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10.1016/B978-3-437-22453-9.00016-8
978-3-437-22453-9
Elsevier GmbH
Hämorrhoiden und perianale Thrombose
[L106]

Periproktitische Abszesse und Fisteln
[L106]

Anal- (radiäre Falten, links) und Rektumprolaps (zirkuläre Falten, rechts)
[L190]

Hämorrhoiden
Stadien | Befund | Klinik | KO |
I | Knoten oberhalb Linea dentata (nicht tastbar) | Oft Blutungen, evtl. Juckreiz, keine Schmerzen | Massive Blutung |
II | Beginnende Fibrose, beim Pressen Knoten unterhalb L. dentata, spontane Reposition | Selten Blutung, oft Schmerzen, Pruritus, Brennen, Nässen | Thrombose |
III | Prolaps nach Defäkation, manuelle Reposition mögl. | Oft Schmerz, Pruritus, schleimige Sekretion, selten Blutung | Thrombose, Inkarzeration |
IV | Wie III, jedoch Reposition unmögl., evtl. Übergang zum Analprolaps | Starke Schmerzen, Pruritus, schleimige Sekretion, selten Blutung | Thrombose, Inkarzeration |
Stadieneinteilung Analkarzinom TNM-Klassifikation (7. Aufl. 2010)TNM-Klassifikation:AnalkarzinomTNM-Klassifikation:Analkarzinom
Tis | Carcinoma in situ |
T1 | Tumor ≤ 2 cm in größter Ausdehnung |
T2 | Tumor > 2 cm, aber nicht > 5 cm in größter Ausdehnung |
T3 | Tumor > 5 cm in größter Ausdehnung |
T4 | Tumor jeder Größe mit Infiltration benachbarter Organe (z. B. Vagina, Urethra oder Harnblase); bioptischer Nachweis von Tumor im Schließmuskel reicht für pT4 nicht aus! |
N0 | Keine regionären Lymphknotenmetastasen |
N1 | Metastase(n) in perirektalen Lymphknoten |
N2 | Metastase(n) in inguinalen Lymphknoten einer Seite und/oder in Lymphknoten an der A. iliaca int. einer Seite |
N3 | Metastasen in perirektalen und inguinalen Lymphknoten und/oder in Lymphknoten an der A. iliaca bds. oder in bilateralen Leistenlymphknoten |
M0 | Keine Fernmetastasen |
M1 | Fernmetastasen |
Stadium 0 | Tis, N0, M0 |
Stadium I | T1, N0, M0 |
Stadium II | T2–T3, N0, M0 |
Stadium IIIa | T1–T3, N1, M0T4, N0, M0 |
Stadium IIIb | T4, N1–N3, M0 Jedes T, N2–N3, M0 |
Stadium IV | Jedes T, jedes N, M1 |
Analprolaps – Rektumprolaps
Analprolaps | Rektumprolaps | |
Ätiologie | Meist Hämorrhoiden IV. Grades, Sphinkterapparat meist intakt | Sphinkterapparat geschädigt, Beckenbodenschwäche v. a. bei älteren Frauen und Multipara vorkommend |
Klinik | Schmierinkontinenz, rezidivierende Blutungen, Reposition nicht immer mögl. | Inkontinenz, Nässen, Blut- u. Schleimabgang, ödematöse Schleimhaut, Druckulzera, Reposition mögl. |
Diagnostik | Radiäre Schleimhautfältelung, Inspektion, pressen lassen, Vortreten der Analhaut | Zirkuläre Schleimhautfältelung, Inspektion, pressen lassen, Austritt von Rektumschleimhaut |
DD | Rektumprolaps, Anal-Ca | Analprolaps, Anal-Ca |
Proktologie
16.1
Das Kontinenzorgan
Rektum und Anus als funktionelle Einheit gewährleisten die Stuhl- und Windkontinenz.
Muskelapparat
-
•
KontinenzorganM. sphincter ani internus (autonom innerviert, Feinkontinenz durch Dauertonus, Durchtrennung untere ⅓–½ ohne Beeinträchtigung der Kontinenz möglich).
-
•
M. sphincter ani externus (willkürlich, Grobabdichtung), unterteilt in unteren subkutanen Anteil, mittleren superfizialen und hohen profunden Anteil, der mit dem:
-
•
M. puborectalis eine Einheit bildet (Erhaltung des anorektalen Winkels bei voller Ampulla recti). Durchtrennung von Pars subcutanea und superficialis möglich.
Haut-Schleimhaut-Grenzen
-
•
Anokutane Linie (von außen sichtbare Begrenzung des unbehaarten Analkanals; unverhorntes Plattenepithel).
-
•
Linea dentata (Krypten mit Ausführungsgängen der Proktodealdrüsen, Übergang Analkanalhaut in Analschleimhaut; Übergangsepithel).
-
•
Puborektale Schlinge (Übergang in Rektumschleimhaut, einschichtiges Zylinderepithel).
Sensibilität
-
•
Analkanal und äußere Analhaut (Feinkontinenz, hochgradige Sensibilität, z. B. starke Schmerzen bei Perianalthrombose).
