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10.1016/B978-3-437-55244-1.00015-1
978-3-437-55244-1
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Die wichtigsten Begriffe des Stoffwechsels (Metabolismus).
[L190]

Die aus dem Abbau der Nahrung gewonnene Energie wird für körperliche Arbeit, zur Aufrechterhaltung des inneren Milieus und für biochemische Syntheseleistungen eingesetzt. Ein gewisser Anteil (v. a. aus Eiweißen und Ballaststoffen) kann jedoch nicht verwertet werden und wird auf natürlichem Wege wieder ausgeschieden.
[A400]

Katabolismus, Anabolismus und ATP. Bei der Aufspaltung komplexer Verbindungen im Rahmen von katabolen Reaktionen wird Energie frei, die teilweise als Abwärme freigesetzt wird, zum anderen Teil aber als nutzbare Energie zur Regenerierung des Energiespeichers ATP (Adenosintriphosphat) verwendet wird. Die im ATP gespeicherte Energie steht dann für energieverbrauchende anabole Reaktionen zur Verfügung.
[L190]

Insulin:BlutglukoseInsulin und Blutglukose. Verhältnis zwischen Insulinsekretion und Glukosekonzentration; IE = Internationale Einheiten.
[V492]

Ein Triglyzerid entsteht, wenn alle drei Bindungsstellen des Glyzerins mit einer Fettsäure verknüpft sind. Dies können drei gleiche Fettsäuren sein oder, wie in der Abbildung, auch drei verschiedene.
[L190]

Nomogramm zum Body-Mass-Index. Zieht man eine Linie zwischen Körpergröße und Gewicht, so ergibt der Schnittpunkt dieser Linie mit der Skala in der Mitte den Body-Mass-Index (BMI).
[A400]

Männlicher Fettverteilungstyp („Apfelform“ mit schlanken Extremitäten).
[L215]

Weiblicher Fettverteilungstyp („Birnenform“ mit Fettansatz hauptsächlich an Hüften und Oberschenkeln).
[L215]

Lipämische lipämische Diathese, IridologieDiathese (rechte Iris), mit Arcusbildung zwischen 5 Min. und 10 Min. sowie zwischen 28 Min. und 55 Min. lipoide Hügel.
[O220]

Harnsaure Diathese (rechte Iris), die humorale Region zeigt einen mehr oder weniger dichten, weißen Schleier und verweist auf eine übermäßige Harnsäureproduktion.
[O210]

Xanthelasma palpebrarum (Xanthelasmen der Augenlider). Strohgelbe, flache, weiche Plaques an den Augenlidern, die v. a. bei Hyperlipidämien auftreten.
[M123]

Insbesondere der Rückenguss regt den Stoffwechsel sowie die Atmung und die Tätigkeit des Herzens stark an.
[K103]

Ohrakupunktur bei Adipositas und Hyperlipidämie. Zur Wirkungsverstärkung werden Dauernadeln in das energetische Dreieck (nach Lange) folgender Punkte gesetzt: Punkt der Begierde (29c), Antiaggressionspunkt und Punkt des Essverlangens. Auch der Punkt Plexus solaris (83) wird behandelt.
[L190]

Mykose in den Zehenzwischenräumen. Typ-2-Diabetiker haben aufgrund einer Abwehrschwäche häufig mit Mykosen zu kämpfen.
[M123]

Blutzuckerspiegel im venösen Blut (alle Angaben in mg/dl). Unterhalb eines Werts von 50 mg/dl liegt eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) vor, oberhalb von 120–140 mg/dl eine Hyperglykämie (Überzuckerung). Ab einer Blutzuckerkonzentration von 180 mg/dl ist die Nierenschwelle überschritten, d. h., die Niere schafft es nicht mehr, die filtrierte Glukose zu resorbieren und ins Blut zurückzuführen.
[A400]

Aus sublimiertem Schwefel, aus der Schwefelblüte, wird das homöopathische Mittel Sulfur aufbereitet. Bei entsprechenden Allgemein- und Gemütssymptomen wird Sulfur zur Behandlung von Stoffwechselstörungen, Hauterkrankungen und chronischen Infektionen eingesetzt.
[T208]

Übersicht der Grundbausteine der Diabetestherapie.
[A400]

Der Diabetes mellitus verlangt von den Patienten konsequente disziplinierte Lebensführung. Neben regelmäßigen Blutzuckerkontrollen und meist mehrmals täglich (bei allen anders nicht einstellbaren Typ-2-Diabetikern, und bei Typ-1-Diabetikern) verabreichten Insulininjektionen, sollten Diabetespatienten auf ausreichende körperliche Bewegung, einen konsequenten Diätfahrplan und einen regelmäßigen Tagesrhythmus achten.
[L190]

Moderne Injektionshilfe. Der Pen erlaubt eine exakte schnelle Insulingabe, bei der das Aufziehen der Spritze nicht mehr nötig ist; man legt nur eine Patrone ein. Sie enthält je nach Modell 100–300 Einheiten Insulin. Jetzt gibt man die gewünschte Insulin menge in Einheiten ein. Durch Knopfdruck wird die vorgegebene Insulinmenge gespritzt. Die Nadel wird mehrfach benutzt.
[J787]

Diabetische Spätschäden. Todesursache bei Diabetikern ist in 50 % ein Herzinfarkt bei koronarer Herzkrankheit, in 30 % ein Schlaganfall und in 12 % ein Nierenversagen durch eine diabetische Nephropathie. Nicht weniger bedrohlich sind weitere Funktionsstörungen, die die Lebensqualität teils erheblich einschränken und u. a. zu Immobilität führen können, wie die Erkrankung der Augen oder der Füße.
[L215]

Trockene Gangrän (8.5.2) der Ferse bei Diabetes mellitus. Der gleiche Befund kann auch im Rahmen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit auftreten.
[T195]

Übersicht des Cholesterinhaushalts. Den Großteil des Cholesterins synthetisiert die Leber, der kleinere Teil kommt aus der Nahrung.
[A400]

Das im Knoblauch (Allium sativum) enthaltene schwefelhaltige Allicin wirkt lipidsenkend. Knoblauch hat zudem antibakterielle, antioxidative, verdauungsfördernde sowie blutdrucksenkende Eigenschaften. Eine synergistische Wirkung der verschiedenen Inhaltsstoffe ist wahrscheinlich.
[J787]

Auch Bärlauch (Allium ursinum) enthält – wenn auch in weitaus geringerem Maße – Allicin, das den typischen Knoblauchgeruch erzeugt. Aus den Zwiebeln und den frischen Blättern werden Presssäfte hergestellt, aus dem Pulver Dragees und Tabletten.
[O216]

Röntgenbild der Hände eines 53-jährigen Patienten mit chronischer Gicht. Knochen und Gelenke sind teilweise zerstört. Die im Bereich der Weichteile sichtbaren Aufhellungen sind Zeichen der Entzündungsreaktion des Gewebes durch die Harnsäurekristalle.
[T170]

Gichttophi am Ohr.
[T212]

Die rosafarbenen Blüten der Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale) scheinen unmittelbar aus der Erde zu kommen. Die Kapseln mit den Samen reifen erst im nächsten Frühjahr. Aus den Blüten und Samen, die das Alkaloid Colchicin enthalten, werden standardisierte (verschreibungspflichtige) Extrakte hergestellt.
[O216]

