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978-3-437-56353-9
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Stoffwechsel und Hormonsystem
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19.1
Fettstoffwechsel- störungen432
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19.2
Gicht434
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19.3
Diabetes mellitus440
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19.4
Schilddrüsen- erkrankungen444
19.1
Fettstoffwechselstörungen
Definition: Erhöhung des Triglyzeridspiegels (Neutralfettspiegel) und/oder des Cholesterinspiegels im Blut. Begünstigung der Entstehung einer Arteriosklerose und somit einer koronaren Herzkrankheit, eines Herzinfarkts, eines Schlaganfalls und einer arteriellen Verschlusskrankheit. Cholesterin ist größter Risikofaktor für die Entstehung einer Arteriosklerose. Nach heutigem Wissensstand ist die Verteilung des Cholesterins auf die verschiedenen Gruppen von Lipoproteinen für das KHK-Risiko entscheidend: StoffwechselHormonsystemHyperlipoproteinämieHyperlipoproteinämie s. Fettstoffwechselstörungen, HyperlipidämieHyperlipidämieCholesterinspiegelFettstoffwechselstörungen
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HDL = High density lipoproteins (Lipoprotein „mit hoher Dichte“). HDL-Cholesterin wird eine Schutzwirkung gegen die Arteriosklerose zugeschrieben.
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LDL = Low density lipoproteins. Erhöhter Anteil an LDL-Cholesterin bedeutet ein erhöhtes Arterioskleroserisiko.
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VLDL = Very low density lipoproteins. Wird mit der Entstehung der Arteriosklerose in Zusammenhang gebracht.
Ätiologie: Primäre Hyperlipoproteinämie genetisch bedingt, häufiger sekundäre (symptomatische) Hyperlipoproteinämie durch falsche Ernährung (fettreiche Kost, zu viel Alkohol) oder Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Gicht, Hypothyreose, Leberzirrhose oder Nierenerkrankungen, Medikamente (z. B. Thiaziddiuretika, Östrogene).
Symptomatik: Meist keine Beschwerden, Zufallsdiagnose. Erstsymptome sind oft bereits Zeichen arteriosklerosebedingter Komplikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall). Blutserum u. U. bei der BSG milchig-trübe. Fettleber und Gallensteinleiden. Bei extrem hohen Blutfettspiegeln evtl. Pankreatitis. Xanthelasmen oder Arcus lipoides sind nur hinweisdiagnostisch interessant, aber kein Beweis für eine Fettstoffwechselstörung. Xanthome bilden sich nur bei sehr hohen Spiegeln.
Therapeutische Strategie
Homöopathische Behandlung
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Die Hyperlipidämie in ihren unterschiedlichen Ausprägungen ist immer nur ein Teilaspekt der Gesundheitsstörung des Patienten und darf aus diesem Grund weder in der schulmedizinischen noch in der homöopathischen Therapie isoliert bewertet werden.
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Da die Blutfetterhöhung einen langfristigen Effekt auf die Gesundheit des Patienten und somit auch auf die Prognose hat, muss auch die Veränderung der absoluten Blutwerte, die je nach Lebensgewohnheiten an sich schon variabel sind, langfristig betrachtet werden. Da wegen der unterschiedlich stark ausgeprägten genetischen Komponente die Ursache der Hyperlipidämie nicht immer nutritiver Natur (z. B. Fett, Alkohol) ist, kann zu Beginn der homöopathischen Therapie auf eine Diät verzichtet werden. Nach längerer und – bzgl. des Gesamtzustandes des Patienten – erfolgreicher homöopathischer Therapie ohne eine Verbesserung der Blutfettwerte kann an eine Diät unter regelmäßiger Kontrolle der Blutfettwerte gedacht werden.
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ErnährungHyperlipidämieIst die Blutfetterhöhung eindeutig nutritiver oder alkoholtoxischer Natur, ist das erste Ziel der Therapie eine Änderung der Lebensgewohnheiten in Form von Diät oder Alkoholentzug. Je nach Ausprägung der Problematik ist ein Behandlungskonzept zu wählen, das von psychologischer Betreuung bis hin zu stationären Entwöhnungs- oder Entzugsmaßnahmen alle Möglichkeiten einschließt.
Eine Veränderung der Lebensgewohnheiten (Diät etc.) führt auch immer zu einer Veränderung der Symptomatik des Patienten und erschwert sowohl die Arzneimittelfindung als auch die korrekte Analyse der Arzneimittelwirkung.
