38.1
Internistische Therapie des Gastroduodenalulkus
F. Gundling und W. Schepp
Als Faustregel gilt
GastroduodenalulkusTherapie, internistischeDie Therapie der gastroduodenalen Ulkuskrankheit orientiert sich an der diagnostisch gesicherten oder mutmaßlichen Genese der Erkrankung.
Von essenzieller Bedeutung sind sowohl
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der Nachweis oder Ausschluss einer Infektion mit Helicobacter pyloriHelicobacter pyloriUlcus duodeni/ventriculi (HP) als auch
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die anamnestische Exploration einer vorangegangenen oder laufenden Therapie mit nichtsteroidalen AntiphlogistikaNSAR (NSAR).
Diese beiden Faktoren sind getrennt oder kombiniert für > 95% aller gastroduodenalen Ulzera verantwortlich und bestimmen das therapeutische Vorgehen.
Noch immer sind Ulcera duodeni in zirka 80–95% und Ulcera ventriculi in 65–95% der Fälle mit einer HP-Besiedlung assoziiert. Andererseits hat die Rate HP-negativer Ulzera in den letzten Jahren deutlich zugenommen, zumal in Deutschland die Prävalenz der HP-Infektion immer weiter sinkt. Trotzdem sind nach wie vor ca. 50% der Weltbevölkerung im Erwachsenenalter > 40 J. mit HP infiziert. Eine suffiziente Impfung steht aktuell nicht zur Verfügung.
Tab. 38.1 gibt einen Überblick über seltene Ulkusursachen. Die Diagnostik und Therapie richtet sich nach der jeweiligen Grunderkrankung und wird an entsprechender Stelle separat erläutert.
38.1.1
HP-Nachweis
Helicobacter pyloriNachweisEtablierte
Nachweisverfahren für eine HP-Infektion sind (
Tab. 38.2):
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die Histologie (Gastroskopie) und
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der Urease-Schnelltest Urease-Schnelltestaus Biopsaten des Antrum- und Korpusbereichs. Die Biopsieentnahme sollte zwei Biopsien aus dem Antrum (ca. 2–3 cm vor dem Pylorus) sowie zwei aus dem mittleren Korpus (jeweils kleine und große Kurvatur) umfassen. Die Endoskopie kann zusätzlich zur Diagnosestellung auch mögliche Komplikationen einer HP-Infektion (z.B. Ulkus, Karzinom) erfassen.
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Ebenfalls anerkannt sind der 13C-Harnstoff-Atemtest 13C-Harnstoff-Atemtestsowie
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der monoklonale Antigennachweis im Stuhl.
Die Nachweise über die Serologie oder die Antikörperdetektion im Urin sind für die Diagnostik einer aktiven Infektion nicht geeignet oder nicht ausreichend validiert.
Zu beachten ist, dass die Sensitivität aller etablierten Nachweisverfahren durch eine säuresupprimierende Therapie, im Rahmen einer akuten Ulkusblutung wie auch durch eine begleitende Antibiotikatherapie von > 90% auf < 80% sinken kann, sich also falsch negative Befunde mehren.
Aufgrund der rückläufigen Prävalenz in Deutschland wird für den validen Beweis einer HP-Infektion in der aktuellen Leitlinie der Nachweis zweier verschiedener Diagnostikverfahren empfohlen. Ausnahmen sind der endoskopische Nachweis eines Ulcus duodeni (bereits ein positives Testergebnis ausreichend), die chronisch aktive Gastritis (bei histologischem HP-Nachweis) sowie der alleinige kulturelle Nachweis. Nach zweimaligem Therapieversagen sollte eine Resistenztestung erfolgen.
Bei der Erfolgskontrolle nach Eradikation muss auf einen Mindestabstand zwischen Testdurchführung und vorausgegangener Behandlung geachtet werden (mind. 2 Wo. nach letzter PPI-Einnahme, mind. 4 Wo. nach letzter Antibiotika-Einnahme). Angesichts der wachsenden Antibiotikaresistenz, insbesondere gegenüber der klassischen Tripletherapie, ist die Kontrolle des Eradikationserfolgs wichtig.
38.1.2
NSAR-Therapie
Das therapeutische Vorgehen bei NSAR-Antirheumatikum, nichtsteroidalesUlcus duodeni, ventriculiassoziierten Ulzera ist noch immer im Fluss, zumal in zahlreichen Studien oft keine Differenzierung zwischen einer klassischen NSAR-Therapie aus analgetischer oder antiphlogistischer Indikation und einer kardioprotektiven Low-dose-ASS-Therapie erfolgte.
Weitere Gesichtspunkte
Drei weitere wichtige Punkte sind zu berücksichtigen:
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Während die Ulkusblutung primär eine Domäne der endoskopischen Therapie darstellt, müssen o.g. differenzialtherapeutische Aspekte in der weiterführenden Behandlung und für die Sekundärprophylaxe berücksichtigt werden.
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Aufgrund der potenziell malignen Genese von Magenulzera bleibt die Empfehlung, diese 4–8 Wo. nach der initialen Diagnose endoskopisch und bioptisch zu kontrollieren, weiterhin bestehen.
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Bei Ulzera, die unter einer Standardtherapie nicht vollständig abheilen, sind weitere Ursachen – z.B. mangelnde Medikamenten-Compliance, Karzinom, Lymphom, CMV-Infektion, Morbus Crohn – abzuklären (Tab. 38.1).
38.1.3
Konservative Therapie
GastroduodenalulkusTherapie, konservativeEine wichtige Basis für die Therapie der gastroduodenalen Ulkuskrankheit bietet die aktualisierte S2k-Leitlinie zur Helicobacter-pylori-Infektion der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). In dieser wird u.a. auch Bezug auf die NSAR-assoziierten und HP-negativen Ulzera genommen.