-
•
Übergangsschleimhaut oberhalb Linea dentata (sensorische Kontinenz, reduziert sensibel, z. B. schmerzarme Hämorrhoidensklerosierung möglich).
-
•
Rektumschleimhaut (nicht sensibel, z. B. PE ohne Anästhesie möglich). Allerdings sind Dehnungsrezeptoren im Rektum vorhanden (vermitteln den Defäkationsreiz!).
Corpus cavernosum recti
16.2
Erkrankungen der Analregion
16.2.1
Hämorrhoiden
•
Stadium I: Konservativ mit Stuhlregulierung (z. B. Agiolax® 1 × 1 TL), Gewichtsreduktion, steroidfreie Zäpfchen oder Salben (z. B. Faktu®), gründliche Analhygiene.
•
Stadium II–III: Sklerosierung durch Unterspritzung (z. B. Aethoxysklerol®) oder Gummibandligatur (Baron-Ligatur). Cave: Nachblutung bei zu tiefem Sitz des Gummirings durch Eröffnung der zuführenden Arterie.
•
Stadium III–IV: Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan oder nach Parks, Entfernung der Hämorrhoiden mit einem 31-mm-Rundstapler (OP nach Longo) scheint hinsichtlich der Reduzierung postoperativer Schmerzen vorteilhaft im Vergleich mit konventionellen OP-Verfahren; OP allerdings deutlich teurer und teilweise (aber sehr seltene) desaströse Komplikationen beschrieben (schwere Rektum-, Sphinkter- und Prostata[!]-Verletzungen). Erste Langzeituntersuchungen zur Longo-OP weisen eine höhere Rezidivrate im Vergleich mit den klassischen Verfahren aus.
-
•
Hautinzision an der Anokutanlinie, submuköse Präparation, Umstechung des zuführenden Gefäßes und Exzision des Knotens.
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•
Bei OP nach Milligan-Milligan-Morgan, OPMorgan Resektion der Schleimhaut über den Kolumnen und offene Wundbehandlung, bei OP nach Parks lediglich fakultative Resektion überschüssiger Schleimhautbrücken und fortlaufende Naht der Schleimhaut; distalen Hautschnitt offen lassen.
-
•
Ein neueres alternatives Verfahren stellt die sog. transanale hämorrhoidale Dearterialisierung dar, bei der die Arterien, die die Hämorrhoidenknoten versorgen, bei 3, 7 und 11 Uhr transanal umstochen werden. Die Verwendung einer Doppler-Sonografie zur genauen Lokalisation der Arterien scheint die Erfolgsrate der OP-Technik, die bei ca. 70 % liegt, nicht weiter zu verbessern.
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•
Bei ausgeprägten Hämorrhoiden (evtl. Satellitenknoten) besser in 2 Sitzungen vorgehen (bei Schleimhautnekrose droht Schmierinkontinenz).
-
•
Bei stark erhöhtem Sphinktertonus evtl. zusätzlich Sphinkterotomie.
-
•
Bei starker Blutung sofortige Hämorrhoidektomie.
16.2.2
Perianalthrombose und Marisken
Perianalthrombose
Marisken
16.2.3
Analfissur
-
•
Bei frischer Fissur: Konservativ mit lokal analgesierenden abschwellenden Salben (z. B. Anaesthesin®, Faktu®), milde Laxanzien (z. B. Agarol®) zur Stuhlregulierung, Nitroglyzerin-Paste lokal hatte im Vergleich mit Placebo einen eindeutig positiven Effekt (200–500 mg/d), nach 5 Min. Wirkungseintritt für ca. 12 h. Diltiazem-Salbe zeigt in Studien gleiche Heilungsraten wie Nitroglyzerin-Paste unter Vermeidung der Nebenwirkung „Nitratkopfschmerz“, Botulinumtoxin teurer in der Anwendung und hohe Rezidivrate.
-
•
Bei chronischer Fissur, Rezidiven und primären Therapieversagern operativ durch Fissurektomie (Exzision der Fissur). Die lange Zeit zusätzlich durchgeführte laterale Sphinkterotomie hat ein erhebliches Risiko für eine permanente Sphinkterinsuffizienz und sollte deshalb nicht mehr durchgeführt werden. Alternativ digitale Sphinkterdehnung oder Sphinkterdehnung, digitaleBallondilatation möglich (in ITN zunächst 1–2, dann 3–4 Finger langsam über 4–5 Min. in den Analkanal einlegen). Cave: Bei unvorsichtigem Vorgehen droht Inkontinenz durch Sphinkterriss.
16.2.4
Periproktitischer (anorektaler) Abszess
•
Submukös (selten, da die Proktodealdrüsen fast stets im Spatium intersphincterium liegen).
•
Intersphinktär (80 %, zwischen M. sphincter ani int. und ext., sog. perianaler Abszess).
•
Transsphinktär (15 %, durch den M. sphincter ani externus hindurch in die Fossa ischiorectalis, ischiorektaler Abszess).
•
Suprasphinktär (1 %, oberhalb der Pars profunda M. sphincter ani externus, d. h. über die puborektale Schlinge in die Fossa pelviorectalis, pelviorektaler Abszess).
