Aorta ascendens (akutes AortensyndromAortensyndrom, akutes) haben unter konservativer Therapie eine Letalität von bis zu 80% innerhalb von 14 d und müssen deshalb unter Umständen sofort chirurgisch therapiert werden.
-
•
Wichtigster prädisponierender Faktor zur Entwicklung eines akuten Aortensyndroms (AAS) ist die Zunahme des Aortendurchmessers.
-
•
Wichtigstes Zeichen eines akuten Aortensyndroms ist der vernichtende Schmerz, der allerdings auch untypisch erscheinen oder sogar fehlen kann. Auch eine akute Symptomatik mit Beteiligung zweier oder mehrerer anatomisch voneinander entfernt gelegener Organsysteme ist typisch für das akute Aortensyndrom. Ein thorakaler Vernichtungsschmerz legt, nach Ausschluss eines Myokardinfarkts, den V. a. eine akute Aortendissektion nahe und muss sofort diagnostisch abgeklärt werden.
-
•
Stanford-A-Dissektionen der Aorta ascendens bedürfen in aller Regel der notfallmäßigen bzw. dringlichen operativen Sanierung, während die Stanford-B-Dissektionen der Aorta descendens von einer konservativen Therapie mit sorgfältiger Blutdruckeinstellung unter intensivmedizinischen Bedingungen profitieren und nur bei Komplikationen operiert bzw. interventionell versorgt werden müssen.
-
•
Jeder Verdacht muss computertomographisch abgeklärt werden. Die CT-Untersuchung sollte möglichst EKG-getriggert durchgeführt werden, zur Diagnose eines intramuralen Hämatoms (IMH) müssen idealerweise zwei Serien ohne und mit Kontrastmittelgabe aufgenommen werden. Alternativ kann bei schneller Verfügbarkeit auch das MRT zur Diagnostik herangezogen werden, was besonders bei jüngeren Patienten durch fehlende Strahlenbelastung Vorteile bietet. Als Operationsindikation bei einem thorakoabdominellen Aneurysma wird das asymptomatische große Aneurysma (> 6 cm) oder ein Aneurysma mit einer Größenprogredienz von > 0,5 cm/J. angesehen, wobei die Konfiguration, Risikofaktoren und genetische Disposition des Aneurysmas in die Indikationsstellung mit einzubeziehen ist.
-
•
Bei Aneurysmen der Aorta abdominalis besteht eine Operationsindikation ab einem Aneurysmadurchmesser ≥ 5,5 cm oder bei raschem Größenwachstum ≥ 1 cm/J.
-
•
Bei asymptomatischen Aneurysmen der Beckenarterien besteht eine Operationsindikation ab einem Aneurysmadurchmesser von 3 cm.
-
•
Symptomatische abdominale Aneurysmen und Aneurysmen der Beckenarterien sowie penetrierende oder gar rupturierte Aneurysmen sind notfallmäßig zu versorgen.
16.1
Akutes Aortensyndrom
16.1.1
Einleitung
-
!
Im Gegensatz zu Erkrankungen distal des Abgangs der linken Arteria subclavia (Stanford B) zeigen akute Erkrankungen der Aorta ascendens (Stanford A) unter konservativer Therapie eine Letalität von bis zu 80% innerhalb von 14 Tagen und müssen deshalb meist sofort chirurgisch therapiert werden.
Definition, Häufigkeit und Spektrum
Aortendissektion
-
•
Die Einrissstelle der Intima mit Durchtritt von Blut in die Aortenmedia (Entry) als Ursprungsort der Dissektion findet sich meist in der Aorta ascendens, seltener im Aortenbogen.
-
•
Die Dissektionslamelle kann auf die Aorta ascendens begrenzt bleiben; typisch ist jedoch eine Ausdehnung über den Aortenbogen bis in die thorakale und abdominelle Aorta.
-
•
Aortenruptur inklusive Perikardtamponade,
-
•
schwere Aortenklappeninsuffizienz durch Zerstörung des komplexen räumlichen Gefüges des Klappenhalteapparats im Bereich der Aortenwurzel sowie
-
•
die Okklusion von Seitenästen der Aorta mit Infarkten oder Ischämie von Myokard, Hirn, Rückenmark, Mesenterium, Nieren oder Extremitäten.
