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10.1016/B978-3-437-55244-1.00020-5
978-3-437-55244-1
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Übersicht über die Bestandteile des Blutes.
[L190]

Knochenmark im Rasterelektronenmikroskop. Die Hohlräume sind von porigen Wänden begrenzt, durch die die Blutzellen austreten und in das Gefäßsystem wandern; rot = rote Blutkörperchen, blau = weiße Blutkörperchen.
[X243]

Blutausstrich eines gesunden Menschen. Beurteilt werden die Menge und die Form der einzelnen Zellarten. Eosinophile und basophile Granulozyten findet man, entsprechend ihrem geringen Vorkommen im Blut, nur selten auf Anhieb. Thrombozyten sind sehr klein und neigen zum Verkleben, d. h. sie sind – wenn überhaupt – nur als Zellklumpen zu sehen.
[O179]

Entwicklung der Erythrozyten, Leukozyten (Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten) sowie der Thrombozyten aus den sog. pluripotenten („viel könnenden“) Stammzellen des Knochenmarks.
[X243]

Rote Blutkörperchen in Kapillaren. Der Durchmesser der feinsten Haargefäße entspricht fast dem der Erythrozyten.
[E623]

Größenvergleich. Würde man die 30.000 Milliarden Erythrozyten eines Menschen hintereinander zu einem Band anordnen, würde dieses fünfmal um die Erde reichen.
[L190]

Eisenmangelanämie. Kleine Erythrozyten mit vermindertem Hämoglobingehalt bei Eisenmangelanämie. Typisch ist auch die stark unterschiedliche Größe.
[E537]

Sichelförmige Erythrozyten bei Sichelzellanämie. Durch einen genetischen Defekt verändert sich bei diesen Erythrozyten unter Sauerstoffmangel die Form, sodass sie einer Sichel ähnelt.
[E355]

AB0-System. Die Erythrozyten tragen entsprechend der jeweiligen Blutgruppe Antigene auf ihrer Oberfläche. Im Serum befinden sich Antikörper gegen die anderen Blutruppen (nicht bei Blutgruppe AB!).
[E582]

Ergebnis eines Blutgruppen:TestBlutgruppentests. Indem man Blut mit Testseren versetzt, die jeweils die verschiedenen Antikörper enthalten, lässt sich die Blutgruppe bestimmen. Beispiel „Blutgruppe A“: Nur bei Zugabe von Anti-B kommt es zu keiner Verklumpung, da nur hier „der Schlüssel“ in der Probe „kein Schloss“ findet.
[L143]

Der prozentuale Anteil der einzelnen Leukozytenarten an der Gesamtleukozytenzahl.
[L190]

Thrombozyten (Blutplättchen) während der Gerinnungsreaktion. Die Thrombozyten stülpen mikrovilliartige (fingerartige) Fortsätze aus, womit die Vernetzungsreaktion bis hin zur Bildung des
Thrombus in Gang gesetzt wird. Im Hintergrund sind Erythrozyten zu sehen.
[E699]

Übersicht über die Vorgänge bei der Blutstillung und -gerinnung (Erläuterung im Text).
[L190]

Beim Wundverschluss bildet sich durch die Gerinnung ein Netzwerk von Fibrinmolekülen, in das Blutzellen mit eingeschlossen werden.
[L190]

Die Gerinnungskaskade. Die Blutgerinnung folgt einem festgefügten Schema, das u. a. dadurch gekennzeichnet ist, dass die einzelnen Gerinnungsfaktoren nacheinander – im Sinne einer Kettenreaktion – aktiv werden bzw. aktiviert werden. Inhibitoren (Protein S und C, Antithrombin III) können an drei Stellen der Kaskade hemmend eingreifen. Dieser Kontrollmechanismus verhindert überschießende Gerinnungsprozesse.
[L190]

Petechien infolge einer Thrombozytopenie.
[T127]

Hämatokrit: Normalbefund und Befund bei Anämie. Durch Zentrifugieren haben sich die festen Bestandteile im unteren Teil des Reagenzglases abgesetzt. Ihr Volumenanteil beträgt ca. 45 %. Der Hämatokrit ist bei Anämien vermindert, bei Erythrozytose dagegen erhöht.
[L190]

Eiweißelektrophorese. Normalbefund und Befund bei verschiedenen Krankheitsbildern.
[A300]

Hämatogene Konstitution mit gelblicher Tönung (rechte Iris), Wolken bei 16–20 Min. und 40 Min.
[O220]

Aus Brunnenkresse (Nasturtium officinale) kann Salat zubereitet und über 3–4 Wochen eine Frühjahrskur durchgeführt werden. Die Pflanze enthält Senfölglykoside und Vitamin C und eignet sich auch zur Behandlung von Atemwegserkrankungen.
[O216]

Die Quecke (Agropyron repens) enthält ätherische Öle und Saponine und wird aufgrund ihrer antibiotischen und harntreibenden Eigenschaften auch als pflanzliches Diuretikum eingesetzt.
[O216]

Von links nach rechts sind die Entwicklungsstufen der Granulozyten dargestellt. Bei einer Entzündung gelangen verstärkt stabkernige Granulozyten ins Blut (Linksverschiebung). Bei einer myeloischen Leukämie findet man Vorstufen der Granulozyten. Bei der perniziösen Anämie kommt es neben den Erythrozytenveränderungen zu einer Überalterung der Granulozyten (Rechtsverschiebung).
[A300]

Ausgeprägte Linksverschiebung. Man kann in dem kleinen Bildausschnitt 6 stabkernige, also „junge“, Granulozyten erkennen.
[E516]

Große spontan entstandene Hämatome (Sugillationen) bei Gerinnungsfaktormangel durch Leberzirrhose.
[E702]

Patient mit stecknadelkopfgroßen Blutungen (Petechien) infolge einer Thrombopenie. Die Thrombopenie hatte sich im Rahmen eines fieberhaften Infekts entwickelt. Blutungen traten außerdem am Zahnfleisch auf.
[E703]

Lebenszyklus der roten Blutkörperchen. Der Körper „recycelt“ einen Großteil des Eisens aus den abgebauten Erythrozyten und nutzt es für die Erythrozytenneubildung.
[L190/J748–076]

Die Darstellung des täglichen EisenstoffwechselEisenstoffwechsels zeigt, dass besonders bei Frauen das Gleichgewicht sehr labil ist und bereits kleinere zusätzliche Blutverluste (1 ml Blut enthält 0,5 mg Eisen) zu einer Eisenmangelanämie führen können.
[L190]

Mundwinkelrhagaden bei Eisenmangelanämie
[M537]

Brennnessel (Urtica dioica) ist reich an Mineralstoffen und Vitaminen und enthält Eisen, Kalium- und Kalziumsalze sowie Vitamin C. Brennnessel kann unterstützend bei Eisenmangelanämie eingesetzt werden.
[O209]

Ackerschachtelhalm (Equisetum arvense) enthält 10 % mineralische Bestandteile, v. a. Kieselsäure und Kaliumsalze. Die Pflanze wirkt diuretisch, stoffwechselanregend und führt Mineralien zu.
[O562]

Übersicht über die häufigsten Ursachen einer Anämie.
[A400]

Leukämisches (myeloisches) Hautinfiltrat am Stamm eines 43-jährigen Patienten. Die bläulich-roten, leicht erhabenen Infiltrate finden sich meist an den Extremitäten und am Stamm.
[E365]

Patient mit chronisch lymphatischer Leukämie. Zunächst fielen dem Patienten nur „Schwellungen“ am Hals auf. Die körperliche Untersuchung ergab zudem zahlreiche vergrößerte Lymphknoten in der Achselhöhle, der Leiste und über dem Schlüsselbein. Außerdem war die Milz etwa eine Handbreit unter dem Rippenbogen tastbar.
[E654]

Akute Einblutung in das Kniegelenk eines 12-jährigen Jungen mit schwerer Hämophilie. Bei wiederholten Einblutungen kann es langfristig zu Veränderungen mit Fehlstellungen des Gelenks kommen.
[E704]