Energiebedarf von Mann und Frau unter verschiedenen Bedingungen. Viele Menschen essen (wesentlich) mehr, als in solchen Tabellen empfohlen wird. Trotzdem werden manche dieser Personen nicht dick; ihr Körper ist offenbar ein schlechter „Futterverwerter“. Er kann die Extra-Kalorien nur schlecht in Fettpölsterchen umwandeln und produziert stattdessen mehr Abwärme. Auch im Erhaltungsbedarf unterscheiden sich Menschen viel mehr, als es solche Tabellen vermuten lassen. Mancher sitzt täglich 8 Std. ruhig und konzentriert im Büro, sein Kollege hingegen ist motorisch viel unruhiger und läuft ständig herum, wodurch sich sein Energiebedarf erhöht. Ein älterer Mensch benötigt weniger Energie, entsprechend geringer ist der Bedarf an Fetten und Kohlenhydraten. Der Eiweißbedarf bleibt jedoch gleich.
Tätigkeit | Mann (70 kg)kcal/Tag (kJ/Tag) | Frau (60 kg)kcal/Tag (kJ/Tag) |
leichte Tätigkeiten (Büro) | 2.500 (10.400) | 2.100 (8.800) |
mittelschwere Tätigkeiten (Krankenschwester) | 3.000 (12.500) | 2.600 (10.800) |
Schwerarbeit (Bauarbeiter) | 3.600 (15.000) | 3.500 (15.000) |
Schwerstarbeit (Ausdauer-Leistungssport) | bis weit über 4.000(17.000) | bis weit über 4.000(17.000) |
letztes Drittel der Schwangerschaft (bei leichter Tätigkeit) | – | 2.500 (10.400) |
Stillen (bei leichter Tätigkeit) | – | 2.800 (11.700) |
Nährstoff-, Wasser- und Energiegehalt typischer Nahrungsmittel.
100 g enthalten | Eiweiß (in g) | Fett (in g) | Kohlenhydrate (in g) | % Wasser | Energiegehalt in kcal/100 g |
Hühnerfleisch | 20 | 12 | Spuren | 68 | 200 |
Milch | 3,4 | 3,4 | 4,7 | 88 | 65 |
Vollkornbrot | 7,8 | 1,1 | 46 | 42 | 231 |
Nudeln | 14 | 2,4 | 69 | 13 | 362 |
Äpfel | 0,4 | – | 14 | 84 | 59 |
Blumenkohl | 2,5 | – | 4 | 91 | 27 |
Sojabohnen | 37 | 24 | 32 | 7 | 435 |
Schokolade | 7 | 22 | 65 | 2 | 500 |
Bier | 0,5 | – | 4,8 | 90 | 45 |
Biologische Funktionen der Mengenelemente.Schwefel:biologische FunktionPhosphor:biologische FunktionNatrium:biologische FunktionMagnesium:biologische FunktionKalzium:biologische FunktionKalium:biologische Funktion
Chemisches Element (Symbol) | Anteil am Körpergewicht | Biologische Funktion |
Kalzium (Ca) | 1,5 % | Bestandteil von Knochen und Zähnen; vermittelt die Synthese und Freisetzung von Neurotransmittern; elektromechanische Koppelung: an allen Muskelkontraktionen beteiligt |
Phosphor (P) | 1,0 % | Bestandteil vieler Biomoleküle wie Nukleinsäuren, ATP und zyklischem AMP; Bestandteil von Knochen und Zähnen |
Kalium (K) | 0,4 % | erforderlich zur Weiterleitung von Nervenimpulsen und für Muskelkontraktionen |
Schwefel (S) | 0,3 % | Bestandteil vieler Proteine, besonders der kontraktilen Filamente des Muskels |
Natrium (Na) | 0,2 % | notwendig zur Weiterleitung von Nervenimpulsen sowie für Muskelkontraktionen; Haupt-Ion des Extrazellularraums, das wesentlich zur Aufrechterhaltung der Wasserbilanz benötigt wird |
Chlor (Cl) | 0,2 % | wie Natrium wesentlich an der Aufrechterhaltung der Wasserbilanz zwischen den Zellen verantwortlich |
Magnesium (Mg) | 0,1 % | Bestandteil vieler Enzyme |
Unterscheidung von Typ-1- und Typ-2-Diabetes.Diabetes mellitus:Typ-2-DiabetesDiabetes mellitus:Typ-1-Diabetes
Typ-1-Diabetes | Typ-2-Diabetes | |
Manifestationsalter | meist vor dem 35. Lebensjahr | meist im höheren Lebensalter |
Ursache und Auslöser | absoluter Insulinmangel infolge Zerstörung der B-Zellen des Pankreas durch Autoimmunerkrankung | relativer Insulinmangel durch verminderte Insulinwirkung an Leber-, Muskel- und Fettzellen (Insulinresistenz). Zunächst kompensatorisch erhöhte Insulinproduktion, die sich später erschöpft. Förderung der Manifestation z. B. durch Übergewicht, Schwangerschaft, Stress und bestimmte Medikamente |
erbliche Komponente | eher gering | stärker ausgeprägt als bei Typ 1 |
Klinik | rascher Beginn der Erkrankung mit starker Polyurie und Durst, Übelkeit, Schwäche und teils erheblichem Gewichtsverlust, oft auch Koma als Erstmanifestation | langsamer Beginn mit Harnwegsinfekten, Hautjucken, Mykosen, Furunkeln, Sehstörungen und Schwäche. Häufig gleichzeitig Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Übergewicht. Zum Zeitpunkt der Diagnose oft bereits Langzeitschäden |
Stoffwechsellage | eher labil | eher stabil |
besondere Laborbefunde | C-Peptid niedrig. Autoantikörper gegen Inselzellen | C-Peptid meist hoch. Serumlipide erhöht |
Therapie | diabetesgerechte Ernährung, Insulin, Bewegung | Gewichtsreduktion, Diät, Bewegung, orale Antidiabetika. Erst bei Versagen dieser Maßnahmen Insulin |
Oraler Glukosetoleranztest (oGTT).
Bewertung∗ | Normal | Pathologische (krankhafte) Glukosetoleranz | Diabetes mellitus |
nüchtern | < 100 mg/dl | 100–120 mg/dl | > 120 mg/dl |
2-Std.-Wert | < 140 mg/dl | 140–200 mg/dl | > 200 mg/dl |
∗
Kapilläre Werte
Richtwerte zur Abschätzung des Kalorienbedarfs. Die Kohlenhydratmenge (angegeben in Broteinheiten) ergibt sich aus dem Kalorienbedarf und dem gewünschten Verhältnis der verschiedenen Nährstoffe zueinander.
Kalorienbedarf von Diabetikern | |
ältere, normalgewichtige Patienten | 1.700 kcal (15–17 BE) |
Kinder (bis ca. 50 kg) | 1.500 kcal (12–13 BE) |
stark übergewichtige Patienten | 1.200 kcal (10–12 BE) |
normal große Patienten mit mittlerer körperl. Belastung und Schwangere | 1.800–2.500 kcal (16–21 BE) |
große, körperlich schwerarbeitende Patienten | Bis 3.000 kcal (25–30 BE) |
bei Gewichtsreduktion | ⅔ des Kalorienbedarfs |
Vorboten und Symptome beim ketoazidotischen und beim hyperosmolaren Koma.
Ketoazidotisches Koma | Hyperosmolares Koma | |
BevorzugtBetroffene | Typ-1-Diabetiker | Typ-2-Diabetiker |
Zeitdauer bis zum Vollbild | Std. bis Tage | Tage bis Wochen |
BZ-Werte | > 350 mg/dl | > 600 mg/dl |
TypischeSymptome | Ketonurie (Streifen-Schnelltest), Azidose (16.4.12) mit Übelkeit, Erbrechen, Peritonitissymptomen (13.4.12), Schwäche, Appetitlosigkeit, Durst, Acetongeruch der Atemluft, vertiefter Atmung (Kußmaul-Atmung) | starke Exsikkose (Austrocknung) mit Polyurie und starkem Durst, Tachykardie, Blutdruckabfall bis zum Schock. Trockene, heiße Haut |
Gemeinsame Symptome | Fieber, Schockentwicklung mit verminderter Urinausscheidung (Oligo-/Anurie), verlangsamten Reflexen, schwachem Muskeltonus, weichen Augäpfeln, Bewusstseinsstörungen |
Differenzialdiagnose zwischen hyperglykämischem Koma und hypoglykämischem Schock.Schock:hypoglykämischerKoma:hyperglykämisches
Hyperglykämisches Koma | Hypoglykämischer Schock | |
Beginn | langsam über Tage | rasch (Min.) |
Bedürfnis | starker Durst | Heißhunger |
Muskulatur | hypoton | hyperton, Tremor (23.4.9) |
Haut | trocken, stehende Hautfalten | feucht-kalt |
Atmung | vertieft bei Ketoazidose | normal |
Atemluft | Acetongeruch | normal |
Blutzucker | massiv erhöht | massiv vermindert |
Augäpfel | weich, eingefallen | normal |
Reflexe | verlangsamt | übersteigert |
Puls/Blutdruck | weicher, schneller Puls, RR ↓ | uncharakteristisch, evtl. Tachykardie |
Symptome | Fieber, Bauchschmerz | zerebrale Krampfanfälle |
Verlauf | führt zum Koma, mitunter Schocksymptomatik | Schock, kann zum Koma führen |
Richtwerte für die Blutfette.
Serumcholesterin | HDL-Cholesterin | Triglyzeride | |
Normal | < 200 mg/dl (5,2 mmol/l) |
> 40 mg/dl (1 mmol/l) |
< 150 mg/dl (1,7 mmol/l) |
Grenzwertig | 200–239 mg/dl (5,2–6,2 mmol/l) |
150–200 mg/dl (1,7–2,3 mmol/l) |
|
Pathologisch | > 240(6,2 mmol/l) | < 40 mg/dl (1 mmol/l) |
> 200 mg/dl (2,3 mmol/l) |
Empfehlenswerte und nicht empfehlenswerte Nahrungsmittel für eine cholesterinarme Diät.
Nahrungsmittel | Empfehlenswert | Nicht empfehlenswert |
Obst und Gemüse | Frisches und tiefgekühltes Gemüse ohne Mehlschwitze oder Sahnesauce, Obst | Obst- und Gemüsekonserven mit hohem Zucker- und Kaloriengehalt |
Kartoffeln/Teigwaren | Kartoffeln, Reis, Nudeln ohne Ei, jeweils ohne Fett zubereitet | Pommes frites, Kroketten, Bratkartoffeln, Reibekuchen, Kartoffelchips, Eiernudeln |
Fleisch, Geflügel | mageres Rind-, Kalb- und gelegentlich Schweinefleisch, Huhn, Hähnchen, Pute (ohne Haut) | fettes Fleisch, Ente, Gans, Innereien |
Fisch | Seelachs, Scholle, Schellfisch, Kabeljau, Rotbarsch | Aal, Bückling, Fischkonserven in Öl, Fischstäbchen o. ä. Fischfertiggerichte |
Salate | Rohkostsalat, Fleischsalat nur mit Magerjoghurt und Gewürzen | Salate mit Mayonnaise, fast alle fertig käuflichen Fleisch-, Fisch-, Nudel-, Kartoffelsalate |
Brot | alle „normalen“ Brotsorten, v. a. Vollkornprodukte | stark fetthaltiges Gebäck wie Croissants, Schinkenhörnchen |
Kuchen/Süßwaren | Fettarme Teige ohne Ei, z. B. Hefeteig; Baiser | Ei- und stark fetthaltige Teige, z. B. Biskuit, Blätterteig;Nuss-Nougat-Creme, Schokolade, Marzipan |
Wurst | Schinken ohne Fett, Corned Beef, Geflügelwurst | alle „normalen“ Wurstsorten wie z. B. Salami, Mettwurst, Mortadella |
Käse | Magerquark, Käse bis 30 % Fett i. Tr. | alle übrigen |
Fette | Margarinen mit hohem Anteil ungesättigter Fettsäuren, Sonnenblumen-, Soja-, Keim-, Distelöl | Butter, Schmalz, Speck, Kokos- oder Palmkernfett, einfache Margarinesorten, Mayonnaise |
Eier | Eiweiß | Eigelb |
Milch, -produkte | fettarme Milch und -produkte | Vollmilch und -produkte, Sahne, Crème fraîche |
Zubereitungsarten | Kochen, Dünsten, Dämpfen, Garen in Folie, Braten ohne Fett | „normales“ Braten in Fett, Ausbacken oder Frittieren |
Das Therapieziel der Blutfettwerte hängt v. a. davon ab, ob der Patient noch weitere Risikofaktoren aufweist, da dies das Risiko vervielfacht, z. B. frühzeitig einen Herzinfarkt zu erleiden.
Charakterisierung | 0–1 Risikofaktor | 2 Risikofaktoren | Manifeste KHK oder andere Gefäßerkrankung oder Diabetes mellitus |
Therapieziel | LDL 160 mg/dl (4 mmol/l) |
LDL 130 mg/dl (3,5 mmol/l), evtl. 100 mg/dl (2,5 mmol/l) |
LDL 100 mg/dl (2,5 mmol/l) |
Risikofaktoren: Rauchen, Bluthochdruck, HDL-Cholesterin 40 mg/dl, Alter (Männer 45 Jahre, Frauen 55 Jahre), positive Familienanamnese für frühe KHK (Männer 45 Jahre, Frauen 55 Jahre)
Übersicht über Mangelerscheinungen sowie Tagesbedarf der Vitamine (∗Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung [DGE]). Das Vitamin D wird heute den Hormonen zugeordnet.Vitamin KVitamin EVitamine:MangelerscheinungenVitamin DVitamin A
Vitamin(15.2.5) | Funktion | Mangelerscheinungen | Tagesbedarf∗ |
Vitamin A | Bestandteil des Sehpurpurs (24.2.1), Erhalt von Epithel- und Knorpelgewebe, Infektionsabwehr | Nachtblindheit, in schweren Fällen Blindheit, Atrophie und Verhornung von Haut/Schleimhäuten, Immunschwäche, Wachstumsstörung | O, 8–1,1 mg |
Vitamin D | Regulation des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels (15.2.6), Förderung der Kalziumaufnahme aus dem Darm | Osteomalazie (9.5.3), Rachitis (9.5.2) | 5 μg |
Vitamin E | Oxidationsschutz bei Stoffwechselvorgängen, Schutz der Zellmembran | nicht genau bekannt. Mangelzustände sollen häufig Ursache von nachlassender Lebenskraft und geistiger Vitalität sein | 12 mg |
Vitamin K | Bildung einiger Blutgerinnungsfaktoren (20.2.7) | Blutgerinnungsstörungen. Häufig bei Säuglingen ohne entsprechende Prophylaxe und bei Leberzirrhose (14.5.7) auftretend | 65–80 μg |