Intramurales Hämatom
Aortenulkus
-
•
Bei Arrosion von Vasa vasorum der Aortenmedia durch das zentrale Ulkus des Aortenplaques kann es zur schmerzhaften intramuralen Blutung (bis zur Tunica media) kommen. Diese Blutung ist im Gegensatz zur IMH meist lokalisiert und führt selten zur klassischen Dissektion.
-
•
Eine akute Symptomatik kann fehlen und nicht selten führt ein triviales Trauma zur letalen Aortenruptur; typisch ist die Entwicklung von Pseudoaneurysmen und Thromboembolien.
-
•
Penetrierende Ulzera sind typisch für den Aortenbogen oder die Aorta descendens; Ulzera der Aorta ascendens sind prognostisch besonders ungünstig, treten jedoch selten auf.
Risikofaktoren akuter Typ-A-Aortenerkrankungen
Aortendurchmesser
Als Faustregel gilt
Wichtigster prädisponierender Faktor zur Entwicklung akuter Aortensyndrome ist die Zunahme des Aortendurchmessers.
Aneurysma verum
-
•
Symptome entstehen chronisch hauptsächlich durch Organkompression (Dysphagie, Lähmung des Nervus recurrens, obere Einflussstauung) und akut meist durch gedeckte Perforation, selten durch akute Zunahme des Aortendurchmessers ohne Wandruptur.
-
•
Das Aneurysma verum kann zur Entwicklung klassischer Dissektionen und einer IMH führen; Dissektionen und IMH können sich jedoch auch in einem normkalibrigen Aortenrohr entwickeln.
-
•
Als grobe Richtschnur gilt, dass die Aortenwurzel/Aorta ascendens bei Patienten ohne Elastopathie (z. B. Ehlers-Danlos-Syndrom) ≥ 55 mm Durchmesser prophylaktisch ersetzt werden sollte.
-
•
Bei gleichzeitiger chronischer Dissektion der Aorta descendens sollte ab einem Aszendensdurchmesser ≥ 60 mm chirurgisch interveniert werden.
-
•
Beim Marfan-Syndrom sollte die Aortenwurzel ab einem Durchmesser ≥ 50 mm bzw. bei zusätzlichem Vorhandensein von Risikofaktoren wie z. B. familiär gehäufter Aortendissektion oder Zunahme des Aortendurchmessers > 3 mm/J., bereits ab einem Durchmesser ≥ 45 mm elektiv ersetzt werden.
-
•
Bei Patienten mit bikuspid angelegter Aortenklappe und Vorhandensein von Risikofaktoren sollte ab einem Durchmesser ≥ 50 mm chirurgisch interveniert werden.
Weitere Risikofaktoren
-
•
Bei zwei Dritteln aller akuten Aortensyndrome liegt eine arterielle Hypertonie als Risikofaktor vor, die meist um das 50. Lebensjahr zu aortalen Komplikationen führt.
-
•
Bei einem weiteren Drittel manifestiert sich das akute Aortensyndrom im Alter um das 30. Lj. aufgrund eines Marfan-Syndroms.
Typisch sind Dissektion und Ruptur der Aorta ascendens, die meist nach progredienter Dilatation der Aortenwurzel entstehen und für 80% der Todesfälle unbehandelter Marfan-Patienten verantwortlich sind.
-
•
Nach chirurgischem Aortenklappenersatz ist das Risiko eines akuten Aortensyndroms ebenfalls erhöht. So entstehen bei 0,6% aller Aortenklappenersatzoperationen Monate bis Jahre postoperativ Dissektionen der Aorta ascendens, die eine Letalität von 50% aufweisen. Daneben kann es aber auch beim Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) in seltenen Fällen zur Aortendissektion kommen (0,2%). Diese tritt im Unterschied zum konventionellen Vorgehen i.d.R. akut periprozedural auf und erfordert meist notfallmäßige chirurgische Intervention.
-
•
Bei Patienten mit (korrigierter) Aortenisthmusstenose findet man häufig eine bestimmte Form der bikuspiden Aortenklappe. Für diese Patienten, die beide Pathologien gleichzeitig aufweisen, besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Aortenaneurysmas bzw. einer Aortendissektion. Wird die Koarktation der Aorta unter Verwendung der Patch-Technik nach dem 13. Lj. korrigiert, besteht im Bereich des voroperierten Aortenisthmus die erhöhte Gefahr der Aneurysmabildung.
