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10.1016/B978-3-437-24950-1.00093-7
978-3-437-24950-1
Elsevier GmbH
Beurteilungsskala zur Klinik und Therapie der SAB nach Hunt und Hess. Hunt-Hess-SkalaSubarachnoidalblutung, aneurysmatische (SAB)Hunt-Hess-Skala
Grad | Beschreibung |
Grad I |
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Grad II |
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Grad III |
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Grad IV |
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Grad V |
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Zerebrovaskuläre Erkrankungen – Hirnblutungen
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93.1
Vorbemerkungen717
-
93.2
Allgemeine therapeutische Grundsätze718
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93.3
Aneurysmatische Subarachnoidalblutungen (SAB)719
-
93.4
Zerebrale arteriovenöse Malformationen (AVM)720
Kernaussagen
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•
Spontane intrazerebrale Blutungen sind alle nicht traumatischen Rhexisblutungen (Massenblutungen), darunter hypertone und aneurysmatische Blutungen, Angiom- sowie Tumorblutungen.
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•
Häufigste Ursache spontaner intrazerebraler Blutungen ist die arterielle Hypertonie, gefolgt von Blutungen aufgrund von Koagulopathien, die durch orale Antikoagulanzien, Thrombozytenfunktionshemmer, Leberzirrhose oder hämatopoetische Systemerkrankungen bedingt sein können.
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•
In der Diagnostik steht die Computertomographie (CT) mit CT-Angiographie an erster Stelle. Besteht der V.a. eine Angioblutung, muss auch eine zerebrale Angiographie durchgeführt werden.
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•
Die Therapie intrazerebraler Hämatome, die nicht auf operable zerebrale Gefäßfehlbildungen zurückgehen, ist in den meisten Fällen konservativ. Eine Indikation für eine chirurgische Intervention (Hämatomausräumung) besteht nur in besonderen Situationen. Im Einzelfall sollte die therapeutische Strategie zwischen Neurochirurgen und Neurologen ggf. auch Neuroradiologen abgesprochen werden.
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•
Leitsymptom einer Subarachnoidalblutung (SAB), die in den meisten Fällen auf einem Aneurysma beruht, ist der sehr heftige, „einschießende“ Kopfschmerz mit nachfolgender Nackensteifigkeit, verbunden mit Übelkeit und Erbrechen.
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•
Primäres Therapieziel bei SAB ist die frühzeitige Ausschaltung des Aneurysmas durch eine frühe Operation oder endovaskuläre Therapie. Zerebrale Vasospasmen werden mit Nimodipin behandelt.
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•
Zerebrale arteriovenöse Malformationen (AVM) sind meist angeborene Gefäßfehlbildungen. Ein solches Angiom wird operativ, endovaskulär oder durch Präzisisonsbestrahlung bzw. durch eine Kombination aus diesen Verfahren behandelt. Große kavernöse Hämangiome (Kavernome) werden ausschließlich operativ behandelt.
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•
Auch bei kleinen Hämatomen sollte das zugrunde liegende Angiom therapiert werden, da sich sonst aufgrund kumulativer Blutungsrisiken eine verminderte Lebenserwartung der Patienten ergibt.
93.1
Vorbemerkungen
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•
hypertone Blutungen,
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•
aneurysmatische Blutungen,
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•
Blutungen bei Antikoagulanzienbehandlungen oder Therapie mit Thrombozytenfunktionshemmern
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Tumorblutungen,
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Angiomblutungen,
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•
Sinus- und Venenthrombosen und
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•
Blutungen unklarer Genese.
Ursachen
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Koagulopathien,
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angiographisch negative kleine Gefäßfehlbildungen,
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•
Tumoreinblutungen und
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Vaskulopathien, z.B. die Amyloidangiopathie.
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•
bei oraler Antikoagulation gesehen – insbesonders bei Kombination mit Thrombozytenfunktionshemmern, dann
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bei Leberzirrhose und schließlich
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•
bei Systemerkrankungen des hämatopoetischen Systems.