Wahl der Symptome
Miasmatische Zuordnung
Repertorium
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Es sind keine homöopathischen Medikamente mit isolierter spezifischer Wirkung auf die Blutfette bekannt.
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Bei der Auswahl des homöopathischen Arzneimittels ist der erhöhte Blutfettwert an sich nicht von Bedeutung (als Symptom nicht in der homöopathischen Literatur verzeichnet). Die Arzneimittelauswahl erfolgt immer nach den Richtlinien der konstitutionellen homöopathischen Therapie.
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Die ursächliche Symptomatik der Blutfetterhöhung kann bei der Arzneiwahl eine Rolle spielen, falls sie eruierbar ist, z. B. das Verlangen nach Alkohol in verschiedenen Ausprägungen (Bier, Wein, Whiskey etc.), Verlangen nach fetten Speisen, Adipositas (sowohl Ursache als auch Folge).
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Die Spätfolgen der Hyperlipidämien wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen (11) oder Leber- und Pankreaserkrankungen (14) stehen mit ihrer Symptomatik sowohl bei der Arzneiwahl als auch bei der Verlaufsbeurteilung im Vordergrund.
Dosierung Verlaufsbeurteilung, Prognose
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Keine Bedeutung für Arzneiwahl und Verlaufsbeurteilung haben Blutfette, Antikörpertiter bei Infektionserkrankungen und Allergien.
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Zur Verlaufsbeurteilung brauchbar sind Entzündungswerte (BSG, CRP, Leukozyten) bei akut oder chronisch entzündlichen Erkrankungen, Nierenwerte bei Nierenerkrankungen, Leberwerte bei Lebererkrankungen, Tumormarker, Schilddrüsenwerte bei Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, Schilddrüsenantikörper bei Entzündungen der Schilddrüse, rotes Blutbild bei Anämie, Harnsäure bei Gicht, Blut- und Urinzuckerwerte bei Diabetes mellitus Typ 1 und 2.
Unterstützende Maßnahmen
Wichtige homöopathische Arzneimittel
19.2
Gicht
Definition: UrikopathieUrikopathie, Arthritis uricaArthritis urica s. Gicht. Bei hoher Harnsäurekonzentration im Blut (Hyperurikämie) fallen Harnsäurekristalle (Urate) aus, lagern sich besonders in den Gelenken ab und führen zu Entzündungsreaktionen. Risikofaktoren: Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes mellitus, Hypertonus. Zu 95 % Männer betroffen.
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Primäre Hyperurikämie: Störung im Purinstoffwechsel mit Harnsäureerhöhung im Serum über 7 mg/dl (= 420 µmol/l); häufig; genetische Faktoren spielen eine Rolle.
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Sekundäre Hyperurikämie: Harnsäureerhöhung z. B. infolge vermehrten Zelluntergangs (z. B. Zytostatikatherapie) oder Nierenfunktionsstörungen; selten.
Symptomatik: Lange symptomlos, dann überraschend, häufig in der Nacht akuter Gichtanfall. Anfangs meist nur ein Gelenk betroffen (typischerweise Großzehengrundgelenk = Podagra) mit starker Schwellung und Rötung, extrem schmerzhaft, evtl. Fieber, Frösteln. Im weiteren Verlauf Wechsel zwischen akuten Gichtanfällen und symptomfreien Intervallen. Unbehandelt nach ca. 5–15 Jahren Entwicklung der (heute sehr seltenen) chronischen Gicht, die durch Gelenkdeformierungen und Harnsäureablagerungen in Weichteilen und Knochen gekennzeichnet ist (Gichttophi), v. a. an den Ohrmuscheln, Fingern, Zehen und Ellenbogengelenken.
Therapeutische Strategie
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Zu Beginn, bei kurzer Erkrankungsdauer, wenn bisher wenige oder keine GichtanfälleGichtanfall aufgetreten sind, darf auf Harnsäure senkende Medikamente verzichtet werden. Dabei sollte der Harnsäurewert regelmäßig kontrolliert werden (bei guter Arzneimittelwirkung wird er sinken).
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Bei Gichtpatienten mit bereits jahrelangem Krankheitsverlauf oder bereits bestehendem oder drohendem Organschaden sollte auf schulmedizinische Begleittherapie nicht verzichtet werden. Die Harnsäure senkenden Medikamente können bei gutem Therapieverlauf und Ansprechen der Blutharnsäure später ggf. reduziert oder abgesetzt werden.