Therapieziele
Die Ulkusbehandlung hat im Wesentlichen drei Zielsetzungen:
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Beschwerdefreiheit des Patienten
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Beschleunigung der Ulkusheilung und Verhinderung von Ulkuskomplikationen
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(Sekundär-)Prophylaxe eines Ulkusrezidivs
Die ersten beiden Therapieziele lassen sich i.d.R. durch zeitlich begrenzte konservative Therapie erreichen, während die Prophylaxe des Ulkusrezidivs entweder einen Verzicht auf eine vorbestehende Medikation mit NSAR, eine antisekretorische Dauermedikation oder die Eradikation des Helicobacter pylori voraussetzt. Trotz Einhaltung dieser Prämissen verbleibt jedoch ein Restrisiko für ein Ulkusrezidiv.
Allgemeine Therapieprinzipien
Unkomplizierte Ulzera können in der überwiegenden Zahl der Fälle ambulant behandelt werden. Komplizierte Fälle sollten stationär betreut werden. Dies sind Patienten mit
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penetrierenden, perforierenden, blutenden Ulzera,
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Stenoseerscheinungen,
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exzessiven Schmerzen oder
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besonderen häuslichen Versorgungsproblemen.
Besonders gefährdet für einen komplizierten Verlauf sind ältere Patienten mit Komorbiditäten wie Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus oder kardiovaskulären Erkrankungen.
Potenziell ulzerogene Medikamente, z.B. Antirheumatika oder nichtsteroidale Antiphlogistika, sollten – soweit klinisch vertretbar – abgesetzt werden.
Diätetische Maßnahmen spielen in den heutigen Therapieplänen keine Rolle mehr. Grundsätzlich gilt, dass der Patient essen darf, was er mag und was ihm bekommt. Alkoholgenuss sollte vermieden werden, auch ist Nikotinkonsum ein ulzerogener Faktor und sollte gerade während der Heilungsphase unterbleiben.
Medikamentöse Therapieprinzipien
GastroduodenalulkusTherapie, medikamentöseEffiziente Säuresuppression ist die vordringlichste Maßnahme für die Prophylaxe, aber auch für die Therapie sowohl HP-positiver als auch HP-negativer Ulzera.
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Die Entwicklung der Protonenpumpeninhibitoren (PPI) als hocheffektive und nebenwirkungsarme säuresupprimierende Substanzklasse hat alle früher verwendeten Therapeutika in den Hintergrund treten lassen.
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Nur noch in der Therapie der Dyspepsie und ggf. sporadischer Beschwerden im Rahmen einer gastroösophagealen Refluxerkrankung verwendet werden heute
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Antazida (z.B. Aluminium-Magnesium-Hydroxid, Aluminium-Magnesium-Silicathydrat, Kalziumkarbonat),
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Anticholinergika (Pirenzepin-Dihydrochlorid),
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sulfatierte Disaccharide (Sucralfat),
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Prostaglandinanaloga (Misoprostol),
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Wismut und
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H2-Antagonisten (Cimetidin, Ranitidin, Famotidin).
Die Bedeutung von Sucralfat und H2-Antagonisten in der Prophylaxe von Stressulzera bei langzeitbeatmeten Patienten ist umstritten. Sie beruht v.a. auf dem Fehlen adäquat validierter prospektiver Vergleichsstudien mit PPI in dieser Indikation.
Eine Metaanalyse von Alhazzani et al. konnte belegen, dass PPI effektiver als H
2-Blocker klinisch wichtige obere gastrointestinale Blutungen (RR 0,36) und manifeste obere gastrointestinale Blutungen (RR 0,35) vermindern. Unabhängig von der Problematik der Stressulkusprophylaxe sind die Ulkusheilungsraten z.B. für H
2-Antagonisten im Vergleich zu PPI um 20–30% nach 2 Wo. und um 10–20% nach 4 Wo. Therapie signifikant niedriger (nach
Hoffmann et al. 2017).
Patienten mit HP-positiven Ulzera erhalten eine Eradikationstherapie. Da diese jedoch allein der Sekundärprophylaxe dient und keine Verbesserung der primären Heilung mit sich bringt, kann das Ergebnis der HP-Diagnostik unter einer laufenden PPI-Therapie abgewartet werden.
H+-/K+-ATPase-Hemmer
Protonenpumpeninhibitor (PPI)Ulcus duodeni/ventriculiH+-/K+-ATPase-HemmerBeispiele für H+-/K+-ATPase-Hemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI) sind:
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OmeprazolOmeprazolUlcus duodeni/ventriculi: Losec®, Antra®, Generika
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LansoprazolLansoprazolUlcus duodeni/ventriculi: Lanzor®, Agopton®, Generika
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PantoprazolPantoprazolUlcus duodeni/ventriculi: Pantozol®, Rifun®, Generika
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RabeprazolRabeprazolUlcus duodeni/ventriculi: Pariet®
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EsomeprazolEsomeprazolUlcus duodeni/ventriculi: Nexium®.
Therapeutischer Wert
Substituierte Benzimidazole inhibieren die Magensekretion wirkungsvoller als H2-Antagonisten. Dieser therapeutische Effekt wird durch die irreversible Hemmung der in den Parietalzellmembranen lokalisierten, für die Säureproduktion und -sekretion entscheidenden, K+-abhängigen ATPase vermittelt.
PPI haben sich als Therapeutika der ersten Wahl beim Ulcus duodeni und auch beim Ulcus ventriculi etabliert, zumal die Ulkusabheilungsrate gegenüber den H2-Rezeptorantagonisten um 10–30% höher liegt und gleichzeitig eine schnellere Beschwerdefreiheit erreicht wird. Die Wahl des PPI-Präparats spielt dagegen in der Ulkustherapie keine Rolle.
Dosierung
Unter einer Standarddosierung heilen > 80% aller Ulzera innerhalb von 4 Wo. ab, nach 8 Wo. erhöht sich dieser Anteil auf etwa 90%. Sie beträgt für
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Omeprazol 20 mg/d,
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Lansoprazol 30 mg/d,
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Pantoprazol 40 mg/d,
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Rabeprazol 20 mg/d und
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Esomeprazol 20 mg/d.