Vitamin B 1 | Coenzym im Kohlenhydratstoffwechsel, Einfluss auf Herzfunktion und Nerventätigkeit | Leistungsminderung, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Muskelschwund. In schweren Fällen Beri-Beri (komplexe Vitaminmangelerkrankung, bei der noch andere B-Vitamine fehlen): tritt in den Entwicklungsländern bei einseitiger Ernährung mit poliertem Reis auf und äußert sich in einer ausgedehnten Entzündung des peripheren Nervensystems (Polyneuritis), einer Herzmuskelschwäche und in Ödemen | 1,1–1,6 mg |
Vitamin B 2 | als Enzymbestandteil Beeinflussung des gesamten Stoffwechsels und der Hormonproduktion | Anämie, Mundwinkelrhagaden, Entzündungen von Haut und Schleimhaut, Hornhautveränderungen, Wachstumsstörungen | 1,5–1,8 mg |
Niacin | als Enzymbestandteil zentrale Stellung im Stoffwechsel | typische Niacinmangelerscheinung ist die Pellagra. Sie trat v. a. in Entwicklungsländern durch Tryptophanmangel infolge einseitiger Maisernährung auf.Die Pellagra ist auch als 3-D-Krankheit bezeichnet worden, da es bei ihr zu Hautentzündung (Dermatitis), Verdauungsstörungen (Diarrhö) und geistiger Degeneration (Demenz) kommt | 15–20 mg |
Vitamin B 6 | Enzymbestandteil, v. a. im Eiweißstoffwechsel, außerdem Einfluss auf Nerven- und Immunsystem sowie auf die Blutbildung | äußerst selten. Anämie, neurologische Störungen (z. B. Neuritis, Bewegungsstörungen, Krämpfe), Dermatitis | 1,6–2,1 mg |
Vitamin B 12 | Enzymbestandteil, v. a. Einfluss auf Blutzellbildung, Nervensystem und Eiweißstoffwechsel | häufig: perniziöse Anämie (20.5.2, durch Intrinsic-Faktor-Mangel) | 3 μg |
Folsäure | Aufbau von Nukleinsäuren (7.4.5), Schlüsselposition bei Synthese aller kleinen organischen Moleküle | häufig: makrozytäre Anämie (20.4.1), Abwehrschwäche, Veränderungen der Darmschleimhaut. Im Embryonalstadium: Fehlentwicklungen des Nervensystems (Spina bifida) | 300 μg |
Pantothensäure | zentraler Enzymbestandteil im gesamten Stoffwechsel | nicht bekannt | 6 mg |
Biotin | als Enzymbestandteil Einfluss auf Kohlenhydrat-, Aminosäuren- und Fettsäurestoffwechsel | Dermatitis, Haarausfall, ZNS- und Fettstoffwechselstörungen | 30–100 μg |
Vitamin C | Aufbau von Bindegeweben (Knochen, Wundheilung), und Hormonen, Oxidationsschutz (Antioxidanz 15.2.5) | Infektanfälligkeit und abnorme Müdigkeit. In schweren Fällen Skorbut mit Blutungsneigung, verzögerter Wundheilung, Zahnausfall und Störung des Knochenwachstums | 75 mg |
Essenzielle Spurenelemente und gesicherte bzw. wahrscheinliche Mangelsyndrome.ZinkSelenManganKupferJodFluorEisenChrom
Element | Mangelerscheinung | Tagesbedarf∗ |
Eisen | hypochrome Anämie (Blutarmut) | 10/15 mg |
Zink | Wachstumsstörungen, Haarausfall, verzögerte Wundheilung, Unfruchtbarkeit | 10/7 mg |
Kupfer | Anämie (Blutarmut), Wachstumsstörungen | 2,0–3,0 mg |
Mangan | Unfruchtbarkeit, Knochenfehlbildung | 2,0–5,0 mg |
Jod | Struma (vergrößerte Schilddrüse 19.4.1) | 200 μg |
Selen | Störungen des Immunsystems∗∗ | 30–70 μg |
Chrom | beim Menschen keine bekannt | 30–100 μg |
Fluor | gehäuft Karies | 3,8/3,1 mg |
∗
Abhängig von Alter, Geschlecht und Funktionszustand des Organismus (z. B. Schwangerschaft)
∗∗
Nicht gesichert, Wirkung evtl. als „Oxidationsschutz“
Stoffwechsel und Ernährung
-
15.1
Ganzheitliche Aspekte657
-
15.2
Physiologische Grundlagen658
-
15.3
Untersuchung und Diagnostik665
-
15.4
Leitsymptome und Differenzialdiagnose668
-
15.5
Übergewicht, Adipositas und metabolisches Syndrom670
-
15.6
Diabetes mellitus673
-
15.7
Fettstoffwechselstörungen683
-
15.8
Hyperurikämie und Gicht686
-
15.9
Mangel- und Überflusssyndrome689
-
15.10
Phenylketonurie691
-
15.11
Porphyrien691
15.1
Ganzheitliche Aspekte
Nach aktuellen Schätzungen ist in StoffwechselDeutschland mehr als die Hälfte aller behandlungsbedürftigen Erkrankungen auf Ernährungsfehler zurückzuführen. Viele Zivilisations- und Stoffwechselkrankheiten, wie z. B. Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Gicht, Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, werden durch Über- und Fehlernährung und ungesunde Lebensführung mitverursacht.
Primäre und sekundäre Pflanzenstoffe
•
Karotinoide: gelb-orangefarbenes Obst und Gemüse, wie z. B. Karotten, Paprika, Kürbis, Aprikosen
•
Phytosterine: Pflanzensamen und -öle, wie z. B. Sonnenblumenkerne, Sesamsaat, Sojasprossen
•
Saponine: Spinat, Hülsenfrüchte, wie z. B. Bohnen, Erbsen
•
Flavonoide: blau-rot-violett- und gelbfarbenes Gemüse und Obst, wie z. B. Aubergine, rote Trauben, Beeren, Rotkohl, Zwiebeln, Zitrusfrüchte.
Diätetik – die Lehre von der gesunden Lebensführung
Homotoxinlehre
Naturheilkundliche Therapie
15.2
Physiologische Grundlagen
15.2.1
Energiehaushalt
Merke
•
Die pro Gramm Nährstoff freiwerdende Energie nennt man biologischen oder physiologischen Brennwert.
•
Die Schaffung neuer Organstrukturen wird als Anabolismus, die Zerlegung und Verbrennung von Nahrungsbestandteilen als Katabolismus bezeichnet.
Energiebedarf
•
körperliche oder geistige Arbeit
•
Umgebungstemperatur
•
Muskeltonus
•
Alter
•
Geschlecht
•
Körperlänge und -gewicht
Energiegehalt der Nährstoffe
Merke
Aus Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten werden unterschiedliche Mengen an Energie gewonnen: Pro aufgenommenes Gramm Kohlenhydrate und Eiweiß sind dies 4,1 kcal, pro Gramm Fett 9,3 kcal.
Merke
Als besonders günstig hat sich folgende Ernährungszusammensetzung in Gewichtsanteilen erwiesen:
•
⅓ Kohlenhydrate
•
⅙ Eiweiß und
•
⅙ Fett
15.2.2
Stoffwechsel der Kohlenhydrate
Einteilung der Kohlenhydrate
•
Monosaccharide (mono = eins; Saccharide = Zucker): Sie bestehen ausMonosaccharide einem einzigen Zuckermolekül. Der wichtigste Einfachzucker im menschlichen Organismus ist die Glukose (Traubenzucker). Glukose kann von den meisten Zellen zur GlukoseEnergiegewinnung verwendet werden und ist der Hauptenergieträger des menschlichen Körpers. Andere sehr häufig vorkommende Monosaccharide sind die Fruktose (Fruchtzucker) und die Galaktose.
•
FruktoseDisaccharide: Reagieren Galaktosezwei Einfachzucker miteinander Disaccharideund werden verknüpft, so entsteht ein Zweifachzucker (Disaccharid). Rohr- oder Rübenzucker (Saccharose) wird z. B. aus Glukose und Fruktose gebildet, Milchzucker (Laktose) aus MilchzuckerGlukose und Galaktose.
•
LaktosePolysaccharide: Durch die Verknüpfung vieler PolysaccharideEinfachzucker werden Polysaccharide („Vielfachzucker“) gebildet, wobei riesige Moleküle (Makromoleküle) entstehen. Ein Beispiel hierfür ist die Stärke (Amylose): Pflanzen speichern bei der Fotosynthese (Umwandlung Amylosevon Lichtenergie in chemische Energie) gewonnene Glukose als Stärke.
Merke
•
Monosaccharide bestehen aus einem Zuckermolekül, z. B. die Glukose.
•
Disaccharide bestehen aus zwei Zuckermolekülen, z. B. die Laktose (Milchzucker).
•
Polysaccharide bestehen aus mehr als zwei Zuckermolekülen, z. B. die Amylose (Stärke).
Verdauung und Resorption
Energiegewinnung
•
Beim ersten Schritt der Energiegewinnung aus Glukose, der Glykolyse, entstehen aus einem Molekül Glukose zwei Moleküle Pyruvat Glykolyseund vergleichsweise wenig Energie (2 ATP). Bei ungenügendem Sauerstoffangebot (anaerobe Bedingungen), wie z. B. in einem ständig kontrahierenden Muskel, wird das Pyruvat ohne weitere Energieausbeute in Laktat (Milchsäure) überführt und der Muskel übersäuert.
•
Steht jedoch genügend Sauerstoff bereit (aerobe Bedingungen), tritt Pyruvat ins Mitochondrium ein und wird hier in einer komplizierten Reaktionskette vollständig zu Wasser und Kohlendioxid oxidiert.
Merke
•
Adenosintriphosphat (ATP) ist in allen pflanzlichen, tierischen und menschlichen Zellen enthalten.
•
ATP speichert Energie und gibt sie bei Bedarf wieder ab.
•
ATP besteht aus Adenosin und drei (= tri) Phosphatgruppen, von denen es eine abspalten kann. Dabei wird Energie frei und aus ATP entsteht ADP (Adenosindiphosphat).
•
ATP = ADP + P + Energie für Wärme, Bewegung, Arbeit.
Blutzuckerspiegelregulation
Insulin
•
Steigerung der Durchlässigkeit der Zellmembranen für Glukose, wodurch diese vermehrt aus dem Blut in die Zellen (v. a. Muskelzellen) einströmen kann.
•
Steigerung der enzymatischen Verwertung in der Zelle; d. h., es wird mehr Energie durch die Verbrennung von Glukose gewonnen bzw. mehr Glukose in Form von Glykogen gespeichert.
•
Förderung des Fettstoffwechsels (15.2.3Glykogen), denn durch Insulin werden die Zellmembranen auch für freie Fettsäuren durchlässiger. In den Zellen des Leber- und Fettgewebes werden diese Fettsäuren dann vermehrt in Depotfett (Triglyzeride) überführt und gespeichert.
Glukagon
•
Hemmung der Glykolyse
•
erhöhter Abbau von Glykogen in der Leber
•
gesteigerte Neubildung von Glukose in der Leber
15.2.3
Stoffwechsel der Fette
Fettsäuren
•
gesättigte Fettsäuren: enthalten nur Fette:EinteilungEinfachbindungen
•
einfach ungesättigte FettsäurenFettsäuren: enthalten eine Doppelbindung
•
mehrfach ungesättigte Fettsäuren: enthalten zwei, drei oder mehr Doppelbindungen
Merke
In pflanzlichen Ölen, z. B. Sonnenblumenöl, Leinöl und Distelöl sowie in Fischölen sind mehrfach ungesättigte, essenzielle Fettsäuren in hoher Konzentration enthalten.
Cholesterin und Phospholipide
•
Das Cholesterin kann einerseits vom Körper selbst hergestellt werden, andererseits wird es über Cholesterintierische Nahrungsmittel aufgenommen. Zentrales Organ des Cholesterinstoffwechsels ist die Leber, die sowohl Cholesterin bildet als auch speichert. In Pflanzen kommt es nicht vor.
•
Phospholipide (Phosphatide) sind ähnlich aufgebaut wie die Neutralfette. Der Phospholipidebekannteste Vertreter der Phospholipide ist das Lezithin. Ihre größte Bedeutung haben die Phospholipide als Bestandteil der Zellmembranen.
Merke
Cholesterin ist ein wichtiger Bestandteil der Zellmembranen, ein Vorläufer von Steroidhormonen und ein Vorläufer von Gallensäuren.
Fettaufbau und Fettabbau
15.2.4
Stoffwechsel der Eiweiße und der Purine
•
einer Carboxylgruppe (COOH-Gruppe)
•
einer Aminogruppe (NH2-Gruppe)
•
einem Wasserstoffatom
•
einem variablen Rest
Merke
Peptide
Verdauung und Resorption
Merke
Beispiele für körpereigene Eiweiße:
•
Enzyme (13.2.3)
•
Hormone (19.2.1)
•
Kollagen (7.5.2) des Stütz- und Bindegewebes
•
Myofibrillen (7.5.3) des Muskelgewebes
•
Antikörper (22.3.2)
•
Gerinnungsfaktoren (20.2.7)
•
Transportproteine (z. B. Hämoglobin 20.2.3)
Energiegewinnung
Purinstoffwechsel
15.2.5
Vitamine
Fettlösliche Vitamine
Merke
Fettlösliche Vitamine sind die Vitamin A, D, E und K (Merkwort: EDeKA).
Vitamin A
Vitamin D
Vitamin E
Vitamin K
Wasserlösliche Vitamine
Vitamin B1
Vitamin B2
Vitamin B6
Vitamin B12
Niacin
Folsäure
Pantothensäure
Biotin
Vitamin C
Antioxidanzien
Merke
Vitamin C und Vitamin E gelten als Antioxidanzien im zellulären Stoffwechsel. Sie hemmen die Oxidation körpereigener Stoffe, indem sie freie Radikale unschädlich machen.
15.2.6
Mineralstoffe
•
Mengenelemente (Mineralstoffe im engeren Sinn), die in vergleichsweise großen Mengen benötigt werden; das sind die Ionen der sieben Elemente Kalium, Natrium, Kalzium, Chlor, Phosphor, Schwefel und Magnesium.
•
Spurenelemente hingegen kommen nur in Spuren in Körper und Nahrung vor.
