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10.1016/B978-3-437-22142-2.50082-3
978-3-437-22142-2
Elsevier GmbH
Läsionen der Hirnnerven – Periphere Augenbewegungsstörungen (Nn. oculomotorius, trochlearis, abducens)
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Vorbemerkungen P 10.4 – 1
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Diagnostische Voraussetzungen P 10.4 – 2
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Erworbene Okulomotoriusschädigung P 10.4 – 3
–
Vaskuläre/diabetische Okulomotoriuslähmung (OL) P 10.4 – 3.1
–
Okulomotoriuslähmung bei Aneurysma P 10.4 – 3.2
–
Okulomotoriuslähmung bei intrakraniellen Tumoren P 10.4 – 3.3
-
Erworbene Trochlearisschädigung P 10.4 – 4
–
Therapie P 10.4 – 4.1
-
Erworbene Abduzenslähmung P 10.4 – 5
–
Therapie P 10.4 – 5.1
-
Komplexe Augenbewegungsstörungen P 10.4 – 6
–
Endokrine Orbitopathie P 10.4 – 6.1
–
Okuläre Myositis P 10.4 – 6.2
–
Augenmuskelmyasthenie und myasthenes Syndrom P 10.4 – 6.3
–
Chronisch progrediente externe Ophthalmoplegie P 10.4 – 6.4
–
Tolosa-Hunt-Syndrom P 10.4 – 6.5
–
Herpes zoster ophthalmicus P 10.4 – 6.6
–
Ophthalmoplegische Migräne P 10.4 – 6.7
Kernaussagen
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□
Feinstes und frühestes Zeichen der Parese eines Augenmuskelnervs ist Diplopie.
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□
Schädigungen der okulomotorischen Nerven haben verschiedenste Ursachen. Ein großer Teil bleibt ungeklärt (20–38%).
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□
Eine Okulomotoriuslähmung mit periorbitalem Schmerz, aber erhaltener Pupillenfunktion, ist am häufigsten bei Diabetes mellitus anzutreffen.
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□
Eine Okulomotoriuslähmung mit periorbitalem Schmerz und Pupillenstörung (Mydriasis) ist am häufigsten durch ein Aneurysma verursacht.
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Isolierte Abduzenslähmung wie isolierte Okulomotoriuslähmung können indirekte Zeichen eines Prozesses mit Erhöhung des intrakraniellen Drucks sein.
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□
Isolierte Schädigungen der okulomotorischen Nerven sind nicht so selten Folge eines kleinen Hirnstamminfarkts.
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□
Therapeutische Möglichkeiten sind auf nachgewiesene Einzelursachen beschränkt. Die Spontanprognose ist insgesamt günstig, am schlechtesten bei Traumafolgen.
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□
Lähmungen der okulomotorischen Nerven, die nur einen Augenmuskel versorgen, können bei mangelnder Rückbildung durch optische Hilfen (Abduzens: Prismenbrille, Prismenfolie) oder operativ versorgt werden.
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□
Die endokrine Orbitopathie zeigt neben einer komplexen Bewegungsstörung vor allem Lidödem und Protrusio bulbi. Sie kann auch einseitig auftreten. Eine begleitende Optikusschädigung stellt eine Notfallsituation dar und bedarf sofortiger Behandlung.
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Komplexe Bewegungsstörungen bieten okuläre Myositis, okuläre Myasthenie, progrediente externe Ophthalmoplegie und ophthalmoplegische Migräne.
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□
Zum Tolosa-Hunt-Syndrom gehört eine Beteiligung des N. ophthalmicus. Der Schmerz schwindet unter Kortikosteroiden rasch, was diagnostisch hilfreich, aber kein spezifisches Kriterium ist.
P 10.4 – 1
Vorbemerkungen
•
Diplopie ist überwiegend Folge einer Parese der okulomotorischen Hirnnerven. Die Ausprägung der Diplopie nimmt bei Blickrichtung in die Funktionsrichtung der betroffenen Nerven/Muskeln zu. Sie verschwindet bei Abdecken sowohl des betroffenen als auch des gesunden Auges.
Diese Doppelbilder sind binokular. Monokulare Doppelbilder sind dagegen selten (starker Astigmatismus, Korneaveränderungen, Linsenveränderungen, Irisanomalien) und verschwinden nur durch Abdecken des kranken Auges.
