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Stillraten Stillen:Stillratender europäischen Nationen [nach Yngve 2001; WHO 2003]
AT Österreich, BE Belgien, CH Schweiz, CZ Tschechische Republik, DE Deutschland, DK Dänemark, ES Spanien, FI Finnland, FR Frankreich, GB Großbritannien, GR Griechenland, HU Ungarn, IE Irland, IS Island, IT Italien, LT Litauen, LU Luxemburg, NL Niederlande, NO Norwegen, PL Polen, PT Portugal, SE Schweden
[A300–157]

Stillen und Mastitis
-
28.1
Stillen 1058
-
28.1.1
Bedeutung des Stillens1058
-
28.1.2
Epidemiologie1058
-
28.1.3
Physiologie und Biochemie der Laktation1060
-
28.1.4
Praktische Aspekte der Stillunterstützung1061
-
28.1.5
Medikamenteneinnahme in der Stillzeit1062
-
28.1.6
Infektionskrankheiten und maternaler Abusus1062
-
28.1.7
Evidenzbasierte Medizin1064
-
-
28.2
Erkrankungen der Brust in der Stillzeit 1064
28.1
Stillen
28.1.1
Bedeutung des Stillens
28.1.2
Epidemiologie
Mitte des letzten Jahrhunderts kam es dann zu einem absoluten Tiefpunkt in der Stillkultur, so haben in Deutschland nur noch knapp 60 % der Frauen in der 1. Lebenswoche ihre Kinder überhaupt gestillt, davon nur 1⁄3 ausschließlich [Hormann et al. 1997; Abou-Dakn 2003].
Seit Mitte der 1980er Jahre kommt es europaweit zu einer deutlichen Renaissance des Stillens mit allerdings weiterhin drastischer Abnahme der Stillfrequenz innerhalb der ersten Wochen bis Monate p. p. und einer nur knapp 10 %igen exklusiven Stillquote der Kinder nach 6 Monaten in Deutschland [Dulon et al. 2000, 2003].
Heute: Mehrere Untersuchungen konnten zeigen, dass heute in Industrieländern eher höher gebildete und besser ausgebildete Frauen ihre Kinder deutlich häufiger und länger stillen [Davies-Adetugbo 1997; Donath 2000; Soukaloun 2003].
28.1.3
Physiologie und Biochemie der Laktation
Physiologische Veränderungen der Brust
-
!
Laktation:PhysiologieIn der 4. SSW entwickelt sich beim Embryo ein primitiver Milchstrang von der Axilla bis zur Leistenregion. Zwischen 12–16 SSW differenzieren sich glatte Muskelzellen des Areola-Mamillen-Komplexes und Epithelzellen proliferieren zu 15–25 Epithelästen ohne drüsige Aussackungen, den sog. Azini [Cunningham 1997; Helms 2003].
-
Mammogenese: beginnt Mammogeneseunter dem Einfluss der ovarialen Steroide in der Pubertät mit der Telarche. Östrogene stimulieren das Gangwachstum, Östrogen und Progesterone führen zur duktalen Entwicklung [Peters 1987]. Eine völlige Ausdifferenzierung der Azini findet nur in der Schwangerschaft statt. Es kommt zu einem kräftigen Wachstum der Brust durch das Zusammenwirken von adrenokortikotropem Hormon (ACTH), HPL und Prolaktin:
–
Östrogen führt zu einer Proliferation des Gangsystems.
–
Unter Progesteron werden die Azini weiter ausgebildet und differenziert. So werden weintraubenartige Aufzweigungen der Azini erzeugt.
–
Die Protraktilität der Mamille nimmt in der Schwangerschaft kontinuierlich zu [Riordan 1998].
-
Laktogenese I: Beginnt in Laktogeneseder 2. Schwangerschaftshälfte. Unter dem Einfluss des steigenden Prolaktins kommt es zum Anstieg der mRNS für verschiedene Milchproteine und zur zunehmenden Sekretion von Milchproteinen sowie Fett und Enzymen in die Azini (A Kolostrum), die so zu Alveolen formiert werden [Riordan 1998]. Das HPL hat neben der möglichen Rolle bei der Mammogenese
-
eine Bedeutung bei der Induktion und gleichzeitigen Blockierung von Prolaktin-Rezeptoren zur Verhinderung der frühzeitigen Laktation. Hohe Progesteronlevel führen zur Blockierung der Oxytocinrezeptoren und verhindern so eine frühzeitige Entleerung der Alveolen.