Mengenelemente
Spurenelemente
•
Eisen als Baustein des Blutfarbstoffs Hämoglobin
•
Kobalt als Bestandteil von Vitamin B12
•
Chrom, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen und Zink, Kobaltals Bestandteile KupferChromintrazellulärer ManganEnzyme
•
Molybdän Jod als Bestandteil Selender Schilddrüsenhormone
15.2.7
Ballaststoffe
15.3
Untersuchung und Diagnostik
15.3.1
Anamnese
•
Bestehen in der Familie gehäuft Gefäßerkrankungen, Herzinfarkt oder Schlaganfall?
•
Leidet der Patient unter Bluthochdruck oder den Folgen einer Arteriosklerose wie Angina pectoris (10.6.1)? Hat er intermittierende Beinschmerzen als Symptom einer arteriellen Verschlusskrankheit (11.6.2)?
•
Raucht der Patient oder hat er geraucht?
•
Betätigt sich der Patient regelmäßig körperlich?
•
Wenn Übergewicht besteht, seit wann?
Achtung
Verwechseln Sie häufiges nächtliches Wasserlassen im Rahmen einer Herzinsuffizienz oder Prostataerkrankung nicht mit einer Polyurie aufgrund eines Diabetes mellitus.
15.3.2
Körperliche Untersuchung
•
Body-Mass-Index (BMI)Idealgewicht nach Broca (in kg) = (Körpergröße in cm – 100) –15 %
•
BMI = Körpergewicht/Quadrat der Körpergröße in kg/m2
•
Beim männlichen Fettverteilungstyp („Apfelform“ Abb. 15.7) befinden sich die meisten Fettansammlungen am Stamm des Patienten. Die Fettverteilungstyp:männlicherExtremitäten sind relativ schlank. Teilen Sie die Taillen- durch die Hüftweite. Beträgt das Ergebnis mehr als 0,85 bei Frauen und mehr als 1 bei Männern, haben die Patienten ein hohes Risiko, Folgeerkrankungen zu entwickeln.
•
Beim weiblichen Fettverteilungstyp („Birnenform“ Abb. 15.8) lagert sich das Fett mehr an Hüften und Oberschenkeln an, der Quotient liegt unter 0,85 bzw. 1. Die Gefahr von FolgeerkrankungenFettverteilungstyp:weiblicher ist deutlich geringer.
15.3.3
Naturheilkundliche Diagnostik
In der Anamnese Stoffwechselerkrankungen:Diagnostik, naturheilkundlichesollten Sie berücksichtigen, dass Stoffwechselstörungen auch psychisch (mit-)bedingt sein und durch Medikamente oder eine geschädigte Schleimhautflora begünstigt werden können. Fragen Sie deshalb den Patienten nach:
•
Magen-Darm-Störungen, besonders nach Obstipation und Symptomen, die auf eine gestörte Darmflora (4.2.27) hinweisen (Meteorismus, Flatulenz)
•
psychischen Konflikten, die verdrängt und durch Essen scheinbar gelöst werden
•
negativem Stress und chronischer Anspannung, die zur Erhöhung der Cholesterin- und Harnsäurewerte führen können
•
der Einnahme von Östrogenen (Hormontherapie) und der Antibabypille, die mit einer Erhöhung der Blutfettwerte einhergehen und die Leber belasten können
Antlitzdiagnose
Iridologie
15.3.4
Schulmedizinische Diagnostik
Merke
Als metabolisches Syndrom wird folgende Konstellation bezeichnet:
•
Hyperinsulinismus
•
Insulinresistenz
•
erhöhter Triglyzeridspiegel
•
erniedrigtes HDL-Cholesterin
•
Übergewicht
•
primäre Hypertonie
Checkliste zur Anamnese und Untersuchung bei Verdacht auf Stoffwechselerkrankungen
•
Anamnese: Vorerkrankungen Stoffwechselerkrankungen:Checkliste, Anamnese und Untersuchungin der Familie, Lebensweise, Medikamente, Ernährung, Bewegung, Gewicht, Gewichtszu- oder -abnahme, Infekthäufung, Polyurie, Durst, Müdigkeit, Leistungsminderung, Hautjucken, Überempfindlichkeit gegen Sonnenlicht, Verfärbungen der Haut, Sehstörungen, Magen-Darm-Störungen, Schädigung der Darmflora, Stress, psychische Konflikte
•
Blutdruckmessung
•
allgemeine Inspektion: Adipositas, Arcus lipoides, Xanthome und Xanthelasmen, Gichttophi, diabetischer Fuß, Ernährungsstörungen der Haut und Hautanhangsgebilde und andere Auffälligkeiten wie Blasen, alte Narben, Mundwinkelrhagaden, Mykosen, Furunkel, Zahnfärbung
•
Palpation: seitenvergleichend Pulse (Arteriosklerose?), Herzspitzenstoß, Leber (Fettleber?), zur DD Schilddrüse (Struma?)
•
Auskultation: Herz, Halsschlagadern, Bauchschlagader, Oberschenkelschlagadern
•
Berechnungen: Body-Mass-Index, Fettverteilungstyp
•
neurologische Untersuchungen: Sensibilitäts- und Reflexprüfungen bei Verdacht auf Polyneuropathie
•
Blutlabor: Blutzucker, BSG, Blutbild, Blutfettwerte, Harnsäurespiegel, Kreatinin, Elektrolyte, zur DD Hormonstatus
•
Harnlabor: Messung des spezifischen Uringewichts, Urinsediment, Stick-Test auf Glukosurie, Mikroalbuminurie, Acetonurie, Urin-pH-Wert
•
spezielle Untersuchungen bei Diabetes-Verdacht: Nüchternblutzucker, BZ-Tagesprofil, oraler Glukosetoleranztest sowie zur Verlaufskontrolle Glykohämoglobine HbA1 bzw. HbA1c
•
Antlitzdiagnose: Hautverfärbungen der gesamten Wangenflächen (nach Ferronato); Xanthelasmen; Gichttophi am Ohr selten
•
Iridologie: lipämische Konstitution mit blauer Iris, Cholesterolring, in der Sklera liegende gelbliche Lipoidhügel; bei hämatogener Konstitution (braune Iris) ebenfalls Disposition zu Fettstoffwechselstörungen; bei harnsaurer Diathese (blaue Iris mit weiß-grauen Plättchen im äußeren Irisfeld) Neigung zu Gicht und Steinleiden
15.4
Leitsymptome und Differenzialdiagnose
15.4.1
Xanthelasmen und Xanthome
Xanthelasmen: harmlose, gelbliche Cholesterinablagerungen im Bereich der Augenlider; treten bei Fettstoffwechselstörungen auf; in höherem Alter auch unabhängig davon; bilden sich selten zurück (Abb. 15.11).
Xanthome: rötlich-gelbe, gutartige Hauttumoren; durch Fetteinlagerung bedingt; treten bei 10 % der Patienten mit Fettstoffwechselstörungen auf, z. B. in Achilles- und Fingerstrecksehnen, in Zwischenfingerfalten, im Bereich des Gesäßes, der Knie, der Ellenbogen, der Unterarmstreckseiten oder der Handflächen.
Achtung
Bei Xanthelasmen, Xanthomen und Arcus lipoides müssen Sie Fettstoffwechselstörungen ausschließen.
Naturheilkundliche Therapie bei Adipositas
Handbuch für die Naturheilpraxis Kap. 8.2
Adipositas:naturheilkundliche TherapieEs gibt keine naturheilkundlichen „Wundertherapien“, die überflüssige naturheilkundliche Therapie:AdipositasKörperpfunde einfach wegzaubern. Allerdings kann durch naturheilkundliche Therapieverfahren eine Gewichtsabnahme wirkungsvoll unterstützt werden.
Ernährungstherapie
•
Meiden fett- und kalorienreicher Nahrungsmittel:
–
Da fleischlose Kost wesentlich weniger Fett enthält – Vegetarier sind selten übergewichtig – ist eine (überwiegend) laktovegetabile Ernährung zu empfehlen.
–
Ebenso wie der Fettanteil reduziert werden sollte, ist der Zucker- und Weißmehlkonsum einzuschränken. Gesüßte Getränke, z. B. Limonaden, sind zu meiden. Sie treiben den Insulinspiegel besonders schnell in die Höhe und rufen rasch erneut Hunger hervor.
–
Alkoholische Getränke sind einzuschränken. Das spart viele Kalorien ein.
•
Förderung der Stoffwechselvorgänge:
–
Ballaststoffe fördern die Ausscheidung von Giftstoffen und steigern das Sättigungsgefühl. Ihr Anteil in der Ernährung sollte deshalb erhöht werden.
–
Die Trinkmenge (Wasser und Kräutertee) soll auf mindestens zwei Liter täglich erhöht werden.
–
Kartoffel- und Gemüsetage (1-mal pro Woche) entlasten den Organismus und fördern die Diurese.
•
Änderung der Ernährungsgewohnheiten:
–
Abends nicht nach 19 Uhr essen, da späte Mahlzeiten den Stoffwechsel belasten.
–
Für die Verdauung und den (Insulin-)Stoffwechsel ist es günstig, wenn zwischen den drei Hauptmahlzeiten ausreichend lange Pausen von etwa 4–5 Stunden liegen, um Verdauungsorgane und Pankreas vor Überlastung zu schützen.
–
Langsam und aufmerksam essen. Jeden Bissen mindestens zehnmal kauen. Nicht nebenbei oder beim Fernsehen essen.
Homöopathie
Ordnungstherapie
Physikalische Therapie
Phytotherapie
Traditionelle Chinesische Medizin und Ohrakupunktur
15.4.2
Polydipsie
Polydipsie: andauernd gesteigertes Durstgefühl und vermehrte Flüssigkeitsaufnahme.
Differenzialdiagnose
•
vermehrter Alkoholkonsum oder Medikamenteneinnahme (z. B. Diuretika, Glukokortikoide, Laxanzien)
•
Nierenerkrankungen (z. B. chronische Niereninsuffizienz 16.5.1)
•
Elektrolytstörungen wie z. B. ein erhöhter Kalziumspiegel (Hyperkalzämie) oder ein erniedrigter Kaliumspiegel (Hypokaliämie)
•
psychische Ursache
•
selten ein Diabetes insipidus. Hierbei ist die Wasserrückresorption in der Niere gestört, entweder durch einen Mangel an antidiuretischem Hormon oder durch vermindertes Ansprechen der Diabetes insipidusNieren auf dieses Hormon.
Diagnostik
15.5
Übergewicht, Adipositas und metabolisches Syndrom
Adipositas (Fettleibigkeit, Fettsucht): krankhaftes Übergewicht liegt vor bei einem Body-Mass-Index (BMI) > 30 kg/m2 (Abb. 15.6). Bei einem BMI > 25 besteht Übergewicht.
Krankheitsentstehung
Symptome und Komplikationen
•
Kurzatmigkeit und Luftnot, insbesondere beim Treppen- und Bergansteigen
•
Beschwerden der Gelenke (insbesondere Knie und Hüften), der Füße und des Rückens und frühe Entwicklung einer Arthrose
•
Schlafapnoe-Syndrom (12.12.4)
•
Sodbrennen und Refluxkrankheit
•
verstärktes Schwitzen, wundgescheuerte Hautstellen und Intertrigo („Hautwolf“, z. B. an den Oberschenkelinnenseiten, unter der Bauchfalte oder den Brüsten) mit Neigung zu Hautpilz
•
Minderung des Selbstwertgefühls und Verhaltensänderungen (z. B. sozialer Rückzug) bis hin zur reaktiven Depression
•
metabolisches Syndrom (s. u.)
•
arterielle Hypertonie mit dem Risiko der daraus folgenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen (KHK Schlaganfall)
•
Gallensteinbildung (Cholezystolithiasis)
•
Hyperurikämie und Gicht
•
Beinvenenthrombose
•
bestimmte Krebserkrankungen wie z. B. Brust-, Prostata-, Dickdarm- und Rektum-Ca
•
nichtalkoholische Fettleber
•
hormonelle Störungen, insbesondere der Geschlechtshormone
•
EPH-Gestose, Komplikationen bei Operationen
Achtung
Die wichtigsten Komplikationen von Übergewicht sind:
•
kardiovaskuläre Erkrankungen
•
metabolisches Syndrom bis hin zum Typ-2-Diabetes
•
Tumorerkrankungen
•
Triglyzeride > 150 mg/dl (1,7 mmol/l)
•
HDL-Cholesterin: M < 40 mg/dl (1,03 mmol/l), F < 50 mg/dl (1,29 mmol/l)
•
Hypertonie: Systolisch > 130 mmHg oder diastolisch > 85 mmHg
•
Nüchtern BZ > 100 mg/dl HDL-Cholesterin:metabolisches Syndrom(5,6 mmol/l)
Merke
Als metabolisches Syndrom oder Wohlstandssyndrom wird folgende Konstellation bezeichnet:
•
stammbetonte Fettsucht („Apfeltyp“)
•
Hyperinsulinismus mit gestörter Glukosetoleranz
•
Insulinresistenz
•
erhöhter Triglyzeridspiegel
•
erniedrigtes HDL-Cholesterin
•
Übergewicht
•
essenzielle Hypertonie
Differenzialdiagnose
Diagnostik
•
BMI von 30–34,9 kg/m2: Adipositas Grad PräadipositasI
•
BMI von 35–39,9 kg/m2: Adipositas Grad II
•
BMI über 40 kg/m2: Adipositas Adipositas:SchweregradeGrad III (Adipositas per magna)
Therapie
Achtung
Adipositas in stärkerer Ausprägung ist eine behandlungsbedürftige Erkrankung.
•
Bei verhältnismäßig geringer Adipositas reicht eine ballaststoffreiche, fett- und cholesterinarme Kost oft aus, um das Körpergewicht zu senken.
•
Eine Reduktionskost enthält ca. 1.200–1.500 kcal/Tag, je nach körperlicher Beanspruchung. Es handelt sich um eine Mischkost, die so aus „normalen“ Lebensmitteln zusammengestellt wird, dass der Bedarf an allen essenziellen ReduktionskostNährstoffen gedeckt wird.
•