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Im akuten GichtanfallGichtanfallAkuttherapieGichtanfall ist eine homöopathische Behandlung Erfolg versprechend. Sollte sie jedoch nicht schnell zur Linderung der Beschwerden führen, muss auf passende schmerz- und entzündungshemmende Medikamente ausgewichen werden. Die homöopathische Konstitutionstherapie soll nach einem akuten GichtanfallGichtanfall weitergeführt werden.
Homöopathische Behandlung
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Beim akuten GichtanfallGichtanfallAkuttherapieGichtanfall ist eine klassische Akutbehandlung angezeigt. Bei meist sehr deutlich ausgeprägter Lokalsymptomatik kommen einige wichtige Arzneimittel infrage, die sich gut differenzieren lassen. Die Arzneimittelwirkung bei der akuten GichtGichtanfallAkuttherapieGichtanfall muss prompt sein und zu einer schnellen Besserung führen, ansonsten können die Arzneimittel sehr schnell gewechselt werden (evtl. stündlich). Bei Patienten mit bereits durchlaufenen GichtanfällenGichtanfallAkuttherapieGichtanfall in der Anamnese empfiehlt es sich, diese möglichst genau zu studieren und den Patienten die entsprechenden Arzneimittel als Reserve mitzugeben. Bei fehlender Wirkung der homöopathischen Therapie sollte auf schulmedizinische Medikamente ausgewichen werden.
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Die Behandlung der symptomlosen Hyperurikämie sowie der chronischen Gicht mit Gelenk- und/oder Organbeteiligung entspricht der homöopathischen Konstitutionstherapie.
Wahl der Symptome
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SymptomenwahlGichtanfallLokalisation des Gichtanfalls: z. B. am Großzehengrundgelenk, an den Händen oder seltener an den Schultern oder Knien. Auch die Lateralität kann Hinweise liefern.
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Zeitpunkt des Auftretens: ist nur dann von Bedeutung, wenn es sich um eine mehrmalige Wiederholung der gleichen Zeitmodalität handelt.
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Causa: kann wahlanzeigend sein, z. B. nach Einwirkung von Kälte, nach Anstrengung, Verletzung.
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Lokalbefund: liefert wenig Hinweise auf das passende Arzneimittel.
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Modalitäten: wichtig für die Arzneiwahl, Besserung oder Verschlechterung durch Bewegung, Berührung, Druck oder warme bzw. kalte Anwendungen.
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Begleitsymptome: können Hinweise für das passende Arzneimittel liefern, z. B. Frost oder Hitze, Schweiß, Durst, Durstlosigkeit, Übelkeit.
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Psychischer Zustand: Sind ausgeprägte Geistes- und Gemütssymptome vorhanden, können diese herangezogen werden, z. B. Schreien bei Schmerzen, Stöhnen, Ruhelosigkeit, ausgeprägte Reizbarkeit oder Wut, Abneigung, den Arzt zu sehen.
Miasmatische Zuordnung
Repertorium
Diagnosebezogene Rubriken
Lokalisation
Dosierung Verlaufsbeurteilung, Prognose
Bei lang anhaltender HyperurikämieHyperurikämie, hohen Harnsäurewerten, schwerer Gicht mit häufigen Gichtanfällen oder bereits bestehenden Gelenksveränderungen ist nicht sofort mit einem Ausbleiben der GichtanfälleGichtanfall zu rechnen. Bei allgemeiner Besserung des Gesundheitszustandes sollten sich die Gichtanfälle im Beginn jedoch zumindest in Häufigkeit und/oder Heftigkeit reduzieren.
Bei allgemeiner Besserung des Gesundheitszustandes ist die Blutharnsäure nicht das alleinige Kriterium einer guten Arzneimittelwirkung, da sie schon durch entsprechende Änderung der Ess- und Trinkgewohnheiten sinkt.
Unterstützende Maßnahmen
Wichtige homöopathische Arzneimittel und ihre Differenzierung
!! | Bell., Bry., Colch., Led., Lyc. |
! | Arn., Benz-ac, Calc., Caust., Dulc., Graph., Nux-v. |
Akute Gicht
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Schmerzen, schlechter bei Bewegung: Colchicum, Ledum, Arnica, Bryonia, Benzoicum acidum, Belladonna.
