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10.1016/B978-3-437-22107-1.50365-4
978-3-437-22107-1
Elsevier Inc.
Therapie der Hirndruckkrise.
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Liquorzirkulationsstörungen und Hirndruck
Kernaussagen
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Die Behandlung des akuten Hydrozephalus besteht in der notfallmäßigen Versorgung mit einer Ventrikeldrainage, des chronischen Hydrozephalus in der Versorgung mit einem Shuntsystem.
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□
Bei der Behandlung des Hydrozephalus im Kindesalter sollte, wenn möglich, der Ventrikulozisternostomie der Vorzug gegeben werden.
-
□
Die Indikation für die Versorgung eines Normaldruckhydrozephalus mit einem Shuntsystem wird bei einer verifizierbaren klinischen Besserung durch Druckentlastung gestellt.
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□
Bei Patienten mit einem nicht-kommunizierenden Hydrozephalus ist die endoskopische Ventrikulozisternostomie heutzutage die Methode erster Wahl.
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□
Bei einem Hirndruck > 20 mmHg sollten entsprechende Therapiemaßnahmen eingeleitet werden.
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□
Die konservative Behandlung erhöhter ICP-Werte beinhaltet Medikamente, z.B. osmotherapeutische Substanzen, Barbiturate, Antiepileptika, Kortikosteroide, und Pufferlösungen, und physikalische Verfahren wie die Hyperventilation.
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□
Wesentliche Indikationen sind für eine Dekompressionstherapie mit einer Hemikraniektomie (HC) der raumfordernde Mediainfarkt und mit einer subokzipitalen Kraniotomie der raumfordernde Kleinhirninfarkt.
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□
Bei einer Sinusvenenthrombose (SVT) kann eine HC eine lebensrettende Methode sein.
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□
Die Hypothermiebehandlung großer Schlaganfälle und schwerer Schädel-Hirn-Traumen ist eine experimentelle Behandlungsform, die in nicht-randomisierten, kleineren Studien zu einer Verbesserung des Überlebens führte.
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Für viele Therapien liegen keine randomisierten Studien vor, sodass Therapieempfehlungen oft einen geringen Evidenzgrad haben.
P 14 – 1
Liquorzirkulationsstörungen
Grundsätze der Behandlung
Pathophysiologische Grundlagen
•
Als wasserklare Flüssigkeit mit nur wenigen Zellen und einem geringen Gehalt an Protein erfüllt der Liquor physikalische und metabolische Aufgaben.
•
Das Liquorgesamtvolumen beträgt beim Erwachsenen normalerweise etwa 150 ml.
•
Pro Tag werden etwa 500 ml Liquor produziert.
•
Nach Sezernierung in den Plexus choroidei der Seitenventrikel fließt der Liquor durch die Foramina Monroi in den III. Ventrikel und von dort durch den Aquädukt in den IV. Ventrikel.
Über die Foraminae Luschkae und das Foramen Magendii gelangt der Liquor in den Subarachnoidalraum der hinteren Schädelgrube.
Von dort aus zirkuliert er nach spinal und über die basalen Zisternen nach supratentoriell, wo er in den arachnoidalen Granulationen der großen venösen Blutleiter absorbiert wird.
Terminologie
-
•
Der Terminus Hydrozephalus bezeichnet in der Regel die über die Norm hinausgehende Erweiterung des Ventrikelsystems.
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•
Gewöhnlich wird der kommunizierende vom nicht-kommunizierenden Hydrozephalus unterschieden. Bei beiden Hydrozephalusformen findet sich letztlich eine Einschränkung der Liquorresorption, jedoch an unterschiedlichen Stellen:
–
Beim nicht-kommunizierenden Hydrozephalus findet sich eine Blockade innerhalb des Ventrikelsystems, wohingegen sich
–
beim kommunizierenden Hydrozephalus eine primäre oder sekundäre Störung der Liquorresorption findet.
