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978-3-437-22422-5
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Blutungen
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5.1
Blutungsneigung212
-
5.2
Nasenbluten213
-
5.3
Blutungen aus dem Nasenrachenraum214
-
5.4
Blutung des oberen Gastrointestinaltrakts215
-
5.5
Haut- und Schleimhautblutungen216
-
5.6
Anale Blutungen217
-
5.7
Vaginale Blutungen218
-
5.8
Genitale Blutung beim Mann221
5.1
Blutungsneigung
-
•
Medikamentenwirkung: Theoretisch bei jedem Medikament möglich. Orale Antikoagulanzien, z. B. Marcumar®, Heparin (cave: HIT, Heparin-induzierte Thrombopathie), Lysetherapie, Thrombozytenaggregationshemmer (z. B. ASS), Antibiotika (z. B. Sulfonamide) → Klinikeinweisung bei Verdacht!
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•
Lebererkrankung: Alkoholanamnese? Hepatitis oder Leberzirrhose in der Anamnese? Leberhautzeichen? → Klinikeinweisung bei Verdacht!
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•
Angeborene Koagulopathien: KoagulopathieHämophilie HämophilieA und B; Von-Willebrand-Syndrom: Es kommt zu Spontanblutungen in Gelenk und/oder Muskulatur; → Klinikeinweisung.
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•
Vitamin-K-MangelVitamin-K-Mangel: Z. B. durch Mangelernährung, längere parenterale Ernährung, Malabsorption, Cholestase → Klinikeinweisung bei Verdacht!
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•
Verbrauchskoagulopathie: Selten. Auslösung durch maligne Erkr., bakterielle oder virale Infektionen (Meningitis: Waterhouse-Friderichsen-Syndrom), geburtshilfliche Komplikationen (13.8), Seifenabort, Hitzschlag, endokrine Erkr. (z. B. Cushing-Syndrom, Thyreotoxikose, 4.10.10). Sofortige Klinikeinweisung bei Verdacht!
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•
Purpura Schoenlein-Henoch: Purpura Schoenlein-HenochSelten. Bei Kindern und Jugendlichen 2–3 Wo. nach einem Infekt auftretende Vaskulitis. Fieber, Arthralgien, Abdominalschmerzen, evtl. GIT-Blutungen (blutig schleimige Stühle) in 70 % Glomerulonephritis (evtl. Makrohämaturie, Proteinurie) → Klinikeinweisung bei Verdacht!
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•
Werlhof-KrankheitWerlhof-Krankheit (chronische idiopathische thrombozytopenische Purpura): Vor allem b. Erwachsenen. In Schüben verlaufend, evtl. durch Infektion verstärkt. Rumpel-Leede-Test positiv → Klinikeinweisung bei Verdacht!
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•
Schleimhautblutungen: Epistaxis, Hämptoe, blutiges Sputum, Hämaturie, Teerstuhl.
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•
Hauteinblutungen: Petechien, Hämatome, allg.: Blässe, Schwäche, Tachykardie.
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•
Blutungsneigung in der Eigen- oder Familien-Anamnese bekannt?
-
•
Medikamente: insbes. Gerinnungshemmer? NSAID? Antibiotika? Alkohol?
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•
Erkrankungen: insbes. Malignome, Infekte, HRS, OP, Schwangerschaft.
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•
Inspektion der Haut: Petechien? Leberzeichen? Anämie?
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•
Gelenkschwellung als Hinweis auf Hämarthros?
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•
Rumpel-Leede-Test: Rumpel-Leede-TestBlutdruckmanschette 5 Min. lang über den diast. RR aufpumpen. Bei Kapillarschaden > 10 punktförmige Blutungen in einem fünfmarkstückgroßen Kreis, v. a. in der Ellenbeuge.
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•
Kreislaufkontrolle, RR, Herzfrequenz.
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•
Rektale Untersuchung.
-
•
Blutstillung, ggf. Druckverband, Extremität hochlagern.
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•
Wenn erforderlich Kreislaufstabilisierung (i. v. Zugang, NaCl 0,9 % 500–1 000 ml).
-
•
„Verdächtige“ Medikamente absetzen.
Klinikeinweisung immer zur Klärung der Gerinnungsstörung und zur Therapie.
Abwendbar gefährlicher Verlauf
5.2
Nasenbluten
•
Blutstillung steht im Vordergrund.
•
Bei nicht stillbaren Blutungen → Klinikeinweisung.
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•
Trockene Nasenschleimhaut (Infekt, Allergie, Nikotin, Septumdeviation, Nasenspray-Abusus, Aknetherapie).