-
Laktogenese II: Wird durch den raschen Entzug des HPL und des Progesterons nach der Geburt der Plazenta eingeleitet. Durch den Wegfall des blockierenden Effekts kommt es i. d. R. nach bis zu 30 Stunden p. p. zu einem deutlichen Anstieg des Blutvolumens in der Brust. Parallel hierzu steigt die Zahl der Prolaktinrezeptoren stark an und es kommt unter dem Einfluss von Prolaktin zur zunehmenden Umwandlung des Alveolarepithels in milchbildende und -sezernierende Zellen. So reguliert sich bei häufigem Anlegen des Kindes das Milchvolumen von anfänglich 100 auf 500 ml/d am 5. Tag p. p. [Neville 2001].
-
Laktogenese III (Galaktopoese): Beschreibt die Aufrechterhaltung der Milchbildung durch das Kind. Über die weitgehend vollständige Entleerung der Brust und das Saugen an der Mamille wird Prolaktin freigesetzt und hierdurch eine adäquate Neubildung der Milch veranlasst (Milchbildungsreflex). Gleichzeitig wird Oxytocin ausgeschüttet, das durch Kontraktion der perialveolären Muskelfasern die Freisetzung der Milch aus den Alveolen veranlasst (Milchejektionsreflex). Die Milchmenge bewegt sich bei ausschließlich stillenden Frauen zwischen 500 und 1.200 ml/24 h. Diese bleibt innerhalb der ersten 6 Monate p. p. relativ konstant. In der Nacht und bei den morgendlichen Mahlzeiten werden größere Mengen getrunken als tagsüber [Hartmann 1981; Hartmann 2004].
-
Involution (durchschnittlich 40 Tage nach dem letzten Stillen): Nachlassen der Milchproduktion durch fehlende Entleerung der Alveolen. Hierdurch werden hemmende Peptide freigesetzt. Es kommt schließlich zur Atrophie der Milchgänge und Alveolen.
Faustregeln für die tägliche Milchmenge
-
3.–8. Lebenstag (LT): LT minus 1 70 ml.
-
Ab der 2. Lebenswoche ca. 1⁄6–1⁄5 des kindlichen Gewichts in ml/d.
-
Anzeichen für effektives Stillen beim Kind [ILCA 2000]:
-
Gewichtsverlust < 7 %, kein weiter Gewichtsverlust nach dem 3. LT.
-
Gewichtszunahme ab dem 5. LT.
-
Geburtsgewicht am 14. LT erreicht.
-
Kein Mekoniumabgang nach Tag 4.
-
Nach dem 4. LT mind. 6 nasse Windeln/24 h, mind. 3 Stuhlentleerungen in 24 h.
-
Neugeborenes wirkt entspannt, gelegentlich ganz wach und interessiert und zeigt gutes Stillverhalten.
Biochemie der Frauenmilch
28.1.4
Praktische Aspekte der Stillunterstützung
-
StillunterstützungDie Mütter bzw. die Eltern frühzeitig über die Vorteile des Stillens informieren.
-
Eine spezifische Vorbereitung der Brust ist nicht notwendig. Bei der Schwangerenvorsorge ist bei der Brustuntersuchung allerdings auf anatomische Besonderheiten zu achten (z. B. Flachwarzen, Hohlwarzen), um ggf. rechtzeitig präpartal mit indikationsgerechten Hilfsmitteln (z. B. Brustwarzenformern) eine Besserung des Befundes zu erreichen [Springer 2004].
-
In Geburtsvorbereitungskursen oder in speziellen Stillkursen sollten die verschiedenen Stillpositionen dargestellt werden.
