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978-3-437-22453-9
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Intrakranielle Hämatome und Bohrlochtrepanation
[L190]

Schnittführung im Gesicht
[L190]

Klassifikation zentraler Mittelgesichtsfrakturen nach LeFort
[L190]

Gradeinteilung des Schädel-Hirn-Traumas nach GCS
I | Leichtes SHT (Commotio cerebri) | GCS = 13–15 | |
II | Mittelschweres SHT | GCS = 9–12 | |
III | Schweres SHT | Bewusstseinsminderung > 24 h | GCS < 9 |
Glasgow-Coma-Scale (GCS) Koma:Glasgow-Coma-ScaleGlasgow-Coma-Scale
Neurologische Funktion | Bewertung | |
Augen öffnen |
|
4 3 2 1 |
Verbale Reaktion |
|
5 4 3 2 1 |
Motorische Reaktion (auf Schmerzreize) |
|
6 5 4 3 2 1 |
|
OP-Indikation nach Schädel-Hirn-Trauma Liquordrainage, externeHirndruckmessungBohrlochtrepanation
Eingriff | Indikation | Technik |
Externe Liquordrainage | Hydrocephalus occlusus durch Verschluss des III. oder IV. Ventrikels z. B. durch Blutgerinnsel |
|
Hirndruckmessung |
|
Epidural oder intraparenchymatös frontopräkoronar auf der am meisten betroffenen Seite |
Bohrlochtrepanation | Bei akutem Epiduralhämatom nach CCT vor Verlegung (sofern kein Unfall- oder Neurochirurg sofort Kraniotomie durchführen kann) | Abb. 26.1 [unten] |
Kraniotomie |
|
Kopfverletzungen, Nervenkompressionssyndrome
-
26.1
Schädel-Hirn-Trauma706
-
26.2
Weichteilverletzungen des Kopfs712
-
26.3
Schädelfrakturen715
-
26.4
Periphere Nervenkompressionssyndrome720
26.1
Schädel-Hirn-Trauma
26.1.1
Allgemeines
Definition
Epidemiologie
-
•
Häufigste Todesursache bei Männern < 45 J.
-
•
250.000 Schädel-Hirn-Verletzungen/J. in Deutschland, davon 4 % schwer:
–
32 % bei Freizeitunfällen.
–
24 % häusliche Unfälle.
–
20 % bei Verkehrsunfällen (zuvor 70 % → Reduktion durch Airbag u. a. Sicherheitstechnik!).
–
20 % bei Arbeitsunfällen.
–
4 % Sonstige.
-
!
Cave: 2–5 % der SHT sind mit HWS-Verletzungen kombiniert!
-
•
Mortalität 30 % bei schwerem SHT!
Pathophysiologie
-
•
Primärer Hirnschaden: Direkte Traumatisierung von Neuronen und Axonen – therapeutisch nicht beeinflussbar.
-
•
Sekundärer Hirnschaden:
-
–
Extrakraniell → Hypoxie, Hypotension, Hyperkapnie etc.
-
–
Intrakraniell → Hämatom, Ödem = Druckläsion der Hirnsubstanz.
-
-
•
ICP (intrakranieller Druck) Normwert 7–15 mmHg.
-
•
CPP (zerebraler Perfusionsdruck) = MAP (mittlerer arterieller Druck) – ICP.
-
•
Zielwerte: CPP 60–70 mmHg; MAP ≥ 90 mmHg; O2 Sättigung ≥ 95 %.
-
•
Circulus vitiosus: ICP ↑ → CPP ↓ → Ischämie → Ödem → ICP ↑.
26.1.2
Einteilung
26.1.3
Klinik
Unspezifische Symptome
Bewusstseinsstörung
-
•
Bewusstseinsklarheit: Pat. wach, voll orientiert, kooperativ.
-
•
Somnolenz: Pat. schläfrig, aber stets erweckbar.
-
•
Sopor: Pat. nur durch starke Schmerzreize kurzfristig weckbar, kommt keinen Aufforderungen nach; auf Schmerzreize gezielte Abwehrreaktionen.
-
•
Koma: Tiefe Bewusstlosigkeit, kein Ansprechen auf äußere Reize.
Krampfanfälle
-
•
Bei allen supratentoriellen zerebralen Erkrankungen, insbes. bei zerebralen Raumforderungen möglich; besonders disponiert sind temporale Lokalisationen.