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Colchicum: bei fehlender Individualsymptomatik das erste Medikament. Bestätigend sind Übelkeit (verschlechtert durch Gerüche), starke Auftreibung des Abdomens. #ColchicumGichtanfall
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Ledum#LedumGichtanfall: Besserung durch lokale, kalte Anwendungen, obwohl der Patient frostig ist.
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Arnica:#ArnicaGichtanfall Verschlechterung durch Berührung, Wundschmerzen immer an der Stelle, die auf der Unterlage aufliegt, weshalb oft die Position gewechselt wird.
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Bryonia#BryoniaGichtanfall: Schmerzen, schlimmer sind durch die geringste Bewegung, lokaler Druck bessert, Kälte verschlechtert, schlechter gegen 21 Uhr, reizbare Stimmung.
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Benzoicum acidum: übel riechenden Urin (wie Pferdeharn), evtl. Nierensteine oder Harngrieß in der Anamnese. #Benzoicum acidumGichtanfall
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Belladonna: Erschütterung verschlechtert, pochende Schmerzen. #BelladonnaGichtanfall
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Causticum: Verbesserung der Schmerzen durch warme Anwendungen.
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Rhus toxicodendron#Rhus toxicodendronGichtanfall: fortgesetzte Bewegung und Wärme bessern.
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Übermäßiger Alkoholgenuss: Nux vomica.
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Überanstrengung durch Sport oder nach Verletzungen: Arnica (schlechter durch Bewegung), Rhus toxicodendron (besser durch Bewegung).
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Gicht nach Kälteeinwirkung: Dulcamara (bei feuchter Kälte und Wetterwechsel zu kalt), Causticum (bei trockener Kälte).
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Hände: z. B. Lycopodium.
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Daumen: z. B. Lycopodium.
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Ellenbogen: z. B. Causticum.
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Finger: z. B. Calcarea carbonica, Lycopodium. #Calcium carbonicumGichtanfall#LycopodiumGichtanfall
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Hüfte: z. B. Belladonna, Ledum.
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Knie: z. B. Benzoicum acidum, Calcarea carbonica, Causticum, Ledum, Nux vomica.
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Knöchel: z. B. Ledum.
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Füße: z. B. Ledum, Lycopodium.
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Ferse: z. B. Calcarea carbonica, Lycopodium.
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Gelenke der Zehen: z. B. Arnica, Calcarea carbonica, Causticum, Dulcamara, Graphites, Lycopodium.
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Gelenke der Großzehen (Podagra): z. B. Arnica, Benzoicum acidum, Bryonia, Calcarea carbonica, Causticum, Dulcamara, Ledum, Lycopodium.
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Ausgeprägte Gereiztheit: Arnica, Bryonia, Colchicum (Patienten, die Arnica benötigen, behaupten, kein Problem zu haben und schicken den Arzt wieder nach Hause).
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Schreien vor Schmerzen: z. B. Belladonna, Bryonia.
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Weinen: Belladonna, Lycopodium, Nux vomica.
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Ruhelosigkeit bei Schmerzen: Arnica, Belladonna (Achtung, nicht verwechseln mit Besserung durch Bewegung – Rhus toxicodendron).
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Starkes Frieren: Rhus toxicodendron (besser durch Bewegung), Nux vomica (Auslöser meist Alkoholexzesse, reizbar, evtl. Hämorrhoidalbeschwerden), Ledum (frostige Patienten, deutlicher Besserung durch kalte Anwendungen).
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Hitze: Bryonia (allgemeine Hitze, Durst auf große Mengen warmer Getränke, warme Anwendungen und Druck bessern), Belladonna (lokale oder allgemeine Hitze, dabei kalte Extremitäten, Rötung des erkrankten Körperteils, des Gesichts, pochenden Schmerzen).
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Übelkeit durch Gerüche, starke Auftreibung: Colchicum.
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Übelriechender Urin (wie Pferdeharn): Benzoicum acidum.
Chronische Gicht/Hyperurikämie
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Fingergelenke: z. B. Benzoicum acidum, Causticum, Ledum, Lycopodium.
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Füße: z. B. Ledum.
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Hände: z. B. Benzoicum acidum, Ledum.
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Handgelenke: z. B. Benzoicum acidum, Ledum, Lycopodium.
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Knie: z. B. Causticum, Ledum.
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Zehen: z. B. Causticum, Ledum.