Ursachen für eine erhöhte Leukozytenzahl. [L190]
Leukozytenvermehrung | Ursachen |
Neutrophilie
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|
Lymphozytose
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|
Eosinophilie
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|
Basophilie (seltener als Eosinophilie, tritt oft mit ihr zusammen auf)![]() |
meist ohne dadurch bedingte Leukozytose, z. B. bei chronisch-myeloischer Leukämie, Morbus Hodgkin und bei Krankheiten, die mit erhöhten Blutfetten einhergehen wie Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen und Schilddrüsenunterfunktion |
Monozytose
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|
Überblick über Symptome und Labordiagnostik bei vermehrter Blutungsneigung.
Koagulopathie | Thrombopathie, Thrombopenie | Vasopathie | |
Symptome | |||
Hämatome; bei schweren Formen: Einblutungen in Gelenke | Petechien, Purpura oder flächenhafte Hautblutungen (Ekchymosen), Schleimhautblutungen | uncharakteristisch, meist Petechien mit Hautveränderungen und Purpura; Ekchymosen | |
Labordiagnostik | |||
|
erniedrigt ∗ | normal | normal |
|
verlängert ∗∗ | normal | normal |
|
normal, außer bei Verbrauchskoagulopathie (anfangs Thrombopenie) | normal bei Thrombopathie, erniedrigt bei Thrombopenie | normal |
∗
Normal bei Mangel an F VIII, IX, XI, XII
∗∗
Normal bei F-VII-Mangel
Myeloproliferative Syndrome und die jeweils hauptsächlich proliferierende Zellreihe. Die einzelnen Formen können ineinander übergehen, auch Zwischenformen sind möglich. Oft entwickelt sich aus ihnen eine akute Leukämie.Syndrom(e):myeloproliferative
Bezeichnung des myeloproliferativen Syndroms | Zellreihe |
Polycythaemia vera | Erythrozyten |
Chronisch myeloische Leukämie (CML 20.6.1) | Granulozyten |
Essenzielle Thrombozythämie | Thrombozyten |
Osteomyelosklerose(-fibrose) | Bindegewebe |
Symptome, schulmedizinische Therapie und Prognose der wichtigsten Leukämietypen.Philadelphia-ChromosomLeukämie:chronische myeloische (CLM)Leukämie:chronische myeloische (CLM)Leukämie:akute myeloische (AML)Leukämie:akute lymphatische (AML)Gumprecht-KernschattenAuer-Stäbchen
Akute lymphatische Leukämie (ALL) | Akute myeloische Leukämie (AML) | Chronisch myeloische Leukämie (CML) | Chronisch lymphatische Leukämie (CLL) | |
typisches Erkrankungsalter | 80 % bei Kindern (3.–5. Lebensjahr) | 80 % bei Erwachsenen | Junges bis mittleres Erwachsenenalter | Höheres Lebensalter, meist bei Männern |
Symptome | plötzlicher Beginn mit Fieber, Abgeschlagenheit, Nachtschweiß, allgemeinem Krankheitsgefühl. Oft zusätzlich Anämiesymptome, erhöhte Blutungsneigung und erhöhte Infektanfälligkeit. Häufig Knochenschmerzen, Kopfschmerzen und Erbrechen (bei ZNS-Beteiligung) | plötzlicher Beginn mit Fieber, Abgeschlagenheit, Nachtschweiß, allgemeinem Krankheitsgefühl. Oft zusätzlich Anämiesymptome, erhöhte Blutungsneigung und erhöhte Infektanfälligkeit. Häufig Zahnfleischentzündungen | uncharakteristischer, schleichender Beginn mit Abgeschlagenheit und Müdigkeit | uncharakteristischer, schleichender Beginn mit Abgeschlagenheit und Müdigkeit. Häufig unklare Hautausschläge oder starker Juckreiz durch Hautinfiltrationen |
Untersuchungsbefund | Lymphknotenvergrößerungen (21.4.1), in fortgeschrittenen Stadien leukämische Infiltrate z. B. in der Haut (Abb. 20.31) |
Hepatosplenomegalie | Leitsymptom ist die Milzvergrößerung (21.4.2): Die Milz reicht oft bis ins Becken herab. Typisch ist auch ein Klopfschmerz über dem Sternum | Leitsymptom sind symmetrische, schmerzlose Lymphknotenvergrößerungen (Abb. 20.32) |
Labor/Blutbild | Lymphoblasten, Anämie, Thrombopenie | Myeloblasten, Anämie, Thrombopenie Typisch: Auer-Stäbchen (stäbchenförmige, anfärbbare Zellorganellen) im Zytoplasma |
höchste Leukozytenzahl unter den Leukämien, alle Reifungsstufen vertreten (buntes Bild), Anämie, Thrombozyten normal bis leicht erhöht; Besonderheit: bei 90 % der Patienten Philadelphia-Chromosom nachweisbar |
Leukozytose mit hohem Lymphozytenanteil (70–95 %); Anämie, Thrombozyten normal bis leicht erniedrigt; Besonderheit: Gumprecht-Kernschatten (gequetschte Kerne von Lymphozyten) im Blutbild |
Prognose | ca. 70 % der Kinder können geheilt werden | relativ schlechte Prognose | i. d. R. nach 2–6 Jahren akute Verschlechterung mit einem meist tödlichen Blastenschub | relativ gut: Oft ist der (ältere) Patient über Jahre nur wenig in seiner Lebensqualität eingeschränkt und stirbt nicht an der Leukämie, sondern an anderen Erkrankungen des höheren Lebensalters |
Blut
-
20.1
Ganzheitliche Aspekte857
-
20.2
Anatomie und Physiologie858
-
20.3
Untersuchung und Diagnostik866
-
20.4
Leitsymptome und Differenzialdiagnose870
-
20.5
Erkrankungen der Erythrozyten876
-
20.6
Erkrankungen der Leukozyten881
-
20.7
Blutgerinnungsstörungen884
-
20.8
Therapeutische Gerinnungshemmung885
20.1
Ganzheitliche Aspekte
Blut ist der materielle Träger des Lebens, gleichsam der Lebenssaft, der den Körper durchströmt und ernährt und ihn mit allen lebensnotwendigen Substanzen (z. B. Nährstoffe und Sauerstoff) versorgt.
In vielen Kulturen wurde das Blut mit den Aspekten des Lebens assoziiert: So war in Gesellschaften matriarchalischer Prägung das Blut Symbol für die lebensspendenden Kräfte der Frauen, denn nur Frauen hatten als Ausdruck der Fruchtbarkeit periodische Blutungen ohne sichtbare Folgen. Bei Männern wurde Blutverlust mit Kräfteverlust und Tod gleichgesetzt.
In den ersten patriarchalischen Gesellschaftsformen wurde im Rahmen ritueller Handlungen den Göttern Blut von Menschen oder Tieren dargebracht: Blut wurde zum Symbol für Opfer und in seiner Kraft zum Symbol des Göttlichen. Einen Höhepunkt findet diese Auffassung in der christlichen Kultur: So umfasst das Abendmahl (Eucharistie) als liturgische Handlung die Segnung, die Austeilung und den Genuss von Brot und Wein (Leib und Blut Christi).
Blut und Reinigung
Blut als Heilmittel
Blut und seelische Vorgänge
20.2
Anatomie und Physiologie
20.2.1
Zusammensetzung und Aufgaben des Blutes
•
Der feste Anteil besteht aus den Blutkörperchen, die ungefähr 40–45 % des Gesamtblutvolumens ausmachen.
•
Der flüssige Anteil wird als Blutplasma („Blutwasser“) bezeichnet und macht ca. 55–60 % des Blutvolumens aus. Im Blutplasma sind auch die Gerinnungsfaktoren enthalten.
•
Ohne Gerinnungsfaktoren (v. a. Fibrinogen) bezeichnet man den flüssigen Anteil des Blutes als (Blut-)Serum. Es bildet sich als wässriger Überstand, wenn man Blut in einem Röhrchen gerinnen lässt (Merkhilfe: Plasma = Serum plus Faktoren).
•
Erythrozyten (rote Blutkörperchen), die Sauerstoff und Kohlendioxid transportieren und mit 99 % den größten Volumenanteil der Blutkörperchen stellen
•
Leukozyten (weiße Blutkörperchen), die der Abwehr von Krankheitserregern und sonstigen körperfremden Stoffen dienen und sich aus drei Zellarten zusammensetzen: Granulozyten, Lymphozyten, Monozyten
•
Thrombozyten (Blutplättchen), die bei der Blutgerinnung beteiligt sind
•
Transportfunktionen: Das Blut befördert Sauerstoff und Nährstoffe zu den Zellen und führt gleichzeitig Kohlendioxid und Stoffwechselabfallprodukte wieder ab. Außerdem bringt es Hormone und auch Arzneiwirkstoffe zu ihren Zielzellen.
•
Abwehrfunktionen: Ein Teil der Blutkörperchen sind Abwehrzellen (22.2.2). Sie bekämpfen körperfremde Partikel und Krankheitserreger und erkennen entartete oder infizierte körpereigene Zellen.
•
Wärmeregulationsfunktion: Durch die ständige Blutzirkulation erhält sich der Körper eine gleich bleibende Temperatur von etwa 36,5 °C.
•
Abdichtung von Gefäßwanddefekten durch die Fähigkeit der Gerinnung (20.2.7).
•
Pufferfunktion: Durch die im Blut enthaltenen Puffersysteme (16.2.7, 20.2.6) werden Schwankungen des pH-Werts ausgeglichen.
20.2.2
Blutbildung
20.2.3
Erythrozyten
Merke
Normwerte der Erythrozytenzahl
-
•
Frauen: 3,5–5,0 × 106/μl
-
•
Männer: 4,3–5,9 × 106/μl
Bildung der roten Blutkörperchen (Erythropoese)
Steuerung der Erythropoese
Erythrozytenabbau
Merke
Jedes Missverhältnis zwischen Erythropoese und Erythrozytenabbau führt entweder zur Anämie (Blutarmut) oder zur Erythrozytose/Polyglobulie (Blutfülle).
Form der Erythrozyten
Hämoglobin
Merke
Normwerte des Hämoglobins (Hb)
•
Frauen: 12–15 g/dl
•
Männer: 13,6–17,2 g/dl
Blutgruppen
AB0-System
Rhesus-System
20.2.4
Leukozyten
Bildung der weißen Blutkörperchen (Leukopoese)
•
Die Monoblasten wandeln Monoblastensich über mehrere Zellteilungsschritte zu PromonozytenPromonozyten um, die sich dann zu den Monozyten entwickeln.
•