-
•
Weitere prädisponierende Erkrankungen akuter Typ-A-Pathologien sind
-
–
Ehlers-Danlos-Syndrom Typ IV,
-
–
anuloaortale Ektasie,
-
–
familiäre Aortendissektion,
-
–
Turner-Syndrom,
-
–
Noonan-Syndrom,
-
–
Pfaundler-Hurler-Syndrom,
-
–
Osteogenesis imperfecta,
-
–
Takayasu Aortitis,
-
–
Riesenzellarteriitis,
-
–
Morbus Behçet,
-
–
rheumatische Aortitis,
-
–
systemischer Lupus erythematodes,
-
–
Aortitis bei Morbus Ormond (retroperitoneale Fibrose),
-
–
Loeys-Dietz-Syndrom,
-
–
Morbus Cogan,
-
–
mykotische Aortitis und
-
–
Aortitis luetica (heute selten).
-
-
•
Zu den Risikofaktoren zählt ferner die Einnahme von Kokain und Amphetaminen.
16.1.2
Diagnose
Als Faustregel gilt
Jeder klinische V. a. das Vorliegen eines akuten Aortensyndroms sollte mittels tomographischer Bildgebung definitiv bestätigt oder ausgeräumt werden.
Klinisches Bild
-
•
Aortensyndrom, akutesDiagnoseWichtigstes Zeichen einer akuten Aortenerkrankung ist der „aortale Schmerz“, der als Vernichtungsschmerz innerhalb weniger Sekunden bis Minuten sein Maximum erreicht.
-
–
Typisch ist ein reißender Schmerzcharakter und der zeitlich zwei- oder mehrgipflige Verlauf mit Verlagerung der Schmerzlokalisation entsprechend der Propagation eines Dissekats in der Aorta und ihrer Seitenäste.
-
–
Auch eine pulsierende Schmerzsymptomatik wird wiederholt beschrieben.
-
!
Stets bleibt zu bedenken, dass akute Aortensyndrome auch mit untypischem oder kaum vorhandenem Schmerz assoziiert sein können.
-
-
•
Zusätzliche Zeichen sind die Erweiterung des Mediastinums und/oder des Aortenschattens in der Röntgenaufnahme des Thorax sowie
-
•
der Nachweis von Puls- oder Blutdruckdifferenzen der oberen und unteren Extremität und
-
•
der auskultatorische Nachweis eines Diastolikums an der Aortenklappe als Ausdruck einer akuten Aortenklappeninsuffizienz, die bei 40–60% der Typ-A-Dissektionen auftritt.
-
–
Zudem typisch für ein akutes Aortensyndrom ist jede akute Symptomatik mit Beteiligung zweier oder mehrerer anatomisch voneinander entfernt gelegener Organsysteme.
Eine Fistelbildung zum Gastrointestinum (meist Ösophagus und Duodenum) oder zu den Bronchien kann beispielsweise zu gastrointestinaler Blutung oder Hämoptysen führen.
-
Cave
-
!
Zur Fehldiagnose verleiten die Präsentation als
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–
akuter Myokardinfarkt (durch Okklusion der Koronararterien),
-
–
akutes Linksherzversagen (durch Aortenklappeninsuffizienz),
-
–
akutes Abdomen (durch Mesenterialischämie) und
-
–
Synkope (meist durch Perikardtamponade) sowie
-
–
zentral-neurologische Symptome wie z. B. Hemiparese (durch Dissektion/Verlegung der supraaortalen Äste).
-
Bildgebende Verfahren
-
•
Transthorakale und transösophageale Echokardiographie (TTE/TEE) sind die Verfahren der Wahl bei eingeschränkt transportfähigen Patienten, da sie bettseitig auch in der Notaufnahme oder auf der Intensivstation einsetzbar sind.
Ein zusätzlicher Vorteil ist die Möglichkeit zum intraoperativen Monitoring und zur Führung der Intervention zur Lokalisation von Intimaeinrissstellen, die mittels membranbeschichteter Stents abgedichtet werden sollen.
Cave
-
!
Die distale Aorta ascendens, der proximale Aortenbogen sowie die Aorta abdominalis entgehen der zuverlässigen Beurteilung durch die TEE.
