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Mehr InformationenB978-3-437-22107-1.50309-5
10.1016/B978-3-437-22107-1.50309-5
978-3-437-22107-1
Elsevier Inc.
Kriterien für die Zuordnung infektreaktiver Arthritiden.
1. | typischer Gelenkbefall |
2. | typische Anamnese (Diarrhö, Urethritis) und/oder klinische Manifestation der Infektion an der Eintrittspforte in zeitlichem Zusammenhang mit dem Auftreten der Gelenksymptomatik |
3. | Erregernachweis an der Eintrittspforte |
4. | Nachweis spezifischer agglutinierender Antikörper mit signifikantem Titeranstieg (vorrangig der IgA-Klasse) |
5. | Vorliegen des HLA-B27-Antigens |
6. | Nachweis von Erreger-Material im Gelenk (PCR, AK; experimentelle Verfahren) |
sichere reaktive Arthritis: | Krititerium 1 + 3 oder 4 + 6 |
wahrscheinliche reaktive Arthritis: | Kriterium 1 + 2 und/oder + 5 |
mögliche reaktive Arthrits: | Kriterium 1 |
Therapievorschläge der Autoren zur Behandlung reaktiver Arthritiden (NSAR, nichtsteroidale Antirheumatika).
Behandlung einer nachgewiesenen floriden Infektion an der Eintrittspforte | ||
Chlamydia trachomatis | Antibiotika | Azithromycin 1.000 mg einmaligAlternative: Doxycyclin 2 × 100 mg über 7–10 Tage |
Yersinien, Salmonellen | keine antibiotische Therapie angezeigt. Ausnahme schwere Verläufe | |
akute periphere Arthritis | physikalische Therapie | LagerungKryotherapieKrankengymnastik |
NSAR | z. B. Diclofenac SL 2 × 75 mg/Tag | |
evtl. Steroide intraartikulär | z. B. Triamcinolon-Hexacetonid 5–40 mg in Abhängigkeit von der Größe des Gelenks | |
chronische Arthritiden | Basistherapie | Sulfasalazin 2–3 g/Tagevtl. Methotrexat 10–20 mg/Wocheevtl. Azathioprin 1–2 mg/kg KG |
Lokaltherapie | Synovektomie | |
axiale Beteiligung | physikalische Therapie | DiadynamikStangerbäderRückenschuleSportBechterew-Gymnastik |
NSAR | z. B. Diclofenac ret. 100 mg zur Nacht, ggf. morgens 1 × 25–50 mg | |
Enthesiopathie | Entlastung | OrthesenEinlagen, z. B. Pufferabsatz, Orthesen mit Aussparung der schmerzhaften Zone |
physikalische Therapie | IontophoreseDiadynamikUltraschallBindegewebsmassageUnterwasserstrahlmassage | |
NSAR | lokal: NSAR-haltige Salben/Gelsystemisch: z. B. Diclofenac SL 2 × 75 mg | |
lokale Infiltration | z. B. Triamcinolon-Hexacetonid/Lipotalon | |
Röntgenbestrahlung | Orthovolt-Bestrahlung |
Revidierte Jones-Kritierien als diagnostische Leitlinie des rheumatischen Fiebers.
Haupt-kriterien | Nebenkriterien | Evidenz einer vorange-gangenen Streptokok-keninfektion |
Karditis Polyarthritis Chorea Erythema marginatum | Klinik:
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Labor:
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Sind 2 Haupt- oder 1 Haupt- und 2 Nebenkriterien erfüllt, so gilt die Diagnose rheumatisches Fieber als wahrscheinlich, wenn sie durch den Nach-weis einer vorausgegangenen Streptokokkeninfektion unterstützt wird. |
Infektreaktive bakterielle Arthritis
-
Reaktive Arthritiden O 7 – 1
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Wirbelsäulenbefall O 7 – 2
-
Enthesiopathie O 7 – 3
-
Lyme-Arthritis O 7 – 4
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Rheumatisches Fieber O 7 – 5
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Kasuistik O 7 – 6
Kernaussagen
-
□
Infektreaktive Arthritiden werden durch Infektionen außerhalb des Bewegungsapparats ausgelöst.
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□
Typischerweise können Erreger oder Erregerbestandteile im Gelenk nachgewiesen werden, ohne dass sich Bakterien kulturell anzüchten lassen.
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□
Die Erregergenese bietet die Möglichkeit einer kurativen Antibiotikatherapie. Dies hat sich bei der Therapie der Lyme-Arthritis und dem rheumatischen Fieber bewährt.
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□
Bei den HLA-B27-assoziierten reaktiven Arthritiden dagegen, verursacht durch verschiedene Erreger, wie z. B. Chlamydia trachomatis, Salmonella und Yersinia, ist eine antibiotische Therapie nicht indiziert.
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□
Eine Ausnahme hiervon ist die Primärinfektion von Chlamydia trachomatis an der Eintrittspforte (Urethra/Zervix). Diese venerische Erkrankung bedarf einer antibiotischen Therapie.