-
•
Der hypersekretorische Hydrozephalus entsteht durch Überproduktion von Liquor durch einen Tumor des Choroidalplexus (Plexuspapillom), ist jedoch sehr selten.
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Der Terminus dynamischer Hydrozephalus bezeichnet eine aktive Liquorzirkulationsstörung, wohingegen der Terminus arretierter Hydrozephalus eine nicht mehr progressive Erweiterung des Ventrikelsystems beschreibt.
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Beim sogenannten Hydrocephalus e vacuo handelt es sich nicht um einen behandlungsbedürftigen Hydrozephalus im eigentlichen Sinne, sondern um eine Erweiterung der inneren und äußeren Liquorräume in Folge einer Hirnatrophie.
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Der sogenannte Hydrocephalus externus bezeichnet die Erweiterung der externen Liquorräume, meist als Korrelat einer Hirnatrophie, gelegentlich jedoch auch als extraventrikuläres Liquorreservoir bei dynamischen hydrozephalen Prozessen.
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•
Der akute obstruktive Hydrozephalus geht immer mit einer Erhöhung des Hirndrucks einher, wohingegen es bei der Aquäduktstenose im Erwachsenenalter zu einer Kompensation des Hirndrucks kommen kann.
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•
Auch beim nicht-kommunizierenden Hydrocephalus malresorptivus, beispielweise in Folge einer Tumoraussaat im Subarachnoidalraum, kommt es zu einer intrakraniellen Druckerhöhung, wohingegen der Hirndruck beim Normaldruckhydrozephalus meist im oberen Normbereich liegt.
Pathophysiologie
CAVE
! Beim akuten Hydrozephalus im Erwachsenenalter sowie bei Kindern nach Schluss der Schädelnähte steht klinisch der erhöhte intrakranielle Druck im Vordergrund. Neben Kopfschmerzen treten u.a. Übelkeit, Erbrechen, Stauungspapillen, und Benommenheit bis zum Koma auf.
Therapeutische Grundlagen
•
Ein typisches Problem der chronischen Überdrainage ist das Schlitzventrikel-Syndrom, bei dem es praktisch zu einem Kollaps des Ventrikelsystems kommt mit meist orthostatischen Kopfschmerzen.
•
Eine andere Folge der Überdrainage kann die Entwicklung chronisch subduraler Hämatome sein.
•
Differenzialdruckventile sind in Abhängigkeit vom Krankheitsbild und der klinischen Symptomatik in verschiedenen Druckstufen verfügbar.
•
Alternativen zu den klassischen Differenzialdruckventilen sind flussgesteuerte Ventile, hydrostatische Ventile oder programmierbare Ventile. Letztere werden in letzter Zeit wegen der besseren Steuerbarkeit zunehmend häufiger verwendet.
•
Zudem ist es sinnvoll, zusätzlich Anti-Siphon-Devices zur Verhinderung des Siphon-Effekts zu verwenden, welcher beim Übergang von der Horizontalen in die Vertikale auftreten kann.
Formen des Hydrozephalus.
Form | Charakteristik | Ursache (Beispiele) |
kommunizierender Hydrozephalus | primäre oder sekundäre Störung der Liquorresorption |
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nicht-kommunizierender Hydrozephalus | Blockade innerhalb des Ventrikelsystems | Ventrikelblutung |
hypersekretorischer Hydrozephalus | Überproduktion von Liquor | Choroidalplexustumor |
dynamischer Hydrozephalus | aktive Liquorzirkulationsstörung |
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arretierter Hydrozephalus | keine progressive Erweiterung des Ventrikelsystems | |
Hydrozephalus e vacuo | Erweiterung der inneren und äußeren Liquorräume | Hirnatrophie |
Hydrocpehalus externus |
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Hydrocephalus malresorptivus | Liquorresorptionsstörung | Tumoraussaat im Liquorraum |
P 14 – 2
Hydrozephalus im Kindesalter
•
der kongenitale Hydrozephalus u.a. bei Aquäduktstenose, Dandy-Walker Malformation, Spina bifida oder postmeningitisch.