Das totale Fasten (Nulldiät) hat wieder an Bedeutung gewonnen (s. naturheilkundliche Therapie). Viele Patienten beschreiben eine wohltuende und „reinigendeFasten:totales“ Wirkung auf Körper und Seele. Das strenge Fasten darf allerdings nur unter Nulldiättherapeutischer Aufsicht durchgeführt werden und ist bei Risikopatienten nach wie vor kontraindiziert: z. B. nach einem Herzinfarkt, bei Anorexia nervosa, Bulimie oder bei Psychosen, bei Kindern und Jungendlichen, Schwangeren, Stillenden, bei Patienten mit schwerer Hyperthyreose, Niereninsuffizienz oder Autoimmunerkrankungen im Schub sowie bei kachektischen Patienten. Beim modifizierten Fasten werden dem Patienten ca. 500 kcal tgl. zugeführt, davon ein hoher Anteil aus Proteinen. Diese Art des Fastens ebenso wie Kartoffeltage (s. naturheilkundliche Therapie) haben sich in der Fasten:modifiziertesambulanten Praxis bewährt.
•
Vom modifizierten Fasten abzugrenzen sind die Niedrigst-Kalorien-Diäten. Hierbei handelt es sich um eiweißreiche Fertigprodukte mit Vitamin- und Mineralstoffzusätzen, die meist mit Wasser angerührt und dann getrunken werden.
Eine „Tagesration“ enthält um Diät:Niedrigst-Kalorien-Diät800 kcal. Niedrigst-Kalorien-Diäten sind nur bei erheblich übergewichtigen Patienten angezeigt. Sie ermöglichen eine rasche anfängliche Gewichtsabnahme von ca. 10 kg monatlich und steigern durch den „sichtbaren“ Erfolg die Motivation des Patienten. Diese Diäten sollten unter engmaschigen Kontrollen durchgeführt werden und sind z. B. für ältere Menschen, Patienten mit koronarer Herzkrankheit (10.6.1), eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion nicht geeignet. Die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten ist während der Diät reduziert. Gegen Ende der Diät wird die Kost vorsichtig wieder aufgebaut. Der Patient muss lernen, seine Ernährung langfristig umzustellen.
•
Für Schwangere sind Abmagerungskuren tabu, da sie dem Kind schaden könnten. Ein relativ erfolgreiches Mittel, um nach der Geburt das Wunschgewicht (wieder-)zuerlangen, ist langes Stillen über mindestens sechs Monate.
Achtung
In Hinblick auf die Lebenserwartung ist es wahrscheinlich besser, konstant leicht übergewichtig zu sein, als nur für einige Monate das Normalgewicht zu halten und dann wieder zuzunehmen. Dies verwirrt den Körper, der sich nach jeder Hungerphase auf schlechte Zeiten einstellt und danach umso mehr speichert („Jo-Jo-Effekt“).
•
Verhaltenstherapie: z. B. entspannende Jo-Jo-EffektMaßnahmen zur Stressbewältigung bei „Kummerspeck“ oder Umlernen beim Essverhalten (langsames, bewusstes Essen)
•
Selbsthilfegruppen: z. B. die „Weight Watchers“; manchen Patienten erleichtert das Abnehmen in der Gruppe das Durchhalten
•
Bewegung und körperliches Training: Die meisten Übergewichtigen leiden unter Bewegungsmangel. Geeignet sind etwa zügiges Gehen, Radfahren, Tanzen, Schwimmen und evtl. Dauerlauf. Wichtig ist, dass die Sportart Freude macht, damit sie langfristig und regelmäßig beibehalten wird. Da die Patienten auf sich alleine gestellt erfahrungsgemäß nicht lange durchhalten, ist eine Bindung an Vereine oder Krankenkassensportgruppen sinnvoll.
•
Medikamente: Appetitzügler oder andere Medikamente sind in der Regel nicht angezeigt, sondern schaden eher. Pflanzliche Adipositas-Mittel sind nur bedingt zu empfehlen, während eine Teekur zur Unterstützung des Stoffwechsels sowie eine homöopathische Konstitutionsbehandlung die Therapie wirkungsvoll unterstützen können (s. naturheilkundliche Therapie).Antiadiposita wie z. B. Orlistat vermindern die Fettresorption bis ca. 30 %, machen aber eine Kalorienreduktion nicht unnötig und können z. B. zu unkontrollierbaren Fettstühlen führen. Appetitzügler können schwere Nebenwirkungen wie Herzklappenschäden verursachen.
•
Auch operative Maßnahmen können grundsätzlich zur Gewichtsreduktion eingesetzt werden: Neben plastisch-chirurgischen Eingriffen z. B. auch ein Magen-Bypass mit „therapeutischer Malabsorption“ oder die Verkleinerung des Magens durch einen Ballon oder Magenband (Banding) möglich. Diese Methoden werden aber nur nach Versagen sämtlicher anderer therapeutischer Möglichkeiten eingesetzt. Sie können zu belastenden Nebenwirkungen führen (z. B. Erbrechen bereits bei geringer Nahrungsmenge). Die Fettabsaugung ist nur ein kosmetischer und zur Fettreduktion nicht geeigneter Eingriff mit relativ hohen Risiken.
Achtung
Das Schwierige und Entscheidende an Diäten ist nicht die „harte“ Diät am Anfang, sondern die langfristige Kostumstellung, die nur 20 % der Betroffenen gelingt.
Prognose
15.6
Diabetes mellitus
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit): chronische Störung des Glukosestoffwechsels mit erhöhtem Blutzuckerspiegel durch Insulinmangel oder verminderte Reaktionsfähigkeit des Körpers auf Insulin (reduzierte Insulinempfindlichkeit).
15.6.1
Einteilung und Krankheitsentstehung
•
Typ-1-Diabetes, (Tab. 15.4) früher auch als IDDM = Insulin-Dependent Diabetes mellitus, als insulinabhängiger Diabetes Diabetes mellitus:Einteilungmellitus oder jugendlicher Diabetes mellitus bezeichnet.
•
Typ-2-Diabetes, (Tab. 15.4) früher auch NIDDM = Non-Insulin-Dependent Diabetes mellitus, insulinunabhängiger Diabetes mellitus oder Altersdiabetes genannt
•
Diabetes aufgrund eines genetischen Defektes ohne Antikörpernachweis (MODY-Diabetes)
•
seltene sekundäre Diabetes-mellitus-Formen, die bedingt sind durch verschiedene Grunderkrankungen, wie z. B. Pankreatitiden (14.7.1/2), Überfunktion der antagonistischen Hormondrüsen (z. B. Morbus Cushing 19.8.1, Akromegalie 19.5.1, Phäochromozytom 19.8.3), Niereninsuffizienz (renaler Diabetes mellitus 16.5.1) oder Medikamente (Glukokortikoide 19.8.1, Pharma-Info, Thiazid-Diuretika 16.4.10, Pharma-Info).
•
Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) als eine Sonderform, bei der sich während einer Schwangerschaft eine diabetische Stoffwechsellage entwickelt. Er tritt bei 0,5–3 % aller GestationsdiabetesSchwangeren auf und ist als einzige Diabetesform vorübergehend.
Typ-1-Diabetes
Typ-2-Diabetes
15.6.2
Symptome
Typ-1-Diabetes
•
Ab einem Blutzucker Diabetes mellitus:Symptomevon 180 mg/dl wird Glukose auch über die Nieren ausgeschiedenDiabetes mellitus:Typ-1-Diabetes (Glukosurie). Dadurch kommt es zu einer gesteigerten Urinausscheidung (Polyurie). Obwohl der Patient sehr viel trinkt (Polydipsie), um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen, entwickelt er eine zunehmende Exsikkose (Austrocknung).
•
Viele Patienten nehmen trotz reichlicher Nahrungsaufnahme (Süßhunger!) an Gewicht ab.
•
Die zunehmende Stoffwechselentgleisung führt zu Übelkeit, Schwäche und Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma (15.6.5).
Typ-2-Diabetes
•
Schwäche und Leistungsknick
•
Juckreiz, besonders in der Genital- und Analregion
•
Pilzinfektionen der Haut und Harnwegsinfekte (Abb. 15.14)
•
bakterielle Hautinfektionen wie Furunkel
•
Potenzstörung, oft als frühes Zeichen
•
Erst später treten die „typischen“ Diabetesymptome wie Durst, Polyurie und Gewichtsabnahme hinzu.
15.6.3
Diagnostik
Achtung
Auch während einer Fastenkur oder einer strengen Reduktionsdiät kann es zur Acetonurie kommen.
Typ-1-Diabetes
Typ-2-Diabetes
Merke
Diagnosekriterien des Diabetes mellitus (nach ADA = Amerikanische Diabetes-Gesellschaft und WHO)
•
Diabetes-Symptome (Polyurie, Polydipsie, nicht erklärbarer Gewichtsverlust) und gleichzeitig ein Glukosespiegel im Plasma oder kapillären Vollblut ≥ 200 mg/dl = 11,1 mmol/l zu einem beliebigen Zeitpunkt des Tages gemessen, ohne Rücksicht auf die letzte Mahlzeiteneinnahme, oder
•
Nüchtern-Plasmaglukose ≥ 126 mg/dl = 7,0 mmol/l (im kapillären Vollblut ≥ 110 mg/dl = 6,1 mmol/l). Nüchtern bedeutet hier keine Kalorienzufuhr für wenigstens acht Stunden, oder
•
im oralen Glukosetoleranztest (OGT, oGTT) 2-Std.-Wert im Plasma oder kapillären Vollblut ≥ 200 mg/dl = 11,1 mmol/l (Testdurchführung nach WHO-Richtlinien).
Beurteilung der Blutzuckerwerte
-
•
Liegt der Nüchtern-Blutzucker bei zweimaliger Messung beide Male unter 80 mg/dl, ist ein Diabetes mellitus unwahrscheinlich. Bei über 120 mg/dl ist von einem manifesten Diabetes Nüchtern-Blutzuckermellitus auszugehen (Abb. 15.15).
-
•
In der „Grauzone“ Blutzucker(bestimmung/-spiegel):Nüchtern-Blutzuckerdazwischen und zur Beurteilung von BZ-Schwankungen im Tagesverlauf ist ein BZ-Tagesprofil angezeigt. Dabei wird der Blutzucker nüchtern, kurz vor und eine Std. nach jeder Mahlzeit kontrolliert. Der nach dem Essen gemessene, sog. postprandiale Wert liegt beim Gesunden unter 120 mg/dl, Blutzucker(bestimmung/-spiegel):Tagesprofilbeim Diabetiker über 180 mg/dl.
-
•
Bei Werten zwischen 80 und 120 mg/dl Nüchtern-Blutzucker ist ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) erforderlich (Tab. 15.5), den man in der Apotheke kaufen kann. Damit lassen sich auch geringere Normabweichungen feststellen.
Fallbeispiel „Typ-2-Diabetes“
Ein 53 Jahre alter Textilfabrikant sucht die Praxis auf, weil er seit längerer Zeit schnell ermüdet. „In meinem Beruf kann ich mir das einfach nicht leisten!“ klagt er. Der Mann ist auffallend übergewichtig und Nichtraucher. Er gibt an, „deutsche Normalkost“ zu essen. „Mit Gemüse und Obst habe ich es nicht so …“ sagt er. Abends trinke er immer eine Flasche Bier, manchmal auch zwei, denn er habe mitunter „einen richtigen Brand“. Entsprechend müsse er dann nachts zum Wasser lassen aufstehen. Er macht sich große Sorgen darüber, dass er seit einiger Zeit auch ein deutliches Nachlassen der Potenz bemerkt. Die ausführliche körperliche Untersuchung ergibt eine Hypertonie (165/90 mmHg, Puls 90 Schläge/Min.), einen geblähten Bauch, eine Varikosis am linken Bein und eine Hautmykose an beiden Füßen. Der BZ-Test zeigt zwei Stunden nach dem Essen einen Wert von 180 mg/dl an, die Stick-Untersuchung des Urins eine Glukosurie. Der Heilpraktiker verzichtet auf die Durchführung eines oralen Glukosetoleranztests und überweist den Patienten mit dem Verdacht auf einen Typ-2-Diabetes zu dessen Hausarzt. Der Patient wirkt recht beunruhigt; er hat Sorge, dass er von nun an Insulin spritzen muss. Der Heilpraktiker klärt ihn darüber auf, dass eine Normalisierung des Blutzuckers wahrscheinlich schon durch eine langsame Gewichtsreduktion sowie ausreichend körperliche Bewegung zu erreichen ist. Keinesfalls bedeute die Diagnose automatisch Insulinpflicht. Sollte eine medikamentöse Therapie erforderlich sein, gäbe es zunächst noch die Möglichkeit Tabletten einzunehmen, sog. orale Antidiabetika. Auf alle Fälle müsse die Erkrankung aber behandelt werden, ansonsten könnte es zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen kommen.
Oraler Glukosetoleranztest (oGTT)
-
•
Beachten Sie die Angaben zur oraler Glukosetoleranztest (oGTT)Durchführung und Bewertung auf dem Beipackzettel. Bei bereits eindeutig pathologischen Nüchternblutzuckerwerten ist der orale Glukosetoleranztest kontraindiziert.
-
•
In den 3 oraler Glukosetoleranztest (oGTT)Tagen vor dem Test soll sich der Patient normal ernähren (mindestens 150–200 g Kohlenhydrate pro Tag) und bewegen.
-
•
Bestimmen Sie nach 12 Std. Nahrungskarenz um 8 Uhr den Nüchtern-BZ im Kapillarblut, und lassen Sie den Patienten dann in 5 Min. 75 g Glukose trinken.