-
•
Verschiedene Anfallsformen sind zu unterscheiden, v. a.:
–
Grand-mal-Anfälle (mit Bewusstseinsverlust).
–
Psychomotorische (Temporallappen-)Anfälle.
–
Fokale Krampfanfälle.
Einklemmungssymptomatik
-
•
Durch Druck im Großhirnbereich werden mediale Temporallappenanteile nach kaudal durch den Tentoriumschlitz gepresst → MittelhirnkompressionMittelhirnkompression (homolaterale Mydriasis, konjugierte Blicklähmung, kontralaterale Hemiparese, Strecksynergismen).Einklemmungssymptomatik (SHT)
-
•
Bei erhöhtem Druck in der hinteren Schädelgrube kann es zu einer oberen (transtentoriellen) und einer unteren (transforaminalen) KleinhirneinklemmungKleinhirneinklemmung gegen den Hirnstamm kommen (beidseitige Miosis, Hemiplegie, Tetraplegie, Atemstillstand, Hypertonus, Tachyarrhythmie).
Hochgradige vitale Bedrohung!
26.1.4
Diagnostik
-
•
Körperliche Untersuchung: Neurostatus, insbes. Pupillenreaktion, -weite, Seitendifferenz, Bewusstseinslage, Motorik.
-
•
Befunde immer mit Uhrzeit im Verlaufsbogen/Schockraumprotokoll dokumentieren (zeitabhängige neurologische Verschlechterung?).
Cave
-
•
Z. n. Katarakt-OP oder Amaurose kann eine neurologisch bedingte Pupillendifferenz vortäuschen. Bei bewusstseinsklaren Pat. → einseitige Mydriasis = Läsion des N. oculomotorius (z. B. bei Schädelbasisfraktur).
-
•
Bewusstseinslage bei Alkoholeinfluss schwer beurteilbar.
-
•
Beurteilung der äußeren Schädelverletzungen, insbes. Weichteilwunden, Blutungen aus Mund, Nase, Ohren, Liquorfluss, palpierbare Impressionen.
-
•
CCT: Nach Sicherung der Vitalparameter bei jedem V. a. intrakranielle Verletzung (Halbseitensymptomatik, Pupillendifferenz, Bewusstseinstrübung). Auch gute Beurteilung von Frakturen mit dem sog. „Knochenfenster“, evtl. Hochauflösungsschichten von Schädelbasis und Gesichtsschädel.
-
•
Bei Polytrauma Ganzkörper-Spiral-CT → Kopf, HWS, Thorax, Abdomen, Becken, Wirbelsäule.
26.1.5
Epidurales Hämatom
-
•
Anamnese: SHT, evtl. freies Intervall (meist ca. 4–8 h).
-
•
CCT: Hyperdense Raumforderung unter der parietalen Schädelkalotte mit scharfer Abgrenzung gegen das Hirngewebe. Schichtung bis hoch parietal erforderlich. Häufig mit Schädelfraktur vergesellschaftet. Bikonvexe Form.
Notfallmäßige Entlastung unabhängig vom GCS ab Volumen >30ml, Hämatombreite >15mm, Mittellinienverlagerung (MLV) >5mm.
-
•
Kontusionsblutung (oft ohne Schädelfraktur, meist frontotemporal gelegen).
-
•
Akutes subdurales Hämatom: Blut zwischen Dura und Arachnoidea als venöse Blutung aus zerrissenen Brückenvenen oder kortikalen Arterien. Häufig verbunden mit diffuser Hirnkontusion und progredienter Ödembildung. CCT: Breitflächige Kompression des Gehirns mit möglicher Mittellinienverlagerung und ICP-Erhöhung.
-
•
Sofortige Entlastung bei Anisokorie, Hämatombreite ≥ 10 mm, MLV ≥ 5 mm, ICP ≥ 20 mmHg.
-
•
Traumatische Subarachnoidalblutung: Hirnrindenverletzung mit Blutungen zwischen Pia mater und Arachnoidea in den Subarachnoidalraum. Cave: Gefahr des Vasospasmus!
-
•
Intrazerebrale Kontusionsblutung: Zerreißung parenchymaler Gefäße mit Hämatom (meist frontotemporal: „coup“ sowie auf der Gegenseite „contre coup“); konfluierende Hämatome haben raumfordernde Wirkung. OP: Hämatomausräumung ggf. Dekompressionskraniektomie. OP-Indikation: Blutvolumen ≥ 20 ml, MLV ≥ 5 mm.