-
•
Die kontrastmittelverstärkte Computertomographie (XCT) ist das am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Diagnose einer akuten Aortenerkrankung und sollte zur Vermeidung von Bewegungsartefakten möglichst EKG-getriggert durchgeführt werden (s. o.).
-
•
Die Kernspintomographie (MRT) mit Angio-MRT hat durch die Möglichkeit zur praktisch beliebigen Anlage von Schnittebenen und durch ein exzellentes anatomisches Mapping auch benachbarter Weichteilorgane eine optimale diagnostische Treffsicherheit (Sensitivität 98%). Zeitaufwand, Kosten, limitierte Verfügbarkeit und Kontraindikation bei magnetischen Implantaten und Schrittmachern begrenzen jedoch den Einsatz dieses Verfahrens.
-
!
Eine Aortographie geht mit erhöhter Letalität einher, weist Aortenwandpathologien ohne luminale Komponente nicht nach und liefert – mit Ausnahme der Koronarangiographie – keine zusätzliche Information zur nichtinvasiven Diagnostik.
-
!
Deshalb wird die invasive Diagnostik nur in ausgewählten Fällen empfohlen, beispielsweise vor interventioneller Therapie zur Beurteilung akuter viszeraler Malperfusionen vor perkutaner Fensterung der Dissektionslamelle.
16.1.3
Therapeutische Strategien
Grundsätzlich gilt
Patienten sollten bereits bei V. a. ein akutes Aortensyndrom intensivmedizinisch überwacht werden.
-
•
Hierbei wird vorrangig die intravenöse Gabe von β-Rezeptorenblockern empfohlen, die neben der Blutdrucksenkung über eine verminderte Inotropie des linken Ventrikels auch die aortale Wandspannung vermindern.
-
•
Kalziumantagonisten werden eingesetzt, wenn Kontraindikationen gegen Betablocker vorliegen.
-
•
Die Gabe von Vasodilatatoren ist indiziert, wenn die Monotherapie zur Blutdruckkontrolle nicht ausreicht.
Chirurgische Therapie
-
•
Grundsätzlich ist eine klappenerhaltende Operationsstrategie wünschenswert; bei Destruktion der Aortenwurzel ist jedoch oft ihr kompletter Ersatz mittels klappentragendem Conduit notwendig. Hierbei müssen die Koronararterien in die Aortenprothese reimplaniert werden.
-
•
Die perkutane Intimamembranfensterung und die Aortenstentimplantation sind interventionelle Therapieoptionen bei Komplikationen in der Aorta descendens nach erfolgreicher Operation im Bereich der Aorta ascendens.
-
•
Die Intimamembranfensterung wird bei Organ- oder Extremitätenischämie eingesetzt, die aufgrund einer Kompression des wahren Lumens durch das falsche Lumen entsteht.
Indem die Intimamembran mittels einer Brockenborough-Nadel durchstoßen wird, lässt sich die Ischämiesymptomatik oft innerhalb weniger Minuten beseitigen.
-
•
Aortenstentgrafts werden zunehmend zur Versorgung von Komplikationen in der Aorta descendens eingesetzt. Sie können zur Stabilisierung von Dissektionen oder lokalisierten Aneurysmen führen, indem sie eine Thrombosierung des falschen Lumens oder des Aneurysmas induzieren. Verwendet werden zumeist Stents von 10–16 cm Länge und 30–44 mm Durchmesser, die unter Vollnarkose implantiert werden.
16.2
Aortenaneurysmen
16.2.1
Einleitung
Inzidenz
Auslöser
Formen
-
•
das mit einer chronischen entzündlichen Wandverdickung (Aortitis) einhergehende, inflammatorische Aneurysma und
-
•
das durch eine bakterielle Infektion ausgelöste mykotische Aneurysma.
Therapieziele
-
•
die Beseitigung der Rupturgefahr oder
-
•
beim schon rupturierten oder penetrierten Aneurysma die Beseitigung der Blutungsquelle.