-
•
Messen Sie den Blutzucker 2 Std. nach dem Glukosetrunk erneut.
-
•
Störfaktoren sind Menstruation (mindestens 3 Tage Abstand), Medikamente (z. B. Thiazid-Diuretika, Glukokortikoide, Kontrazeptiva, Laxanzien: mindestens 3 Tage vorher absetzen), erniedrigte Kaliumspiegel (16.4.11), Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre.
Achtung
Überweisen Sie Patienten mit pathologischen BZ-Werten zur weiteren Diagnostik zum Hausarzt.
Verlaufskontrolle
Tipp
Der Patient muss einmal jährlich augenärztlich und neurologisch untersucht werden.
15.6.4
Therapie und Prognose des Diabetes mellitus
Naturheilkundliche Therapie des Diabetes mellitus
Handbuch für die Naturheilpraxis 8.3
Da es sich beim Typ-1-Diabetes um eine Autoimmunerkrankung gegen die insulinproduzierenden Pankreaszellen naturheilkundliche Therapie:Diabetes mellitushandelt, ist eine naturheilkundliche Therapie wenig aussichtsreich. Beim Typ-2-Diabetes kann allerdings durch naturheilkundliche Therapieverfahren der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden.
Ernährungstherapie
•
Raten Sie zu einer reichlichen Zufuhr von Kohlenhydraten mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen, wie z. B. Gemüse, Topinambur, Kartoffeln, Tomaten, Obst sowie Vollkornprodukte und Rohkost. Raffinierte Kohlenhydrate, wie z. B. Produkte aus Weißmehl oder geschälter Reis, sind ebenso wie Fertigprodukte zu meiden.
•
Zucker und zuckerhaltige Lebensmittel sind absolut verboten. Süßstoff steigert das Verlangen nach süßen Speisen und sollte nur in kleinen Mengen verwendet werden. Das gilt auch für Stevia (Stevia rebaudiana, auch Süßkraut genannt).
•
Pflanzliche Ballaststoffe, wie z. B. Guarmehl oder Haferkleie, verzögern die Zuckerresorption und verhindern einen schnellen Blutzuckeranstieg während der Mahlzeiten.
•
Fleisch und Wurst sollten aufgrund des hohen Gehalts an gesättigten Fettsäuren nur in Maßen (etwa zweimal pro Woche) gegessen werden. Hochwertige pflanzliche Öle, die reich an essenziellen Fettsäuren sind, sind unbedingt zu bevorzugen.
•
Um Blutzuckerspitzen zu vermeiden, sollte der Patient langsam essen und gründlich kauen.
•
Erfahrungsgemäß reagieren viele Diabetiker auf Weizen mit einer (versteckten) Nahrungsmittelunverträglichkeit. In diesen Fällen ist Weizen zu reduzieren oder zu meiden.
Homöopathie
Ordnungstherapie
•
Sinnvoll ist eine spezielle Schulung oder Diabetes-Sprechstunde, die in vielen Kliniken und Ambulanzen angeboten wird.
•
Regelmäßige körperliche Bewegung verbessert die Glukosetoleranz und baut Übergewicht ab.
•
Bei Übergewicht wirkt sich eine schonende Gewichtsreduktion (empfohlene Gewichtsabnahme: 0,5 kg pro Woche) günstig auf die Normalisierung des Blutzuckerspiegels aus.
•
Stress kann erhebliche Blutzuckerschwankungen verursachen und sollte, so weit wie möglich, ausgeschaltet werden. Empfehlen Sie als ordnende Faktoren ausreichend Schlaf sowie die Einhaltung eines regelmäßigen Tagesablaufs.
•
Auf Nikotin- und Alkoholkonsum sollte der Patient verzichten.
Orthomolekulare Therapie
Physikalische Therapie
Phytotherapie
Sauerstofftherapie
Schulmedizinsche Therapie des Typ-1-Diabetes
Schulmedizinsche Therapie des Typ-2-Diabetes
Diabetesdiät
Merke
Broteinheit
•
Keine mit Traubenzucker, Saccharose oder Honig gesüßten Speisen und Getränke! Stattdessen mit Stevia oder Zuckeraustauschstoffen (z. B. Fruktose, Laktose, Sorbit, Xylit) süßen; dabei Kalorien oder Kohlenhydrate berücksichtigen; ggf. Süßstoffe verwenden wie z. B. Saccharin, Cyclamat oder Aspartam.
•
Polysaccharide (Vielfachzucker, z. B. Stärke) bevorzugen: Kartoffeln, Vollkornprodukte, Reis. Sie erhöhen den Blutzuckerspiegel langsam, aber länger anhaltend.
•
Optimale Nahrungszusammensetzung: 55 % Kohlenhydrate, 30 % Fette und 15 % Eiweiße. Gemüse, Kartoffeln, Obst, Vollkornprodukte bevorzugen, nur wenig Fleisch, Wurst, Käse essen.
•
6–7 kleine Mahlzeiten statt 3 großer Mahlzeiten einnehmen.
•
Einschränkung des Alkoholkonsums: weniger als 20 g Alkohol tgl.; Diabetikerbier und trockene Weine sind erlaubt.
Orale medikamentöse Therapie
Insulin-Therapie
•
Normalinsulin (Altinsulin), z. B. Huminsulin® Normal, Actrapid®, mit schnell einsetzender (nach 15–30 Min.) und kurz anhaltender Wirkung – nach 4–6 Std. ist keine Wirkung mehr zu verzeichnen. Normalinsuline werden vInsulin:kurz wirksames. a. bei akuten Stoffwechselentgleisungen sowie bei intensivierter konventioneller Insulintherapie eingesetzt.
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Kurz wirksame Insulin-Analoga, z. B. Apidra®, Humalog®, die schneller resorbiert werden als Normalinsulin und bereist nach 10–15 Min. zu wirken beginnen, nach 2–3 Std. ist die Wirkung abgeklungen. Die Anwendungsgebiete entsprechen weitestgehend denen von Altinsulin.
Merke
Normalinsulin ist das einzige Insulin, das intravenös gespritzt werden darf.
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Intermediärinsuline wie z. B. Insuman® Basal, Huminsulin® Basal (NPH) beginnen nach 30–45 Min. zu wirken, erreichen das Maximum ihrer Wirkung nach 4–8 Std. und haben eine (dosisabhängige) Wirkdauer von 12–18 Std. Sie eignen Insulin:Verzögerungsinsulinsich für ältere Patienten mit stabiler Stoffwechsellage und als Bestandteil von Mischinsulinen.
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Langzeitinsuline mit spät (nach 3–4 Std.) einsetzender und lang (bis zu 28 Std.) anhaltender Wirkung, sie kommen bei intensivierter Insulintherapie zur Anwendung.
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Mischinsuline bestehen aus Normal- und Verzögerungsinsulin und sind in zahlreichen Mischungsverhältnissen erhältlich, um ein unterschiedliches zeitliches Wirkprofil zu erreichen. Ihr Hauptanwendungsgebiet ist die konventionelle Insulintherapie.
Achtung
Unabhängig von der Art der Insulintherapie gilt:
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Insulin ist grundsätzlich verschreibungspflichtig.
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Es besteht bei Fehldosierung Hypoglykämiegefahr (15.6.5).
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Die Insulintherapie erfordert eine Diabetes-Diät.
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Bei besonderen Belastungen (z. B. neue Arbeitsstelle, Sporturlaub, OP, Fieber) ist eine Anpassung der Insulindosis erforderlich.
Allgemeine Lebensführung des Diabetikers und Diabetikerschulung
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regelmäßige ärztliche Kontrollen zur Therapieoptimierung und um frühzeitig Folgeerkrankungen sowie Anzeichen einer Hypo- bzw. Hyperglykämie zu erkennen
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die Grundregeln der Diabetesdiät zu kennen
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Geeignete körperliche Bewegung: Diabetiker sollten regelmäßig Sport treiben. Besonders geeignet sind Radfahren, Laufen, Spazierengehen und auch viele Mannschaftssportarten. Da Bewegung blutzuckersenkend wirkt, besteht Hypoglykämiegefahr. Verboten sind deshalb Sportarten, die in Einsamkeit ausgeübt werden, nicht unterbrochen werden können oder mit einer hohen Selbst- und Fremdgefährdung einhergehen.
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Die Diabetikerselbstkontrolle: Häufige Blut- und Harnzuckeruntersuchungen mit Stick-Tests dienen der Therapiekontrolle und ermöglichen dem Diabetiker in gewissem Umfang auch eigenständige Korrekturen der Behandlung.
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Die richtige Fußpflege: Diabetische Folgeschäden im Bereich der Füße (15.6.5) können durch ihre Komplikationen gefährlich werden. Die Füße müssen tgl. mit körperwarmem Wasser gewaschen und auf Druckstellen, Hornhaut, Blasen, Rötungen und Verletzungen inspiziert werden. Fußpflege:Diabetes mellitusAufgrund der häufigen Sensibilitätsstörungen (Polyneuropathie 23.12.4) dürfen wegen der Verbrennungsgefahr bei kalten Füßen keine Wärmflaschen oder Heizkissen benutzt werden. Schuhe sollten regelmäßig auf Falten in der Einlegesohle, erhabene Nähte und dergleichen kontrolliert werden, damit diese nicht unbemerkt zu Druckstellen führen.
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Körperpflege: Diabetiker sind stark infektionsgefährdet. Grund ist ein zuckerhaltiges Haut- und Schleimhautmilieu, das die Keimbesiedlung begünstigt. Sorgfältige Körperpflege kann Candidosen (Hefepilzinfektionen 25.11.11) und bakteriellen Hautinfektionen vorbeugen.
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Die Gefahr von fieberhaften Infekten zu kennen: Eine Stoffwechselentgleisung kann drohen, deshalb sollte stets der Blutzucker gemessen und der Hausarzt aufgesucht werden.
Prognose
15.6.5
Notfälle und Spätkomplikationen
Diabetisches Koma
Diabetisches Koma (Coma diabeticum, hyperglykämisches Koma): Komplikation des Diabetes mellitus mit Bewusstseinsverlust bei extrem hohen Blutzuckerwerten; stets lebensbedrohlich.
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Ketoazidotisches Koma (vKoma:hyperglykämisches. a. bei Typ-1-Diabetikern): Der hochgradige Insulinmangel führt zu einer Hyperglykämie (BZ > 350 mg/dl) und einem Fettabbau mit Ketonkörperproduktion, in deren Folge es zu einer metabolischen Azidose (Übersäuerung des Blutes) kommt.
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Hyperosmolares Koma (v. a. bei Typ2-Diabetes): Die extreme Hyperglykämie (BZ > 600 mg/dl) hat eine ausgeprägte Glukosurie mit so hohen Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten zur Folge, dass sich eine deutliche Exsikkose (Austrocknung) entwickelt. Hier reichen die Insulinreserven noch aus, um die Koma:hyperosmolaresLipolyse (Fettabbau) zu hemmen; es entsteht keine Azidose.
Erstmaßnahmen bei drohendem Coma diabeticum
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Sofort Notarzt benachrichtigen, Notfall:Coma diabeticumbesonders bei bewusstseinsgetrübtem Patienten.
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Patienten in stabile Seitenlage bringen und Kopf überstrecken (30.5.2).
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Bewusstsein, Blutdruck, Puls, Atmung und Temperatur ständig kontrollieren.
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Sicheren venösen Zugang legen.
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Volumenersatz mit physiologischer Kochsalzlösung, hohe Tropfgeschwindigkeit, zunächst 1.000 ml.
Fallbeispiel „Diabetisches Koma“