-
•
Erstversorgung:
-
–
Frühintubation oral.
-
–
Oberkörperhochlagerung (→ 30°), Kopf gerade.
-
–
Stiffneck (cave: Kombination SHT mit HWS-Verletzung!). Cave: Kompression des venösen Abstroms!
-
-
•
Primäres Ziel: Vermeidung von Sekundärinsulten durch Hypoxie, Hypotonie, Hirndruckanstieg.
Cave
-
•
Angestrebt werden:
–
paO2 100 mmHg.
–
paCO2 40–45 mmHg, (cave: milde Hyperventilation 30–35 mmHg zur Hirndrucksenkung für 1 h akzeptabel. Zu starke Hyperventilation kann zur zerebralen Ischämie führen).
–
RR 120 mmHg (MAP ≥ 90 mmHg).
–
Normovolämie (ggf. aggressiver Volumenersatz mit Ringer, NaCl 0,9 % oder Kolloiden).
–
ZVD 10–12 mmHg.
Immer Intensivtherapie; prognostisch entscheidend sind das frühe Erkennen und die rasche Verlegung in eine neurochirurgische Klinik! Faustregel: Die Zeit bis zur Hämatomentleerung muss kürzer sein als die Zeit zwischen Unfall und den ersten Symptomen.
Es wird keine neuromedizinische Indikation für eine Kortikosteroidtherapie nach Trauma, Hämorrhagien, Ischämien und Hypoxien gesehen.
-
•
Not-OP (Schädeltrepanation und Hämatomentleerung):
–
Bei rasch progredientem Mittelhirnsyndrom.
–
Bei hoher klin. Wahrscheinlichkeit für intrakranielles Hämatom (Klinik!).
–
Wenn kein CT möglich.
-
•
Bei beginnender Einklemmungssymptomatik auf dem Weg zur OP Osmotherapie durchführen: 100–150 ml 20-prozentige Mannitlösung i. v. (1–1,5 g/kg KG; z. B. Osmofundin®) in 10–15 Min. Cave: Keine prophylaktische Gabe von Osmotherapeutika.
-
•
Wenn Verlegung in Neurochirurgie nicht möglich (Pat. nicht transportfähig): Nottrepanation mit erweitertem Bohrloch erforderlich.
26.1.6
Operationsprinzipien bei Schädel-Hirn-Trauma
-
•
Schädelhälfte rasieren, Desinfektion.
-
•
Nach Lokalanästhesie und längs- bzw. U-förmigem, nach kaudal offenem Kopfschwartenschnitt Bohrloch über der maximalen Ausdehnung des im CCT lokalisierten Hämatoms anlegen.
-
•
Wenn CCT nicht möglich: Trepanation im Temporalbereich ipsilateral zur weiten Pupille bzw. kontralateral zur schlechteren Reaktionslage (Abb. 26.1 [unten]).
-
•
Osteoklastische Erweiterung des Bohrlochs, z. B. mit der Luer-Zange.
-
•
Gegebenenfalls Blut absaugen.
-
•
Dura immer schlitzen (subdurales Hämatom?), keine Duranaht.
-
•
Bei fehlendem Blutnachweis erneutes Bohrloch (Reihenfolge Abb. 26.1 [unten]), ggf. auch kontralateral (bei fehlendem CCT).
-
•
Drainage und Verschluss der Kopfschwarte mit Hautnaht. Pat. unverzüglich in neurochirurgische Klinik verlegen.
ICP-Sonde
-
•
Mydriasis: Noch 6 h nach SHT weite Pupillen → Mortalität 95 %.
-
•
Beuge-Streck-Synergismen auf Schmerzreiz → Mortalität 63–83 %.
-
•
ICP ≥ 60 mm → hohe Letalität, MRT: Hirnstammbeteiligung → Mortalität 14 %.
-
•
Biomarker Astrogliazellen, Protein S100B: Hohe Sensitivität als negativer Ausschlussparameter. Normwert 0,05 ng/ml. Empfehlung: CCT bei leichtem SHT optional wenn Anstieg nicht größer als 0,1 ng/ml inert 4 h.
-
•
Nervus-medianus-evozierte somatosensorische Potenziale (MSEP): Geringer Aufwand, unempfindlich gegenüber Sedativa. Je größer der Grad der Veränderung der MSEP desto ungünstiger der Verlauf.