Die Lymphoblasten wandeln Lymphoblastensich über ProlymphozytenProlymphozyten zu den verschiedenen Klassen der Lymphozyten um, wobei Lymphozytensie noch ein Prägungsstadium im Knochenmark oder Thymus durchlaufen.
•
Aus den Myeloblasten entstehen Myeloblastendie Granulozyten. Die Myeloblasten besitzen einen großen, runden Zellkern, der viele kleine Nukleolen enthält. Zunächst entstehen aus ihnen die Promyelozyten, die sich Promyelozytenvon ihren Vorläuferzellen durch einen ovalen bis bohnenförmigen Zellkern unterscheiden. Bei der nächsten Entwicklungsstufe – den Myelozyten – teilt Myelozytensich der Stammbaum nochmals in drei Linien auf, nämlich in die eosinophilen, basophilen und neutrophilen Myelozyten. Im Laufe der Entwicklung vom Myelozyten zum MetamyelozytenMetamyelozyten werden Zellkern und Zelleib kleiner und dichter. Die Metamyelozyten können sich nicht mehr teilen. Während sich die Granulozytenreihe bis dorthin durch Zellteilung weiterentwickelt, spricht man nun von der abschließenden Zellreifung. Aus den Metamyelozyten reifen die stabkernigen Granulozyten, die ins GranulozytenBlut ausgestoßen werden. Aus den Metamyelozyten reifen die stabkernigen Granulozyten, die aktiv ins Blut einwandern. Als letzter Reifungsschritt schnürt sich der Zellkern an mehreren Stellen ein, wodurch die segmentkernigen Granulozyten entstehen.
Granulozyten
Merke
Etwa 95 % aller Granulozyten weisen nur schwach anfärbbare Granula auf – die neutrophilen Granulozyten. Einige wenige enthalten bläulich anfärbbare Granula – die basophilen Granulozyten, andere rot anfärbbare Granula – die eosinophilen Granulozyten.
Lymphozyten
Merke
Normwerte der Leukozyten
•
Gesamtleukozytenzahl: 4–10/nl
•
Monozyten: 0,3–0,5/nl(ca. 3–7 % der Gesamtleukozyten)
•
Lymphozyten: 1,5–3/nl(ca. 25–45 % der Gesamtleukozyten)
•
neutrophile Granulozyten: 3–6/nl(ca. 60 % der Gesamtleukozyten)
•
basophile Granulozyten: ≤ 0,5/nl(≤ 1 % der Gesamtleukozyten)
•
eosinophile Granulozyten:< 0,25/nl (1–4 % der Gesamtleukozyten)
Monozyten
20.2.5
Thrombozyten
Merke
Normwert der Thrombozyten beim Erwachsenen: 140.000–400.000/μl.
Bildung der Thrombozyten (Thrombozytopoese)
Thrombozyten und Blutstillung
20.2.6
Blutplasma
•
90 % Wasser
•
8 % Proteinen: Albumin und Globulinen
•
2 % kleinmolekularen Substanzen: Ionen, Glukose, Vitamine, Hormone, Enzyme, Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin und andere Stoffwechselprodukte
Stoffaustausch zwischen Blutplasma und interstitieller Flüssigkeit
Plasmaproteine
Merke
Normwerte der Eiweißfraktionen im Serum
•
Albumin:59–72 % des Serumeiweißes (36–50 g/l)
•
α1-GlobulineGlobuline:1,3–4,5 % des Gesamteiweißes
•
α2-Globuline:4,5–10 % des Gesamteiweißes
•
β-Globuline:6,5–13 % des Gesamteiweißes
•
γ-Globuline:10,5–18 % des Gesamteiweißes
•
Blutplasma:ProteineDruckausgleich durch Proteine:PlasmaproteineAufrechterhaltung des kolloidosmotischen Drucks – hierfür ist v. a. das Albumin verantwortlich. Verringert sich der Albumingehalt des Plasmas, z. B. durch Unterernährung oder Eiweißverlust, so sinkt der kolloidosmotische Druck ab. Infolgedessen wird nicht mehr soviel Wasser aus dem Interstitium (Zwischenzellraum) in die Kapillaren wieder aufgenommen, weshalb sich vermehrt Flüssigkeit im Gewebe ablagert: Es entstehen Ödeme (16.4.10).
•
Transportvehikel: Viele kleinmolekulare Stoffe, wie z. B. Hormone und Bilirubin, müssen im Blut an Transport- oder Plasmaproteine gebunden werden.
•
Pufferfunktion: Eiweiße können H+-Ionen abfangen und damit dazu beitragen, dass der pH-Wert im Blut gleichbleibt.
•
Blutgerinnung: Zu den Plasmaeiweißen gehören auch die Gerinnungsfaktoren.
•
Abwehrfunktion: In der γ-Globulin-Fraktion finden sich die Antikörper.
•
Proteinreservoir: Im Plasmaraum eines Erwachsenen sind ungefähr 200 g Eiweiße gelöst, die eine schnell verfügbare Reserve darstellen.
20.2.7
Blutgerinnung
•
die Gefäßreaktion
•
die Blutstillung durch Thrombozyten (= primäre Hämostase)
•
die Blutgerinnung (= sekundäre Hämostase)
Gefäßreaktion
Blutstillung
Blutgerinnung
Merke
Gerinnungsfaktoren
•
Faktor I = FibrinogenFibrinogen
•
Faktor II = ProthrombinProthrombin
•
Faktor III = Gewebsthrombokinase (Gewebsfaktor)
•
Faktor IV = Kalzium
•
Faktor V = Proakzelerin
•
Faktor VI entspricht aktiviertem Faktor V
•
Faktor VII = Prokonvertin
•
Faktor VIII = antihämoplutes Globulin (AGH, Hämophilie-A-FaktorHämophilie-A-Faktor)
•
Faktor IX = Hämophilie-B-Faktor (Christmas-FaktorChristmas-Faktor)
•
Faktor X = Stuart-Prower-Stuart-Prower-FaktorFaktor • Faktor XI = Rosenthal-Rosenthal-FaktorFaktor • Faktor XII = Hageman-Faktor
•
Faktor XIII = fibrinstabilisierender fibrinstabilisierender FaktorFaktor
Gerinnungskaskade
•
Das exogene System (Extrinsic-System, extravaskulärer Weg) wird bei größeren äußeren Gewebsverletzungen aktiviert, bei denen es zur Einblutung in das umliegende Gewebe kommt. Sobald Gerinnungskaskade:exogenes SystemBlut infolge einer Gefäßzerreißung in das Gewebe übertritt, wird der Gerinnungsfaktor III (Gewebsthrombokinase) freigesetzt. Gewebsthrombokinase aktiviert Faktor VII und setzt damit die Gerinnungskaskade sekundenschnell in Gang. Der aktive Faktor VII wandelt mithilfe von Kalzium Faktor X in seine aktive Form um.
•
Das endogene System (Intrinsic-System, intravaskulärer Weg) tritt in Aktion, wenn der Gefäßschaden auf die Gefäßinnenhaut (Endothel) beschränkt ist. Hier wirkt die verletzte Endotheloberfläche Gerinnungskaskade:endogenes Systemals auslösender Reiz für die Umwandlung des Faktors XII in seine aktive Form. Der aktivierte Faktor XII wiederum aktiviert Faktor XI und dieser Faktor IX. Faktor IX wandelt zusammen mit Faktor VIII den Faktor X in seine aktive Form um. Dazu werden zusätzlich Kalziumionen und der Plättchenfaktor 3 benötigt, die aus den Thrombozyten freigesetzt werden, die am verletzten Gefäß haften. Die Gerinnungskaskade verläuft hier über mehr Schritte als beim exogenen Gerinnungssystem und benötigt deshalb mehr Zeit.
Hemmstoffe der Gerinnungsfaktoren
Achtung
Das Zusammenspiel von Gerinnungsfaktoren und Hemmstoffen der Gerinnung ist ein empfindliches Gleichgewicht. Störungen können in kürzester Zeit lebensbedrohliche Folgen haben, z. B. einen Schlaganfall.
Abschluss der Wundheilung
20.3
Untersuchung und Diagnostik
20.3.1
Anamnese
•
Die Familiengeschichte (z. B. vererbte Gerinnungsstörungen) und die Vorerkrankungen des Patienten: Patienten, die vor Jahren wegen eines bösartigen Tumors bestrahlt wurden, haben z. B. ein höheres Risiko, an einer Leukämie zu erkranken.
•
Aktuelle – oft uncharakteristische – Beschwerden wie allgemeines Unwohlsein, abnorme Müdigkeit, Leistungsminderung, Gewichtsabnahme und erhöhte Infektionsneigung; seltener Fieber, Juckreiz oder Nachtschweiß. Diese Kombination aus Symptomen tritt gehäuft bei Erkrankungen des Blutes und des lymphatischen Systems auf.
•
Die Stuhl- und Miktionsanamnese: Schwarze Stuhlverfärbung (Teerstuhl) oder Blutauflagerungen des Stuhls können z. B. ein Hinweis auf einen chronischen Blutverlust sein, der zu einer Eisenmangelanämie führt; blutiger Urin kann das Symptom einer Blutungsneigung sein.
•
Die Menstruationsanamnese bei der Frau: Starke oder verlängerte Blutungen sind eine der häufigsten Ursachen für eine Eisenmangelanämie, und umgekehrt führt eine erhöhte Blutungsneigung, z. B. bei verminderter Thrombozytenzahl, zu verlängerten und starken Blutungen.
•
Die Ernährungsanamnese: Fehlernährung kann z. B. zur Eisenmangelanämie oder auch über einen Mangel an Gerinnungsfaktoren zu erhöhter Blutungsneigung führen.
•
Alkoholanamnese: Chronischer Alkoholmissbrauch kann auf verschiedenen Wegen zu Blutbildveränderungen führen, u. a. durch eine Knochenmarkschädigung.
•
Medikamentenanamnese: Bestimmte Medikamente, z. B. Thyreostatika (19.6.2), können z. B. die Zellbildung im Knochenmark schädigen.
20.3.2
Körperliche Untersuchung
•
Farbe der Haut und Skleren: z. B. Blässe bei Anämie, Gelbfärbung bei hämolytischer Anämie, „blühendes“ Aussehen bei Erythrozytose
•
Blässe der Konjunktiven (Augenbindehäute), die bei einer Anämie nicht ausreichend durchblutet sind
•
Aussehen der Zunge: z. B. glatt-rot bei perniziöser Anämie
•
Blässe unter den Fingernägeln, die ebenfalls für eine Anämie spricht: Bei leichtem Druck auf die Nagelspitze wird der Nagel häufig bis hin zum Nagelwall blass
•
Veränderungen der Haut (z. B. Einrisse der Mundwinkel bei Eisenmangelanämie, unklare „Ausschläge“ bei chronisch lymphatischer Leukämie), Nägel und Haare (brüchig z. B. bei Eisenmangelanämie oder perniziöser Anämie)
•
kleinste Blutungen, z. B. punktförmige oder flächige Hautblutungen (z. B. Petechien, Purpura)
•