Die Medikation sollte ca. 30 Min. vor der Mahlzeit eingenommen werden, um eine optimale Säuresuppression zu gewährleisten.
Aufgrund der unterschiedlichen Heilungsgeschwindigkeiten sollte die Therapiedauer mit PPI
Nebenwirkungen
Im Allgemeinen sind PPI sehr gut verträgliche Medikamente, deren sehr gutes Nutzen-Risiko-Profil sehr gut belegt ist (Anstieg der PPI-Verordnungen in der GKV von 192 Mio. auf 3.551 Mio. definierte Tagesdosen im Jahr 2014).
Insgesamt sind Nebenwirkungen oder medikamenteninduzierte Komplikationen bei PPI selten. Am Häufigsten wird über Kopf- und Bauchschmerzen, Müdigkeit und Diarrhö berichtet. In kontrollierten Studien lag die Nebenwirkungsrate von PPI jedoch nicht über der des Placebos.
Relevante, wenn auch seltene Nebenwirkungen treten insbesondere bei der Langzeitanwendung und in hoher Dosierung auf. Daher sollte die Indikation von PPI bei Dauermedikation regelmäßig hinterfragt werden. Auf die wichtigsten potenziellen Nebenwirkungen wird im Folgenden kurz eingegangen.
Pharmakologische Interaktionen
Die Einnahme von PPI kann zu Interferenzen hinsichtlich der Metabolisierung anderer Medikamente führen. Dies wurde z.B. bei gleichzeitiger Einnahme antiretroviraler Medikamente oder Tyrosinkinaseinhibitoren und daraus resultierender Wirkungseinschränkung beobachtet. Dies muss bei entsprechender Multimedikation beachtet werden. Medikamenteninteraktionen am Cytochrom-P450-System sind beschrieben, hatten bis Mitte 2009 aber keine klinische Bedeutung. Hinweise auf eine möglicherweise erhöhte Mortalität bei KHK-Patienten, die neben Clopidogrel auch PPI einnahmen, brachten jedoch eine klinisch relevante Cytochrom-vermittelte Interaktion wieder in die Diskussion. Die Komedikation mit PPI reduziert die in vitro bestimmte Hemmung der Plättchenaggregation im Mittel um ca. 30%. Der Effekt ist bei mutiertem CYP2C19 bei Slow Metabolizers stärker, bei Rapid Metabolizers dagegen schwächer ausgeprägt. Zusätzlich kann die Metabolisierung von Clopidogrel in dessen aktiven Metaboliten beeinträchtigt werden, sodass bei Komedikation eine zeitlich versetzte Einnahme empfohlen wird.
Der Nutzen des Gesamtüberlebens gerade alter multimorbider Patienten durch verminderte Sterblichkeit infolge gastrointestinaler Blutungen sollte gegenüber dem kardiovaskulären Risiko nicht außer Acht gelassen werden. Daher ist eine Komedikation von Clopidogrel-Patienten mit H2-Rezeptorantagonisten aufgrund ihrer gegenüber PPI geringeren Blutungsprophylaxe kontraindiziert.
Erhöhtes Infektionsrisiko
Durch die verminderte antibakterielle Säurebarriere des Magens werden vereinzelt eine bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms und ein vermehrtes Auftreten gastrointestinaler Durchfallerkrankungen beobachtet. Insbesondere bei hochbetagten und multimorbiden Patienten ist die Assoziation bestimmter gehäuft auftretender Infektionen unter PPI beschrieben worden. Dies betrifft z.B. gastrointestinale Infekte wie das gehäufte Vorkommen von Clostridium difficile und das erhöhte Risiko für nosokomiale und Ventilator-assoziierte Pneumonien. Zudem muss bei Vorliegen einer dekompensierten Leberzirrhose die Indikation besonders streng gestellt werden, da in diesem Fall das Risiko einer spontan bakteriellen Peritonitis gesteigert ist.
Malabsorption
Unter PPI-Einnahme wurde die gestörte Resorption bestimmter Substrate, z.B. oral zugeführte Eisenpräparate, beschrieben. Trotz der publizierten erhöhten Assoziation eines gesteigerten Frakturrisikos unter PPI fördert die langjährige Einnahme nicht die Osteoporose.
Infolge der durch Omeprazol-Gabe drastisch reduzierten gastralen Säuresekretion steigt im Rahmen einer physiologischen Gegenregulation der Serumgastrinspiegel auf das Zwei- bis Dreifache der Norm an. Ein kanzerogenes Potenzial für den Gastrointestinaltrakt einschließlich des Dickdarms ist hiermit nicht verbunden.
38.1.4
Helicobacter-pylori-Eradikationstherapie
Helicobacter pyloriEradikationstherapieInsgesamt ist die Prävalenz der HP-Infektion in Europa und anderen Regionen (z.B. Malaysia) rückläufig (Rückgang der HP-Prävalenz von 52% 1989 auf 11% 2009). Dies geht mit einem parallelen Rückgang der Prävalenz der Ulkuskrankheit einher. Nach wie vor besteht eine signifikant höhere HP-Prävalenz in Ost- und Südeuropa im Vergleich zu Nordwesteuropa. 2016 wurde die DGVS-Leitlinie „Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit“ aktualisiert. Eine Eradikationstherapie sollte bei folgenden Indikationen durchgeführt werden:
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Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni
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MALT-Lymphom
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Risikopersonen für ein Magenkarzinom (positive Familienanamnese, atrophische Gastritis, ausgedehnte intestinale Metaplasie, nach endoskopischer Resektion bei Magenadenom oder Frühkarzinom, nach subtotaler Magenresektion, Morbus Ménétrier)
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Extragastrale Erkrankungen (z.B. idiopathisch-thrombozytopenische Purpura)
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Lymphozytäre Gastritis, Risikogastritis (Pangastritis oder korpusdominante Gastritis)
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Vor Langzeit-NSAR-Therapie
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Vor ASS-Therapie
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Obere GI-Blutung unter ASS
Darüber hinaus gibt es weitere fakultative Indikationen (funktionelle Dyspepsie, asymptomatische HP-Gastritis, Langzeiteinnahme von PPI, bei Vitamin-B12-Mangel nach Ausschluss anderer Ursache). Absolute Kontraindikationen gegen eine Eradikationstherapie von HP sind nicht bekannt.