-
•
MRT: Verletzungen des Corpus callosum, der Basalganglien und des temporo-mesialen Kortex sind mit einem ungünstigem Outcome korreliert.
26.1.7
Nachbehandlung nach Schädel-Hirn-Trauma
-
•
Monitoring über Ventrikeldrainage.
-
•
Osmotherapie.
-
•
Milde Hyperventilation.
-
•
Milde Hypothermie (cave: Erhöhte Inzidenz von Wundinfektionen).
-
•
Barbiturate.
-
•
Normovolämie.
-
•
Vermeidung von Sekundärinsulten; mögliche Erholung nicht irreversibel geschädigter Hirnareale.
-
•
Dekubitus- und Pneumonieprophylaxe.
-
•
Passive und aktive KG (schon auf der Intensivstation!).
-
•
Gegebenenfalls logopädische und ergotherapeutische Behandlung einleiten.
-
•
Möglichst frühzeitig Rehamaßnahmen in spezialisiertem Zentrum einleiten.
26.2
Weichteilverletzungen des Kopfs
26.2.1
Kopfhaut/Stirn
Kopfplatzwunden
-
•
Klinische Untersuchung: Sterile Austastung des Wundgrunds (Stufenbildung der Kalotte? Impression?).
-
•
Bei Bewusstlosigkeit CCT.
-
•
Infiltrationsanästhesie (z. B. Xylocain 2 %, Scandicain 1 %, 2.3.2).
-
•
Bei ausgedehnten Verletzungen stirnbandförmige Infiltration (entlang eines gedachten Stirnbands); die nervale Versorgung der Kopfhaut erfolgt von der Schädelbasis Richtung Mittelscheitel.
-
•
Nach Desinfektion und Rasur Wundtoilette durch Ausschneidung, Wundrandbegradigung, Fremdkörperentfernung; durchgreifende, alle Schichten fassende Wundnaht (Blutstillung). Gegebenenfalls Redon-Drainage, Fädenentfernung 4.–8. d.
-
•
Bei Kindern mit kleinen Wunden: Verzicht auf Naht → nach sparsamer Rasur ggf. Gewebekleber (Histoacryl®), Steristrips.
Skalpierungsverletzung
Stirnplatzwunden
Augenbrauen nicht rasieren! Wachsen evtl. nicht nach.
26.2.2
Lidverletzungen
-
•
Stumpfes Trauma mit LidhämatomLidhämatom (DD: Schädelbasisfraktur mit Monokel- oder Brillenhämatom), prall-elastische Lidschwellung.
-
•
Riss- und Schnittverletzung: Erhalt von Tarsus, Lidbändchen, Lidmuskulatur (M. levator palpebrae, M. tarsalis superior), Tränenkanal?
-
•
Ausschluss einer Tränenkanalläsion durch Augenarzt (Sondierung und Spülung).
-
•
Sparsame Applikation von Lokalanästhetikum mit feiner Kanüle (Insulinnadel), feines Instrumentarium! Dünnes atraumatisches Nahtmaterial mit kleinen Nadeln verwenden.
Vertikalspannung bei Wundverschluss vermeiden (Ektropiumgefahr)!
-
•
Bei lateralen Defekten: Deckung durch temporalen Verschiebelappen.
-
•
Bei medialen Defekten: Rotationslappen von der Wange oder Transposition vom Oberlid.
-
•
Schichtweiser Wundverschluss insbesondere bei Einrissen des M. levator palpebrae. Bei allen Manipulationen kommt es leicht zu ausgedehnter Ödembildung.
26.2.3
Ohrmuschelverletzung
Othämatom
Verletzung der Ohrmuschel
26.2.4
Nervus-facialis-Verletzung
•
Direkte Anastomose: Direkte Adaptation durch Nervennaht.
•
Autotransplantation: Interponat (N. auricularis magnus, N. transversus colli).
•
Spätparese : Konservativ → elektrophysiologische Kontrolle, ggf. Kortikosteroide.
26.2.5
Parotisverletzungen
26.2.6
Bissverletzungen am Kopf
•
Kein aggressives Débridement, da extrem gute Vaskularisation des Gesichts.
•
Entfernung von nekrotischem Gewebe.
Cave
•
Lippenrot.
•
Augenlider.
•
Knorpel der Nasenflügel.
•
Bei Wundversorgung:
–
Hautspannungslinien beachten (Naht wenn möglich hierzu parallel).