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Nierensteine: z. B. Benzoicum acidum, Lycopodium.
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Harngrieß: z. B. Lycopodium.
Die labortechnisch bestimmbare Harnsäureerhöhung im Blut lässt keine Rückschlüsse auf das passende Arzneimittel zu.
19.3
Diabetes mellitus
Definition: Chronische Störung des Glukosestoffwechsels. Zu hoher Blutzuckerspiegel durch Insulinmangel oder verminderte Reaktionsfähigkeit des Körpers auf Insulin (Insulinempfindlichkeit); zugleich Glukosemangel in den Zellen, da nicht ausreichend Glukose aus dem Blut in die Zellen aufgenommen werden kann.
Symptomatik: Ca. 4 % der Bevölkerung sind Diabetiker; erhebliche soziale Bedeutung, v. a. durch gravierende Spätkomplikationen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nephropathien, Neuropathien, AVK etc.).
19.3.1
Typ-1-Diabetes
Definition: IDDM (Insulin-dependent diabetes mellitus): insulinabhängiger Diabetes mellitus, jugendlicher Diabetes mellitus. Diabetes mellitusinsulinabhängiger (Typ 1)
Symptomatik: Meist junger schlanker Patient mit Polyurie, Polydipsie, Gewichtsverlust, Leistungsminderung, oft Ketoazidose. Bei akuten Bauchschmerzen an Pseudoperitonitis denken.
Therapeutische Strategie und homöopathische Behandlung
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Ohne extern zugeführtes Insulin kommt es zu erheblichen Störungen im Zuckerstoffwechsel. Der Patient ist letztlich nicht überlebensfähig.
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Die meisten Patienten erkranken an einer der multiplen, schweren Folgeerkrankungen wie z. B. an Gefäßsklerose oder schweren Nierenstörungen.
Wahl der Symptome
Miasmatische Zuordnung
Repertorium
Allgemeines // Diabetes mellitus
Gemüt // Traurigkeit – Diabetes bei (3 AM)
Extremitäten // Gangrän – diabetisch (6 AM)
Männliche Genitalien //Erektion – fehlend – Diabetes, bei (11 AM)
Haut // Jucken – Diabetes, bei (1 AM)
Dosierung, Verlaufsbeurteilung, Prognose
Von einer Verbesserung der Blutzucker, Diabetes mellitusBlutzuckerwerte oder einer Verringerung der benötigten Insulineinheiten kann auch bei positiver Arzneimittelwirkung nicht ausgegangen werden.
Unterstützende Maßnahmen
Wichtige homöopathische Arzneimittel
19.3.2
Typ-2-Diabetes
Definition: NIDDM (Non-insulin-dependent diabetes mellitus): insulinunabhängiger Diabetes mellitus, Altersdiabetes. Diabetes mellitusinsulinunabhängiger (Typ 2)Meist älterer adipöser Patient.
Symptomatik: Ohne oder mit unspezifischen Symptomen wie verstärkte Müdigkeit, Infektanfälligkeit – z. B. Furunkulose, Mykosen, Balanitis, Pruritus vaginalis mit Begleitentzündung, HWI – allg. Pruritus, Nachlassen der Libido, Kopfschmerzen, Schwindel, vorzeitige Arteriosklerose (Angina pectoris, Claudicatio intermittens), zunehmende Sehstörungen. Cave: Spezifische Symptome (z. B. Polyurie, Polydipsie) nur gering ausgeprägt, diabetische Folgeerkrankungen können als Erstsymptome imponieren.
Therapeutische Strategie und homöopathische Behandlung
Ein grundsätzliches Problem bei der Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 stellt die Einnahme von anderen, Begleitmedikation, allopathischeDiabetes mellitusschulmedizinischen Medikamenten dar (z. B. Antihypertonika, Diuretika, Antikoagulanzien, Cholesterinsenker, psychotrope Medikamente, Schlafmittel). Sie können die Wirkung der homöopathischen Arzneimittel stören. Ist es nicht möglich, sie abzusetzen, muss die Dosierung der homöopathischen Arzneimittel angepasst werden (z. B. häufigere Einnahme oder Q-Potenzen s. u.).
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Blutzucker, Diabetes mellitusLiegen anamnestisch deutliche Blutzuckerentgleisungen vor, sollte keine Veränderung der schulmedizinischen Medikation erfolgen.