Die wichtigsten Faktoren für ein Versagen einer HP-Eradikation sind bakterielle Resistenz sowie geringe Therapieadhärenz.
Eine wesentliche Neuerung besteht daher in der geänderten Therapieempfehlung, die der prätherapeutischen Resistenzlage von HP Rechnung trägt und eine Stratifizierung nach dem Vorhandensein von Risikofaktoren für eine Clarithromycin-Resistenz empfiehlt. Eine aktuelle Netzwerk-Metaanalyse, die 143 Studien mit 14 unterschiedlichen Therapieschemata für die Erstlinientherapie analysierte, konnte für die Standard-Tripeltherapie eine Eradikationsrate von lediglich 73% belegen.
Die bisherige Standard-Tripeltherapie sollte als Erstlinientherapie lediglich in Regionen mit niedriger Clarithromycin-Resistenz durchgeführt werden. Bei Vorliegen von Risikofaktoren für eine Clarithromycin-Resistenz (frühere Makrolidexposition, Herkunftsland) wird in der aktuellen S2k-Leitlinie die Bismuth-Quadrupeltherapie oder die konkomittierende Vierfachtherapie (
Tab. 38.2) empfohlen.
Eine primäre Clarithromycin-Resistenz ist insbesondere bei Patienten aus südeuropäischen Ländern (z.B. Portugal, Italien: 25%) bzw. in Japan (bis ca. 30%), Türkei (bis ca. 40 %), China (bis ca. 50%) oder in den USA (bis zu 32%) zu erwarten, in denen Makrolide verbreitet für die Therapie bronchopulmonaler Infekte bzw. bereits in der Pädiatrie eingesetzt werden. Aufgrund der regional sehr divergierenden Antibiotikaresistenz ist daher das Herkunftsland vor der Entscheidung für ein Eradikationsregime sehr wichtig.
Die Verwendung einer Clarithromycin-basierten Eradikationstherapie hat erhebliche klinische Konsequenzen, da bei bestehender Resistenz der Eradikationserfolg auf < 50% schrumpft, sodass alternativ ein Clarithromycin-freies Regime zu empfehlen ist.
Bei einer Prävalenz der Clarithromycin-Resistenz von > 20% ist ein Therapieerfolg in deutlich weniger als 80% der Fälle zu erwarten. Eine 80%-Eradikationsrate gilt als minimale Schwelle für die Empfehlung eines speziellen Erstlinientherapieschemas.
Die weltweite Resistenz gegenüber Metronidazol (MET) ist mit 30–60% in Europa sowie bis zu 80% in China, Afrika und Mittelamerika dagegen deutlich häufiger als die Clarithromycin-Resistenz. Im Patientengut des deutschen NRZ lag die durchschnittliche primäre MET-Resistenz bei knapp 30 %. Die Nitromidazol-Resistenz hat jedoch deutlich weniger ausgeprägte klinische Konsequenzen als die Clarithromycin-Resistenz, sodass dieses Antibiotikum durchaus Bestandteil einer Sekundärtherapie sein kann.
In den neuen europäischen Empfehlungen wird die Erstlinientherapie in Abhängigkeit von der regionalen Clarithromycin-Resistenz ausgewählt (
Abb. 38.1).
Mit den üblicherweise primär eingesetzten Schemata lassen sich auch in der Praxis, also außerhalb von Studien, in Deutschland HP-Eradikationsraten um 80% erreichen.
Der Eradikationserfolg ist frühestens 4 Wo. nach Beendigung der Therapie zu prüfen:
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13C-Harnstoffatemtest, HP-Antigentest im Stuhl.
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Histologie nur nach Therapie eines HP+-Ulcus-ventriculi.
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Jede säuresuppressive Therapie sollte mind. 2 Wo. vor dem Test abgesetzt werden.
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Serologische Verlaufskontrollen zeigen dagegen im Erfolgsfall erst 3–4 Mon. nach Beendigung der Eradikationstherapie einen relevanten Titerabfall.
Zum Vorgehen bei Therapieversagen der Erstlinientherapie
Kap. 38.1.7.
Nebenwirkungen
Amoxicillin kann zu pseudomembranösen Kolitiden führen, die v.a. bei betagten Patienten bedrohlich verlaufen können, in 10% der Fälle zu relevanten allergischen Reaktionen.
Bei den Tripletherapien muss bei ca. 10% der Patienten mit Nebenwirkungen gerechnet werden. Diese führen in ca. 2% der Fälle zu einem Abbruch der Eradikationstherapie.
Trotzdem sollten Patienten schon vor Beginn der Therapie auf häufigere unerwünschte Effekte wie Übelkeit und abdominelle Beschwerden hingewiesen werden. In vielen Fällen sind diese für die behandelten Personen über einen absehbaren Therapiezeitraum von 7–10 d subjektiv tolerabel und nach Therapieende rasch reversibel, sodass die Tabletten trotzdem vollständig eingenommen werden können.
38.1.5
Therapie im konkreten Fall
Unkompliziertes Ulcus ventriculi, HP-negativ
Als Faustregel gilt
Ulcus ventriculiunkompliziertesBei einem Magenulkus sollte immer die Möglichkeit einer malignen Genese des Befunds berücksichtigt werden.
Die Therapie erfolgt durch eine 4-wöchige Therapie mit einem PPI in Standarddosierung. 2–4 Wo. nach dem Ende der Therapie wird eine endoskopische Kontrolle der Abheilung inklusive Biopsieentnahmen aus dem Narbenbereich durchgeführt.