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•
Oberflächliche Gefäße, Gefäßveränderungen (Morbus Osler).
-
•
Posttraumatisch, z. B. nach Schlägerei.
-
•
Hypertonie (häufig).
-
•
Blutungsneigung (5.1).
-
•
Selten: Tumoren des Nasenrachenraums, Fremdkörper.
-
•
Liquorrhö: nach Schädeltrauma o. OP, blutig-seröse Rhinorrhö.
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•
Inspektion von BlutungNaseNase (anteriores Nasenbluten) und Rachen (posteriores Nasenbluten). Bei PseudonasenblutenPseudonasenbluten Blutungsquelle nicht in der Nase, sondern in Ösophagus oder Rachenraum → Mund und Rachenraum genau inspizieren!
-
•
RR messen: Hypertone Krise?
-
•
Oberkörper hochlagern, Kopf nach vorn neigen, Blut ausspucken. Cave: Übelkeit.
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•
Kompression der Nasenflügel für 2 × 5–10 Min. (etwa 80 % der Blutungen kommen so zum Stehen). Zusätzlich Kälte o. Eiskompresse in den Nacken (cave: Nicht direkt auf die Haut, Gefahr von Kälteschäden). Vorsichtiges Entfernen von Koageln, abschwellende Nasentropfen (z. B. Otriven®).
-
•
Bei Hypertonie (4.7.4). RR-Senkung langsam mit bestehender Medikation des Pat. oder mit Glyzeroltrinitrat als Spray oder Zerbeißkapsel oder Bayotensin 5 mg.
-
•
Nasentamponade. Cave: Aspiration! (z. B. mit Clauden® Nasentamponade oder pneumatischem Tubus nach Masing), darf nicht länger als 2–3 Tage belassen werden.
-
•
Klinikeinweisung:
-
–
Bei stärkerer oder nicht stillbarer Blutung > 20 Min.
-
–
Bei Verletzungen der Nase oder des Mittelgesichts zur weiteren Diagnostik.
-
–
Bei V. a. Blutungsneigung.
-
-
•
Vorstellung beim HA oder HNO-Arzt am nächsten Tag, ggf. HNO-Notdienst.
Abwendbar gefährlicher Verlauf
-
•
Hypertonie nicht behandelt.
-
•
Wiederaufbrechen der Blutung.
-
•
Verletzung des Mittelgesichts oder Schädelbasisfraktur übersehen.
5.3
Blutungen aus dem Nasenrachenraum
-
•
Ausspucken frischen oder geronnenen Blutes, blutverschmiertes Gesicht. Seltener auch Bluthusten, Bluterbrechen.
-
•
Asphyxie durch Blutaspiration (häufigste Todesursache nach Tonsillektomie).
-
•
Zustand nach OP (z. B. Tonsillektomie, meist 6.–10. postoperativer Tag)? Endoskopie?
-
•
Tumorerkr. (Arrosion)?
-
•
Trauma (z. B. Pfählungsverletzung; Kiefer- o. Mittelgesichtsfraktur, 10.1).
-
•
Gerinnungsstörung, Angiopathie?
-
•
Zahnärztliche Behandlung (10.4.1)?
-
•
Puls, RR. Bei Schock-Zeichen: Kreislaufstabilisation mit Infusion z. B. 500 ml NaCl 0,9 %.
-
•
Inspektion der Mundhöhle (Wundbett, postoperative Residuen) zur Lokalisation der Blutungsquelle (Handschuhe, Tupfer benutzen und entfernen. Cave: Aspiration).
Schwere und lange eingespießte Fremdkörper (z. B. Holz- oder Metallstab) belassen, allenfalls auf Transportmaß kürzen.
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•
Oberkörper hochlagern, bei Somnolenz stabile Seitenlage.
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•
Je nach Blutungsstärke 1–2 i. v. Zugänge (grün, orange) Infusion > 500 ml Nacl 0,9 %.
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•
Kompression d. Blutungsquelle innen (z. B. Finger, tupferarmierte Klemme) und außen.
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•
Koagel entfernen (z. B. Kompresse, tupferarmierte Klemme).
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•
Digitale Kompression der A. carotis communis an homolateraler Halsseite.
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•
Blutungbei MittelgesichtsfrakturBlutung nach Mittelgesichtsfraktur (10.1): Versuch der Blutstillung mit Zeige- und Mittelfinger enoral im Bereich des weichen Gaumens von dorsal und mit dem Daumen im Frontzahnbereich → bewegliche Maxilla nach ventral ziehen und nach kranial gegen das Gesichtsskelett pressen. Maxilla durch straffen Kopf-Kinn-Verband fixieren.