•
Tumore und Intoxikationen.
•
Bei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1.500 g kann es in 35–70% zu intraventrikulären Blutungen, sogenannten Matrixblutungen, kommen mit der subsequenten Entwicklung eines posthämorrhagischen Hydrozephalus.
–
Bis zu 4% der Neugeborenen entwickeln bis zum dritten Lebensmonat einen Hydrozephalus.
–
Ca. 50% dieser Kinder leiden dabei an einer Spina bifida oder erlitten eine Ventrikelblutung.
•
Bis zum 1. Lebensjahr sind in aller Regel die Schädelnähte noch nicht geschlossen, sodass die Erhöhung des intrakraniellen Drucks aufgrund einer Liquorzirkulationsstörung zu einer überproportionalen Größenzunahme des Hirnschädels im Vergleich zum Gesichtsschädel führt.
•
Auffallend sind klaffende Schädelnähte, gestaute Hautvenen am Kopf, und eine vorgewölbte Fontanelle.
•
Aufgrund der initialen Dehnbarkeit des Schädels beim Neugeborenen können weitere klinische Hirndrucksymptome zunächst fehlen.
•
Bei Dekompensation jedoch kommt es in aller Regel zu Hirndruckzeichen wie Erbrechen, besonders Nüchternerbrechen im Schwall, Gedeihstörungen und dem sogenannten Sonnenuntergangsphänomen, eine bilaterale Blickheberparese.
CAVE
! Shuntrevisionen werden bei 20–40% im ersten Jahr postoperativ notwendig. Später beträgt das Risiko für eine Shuntrevision etwa 5% pro Jahr [Empfehlungsgrad B].
Shuntinfektionen finden sich auch heute noch häufig, wobei der Erreger in etwa 40% als Staphylococcus epidermidis und in etwa 20% als Staphylococcus aureus identifiziert wird.
P 14 – 3
Normaldruckhydrozephalus
•
Pathophysiologisch liegt beim sekundären NPH eine Störung der Liquorresorption vor, beispielsweise in Folge einer Meningitis oder einer Subarachnoidalblutung.
•
Beim idiopathischen NPH wird u.a. eine primäre Affektion des Marklagers im Rahmen vaskulärer Erkrankungen diskutiert.
Diagnostik
Indikation zur Therapie
Als Faustregel gilt:
Die Indikation für die Versorgung mit einem Shuntsystem wird bei einer verifizierbaren klinischen Besserung gestellt.
CAVE
! Es ist jedoch zu beachten, dass falsch negative Ergebnisse die Patienten von einer adäquaten Versorgung ausschließen können.
•
eine lumbale Liquordrainage für mehrere Tage und/oder
•
eine Langzeitliquordruckmessung für mehrere Tage und/oder
•
Liquorinfusionstests erfolgen [Evidenzgrad B].
Konservative Therapie
✓
Entscheidend ist, dass der Patient lange genug von der Liquorpunktion profitiert.
Operative Therapie
Als Faustregel gilt:
Die Therapie der Wahl bei Patienten mit einem NPH ist die Versorgung mit einem Shuntsystem.
-
•
Nach der derzeitigen Datenlage kann die Ventrikulozisternostomie beim NPH nicht empfohlen werden.
-
•
Das Ergebnis der Shuntoperation hängt entscheidend sowohl von der präoperativen sorgfältigen Auswahl der Patienten ab, als auch von der Komorbidität. Die postoperative Befundbesserung korreliert negativ mit dem Ausmaß einer koinzidentellen vaskulären subkortikalen Enzephalopathie [Empfehlungsgrad C]. Dennoch kann auch bei diesen Patienten eine lohnende klinische Besserung erreicht werden.
-
•
Laut einer Literaturübersicht profitierten im Mittel 59% (Range 24–100%) der Patienten von einem Shunt, davon 29% (Range 10–100%) erheblich oder längeranhaltend [Evidenzgrad B].