–
Wundspannung ggf. durch Z-Plastik auflösen.
•
Bei Weichteildefekten: Gestielte Nahlappenplastik (Stirn, Lippe, Nase), monofiles Nahtmaterial 5/0 oder 6/0.
!
Cave: Schlechte kosmetische Ergebnisse bei Sekundärheilung. Danach sind korrigierende plastische Eingriffe erst nach 6 bzw. 9 Mon. möglich (Narbenreifung).
26.3
Schädelfrakturen
26.3.1
Unterkieferfraktur
-
•
Manuelle Untersuchung: Instabilität, Stufenbildung in der Zahnreihe. Zahnokklusion?
-
•
Röntgen: Schädel a. p. und seitlich, Kiefergelenk (Spezial- und Schichtaufnahmen).
-
•
Undislozierte Frakturen → mandibulomaxilläre Schienung.
-
•
Dislozierte Frakturen → Miniplattenosteosynthese, Verdrahtung, biodegradable Implantate.
26.3.2
Mittelgesichtsfraktur
•
Zentrale Frakturen: Querfraktur der Maxilla (LeFort I) = Abriss des Oberkiefers oberhalb des Nasen- und Kieferhöhlenbodens.
•
Sagittale Oberkieferfrakturen: Frakturlinie verläuft in der Gaumenmitte bzw. in der Gaumennaht; durch Zerreißung des Gaumens entsteht eine offene Verbindung zwischen Mund- und Nasenhöhle.
•
Pyramidalfrakturen: Schwere Verletzung (LeFort II); Frakturlinie verläuft im Bereich der Nasenwurzel, des Tränenbeins und der medialen Orbitawand. Verschiedene Variationen des Frakturverlaufs sind möglich. Keine Beteiligung der Jochbeine! (= laterale Mittelgesichtsfraktur).
Cave
•
Abnorme Beweglichkeit des Oberkiefers.
•
Je nach Art der Gewalteinwirkung Monokel- oder Brillenhämatom. Brillenhämatom
•
Abflachung der Jochbögen.
•
Blutung aus Hals-, Nasen- oder Rachenraum.
•
Liquorrhö als sicheres Zeichen, dass zusätzlich eine Zerreißung der Dura besteht.Liquorrhö
•
Stufenbildung infraorbital.
•
Okklusionsstörungen.
•
Protrusio bulbi Protrusio bulbidurch Blutung in die Orbita (Gefahr des Visusverlusts!).
•
Bei ausgedehnten knöchernen Verletzungen auch Gehirnprolaps Gehirnprolapsin die Nasenhaupthöhle oder nach außen.
•
Anosmie Anosmiedurch Abriss der Fila olfactoria.
-
•
Palpation kann durch massive Weichteilschwellungen erschwert sein.
-
•
Valsalva-Pressversuch → Hautemphysem → offene Fraktur (z. B. Siebbeinzellen) danach Schnäuzverbot.
-
•
LiquorrhöBei V. a. (Rhino-)Liquorrhö (klarer Sekretfluss aus der Nase): Prüfung auf β2-Transferrin.
-
•
Spiral-CT: Immer beim polytraumatisierten Pat., erfasst die Ausdehnung knöcherner Läsionen im Bereich des Gesichtsschädels und der Frontobasis innerhalb weniger Min.
–
Axiale Schichten (5 mm).
–
Koronare Schichten (2 mm). Cave: Spez. Lagerung; beim Polytrauma oft nicht möglich.
-
•
NNH meist mitbeteiligt. Bei Schleimhauteinriss offene Fraktur! Hautemphysen möglich.
-
•
Bei Durazerreißung Gefahr der aufsteigenden Infektion mit Meningitis.
-
•
Schwellungsbedingte Verlegung der Atemwege.
-
•
Sensibilitätsstörung bei Schädigung des N. infraorbitalis.
-
•
Entfernung vollständig luxierter Zähne (in NaCl aufbewahren; ggf. Replantation).
-
•
Entfernung von Zahnersatz.
-
•
Indikation zur Intubation großzügig stellen.
-
•
Blutstillung:
–
Ligatur (keine Karotisligatur, da retrograder Blutfluss).
–
Tamponade (Epipharynx, Mundhöhle) nur, wenn Pat. intubiert ist → Aspirationsgefahr.
–
Nase → Belloque-Tamponade.
-
•
Meist interdisziplinäre Versorgung: MKG-Chirurgie/Neurochirurgie/HNO.