-
Nach der Geburt ist, nach Ausschluss einer Pathologie, für die frühe Mutter-Kind-Bindung von Seiten des Personals genügend Zeit zu lassen. Es ist günstig, in der ersten Lebensstunde ununterbrochenen Hautkontakt zwischen Mutter und Kind zu ermöglichen. Hierdurch kommt es zumeist zu einem natürlichen Stillbeginn und zu einer günstigen Bahnung der Mutter-Kind-Bindung.
-
Stillhindernisse sind sehr selten. In der Schwangerenberatung Medikamente und Erkrankungen der Mutter hinsichtlich einer möglichen Kontraindikation überprüfen.
-
Das 24-h-Rooming-in fördert den frühzeitigen Milcheinschuss und die Milchbildung. Mütter sind so motivierter, ihre Kinder weiter zu stillen. Unterschiede in der Länge oder der Qualität des maternalen Schlafs bestehen nicht. Für das Kind bedeutet die Trennung von der Mutter deutlich höheren Stress.
-
Schmerzen beim Stillen und Verletzungen der Mamille sind nicht natürlich, sondern weisen auf Fehler beim Anlegen hin. Nur wenn das Neugeborene mit weit geöffnetem Mund einen großen Teil der Areola erfasst hat und die Mamillenspitze am Übergang zwischen hartem und weichem Gaumen platziert ist, kann es die Milchreservoire entleeren und die Brustwarzen werden geschont.
-
Innerhalb des Teams sollte eine möglichst einheitliche Vorgehensweise bestehen. Unterschiedliche Aussagen und Empfehlungen führen zur Verunsicherung der Mütter. Hilfreich sind schriftliche Standards.
-
Klinische Routine weitgehend reduzieren, um nicht das Stillen nach Bedarf zu gefährden.
-
Durch immer kürzere postpartale Liegezeiten bekommt die poststationäre Unterstützung eine zunehmend wichtige Rolle.
28.1.5
Medikamenteneinnahme in der Stillzeit
Zytostatika.
Radionuklide.
Jodhaltige Kontrastmittel, Expektoranzien, Desinfektionsmittel (großflächig) – nicht die tägliche Jodsubstitution.
Kombinationsmedikation mit mehreren Psychopharmaka (4.6.9) oder Antiepileptika (4.6.8).
28.1.6
Infektionskrankheiten und maternaler Abusus
Es ergeben sich, bis auf die unten aufgeführten Ausnahmen, weder aus akuten noch aus chronischen maternalen Erkrankungen strenge Kontraindikationen zum Stillen. Aus der Sicht des Kindes ist als sehr seltene Erkrankung die Galaktosämie zu nennen.
Infektionskrankheiten der Mutter
Bei Mutter-Kind-Kontakt in der Prodromiezeit einer Infektion wäre die Unterbrechung des Stillens sogar kontraproduktiv. Die Übertragung von AK sowie die Unterstützung des Kindes durch unspezifische antiinflammatorische Substanzen in der Muttermilch unterstützen den Heilungsprozess [Lawrence 1999, 2001].
Bei peripartalen Infektionen innerhalb der Latenzzeit (z. B. Varizellen: 5 d vor und 2 d nach der Geburt) sind i. d. R. nicht genügend AK präpartal an das Neugeborene abgegeben worden. In diesen Situationen sind mit den Pädiatern eine kurzfristige Trennung von Mutter und Kind und eine passive Immunisierung und Therapie des Neugeborenen zu diskutieren.
HIV (18.1.2): HIV:Stillen beiDie prä-, intra- und postpartale antiretrovirale Therapie sind feste Bestandteile der HIV-Transmissionsprophylaxe. Durch eine kombinierte risikoadaptierte Intervention kann das vertikale HIV-Transmissionsrisiko von 15–40 % auf < 2 % gesenkt werden [Neubert et al. 2007].
–
Die WHO hat daher ihre Empfehlungen hinsichtlich des Stillen auch für die Industriestaaten angepasst. Bei entsprechender Compliance und regelmäßiger antiretroviraler Therapie darf ohne Einschränkungen gestillt werden. Die Stilldauer wird hierbei nicht eingeschränkt [Guidelines 2010].