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Ist die Blutzuckererhöhung erst seit kurzem bekannt und/oder moderat und liegen keine schwerwiegenden Begleiterkrankungen vor, können blutzuckersenkende Medikamente evtl. reduziert oder sogar abgesetzt werden (nur vom erfahrenen homöopathischen Arzt und unter häufiger Kontrolle der Blutzuckerwerte).
Wahl der Symptome
Miasmatische Zuordnung
Dosierung, Verlaufsbeurteilung, Prognose
Unterstützende Maßnahmen
Wichtige homöopathische Arzneimittel
19.4
Schilddrüsenerkrankungen
19.4.1
Struma, Struma nodosa
Definition: Kropf. Jede Schilddrüsenvergrößerung, unabhängig von der Ursache und Funktionslage; häufige Erkrankung.
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Euthyreote Struma (blande Struma): Schilddrüsenvergrößerung bei regelrechter Schilddrüsenstoffwechsellage. Häufige Erkrankung, 15 % der Bevölkerung betroffen.
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Struma diffusa: gleichmäßige Vergrößerung des Schilddrüsengewebes.
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Struma nodosa (Knotenstruma): Vergrößerung des Schilddrüsengewebes mit Knoten.
Symptomatik: Erst bei ausgeprägter Schilddrüsenvergrößerung bestehen Dyspnoe mit/ohne Stridor, Schluckbeschwerden. Selten Hypo- oder Hyperthyreose-Symptome Sehr selten Heiserkeit durch Rekurrensparese. Cave: Malignom ausschließen.
Therapeutische Strategie und homöopathische Behandlung
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Liegt eine nicht kanzeröse, nicht entzündliche Vergrößerung oder Knotenbildung der Schilddrüse und euthyreote Stoffwechsellage vor, sollte eine homöopathische Konstitutionstherapie eingeleitet werden. Auf schulmedizinische Begleittherapie kann dabei weitgehend verzichtet werden, speziell auf die JodsubstitutionJodsubstitutionStruma, da die mangelnde Assimilation von Jod aus der Nahrung in der heutigen Zeit auf eine Störung der Gesundheit und nicht auf ein mangelndes Angebot in der Nahrung zurückzuführen ist (daher auch die familiäre Häufung von Strumaerkrankungen). Das Therapiekonzept ist langfristig angelegt, regelmäßige Ultraschallkontrollen der Schilddrüse geben Aufschluss über den Therapieverlauf. Auch das Vorliegen eines kalten Knotens mit erhöhtem Entartungsrisiko stellt für den homöopathischen Arzt zunächst keine Operationsindikation dar. Das Vorgehen muss in diesem Fall aber sorgfältig mit dem Patienten besprochen werden und die Verlaufsbeurteilung hat besonders kritisch zu erfolgen.
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▪
Vergrößerung/Knotenbildungen mit (evtl. kompensierter) hyperthyreoter Stoffwechsellage, heiße Knoten, autonomes Adenom: Therapie 19.4.2 (Hyperthyreose).
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Vergrößerung/Knotenbildungen mit hyperthyreoter Stoffwechsellage, Schilddrüsenentzündung: Therapie 19.4.4 (Entzündungen der Schilddrüse).
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Vergrößerung/Knotenbildungen mit hypothyreoter Stoffwechsellage: Therapie 19.4.3 (Hypothyreose).
Wahl der Symptome
Miasmatische Zuordnung
Repertorium
Äußerer Hals – Struma – rechts: Causticum, Iodium, Lycopodium, Mercurius iodatus flavus, Natrium carbonicum, Phosphor, Sepia, Spongia
Äußerer Hals – Struma – links: Lachesis
Dosierung, Verlaufsbeurteilung, Prognose
Unterstützende Maßnahmen
Wichtige homöopathische Arzneimittel
19.4.2
Hyperthyreose
Definition: SchilddrüsenüberfunktionSchilddrüsenüberfunktion. Überproduktion von Schilddrüsenhormonen; häufige Erkrankung. Ursachen: 60 % Schilddrüsenautonomie oder M. Basedow; seltener iatrogen durch Jod- oder Schilddrüsenhormonsubstitution; gelegentlich bei Thyreoiditis oder Schilddrüsenmalignom.
Symptomatik: Nervosität, Schlafstörungen, psychische Labilität, Gewichtsverlust trotz Heißhunger, Schweißausbrüche, Diarrhoe.
