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978-3-437-57631-7
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Struktur der homöopathischen AnamneseAnamnese
Vorbericht |
|
Spontanbericht | Spontan geschilderte Symptome, ohne Nachfragen des Arztes |
Gelenkter Bericht | Durch Nachfragen des Arztes vertiefte Anamnese |
Kopf-zu-Fuß-Schema | Systematisches Abfragen aller Körperregionen |
Objektive Symptome | Vom Arzt beobachtete, unveränderliche Symptome |
Körperliche Untersuchung | Physikalische Krankenuntersuchung nach üblichem medizinischen Standard |
Fremdanamnese | Befragung anderer Personen (Angehörige, nahe stehende Bekannte und Freunde) über die Beschwerden des Patienten |
Beispiele für wertvolle objektive SymptomeSymptomeobjektive im Repertorium
Symptom | Rubrik im Repertorium |
Gesichtsröte bei Aufregung | Gesicht – Farbe – rot – Erregung, bei |
Sommersprossen | Gesicht – Sommersprossen |
Arcus senilis | Auge – Trübung – Hornhaut, der – Arcus senilis |
Aniosokorie | Auge – Pupillen – ungleich |
Allopecia areata | Kopf – Haare – Haarausfall – Stellen, an kleinen |
Fettige Haare | Kopf – Haare – fettig |
Eingewachsene Nägel | Extremitäten – Nägel – Beschwerden der – eingewachsene Zehennägel |
Gebeugte Haltung | Allgemeines – gebeugte Haltung |
Gegenüberstellung von geschlossenen und offenen FragenAnamneseFragestil
Geschlossene Frage, Suggestivfrage | Offene Frage |
Leiden Sie unter Kopfschmerzen? | Unter welchen Beschwerden leiden Sie? |
Haben Sie klopfende oder stechende Kopfschmerzen? | Können Sie den Schmerz näher beschreiben? |
Sind die Schmerzen schlimmer bei Bewegung? | Wodurch verschlimmern sich die Schmerzen? |
Haben Sie die Schmerzen besonders bei Wetterwechsel? | Sind die Schmerzen abhängig von Wettereinflüssen? |
Werden Ihre Schmerzen durch Drücken gegen die Schläfen erleichtert? | Durch welche Maßnahmen können Sie sich Linderung verschaffen? |
Leiden Sie während der Kopfschmerzen auch unter Sehstörungen oder Übelkeit? | Gibt es Beschwerden, die immer dann auftreten, wenn Sie auch Ihre Kopfschmerzen haben? |
Sind Sie während der Kopfschmerzen besonders reizbar oder deprimiert? | Wie geht es Ihnen psychisch während der Kopfschmerzen? Wie ist Ihre Stimmungslage? Was macht der Schmerz mit Ihnen? |
Fühlen Sie sich besonders schlapp, wenn Sie die Kopfschmerzen haben? | Wie ist Ihr Allgemeinbefinden während der Kopfschmerzen? |
Die Aufnahme eines vollständigen KrankheitsbildesKrankheitsbild, vollständiges nach Bönninghausen
Bönninghausen-Original | Spätere Erweiterungen | ||
Quis? | Wer? | Persönlichkeit, Individualität des Kranken | Geistes- und Gemütssymptome |
Quid? | Was? | Krankheit, deren Natur und Eigenthümlichkeit | Art der Beschwerden |
Ubi? | Wo? | Sitz der Krankheit | Ort und Ausdehnung der Beschwerden |
Quibus auxiliis? | Was noch? | Begleitende Symptome | Begleitsymptome |
Cur? | Weshalb? | Krankheitsursachen | Auslösende Ursachen, Ätiologie |
Quomodo? | Wie? | Modificationen (Verschlimmerung oder Besserung) der Beschwerden | Häufigkeit, Intensität, Qualität, Modalitäten |
Quando? | Wann? | Zeit des Auftretens der Beschwerden | Zeitpunkt, Beginn, Dauer, Ende, Tageszeit, Periodizität der Beschwerden |
Checkliste akute Erkrankungen
✓ Aktuelle Beschwerden | Quis – Quid – Ubi – Quibus auxiliis – Cur – Quomodo – Quando (Tab. 6.4, 7.4.2) |
✓ Ätiologie | Auslösende Faktoren |
✓ Allgemeinbefinden |
|
✓ Schlaf | Einschlafen, Durchschlafen, Position, Schweiß, Sprechen, Zähneknirschen, Träume |