-
•
Primärversorgung wegen lebensbedrohlicher Begleitverletzungen meist nicht durchführbar. I. d. R. aufgeschobene Primärversorgung mit z. B. Osteosynthese von Mittelgesichtsfrakturen.
26.3.3
Jochbeinfraktur
-
•
Monokelhämatom durch subkutane Blutungen.
-
•
Stufenbildung bei dislozierten Frakturen im Bereich:
–
Sutura frontozygomatica (oberer Anteil des lateralen Orbitarands).
–
Margo infraorbitalis (vorderer Rand des Orbitabodens).
–
Jochbogen.
-
•
Asymmetrie des Mittelgesichts (Abflachung) durch Jochbeinimpression mit Kieferklemme (Trismus). Kieferklemme
-
•
Inspektion: Gesichtsasymmetrie, Schwellung, Hämatombildung, Enophthalmus, Kieferklemme. Röntgen: Henkeltopfaufnahme.
-
•
Palpation:
-
–
Knöcherne Begrenzungen der Orbita und des Jochbogens auf Stufenbildungen untersuchen (häufig bei Erstuntersuchung wegen starker Schwellung und Schmerzhaftigkeit schwierig).
-
–
Festigkeit der Nase: Begleitende Nasenbeinfraktur?
-
-
•
Versorgung von Weichteilverletzungen.
-
•
Kühlung, ggf. Antiphlogistika (z. B. Diclofenac ratio® 3 × 50 mg).
-
•
Undislozierte Frakturen konservativ (4 Wo. weiche Kost → keine Sekundärdislokation durch Muskelzug).
-
•
Bei dislozierten Frakturen Miniplattenosteosynthese.
26.3.4
Nasenbeinfraktur
-
•
Inspektion: Formveränderung der Nase; prüfen, ob die Fraktur offen oder geschlossen ist, da freiliegender Knochen Indikation zu sofortiger Versorgung ist.
-
•
Palpation: Vorsichtige Untersuchung der Beweglichkeit der Nasenpyramide Crepitatio(Crepitatio). Immer auch das benachbarte Mittelgesicht, insbesondere den Unterrand der Orbita (Margo infraorbitalis), auf knöcherne Unterbrechungen (Stufenbildung) abtasten.
-
•
Röntgen: „Nase seitlich“; falls nicht eindeutig, kann zur besseren Beurteilung der Form für einige Tage Rückgang der Schwellung abgewartet werden.
-
•
Bei ambulanter Behandlung: Pat. zur Vorstellung beim HNO-Arzt auffordern, wenn Beschwerden nach wenigen Tagen nicht rückläufig.
Die Indikation zur op. Reposition sollte großzügig gestellt werden, da es zu weitreichenden Konsequenzen (Höcker-, Schief-, Sattelnase) mit behinderter Nasenatmung kommen kann. Dies gilt insbesondere auch für das kindliche Nasentrauma.
-
•
Nicht dislozierte geschlossene Nasenbeinfraktur:
-
–
Abschwellende Nasentropfen für 3–4 d.
-
–
„Schnäuzverbot“ für 10 d, da es bei begleitenden Frakturen im Bereich der Lamina papyracea beim Schnäuzen zu Unterlid- und Wangenweichteilemphysemen kommen kann (Gefahr der Superinfektion).
-
-
•
Dislozierte geschlossene Nasenbeinfraktur:
-
–
Operative Reposition (i. d. R. durch HNO-Arzt) innerhalb von einer Wo. Technik: Meist in ITN, evtl. auch in LA. Reposition der frakturierten Knochenelemente manuell oder mithilfe eines Elevatoriums.
-
–
Abschließend vordere Nasentamponade z. B. mit Aureomycin®-getränkten Spitztupfern (für 2 d) und äußerer Nasengips (für 2 Wo., nach 1 Wo. Gipswechsel).
-
–
Liegt das Trauma länger zurück, operative Mobilisierung und evtl. Rhinoplastik.
-
-
•
Offene Nasenbeinfraktur: Erfordert immer chirurgische Sofortversorgung der Weichteilverletzungen, gleichzeitig kann Reposition durchgeführt werden (i. d. R. durch HNO-Arzt).