–
In sich entwickelnden Ländern muss besonders das Risiko zu den möglichen Nachteilen des Nichtstillens abgewogen werden [Nduati 2000, 2001]. In der Regel wird daher dort das ausschließliche Stillen auch bei fehlender antiretroviraler Therapie für 6 Mon. empfohlen, da gezeigt werden konnte, dass das HIV-Risiko nur bei nicht ausschließlich gestillten Kindern stieg [Coutsoudis 2001, 2002].
–
Als Alternative zur Fütterung von Formulanahrung kann ggf. exprimierte Muttermilch nach Holder pasteurisiert werden: Hitzebehandlung 30 Min. bei 62,5 C.
Hepatitis B (17.10.5): keine Hepatitis:Stillen beiKontraindikation; Kind kann immer gestillt werden.
–
HbS-Ag-positive Mutter: aktive und passive Immunisierung des Kindes innerhalb der ersten 12 h p. p.
–
HbS-Ag unbekannt: Bestimmung des matenalen Status p. p.: aktive Immunisierung innerhalb von 12 h, passive innerhalb von 48 h, wenn Status dann positiv oder weiter unbekannt sein sollte.
Hepatitis C (17.10.5): Nach heutigem Kenntnisstand ist trotz theoretisch möglicher Übertragung durch das Stillen keine Infektion auf diesem Wege bekannt [Lawrence und Lawrence 2001; Foster 2003]. Daher sollte die Mutter über das sehr geringe Risiko informiert werden. Ggf. kann die Bestimmung der Viruslast seitens der Mutter eine zusätzliche Hilfe für die Entscheidung sein. Grundsätzlich kann dem Stillen zugestimmt werden.
Zytomegalie (18.1.6):
–
Bei reifem, nicht immungeschwächtem Neugeborenen ist das Stillen zu empfehlen.
–
Bei Frühgeborenen vor der 34. SSW ist das Regime nach wie vor nicht einheitlich und reicht von der Gabe supplementierter nichtpasteurisierter Muttermilch HCMV-positiver Mütter [Goelz 2004] bis hin zur Empfehlung, grundsätzlich die Muttermilch dieser Mütter zu pasteurisieren [Zwiauer 2003].
Herpes simplex (18.1.1): Keine Kontraindikation, das Kind sollte jedoch möglichst keinen Kontakt zu den Läsionen haben. Bei seltenem Infekt der Brustwarze daher andere Brust anbieten oder Läsion abdecken.
-hämolysierende Streptokokken (18.2.6): bei akuter Erkrankung Stillpause für 24–48 h nach Gabe eines wirksamen Penicillins.
Maternaler Abusus
Nikotin:
–
Keine Kontraindikation.
–
Wenn möglich, sollte das Rauchen reduziert werden.
–
Möglichst 1 h vor dem Stillen nicht rauchen.
–
Nikotin reduziert die Milchbildung. Raucherinnen neigen zum Abstillen und bedürfen daher einer besonderen Betreuung.
Alkohol:
–
Konzentration der Muttermilch verläuft parallel zum maternalen Blut.
–
Geschmacksveränderungen der Milch führen häufig zu Trinkschwächen.
!
Auf regelmäßigen Alkoholkonsum in der Stillzeit verzichten.
Drogen: Stillen generell kontraindiziert.
Methadonsubstitution (3.9): Wenn bereits in der Schwangerschaft substituiert wurde, kann gestillt werden [Schaefer 2001].
28.1.7
Evidenzbasierte Medizin
28.2
Erkrankungen der Brust in der Stillzeit
28.2.1
Epidemiologie und klinische Unterteilung
Epidemiologie
In den meisten prospektiven Studien: 25 % der entbindenden Frauen [Pranchev 1987; Kinlay 1998; Vogel 1999; Foxman 2002; Akre 2000].
0,66 % bei Klinikkollektiven [Peters 1992].
Bis zu 50 % in Risikokollektiven [Amir 1991].
Die meisten Erkrankungen (74–95 %) treten innerhalb der ersten 12 Wochen p. p. auf.
Häufigkeitsgipfel in der 2. und 3. Woche p. p. [Lewin 1968; Amr 1985; Kaufmann 1991; Peters 2001; Foxman 2002; Jonsson 1994; Peters und Sedlmayr 2001; Thompson 2002].