Eine Heilpraktikerin wird zu einer 65 Jahre alten Patientin gerufen, die ihr schon seit Jahren bekannt ist. Die Patientin ist eine rüstige Diabetikerin, die sich einmal tgl. Insulin injiziert. Vor neun Tagen war der Ehemann der Patientin plötzlich gestorben; seitdem sieht die Tochter jeden Tag einmal nach der Mutter. An diesem Nachmittag findet sie ihre Mutter völlig apathisch im Bett vor. Da der Hausarzt nicht erreichbar ist, ruft die ratlose Tochter die Heilpraktikerin, die glücklicherweise in der Nähe wohnt und sofort kommen kann. Die Patientin reagiert auf Ansprache, wirkt aber desorientiert. Der Blutdruck ist leicht erniedrigt (90/60 mmHg), der Puls liegt bei 100 Schlägen/Min. Die Haut der Patientin ist auffallend warm, am Handrücken bleibt eine abgehobene Hautfalte für eine Weile stehen. Der rasch gemessene BZ ist extrem erhöht: Das BZ-Gerät zeigt den maximal messbaren Wert von 500 mg/dl an. Es ist anzunehmen, dass der tatsächliche Wert noch höher liegt. Die Heilpraktikerin vermutet ein beginnendes diabetisches Koma und ruft den Notarztwagen. Gemeinsam mit der Tochter hebt die Heilpraktikerin die Patientin aus dem Bett und bringt sie in die stabile Seitenlage. Dann weist sie die Tochter an, nach Verordnungen des Arztes bezüglich der Insulindosierung zu suchen, um diese dem Notarzt zu geben. Währenddessen legt die Heilpraktikerin einen venösen Zugang und infundiert mit hoher Tropfgeschwindigkeit 1.000 ml physiologische Kochsalzlösung. Erst nach ca. 20 Min. kommt der Notarzt und führt die Therapie fort. Die Patientin wird in die Klinik eingeliefert, wo sie erfolgreich behandelt werden kann. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass die Patientin durch die Aufregung um den Tod ihres Mannes mehrmals die Insulininjektionen vergessen hatte.
Symptome
Diagnostik
Schulmedizinische Therapie und Prognose
Hypoglykämischer Schock
Hypoglykämie: Blutzucker unter 50 mg/dl; beim hypoglykämischen Schock (Unterzuckerungsschock) zusätzlich Schocksymptome (30.7); BZ in der Regel < 40 mg/dl; der Patient ist meist handlungsunfähig.
Krankheitsentstehung
Symptome
Achtung
Durch die Einnahme von Betablockern (11.5.1, Pharma-Info) oder bei Bestehen einer diabetischen Neuropathie kann die Symptomatik so verschleiert sein, dass der Patient die Vorboten einer Hypoglykämie nicht bemerkt und scheinbar unvermittelt ins Koma fällt. Andererseits können Hypoglykämien langsam entstehen und sich (zunächst) nur durch Verhaltensauffälligkeiten bemerkbar machen. Die Patienten treten dann z. B. ungewöhnlich aggressiv oder enthemmt auf.
Diagnostik und Differenzialdiagnose
Therapie und Prognose
Erstmaßnahmen bei hypoglykämischem Schock
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Bei Verdacht dem Patienten schnellstmöglich, also so lange Notfall:hypoglykämischer Schocker noch bei Bewusstsein ist, Traubenzucker, Glukosesirup o. Ä. geben. Achtung! Der Patient muss noch in der Lage sein zu schlucken!
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Bei bewusstlosen Patienten sofort Notarzt benachrichtigen (lassen).
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Patienten bei Bewusstlosigkeit in stabile Seitenlage (30.5.2) bringen und Kopf überstrecken.
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Blutzuckermessung mit Stick jetzt durchführen. Es gilt heutzutage: „Erst essen, dann messen!“
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Injektion von Glukagon per Fertigspritze, falls der Patient diese besitzt.
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Regelmäßige Vitalzeichenkontrolle durchführen.
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Patienten warm zudecken.
Fallbeispiel „Hypoglykämie“
Eine 60 Jahre alte Hausfrau, seit 8 Jahren Diabetikerin und fast genauso lange Patientin in der Heilpraktikerpraxis, steht plötzlich samt Ehemann unangemeldet in der Praxis und verlangt umgehend einen Termin. Sie und ihr Mann seien gestern in eine kleinere Wohnung gezogen und nun habe sie einen schlimmen „Hexenschuss“, der sofort behandelt werden müsse. Schließlich könne sie die ganzen Kisten nicht unausgepackt herumstehen lassen. Der Ton der an sich sehr sympathischen Frau ist ungewohnt aggressiv und unfreundlich. Dem Heilpraktiker fällt auf, dass die Patientin sehr blass und verschwitzt ist und feuchtkalte Hände hat. Die Patientin schimpft so lautstark über die „unfähigen“ Umzugshelfer und ihre Rückenbeschwerden, dass dies dem Ehemann sichtlich peinlich ist. Dabei wirkt sie fast wie betrunken. „Ich weiß nicht, was heute mit ihr los ist!“ raunt er dem Heilpraktiker zu. Als die Patientin ihren Mantel aufknöpfen will, sieht der Heilpraktiker, dass ihre Hände stark zittern. „Bevor wir weitermachen, nehmen Sie erst einmal ein Stück Traubenzucker.“ Der Heilpraktiker löst Traubenzucker in Apfelsaft auf und gibt ihn der Patientin. Diese will zuerst protestieren, trinkt den Saft dann aber doch. Der BZ-Test ergibt jetzt einen Wert um 80 mg/dl. Um ein erneutes Absinken des BZ zu vermeiden, jedoch den BZ auch nicht zu schnell hochzutreiben, gibt der Heilpraktiker der Patientin eine Scheibe Brot zu essen. Die Patientin wirkt spürbar ruhiger, auch geht es ihr subjektiv deutlich besser. Sie überlegt: „Ich fürchte, ich habe in diesem ganzen Rummel meine Medikamente zweimal genommen.“ „Das könnte sein“, bestätigt der Heilpraktiker. „Vielleicht haben Sie sich gestern aber auch zu sehr angestrengt und zu wenig gegessen – oder alles zusammen. Jedenfalls sollten Sie unbedingt zu Ihrem Hausarzt gehen und ihm von dem Vorfall berichten, damit er den Blutzucker kontrollieren und das weitere Vorgehen mit Ihnen absprechen kann.“ Er setzt der Patientin rasch drei Ohrakupunkturnadeln, damit sie sich trotz Lumbago besser bewegen kann. Dann wird die Patientin von ihrem Mann sofort zum Hausarzt gefahren.
Tipp
Diabetiker müssen die Hypoglykämiesymptome kennen und sollten immer Traubenzucker bei sich haben. Bei Hypoglykämien unter einer (Kombinations-)Therapie mit Acarbose wirkt nur reine Glukose (Monosaccharid). Würfelzucker (Disaccharid) und in Schokolade enthaltener Zucker wird nicht resorbiert und ist daher unwirksam.
15.6.6
Diabetische Folgeerkrankungen
Diabetische Makroangiopathie und Mikroangiopathie
Achtung
Ein Herzinfarkt kann beim Diabetiker aufgrund der Polyneuropathie klinisch „stumm“ verlaufen, d. h. ohne (nennenswerte) Schmerzen. Dadurch wird der Infarkt zu spät erkannt, und wichtige Therapiechancen werden nicht genutzt.
Diabetische Nephropathie
Augenkomplikationen des Diabetes mellitus
Diabetische Polyneuropathie
Diabetisches Fußsyndrom
Diabetische Kardiomyopathie
15.7
Fettstoffwechselstörungen
Fettstoffwechselstörungen (Lipidstoffwechselstörung, Hyperlipoproteinämie, Hyperlipidämie): Erhöhung des Triglyzeridspiegels (Neutralfettspiegel) und/oder des Cholesterinspiegels im Blut.
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HDL = High Density Lipoproteins (Lipoprotein „mit hoher Dichte“). Dem in der HDL-Fraktion enthaltenen Cholesterin (HDL-Cholesterin) wird eine Schutzwirkung gegen die Arteriosklerose zugeschrieben.
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LDL = Low Density Lipoproteins. Ein erhöhter Anteil an LDL-Cholesterin hingegen bedeutet ein erhöhtes Arteriosklerose-Risiko.
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VLDL = Very-Low-Density-HDL-CholesterinLipoproteine. Auch dieses Lipoprotein wird mit der Cholesterin:HDLEntstehung der Arteriosklerose in Zusammenhang gebracht.
Krankheitsentstehung
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VLDL-CholesterinHäufigste Fettstoffwechselstörung ist die polygene Hypercholesterinämie. Auf Cholesterin:VDLdem Boden einer von vielen Genen (polygen) beeinflussten, erblichen Veranlagung führt falsche Ernährung zu einem erhöhten Cholesterinspiegel.
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Die übrigen primären Hyperlipoproteinämie:primäreHyperlipoproteinämien sind deutlich seltener, z. B. die autosomal dominant vererbte familiäre (hereditäre) Hypercholesterinämie, bei der schon beim Jugendlichen ein Herzinfarkt auftreten kann.
Symptome
Diagnostik
Naturheilkundliche Therapie bei Fettstoffwechselstörungen
Handbuch für die Naturheilpraxis 8.4
Ab- und Ausleitungsverfahren
Ernährungstherapie und orthomolekulare Therapie
Homöopathie
Ordnungstherapie
Phytotherapie
Pharma-Info: Medikamentöse Cholesterinsenker
Bei zu hohen Lipidspiegeln werden folgende Arzneigruppen eingesetzt:
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CholesterinsenkerStatine (CSE-Pharma-Info:CholesterinsenkerHemmer (Cholesterin-Synthese-Enzym-Hemmer, HMG-CoA-StatineReduktasehemmer), z. B. Lovastatin (Mevinacor®), CSE-HemmerSimvastatin (z. B. Denan®), Pravastatin oder Atorvastatin: Diese Stoffklasse senkt den Cholesterinspiegel am stärksten, HMG-CoA-Reduktasehemmerund zwar um 30–40 %. Der relativ guten subjektiven Verträglichkeit stehen einige seltene, aber ernste Nebenwirkungen im Bereich der Leber und der Muskulatur (Muskelfaserauflösung) gegenüber.
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Fibrate bzw. Fibrinsäure-Derivate, z. B. Bezafibrat (Rp Cedur®), Phenofibrat (Rp Lipanthyl®), Gemfibrozil (Rp Gevilon®). Diese Substanzen sind v. a. bei hohen FibrateTriglyzeridspiegeln sinnvoll und – abgesehen von (seltenen) Magen-Darm-Beschwerden – meist nebenwirkungsarm und gut verträglich.
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Anionenaustauscher, z. B. Cholestyramin, etwa in Quantalan®: Sie hemmen die Rückresorption von Gallensäuren im Darm, sodass in der Leber vermehrt Cholesterin zum Neuaufbau von AnionenaustauscherGallensäuren verbraucht wird. Nachteilig sind häufige Blähungen und Völlegefühl, weshalb bis zu 30 % der Patienten das Arzneimittel absetzen. Außerdem vermindern die Anionenaustauscher die Resorption anderer Arzneimittel, die daher entweder zwei Stunden vor oder vier Stunden nach den Anionenaustauschern eingenommen werden sollen.
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Nikotinsäureabkömmlinge, z. B. Nikotinsäure (z. B. Niconacid®), Acipimox oder Pyridylmethanol. Auch bei diesen Präparaten sind Nebenwirkungen, v. a. ein mit der Zeit Nikotinsäureabkömmlingenachlassender Flush, andere Hauterscheinungen und Magen-Darm-Beschwerden, häufig. Harnsäure- und Blutzuckerspiegel können ansteigen und sollten daher kontrolliert werden.
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Cholesterin-Resorptionshemmer, z. B. Ezetimib (Ezetrol®) hemmen die Aufnahme von Cholesterin aus Nahrung und Gallensaft im Darmtrakt. Sie werden bevorzugt in Kombination mit Cholesterin-ResorptionshemmerStatinen eingesetzt – der zusätzliche Nutzen ist umstritten.
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Sitosterin, z. B. Sito-Lande®: Die Substanz, ein pflanzliches Cholesterin, vermindert die Cholesterinaufnahme im Dünndarm und ist bei leicht bis mäßig erhöhten SitosterinCholesterinspiegeln sowie in der Kombinationstherapie angezeigt. Bis auf geringe Magen-Darm-Beschwerden sind keine Nebenwirkungen bekannt.
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Omega-3-Fettsäuren, wie sie v. a. in Fischöl vorhanden sind, haben sich als sanfter Lipidsenker bewährt. Sie senken v. a. die Triglyzeride, indem sie die VLDL-Synthese drosseln.Omega-3-Fettsäuren
Die jahre- oder gar lebenslange medikamentöse Therapie wird von vielen Patienten nicht durchgehalten. Noch immer ist umstritten, welche Patienten ab welchem Cholesterin-Grenzwert von einer cholesterinsenkenden Behandlung profitieren. Immer gilt zudem: Mehr Bewegung ist wichtiger als „Laborkosmetik“!
Schulmedizinische Therapie