Klinisches Bild
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•
Hämatome, die aus Gefäßfehlbildungen stammen, sind häufig sehr groß und gehen mit plötzlichem Bewusstseinsverlust und Hirndruckzeichen einher.
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•
Typische hypertensive Massenblutungen führen zu apoplektiform einsetzenden Halbseitensymptomen, Kopfschmerzen, vegetativen Zeichen wie Übelkeit und Erbrechen, leichten und dann progredienten Bewusstseinsstörungen, Desorientiertheit, gelegentlich auch fokalen neurologischen Symptomen wie Sprachstörungen.
-
!
Blutungen größeren Ausmaßes in den Stammganglien mit Ventrikeleinbruch, in der hinteren Schädelgrube oder auch im Hirnstamm führen rasch zu Bewusstlosigkeit und können auch in kurzer Zeit zum Tod führen.
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•
Ein Einbruch in das Ventrikelsystem mit Liquoraufstau kann zu zeitlich verzögert auftretender Bewusstseinsstörung führen, ebenso die im Verlauf der nächsten 2–5 d zunehmende Ausbildung des perifokalen Ödems. Letzteres ist auch die Ursache für verzögert eintretende sekundäre Zunahme der Bewusstseinsstörung und der neurologischen Ausfälle.
Diagnostik
Als Faustregel gilt
HirnblutungDiagnostikDie Diagnostik sollte sich nie nur auf die klinische Symptomatologie stützen, da selbst bei Patienten mit Hypertonie nicht jede apoplektiforme Halbseitensymptomatik blutungsbedingt sein muss, sondern auch ischämisch verursacht sein kann.
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•
wenn die Lokalisation der Blutung eher kortikal als im Marklager ist,
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•
wenn sie jüngere Patienten erfasst,
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•
wenn sie in unmittelbarer Nähe typischer Aneurysmenlokalisationen ist (sylvische Fissur, vorderer Interhemisphärenspalt) oder
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•
wenn sie den typischen Lokalisationen der hypertonen Massenblutung nicht entspricht.
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•
Auf die Angiographie kann verzichtet werden, wenn es sich um ältere Patienten mit bekannter Hypertonie handelt und eine typische Blutungslokalisation wie bei hypertoner Massenblutung vorliegt.
93.2
Allgemeine therapeutische Grundsätze
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•
Patienten mit kleineren Blutungen können auf einer Überwachungsstation (Intermediate Care Unit) oder von einer Stroke-Unit betreut werden.
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•
Patienten mit großen Blutungen oder Blutungen in der hinteren Schädelgrube müssen intensivmedizinisch überwacht und behandelt werden.
Cave
Eine drastische Blutdrucksenkung auf Werte unter 160 oder unter 95 mmHg kann eher schädlich sein, weil die Patienten die zerebrale Autoregulation in der Umgebung ihres Hämatoms verloren haben.
Chirurgische Interventionen
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•
Bei Hämatomen des Kleinhirns mit raumfordernder Wirkung auf den Hirnstamm, also mit Beeinflussung von Vitalparametern.
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•
Die Operation kann begleitet sein von der gleichzeitigen Anlage einer externen Liquordrainage zur Therapie des begleitenden Verschlusshydrozephalus.
-
•
Supratentorielle intrazerebrale Hämatome werden vor allen Dingen bei Hemisphärenlokalisation oder auch im Putamen operativ angegangen, wenn es zu einer sekundären Bewusstseinstrübung oder zu einer sekundären Verschlechterung des neurologischen Befunds kommt.
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•
stammgangliendestruierende Blutungen,
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Blutungen des Hirnstamms,
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•
komatöse Patienten,
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•
Patienten mit instabiler Vitalfunktion und
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•
multimorbide, demente oder hochbetagte Patienten.
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•
muss ein ausführlicher Gerinnungsstatus vorliegen,
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•
die Thrombozytenzahl muss bekannt sein und
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•
die Effekte einer Antikoagulanzienbehandlung müssen kompensiert sein.