Einzelfälle werden bis zum 2. Lebensjahr berichtet [Riordan 1990; Amir 1999].
28.2.2
Verstärkter initialer Milcheinschuss
Zeitpunkt
Ätiologie
Klinik
-
Ödematös geschwollene Brust.
-
Flach ausgezogene Areola.
-
Kein Milchfluss.
-
Diffuse Rötung.
-
Gelegentlich kurzfristiges Fieber [WHO 1993, 2000].
Therapie
-
!
Rasches Eingreifen.
-
Kühlung zur Unterdrückung des Ödems und zur Schmerzlinderung: Zur Kühlung sind Coolpacks, Quarkauflagen (unter Freihaltung der Areola, am besten durch Tücher von der Brust getrennt) und Weißkohlauflagerungen gleichermaßen geeignet [Roberts 1995].
-
Ultraschall- und Lasertherapie sind in ihrem Wert noch nicht endgültig evaluiert [Snowden 2001].
-
Tiefdruckmassage:
–
Ausdrücken des Ödems i. S. einer Lymphmassage in Richtung der Lymphabflusswege.
–
Vor allem im Areolabereich die Schwellung vorsichtig zurückdrücken, um so das Positionieren des Kindes ohne Areola-Brustwarzen-Verletzungen zu ermöglichen.
-
Wechsel mit Wärmeanwendung und Versuch, das Kind anzulegen bzw. abzupumpen.
Prophylaxe
28.2.3
Milchstau
Auftreten
Ätiologie
-
Fehlender Milchspendereflex (z. B. durch Stress oder Schlafentzug) [Foxman 2002].
-
Mangelnde Entleerung der Brust oder von Brustarealen (z. B. nach Stoß- oder Druckeinwirkung auf einzelne Milchgänge oder Verstopfung der Milchgänge). Häufig als Ausdruck für:
–
Fehlerhafte Stilltechnik (Anlegefehler) oder/und:
–
Fehlerhafte Strategie (zu kurze oder zu seltene Stillperioden).
-
Sehr selten ist eine übermäßige Milchproduktion die Ursache [Perl 2003].
Klinik
-
Schmerzhafte Schwellung und Verdichtungen der Brust.
-
Rötung eines oder mehrerer Areale der Brust.
-
Fieber (Milchfieber):
–
Durch die lokale pyrogene Reaktion der Milch bedingt, die durch Zerstörung der Zellen in den Interzellularraum gelangt [Neville 1984; Fetherston 2001].
!
Kein Zeichen für Infektion!
Therapie
Ziel
Praktisches Vorgehen
-
Vor Anlegen oder Manipulationen Analgetika/Antiphlogistika: Ibuprofen (800–1.600 mg/d p. o.) oder Paracetamol (500–1.500 mg/d p. o.).
-
5 Min. feuchte Wärme Massage (oberflächige Lockerung des Gewebes) Stillen (Anlegen des Kindes möglichst mit dem Kinn auf die gestaute Stelle).
-
Anlegen des Kindes oder Pumpen möglichst mit einer elektrischen Milchpumpe bis zu 5–10 Min. nach Milchspendereflex auf der anderen Seite anlegen Kühlen.
-
Ursache beseitigen!
-
Evtl. Ausstreichen der verstopften Gänge, ggf. Eröffnung eines verschlossenen Milchgangs (weißes Bläschen) mit einer sterilen Kanüle.
2,5 mg oder 2 1,25 mg Bromocriptin [Peters 1979; Scheele 2001].
Alternativ: 15 Tr. Methergin 0,125 mg Methylergotmetrinhydrogenmaleat [Scheele 2001].
-
Homöopathie [Castro 1999]: Effekt in unterschiedlichen Studien (auch in der Veterinärmedizin) nachweisbar.
-
Akupunktur [Gao 1986]: Effekt nachweisbar.
-
Pflanzliche Mittel (Tee mit Phytoöstrogenen) [Flores 2002]: Milchmenge regulierbar.
-
Lasertherapie bei Brustwarzenverletzungen effektiv [Dotsenko 1989].
-
Therapeutischer Ultraschall [McLachlan 1991]: kein Effekt nachweisbar.