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Eine obst- und gemüsereiche, mediterrane Kost wird empfohlen.
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Weniger als 30 % der Kalorien sollten aus Fett stammen. Diese sollten sich auf mindestens 10 % mehrfach ungesättigte, 10 % einfachDiät:Fettstoffwechselstörung ungesättigte und höchstens 10 % gesättigte Fettsäuren verteilen. (Mehrfach) ungesättigte Diät:cholesterinarmFettsäuren sind v. a. in pflanzlichen, gesättigte Fettsäuren v. a. in tierischen Fetten enthalten. An Cholesterin sind max. 300 mg tgl. erlaubt. Diese Grenze ist bereits mit einem einzigen Eidotter erreicht.
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Der Verzehr von reichlich Ballaststoffen (mindestens 35 g tgl.), besonders Haferkleie und Apfelpektin, senkt ebenfalls den Blutfettspiegel.
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Auch auf Zucker (Süßigkeiten!), Teigwaren und Mehlspeisen sollte der Patient weitgehend verzichten, um eine kohlenhydratverursachte Hyperlipoproteinämie zu vermeiden.
•
Alkohol ist verboten, besonders bei Erhöhung der Triglyzeride.
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Übergewicht sollte abgebaut werden.
15.8
Hyperurikämie und Gicht
Hyperurikämie: Harnsäurespiegel von > 7 mg/dl (420 nn/l); häufigste Stoffwechselstörung der Überflussgesellschaft, wird bei 20–25 % der Bevölkerung nachgewiesen.
Manifeste Gicht: Uratausfälle im Gewebe (Gelenke, Tophi, Nieren) mit nachfolgenden Entzündungsreaktionen; tritt bei etwa 1 % der Bevölkerung, bevorzugt im Alter zwischen 40–60 Jahren auf.
Krankheitsentstehung
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primäre Hyperurikämie: erbliche Störung im Purinstoffwechsel mit Harnsäureerhöhung im Serum über 7 mg/dl (= 420 μmol/l); häufig
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sekundäre Hyperurikämien: Harnsäureerhöhung z. B. infolge vermehrten Zelluntergangs (etwa unter Zytostatikatherapie) oder Nierenfunktionsstörungen; selten
Symptome
Diagnostik
Achtung
Der Harnsäurewert kann bei einem akuten Gichtanfall evtl. auch im Normbereich liegen!
Naturheilkundliche Therapie bei Gicht
Bei Gicht sind mit naturheilkundlichen Verfahren gute Erfolge zu erzielen. Dabei stehen naturheilkundliche Therapie:GichtFragen zur Lebensführung und Ernährung im Vordergrund. Geben Sie dem Gicht:naturheilkundliche TherapiePatienten die unter „Wichtige Hinweise für Patienten mit Gicht“ unter der schulmedizinischen Therapie aufgeführten Empfehlungen, damit er den Verlauf der Beschwerden positiv beeinflussen kann.
Ab- und Ausleitungsverfahren
Ernährungstherapie und orthomolekulare Therapie
Homöopathie
Neuraltherapie
Physikalische Therapie
Phytotherapie
Traditionelle Chinesische Medizin
Schulmedizinische Therapie und Prognose
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Mittel der ersten Wahl sind heute nichtsteroidale Antiphlogistika, etwa Indometazin (z. B. Rp Amuno®) oder Diclofenac (z. B. Rp Voltaren®, 9.12.4Gichtanfall, akuter und 23.16.5, Pharma-Info).
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Sehr gut und rasch wirksam, aber mit mehr Nebenwirkungen behaftet, ist Colchicin, z. B. Rp Cochicum-dispert®. Hauptnebenwirkungen des Colchicins sind Durchfälle, Übelkeit, Erbrechen, Knochenmarkdepression und Haarausfall.
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Glukokortikoide intraartikulär (in das Gelenk hinein) oder systemisch nur bei Erfolglosigkeit obiger Behandlungsschritte.
Achtung
Die Diät und in vielen Fällen auch die medikamentöse Behandlung sind lebenslang erforderlich, da die ursächliche Stoffwechselanomalie trotz Therapie bestehen bleibt.
Fallbeispiel „Gichtanfall“
Ein 62 Jahre alter Unternehmensberater, der schon längere Zeit einen Tinnitus (24.8.3) in der HP-Praxis behandeln lässt, hüpft und humpelt morgens in die Sprechstunde. Am offensichtlich kranken Fuß trägt er nur eine Socke. Er sei nachts um halb vier mit heftigen Schmerzen in der rechten großen Zehe aufgewacht. Die Zehe sei geschwollen. Die Heilpraktikerin ist nicht sonderlich überrascht, dass der stark übergewichtige und genussfreudige Patient über derartige Symptome klagt, hat sie ihn doch erst unlängst bei der Besprechung der Blutwerte auf die Erhöhung der Harnsäure und die evtl. Folgen aufmerksam gemacht. „Ich wette, sie haben gestern Abend tüchtig geschlemmt, oder?“ fragt sie den verdutzten Patienten. „Nun ja, wir waren beim Nachbarn zur Grillparty eingeladen. Da habe ich natürlich zugelangt … Was hat das mit meinem Zeh zu tun?“ „Ich wette schon wieder, und zwar, dass Sie einen Gichtanfall haben und nun für Grillfleisch und Bier leiden müssen.“ Die Inspektion zeigt tatsächlich ein hochrot-bläulich geschwollenes Großzehengrundgelenk, das schon bei leisester Berührung schmerzt. Die Körpertemperatur beträgt 37,4 °C. Da der Allgemeinzustand des Patienten stabil ist und dieser auch „nicht noch extra“ zu seinem Hausarzt möchte, verordnet die Heilpraktikerin zwei Phytotherapeutika sowie Ruhe, Umschläge, purinfreie Kost und das Trinken von reichlich Flüssigkeit. Außerdem vereinbart sie mit dem Patienten einen Termin für einen Hausbesuch am nächsten Tag, bei dem sie den weiteren Verlauf kontrollieren will. Dann erkundigt sie sich noch, wie der Patient in die Praxis gekommen ist, denn sie befürchtet, dass dieser leichtsinnigerweise noch selbst Auto gefahren ist. Das ist jedoch nicht der Fall; im Wartezimmer wartet die Ehefrau des Patienten und fährt ihn nach Hause.
Wichtige Hinweise für Patienten mit Gicht
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Der Patient soll viel trinken, die tgl. Urinmenge sollte mindestens 2 l betragen, um die Bildung von Harnsäuresteinen zu verhindern. Bier ist trotz seiner harnflussfördernden Wirkung nicht geeignet, da es den Harnsäurespiegel erhöht.
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Extreme körperliche Anstrengung und Unterkühlung können Anfälle Gicht:Verhaltenstipsauslösen und sollten daher vermieden werden.
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•
Bei übergewichtigen Patienten ist eine Gewichtsnormalisierung anzustreben. Verboten sind jedoch radikale Fastenkuren, da diese den Harnsäurespiegel erhöhen.
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•
Auch eine Chemotherapie bei Tumorpatienten kann einen Gichtanfall auslösen. Harnsäure entsteht bei Abbau von Purinen, die u. a. beim Untergang von Zellen freigesetzt werden. Auch Tumorzellen enthalten Purine; gehen also durch eine Tumortherapie viele Zellen gleichzeitig zugrunde, wird viel Harnsäure gebildet. So kann es – v. a. beiGicht:Chemotherapie entsprechender Vorgeschichte, aber auch bei Chemotherapie:Gichtanfalldiesbezüglich leerer Anamnese – zu einem akuten Gichtanfall kommen.
15.9
Mangel- und Überflusssyndrome
15.9.1
Hypo- und Hypervitaminosen
Hypovitaminosen
Krankheitsentstehung
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Fehlernährung, z. B. bei HypovitaminosenAlkoholabhängigen, an Anorexia nervosa (26.11.1) oder Vitamine:MangelsyndromeBulimia nervosa (26.11.2) Erkrankten oder Personen, die sich in erster Linie mit Fast-Food-Produkten ernähren („Junggesellen-Skorbut“) bzw. mit unausgewogener vegetarischer Kost ohne ausreichenden Vollkornanteil („Pudding-Vegetarier“)
•
erhöhten Bedarfs, z. B. während Schwangerschaft und Stillzeit
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Resorptionsstörungen, z. B. nach Magen-Darm-Resektionen oder bei schweren Darmentzündungen (13.8.3)
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Einnahme bestimmter Medikamente, z. B. Langzeitgabe von Antibiotika, die die Darmflora zerstören, oder Cumarinabkömmlingen zur Gerinnungshemmung, die als Vitamin-K-Antagonisten zu einem (gewollten) Vitamin-K-Mangel führen
Symptome
Diagnostik
Therapie und Prognose
•
Der bestehende Vitaminmangel muss durch Zufuhr des Vitamins beseitigt werden. Ob die Gabe in Form von Tabletten ausreichend ist oder ob Injektionen erforderlich sind, hängt u. a. von der Ursache ab. Bei perniziöser Anämie (20.5.2) oder Resorptionsstörungen nach Darmresektionen ist die parenterale Zufuhr angezeigt, bei Fehlernährung als Ursache kann das Vitamin oral gegeben werden.
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Die Grunderkrankung muss nach Möglichkeit beseitigt, also die Ernährung umgestellt oder eine Darmerkrankung behandelt werden.
Achtung
Eine versehentliche i. v.-Injektion von Thiaminpräparaten (Vitamin B1Vitamin B1) kann einen tödlichen anaphylaktischen Schock (22.6.2) auslösen; in Ausnahmefällen gilt dies auch für wiederholte i. m.-Injektionen.
Hypervitaminosen
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Die Vitamin-A-Hypervitaminose zeigt sich akut durch Schmerzzustände, Schwindel und HypervitaminosenErbrechen oder chronisch durch Knochenhautveränderungen, Blutungen und neurologisch-psychiatrische Störungen (z. B. Reizbarkeit).
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Die Vitamin-D-Hypervitaminose äußert sich in Knochenentkalkung, Nierenverkalkungen und Hyperkalzämie (16.4.11).
•
Vitamin A:HypervitaminoseHypervitaminosen der Vitamine E und K dagegen sind beim Menschen bisher nicht bekannt. Vitamin E kann jedoch die Wirksamkeit anderer fettlöslicher Vitamine mindern, wenn es in sehr hohen Dosen eingenommen wird.
15.9.2
Spurenelementmangelsyndrome
15.10
Phenylketonurie
Phenylketonurie: autosomal rezessiv vererbte Störung des Aminosäurenstoffwechsels, die unbehandelt zu schwerer geistiger Behinderung führt. Häufigkeit ca. 1 : 8.000.
Krankheitsentstehung und Symptome
Schulmedizinische Therapie
15.11
Porphyrien
Porphyrien: eine Gruppe erblicher Stoffwechselerkrankungen, die mit einer verminderten Produktion von rotem Blutfarbstoff Hämoglobin einhergehen. Der Name leitet sich von der ringförmigen Grundstruktur des Häm ab, dem Porphyrin.
Symptome und Diagnostik
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Die akuten oder akuten hepatischen Porphyrien gehen mit Attacken plötzlicher starker Bauchschmerzen einher, je nach Erkrankung und Schweregrad treten Leberprobleme und neurologische Ausfälle auf. Charakteristisch ist der schubweise Verlauf, akute Krisen wechseln mit oft langen symptomlosen Phasen ab. Auslöser für Attacken sind Medikamente (z. B. Barbiturate, Diclofenac, Porphyrien:hepatischeSulfonamide, Theophyllin, Clonidin), viele Arten von chemischen Substanzen, Hormone (Menstruation, Kontrazeptiva, Stress), Hungerzustände und andere Faktoren.
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Kutane Porphyrien zeigen folgende Symptome: eine schmerzhafte Lichtempfindlichkeit, hierbei kann auch die Leber in Mitleidenschaft gezogen werden. Auslöser sind Alkohol, Östrogene und chlorierte Hydrocarbone. Es können zudem massive und entstellende Haut- und Gewebeschäden auftreten.
Achtung
An eine Porphyrie muss gedacht werden, wenn wiederholte kolikartige Leibschmerzen zusammen mit einer Hypertonie oder mit Herzrhythmusstörungen auftreten oder auch mit Muskelschwäche, Lähmungen oder neurologischen und psychiatrischen Störungen wie überstarken Ängsten oder Depressionen.