-
•
Im Langzeitverlauf kam es bei 38% (5–100%) zu shuntbedingten Komplikationen, und bei 22% der Patienten (0–47%) wurden zusätzliche chirurgische Eingriffe erforderlich.
-
•
Anhaltende Therapieerfolge sind entgegen früherer Einschätzungen, auch über einen zeitraum von 5 Jahren hinaus, bei einem beträchtlichen Anteil der Patienten zu erwarten.
P 14 – 4
Nicht-kommunizierender Hydrozephalus
Ursachen
-
•
Dem nicht-kommunizierenden Hydrozephalus im Erwachsenenalter liegt meist eine Aquäduktstenose mit einem typischen triventrikulären Hydrozephalus zu Grunde.
-
•
Ferner können auch Tumore, beispielsweise Kolloidzysten im Foramen Monroi oder Gliome des Mesenzephalons, ursächlich sein.
-
•
Eine andere Ursache für einen nicht-kommunizierenden Hydrozephalus ist der verschluss der Aperturen des vierten ventrikels.
Klinik
Therapie
✓
Das Dogma, welches früher immer wieder vertreten wurde – „Einmal Shunt, immer Shunt” -, gilt somit nicht mehr.
P 14 – 5
Hirndruck
Grundsätze der Behandlung
✓
Nach Erschöpfung dieses Kompensationsmechanismus kommt es zu einem exponentiellen Anstieg des intrakraniellen Drucks.
Als Faustregel gilt:
Bei Werten > 20 mmHg sollten entsprechende Therapiemaßnahmen eingeleitet werden.
MERKE
! Der zerebrale Perfusionsdruck errechnet sich über die Gleichung CPP = MAP – ICP (MAP = mittlerer arterieller Druck).
•
Prinzipiell stehen hier verschiedene Techniken zur verfügung, die im Wesentlichen epidurale, subdurale und parenchymatöse ICP-Sonden beinhalten. Jede dieser Sonden hat ihre vor- und Nachteile.
•
Als genaueste Messmethode hat sich die Parenchymsonde erwiesen.
Klinik
•
Benommenheit, Kopfschmerzen
•
Übelkeit, Erbrechen
•
Pupillomotorikstörungen und
•
eine progrediente Bewusstseinsstörung.
Basistherapie
Als Faustregel gilt:
Die Therapie des erhöhten Hirndrucks zielt darauf ab, weitere druckbedingte Schädigungen zu vermindern und eine eventuell drohende Herniation zu verhindern.
•
Normonatriämie: Durch eine Hyponatriämie verschlechtert sich das zytotoxische Hirnödem. Sie sollte deshalb vermieden werden.
•
Normoglykämie: Aus Schlaganfallstudien und großen intensivmedizinischen Studien ist bekannt, dass sich über die Norm erhöhte Blutzuckerwerte negativ auf das Outcome auswirken. Aufgrund möglicher Komplikationen durch eine intensivierte Insulintherapie mit Zielwerten von < 110 mg/dl sollten die Blutzuckerspiegel kontrolliert werden und lediglich < 180 mg/dl liegen (NICE Sugar).
•
Normothermie: Experimentelle als auch klinische Studien beispielweise beim Schlaganfall oder beim Schädel-Hirn-Trauma belegen den deletären Einfluss einer erhöhten Körpertemperatur auf die Entwicklung des Hirnödems. Normotherme Temperaturen haben einen besseren Outcome.
•
Normokapnie: Erhöhte arterielle CO2-Werte sollten vermieden werden, da diese mit einer Dilatation zerebraler Gefäße und damit einem vermehrten CBF einhergehen. Dieser wiederum führt zu einem Anstieg des ICPs.
•
Oxygenierung: Eine Normoxygenierung soll weitere Schäden potenziell minderdurchbluteter Hirnareale verhindern.