Prophylaxe
-
Korrekte Anlegetechnik [WHO 1993; Fetherston 1997; Fetherston 2001; Scheele 2001].
-
Stillen nach Bedarf [Bays 1992; Foxman 1994; Scott-Conner 1997].
-
Stress reduzieren oder Entspannungstechniken erlernen [Abou-Dakn et al. 2009; Riordan und Nichols 1990; Kaufmann und Foxman 1991; Foxman 1994; Fetherston 1998; Lawrence 1999, 2002; Scheele 2001].
-
Einsatz von Schnullern vermeiden [Centuori 1999].
28.2.4
Mastitis puerperalis
Definition
-
Mastitis puerperalisIn der Laktationszeit auftretende infektiöse Brustdrüsenentzündung.
-
Auftreten zu 98 % in den ersten 3 Monaten p. p.
-
Häufigkeitsgipfel in der 2.–3. Woche p. p. [Foxman 2002].
Erreger
Ca. 7 % Staphylococcus epidermidis [Matheson 1988; Riordan und Nichols 1990; Peters 1992; Sedlmayr 1993; Buescher 2001; Peters und Sedlmayr 2001].
12 % Mischkeime.
E. coli < 1 % [Thomsen 1984; Lawrence 1999].
Corynebakterien, Streptokokken: 3 % [Niebyl 1978; Peters 1985; Peters und Sedlmayr 2001].
Tuberkulose wird aus den typischen Endemiegebieten < 1 % der dort auftretenden Mastitisfälle beschrieben [Gupta 1999].
Infektionswege
-
Meist interstitielle Ausbreitung: über Schrunden und Rhagaden entlang den Lymphspalten (Bindegewebssepten) erysipelartige Ausbreitung [Lawrence 1999; WHO 2000].
-
Seltener kanalikuläre Form: von der Mamille fortgeleitete Infektion, benutzt als Leitschiene das erweiterte und milchhaltige Gangsystem. Von hier wird die Infektion in das Drüsenparenchym und umgebende Stroma weitergeleitet.
-
Hämatogene Weiterleitung wurde ebenfalls in Einzelfällen berichtet.
Pathophysiologie
Klinik
Symptome
-
Lokale schmerzhafte Areale der Brust mit Rötung und Überwärmung, oftmals scharf abgegrenzt.
-
Fieber.
-
Abgeschlagenheit und ein meist starkes Krankheitsgefühl.
Lokalisation
-
Meist einseitig (2⁄3 der Fälle).
-
Linke und rechte Brust gleichermaßen betroffen.
-
Häufigste Lokalisation oben und unten äußerer Quadrant [Riordan und Nichols 1990; Lawrence 1999, 2002; Peters und Sedlmayr 2001].
Therapie
Praktisches Vorgehen
-
Bettruhe, ggf. mit stationärer Überwachung.
-
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr für die Mutter, ggf. per infusionem.
-
Konservative Maßnahmen wie bei Stauungsmastitis (28.2.3) mit dem Ziel, die Brust in allen Arealen optimal zu entleeren [Thomsen und Espersen, 1984; Inch 1995].
-
Kein Abstillen zum akuten Zeitpunkt, da hierdurch die Gefahr für weitere Stauungsareale steigt!
Medikamentöse Therapie
-
Vor Manipulationen oder Anlegen Analgetika: z. B. Ibuprofen (800–1.600 mg/d) oder Paracetamol (500–1.500 mg/d).
-
Antibiotikatherapie so frühzeitig wie möglich beginnen, da später einsetzende Behandlung, d. h. jenseits des 2. Tages nach Auftreten der ersten Symptome, mit einer höheren Abszessbildung einhergeht [Peters und Sedlmayr 2001; Foxman und DArcy 2002].
–
Verletzungen der Brustwarze werden bei bestehendem Fieber von einzelnen Autoren bereits als Indikation zur Antibiotikatherapie genannt [Matheson und Aursnes 1988; Andreassen 2001].
–
Antibiose für 10–14 d (kürzere Therapie ist von einer höheren Rezidivrate gefolgt) [Lawrence 1999].