Unkompliziertes Ulcus duodeni, HP-negativ
Ulcus duodeniunkompliziertesDas Vorgehen entspricht dem für das unkomplizierte, HP-negative Ulcus ventriculi.
Eine endoskopische Kontrolle ist jedoch nicht notwendig, sofern kein Riesenulkus mit der Gefahr einer narbigen Duodenal- oder Bulbusstenose bestand.
Unkompliziertes Ulcus ventriculi, HP-positiv
Ulcus ventriculiunkompliziertesHier wird nach dem Eingang des HP-Nachweises die bereits meist begonnene PPI-Therapie um eine Eradikationstherapie ergänzt.
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Eine Verlängerung über die 7-tägige Standarddauer hinaus erbringt zumindest in westlichen Ländern keine besseren Eradikationsraten.
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Die Fortsetzung der PPI-Medikation über das Ende der Eradikationstherapie hinaus ist nicht erforderlich. Sollte sie dennoch erfolgen, müssen PPI mind. 2 Wo. vor der histologischen Kontrolle des Eradikationserfolgs abgesetzt werden, die im Rahmen der zwingend indizierten endoskopisch-bioptischen Verlaufsuntersuchung der Ulkusheilung 4 Wo. nach Beendigung der Antibiotikaeinnahme erfolgen kann.
Unkompliziertes Ulcus duodeni, HP-positiv
Als Faustregeln gilt
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Ulcus duodeniunkompliziertesNicht immer gelingt der HP-Nachweis durch die o.g. Verfahren.
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Bei einer hohen Wahrscheinlichkeit einer HP-Infektion bei süd- oder osteuropäischer Herkunft sollte bei einem Duodenalulkus trotz eines negativen HP-Nachweises die blinde Eradikation erfolgen.
Bei Patienten aus südeuropäischen Ländern sollte aber in der Erstlinientherapie aufgrund häufiger Clarithromycin-Resistenzen einer Kombination ohne Makrolide der Vorzug gegeben werden.
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Ob generell alle Ulcera duodeni ex juvantibus mit einer HP-Eradikation behandelt werden sollten, ist angesichts der sinkenden Inzidenz HP-positiver Ulzera, des zunehmenden Anteils NSAR-induzierter Läsionen und einer zunehmend kritischen Resistenzsituation fraglich.
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Bei nachgewiesener HP-Infektion ist auch beim Ulcus duodeni eine 7-tägige Eradikationstherapie ausreichend, die Fortsetzung der PPI-Medikation über das Ende der Antibiotikaeinnahme hinaus ist nicht erforderlich.
Kompliziertes Ulkus
Mit Blutung
Ulcus duodenikompliziertesUlcus ventriculikompliziertesVordringlichste Maßnahme ist die Sicherung einer suffizienten hämodynamischen Situation, die endoskopische Blutstillung und die Einleitung einer hoch dosierten i.v. PPI-Therapie.
Initial werden 80 mg Omeprazol oder Pantoprazol als Kurzinfusion i.v. gegeben. Es ist fraglich, ob danach eine hoch dosierte, kontinuierliche PPI-Infusionstherapie mit 200 mg/24 h über 48–72 h einen Vorteil gegenüber einer zweimal täglichen Kurzinfusion eines PPI erbringt. Die internationalen Empfehlungen zur Therapie der Ulkusblutung sprechen sich jedoch noch für die initial hoch dosierte, kontinuierliche i.v. Gabe aus.
Sofern möglich, sollten im Rahmen der Ösophagogastroduodenoskopie Biopsien für die HP-Diagnostik entnommen werden. Andererseits nehmen falsch negative Befunde der Histologie und des Urease-Schnelltests durch eine Blutung relevant zu. Im Zweifelsfall wird sich der Therapeut bei einer negativen NSAR-Anamnese für eine blinde Eradikation entscheiden, die aber erst nach der Reetablierung einer oralen Nahrungsaufnahme durchgeführt werden muss.
Die Indikation zur Operation muss spätestens nach der zweiten Rezidivblutung interdisziplinär diskutiert werden, zumal 1,5–2% aller Ulkusblutungen endoskopisch nicht beherrschbar bleiben.
Cave
Es muss vermieden werden, Patienten erst nach dem Eintritt eines hämodynamisch instabilen Zustands dem Chirurgen vorzustellen.
38.1.6
Versagen der Erstlinientherapie der HP-Infektion
Als Faustregel gilt
Helicobacter pyloriTherapieversagenBei jedem 5. Patienten muss mit dem Versagen der Erstlinientherapie, d.h. mit einer Persistenz der HP-Infektion, gerechnet werden.
Die Gründe hierfür sind zahlreich, hängen jedoch in der Mehrzahl der Fälle mit einer eingeschränkten Medikamenten-Compliance oder -verträglichkeit, mit einem Raucherstatus oder mit einer Antibiotikaresistenz zusammen.
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In Deutschland muss aktuell mit einer Primärresistenz von HP gegen Clarithromycin oder Metronidazol von 4% bzw. 28% gerechnet werden.
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Die Effektivität der italienischen Tripeltherapie wird durch eine Metronidazol-Resistenz um 18% reduziert, durch eine Clarithromycin-Resistenz um 35%.
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Die Effektivität der französischen Tripeltherapie wird durch eine Clarithromycin-Resistenz um 66% reduziert.
Unabhängig von der Anzahl der vorherigen Therapieversagen konnte in aktuellen Studien eine hohe Eradikationsrate mit der Bismut-Quadrupeltherapie erzielt werden (bis 91%). Dieses Therapieregime wird daher in der Zweitliniensituation sowie als Reservetherapie in der aktuellen S2k-Leitlinie empfohlen. Der hocheffektive Wirkmechanismus der bismutsalzhaltigen Schemata lässt sich u.a. darauf zurückführen, dass Bismut den zytoplasmatischen pH von Helicobacter pylori über eine Inhibition des Protoneneinstroms ins Zytoplasma des Bakteriums konstant in einem Bereich hält, der die Effektivität bakteriozider Antibiotika potenziert.