•
Analgosedierung: Schmerz und Unruhe tragen bei Patienten mit erhöhtem ICP zu einer weiteren Erhöhung der ICP-Werte bei, sodass eine ausreichende Analgosedierung sinnvoll scheint. Geringe Dosen von Benzodiazepinen und Opioiden haben sich als erfolgreich erwiesen, verschlechtern allerdings die neurologische Beurteilbarkeit.
P 14 – 6
Konservative Hirndrucktherapie
•
medikamentöse Verfahren wie die Applikation von
–
osmotherapeutischen Substanzen
–
Barbituraten, Antiepileptika
–
Kortikosteroiden
–
Pufferlösungen und
•
physikalische Verfahren wie die Hyperventilation.
✓
Der wesentliche Nachteil der konservativen Hirndrucktherapie mit Osmotherapeutika, Barbituraten, etc. besteht in der nachlassenden Effektivität über die Zeit.
Osmotherapeutika
•
Entlang des osmotischen Gradienten wird dem Gehirn Flüssigkeit entzogen und somit das Ödem vermindert.
•
Als Osmotherapeutika bieten sich
–
Mannit (0,5 g/kg),
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hypertone Kochsalzlösungen (75 ml 19%) und
–
Kombinationen aus hypertoner Kochsalzlösung plus Hydroxyethylstärke (100 ml) an.
•
Neben der antiödematösen Wirkung führen Osmotherapeutika zu einer Erhöhung des intravasalen Volumens und gleichzeitiger Verminderung des Hämatokrits, was zu einer Verbesserung der rheologischen Eigenschaften des Blutes führt.
•
Die Applikation von Osmotherapeutika macht eine regelmäßige Kontrolle der Serumosmolarität notwendig. Eine Erhöhung der Osmolarität > 320 mosmol/l bringt keinen weiteren therapeutischen Nutzen, sondern erhöht die Gefahr einer akuten tubulären Nekrose.
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So können osmotisch wirksame Substanzen über eine ischämisch geschädigte Blut-Hirn-Schranke ins Interstitium gelangen und den osmotischen Gradienten umkehren.
•
Diese Umkehr führt zu einem sekundären Einstrom von Flüssigkeit in bereits geschädigte Hirnareale.
Kontrollierte Hyperventilation
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Da Kohlendioxid einer der potentesten Vasodilatoren der zerebralen Gefäße ist, führt die Senkung des CO2-Gehaltes auf Werte zwischen 30 und 35 mmHg zu einer Verminderung der zerebralen Durchblutung und somit zu einer Senkung des ICPs.
•
Dieser ICP-senkende Effekt hält jedoch lediglich 12–24 Stunden an.
•
Insbesondere beim ischämischen Schlaganfall könnte die Erniedrigung des zerebralen Blutflusses zu einer weiteren Schädigung ischämischer Areale beitragen. Außerdem scheinen Gefäße ischämischer Areale bereits in Ruhe maximal weit zu sein. Letzteres könnte zu einer Umverteilung des Blutvolumens zu Ungunsten ischämischer Hirngebiete führen.
Barbiturate
✓
Deshalb ist die Barbituratgabe Mittel der letzten Wahl und erfordert intensivmedizinische Überwachung.
Tris-Puffer
✓
Da die Wirksamkeit bisher klinisch nicht sicher belegt werden konnte, ist die THAM-Gabe ebenfalls eine Therapie der letzten Wahl.
Kortikosteroide
-
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Die Applikation von Kortikosteroiden ist beim ischämischen Schlaganfall eine obsolete Therapieform.
Eskalationstherapie
P 14 – 7
Dekompressionstherapie
Als Faustregel gilt:
Rationale der Dekompressionstherapie ist es, durch großflächige Resektion eines Teils der Schädelkalotte Platz für anschwellendes Hirngewebe zu schaffen.
•
mit einer Hemikraniektomie der raumfordernde Mediainfarkt und
•
mit einer subokzipitalen Kraniotomie der raumfordernde Kleinhirninfarkt.