16.2.2
Thorakale (Descendens-)Aneurysmen
16.2.3
Thorakoabdominelle Aneurysmen
Operationsindikation
Als Faustregel gilt
Als Operationsindikation gilt das degenerative, asymptomatische große thorakoabdominelle Aneurysma (> 6 cm) oder ein Aneurysma mit einer Größenprogredienz von > 0,5 cm/J., wobei die Konfiguration des Aneurysmas in die Indikationsstellung miteinzubeziehen ist. Bei Patienten mit hereditärer Bindegewebserkrankung kann die Operationsindikation schon bei einer Größe > 5,0 cm gesehen werden. Auch eine Größenzunahme von > 0,5 cm/J. kann unabhängig von oberen Grenzwerten eine Operation rechtfertigen.
-
•
Rückenschmerzen,
-
•
Oberbauchschmerzen,
-
•
Inappetenz,
-
•
Schluckbeschwerden,
-
•
Gewichtsverlust,
-
•
Heiserkeit sowie
-
•
Atemnot.
Kontraindikationen
-
•
therapierefraktärer Herzinsuffizienz,
-
•
therapierefraktärer Einschränkung des pulmonalen Gasaustauschs und
-
•
konsumierenden Erkrankungen
Therapiemöglichkeiten
-
•
Konventionelle Operation – Vorgehen: Der Zugang zur thorakoabdominellen Aorta erfolgt über eine Thorakolaparotomie in Rechtsseitenlage mit zirkulärer Durchtrennung des Zwerchfells.
Der besseren Übersicht wegen sowie zur Vermeidung mediastinaler Kompression ist dabei eine seitengetrennte Beatmung über einen Doppellumentubus mit intermittierendem Kollaps der linken Lunge notwendig.
-
•
Größere Blutverluste werden intraoperativ aufgefangen und nach dem Cell-Saver-Prinzip retransfundiert.
-
•
Die Rekonstruktion des Aneurysmas mit Implantation einer Dacron-Prothese erfolgt in der Graft-Inclusion-Technik nach Crawford mit Reimplantation der Viszeral-, Nieren- und Segmentarterien. Dabei wird das Clamp-and-Repair-Prinzip angewendet.
-
•
Jeweils eine Nieren- und eine Viszeralarterie werden mit 4 °C kalter Kochsalzlösung flush-perfundiert, um die Ischämietoleranz zu verlängern.
-
•
Bei größeren Aneurysmen und zur kardialen Entlastung kommen innere und äußere Shunttechniken zur Anwendung, die eine retrograde Perfusion der Segmentarterien und Viszeralsegmente sowie auch die Perfusion der unteren Extremitäten während der Aortenabklemmung erlauben.
-
•
Die Reimplantation von rückenmarkversorgenden Segmentarterien erfolgt unter Berücksichtigung der spinal abgeleiteten evozierten Potenziale.
Operationsrisiken
Eigene Ergebnisse
Alternative Behandlungsmöglichkeiten (Hybridoperationen, endovaskuläre Therapie)
16.2.4
Aneurysmen der Aorta abdominalis und der Beckenarterien
Operationsindikation
Als Faustregel gilt
-
•
Eine Operationsindikation besteht deshalb ab einem Aneurysmadurchmesser ≥ 5,5 cm auch bei raschem Größenwachstum ≥ 1 cm/J. Für Beckenarterien gilt die Operationsindikation ≥ 3 cm.
-
!
Symptomatische Aneurysmen (Patienten mit druckschmerzhaftem Aneurysma, Flanken-, Bauch- oder Rückenschmerzen), penetrierende oder gar rupturierte Aneurysmen sind notfallmäßig zu versorgen.
Kontraindikationen
Konventionelles operatives Vorgehen
-
•
Der Zugang zur Bauchaorta erfolgt im Regelfall über eine mediane oder – seltener – durch eine quere Laparotomie.
-
–
Der transperitoneale Zugang erlaubt die schnellste Exposition, die beste Übersicht, die beste Beurteilung der Darm- und Eingeweidezirkulation und den sichersten Wundverschluss und erscheint deshalb am vorteilhaftesten für den Patienten.
-
–
Lediglich beim schweren Verwachsungsbauch sollte der extraperitoneale oder thorakoabdominelle Zugang in Erwägung gezogen werden, wenn die Verwachsungsbeschwerden nicht per se eine kurative Laparotomie rechtfertigen.