93.3
Aneurysmatische Subarachnoidalblutungen (SAB)
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70–75% der Fälle aneurysmatisch bedingt,
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bis zu 10% gehen von einer arteriovenösen Malformation (AVM) aus und
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•
bei 15–20% der Fälle bleibt die Ursache letztlich ungeklärt.
Diagnostik
Cave
Ist die SAB gesichert, sollte eine dringliche Verlegung in eine neurochirurgische Klinik im Akutstadium durchgeführt werden, da heute das Therapieziel bei zerebralen Aneurysmen die frühe Ausschaltung des Aneurysmas durch Coiling mit oder ohne Stenting oder Clipping darstellt.
Als Faustregel gilt
Finden sich bei der Angiographie wie in etwa 15–20% der Fälle weder ein Aneurysma noch eine arteriovenöse Malformation (AVM), sollte die Angiographie nach 4–8 Wo. wiederholt werden, da es sich immer noch um ein Aneurysma handeln könnte, bei dem weiterhin die Gefahr einer Nachblutung zum späteren Zeitpunkt besteht.
Therapie
Als Faustregel gilt
Subarachnoidalblutung, aneurysmatische (SAB)TherapieDie Therapie der aneurysmatischen SAB besteht in einer frühen Ausschaltung der Blutungsquelle, also des Aneurysmas.
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•
Ventrikelaufstau durch Liquoraußenableitung,
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•
ischämische Defizite durch Nimodipin-Gabe,
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•
erhöhter intrakranieller Druck durch Liquordrainage und Osmosetherapie.
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•
Passagere Herzrhythmusstörungen, Elektrolytstörungen, Bewusstseinsstörungen, selten auch dienzephale Störungen werden durch die üblichen intensivmedizinischen Maßnahmen zusätzlich therapiert.
Komplikationen
Zerebrale Vasospasmen nach SAB
Hämatome
93.4
Zerebrale arteriovenöse Malformationen (AVM)
Diagnostik
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•
AVM-bedingte intrazerebrale Blutungen liegen häufig an anderen Stellen als die typischen hypertonen Massenblutungen.
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•
Angiomblutungen sind häufig von neurologischen Defiziten und neuropsychologischen Ausfällen begleitet und führen etwa in 10% der Fälle zum Tod.
Therapie
Als Faustregel gilt
Eine sofortige Operation ist nur dann angezeigt, wenn es zu einer dramatischen Verschlechterung des neurologischen Zustands oder der Bewusstseinslage kommt.
Cave
Die operative und/oder endovaskuläre Behandlung des Angioms ist auch dann anzustreben, wenn sich nur ein kleines Hämatom zeigt, das bei stabiler Neurologie und gutem neurologischem Zustand ggf. nicht therapiert würde.
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•
Das jährliche Risiko einer symptomatischen Blutung liegt bei 2–4%, das Mortalitätsrisiko bei etwa 1%.
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die mikrochirurgische Exzision,
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die Gamma-Knife-Radiochirurgie und
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die interventionelle neuroradiologische Obliteration sowie
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•
Kombinationen dieser Verfahren zur Verfügung.
Literatur
Bervini et al., 2014
Biller et al., 1998
Chambers et al., 2002
Chen et al., 2000
Diener et al., 1996
Gerlach et al., 2007
Grau et al., 2001
Heart Protection Study Collaborative Group, 2002
Mas et al., 2001
Meling et al., 2014
Mohr et al., 2014
Molyneux et al., 2002
Mueller et al., 2011
Progress Collaborative Group, 2001
Rutledge et al., 2014
Steiner et al
Steiner T et al. Intrazerebrale Blutungen. In: Diener HC, Weimar C, Berlit P, et al. (Hrsg.): Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, Thieme, Stuttgart, 5. Auflage, 380–397The National Institute of Neurological Disorders and Stroke rt-PA Stroke Study Group, 1995