–
Alternativen: Cephazolin 2 g/d, Flucloxacillin 250 mg 4/d, Dicloxacillin 500 mg 4/d, Amoxicillin + Clavulon 500 mg 3/d, Clarithromycin 500 mg 2–4/d, Erythromycin 250 mg 4/d, Clindamycin 300 mg 3/d.
Differenzialdiagnose Mastitis puerperalis – Milchstau
-
Theoretisch durch Leukozyten- und Keimzählung der Milch [Thomsen und Espersen 1984; Lawrence 1999]: Ab 104 kolonienbildenden Keimen/ml und > 106 Leukozyten/ml Milch kann von einer infektiösen Mastitis ausgegangen werden.
-
Praktisch ergibt sich nach dem Versuch, den Stau durch o. g. Maßnahmen zu beseitigen, nach 12–24 h ohne Verbesserungstrend oder bei weiter bestehendem Fieber der klinische V. a. eine infektiöse Ursache [Lawrence 1999] und damit die Notwendigkeit nach zusätzlichen medikamentösen Maßnahmen.
Bei akuter bilateraler Mastitis muss von aggressiveren Keimen ausgegangen werden (z. B. -häm. Streptokokken der Gruppe B und MRSA). In diesen Fällen eine Stillpause für 2–3 Tage (Fieberentwicklung) unter adäquater Antibiose einlegen, die Muttermilch abpumpen und verwerfen.
Simultane Therapie des Neugeborenen meist erforderlich [Lawrence 1999, 2002; WHO 2000; Al-Marri 2000].
28.2.5
Abszess der laktierenden Brust
Epidemiologie
Therapie
Ein primäres Abstillen ist nicht notwendig.
Klassisches Vorgehen: Abszessinzision
-
Operativer Eingriff.
-
Entleerung und Ausräumung der Abszesshöhle. Gegebenenfalls mit Drainage und Gegeninzision.
-
Tägliches Spülen der Abszesshöhle und Belassen der Drainage, bis Wundsekret reduziert und sauber erscheint.
-
Bei großzügiger Eröffnung keine Antibiose mehr notwendig.
-
Schnitt möglichst nicht im Areolabereich, um ein Weiterstillen zu ermöglichen und auch nicht das spätere Stillen zu gefährden [Neifert 1999; Peters und Sedlmayr 2001].
-
Die Abszesshöhle granuliert meist problemlos innerhalb der nächsten 4 Wochen zu.
-
Eine Milchfistel kann für die Stillzeit entstehen, heilt aber meist bis zum Ende der Stillzeit problemlos durch den Epithel-growth-Faktor in der Muttermilch zu [Scheele 2001]. Fistelränder trocken halten.
Punktion der Abszesshöhle unter Sonografiesicht
Ambulantes Vorgehen.
Lokalanästhesie und Desinfektion des Areals.
Punktion mit Kanüle 1,1–1,9 mm 80 mm unter sonografischer Sicht. Einige Autoren verwenden auch Sonden und Drainagen.
Bei hoher Viskosität kann gespült werden (ggf. auch mit Antibiotikalösungen).
Punktion ebenfalls möglichst von der Areola entfernt durchführen, allerdings sollte die Strecke zwischen Abszess und Haut nicht zu weit entfernt sein (Keimverschleppung).
Punktion täglich wiederholen, bis Abszessdurchmesser nicht mehr sicher zu punktieren ist, i. d. R. 4 mm Durchmesser.
Ab der ersten Punktion sollte eine Antibiose (28.2.4) erfolgen und bis 7 Tage nach der letzten Punktion fortgeführt werden.
28.2.6
Candida-Infektion der Mamma
Epidemiologie
Pathophysiologie
-
Störung des mikrobiologischen Gleichgewichts der Haut und Störung der Integrität der Haut (z. B. Rhagadenbildung durch falsche Anlegetechnik) begünstigen die Infektion.
-
Vagina: kindliche Infektion intrapartal (Mund) Infektion der maternalen Brustwarzen Ping-Pong-Effekt [Heinig und Francis 1999].