-
-
•
Die Kunststoffprothese wird in der Graft-Inclusion-Technik eingebracht, bei einem einfachen Aortenaneurysma als Rohrprothese, bei einer aortoiliakalen Erkrankung als aortobiiliakale Prothese (Y-Prothese). Eine offene A. iliaca interna sollte dabei in jedem Fall zur Vermeidung einer Glutealischämie erhalten bleiben. Die Prothesenschenkel werden dabei nicht in die Leistenbeuge durchgezogen sondern iliakal anastomosiert.
-
•
Rückblutende Lumbalarterien werden umstochen.
-
!
Cave: Eine schwach rückblutende A. mesenterica inferior in Zusammenhang mit einem zyanotischen rektosigmoidalen Übergang ist ein Warnhinweis und sollte Anlass zu einer Reimplantation des Gefäßes sein.
Komplikationen
-
•
Die Letalität für Elektiveingriffe war mit 1,5% sehr gering.
-
•
Ischämische Komplikationen der Bein- und Beckenarterien durch Ausschaltung der inneren Beckenzirkulation oder Embolien oder als Folge einer vorbestehenden arteriellen Verschlusskrankheit traten mit einem Risiko von 2,06% auf.
-
•
Darmischämien waren in 1,16% der Fälle zu verzeichnen.
-
•
Häufiger kommt es durch Schädigung des Ganglion mesentericum oder Plexus hypogastricus zu einer Potenzstörung, meist in Form einer retrograden Ejakulation.
Endovaskuläres Vorgehen – EVAR (Endovascular Aortic Repair)
-
•
Dabei wird entweder durch inguinale Punktion oder durch eine Freilegung der Leistengefäße eine in einem Kathetersystem montierte Aortenprothese eingebracht, unter Durchleuchtung in die Aorta vorgeschoben und dort freigesetzt. Es gibt verschiedene Stentprothesen, die suprarenal oder infrarenal eingebracht werden können.
-
•
Zur besseren Verankerung werden die Nierenarterien mit einer „ungecoverten“ Stentreihe (ohne Gewebeüberzug, um eine Durchblutung der Nierenarterien zu gewährleisten) überstentet. Diese Stents haben zum Teil Häkchen, die sich in der Aortenwand verankern.
-
•
Die Aorta kann mit einer „Rohrprothese“ oder einer aortobiiliakalen Rekonstruktion versorgt werden.
Bei einseitigem Verschluss oder Stenose einer Beckenarterie kann der Stent uniiliakal eingebracht und mit einem Cross-over-Bypass kombiniert werden.
Limitationen des Verfahrens
-
•
ein zu kurzer infrarenaler Hals (aktuell mind. 15 mm) kann eine sichere Verankerung der Prothese unmöglich machen;
-
•
Iliakalaneurysmen, die über die Iliakalbifurkation hinausreichen, können eine sichere distale Verankerung verhindern;
-
•
durch Angulationen im Zugangsweg und im Aneurysma selbst;
-
•
durch Stenosen und Verschlüsse der Zugangswege im Bereich der A. femoralis und A. iliaca.
Komplikationen
-
•
Endoleaks: Perfusion des Aneurysmasacks durch Undichtigkeiten, entweder am Aneurysmahals, durch Perfusion über Lumbalarterien und die A. mesenterica inferior oder durch Prothesenbruch;
-
•
Migration der Prothese;
-
•
Prothesenverschlüsse.
Studienergebnisse
-
•
In einer prospektiv randomisierten Studie wurde die endovaskuläre Versorgung eines Bauchaortenaneurysmas (EVAR) mit der offenen Versorgung verglichen. In der EVAR-Trial-1-Studie wurden 1082 Patienten randomisiert. Die 30-Tage-Mortalität in der EVAR-Gruppe betrug 1,7%, in der offenen Gruppe 4,7%.
-
•
Im DREAM-Trial und im EUROSTAR-Register wurden die 3-Jahres-Ergebnisse für die endovaskuläre Ausschaltung von Bauchaortenaneurysmen analysiert:
-
–
Die 3-Jahres-Überlebensrate betrug für DREAM 87,6%, für EUROSTAR 86,8% und
-
–
für den Parameter „keine sekundären Prozeduren“ im DREAM-Trial 85,7% und im EUROSTAR-Register 86,9%.