Nach dem Versagen einer clarithromycinhaltigen Primärtherapie sollte daher angesichts einer 50-prozentigen Sekundärresistenz gegen dieses Antibiotikum in der Zweitlinientherapie Clarithromycin gänzlich vermieden werden.
Alternativ kann eine Vierfachtherapie (bestehend aus einem PPI sowie den drei Antibiotika Clarithromycin, Amoxicillin und Metronidazol) oder eine Kombination aus PPI, Levofloxazin und Amoxicillin durchgeführt werden. Diese Protokolle sollten über 14 d gegeben werden. Ein Reservemedikament mit seltener Resistenzentwicklung stellt Rifabutin dar.
Resistenztestung
Sofern nach dem Versagen einer Ersttherapie ohnehin eine Gastroskopie erfolgt, z.B. bei einem Ulcus ventriculi, sollten Biopsien zur Resistenztestung durchgeführt werden. In allen anderen Fällen ist diese diagnostische Maßnahme im Hinblick auf eine individualisierte Therapie spätestens nach dem zweiten erfolglosen Eradikationsversuch indiziert, da in Deutschland schon nach einmaligem Therapieversagen etwa 80% der HP-Isolate Resistenzen gegen Metronidazol und/oder Clarithromycin aufweisen.
Probiotika
Aktuelle Metaanalysen belegen eine Steigerung des Effekts der antibiotischen Tripeltherapie durch eine synchrone Behandlung mit Probiotika (z.B. Saccharomyces boulardii) um ca. 10%. Probiotika sollten daher bei Patienten mit Standard-Tripeltherapie und schlechter Verträglichkeit der Antibiotika zusätzlich erwogen werden.
38.1.7
Die Rolle der NSAR
Ulcus duodeniNSARUlcus ventriculiNSARHP-negative Ulcera ventriculi mit histologisch gesicherter Benignität und alle HP-negativen Ulcera duodeni sind in der überwiegenden Zahl der Fälle NSAR-assoziiert.
Das Ulkusrisiko ist gerade in den ersten Wochen einer ASS- oder NSAR-Einnahme erhöht. Nicht nur konventionelle, nicht selektive NSAR wirken ulzerogen, sondern auch Zyklooxygenase-2-(COX-2-)selektive NSAR. Die Letzteren weisen im Vergleich zu nicht selektiven NSAR ein um 70–75% geringeres, jedoch immer noch deutlich nachweisbares Risiko für zufällig endoskopisch entdeckte und für symptomatische Ulzera auf. Hinsichtlich der für den Patienten subjektiv im Vordergrund stehenden Dyspepsie ergibt sich kein Unterschied.
Die reduzierte Rate blutender Ulzera unter COX-2-selektiven NSAR ergibt sich aus ihrer fehlenden Inhibition der COX-1-vermittelten Thrombozytenaggregation. Dieser klinische Vorteil wird schon durch die Komedikation mit lediglich kardioprotektiven ASS-Dosen vollständig aufgehoben. Diese Komedikation ist aufgrund des durch COX-2-selektive NSAR erhöhten kardiovaskulären Risikos jedoch grundsätzlich zu empfehlen. Daraus ergibt sich ein Dilemma, das den klinischen Stellenwert der Coxibe grundsätzlich in Zweifel ziehen lässt.
Auch
Thienopyridine verdreifachen das Risiko der oberen gastrointestinalen Blutung. Die Kombination mit ASS auch in nur kardioprotektiver Dosis oder mit NSAR potenziert das Risiko der Thienopyridine. Zur Problematik einer möglichen PPI-Clopidogrel-Interaktion
Kap. 38.1.3.
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Sofern klinisch vertretbar, werden NSAR während der akuten Ulkustherapie abgesetzt.
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Zur sekundären Rezidivprophylaxe ist darüber hinaus eine Überprüfung der Indikation für NSAR erforderlich.
Die Analyse von Daten von Krankenversicherungen (Barmer GEK) konnte jedoch zeigen, dass die Empfehlung einer prophylaktischen PPI-Therapie für die NSAR-Ulkusprävention bei Risikopatienten nicht konsequent durchgeführt wird: So erhielten in dieser Studie nur 28% der NSAR-Patienten eine synchrone PPI-Therapie (Miehlke 2017).
Für die direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) wurde mittlerweile ein erhöhtes Blutungsrisiko, vergleichbar mit Vitamin-K-Antagonisten, belegt (Miehlke 2016).
Als Faustregeln gilt
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Nach Möglichkeit wird die Therapie mit NSAR zugunsten physikalisch-therapeutischer Maßnahmen oder nicht ulzerogener Medikamente, z.B. Paracetamol, Metamizol oder ggf. Opioide, beendet.
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Kann jedoch auf NSAR nicht verzichtet werden, ist die Umstellung von nicht selektiven auf COX-2-selektive NSAR nicht indiziert.
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Stattdessen wird die NSAR-Medikation unter prophylaktischer Dauertherapie mit PPI fortgesetzt.
Kardioprotektiv dosiertes ASS plus PPI ist sowohl hinsichtlich der Prophylaxe der oberen gastrointestinalen Blutung als auch hinsichtlich der Kosteneffektivität einer Therapie mit Clopidogrel überlegen. Studien zur Primärprophylaxe durch PPI bei Patienten unter ASS + Clopidogrel stehen aus, PPI erscheinen bei diesen Hochrisikopatienten jedoch gerechtfertigt.
Sekundärprophylaxe
ProphylaxeUlcus duodeni/ventriculiEine HP-Testung und -Eradikationstherapie wird nach Blutungen aus allen ASS- oder NSAR-assoziierten Ulzera empfohlen. Ergänzend ist eine PPI-Dauertherapie, z.B. mit 20 mg/d Omeprazol-Äquivalent, über die Dauer der ASS-/NSAR-Therapie indiziert. Unter PPI-Prophylaxe ergeben sich weder ein Sicherheits- noch ein Kostenvorteil für COX-2-selektive gegenüber nicht selektiven NSAR. Die Umstellung von nicht selektiven auf COX-2-selektive NSAR ist auch hier nicht indiziert.