26.3.5
Orbitabodenfraktur
Cave
-
•
Röntgen: Schädel a. p. und seitlich, NNH, Orbitaspezialaufnahme: Knöcherne Unterbrechung auf der NNH-Aufnahme oft nicht direkt erkennbar, da Margo infraorbitalis selbst nicht mitbetroffen ist. Als indirektes Frakturzeichen kann eine Polsterbildung (Verschattung durch abgesunkenen Orbitainhalt) im Bereich des Kieferhöhlendachs sichtbar sein.
-
•
Bei Bewusstlosen/Morphin/massiver Schwellung: Diagnose einer Sehnervschädigung nur durch blitzvisuell evozierte Potenziale (VEP) und Elektroretinogramm möglich.
-
•
CCT: Koronares Dünnschicht-CT der Schädelbasis/Orbitae.
-
•
Vorstellung beim MKG-Chirurgen und/oder Augenarzt.
-
•
Bei nicht dislozierten Frakturen im Bereich des Orbitabodens mit Hyp- bzw. Anästhesie im Versorgungsgebiet des N. infraorbitalis evtl. operative Dekompression des Nervs.
-
•
Bei Sehnervkompression → Urbason®-Megadosistherapie (über 24–48 h 30 mg/kg KG; ab 2. d 5,4 mg/kg KG). Falls hierdurch kein Effekt → operative Dekompression.
•
Alloplastisches Material (Titangitter, Keramikschalen).
•
Biodegradable Substanzen.
•
Knochenersatzkeramiken.
26.3.6
Kalottenfraktur
26.3.7
Schädelbasisfraktur
26.4
Periphere Nervenkompressionssyndrome
-
•
Durch lokale Raumforderungen, z. B. Tumor, Trauma, Narbenzug, Schwellung (Schwangerschaft!), synoviale Proliferation (Rheuma!).
-
•
An anatomischen Engpassstellen, z. B. Karpaltunnel, Sulcus N. ulnaris, Guyon-Loge, Tarsaltunnel, Supinatorschlitz, M. pronator teres.
-
•
Durch lokale Druckeinwirkung (cave: OP-Lagerung).
Chronische zirkuläre Druckschädigung kann zur Waller-Degeneration führen.
26.4.1
Karpaltunnelsyndrom
-
•
Klinik: Überstreckung oder Überbeugung des Handgelenks provoziert Parästhesien (= positives Phalen-Zeichen). Phalen-Zeichen
-
•
Positives Hoffmann-Tinel-Zeichen. Hoffmann-Tinel-Zeichen
-
•
Verbreiterte Zweipunkt-Diskriminationsfähigkeit (Norm 3–4 mm an den Fingerkuppen).
-
•
Elektrophysiologischer Nachweis im EMG (Neurokonsil; initial Erhöhung der distalen Latenz, später Denervierungszeichen der Daumenballenmuskulatur). Trotz eindeutiger Klinik ist initial der elektrophysiologische Nachweis nicht immer zu führen, in diesen Fällen sollte dennoch operiert werden.
Cave
-
•
Konservative Therapie mit Gipsschiene für die Nacht, Schonung.
-
•
Operative Therapie bei erfolgloser kons. Therapie, bei starken Schmerzen oder fortgeschrittenem Stadium: Spaltung des Karpalbands durch einen Schnitt zwischen Thenar und Hypothenar.
-
•
Alternativ: Endoskopische Spaltung des Karpaltunnels in der Technik nach Agee oder nach Chow.
-
•
Postop. Behandlung: Armhochlagerung. Fingerübungen ohne Belastung.
26.4.2
Distales N.-ulnaris-Syndrom
26.4.3
Proximales N.-ulnaris-Syndrom (Sulcus-ulnaris-Syndrom, SUS)
26.4.4
Radialistunnelsyndrom
•
Durch Frohse-Arkade im Bereich des proximalen Unterarms (scherenartige Einengung des Nervs zwischen Ext. carpi. rad. brevis und Frohse-Arkade).
•
Supinatorschlitz: Sehnige Arkade am Oberrand des M. supinator; DD: Zervikaler Npp C5C6.
26.4.5
Thoracic-outlet-Syndrom
•
Kompression des Plexus brachialis (neurogenes TOS).
•
Kompression A. und V. subclavia (vaskuläres TOS).
•
Unspezifisches TOS.
-
•
Kongenitale oder knöcherne Anomalien.
-
•
Halsrippe, Synostosen zwischen Halsrippe und 1. Rippe.
-
•
Anomalien der 1. Rippe.
-
•
Posttraumatisch (Rippenkallus, Klavikulakallus).