-
-
•
Im randomisiert prospektiven OVER-Trial konnte eine geringere Sterblichkeit der EVAR-Patienten bis zu 3 J. gezeigt werden, im Langzeitverlauf aber zeigt sich ein Verlust dieses Überlebensvorteils im Vergleich mit der konventionell operierten Gruppe. Interessanterweise profitierten gerade jüngere Patienten von der endovaskulären Therapie.
-
•
Analog finden die Autoren einer aktuellen Metaanalyse keinen definitiven Langzeitüberlebensvorteil in der EVAR-Gruppe, beschreiben aber signifikant niedrigere Risiken für Reintervention und Aneurysmaruptur bei konventionell operierten Patienten.
16.3
Aortendissektion
16.3.1
Einleitung
Pathologischer Verlauf
-
•
Es bildet sich im Bereich der Media ein Falschkanal, der sich durch die Druckwelle des Bluts weiter nach distal oder retrograd nach proximal wühlt. Danach fließt das Blut in zwei Röhren, dem „wahren“ und dem „falschen“ Lumen.
-
•
Durch Wiedereinriss der Membran kommt es entweder zur hämodynamischen Selbstheilung oder die Adventitia perforiert und der Patient verstirbt im Blutungsschock bzw. an einer Perikardtamponade.
Lokalisation
-
•
in der Aorta ascendens: Typ Stanford A, de Bakey I oder
-
•
in der Aorta descendens distal des Abganges der A. subclavia: Typ Stanford B, de Bakey III.
-
•
De Bakey unterscheidet noch einen Typ II, der nur die A. ascendens betrifft.
Prognose
-
•
Patienten mit einer Typ-A-Dissektion sterben durch eine intraperikardiale oder freie intrapleurale Aortenperforation, eine akute Aortenklappeninsuffizienz oder, weniger häufig, durch eine koronare Ischämie oder zerebrale Komplikationen.
-
•
Die freie Aortenruptur ist bei der Stanford-B-Dissektion selten. Diese Patienten sind eher durch Ausbildung peripherer Ischämien (Viszeral-, Nieren- und Extremitätenischämie) gefährdet.
16.3.2
Diagnostik
-
•
Als Basisdiagnostik hat sich dabei das Kontrastmittel-Computertomogramm (CT) bewährt, mit dem sehr schnell und sicher das Ausmaß der Aortendissektion, eine eventuelle Aortenpenetration oder -perforation sowie die Perfusion aortaler Gefäßäste beurteilt werden können.
-
•
Bestehen Kontraindikationen zur Kontrastmittelapplikation, kann ein MRT durchgeführt werden.
-
•
Einige Kliniken verzichten im Akutstadium ganz auf CT- und MRT-Diagnostik, sondern stellen die Diagnose und beurteilen die Operationsindikation der Stanford-A-Dissektion nur mithilfe des transösophagealen Ultraschalls (TEE).
16.3.3
Therapie
Stanford-A-Dissektion
-
•
Von den meisten Zentren wird in diesem Fall die komplexe primäre kardiochirurgische Rekonstruktion empfohlen, ggf. unter Einbeziehung des Aortenbogens/der A. descendens (z. B. Frozen Elephant Trunk/TEVAR). Einerseits erreicht man damit die frühzeitige Sanierung der komplikationsträchtigen A. ascendens, andererseits besteht die Möglichkeit, durch Resektion des Entry und Verschluss des falschen Lumens auch die periphere Durchblutung wiederherzustellen.
-
•
Ein weiteres therapeutisches Verfahren ist die interventionelle transfemorale Fensterung der vorliegenden Dissektionsmembran mithilfe von Angioplastiekathetern.
-
•
In einzelnen Fällen wurden auch disseziierte Organarterien, die als Folge einer Aortendissektion auftraten, dilatiert und mit einem Stent versorgt.
Chronisches Stadium
-
•
Im chronischen Stadium der Erkrankung (Dissektion älter als 90 d) sollte ebenfalls auf eine sorgfältige Blutdruckeinstellung, möglichst durch Patientenselbstkontrolle, geachtet werden.
-
•
Besonders das falsche Lumen neigt zur aneurysmatischen Dilatation. Deshalb sind regelmäßige computer- oder magnetresonanztomographische Kontrollen, zunächst nach 3 Mon., später in jährlichen oder zweijährlichen Abständen notwendig, um nicht eine Aneurysmabildung zu übersehen.