Therapeutische Strategie und homöopathische Behandlung
Um den Behandlungsverlauf richtig einzuschätzen, sind häufige Kontrollen der pathologischen Blutwerte (TSH, fT3, fT4, bei M. Basedow und anderen Entzündungen auch Schilddrüsenantikörper sowie Entzündungswerte) unabhängig vom subjektiven Befinden des Patienten dringend notwendig.
Wahl der Symptome
Miasmatische Zuordnung
Repertorium
Dosierung, Verlaufsbeurteilung, Prognose
Wichtige homöopathische Arzneimittel
19.4.3
Hypothyreose
Definition: SchilddrüsenunterfunktionSchilddrüsenunterfunktion. Mangel an Schilddrüsenhormonen; häufige Erkrankung. Unterschieden werden:
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Primäre Hypothyreose (häufig) nach Strumaresektion, Radiojod- oder thyreostatischer Therapie, Schilddrüsenentzündungen.
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Sekundäre Hypothyreose (selten) z. B. bei Tumoren des Hypophysenvorderlappens.
Symptomatik: Falls nicht iatrogen verursacht, oft schleichender Beginn mit geringen Symptomen. Antriebsarmut, Kälteempfindlichkeit, Muskelschwäche, Kribbelparästhesien, Obstipation, depressive Stimmung, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen.
Therapeutische Strategie und homöopathische Behandlung
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Hypothyreose bei „JodmangelstrumaJodmangelstruma“: Auf Substitution von Schilddrüsenhormonen und Jod kann verzichtet werden, da das Schilddrüsengewebe prinzipiell intakt ist, der Körper durch die homöopathische Therapie dazu bewegt wird, Jod zu assimilieren und genügend Hormone zu produzieren. Außerdem durchbricht die Hormonsubstitution den natürlichen Regelkreis von Hypophyse (TSH) und Schilddrüse (T3, T4) und behindert durch diese „Entlastung“ des Körpers die Möglichkeit der homöopathisch stimulierten Selbstheilung.
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Hypothyreose bei Entzündungen der Schilddrüse: Da bei beginnender Hypothyreose durch Entzündungen der Schilddrüse davon ausgegangen werden muss, dass noch intaktes Schilddrüsengewebe vorhanden ist und durch die homöopathische Therapie die Entzündung gestoppt werden kann, sollte zumindest im Beginn versucht werden, auf Hormonsubstitution zu verzichten. Zeigt sich im weiteren Verlauf, dass die körpereigene Hormonproduktion nicht ausreicht, muss Hormonsubstitution erfolgen.
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Hypothyreose als Endzustand nach Entzündung der Schilddrüse oder iatrogen nach Bestrahlung, Radiojodtherapie oder Operation: Diese heterogene Gruppe von Ursachen der Hypothyreose hat gemeinsam, dass keine Hormonproduktion der Schilddrüse mehr möglich ist, Substitution ist unabdingbar. Eine Ausnahme stellt die Teilresektion der Schilddrüse dar, wenn die Hormonproduktion noch möglich ist. Hier kann zumindest der Versuch unternommen werden, ohne Hormonsubstitution auszukommen.
Wahl der Symptome
Miasmatische Zuordnung
Repertorium
Dosierung, Verlaufsbeurteilung, Prognose
Unterstützende Maßnahmen
Wichtige homöopathische Arzneimittel
19.4.4
Schilddrüsenentzündung
Definition: ThyreoiditisThyreoiditis. Unterschieden werden:
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Akute Thyreoiditis: Infektion durch Bakterien, Pilze.
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Subakute Thyreoiditis De Quervain: Infektion durch Viren, genetische Disposition, Riesenzell-Thyreoiditis; seltene Erkrankung.
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Autoimmunthyreoiditiden: z. B. Hashimoto (hypertrophe Form), Riedel-Struma, atrophische Form, Post-partum-Thyreoiditis, chronisch-lymphozytäre Form.
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Sonderformen: Strahlenthyreoiditis, granulomatöse Erkrankungen, karzinomassoziierte Formen.
Symptomatik: Je nach Akuität der Erkrankung bestehen erhebliche Lokalsymptome (Schmerzen, Druckempfindlichkeit, Schluckbeschwerden, LK-Schwellung) und Fieber. Bei subakuten Beschwerden steht die meist einseitige, derbe Schilddrüsenschwellung mit starkem Druckschmerz und eingeschränktem Allgemeinzustand im Vordergrund.