Zur Sekundärprophylaxe unkomplizierter HP-positiver Ulzera, die mit hoch dosiertem ASS oder mit nicht selektiven oder COX-2-selektiven NSAR assoziiert sind, wird derzeit ebenfalls eine PPI-Dauertherapie empfohlen.
Als Faustregel gilt
Im Zweifel wird sich der Behandler immer für eine PPI-Dauertherapie entscheiden.
Dies trifft in besonderem Maße bei Patienten zu, die fortgesetzt einer NSAR-Therapie bedürfen oder bei denen die unkontrollierte Einnahme dieser Präparate beispielsweise als Over-the-Counter-Selbstmedikation nicht sicher ausgeschlossen ist. Eine HP-Infektion kann jedoch auch unter einer langfristigen PPI-Therapie eradiziert werden, um die langfristig mögliche Entwicklung einer HP-bedingten intestinalen Metaplasie mit kanzerogenem Potenzial zu verhindern. Diese Indikation der HP-Eradikation weist freilich nur einen geringen Evidenzgrad auf.
Primärprophylaxe
GastroduodenalulkusRisikofaktorenVor dem Beginn einer Therapie mit NSAR sollten individuelle Risikofaktoren für die Entwicklung eines gastroduodenalen Ulkus erfasst werden. Hierzu zählen neben einem Alter > 65 J. eine Ulkusanamnese, die Einnahme von Kortikosteroiden sowie eine orale Antikoagulation.
Sofern keine Risikofaktoren vorliegen, wird weder eine PPI-Therapie noch die HP-Testung mit etwaiger Eradikation empfohlen. Dagegen sollte eine PPI-Komedikation beim Vorliegen eines oder mehrerer Risikofaktoren erfolgen. Eine zusätzliche HP-Testung und -Eradikation bringt in diesen Fällen keinen Zugewinn.
Die Kombinationstherapie aus ASS und traditionellen NSAR sollte auf jeden Fall von einer Ulkusprophylaxe mit PPI begleitet werden. Der Austausch traditioneller NSAR gegen COX-2-Inhibitoren senkt zwar das Ulkusrisiko und erübrigt eine PPI-Begleitmedikation, derzeit ist diese Alternative jedoch nicht kosteneffektiver und hat darüber hinaus wahrscheinlich keinen Einfluss auf die Häufigkeit unerwünschter ulzerogener Wirkungen in anderen Bereichen des Intestinums (Dünndarm, Kolon).
Während sich die DGVS-Leitlinie grundsätzlich für eine begleitende PPI-Medikation bei Patienten unter einer doppelten Plättchenaggregationshemmung ausspricht, muss angesichts der unklaren Datenlage zur Interaktion von PPI und Clopidogrel in diesen Fällen eine individuelle Risikoabwägung sowie eine entsprechende Aufklärung betroffener Patienten erfolgen.
Therapierefraktäre Ulzera
Therapierefraktäre Ulzera, d.h. solche Läsionen, die keine oder keine vollständige Heilung zeigen, bedürfen einer weiterführenden Abklärung:
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Im Vordergrund steht das Hinterfragen einer ausreichenden Medikamenten-Compliance.
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In Einzelfällen muss eine 24-h-pH-Metrie des Magens Auskunft über eine suffiziente Säuresuppression geben und es müssen fremdanamnestische Daten zur Vermeidung ulzerogener Medikamente erhoben werden.
38.2
Chirurgische Therapie des Gastroduodenalulkus
K. Lindner, N. Senninger und M. Brüwer
38.2.1
Indikationen zur chirurgischen Therapie
GastroduodenalulkusTherapie, chirurgischeDie Therapie eines unkomplizierten Ulcus ventriculi oder Ulcus duodeni ist primär eine Domäne konservativer Behandlung. Die Indikationen zur operativen Sanierung beschränken sich auf Helicobacter-pylori-negative Patienten ohne Ulkusabheilung unter medikamentöser Therapie, mangelnde Patienten-Compliance, Prävention von möglichen Komplikationen sowie Leidensdruck des Patienten. Eine absolute Operationsindikation beinhalten die schwer anhaltende oder rezidivierende Blutung, die freie oder atypische Perforation, die hochgradige Stenose und der V.a. das Vorliegen eines Karzinoms.
38.2.2
Operationsverfahren
GastroduodenalulkusOperationsverfahrenBei der
chirurgischen Resektion werden je nach Ausdehnung und Lokalisation Antrumresektion, ⅔- oder ⅘- (subtotale) Magenresektion durchgeführt. Bei der
Operation nach Billroth I bleibt die duodenale Passage erhalten und die Anastomosierung erfolgt mittels Gastroduodenostomie. Bei der
Billroth-II-Resektion erfolgt die Rekonstruktion der Magen-Darm-Passage als Gastrojejunostomie mit ante- oder retrokolisch hochgezogener Jejunumschlinge mit Braun-Fußpunktanastomose bzw. durch Rekonstruktion nach
Roux Y. Eine Operation nach Billroth II sollte erfolgen, wenn bei der B-I-Operation keine spannungsfreie Anastomose erreicht werden kann (
Abb. 38.2 und
Tab. 38.4).
Intraoperative Komplikationen, die insgesamt selten sind, sind Blutungen im Operationsgebiet sowie Pankreas-, Gallengangs- und Milzverletzungen.
Postoperative Komplikationen beinhalten Anastomoseninsuffizienz, Duodenalstumpfinsuffizienz (1%), Nachblutung, Passagestörung und postoperative Pankreatitis (0,9 %,
Tab. 38.3). Die postoperative Letalität beträgt für alle Resektionsformen ca. 0,7%, die Rezidivulkusrate ca. 2–3%.