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•
Stärkere, arterielle Massenblutung aus dem OropharynxBlutungarterielle aus dem Oopharynx ist nur beherrschbar bei Sicherung der Atemwege (Intubation) → in die Wege leiten bzw. Notarzt benachrichtigen; zwischenzeitlich Versuch, durch Kompression die Blutung zu stillen.
-
•
Klinikeinweisung immer, außer bei leicht stillbaren Blutungen. Gegebenenfalls Notarzt.
-
•
Vorstellung beim zahnärztlichen Notdienst bei Blutungen n. zahnärztl. Eingriff (10.4.1).
Abwendbar gefährlicher Verlauf
-
•
Asphyxie durch Blutaspiration (häufigste Todesursache nach Tonsillektomie!).
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•
Übersehen einer Blutung aus dem Gastrointestinaltrakt.
5.4
Blutung des oberen Gastrointestinaltrakts
Häufigste Ursachen: peptische Ulzera, medik. induz, Schleimhauterosionen, gastroösophageale Varizen, Angiodysplasien, Mallory-Weiss-Syndrom.
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•
Hämatemesis, bei ÖsophagusvarizenblutungÖsophagusvarizen oftBlutungbei Ösophagusvarizen schwallartig, Teerstuhl (ab 50 ml Blut/Tag).
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•
Übelkeit, Schwäche, Schwindel, Luftnot, Blässe, Angina pectoris.
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•
Durst, Kaltschweißigkeit, Frieren, Unruhe, Bewusstseinsverlust, Schocksymptomatik.
Patienten mit orthostatischer Tachykardie und Hypotonie haben mind. 10–20 % ihres intravasalen Volumens verloren.
-
•
Erbrechen:
-
–
Kaffesatzartig bei UlkusblutungUlkusblutung.
-
–
Frischblutig bei Varizenblutung.
-
–
Hell, schaumig → evtl. Hämoptyse.
-
–
Heftig, schwallartig bei Mallory-Weiss-SyndromMallory-Weiss-Syndrom.
-
-
•
Stuhlverhalten: blutige Beimengungen, Teerstuhl.
-
•
Schmerzen: retrosternal, epigastrisch bei Ulkus, Unterbauch b. Divertikeln.
-
•
Vorerkr.: Z. B. Ulkusleiden, Lebererkr., Gerinnungsstörung, Tumorleiden., OP, Stents.
-
•
Medikamente, z. B. ASS, Antikoagulanzien, NSAID, Alkohol, Nikotin.
-
•
Notfallcheck (3.3.1), Kreislaufkontrolle.
-
•
Inspektion: Konjunktiven, Leberhautzeichen (Ikterus, Spider naevi; Palmarerythem; vermehrte Venenzeichnung der Bauchwand: Caput medusae), Vaskulitiden.
-
•
Palpation: Abwehrspannung, Darmwalze/Invagination (14.5.2), tastbarer Tumor, Lebergröße, Aszites.
-
•
Auskultation: Aspiration, bei Hämoptyse oft feuchte RG über der Lunge.
-
•
Blutmenge abschätzen: Massenblutung? Kaffeesatzerbrechen?
-
•
Rektale Untersuchung:Teerstuhl Teerstuhl?
Junge Menschen können auch große Volumenverluste relativ lange kompensieren, es folgt dann eine abrupte Dekompensation.
-
•
Oberkörperhochlagerung oder Seitenlagerung, um Aspiration zu vermeiden. Erbrochenes aus dem Mund entfernen, im Schock Schocklagerung.
-
•
Mehrere großlumige i. v. Zugänge, bei Schocksymptomatik Volumenzufuhr NaCl 0,9 % 1 000 ml zügig i. v.
-
•
Kreislaufkontrolle in kurzen Abständen, RR-Manschette belassen.
-
•
Bei V. a. Ösophagusvarizenblutung Metoclopramid 10 mg i. v. (z. B. Paspertin®), im NAW ggf. Terlipressin-Bolus (Haemopressin®) zur Senkung des Pfortaderdrucks.
Klinikeinweisung immer; nüchtern lassen, bei starker Blutung Transport mit NAW.
Abwendbar gefährlicher Verlauf
5.5
Haut- und Schleimhautblutungen
-
•
Vorerkr., z. B. bek. Thrombopathien, Leukämie, Tumorerkr. Sturzneigung?
-
•
Hämorrhagische Diathese? Früher auffällige Blutungen?
-
•
Leberfunktionsstörungen? Alkoholismus?
-
•
Medikamenteneinnahme: Z. B. Marcumar, Thiamzol, ASS, Kortison, Heparin?