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□
Bei der Therapie des rheumatischen Fiebers ist nach der Akutbehandlung eine Langzeitprophylaxe mit Antibiotika unerlässlich, um Rezidiven vorzubeugen.
Als infektreaktive bakterielle Arthritiden werden entzündlich-rheumatische Erkrankungen bezeichnet, die durch eine primär extraartikuläre bakterielle Infektion ausgelöst werden.
! Obwohl intraartikulär Erreger und Erregerbestandteile nachgewiesen werden, gelingt keine Anzüchtung von Erregern mit üblichen mikrobiologischen kulturellen Verfahren aus dem Gelenk.
Der intraartikulären Erregerpräsenz wird eine zentrale Rolle in der Pathogenese der Erkrankung zugeschrieben. Deshalb wird diese Gruppe von Arthritiden unter dem Begriff reaktiv zusammengefasst, um sie bezüglich ihrer infektiösen Ätiopathogenese von den septisch-eitrigen Arthritiden einerseits und den klassisch-entzündlichen und autoimmunen Gelenkerkrankungen andererseits abzugrenzen.
•
Infektreaktive Arthritiden werden aufgrund der Eintrittspforte in posturethritische, postenteritische und andere reaktive Arthritiden unterteilt.
•
Aufgrund der klinischen Manifestationen mit dem Sakroiliitis-Spondylitis-Arthritiskomplex und der Assoziation mit dem HLA-B27 werden die meisten der reaktiven Arthritiden den Spondyloarthritiden zugerechnet.
Zu den infektassoziierten Arthritiden werden oft auch das rheumatische Fieber als Poststreptokokken-Erkrankung und die durch Borrelien-Infektion hervorgerufene Lyme-Arthritis gerechnet. Die beiden letztgenannten Erkrankungen unterscheiden sich von den HLA-B27-assoziierten reaktiven Arthritiden allerdings im Hinblick auf Klinik und Therapie.
O 7 – 1
Reaktive Arthritiden
Klassifikationskriterien
Als Faustregel gilt:
Erst aus der Synopsis klinischer Infektionssymptome, rheumatologischer Befunde sowie serologischer und mikrobiologischer Laborergebnisse kann die Diagnose einer reaktiven Arthritis wahrscheinlich gemacht oder gesichert werden.
Therapie
•
die Patienteninformation
•
die physikalische Therapie zum Erhalt der Beweglichkeit
•
die Suppression der Entzündung mit konsekutiver Schmerzfreiheit.
Antibiotische Therapie: Sanierung der Infektion an der Eintrittspforte
CAVE
Die antimikrobielle Therapie der Eintrittspforte beeinflusst den Verlauf der Arthritis nicht.
Als Faustregel gilt:
Für die reaktive Arthritis besteht keine Indikation für eine antimikrobielle Medikation (Rihl et al. 2006).
Physikalische Therapie
•
Akutphase: Wirksam zur Schmerzreduktion sind
–
Kryotherapie
–
Diadynamik und
–
Iontophorese.
•
chronische Arthritis: Hier sollte eine Übungstherapie zur Muskelerhaltung und zur Behandlung von Funktionsbehinderungen erfolgen.
Medikamentöse Therapie der Arthritis
•
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) sind effektiv in der Therapie der Arthritis.
•
Akute Exazerbationen erfordern gegebenenfalls die intraartikuläre oder systemische Gabe von Glukokortikoiden.
•
Lang wirksame Antirheumatika (LWAR) sind bei anhaltenden Symptomen von mindestens 3 Monaten oder wiederholten Rezidiven sinnvoll.
•
Therapie der ersten Wahl ist Sulfasalazin (Clegg et al. 1996).
O 7 – 2
Wirbelsäulenbefall
Als Faustregel gilt:
Physikalische Therapie und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) sind die entscheidenden Elemente bei der Therapie der Wirbelsäulenbeteiligung.
Physikalische Therapie
•
diadynamischer und statischer Dehngymnastik, z. B. Schwunggymnastik und Stretching
•
Mobilisationsübungen und
•
isometrischem Training der Rückenmuskulatur.
Medikamentöse Therapie
•
Patienten mit entzündlichem Rückenschmerz klagen zumeist über einen tief sitzenden Rückenschmerz in der 2. Nachthälfte und am Morgen. Entsprechend sollte ein NSAR in Retardform zur Nacht, z. B. Diclofenac ret. 100 mg, verordnet werden.
•
Bei morgendlichem Schmerz ist die zusätzliche Gabe eines NSAR mit kurzer Halbwertszeit, z. B. Diclofenac 25–50 mg, erforderlich.
O 7 – 3
Enthesiopathie
Physikalische Therapie
•
Elektrotherapie in Form einer analgetisch wirksamen Gleichstrombehandlung mit Iontophorese, Diadynamik und einer mittelfrequenten Wechselstrombehandlung (Nemec) und
•
Ultraschallbehandlung.
Medikamentöse Therapie
Strahlentherapie
O 7 – 4
Lyme-Arthritis
Antibiotikatherapie
Als Faustregel gilt:
Die Therapie der Wahl bei der Lyme-Arthritis ist eine prolongierte Antibiotikatherapie mit dem Ziel der Remission bzw. Heilung (Schnarr et al. 2006).