Lymphknotenvergrößerungen in den Achselhöhlen, den Leisten, am Hals und über den Schlüsselbeinen (z. B. bei Lymphomen)
•
Entzündungsherde im Einzugsgebiet vergrößerter Lymphknoten, wie z. B. vereiterte Mandeln (Racheninspektion!) oder Abszesse
20.3.3
Labordiagnostik
Blutbild
Merke
Man unterscheidet:
•
kleines Blutbild (kleines BB): rotes Blutbild plus Gesamtleukozytenzahl.
•
Differenzialblutbild oder großes Blutbild (großes BB): Zusätzlich wird die Zahl der Thrombozyten bestimmt und die verschiedenen Gruppen der Leukozyten werden differenziert.
•
Hämatokrit (Hkt, Hk). Volumenanteil der festen Blutanteile in Prozent bezogen auf das HämatokritGesamtblutvolumen. Den größten Anteil der festen Blutbestandteile machen die Erythrozyten aus (Abb. 20.17)
•
Hämoglobingehalt des Blutes (Hb). Menge des roten Blutfarbstoffs in Gramm pro Liter Blut. Da Hämoglobin:Gehalt des BlutesHämoglobin ausschließlich in Erythrozyten vorkommt, hängt der Hb-Gehalt des Blutes von der Anzahl der Erythrozyten und vom Hb-Gehalt des einzelnen Erythrozyten ab
•
Erythrozytenzahl (Erys)
•
Mittleres korpuskuläres Volumen (MCV): Mittleres Volumen eines einzelnen Erythrozyten. Anämien mittleres korpuskuläres Volumen (MCV)mitMCV (mittleres korpuskuläres Volumen) erhöhtem MCV werden als makrozytäre Anämien, solche mit erniedrigtem MCV als mikrozytäre Anämien bezeichnet.
•
Mittleres korpuskuläres Hämoglobin (MCH, HbE, Färbekoeffizient): Hämoglobin:mittleres korpuskuläres (MHC)Durchschnittlicher mittleres korpuskuläres Hämoglobin (MCH)MCH (mittleres korpuskuläres Hämoglobin)Hämoglobingehalt desHbE einzelnen Färbekoeffizient:BlutErythrozyten. Anämien mit erniedrigtem MCH heißen hypochrom, die mit erhöhtem MCH hyperchrom.
•
Mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration (MCHC): Durchschnittliche Hämoglobin:Konzentration, mittlere korpuskuläre (MCHC)Hämoglobinkonzentration des mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzenration (MCHC)MCHC (mittlere korpuskuläres Hämoglobinkonzentration)Erythrozyten.
Merke
Der Mangel einer Zellfamilie wird als -penie (Leukozytopenie, Erythrozytopenie = Anämie, Thrombozytopenie) bezeichnet, ein Zuviel als -zytose (Leukozytose, Erythrozytose = Erythrozytose/Polyglobulie, Thrombozytose) und eine Funktionsstörung als -pathie (Thrombozytopathie).
Blutsenkung (BSG)
Merke
Normwerte der BSG
•
Frauen: ≤ 25 mm nach einer Stunde
•
Männer: ≤ 15 mm nach einer Stunde
•
Material bereitlegen: Alles, was für die venöse Blutentnahme (6.6.2) benötigt wird, darunter entweder eine 2-ml-Spritze mit 0,4 ml Natriumzitrat (3,8 % bzw. nach anderem Mess-System 3,13 %) als Gerinnungshemmer oder die Spezialröhrchen der oft gebräuchlichen Monovetten®- oder Vacutainer®-Systeme, Blutsenkungskapillaren, Senkungsständer (beides je nach System), Kurzzeitwecker, Karteikarte des Patienten zur Dokumentation.
•
Blut vorbereiten: Zitratspritze genau bis zur 2-ml-Markierung mit Blut füllen (d. h. 1,6 ml durch venöse Blutentnahme gewonnenes Vollblut hinzufügen) bzw. bei Monovetten®- oder Vacutainer®-System darauf achten, dass das Röhrchen exakt bis zur Markierung gefüllt ist. Zu viel Zitrat ergibt eine falsch hohe, zuwenig eine falsch niedrige BSG. Bestimmung ohne lange Wartezeit durchführen, da auch längeres Liegen die Werte verfälscht. Inhalt durch vorsichtiges Kippen gut durchmischen, nicht schütteln.
•
BSG bestimmen: Senkungskapillare nach Herstellerangabe mit Blut füllen und senkrecht in den Ständer stellen. Der Ständer darf weder hohen Temperaturen noch stärkeren Erschütterungen ausgesetzt sein, da dies die Ergebnisse verfälscht. Der Blutspiegel muss dem Nullwert der Skala entsprechen (nach Westergren 200 mm hoch). Wecker auf 1 Std. stellen, dann BSG ablesen, d. h. den Zahlenwert der Skala an der Grenze zwischen festen und flüssigen Blutbestandteilen. Sofern gewünscht, den Wecker erneut stellen und den Wert nach 2 Std. (Zweistundenwert) ablesen. Außerdem auf sichtbare Auffälligkeiten des Plasmas (z. B. milchige Trübung bei erhöhten Blutfettwerten) achten.
•
Nachbereitung: Kanülen und offene Röhrchen in dafür vorgesehenen Behältern entsorgen, verschlossene Röhrchen und sonstiges Einmalmaterial können in den Hausmüll. BSG-Ständer desinfizieren und bei grober Verschmutzung zusätzlich reinigen und sterilisieren.
Eiweißelektrophorese
Weitere wichtige Werte des Blutlabors
•
Quick-Wert (Gerinnungssystem:LabortestsThromboplastinzeit, Prothrombinzeit): Blutgerinnung:LabortestsZitratblut wird mit Quick-WertGewebsthrombokinase und ThromboplastinzeitKalzium vermischt, wodurch die Prothrombin:-zeitGerinnungskaskade in Gang gebracht wird. Die Dauer bis zum Einsetzen der Gerinnung ist v. a. abhängig von den Faktoren I, II, V, VII und X. Der Quick-Wert wird bezogen auf eine Standardzeit in Prozent angegeben.
•
INR (International normalized ratio): Nachteil des Quick-Wertes ist, dass er stark vom verwendeten Reagens abhängtINR (International normalized ratio) und die Werte unterschiedlicher Labors nicht miteinander verglichen werden können. Daher wird bei der Therapiekontrolle zunehmend die INR bestimmt, bei der diese Unterschiede durch einen entsprechenden Korrekturfaktor ausgeglichen werden. Der Normalwert der INR ist 1,0. Heute wird er fast immer in den INR-Wert umgerechnet, der durch einen Korrekturfaktur eine Vergleichbarkeit der Werte verschiedener Labors ermöglicht.
Merke
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Normalwert: Quick ≥ 70 %, INR 1
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Quick vermindert bzw. INR erhöht bei: Erniedrigung der Gerinnungsfaktoren, die in der Leber unter Mitwirkung von Vit. K gebildet werden.
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Quick-Test und INR: v. a. zur Kontrolle der Blutgerinnung bei Leberfunktionsstörungen und einer therapeutischen Gerinnungshemmung mit Marcumar® (Ziel Quick 15–25 %, INR 2–4)
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Quick-Test und INR sind Globaltests für das exogene System der Gerinnung
•
Partielle Thromboplastinzeit (PTT): Zitratblut wird mit „partiellem Thromboplastin“Partielle Thromboplastinzeit (PTT) – einer Faktorzwischenstufe des PTT (partielle Thromboplastinzeit)endogenen Systems – und Kalzium vermischt. Es wird die Zeitdauer bis zum Einsetzen der Gerinnung ermittelt. Sie beträgt normalerweise 40 Sek. Diese Methode erlaubt eine Kontrolle der im endogenen System wirksamen Faktoren. Eine verlängerte PTT deutet meist auf einen Mangel an Faktor VIII und IX hin.
•
Thrombinzeit (TZ): Nach Zusatz von Thrombin zu Zitratplasma wird die Gerinnungszeit Thrombinzeit (TZ)gemessen (normal 17–23 Sek.). Die TZ (Thrombinzeit)Thrombinzeit wird z. B. zur Überwachung einer Fibrinolyse- oder Heparintherapie oder bei Verdacht auf Fibrinbildungsstörungen bestimmt.
•
Thrombozytenzahl: Diese ist immer Teil des Blutbilds.
•
Blutungszeit (nach Duke) bei Verdacht auf eine Thrombopenie oder -pathie – Durchführung: ca. 4 mm tief in die FingerbeereBlutungszeit stechen, Fingerbeere in ein Glas mit physiologischer Kochsalzlösung (0,9 %, 37 °C) halten. Beurteilung: Normalerweise reißt der Blutfaden nach 3–5 Min. ab. Bei einer Thrombopenie oder -pathie dauert das länger. Achtung: fehlerträchtiges Verfahren!
Achtung
Der Umgang mit Blut birgt grundsätzlich die Gefahr der Infektionsübertragung. Da Blut Krankheitserreger enthalten kann, gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen bei der Entnahme von Blutproben sowie beim Transport und bei der Untersuchung von bluthaltigen Medien.
20.3.4
Naturheilkundliche Diagnostik
Aderlassdiagnose nach Hildegard von Bingen
Antlitzdiagnose
Dunkelfeldmikroskopie
Iridologie
Zungendiagnose
Checkliste zur Anamnese und Untersuchung bei Verdacht auf Bluterkrankungen
-
•
Anamnese: Schwindel, Ohrensausen, Müdigkeit, allgemeine Leistungsminderung, Neigung zu Infekten, Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Juckreiz, Miktions- und Stuhlanamnese, bei Frauen Zyklusanamnese, Medikamente, Ernährung, Alkoholkonsum, gehäuftes Nasen- und Zahnfleischbluten
-
•
allgemeine Inspektion von Haut (Petechien?), Haar, Konjunktiven (Blässe?), Zunge, Rachen, (Finger-)Nägeln
-
•
Palpation des Pulses (Tachykardie?), der Lymphknoten (3.6.6), der Leber (14.3.2) und der Milz (21.3.2)
-
•
Fieber messen
-
•
orientierende neurologische Untersuchung, z. B. Sensibilitätsprüfungen (23.3.2), Lasègue-Zeichen (3.4.5)
-
•
Evtl. Rumpel-Leede-Test (20.3.2)
-
•
Blutlabor: BSG, kleines oder großes Blutbild mit Hb, Hkt, MCV, MCH, MCHC, Eisen, Ferritin, Transferrin,
-
•
CRP, Quick-Test, PTT, TZ, Blutungszeit; evtl. Eiweißelektrophorese