✓ Fieber | Muster, Verlaufsform; Schüttelfrost, Schweiß, Durst, Delirium |
Gegensatzpaare konstitutioneller Merkmale (nach Dorcsi)
Groß | ↔ | Klein | Mitfühlend | ↔ | Egoistisch |
Rot | ↔ | Blass | Mitleidig | ↔ | Hartherzig |
Warm | ↔ | Kalt | Abweisend | ↔ | Anlehnungsbedürftig |
Trocken | ↔ | Feucht | Einordnend | ↔ | Herrschend |
Kräftig | ↔ | Schwach | Trost verlangend | ↔ | Trost ablehnend |
Ruhig | ↔ | Unruhig | Gottergeben | ↔ | Anführer |
Straff | ↔ | Schlaff | Fleißig | ↔ | Faul |
Jungendlich | ↔ | Alt aussehend | Pedantisch | ↔ | Oberflächlich |
Froh | ↔ | Still | Arbeitslust | ↔ | Unlust |
Heiter | ↔ | Ernst | Aktiv | ↔ | Inaktiv |
Lustig | ↔ | Traurig | Sprachen | ↔ | Mathematik |
Gesellig | ↔ | Verschlossen | Appetit | ↔ | Appetitlos |
Lachen | ↔ | Weinen | Durstig | ↔ | Durstlos |
Optimistisch | ↔ | Pessimistisch | Süß | ↔ | Sauer |
Ängstlich | ↔ | Furchtlos | Verstopfung | ↔ | Durchfall |
Lebensangst | ↔ | Existenzangst | Schwitzen | ↔ | Schweißlos |
Erfolgsangst | ↔ | Zukunftsangst | Schlaf | ↔ | Schlaflos |
Gutgläubig | ↔ | Misstrauisch | Schönträume | ↔ | Albträume |
Gutmütig | ↔ | Bösartig | Hypomenorrhoe | ↔ | Hypermenorrhoe |
Mild | ↔ | Zornig | Hypersexuell | ↔ | Hyposexuell |
Nachgiebig | ↔ | Nachtragend | Morgenmensch | ↔ | Abendmensch |
Die homöopathische Anamnese
-
6.1
Voraussetzungen70
-
6.2
Struktur71
-
6.3
Anamnesetechnik74
-
6.4
Dokumentation78
-
6.5
Besondere Situationen79
-
6.6
Ganzheitliche Wahrnehmung82
-
6.7
Abschluss der Anamnese82
AnamneseEine ausführliche homöopathische Anamnese steht am Anfang jeder Behandlung und ist ein wesentlicher Baustein der gesamten Therapie. Sie wird gegliedert in Vorbericht, Spontanbericht, Lenkbericht und weitere Bereiche. Mithilfe des Kopf-zu-Fuß-Schemas können alle körperlichen Bereiche durchgegangen werden, um keine Symptome zu übersehen. Die Anamnesetechnik beinhaltet einen speziellen Fragestil, der insbesondere eine offene Haltung des Arztes und die Vermeidung geschlossener Fragen erfordert. Fragebögen und Checklisten können die Anamnese unterstützen. Alle Symptome des Patienten werden sorgfältig aufgezeichnet. Die homöopathische Anamnese muss aber immer flexibel gestaltet werden: Je nach Patient – Säugling, Kleinkind, Erwachsener; offener oder verschlossener Mensch; psychisch Kranker usw. – müssen einige Besonderheiten berücksichtigt werden. Immer sollte die zwischenmenschliche Begegnung im Vordergrund stehen. Ziel jeder Anamnese sollte es sein, ein umfassendes Bild des Patienten zu erhalten – gemäß der von Mathias Dorcsi geprägten Frage: „Was ist das für ein Mensch?“
6.1
Voraussetzungen
6.1.1
Begegnung zwischen Patient und Arzt
6.1.2
Äußere Bedingungen
6.2
Struktur
-
•
ErstanamneseErstanamnese: Dieser Begriff beschreibt die eigentliche homöopathische Anamnese. Der erstmalige Kontakt zwischen homöopathischem Arzt und Patient sollte eine umfangreiche Befragung zu allen Lebensbereichen umfassen. Der Zeitaufwand für eine solche „Bestandsaufnahme“ beträgt in der Regel mindestens 1 Stunde.
-
•
FolgekonsultationFolgekonsultation (FolgeanamneseFolgeanamnese): Nach erfolgter Erstanamnese umfasst die folgende Konsultation die Therapie- und Verlaufskontrolle. Bei länger bestehenden, chronischen Krankheiten wird die erste Folgeanamnese meist 4–6 Wochen nach der Erstanamnese eingeplant.
-
•
AkutanamneseAkutanamnese: Bei akuten ErkrankungenKrankheit, akuteAnamnese ist der Zeitbedarf geringer, da hier nur die aktuellen, akuten Beschwerden (z. B. Symptome einer akuten Bronchitis) erhoben werden müssen.