Hemikraniektomie beim malignen Mediainfarkt
Klinik
•
Das klinische Krankheitsbild ist gekennzeichnet durch eine Hemiplegie, Augen- und Kopfdeviation und progrediente Bewusstseinstrübung.
•
Innerhalb von 2–5 Tagen folgen eine unilaterale Pupillenstörung und ein Anstieg des intrakraniellen Drucks (ICP) regelhaft > 30 mmHg.
Operative Therapie
•
sowohl eine direkte Kompression des umliegenden Gewebes verhindert
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die Gefahr einer Herniation verringert als auch
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durch die Senkung des intrakraniellen Druckes eine bessere Perfusion der nicht betroffenen Gehirn-Regionen ermöglicht.
•
Von eminenter Bedeutung ist es, die Kraniektomie bis nach temporobasal auszudehnen.
•
Schließlich wird unter Zuhilfenahme von Spender-Dura, patienteneigenem Faszienmaterial oder auch heterogener Lyodura eine erweiterte Dura-Plastik erstellt.
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Der Knochendeckel wird kryoasserviert und kann später – meist nach ca. 3–6 Monaten – wieder reimplantiert werden.
Prospektive randomisierte Studien:
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•
DESTINY (Decompressive Surgery for the Treatment of Malignant Infarction)
-
•
DESTINY II (Dekompression bei über 60-Jährigen)
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•
DECIMAL (Decompressive Craniectomy in Malignant Middle Cerebral Artery Infarcts)
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•
HAMLET (Hemicraniectomy after Middle Cerebral Artery Infarction with Life-Threatening Oedema)
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•
HeADDFIRST (Hemicraniectomy and Durotomy upon Deterioration from Infarction Related Swelling Trial)
-
•
HeMMI (Hemicraniectomy for Malignant Middle Cerebral Artery Infarcts).
Ergebnisse
•
Meist ist dabei das gute Outcome mit einem GOS von 4 und einem BI von über 60 oder einem mRS von 0–3 definiert. In der gepoolten Analyse wird sogar ein mRS von 0–4 als gut definiert.
•
Aufgrund der Einfachheit der Skalen, die weder neuropsychologischen noch kognitiven Aspekten gerecht werden sowie der individuellen Einschätzung eines tatsächlich guten oder überlebenswerten Outcomes, ist eine solche Einteilung diskussionswürdig.
•
In der gepoolten Analyse der europäischen Studien erreichten 43% der HC-Patienten sowie 21% der konservativ behandelten Patienten ein gutes Outcome nach einem Jahr definiert durch ein mRS von > 3.
•
Ein weiteres bedeutendes Ergebnis war darüber hinaus, dass die Anzahl der Patienten mit einem mRS von 5 (vegetativer Status) durch die HC nicht zunahm. Allerdings nahm die Gesamtzahl der Pflegebedürftigen mit einem mRS von 4 um mehr als den Faktor 10 zu.
•
Da Patienten über 60 Jahre nicht eingeschlossen wurden, lassen sich die Ergebnisse nicht auf ältere Personen übertragen.
•
Zurzeit versucht die DESTINY-II-Studie, diese Frage zu klären. Wesentliches Einschlusskriterium ist hierbei ein Alter > 60 Jahren.
Prognostische Faktoren und offene Fragen
•
In den randomisierten Studien zeigt sich kein Unterschied nach HC auf der dominanten und der nichtdominanten Hemisphäre bezüglich des gemessenen funktionellen Outcomes.
•
Kleinere Studien belegen sogar, dass sich die Patienten mit initialer Aphasie sehr gut erholen. In einer Studie wurden 8 Patienten mit linkshirnigen Infarkten untersucht. Trotz initial sehr schwerer Symptomatik hatte, nach einem Mittel von 14 Monaten, nur ein Patient eine persistierende globale Aphasie und war schwer behindert. Alle anderen Patienten wiesen ein akzeptables Sprachvermögen und Sprachverständnis auf.