•
Bei fehlendem Hinweis auf eine Neuroborreliose besteht die primäre Antibiotikatherapie der Lyme-Arthritis in einer 30-tägigen Therapie mit Doxycyclin 200 mg/Tag per os.
! Der Erfolg einer derartigen Antibiotikatherapie kann frühestens nach 3 Monaten beurteilt werden, da ein klinisches Ansprechen oft erst nach Beendigung der Therapie eintritt.
•
Bei fehlendem Ansprechen auf diese initiale Antibiotikatherapie sollte eine parenterale Behandlung erfolgen.
–
Empfohlen wird eine 2-bis 3-wöchige Therapie mit Ceftriaxon (2 g/Tag i. v.).
–
Vergleichbar wirksam scheint Cefotaxim (3 × 2 g pro Tag i. v.) zu sein, das jedoch den Nachteil der Notwendigkeit einer mehrfach täglichen Gabe hat.
–
Penicillin G 4 × 5 Mega i. v. pro Tag über 14 Tage sind eine Alternative bei Cephalosporin-Unverträglichkeit.
Jarisch-Herxheimer-Reaktion
CAVE
Etwa 6–8 Stunden nach Antibiotikagabe kann es zur Jarisch-Herxheimer-Reaktion kommen.
Symptome sind
-
•
sichtbare Vasokonstriktion: Der Patient wird auffallend blass, der Blutdruck steigt dabei eher an.
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•
Manchmal kommt es zu Schüttelfrost, Hyperventilation und Fieber.
-
•
Auch beobachtet man häufiger eine vorübergehende Verstärkung von Weichteil- und Gelenkbeschwerden.
Therapie:
-
•
Glukokortikoid-Pulstherapie mit 250 mg Prednisolonäquivalent i. v.
-
•
Eine zweite Pulstherapie ist bei wiederkehrenden Symptomen erforderlich. Im Allgemeinen klingt die Jarisch-Herxheimer-Reaktion jedoch nach 3 Tagen ab.
Therapierefraktäre Arthritis
•
Mon- oder Oligoarthritis: Infrage kommen Antiphlogistika und ggf. Radiosynoviothese oder operative Synovektomie.
•
Polyarthritis: Möglich sind Antiphlogistika und ggf. Glukokortikoide, die Basistherapie erfolgt mit Sulfasalazin.
O 7 – 5
Rheumatisches Fieber
Klassifikationskriterien
Therapie
Sanierung der Infektion an der Eintrittspforte – Antibiotikatherapie
Als Faustregel gilt:
Bei akutem rheumatischem Fieber soll nach Rachenabstrich unverzüglich, auf jeden Fall innerhalb von 24 Std. eine Antibiotikatherapie eingeleitet werden.
Langzeitprophylaxe
Als Faustregel gilt:
Nach dem akuten Schub eines rheumatischen Fiebers muss eine Langzeitprophylaxe zur Verhinderung eines Rezidivs durchgeführt werden, da diese zur Vermeidung eines rheumatischen Klappenfehlers von ausschlaggebender Bedeutung ist.
•
Dauer der Therapie:
–
generell mindestens 5 Jahre
–
bei Erwachsenen über 35 Jahre ohne Karditis 1 Jahr
–
bei Erkrankungen im Kindesalter unter 15 Jahren Prophylaxe bis zum 25. Lebensjahr, mindestens aber über 5 Jahre
–
bei wiederholten Rezidiven und bei rheumatischen Herzvitien mindestens 5 Jahre
•
Medikamente der Wahl sind Penicilline:
–
Empfohlen wird die intramuskuläre Injektion von 1,2 Mega IE Benzathin-Benzylpenicillin, z. B. Tardocillin, alle 2–3 Wochen.
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Eine orale Gabe von 3 mindestens 2 × 60.000 IE Phenoxymetylpenicillin oder 3 × 200.000 IE Phenoxybutyramid-Penicillin pro Tag ist möglich, aber mit größerer Unsicherheit – Complianceprobleme – verbunden.
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Patienten mit Penicillinallergie erhalten Sulfadiazin 0,5–1,0 g/Tag per os oder Erythromycin 20–25 mg/kg KG/Tag.
Antiphlogistische Therapie
•
Traditionell wird demnach das rheumatische Fieber mit Acetylsalicylsäure behandelt.
•
Aufgrund des gleichen Wirkmechanismus von Acetylsalicylsäure und NSAR ist jedoch von einer äquivalenten antiphlogistischen Potenz der NSAR bei geringeren gastrotoxischen Nebenwirkungen auszugehen.
O 7 – 6
Kasuistik
Anamnese
Befund
Diagnostik
Therapie und Verlauf
Lyme-Arthritis
Anamnese
Diagnostik
•
im ELISA IgG positiv, IgM negativ
•
im Western-Blot IgG positiv, IgM negativ.
Therapie und Verlauf
Literatur
Adimora, 2002
Braun et al., 2011
Carter et al., 2010
Clegg et al., 1996
Rihl et al., 2006
Schnarr et al., 2001
Schnarr et al., 2006