-
•
Infektion, z. B Purpura bei Masern, Scharlach, Diphtherie, schwere Varizellen v. a. im Erwachsenenalter, Meningokokkenmeningitis?
-
•
Trauma, Sturz, Stoß, Unfall? Banal? Durch Dritte?
-
•
Notfallcheck (3.3.1), Kreislaufkontrolle (RR, Puls).
-
•
I. v. Zugang, bei Schocksymptomatik Volumenzufuhr NaCl 0,9 % 500 ml.
-
•
Klinikeinweisung sofort bei: Schocksymptomatik, Bewusstseinstrübung, ausgedehnten Hautblutungen, Sepsis, V. a. Blutungsneigung.
-
•
Vorstellung beim Hämatologen, bei Hinweisen auf häufige, ausgedehnte Hämatome.
-
•
Benachrichtigen der Polizei bei V. a. äußere Gewalt.
Abwendbar gefährlicher Verlauf
5.6
Anale Blutungen
Häufigste Ursache sind Hämorrhoiden.
-
•
anale BlutungBlutunganaleHämorrhoidenblutungHämorrhoidenblutung: Obstipation, evtl. schmerzhafter Stuhlgang.
-
•
Karzinome: wechselndes Stuhlverhalten, frühere Blutbeimengungen, B-Symptome.
-
•
Entzündliche Darmerkr., z. B. Morbus CrohnMorbus CrohnBlutung, Colitis ulcerosaColitis ulcerosaBlutung (4.4.3): häufige Durchfälle, in Schüben verlaufend, frühere Blutbeimengungen, Meteorismus. Fieber.
-
•
Divertikel (auch „akute Divertikulitis“, 4.2.7): Schmerz li. Unterbauch, wechselndes Stuhlverhalten, Schleimbeimengungen, familiäre Belastung, evtl. Fieber.
-
•
Angiodysplasien: Angiodysplasienarteriovenöse Malformationen, v. a. im Zökum, Colon ascendens und Ileum, meist chron. rezidivierende Blutungen mit hypochromer Anämie.
-
•
Postoperative Nachblutung: Zustand nach prokt., urol. oder gyn. Eingriffen → Rücksprache Klinik.
-
•
Obere GIT-Blutung: frischblutige Stuhlauflagerungen nur bei massiver Blutung, sonst eher als Beimengung oder Teerstuhl.
-
•
Peranaler Abgang von Blut, evtl. bei Eintreffen bereits sistiert.
-
•
Übelkeit, Schwäche, Schwindel, Luftnot, Blässe, Angina pectoris.
-
•
Durst, Kaltschweißigkeit, Frieren, Unruhe, Bewusstseinsverlust, Schocksymptomatik.
-
•
Blutung bei oder nach Defäkation? Manipulationen? Abführmaßnahmen?
-
•
Stuhlverhalten: Diarrhö, Obstipation, wechselnd, schmerzhaft?
-
•
Menge und Farbe des Blutes:
-
–
Hellrot, z. B. bei Rektum-Ca, Hämorrhoiden, Polypen.
-
–
Hell und wenig, z. B. bei Diarrhö.
-
–
Dunkel, z. B. bei höher gelegenem Kolon-Ca, Teerstuhl.
-
-
•
Blut aufgelagert oder beigemengt?
-
•
Schleimbeimengungen?
-
•
Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Krämpfe?
-
•
Medikamente?
-
•
Antikoagulanzientherapie?
-
•
Besondere Sexualpraktiken (z. B. Einführen von Gegenständen)?
Schwarzer oder rötlicher Stuhl auch nach oraler Eisentherapie, Kohletabletten, Wismut, Blaubeeren, Spinat, Paprika, Rote Bete.
-
•
Notfallcheck (3.3.1), Kreislaufkontrolle (RR, Puls).
-
•
Palpation des Abdomens, Druckschmerz? Abwehrspannung? Resistenzen?
-
•
Rektale Untersuchung, Blutungsstärke abschätzen, Hämorrhoiden sichtbar?
-
•
Gegebenenfalls i. v. Zugang, bei Schocksymptomatik Volumenzufuhr NaCl 0,9 % 500 ml.
-
•
Bei stärkerer Blutung Tamponade, z. B. mit Mullbinde, Beckenhochlagerung.
-
•
Klinikeinweisung nur bei großer Blutmenge, drohendem Schock, schlechtem AZ.
-
•
Vorstellung zur Endoskopie bei kleineren und rez. Blutungen, V. a. auf Hämorrhoiden oder Karzinomblutung.