•
Bei binokularer Diplopie ist in Blickrichtung der maximalen Ausprägung immer das vom Patienten gesehene periphere Bild das „falsche”, das vom paretischen Auge gesehen wird. Durch einseitiges Abdecken lässt sich das betroffene Auge feststellen: Es ist dasjenige, bei dem das periphere Doppelbild verschwindet.
P 10.4 – 2
Diagnostische Voraussetzungen
•
N. oculomotorius:
–
Adduktion (M. rectus medialis)
–
Hebung (M. rectus superior)
–
Senkung (M. rectus inferior)
–
Außenrotation (M. obliquus inferior)
–
Oberlidhebung (M. levator palpebrae)
–
N. trochlearis: Innenrotation und Senkung (M. obliquus superior)N. abducens: Abduktion (M. rectus lateralis).
•
Eine genaue Analyse, insbesondere bei komplexen Störungen, leistet die Untersuchung am Hess-Schirm.
•
Meningitis,
•
Meningopathien,
•
Tumoren der Schädelbasis.
•
Eine Elektromyographie der Augenmuskeln ist in aller Regel nicht erforderlich und kaum hilfreich.
•
Ein MRT ist in manchen Fällen unumgänglich, z. B. wenn ein Hirnstamminfarkt vermutet wird (Thömke et al. 2002).
P 10.4 – 3
Erworbene Okulomotoriusschädigung
•
Die Doppelbilder sind gewöhnlich schräg versetzt.
•
Zusätzliche Ptose verhindert das Sehen mit dem betroffenen Auge und somit die Diplopie.
•
12–16% einem Trauma zugeordnet werden,
•
14–21% einem Aneurysma,
•
4–18% Tumoren,
•
17–24% vaskulären Prozessen und
•
8–18% verschiedenen anderen Ursachen.
•
Doch verbleiben bis heute in 20–28% der Fälle die Ursachen ungeklärt.
P 10.4 – 3.1
Vaskuläre/diabetische Okulomotoriuslähmung (OL)
•
Die äußeren Augenmuskeln zeigen bei 72% der Patienten eine komplette Lähmung.
•
Pupillenstörungen haben 20–30%.
•
Frontale oder periorbitale Kopfschmerzen werden unterschiedlich oft berichtet (40–90%).
!
Bei rund 50% soll die OL Erstsymptom eines Diabetes mellitus sein. Beziehungen zu Dauer oder Schwere des Diabetes ergaben sich aber nicht.
Therapie
•
kardiale Behandlung,
•
Behandlung von Hyper- und Hypotonie,
•
Behandlung von Blutzuckerentgleisungen,
•
Senken erhöhter Körpertemperatur,
•
Kontrolle des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts.
P 10.4 – 3.2
Okulomotoriuslähmung bei Aneurysma
•
Kopfschmerz ist häufig (50%).
•
Überwiegend besteht eine komplette (53–71%) äußere und innere (86%) OL mit Ptose.
•
Bei inkompletter Lähmung bleibt die Pupillenfunktion häufig intakt.
!
Tritt Kopfschmerz initial ohne sonstige Symptome einer Subarachnoidalblutung auf, muss nach durchschnittlich 29 Tagen mit einer Aneurysmaruptur gerechnet werden.
•
meist sehr starken Kopfschmerz,
•
Meningismus,
•
eventuell Bewusstseinsstörung und
•
fokalen neurologischen Zeichen (▸ P 1 Zerebrovaskuläre Erkrankungen – Zerebrale Ischämie).
Therapie
P 10.4 – 3.3
Okulomotoriuslähmung bei intrakraniellen Tumoren
-
•
Tumoren mit direkter Druckwirkung auf den N. oculomotorius liegen hauptsächlich im Bereich der Schädelbasis.
-
•
Eine indirekte Einwirkung bei erhöhtem intrakraniellem Druck kann im Verlauf über die Klivuskante oder durch den Tentoriumschlitz entstehen.
P 10.4 – 4
Erworbene Trochlearisschädigung
•
Traumata (33–50%),
•
vaskuläre Prozesse (5–18%),
•
Tumoren (4–8%) und
•
seltene Einzelursachen (13–20%).