6.2.1
Vorbericht
6.2.2
Spontanbericht
Es empfiehlt sich, besonderes Augenmerk auf den ersten Satz bzw. die ersten SymptomeSymptomeSpontanbericht zu legen und diese möglichst wörtlich zu notieren. In vielen Fällen ergeben sich daraus weiterführende Überlegungen: Was liegt dem Patienten am meisten am Herzen? Was hält er selbst für am wichtigsten an seiner Erkrankung? Von welchen Beschwerden ist er am stärksten beeinträchtigt?
6.2.3
Gelenkter Bericht
6.2.4
Kopf-zu-Fuß-Schema
6.2.5
Objektive Symptome
-
•
Ist sein Händedruck weich oder fest, hat er warme, trockene oder kalte, feuchte Hände?
-
•
Blickt er uns in die Augen, oder meidet er den Blickkontakt?
-
•
Läuft er aufrecht oder gebückt?
-
•
Sieht er fröhlich oder deprimiert aus, wirkt er eher gelassen oder eher gehetzt etc.?
-
•
Wie genau schildert der Patient seine Beschwerden, wie sind dabei seine Haltung, seine Gestik, seine Mimik?
-
•
Mit welchen Unter- und Zwischentönen schildert er die Symptome?
-
•
Wie ist seine innere Beteiligung dabei?
6.2.6
Körperliche Untersuchung
6.2.7
Fremdanamnese
6.3
Anamnesetechnik
6.3.1
Fragestil
6.3.2
Vollständiges Symptom
6.3.3
Fragebögen
6.3.4
Checklisten
6.3.5
Gegensatzpaare
6.4
Dokumentation
6.4.1
Schriftliche Aufzeichnung
6.4.2
Computerdokumentation
6.5
Besondere Situationen
6.5.1
Pädiatrie
-
•
Bei kleinen Kindern steht die FremdanamneseFremdanamneseFremdanamnesePädiatrie im Mittelpunkt. In der Regel ist ein Elternteil anwesend und berichtet über die Beschwerden des Kindes.
-
•
Ab dem Alter von 3–4 Jahren werden erste, einfache Gespräche mit dem Kind selbst möglich.
-
•
Erst im Schulalter kann eine genauere Anamnese mit dem Kind durchgeführt werden.
-
•
Ab dem Alter von etwa 13 Jahren sollte das Gespräch mit dem Patienten selbst stärker in den Vordergrund rücken.
6.5.2
Psychiatrie und Psychosomatik
-
•
Erfahrung in psychotherapeutischer und psychodiagnostischer Anamnese- und Gesprächstechnik (Exploration).
-
•
Kenntnis der zu behandelnden Krankheitsbilder und Diagnosen.
-
•
Kenntnis der verschiedenen Verlaufsmöglichkeiten.
-
•
Kenntnisse der Psychopharmakologie, da sich viele Patienten mit vorbestehender Medikation vorstellen, die man einschätzen können sollte.
-
•
Urteilsvermögen für die Einschätzung, wann weitere stützende Maßnahmen oder eine Psychotherapie eingeleitet werden sollten.
6.5.3
Geriatrie
6.5.4
Intensivmedizin
6.6
Ganzheitliche Wahrnehmung
Der Patient soll sich während der Anamnese in seinem Leiden stets ernst genommen und respektiert fühlen – dies entspricht unserer ärztlichen Grundhaltung.
-
•
Welche besonderen Charaktereigenschaften hat er?
-
•
Was hat er für Vorlieben und Abneigungen?
-
•
Was hat er für eine Geschichte?
-
•
Welche Sorgen, Ängste, Hoffnungen hat er?
-
•
Was bewegt ihn in seinem Innersten?
6.7
Abschluss der Anamnese
-
•
In welchen zeitlichen Abständen soll sich der Patient zur Verlaufskontrolle wieder melden?
-
•
Was ist bei möglichen Reaktionen auf die Arzneigabe zu beachten?
-
•
Was soll im Hinblick auf die Ernährung beachtet werden?
-
•
Sollen andere Therapiemaßnahmen begonnen, weitergeführt oder abgesetzt werden?
-
•
Wie ist bei akuten Erkrankungen vorzugehen?
-
•
Wann wird der nächste Termin stattfinden?
Literatur
Boger, 1999
Bönninghausen, 1860
Dorcsi, 2005
Dorcsi, 2011
Felder-Puig, 2006
Foubister, 1962
Gawlik, 1998
Gawlik, 1998
Hahnemann, 2001
Hahnemann, 2006
Heé, 2007
Hock and Gerke, 2005
Kaplan, 2005
Keller, 1989
Künzli von Fimmelsberg, 1973
Künzli von Fimmelsberg, 1985
Laporte, 2006
Lucae, 2003
Lucae, 2012
Nash, 1972
Sankaran, 1991
Schmidt, 1960
Schmidt, 1968
Wischner, 2000
Wischner and Organon-Kommentar, 2001