-
Candida besitzt die Fähigkeit, sich an Zellstrukturen zu binden und durch Produktion von Hydrolasen die Interzellularbrücken zu spalten, sodass die Pilze zwischen den Epithelzellen in tiefere Schichen gelangen und dort eine entzündliche Reaktion auslösen. Die eingedrungenen pathogenen Pilze beladen sich mit Komplementfaktor C3 aus dem Serum und maskieren sich dadurch.
-
Einige Pilze haben die Fähigkeit, ihre Oberflächeneigenschaften durch antigenes Switching zu verändern.
-
Verschiedene Bestandteile der Pilze haben pyrogene und inflammatorische Wirkung [Heinig und Francis 1999].
Klinik
Mutter
-
Brennender, einschießender Schmerz in der Brust während und/oder nach dem Stillen (Abpumpen), ausstrahlend zur Brustwand, in Rücken und Arm, schlimmer nachts und in Kälte.
-
Schmerz in den Brustwarzen, der sich nicht durch Änderung der Stillposition oder Anlegetechnik beheben lässt.
-
Verletzte Brustwarzen, die nicht abheilen.
-
Juckreiz oder Hautabschilferung der Mamille.
-
Rötung der Mamille oder Areola, Berührungsempfindlichkeit.
-
Weiße, bläschenartige Flecken der Mamille.
-
Glänzende (perlmuttartige) Haut der Areola.
-
Rezidivierende Mastitis (Antibiotikagabe).
Kind
-
Orale Candidose.
-
Windeldermatitis.
-
Schnalzende Geräusche beim Stillen (durch Schmerzen in der kindlichen Mundhöhle).
-
Ablehnung der Brust.
-
Wiederholtes Loslassen der Brust.
-
Symptomlos, aber Mutter hat Candida-Infektion.
Diagnostik
-
Ausschlussdiagnose: durch Empirie der Anamnese und Symptome [Farnsworth 1975; Amir 1991; Hancock und Spangler 1993; Amir und Garland 1996; Bell 1998; Thomassen 1998; Heinig und Francis 1999; Brent 2001].
-
Mikroskopie pos. in 60–80 %.
-
Anlegen einer Kultur (oft ungenügende Keimzahl, Differenzierung zw. normaler Hautkolonisation und pathologisches Wachstum schwierig).
Differenzialdiagnose
-
Brustwarzenverletzungen: Schmerz folgt den Nervenfasern des verletzten Areals zu den Seiten und zum Rücken, während bei Candidiasis der Mamma durch Irritation der Milchgänge der Schmerz in alle 4 Quadranten der Brust ausstrahlt.
-
Ekzem:
–
Endogenes, atopisches Ekzem.
–
Kontaktdermatitis: Brennen und Jucken der Brustwarze, Rötung, Krustenbildung, Nässen.
-
Psoriasis der Brustwarze.
-
Herpes simplex: im Rezidivfall der Mutter bekannt. Bei Erstinfektion massive Schmerzen vor der typischen Bildung von Herpesbläschen.
-
Herpes zoster: Schmerzen in den Brustwarze, einige Tage vorangehend, Hautausschlag (gruppierte Papeln oder Bläschen).
-
Raynaud-Phänomen der Brustwarze: Brustwarze verfärbt sich weiß nach dem Stillen, auslösbar auch durch Kälte und z. B. Nikotin. Meist weniger schmerzhaft [Anderson 2004].
Therapie
Allgemein
Medikamentös
-
Lokale Maßnahmen an der Brustwarze: Nystatin, Clotrimazol, Miconazol und Econazol.
-
Falls lokale Behandlung keine Besserung ergibt: 1 Fluconazol (400 mg), gefolgt von Fluconazol 100–200 mg tgl. (bis zu 2 Wo. nach Symptomfreiheit).
-
!
Immer Behandlung von Mutter und Kind.
-
Nystatin lokal oder Fluconazol oral, 3–6 mg/kg KG (Gehalt in Brustmilch unzureichend, weniger als 5 % der empfohlenen Dosis).
-
Fortsetzung der Behandlung bis zu 2 Wo. nach Symptomfreiheit.
Literatur
Abaineh and Sintayehu, 2001
Abou-Dakn et al., 2009
Abou-Dakn and Strecker, 2003
Abou-Dakn et al., 2003
Akre, 2000
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