•
Abszess kann ischiorektal Grube der Gegenseite erreichen, dann Entwicklung eines Hufeisenabszesses.
•
Bei äußerer Schwellung stets Entlastung in Spinalanästhesie oder Allgemeinnarkose vornehmen: Perianale zirkuläre Inzision in Steinschnittlage über Punctum maximum unter Beachtung des M. sphincter externus, stumpfe Erweiterung, Wundabstrich, Tamponade; anschließend mehrfach täglich Spülung.
•
Nach Konsolidierung einige Tage später in Narkose Fistelsuche und Fadenmarkierung bzw. primäre Spaltung. Bei ausgedehntem Befund kann die zusätzliche Anlage eines protektiven Anus praeter angezeigt sein.
•
In sehr frühem Stadium kann Inzision der Schleimhaut und des M. sphincter internus vom Analkanal her ausreichen.
16.2.5
Analfistel
-
•
Inspektion der Analregion.
-
•
Palpation (innere Fistelöffnung induriert tastbar?).
-
•
Vorsichtige Sondierung (cave: Via falsa), Farbstoffinjektion (z. B. Methylenblau).
-
•
Proktoskopie, Rektoskopie (Farbstoffaustritt an innerer Fistelöffnung?).
•
Einteilung der Analfisteln nach Parks:
–
Intersphinktär (I): Häufigste Form, zwischen M. sphincter internus und externus.
–
Transsphinktär (II): Durch den M. sphincter ext. unterhalb der puborektalen Schlinge.
–
Suprasphinktär (III): Selten. Ausbreitung bis über die puborektale Schlinge durch die Levatorplatte und nach kaudal zur Haut.
–
Extrasphinktär (IV): Sehr selten. Durchbruch durch die Levatorplatte, endgültiger Fistelgang Rektum-Haut.
Durch operative „Entdachung“ mit Teildurchtrennung des Sphinkterapparats sind Fisteln Typ I u. II, aber nicht Typ III u. IV behandelbar (Gefahr der Inkontinenz).
•
Inspektion der Analregion und vorsichtige Sondierung der äußeren Fistelöffnung (cave: Via falsa).
•
Darstellung der inneren Fistelöffnung mit dem Analspreizer; Farbstofffüllung, Sondierung.
•
Spaltung der intersphinktären und der transsphinktären Fisteln ohne Gefahr des Kontinenzverlusts.
•
Suprasphinktäre und extrasphinktäre Fisteln müssen mehrzeitig durch einen erfahrenen Spezialisten behandelt werden, z. B. breite Spaltung der Fistel von außen bis zum Sphinkter, dann evtl. Naht der inneren Öffnung; vom Hauptgang abzweigende Gänge, die meist blind enden, sind breit von außen zu eröffnen.
•
In Anbetracht der hohen Rate postoperativer Sphinkterinsuffizienzen bei radikaler Behandlung werden zunehmend weniger invasive Verfahren erprobt. Insbesondere der Fistel-Plug, der in den Fistelgang gepresst wird, erfreut sich steigender Beliebtheit. Die Beobachtungszeiten der meisten Untersuchungen sind aber bislang meist kurz, und Rezidivraten von über 50 % nach einem Jahr nicht selten.
Zurückhaltung bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Die Fisteln können hier bei Therapie der Grunderkrankung spontan ausheilen.
16.2.6
Analkarzinom
-
•
Inspektion (blumenkohlartiger Tumor, Hautinduration oder -ulzeration?), inguinale Palpation.
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•
Digital-rektale Untersuchung (Ausdehnung, zirkulär stenosierend, weiche Konsistenz, blutend?).
-
•
Proktorektoskopie (Höhenausdehnung, Zweitbefund?) mit PE.
-
•
Rö-Thorax (Lungenmetastasen?), CT-Becken (Ausdehnung, Lk-Metastasen?).
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•
Bei unklaren analen Veränderungen immer ein Anal-Ca ausschließen.
16.2.7
Analprolaps, Rektumprolaps
•
Analprolaps: Ausstülpung der Analhaut bzw. Analschleimhaut, Sphinkterapparat meist intakt, jedoch mit vermindertem Tonus.
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Rektumprolaps: Rezidivierender Vorfall aller Wandschichten des Rektums fakultativ mit Inkontinenz unterschiedlicher Ausprägung.
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•
Analprolaps: Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan, Läppchenplastik, bei Kindern evtl. Sklerotherapie.
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•
Rektumprolaps:
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–
Akut manuelle Reposition, ggf. Ödem vorsichtig ausdrücken.
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–
Operativ: Laparoskopische Rektopexie: Mobilisation des Rektums wie bei tiefer Rektumresektion (allerdings unter Erhalt der dorsalen Rektumgefäße); Fixation des Rektums präsakral in einem hier verankerten weichen Kunststoffnetz. Resektionsrektopexie: Durch relativ umfangreiche Sigma-/Rektumresektion und „straffe Anastomose“ wird das Rektum intraabdominal retiniert.
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–
Bei hohem OP-Risiko perianale Resektion der prolabierten Rektumschleimhaut mit Raffung der Muskulatur.
-