-
•
evtl. Knochenmarkpunktion
-
•
Aderlassdiagnose nach Hildegard von Bingen: Farbe des Blutes, Aussehen des Blutkuchens und Serums als Hinweise auf Stoffwechselbelastungen und den Gesundheitszustand des Patienten
-
•
Antlitzdiagnose: nach Bach isolierte Blässe im Unterlippenbereich bei Anämie
-
•
Dunkelfeldmikroskopie: große und runde Erythrozyten bei perniziöser Anämie, kleine Erythrozyten bei Eisenmangelanämie, vermehrte Eiweißbruchstücke bei chronischen Störungen, Bakterienstäbchen als Hinweis auf bakterielle Belastungen
-
•
Iridologie: hämatogene Konstitution, Aufhellungen der Blut-Lymph-Zone, Reizzeichen einzelner Organe sowie Aufhellungen und Abdunklungen im Magen-Darm-Feld berücksichtigen; Schwächezeichen im Bereich der Milz und Leber beachten
20.3.5
Schulmedizinische Diagnostik
•
Tumorzellen, z. B. bei Metastasen eines Bronchialkarzinoms
•
Knochenmarkaplasie, d. h. Verminderung der Blutzellbildung aller Reihen (Zelllinien), etwa nach Zytostatika- oder Strahlenbehandlung
•
Hyperzellularität (Knochenmarkhyperplasie): krankhafter Zellreichtum durch Wucherung einzelner/Hyperzellularitätmehrerer Knochenmark:-hyperplasieKnochenmarkzellreihen, z. B. bei Leukämien
•
Verschiebung der Mengenverhältnisse der Zellen untereinander
20.4
Leitsymptome und Differenzialdiagnose
20.4.1
Anämie
Anämie (Blutarmut): Verminderung des Hämoglobins, des Hämatokrits und/oder der Erythrozytenzahl; meist Folge einer anderen Erkrankung, aber auch eigenständige Krankheit.
•
Bildungsstörung, z. B. bei Eisen-, Vit. B12- oder Folsäuremangel, chronischen Erkrankungen (z. B. „verbrauchen“ Tumorkrankheiten oder chronische Entzündungen und Infekte die zur Blutbildung erforderlichen Eisen), renale Anämie (Erythropoeitin fehlt), aplastische Anämie
•
gesteigerten Erythrozytenabbau, z. B. bei Hämolyse (Blutzerfall) durch Arzneimittel, Infektionskrankheiten, Antikörper, Defekte der Erythrozyten, Enzyme oder des Hämoglobins
•
Erythrozytenverlust durch akute oder chronische Blutungen
•
Verteilungsstörungen bei einer vergrößerten, überaktiven Milz
Symptome
Diagnostik
Tipp
Bei einer leichten Anämie ist die Zahl der Erythrozyten evtl. noch normal, aber die Hämoglobinkonzentration oder der Hämatokrit erniedrigt. Umgekehrt können aber auch Hämoglobinkonzentration und Hämatokrit normal, die Erythrozytenzahl aber erniedrigt sein.
Differenzialdiagnose
•
hypochrom (MCH < 27 pg, „zu wenig Farbe“ pro Erythrozyt)
•
normochrom (MCH 27–34 pg, „normal viel Farbe“ pro Erythrozyt)
•
hyperchrom (MCH > 33 pg, „zu viel Farbe“ pro Erythrozyt)
•
Eisenmangelanämie (20.5.1), mit ca. 80 % die häufigste Anämieform
•
Infekt- und Tumoranämie: Hier besteht kein eigentlicher Eisenmangel, sondern eine EisenverwertungsstörungAnämie:Infekt oder Tumor; Infektanämie; Tumoranämie. Das Eisen wird in Milz, Leber oder Knochenmark verschoben. Eine Therapie mit Eisengaben ist daher unzweckmäßig. Oft sind die Symptome des Grundleidens (wie Tuberkulose, Nierenbeckenentzündung oder Tumorzeichen) im Vordergrund. Labor: Eisen erniedrigt, Ferritin normal oder erhöht, Transferrin normal oder erniedrigt, MCH und MCV können auch normal sein. Die Überweisung zum Arzt ist erforderlich.
•
Seltenere hypochrome Anämien sind Thalassämie, Vitamin-B6-Mangelanämie (der Eisenwert ist aber erhöht), sideroachrestische Anämie (durch einen Enzymdefekt wird der Eiseneinbau in das Hämoglobin verhindert, der Eisenwert ist daher erhöht).
•
hämolytische Anämien: in den meisten Fällen besteht ein anteilig gleichmäßiger Erythrozytenzerfall
•
akute Blutungsanämie: Notfall mit drohendem Kreislaufschock nach mehr als 1–2 Liter Blutverlust, sofortige Klinikeinweisung erforderlich
•
aplastische Anämien (Panmyelopathie): Gruppe von Krankheitsbildern, die durch PanmyelopathieAnämie, Leuko- und Anämie:aplastischeThrombopenie gekennzeichnet ist. Ursache sind z. B. Strahlentherapie, Medikamente, Infektionen oder bösartige Erkrankungen mit Verdrängung des Knochenmarks. Achtung: Überweisen Sie den Patienten sofort in eine Klinik!
•
Infekt- oder Tumoranämie: meistens hypochrom, gelegentlich aber auch normochrom
•
Anämie bei chronischen Nierenerkrankungen (durch Erythropoetinmangel)
•
Bei anderen nicht-perniziösen megaloblastären Anämien treten wie bei der perniziösen Anämie Megaloblasten im Blutausstrich auf, nur die Ursache der Anämie ist eine andere, z. B. Folsäuremangel. Megaloblasten sind größer als normale Erythrozyten, haben eine ovale Form und sind hämoglobinreich.
•
Bei einer makrozytären Anämie sind MegaloblastenMakrozyten im Blutausstrich zu sehen, Makrozyten stehen größenmäßig zwischen Erythrozyten und Megalozyten. Ursache ist z. B. eine MakrozytenLeberzirrhose oder eine Bauchspeicheldrüsenerkrankung.
•
Größe der Erythrozyten:
–
makrozytär
–
mikrozytär: besonders kleine Erythrozyten, z. B. bei Eisenmangelanämie
•
Form: z. B. Kugelzell- oder Sichelzellanämie
•
Ursachen (s. o., Abb. 20.30)
20.4.2
Erythrozytose
Erythrozytose (Polyglobulie): Erythrozytenvermehrung bei normalem Plasmavolumen.
Symptome
Achtung
Oft bestehen bei einer Erythrozytose nur geringe subjektive Beschwerden!
Diagnostik
Differenzialdiagnose
•
Gifte, z. B. Arsen, Blei, Kupfer, Quecksilber, Doping mit EPO (zunehmend im Amateur-Sport), Kortikosteroidtherapie
•
hormonelle Störungen, wie z. B. Morbus Cushing oder Schilddrüsenüberfunktion
•
bösartige Erkrankungen, z. B. Leukämie, Nieren- und Gebärmutterkarzinom, Kleinhirntumor
Schulmedizinische Therapie
Naturheilkundliche Therapie bei Erythrozytose
Sekundäre Polyglobulien naturheilkundliche Therapie:Erythrozytoselassen sich unterstützend mit folgenden naturheilkundlichen Therapieverfahren gut behandeln.
Ab- und Ausleitungsverfahren
Ernährungstherapie
Ordnungstherapie
Phytotherapie
20.4.3
Leukozytose
Leukozytose: Vermehrung der Gesamtleukozyten meist zwischen 10.000 und 30.000/μl, in Ausnahmefällen über 100.000/μl.
Die Leukozytose an sich ist symptomlos, die Symptome der Grunderkrankung stehen im Vordergrund.
Diagnostik
Differenzialdiagnose
Achtung
Bei Kindern ist eine Lymphozytose (ohne größeren Krankheitswert) sehr häufig – oft im Verlauf von harmlosen Infekten.
Allein aufgrund der Leukozytenzahl ist keine Abgrenzung zur Leukämie möglich. Eine Leukozytose ist ein unspezifischer Parameter ohne enge Beziehung zur Schwere der Erkrankung!
20.4.4
Leukopenie
Leukopenie: Verminderung der weißen Blutkörperchen unter 4.000/μl, meist der Granulozyten (Granulozytopenie); i. d. R. asymptomatisch, evtl. verstärkte Neigung zu Infekten.
Diagnostik
Achtung
Bei schlechtem Allgemeinzustand überweisen Sie den Patienten sofort zum Arzt oder in die Klinik.
Differenzialdiagnose
-
•
Viruserkrankungen wie Influenza, Masern, Röteln, Mumps (nur zu Beginn Leukopenie)
-
•
bestimmte bakterielle Infektionen wie Paratyphus, Typhus, GranulozytopenieMorbus Bang
-
•
schwere Infektionen mit Knochenmarkschädigung: z. B. Sepsis, Bauchfellentzündung, Diphtherie, Tuberkulose
-
•
hämatologische Erkrankungen wie Leukämien, Lymphome, schwere perniziöse Anämie
-
•
maligne Erkrankungen mit Knochenmarkmetastasen
-
•
Kollagenosen
-
•
Hypersplenismus
-
•
Auch chemische Stoffe wie Benzol oder Medikamente (z. B. Antirheumatika oder Zytostatika) können zu einer Verminderung der Leukozyten führen.
-
•
Die familiäre Leukopenie ist ohne Krankheitswert, diese Diagnose darf aber erst nach Ausschluss der anderen Erkrankungen gestellt werden.
-
•
erste Phase einer Infektion
-
•
Stresssituationen wie körperliche Anstrengung oder Schwangerschaft
-
•
Cushing-Syndrom
-
•
MorbusLymphozytopenie Hodgkin Stammzellen); die Thrombozytenzahl steigt auf > 1.000.000/μl an.
•
Typhus abdominalis, die Eosinopenie ist obligat
•
vielen bakteriellen Infekten im akuten EosinopenieStadium
•
Cushing-Syndrom und Glukokortikoidtherapie
•
Stress wie Trauma, Schwangerschaft, OP
Achtung
Eine Eosinopenie zeigt sich wegen der insgesamt geringen Zahl an eosinophilen Granulozyten im Blutbild nicht als Leukopenie.
20.4.5
Thrombozytose
Thrombozytose: Vermehrung der Thrombozyten > 440.000/μl. Es besteht die Gefahr von Thrombosen.
•
nach einer Milzentfernung (Splenektomie)
•
als Folge größerer Blutverluste, z. B. nach Unfall, Entbindung oder ThrombozytoseOP
•
nach Infektionskrankheiten
•
in der Regenerationsphase des Knochenmarks nach erfolgreicher Therapie einer perniziösen Anämie oder akuten Leukämie
•
Bei der essenziellen Thrombozythämie handelt es sich um eine myeloproliferative Erkrankung (bösartige Erkrankung von Knochenmark-
20.4.6
Thrombopenie
Thrombopenie (Thrombozytopenie): Verminderung der Thrombozyten < 140.000/μl; führt zur erhöhten Blutungsneigung (Abb. 20.24).