-
!
Eine spezielle Antikoagulation ist nicht notwendig oder sogar zu vermeiden, da mit einer Thrombosierung des Falschlumens die Aortendissektion stabilisiert werden kann.
Stanford-B-Dissektion
Unkompliziertes Akutstadium
-
•
Als Basisantihypertonikum eignet sich ein β-Rezeptorenblocker, der nicht nur effektiv den Blutdruck senkt, sondern auch die Steilheit des Blutdruckanstiegs und damit die Kraft der auf die Aortenwand treffenden Pulswelle reduziert.
-
!
Als Zusatzmaßnahme zur Blutdrucksenkung haben sich zentral wirksame Antihypertensiva und eine vegetative Abschirmung, eventuell durch Sedativa, und eine ausreichende Schmerztherapie bewährt.
Unkomplizierter Langzeitverlauf
Akute Komplikationen der Stanford-B-Dissektion
-
•
Die gedeckte oder freie Perforation der akut disseziierten A. thoracica descendens oder A. abdominalis ist selten und muss im Notfall entweder interventionell (TEVAR, EVAR) oder operativ – den Prinzipien der Aneurysmachirurgie entsprechend – durch einen thorakoabdominellen Aortenersatz mit einem Kunststoffinterponat versorgt werden.
-
•
Obwohl keine prospektiven, randomisierten Studien zur Verfügung stehen gibt es doch zunehmend Hinweise auf eine Überlegenheit der TEVAR-Therapie im Vergleich zur offenen Operation, weshalb der endovaskuläre Zugang heutzutage als First-Line-Therapie empfohlen wird.
-
•
Sollte TEVAR z. B. aus anatomischen Gründen nicht möglich sein, kann ein primär chirurgisches Vorgehen erwogen werden. Hierbei stellen sich folgende Probleme:
-
–
Relativ häufig, mit einer Inzidenz von etwa 30% auftretend und mit einer hohen Letalität einhergehend, kommt es durch die Aortendissektion zur Organ- oder Extremitätenischämie.
-
–
In diesem Fall ist eine orientierende Diagnostik mittels Kontrastmittel-CT zur Beurteilung der Gefäßabgänge und ggf. nachfolgend eine zielgerichtete selektive digitale Subtraktionsangiographie (DSA) notwendig, um den chirurgischen Eingriff planen zu können.
-
-
•
Pathomechanistisch gibt es für die Durchblutungsstörung zwei verschiedene Erklärungsmöglichkeiten, die wiederum ein unterschiedliches therapeutisches Konzept bedingen:
-
–
Im Fall der dynamischen Durchblutungsstörung hat die aortale Dissektionsmembran die Gefäßabgänge verlegt.
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Zur Wiederherstellung der Perfusion kann eine aortale Membranresektion oder Fensterung durchführt werden. Dabei wird die aortale Dissektionsmembran auf Höhe der Gefäßabgänge reseziert. Von proximal wird der freie Zustrom über zwei Lumina belassen, nach distal wird die Dissektionsmembran an die Aortenwand oder die Iliakalgefäße wieder angeheftet und damit das falsche Lumen verschlossen.
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Eine statische Dissektion besteht, wenn sich die aortale Dissektion in das von der Aorta abgehende Gefäß fortsetzt.
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Bei kleineren Organarterien (Viszeralnierenarterien) kommen extraanatomische Bypassverfahren zur Anwendung. Dabei wird eine gesunde lumbale Aorta oder Beckenarterie als Spendergefäß angezapft und davon ein Bypass (entweder Vena saphena magna oder Kunststoff) zur Organarterie geführt.
Sind die Beckenarterien disseziiert, können diese entweder direkt ausgeschält (thrombendarteriektomiert) werden oder die Durchblutung wird extraanatomisch in Form eines queren Cross-over-Bypasses oder eines axillo-bi- oder unifemoralen Bypasses wiederhergestellt.
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Literatur
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DGG-Leitlinie: Thorakale und thorakoabdominelle Aortenaneurysmen. Verantwortlich für die Erstellung: Koeppel TA, Greiner A, Jacobs MJ. Europäisches Gefäßzentrum Aachen-Maastricht, Klinik für Gefäßchirurgie, Klinikum der RWTH Aachen, Aachen (2010)Erbel et al., 2014
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