•
Ungeklärt bleiben 36–38% der Fälle.
P 10.4 – 4.1
Therapie
P 10.4 – 5
Erworbene Abduzenslähmung
•
Tumoren (15–31%),
•
Gefäßprozesse (9–18%),
•
Traumen (11–17%),
•
multiple Sklerose (4–7% in ophthalmologischen Kliniken, 7–13% in neurologischen Kliniken).
•
Ungeklärt bleiben 22–32% der Fälle.
P 10.4 – 5.1
Therapie
•
für vaskuläre Prozesse bei 67%,
•
für ungeklärte Fälle bei 51% und
•
nach Traumata bei 39%.
P 10.4 – 6
Komplexe Augenbewegungsstörungen
P 10.4 – 6.1
Endokrine Orbitopathie
•
Lidödem (bevorzugt des Oberlids),
•
Oberlidretraktion bzw. Oberlidsenkungsverzögerung und
•
Zunahme des Orbitagewebsvolumens mit Exophthalmus.
CAVE
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!
Druck auf den Sehnerv kann zu Stauungspapille, progredienter Visusminderung und schließlich Sehnervenatrophie führen. Deshalb darf eine beginnende Sehnervenbeteiligung auf keinen Fall übersehen werden.
-
!
Mangelnder Lidschluss birgt Gefahr für die Kornea durch Austrocknung und Verletzung.
Diagnostik
•
Ultraschall und MRT erlauben zwischen Entzündung und Fibrose zu unterscheiden.
•
Die Blutdiagnostik (z. B. Thyroxin, TSH, TRAK, TPO) ist nicht immer aussagekräftig.
Therapie
Grundsätzlich gilt:
Eine enge Zusammenarbeit mit dem Ophthalmologen ist geboten.
Basistherapie
Akutmaßnahmen
CAVE
-
!
Sobald eine deutliche Stauungspapille oder gar eine beginnende Sehstörung vorliegt, ist von einer Notfallsituation auszugehen.
-
•
Da rasch verfügbar und wirksam wird Methylprednisolon i. v. eingesetzt (1.000 mg/d über 3 d).
!
Niedrigere orale Dosierungen, z. B. 1 mg/kg KG/d, sind wegen zu geringer Wirksamkeit abzulehnen.
-
•
Sofern kein ausreichender Effekt zu erkennen ist, ist eine orbitale Dekompression durch „Einbrechen” oder Wegnahme von Orbitawänden erforderlich (Boulos u. Hardy 2004).
-
•
Die Plasmaseparation wurde wiederholt empfohlen, benötigt jedoch eine längere Anlaufzeit bis zur Wirkung.
Langzeitbehandlung
P 10.4 – 6.2
Okuläre Myositis
•
okulärer Bewegungsschmerz,
•
konjunktivale und ziliare Injektion und
•
mitunter Lidödem.
P 10.4 – 6.3
Augenmuskelmyasthenie und myasthenes Syndrom
P 10.4 – 6.4
Chronisch progrediente externe Ophthalmoplegie
P 10.4 – 6.5
Tolosa-Hunt-Syndrom
•
heftiger orbitaler Dauerschmerz (Dauer unbehandelt bis zu 8 Wo.),
•
einige Tage später einsetzende Augenbewegungsstörung mit Ptose,
•
Beteiligung der Pupillenfunktion (20%) mit typischerweise verminderter Lichtreaktion und unter mittelweiter Pupille,
•
fakultativ leichte konjunktivale Injektion und
•
leichte Protrusio bulbi.
!
Die Diagnose darf nicht voreilig gestellt werden,
!
Nachbeobachtung und Kontrollen über 2 Jahre werden gefordert.
Therapie
•
100 mg/d über 5 d,
•
dann für jeweils 5 d 80 mg, 60 mg und 30–40 mg.
P 10.4 – 6.6
Herpes zoster ophthalmicus
P 10.4 – 6.7
Ophthalmoplegische Migräne
LITERATUR
Boulos and Hardy, 2004
Diener, 2003
Kastrup et al., 2011
Kömpf, 2006
La Mantia et al., 2006
Prabhaka et al., 2003
Putzki, 2008
Thömke, 1998
Thömke, 2002
Thömke, 2006
Thömke, 2008
Thömke et al., 2002
Thömke et al., 1995