Achtung
Wegen der Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen müssen Sie den Patienten mit einer Verminderung der Thrombozyten < 130.000/μl sofort in eine Klinik einweisen!
•
ThrombozytopenieEine verminderte Thrombozytenproduktion ist in erster Linie Folge von Knochenmarkerkrankungen, z. B. Leukämien, einer Knochenmarkaplasie nach Medikamenten (Zytostatika) oder einer Bestrahlung.
•
Antikörperbedingte Thrombozytopenien können nach der Einnahme verschiedener Medikamente oder nach Infektionskrankheiten auftreten (idiopathische thrombozytopenische Purpura, kurz ITP, auch Morbus Werlhof genannt).
•
Beim Hypersplenismus (21.4.2) ist die Zellverminderung durch eine „Überfunktion“ derPurpura:idiopathische thrombozytopenische Milz mit erhöhtem Blutzellabbau bedingt.
20.4.7
Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese)
Blutungsneigung (hämorrhagische Diathese): vermehrtes Auftreten von Blutungen durch Störungen der Blutgerinnung. Diese entstehen durch
•
Störungen der Thrombozyten: Thrombozytopathie oder Thrombozytopenie (ca. 70 %)
•
Störungen des Blutplasmas: Koagulopathien (ca. 20 %)
•
Störungen der Blutgefäße: vaskuläre hämorrhagische Diathese (ca. 10 %)
Symptome und Differenzialdiagnose
Diagnostik
Wichtige Hinweise für Patienten mit Blutungsneigung
-
•
Keine Medikamente einnehmen, die die Blutungsneigung erhöhen, z. B. keine Azetylsalizylsäure bei banalen Schmerzen!
-
•
Vor Verletzungen schützen, z. B. keine rektalen Temperaturmessungen, keine Einläufe vornehmen; Männer sollen Trockenrasur mit Elektrorasierer bevorzugen statt Nassrasur.
-
•
Zu achten ist auf weiche Kost, weiche Zahnbürste, evtl. Zähne nur durch Mundspülungen pflegen.
-
•
Lokale Maßnahmen zur Blutstillung: Ruhigstellung und Hochlagerung der betroffenen Extremität, evtl. Druckverband, Kälteanwendung oder Tamponaden.
20.4.8
Veränderungen der BSG
Sehr hohe BSG-Beschleunigung
•
Paraproteinämie, z. B. Plasmozytom
•
Dysproteinämie
•
Sepsis
•
Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG):hohe nephrotischem Syndrom
•
Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
•
Thyreoiditis
•
Morbus Waldenström
Mäßige bis mittelhohe BSG-Beschleunigung
•
Entzündungen aller Art, z. B. Thrombophlebitis, Zystitis, Abszessen
•
Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG):mäßigeInfektionskrankheiten
•
Anämien
•
Lebererkrankungen
•
Nierenerkrankungen
•
Stress
•
Einnahme bestimmter Medikamente, z. B. „Antibabypille“
•
Tumorerkrankungen
•
Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
•
Amyloidose
•
Nekrosen, z. B. nach Trauma oder Herzinfarkt
•
Patienten nach Schock oder OP
•
Schwangeren
Verlangsamte BSG
•
Polycythaemia vera
•
Erythrozytose
•
Sichelzellanämie
•
Glukokortikoidtherapie
•
Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG):verlangsamteLebererkrankungen
•
psychovegetativem Syndrom
•
Allergien
Achtung
Bewerten Sie die BSG nur in Zusammenhang mit Anamnesen und klinischer Untersuchung.
20.5
Erkrankungen der Erythrozyten
20.5.1
Eisenmangelanämie
Eisenmangelanämie: Störung der Hämoglobinsynthese; es steht zuwenig Eisen zum Einbau zur Verfügung; mit ca. 80 % die häufigste Anämieform.
Krankheitsentstehung
•
infolge verlängerter, zu häufiger oder zu heftiger Erythrozyten:ErkrankungenEisenmangelanämieAnämie:EisenmangelMenstruationsblutungen (Abb. 20.26)
•
als Folge chronischer Blutungen aus dem Magen-Darm-Trakt (z. B. im Rahmen von Magengeschwüren, Dickdarmkarzinomen) oder den Harnwegen
•
durch erhöhten Eisenbedarf bei Schwangeren, Stillenden oder Kindern
•
durch zu geringe Eisenaufnahme bei Fehlernährung oder vegetarischer Ernährung ohne ausreichende Eisenzufuhr durch geeignete pflanzliche Lebensmittel („Puddingvegetarier“); empfohlene tgl. Eisenaufnahme: Männer 12 mg, menstruierende Frauen 15 mg
•
durch verminderte Eisenresorption nach Magenentfernung oder bei bestimmten Darmerkrankungen
Symptome
Diagnostik und Differenzialdiagnose
Merke
•
Ein verminderter Ferritinwert beweist einen Eisenmangel.
•
Ein beginnender Eisenmangel lässt sich schon lange, bevor die Eisenspeicher erschöpft sind, durch einen Mangel an Serumferritin und einen Anstieg des sTfR labordiagnostisch feststellen!
•
Bei einer Tumor-, Entzündungs- oder Infektanämie dagegen ist Ferritin erhöht!
Merke
Vor einer Therapie muss die Ursache abgeklärt sein. Ausnahmen sind Schwangerschaft, Mütter kurz nach Geburt und Patienten nach OP, hier genügt ein Blutbild zur Diagnostik.
Naturheilkundliche Therapie bei Eisenmangelanämie
Klären Sie zunächst die Ursachen des Eisenmangels (innere naturheilkundliche Therapie:EisenmangelanämieBlutungen, chronische Entzündungen) ab, bevor Sie mit der naturheilkundlichen Behandlung beginnen. Denken Sie auch daran, dass Eisenmangel bzw. eine Eisenmangelanämie im Labor der einzige Hinweis auf eine Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) sein kann.
Ernährungstherapie
•
Reich an Eisen sind Fleisch, Geflügel, Hülsenfrüchte (z. B. Linsen, Sojabohnen), Gemüse (z. B. Schwarzwurzeln, Topinambur, Mangold, Spinat, rote Bete, Zucchini), Küchenkräuter und Salate (z. B. Brunnenkresse, Petersilie, Feldsalat, Endivien) sowie Vollkornprodukte (z. B. Hirse, Weizenkeime, Hafer, Grünkern).
•
Alle schwarzen Beeren, z. B. Johannis- und Holunderbeeren sowie Brombeeren und Heidelbeeren, enthalten viel Eisen und unterstützen die Blutbildung.
•
Um bei fleischloser Kost die ausreichende Zufuhr von Eisen zu gewährleisten, sollte der Patient vor der Mahlzeit Vitamin-C-haltige Getränke (z. B. Johannisbeersaft, Orangen-Grapefruit-Saft) zu sich nehmen, da Vitamin C die Aufnahme von Eisen verbessert.
•
Schwarzer Tee, Kaffee (auch Cola), Kakao sowie Rotwein enthalten die Gerbsäure Tannin, die mit Eisen schwer lösliche Komplexe bildet. Diese Getränke sollten gemieden oder erst 1 bis 2 Stunden nach einer eisenhaltigen Mahlzeit getrunken werden.
•
Spinat und Rhabarber sind reich an Oxalsäure, Vollkornprodukte enthalten Phytinsäure: Beide Substanzen verschlechtern die Eisenaufnahme. Aus diesem Grund sollte der Patient Spinat Phytinsäureund Rhabarber sparsam einsetzen und zusammen mit Vollkornprodukten Vitamin-C-reiche Getränke oder Obst (z. B. Müsli mit Obst) zu sich nehmen, um so die Eisenaufnahme zu erhöhen. Empfehlenswert ist es auch, das Getreide (z. B. Müsli) zu keimen, da dadurch ⅓ der Phytinsäure abgebaut wird.
•
Empfehlen Sie dem Patienten, die täglichen Mahlzeiten folgendermaßen zusammenzustellen: Milch, Milchprodukte, Eier, Vollkornprodukte sollten morgens oder zwischendurch eingenommen werden. Bei eisenhaltigen Hauptmahlzeiten sollte darauf geachtet werden, dass sie nicht zu viel Kalzium enthalten, da auch Kalzium die Eisenresorption stört.
Homöopathie
Orthomolekulare Therapie
Phytotherapie
Schulmedizinische Therapie
Achtung
Weisen Sie den Patienten darauf hin, dass Eisenpräparate für Kinder unzugänglich aufbewahrt werden müssen. Es besteht Vergiftungsgefahr, wenn Kinder die Kapseln verschlucken!
20.5.2
Megaloblastäre Anämien
Megaloblastäre Anämie: Anämien durch Vitamin B12 – oder Folsäuremangel. Störung der Erythrozytenbildung mit zu großen (mega = groß, -blast = Zellvorstufe bzw. makrozytären) Erythrozyten, die zuviel Hämoglobin enthalten, also hyperchrom sind.
Krankheitsentstehung
Symptome
Fallbeispiel „Eisenmangelanämie“
Eine 52 Jahre alte Hausfrau klagt über Abgeschlagenheit, Müdigkeit, wiederkehrenden Schwindel und Frösteln. „Und das, obwohl ich ja eigentlich im Klimakterium bin und schwitzen müsste.“ Bereits bei geringer Anstrengung klopft ihr „das Herz bis zum Hals“, und sie gerät völlig außer Atem. Außerdem sei sie recht stimmungslabil. Ihre Freundin habe ihr geraten, gegen diese Wechseljahresbeschwerden Hormone einzunehmen, aber sie wolle es doch lieber mit naturheilkundlichen Medikamenten versuchen, zumal sie schon seit Jahren wegen ihrer Asthmaerkrankung Glukokortikoide einnehme. Die weitere Anamnese ergibt unregelmäßige, aber sehr starke und lang dauernde Menstruationsblutungen, verringerten Appetit und gelegentliches Völlegefühl. Das Wasserlassen sei normal, der Stuhl mitunter etwas dunkel. Die Patientin ist recht blass, ansonsten gibt es bei der körperlichen Untersuchung keine Auffälligkeiten. Die BSG ist mäßig beschleunigt. Die Heilpraktikerin veranlasst ein Differenzialblutbild sowie die Bestimmung der Erythrozytenparameter. Diese ergeben eine hypochrome mikrozytäre Anämie; MCV, MCH und MCHC sind vermindert, der Eisenspiegel und das Speicherprotein Ferritin sind erniedrigt, das Transporteiweiß Transferrin ist erhöht und der Hämatokrit wiederum erniedrigt. Somit sind die Symptome der Patientin keineswegs auf die hormonelle Umstellung im Klimakterium zurückzuführen, sondern es besteht eine Eisenmangelanämie. Obwohl die starken Monatsblutungen bereits Grund genug für eine solche Anämie sein könnten, forscht die Heilpraktikerin nach weiteren Ursachen. Der dunkle Stuhl und die langjährige Glukokortikoideinnahme bringen sie auf die richtige Spur. Sie führt eine Untersuchung auf okkultes Blut im Stuhl durch, die positiv ausfällt. Die Heilpraktikerin überweist die Patientin wegen des Verdachts auf ein Ulkus des Magen-Darm-Trakts mit schmerzlosen Blutungen zum Hausarzt. Obwohl der Blutdruck der Patientin stabil ist, besteht die Heilpraktikerin auf eine Untersuchung am gleichen Tag, denn es könnte die Gefahr eines hypovolämischen Schocks bestehen. Der Hausarzt überweist die Patientin sofort in die Klinik. Die Gastroskopie zeigt ein großes Magengeschwür am Mageneingang.