•
In einer Studie von 1998 zeigte sich, dass eine frühe HC nach im Mittel 21 Stunden einer verspäteten nach 39 Stunden bezüglich der Letalität überlegen war. Früher Operierte verstarben nur in 16% im Gegensatz zu später Operierten mit 34%. Dieser Unterschied war allerdings nicht statistisch signifikant.
•
In der gepoolten Analyse der Studien DECIMAL, DESTINY und HAMLET zeigte sich allerdings kein signifikanter Unterschied zwischen den vor und nach 24 Stunden nach Infarkt operierten Patienten.
Komplikationen
•
In bis zu 10% der Fälle ist eine operative Revision nötig.
•
Komplikationen in Zusammenhang mit der operativen Therapie bestehen in einer hämorrhagischen Transformation oder einer intraparenchymalen Blutung im bereits infarzierten Hirngewebe.
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zu zusätzlichen ipsi- und kontralateralen Infarkten
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Hygromen
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Meningitis, zerebralen Abszessen
•
subduralen Hämatomen und
•
Wundinfektionen kommen.
Dekompression beim Kleinhirninfarkt
Als Faustregel gilt:
In diesen Fällen sollte die Indikation zur Dekompression und Liquorableitung mittels externer Ventrikeldrainage (EVD) gestellt werden.
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✓
Die Anlage einer EVD alleine ist aus unserer Sicht pathophysiologisch aufgrund der zu erwartenden Hirnstammkompression durch lokale Druckphänomene nicht zu rechtfertigen.
•
In einer Studie von Pfefferkorn und Kollegen wurden 57 Patienten analysiert. Dabei zeigte sich, dass Patienten mit einer bilateralen subokzipitalen Dekompression keine fatalen operativen Komplikationen aufwiesen. Über einen Zeitraum von im Mittel 4,7 Jahren (n = 52) verstarben 21 von 52 Patienten (40%). 52% der überlebenden Patienten wiesen einen mRS von 0–3 auf. Es zeigte sich, dass ein zusätzlicher Hirnstamminfarkt signifikant mit einem schlechteren Outcome (mRS > 4) assoziiert war.
•
In einer weiteren Studie wurden 56 Patienten nachuntersucht (Jüttler, 2009). Die mediane Beobachtungszeit lag hier bei ca. 8 Jahren. Auch hier überlebten 60% der Patienten diese Zeit. 51,8% der Patienten wiesen einen mRS von < 3 mRS auf.
✓
Bei klinischer Verschlechterung des Bewusstseinsstatus des Patienten sowie Liquoraufstau halten wir somit in aller Regel eine Dekompressionstherapie für indiziert.
Dekompressionstherapie bei Sinusvenenthrombose
•
Ca. 13% der Patienten mit SVT versterben oder bleiben schwer behindert.
•
In einigen Fallberichten zeigte sich eine bessere Überlebensrate von Patienten, bei denen eine drohende Herniation aufgrund der SVT und weitere Komplikationen durch HC vermieden werden konnten (Übersicht bei Uhl, 2009).
✓
Bei letal bedrohten Patienten kann jedoch aus unserer Sicht die HC eine lebensrettende Methode darstellen.
P 14 – 8
Hypothermie
Literatur
Bardutzky et al., 2007 Nov
Boschert, et al., 2003
Gerloff et al., 2008.
Georgiadis, et al., 2002
Hebb, et al., 2001
Holtkamp, et al., 2001
Hopf, et al., 1999
Jauss, et al., 1999
Jüttler et al., 2009 Sep
Kiefer, et al., 2002
Krauss, et al., 1996
Mirzayan et al., 2010 Aug
Pfefferkorn et al., 2009 Sep
Reith, et al., 1996
Sainte-Rose, 1996.
Schwab, et al., 1999.
Schwab, et al., 1998
Sprung et al., 2010 Mar
Uhl 2009 Nov
Vahedi et al., 2007
Wagner et al., 2001
Walz et al., 2002