Alle Formen der Magenresektion sind mit vergleichbarer postoperativer Morbidität und Mortalität auch laparoskopisch durchführbar. Die Kombination einer Antrumresektion mit einer trunkulären oder gastralen Vagotomie (Combined Operation nach Harkins) wird in Mitteleuropa im Gegensatz zum angloamerikanischen Raum nur vereinzelt eingesetzt.
Im Langzeitverlauf konnte eine prospektiv randomisierte Studie nach einem medialen Follow-up von 15 J. nach Billroth-II-Rekonstruktion signifikant häufiger das Auftreten von galligem Reflux, endoskopischer Darstellung einer Barrettmetaplasie sowie histologischem Nachweis einer chronisch atrophen Fundusgastritis im Vergleich zu einer Roux-Y-Rekonstruktion darstellen.
Beim Ulcus duodeni war das frühere Standardverfahren die proximale gastrale Vagotomie. Da sie lediglich eine Reduktion der Säurefreisetzung bewirkt, ist sie durch die effektivere medikamentöse Säureblockade nahezu bedeutungslos geworden. Durch die Option des minimalinvasiven Operationszugangs wird sie lediglich als risikoarme Alternative zu einer ggf. notwendigen lang dauernden medikamentösen Therapie eingesetzt. Beim Auftreten von Rezidivulzera im Duodenum oder bei akuten bzw. chronischen Komplikationen werden resezierende Verfahren durchgeführt, da die alleinige Vagotomie hierbei nicht mehr ausreichend ist. In aller Regel ist durch die duodenale Schädigung infolge der Voroperation eine Billroth-I-Rekonstruktion nicht mehr möglich und es wird eine Billroth-II- oder eine Roux-Y-Rekonstruktion durchgeführt.
38.2.3
Chirurgische Therapie bei Ulkusperforation
GastroduodenalulkusUlkusperforationBei einer
Ulkusperforation liegt die in der Literatur beschrieben Mortalität zwischen 1,3 und 20%. Die
klassische Symptomtrias umfasst akut einsetzende abdominelle Schmerzen, Tachykardie und ein bretthartes Abdomen. Die
Diagnostik beinhaltet eine Röntgenübersichtsaufnahme a.-p. und in Linksseitenlage mit Nachweis einer Luftsichel unter dem Zwerchfell bei 75% aller Patienten nach einer Ulkusperforation. Eine ggf. ergänzende Computertomographie des Abdomens hat eine diagnostische Genauigkeit von 98% (
Abb. 38.3).
Aktuell werden ca. 60% aller Patienten mit einer
Ulkusperforation bei einem beschriebenen spontanen Verschluss von rund 40–80% aller Ulkusperforationen primär konservativ therapiert. Die konservative Therapie umfasst komplett parenterale Ernährung, Antibiotikatherapie, Protonenpumpenhemmer (PPI) i.v. und eine engmaschige Observation der Patienten (
Abb. 38.4). Die Letalität bei konservativen Managements konnte durch die Verbesserung der medikamentösen Therapie von 14% auf aktuell 5% gesenkt werden. Prospektiv randomisierte Studien zeigten im Vergleich konservativer vs. chirurgischer Therapie keinen signifikanten Unterschied in Mortalität und Morbidität. Ein aktueller Review fasst die essenziellen Voraussetzungen einer konservativen Therapie wie folgt zusammen:
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1.
Radiologisch keine Darstellung einer Leckage,
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2.
regelmäßige klinische Untersuchungen,
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3.
regelmäßige Laborkontrollen,
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4.
respiratorische und renale Unterstützung,
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5.
Monitorüberwachung und
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6.
OP-Bereitschaft.
Cave
Das Mortalitätsrisiko steigt mit zu langem Intervall bei notwendiger Operation (9fach bei >24 Stunde), dem Patientenalter (6-fach >50 Jahre), Nebenerkrankungen sowie der Ulkuslokalisation (Ulcus ventriculi > Ulcus duodeni). In ca. 10-30% der Fälle werden Patienten sekundär nach erfolgloser konservativer Therapie operiert.
Bei der operativen Therapie eines perforiertem Ulcus ventriculi sollte zur histologischen Begutachtung eine ausreichend weite Exzision der Vollwand erfolgen, mit Querverschluss der Exzisionsstelle, ggf. ergänzt durch die Anlage eines Omentum-Patches (Graham-Patch). In seltenen Fällen ist eine distale Magenresektion erforderlich. Bei einem perforierten Ulcus duodeni erfolgt bei typischer Vorderwandperforation eine Pyloroplastik nach Heinke-Mikulicz. Bei ausgedehntem Ulkus sollte eine Manschettenresektion durchgeführt werden. Bei allen Operationen ist eine ausgedehnte Lavage und eine Antibiotikatherapie für 3–5 d perioperativ notwendig. Eine begleitende Vagotomie zeigte keinen Vorteil.
Ein aktueller Review zeigte im Vergleich der laparoskopischen gegenüber der konventionellen lokalen Exzision bei Ulkusperforation vergleichbare Resultate. Hervorzuheben bleiben auch hier die bekannten Vorteile der minimalinvasiven Chirurgie mit geringerer Wundinfektrate und reduzierten postoperativen Schmerzen. Notwendige randomisierte Studien mit größerer Patientenzahl und längerer Follow-up-Rate sind hier vonnöten, um eine endgültige Aussage zur Sicherheit und Effektivität der laparoskopischen Exzision bei perforiertem Ulkus zu ermöglichen.
Essentials für den Hausarzt
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Primäre Therapie des unkomplizierten Ulcus ventriculi oder duodeni konservativ.
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Relative Operationsindikation: keine Abheilung unter konservativer Therapie, schlechte Patienten-Compliance, Leidensdruck des Patienten.
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Absolute Operationsindikation: anhaltende oder rezidivierende Blutung, freie Perforation, hochgradige Stenose und Malignitätsverdacht.