Merke
Bei Schwangeren erhöht ein Folsäuremangel das Risiko, dass der Embryo einen Neuralrohrdefekt entwickelt, weshalb bei allen Frauen mit Kinderwunsch die Einnahme von Folsäure empfohlen wird.
Diagnostik
•
Blutbilduntersuchung: hyperchrome, makrozytäre Anämie. Häufig Thrombo- und Leukopenie, da auch bei diesen Zellreihen die Reifung gestört ist.
•
Autoantikörpersuche im Blut: Sehr oft ist der Nachweis von Autoantikörpern gegen die Belegzellen des Magens, den Intrinsic-Faktor und gegen Schilddrüsengewebe positiv.
•
Bestimmung des Vitamin-B12- und des Folsäurespiegels im Blut.
•
Schilling-Test: Vitamin-B12-Resorptionstest (Ausscheidung radioaktiv markierter Testsubstanzen im Urin).
Differenzialdiagnose
•
Folsäuremangel: z. B. durch mangelhafte Zufuhr folathaltiger Nahrungsmittel (Folat ist die natürliche, Folsäure die synthetische Form), erhöhten Bedarf (z. B. bei Schwangerschaft, Hämolyse), chronischen Alkoholabusus und verschiedene Medikamente wie z. B. Carbamazepin (Antiepileptikum) oder Methotrexat (Zytostatikum)
•
Vitamin-B12-Mangel: z. B. durch Magenentfernung (meist erst nach 5 bis 10 Jahren), chronischen Alkoholabusus oder Medikamente
•
Folsäure- und Vitamin-B12-Mangel: z. B. bei chronischen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, Mangelernährung oder Schwangerschaft
•
einige maligne hämatologische Erkrankungenhämatologische Erkrankungen
Schulmedizinische Therapie
20.5.3
Hämolytische Anämien
Hämolytische Anämien: Anämieformen, bei denen zwar genügend funktionsfähige Erythrozyten gebildet werden, diese jedoch vorzeitig zugrunde gehen.
Krankheitsentstehung
•
Erythrozytenmembrandefekte: etwa bei der Kugelzellanämie. Hier bilden die Erythrozyten eine kugelige Form; sie sind kleiner als normal, und die zentrale Aufhellung im Blutausstrich fehlt. Die KugelzellanämieKugelzellanämie führt außerdem zu Skelettanomalien und geistiger Anämie:KugelzellanämieMinderentwicklung.
•
Stoffwechselstörungen: z. B. Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel: Durch bestimmte Medikamente und Lebensmittel wird dabei eine Hämolyse ausgelöst, u. a. durch Favabohnen (Saubohnen), daher wird diese Störung auch als Favismus bezeichnet.
•
Hämoglobindefekte, Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangeletwa bei der Sichelzellanämie oder Thalassämie:
–
Die Sichelzellanämie wird durch Erythrozyten charakterisiert, die unter Sauerstoffmangel Sichelform annehmen. Die Erkrankung wird vererbt; sie betrifft fast nur SichelzellanämieSchwarze. In heterozygoter Form (7.4.9) bleibt sie meist symptomlos, bei homozygoter Anämie:SichelzellanämieVererbung treten starke Bauchschmerzen bis hin zu Schockzuständen auf.
–
Bei der Thalassämie handelt es sich ebenfalls um eine Erbkrankheit; sie tritt in Deutschland nur selten auf, kommt jedoch im Mittelmeerraum häufig vor. Die Symptomatik ist je nach VererbungAnämie:Thalassämie unterschiedlich. Es können neurologische Symptome auftreten; ein TeilThalassämie der Patienten stirbt vor dem 20. Lebensjahr.
Differenzialdiagnose
Symptome und Diagnostik
Schulmedizinische Therapie
20.5.4
Polycythaemia vera
Polycythaemia vera: bösartige Erkrankung des Knochenmarks mit unkontrollierter Vermehrung der Erythrozyten. Erkrankungsgipfel um das 60. Lebensjahr.
Krankheitsentstehung
Symptome und Diagnostik
Schulmedizinische Therapie und Prognose
20.6
Erkrankungen der Leukozyten
20.6.1
Leukämien
Leukämie: bösartige Erkrankung der weißen Blutzellen mit unkontrollierter, krebsartiger Wucherung bzw. zu verminderten Abbau des entsprechenden Leukozyten-Klons im Knochenmark mit Streuung unreifer pathologischer Zellen sowie Verdrängung normaler Blutzellen der weißen oder anderer Blutreihen im Knochenmark. Häufigkeit ca. 1 : 20.000.
Achtung
Bei geringstem Verdacht auf eine Leukämie müssen Sie den Patienten zum Arzt überweisen.
•
nach der Abstammung der entarteten Blutzellen in lymphatische Leukämien (LL), bei denen die bösartigen Zellen der lymphatischen Reihe angehören, und myeloische (nichtlymphatische) Leukämien (ML), bei denen die Leukämie:lymphatischeVorstufen der Granulozyten betroffen sind. Durch heutige Diagnoseverfahren sehrlymphatische Leukämie selten sind undifferenzierte Leukämien mit unklaremmyeloische Leukämie Zellursprung.
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nach dem zeitlichen Verlauf in akute (Leukämie:myeloischeunreifzellige, A) und chronische (reifzellige, C) Leukämien. Daraus ergeben sich die Abkürzungen ALL, AML, CML und CLL.
Akute Leukämien
Symptome
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Anämie mit Abgeschlagenheit und Müdigkeit
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erhöhte Blutungsneigung
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gehäufte Infektionen
Achtung
Bei den akuten Leukämien kann die Gesamtleukozytenzahl im Blut normal, erhöht oder erniedrigt sein.
Diagnostik
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Meist sind die Blasten, d. h. die abnormen Vorstufen, schon im Differenzialblutbild sichtbar. Dabei kann die Gesamtleukozytenzahl im Blut normal, erhöht oder erniedrigt sein.
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Häufig bestehen eine Anämie, Granulo- und Thrombozytopenie.
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Die Knochenmarkuntersuchung (20.3.5) zeigt ein zellreiches, viel zu viele Blasten enthaltendes Mark.
Schulmedizinische Therapie und Prognose
Chronische Leukämien
Symptome und Diagnostik
Schulmedizinische Therapie und Prognose
20.6.2
Maligne Lymphome
Maligne Lymphome: bösartige Erkrankungen, die von Lymphknoten oder lymphatischen Geweben ausgehen.
Fallbeispiel „Chronische Leukämie“
Ein 47 Jahre alter Hauptschullehrer kommt in die Praxis, weil er sich in den letzten Monaten immer müder und abgeschlagener fühlt. Noch nicht einmal in den großen Ferien habe er sich erholt. Von einem Kollegen habe er gehört, dass dieser sich nach einer „Anti-Darmpilz-Diät“ wieder fit und leistungsfähig fühle. Auch bei ihm müsse es „etwas mit der Verdauung“ sein, denn seit etwa drei Wochen habe er zunehmend Schmerzen und Druckgefühl im linken Oberbauch. Die Anamnese ergibt einen verringerten Appetit und gelegentliche Blähungen; das Wasserlassen sowie die Stuhlfarbe und -form sind unverändert normal. Der Patient trinkt kaum Alkohol und raucht seit 14 Jahren nicht mehr. Seine familiäre und berufliche Situation beschreibt er glaubhaft als zufriedenstellend. Puls und RR sind normal. Bei der körperlichen Untersuchung tastet der Heilpraktiker zuerst eine Vergrößerung der Leber und dann eine großflächige, kaum druckschmerzhafte, jedoch harte Resistenz im linken Oberbauch, die fast bis auf Nabelhöhe reicht. Bei Linksseitenlage des Patienten ist der Befund noch deutlicher: Offensichtlich ist die Milz massiv vergrößert. Vergrößerte Lymphknoten sind nicht tastbar. Aufgrund dieses gravierenden Befunds und des daraus resultierenden Verdachts auf eine hämatologische Erkrankung verzichtet der Heilpraktiker auf weitere Untersuchungen (z. B. BSG, Differenzialblutbild). Er schickt den Patienten umgehend zu dessen Hausarzt, der die sofortige Klinikeinweisung veranlasst. Die endgültige Diagnose lautet „chronisch myeloische Leukämie“.
20.6.3
Agranulozytose
Agranulozytose: Anzahl der Granulozyten ist extrem vermindert oder es sind keine Granulozyten nachweisbar.
Fallbeispiel „Agranulozytose
Eine Heilpraktikerin wird zu einer 21-jährigen Frau gerufen, die ihr schon seit Jahren bekannt ist, weil sie wegen verschiedener Erkrankungen (chronische Otitis media, leichte Jugendakne, Nagelpilzinfektion) in ihre Praxis kam. Nun sind die Eltern sehr besorgt: Vor zwei Tagen hatte die junge Frau, die in ihrer Freizeit begeisterte Amateur-Tanzsportlerin ist, ein Turnier, und seitdem geht es ihr zunehmend schlechter. Zuerst fühlte sie sich nur müde und „als ob sie etwas ausbrütet“, doch vor etwa fünf Std. bekam die junge Frau Schüttelfrost, Schluckbeschwerden und ein wundes Gefühl im Mund. Die Patientin liegt apathisch im Bett. Die Körpertemperatur beträgt jetzt 39,3 °C, der Puls ist hochfrequent, der RR schwach erniedrigt. Bei der Inspektion der Mundschleimhaut und des Rachens entdeckt die Heilpraktikerin etliche pfennig- bis markstückgroße Nekrosen. Die Patientin sagt, dass auch ihr After und ihre Vagina sehr wund seien und schmerzten. Nach kurzer Ratlosigkeit fragt die Heilpraktikerin nach der derzeitigen Medikamenteneinnahme. Die Patientin erzählt, dass sie grundsätzlich keinerlei Medikamente nehme. Nur vorgestern habe sie ausnahmsweise einmal Schmerztabletten von ihrer Großmutter bekommen. Sie habe sehr starke Menstruationsschmerzen gehabt und wegen des Turniers dann etwas eingenommen. Die Heilpraktikerin lässt sich die Tablettenpackung zeigen. Da es sich um ein metamizolhaltiges Präparat handelt, besteht der dringende Verdacht auf eine Agranulozytose. Die Heilpraktikerin fordert augenblicklich den Notarztwagen an. In der Klinik bestätigt sich der Verdacht. Die Patientin wird auf die Intensivstation verlegt. Erst nach vier Tagen ist sie außer Lebensgefahr.
Achtung
Der Patient muss bei Verdacht auf Agranulozytose umgehend in die Klinik zur Therapie eingewiesen werden. Das verdächtige Medikament mitgeben, vor Infektionen schützen!
20.7
Blutgerinnungsstörungen
Achtung
Um die Entwicklung bedrohlicher Blutungen zu verhindern, müssen Sie den Patienten bei jedem Verdacht auf eine Gerinnungsstörung zum Arzt überweisen.
20.7.1
Thrombopathie
Thrombopathie (Thrombozytopathie): Funktionsstörungen der Blutplättchen; führt zur Blutungsneigung.
Krankheitsentstehung
Symptome und Diagnostik
Schulmedizinische Therapie
20.7.2
Verbrauchskoagulopathie
Verbrauchskoagulopathie (disseminierte intravasale Gerinnung, kurz DIC für disseminated intravasal coagulation): erworbene komplexe Gerinnungsstörung mit gleichzeitigen (multiplen) Organfunktionsstörungen.
Krankheitsentstehung
Symptome und Diagnostik
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hämorrhagischer Diathese (20.4.7) mit Haut- und Schleimhautblutungen, verstärktem Nachbluten z. B. aus Stichkanälen, Magen-Darm-Blutungen, Nieren- oder Gehirnblutung
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gleichzeitigem Organversagen (Nieren!) infolge von Mikrothromben
Schulmedizinische Therapie und Prognose
Achtung
Bei Verdacht auf Verbrauchskoagulopathie ist eine sofortige Krankenhauseinweisung mit Notarztbegleitung erforderlich. Bis zum Eintreffen des Notarztes leiten Sie die allgemeine Schocktherapie (30.7) ein.
20.7.3
Hämophilie
Hämophilie (Bluterkrankheit): angeborene Koagulopathie, bei der einzelne Gerinnungsfaktoren nicht oder nicht ausreichend gebildet werden können.
Symptome
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Einblutungen in große Gelenke (Hämarthrosen): Die dadurch ausgelösten entzündlichen Veränderungen und nachfolgenden Reparaturprozesse können so schwerwiegend sein, dass es zur Invalidierung kommt.
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Einblutungen in Muskulatur, Gelenke (Abb. 20.33) und Weichteile: Gefahr des Kompartmentsyndroms mit Extremitätenverlust
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abdominale HämarthrosenBlutungen: akutes Abdomen
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lang anhaltende Hämaturien: Gefahr von Anämie bzw. postrenalem Nierenversagen durch Verlegung der ableitenden Harnwege
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intrakranielle Blutungen: Über 10 % der Hämophilen sterben an intrakraniellen Blutungen
Diagnostik
Schulmedizinische Therapie und Prognose
20.8
Therapeutische Gerinnungshemmung
Achtung
Wegen der Blutungsgefahr sind i. m.-Injektionen kontraindiziert, wenn die Patienten gerinnungshemmende Medikamente einnehmen!
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Hierzu gehört der Verzicht auf Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko, aber auch die Trockenrasur anstelle der Nassrasur. Fernreisen in Länder, in denen Blutkonservengaben nicht gewährleistet oder risikoreich sind, sind verboten.
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Schwarzer Stuhl (Teerstuhl) kann auf eine Blutung des (oberen) Verdauungstrakts hinweisen, die durch eine zu starke Hemmung der Blutgerinnung verursacht wurde. Dies gilt auch für ein gehäuftes Auftreten von „blauen Flecken“. Der Patient muss sofort in ärztliche Behandlung.
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Bei jedem (erstmaligen) Besuch bei einem Arzt oder Heilpraktiker muss dieser über die Medikation mit Rp Marcumar® informiert werden. Dies gilt besonders auch für Zahnarztbesuche.
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Der Patient soll seinen Marcumar®-Pass immer bei sich tragen.
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Der Patient muss seine Rp Marcumar®-Tbl. immer zur gleichen Tageszeit nehmen. Hat er die Einnahme vergessen, darf er auf keinen Fall am Tag darauf die Dosis „nachholen“, sondern soll seinen Arzt aufsuchen.
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Da die Marcumar®-Wirkung von dem Verhältnis zwischen Vitamin K und seinem Antagonisten Rp Marcumar® abhängt, ist eine möglichst konstante Vitamin-K-Zufuhr wichtig. Dies bedeutet, dass der Patient besonders Vitamin-K-haltige Nahrungsmittel in Maßen verzehren soll. Zu empfehlen ist eine „Diät“, die folgende Grundsätze berücksichtigt: Keine Kohlsorten (Rotkohl, Grünkohl, Weißkohl, Wirsing, Sauerkraut), keine grünen Gemüse (Spinat, grüner Paprika) und keine zu fetthaltigen Speisen im Übermaß. Vorsicht bei Alkohol.
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Viele auch frei verkäufliche Medikamente beeinflussen die Wirkung des Rp Marcumar®. Der Patient soll keinerlei Medikamente (z. B. Togal®, Aspirin®, Kopfschmerztabletten, Schmerzmittel) eigenmächtig einnehmen, sondern auch bei scheinbar leichten Befindlichkeitsstörungen immer mit seinem behandelnden Arzt oder Heilpraktiker Rücksprache halten.
Pharma-Info: Therapeutische Gerinnungshemmung Heparine
Körpereigenes Heparin bildet im Blut einen Komplex mit Gerinnungshemmung, therapeutische:Pharma-InfoAntithrombin III, der dann die Blutgerinnung an mehreren Stellen der HeparinGerinnungskaskade hemmt, v. a. die Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin. In der therapeutischen Anwendung wird zwischen der niedrig dosierten prophylaktischen (Low-Dose-) und der hoch dosierten therapeutischen (High-Dose-)Heparinisierung unterschieden.
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Die prophylaktische Heparinisierung (Low-Dose-Heparinisierung) dient der Vorbeugung venöser Thrombosen (11.7.3) nach OP oder bei (überwiegend) Heparinisierungbettlägerigen Patienten.
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Die therapeutische Heparinisierung (High-Dose-Heparinisierung, Vollheparinisierung) ist angezeigt z. B. bei thromboembolischen Erkrankungen (frische Venenthrombose, Lungenembolie), Herzinfarkt, Verbrauchskoagulopathie oder extrakorporaler Zirkulation (Dialyse, Herz-Lungen-Maschine).
Während die früher gebräuchlichen Heparine („unfraktionierte“ bzw. hochmolekulare Heparine, z. B. Liquemin®) bis zu 3-mal täglich gespritzt werden müssen, erfordern die neueren fraktionierten bzw. niedermolekularen Heparine (z. B. Fraxiparin®, Innohep®, Clexane®) nur eine Injektion pro Tag. Sowohl bei der Low-Dose- als auch bei der High-Dose-Heparinisierung kann es – wenn auch selten – nach wenigen Tagen bis zwei Wochen zu einem heparininduzierten Abfall der Blutplättchen kommen. Während die Frühform eine gute Prognose hat, sinken die Thrombozyten bei der Spätform auf unter 100.000/μl Blut ab, und die Letalität beträgt auch bei sofortigem Absetzen bis zu 20 %.
Heparinoide und Hirudin
Cumarine
Thrombozytenaggregationshemmer
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Ganz wichtig sind auch die regelmäßigen Kontrollen der Blutgerinnung mit nachfolgender individueller Dosierung der Tbl. entsprechend dem aktuell gemessenen Quick-Wert.
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Bei längeren fieberhaften Erkrankungen muss der Arzt benachrichtigt werden, der den Quick-Wert kontrolliert, ebenso bei längerer Bettruhe.