Abwendbar gefährlicher Verlauf
5.7
Vaginale Blutungen
Vaginale BlutungBlutungvaginale Die Blutungsquelle muss gesichert werden (evtl. Blutung aus Blase? Darm?).
-
•
Keine vaginale Untersuchung durch den Ungeübten: Gefahr einer Zystenruptur, zusätzl. Blutung oder Infektion; zudem ist das Ergebnis selten diagnostisch verwertbar.
-
•
Immer auch an Frühgravidität denken.
-
•
Postmenopausale Blutungen zum Ausschluss eines Karzinoms immer durch einen Gynäkologen abklären lassen.
Klinikeinweisung immer bei größerem Blutverlust, Schmerzen oder schlechtem AZ.
5.7.1
Hypermenorrhö
-
•
Zyklusanamnese (13.1). Unterleibsschmerzen? Myome bekannt?
-
•
Verwendet Pat. Intrauterinpessar (kann disloziert sein)?
-
•
Einnahme von NSAID (verlängerte Blutungszeit)?
-
•
Vorausgegangene Kürettage? Endometriose bekannt?
-
•
Wie oft müssen Vorlagen/Tampons gewechselt werden?
-
•
Klinikeinweisung nur in seltenen Fällen erforderlich, z. B. wenn Zweifel an der Diagnose bestehen oder bei größerem Blutverlust und starken Schmerzen.
-
•
Vorstellung am selben Tag beim Gynäkologen; auf dem Land Klinikeinweisung.
Abwendbar gefährlicher Verlauf
5.7.2
Karzinomblutung
-
•
Zyklusanamnese: Letzte Blutung? Periode regelmäßig? Dauer? Stärke? Häufige Zwischenblutungen? Kontaktblutungen nach Kohabitation (V. a. Zervix- oder Vaginalkarzinom)?
-
•
Blutung nach der Menopause (V. a. Korpuskarzinom)?
-
•
Letzte Krebsvorsorgeuntersuchung?
-
•
Unterleibsschmerzen?
-
•
Notfallcheck (3.3.1), Kreislaufkontrolle (RR, Puls), Schockzeichen?
-
•
Inspektion von Vulva und äußerem Genitale, Blutungsquelle und -stärke abklären:
-
–
Blutung oder blutig tingierter, fleischwasserfarbener Ausfluss, evtl. als Kontaktblutung nach Geschlechtsverkehr (Zervix- oder Vaginalkarzinom)?
-
–
Vulvakarzinom als Tumorkrater oder arrodierter Exophyt zu erkennen?
-
-
•
Gegebenenfalls. Schocklagerung.
-
•
I. v. Zugang mit Infusion (z. B. NaCl 0,9 % 500 ml).
-
•
Tumor oder Tumorkrater der Vulva steril abdecken. Bei stark blutendem Vulvatumor Kompression durch mehrere Kompressen und Druck eines fest sitzenden Slips.
-
•
Bei dringendem V. a. das Vorliegen eines Zervix- oder Vaginalkarzinoms und sehr starker Blutung mit der Gefahr eines Volumenmangelschocks, kann der Versuch gemacht werden, eine Scheidentamponade anzulegen. Cave: Ohne Spekula für den Ungeübten schwierig! Nur in Ausnahmefällen, z. B. langer Transportweg, Gefahr des Volumenmangelschocks!
-
•
Mit Zeigefinger und Mittelfinger der nicht dominanten Hand bis zum Muttermund in die Scheide eingehen (evtl. höckeriger Tumor tastbar). Daumen außen auf Damm in Richtung Steißbein legen, Finger spreizen.
-
•
Mit anatomischer Pinzette zwischen den Fingern eine abgerollte, breite Mullbinde tief und fest einführen. In alle Richtungen austamponieren.
-
•
Weitere Mullbinden mit der vorhergehenden zusammenknüpfen, damit beim Entfernen keine Binde vergessen werden kann.
-
•
Klinikeinweisung immer bei massiver vaginaler Blutung u./o. Kreislaufproblemen.
-
•
Vorstellung ansonsten am nächsten Werktag beim Gynäkologen.
Abwendbar gefährlicher Verlauf
5.7.3
Scheidenverletzungen
-
•
Zyklusanamnese (13.1).
-
•
Manipulation, Fremdkörper eingeführt? Sexueller Missbrauch (6.15.1)?
-
•
Schmerzen? Kohabitation vorausgegangen?
-
•
Urin oder Stuhl: Unkontrollierter Abgang b. Mitverletzung von Harnwegen oder Darm.
-
•
Notfallcheck (3.3.1), Kreislaufkontrolle (Puls, RR), Schockzeichen?
-
•
Inspektion von Vulva und äußerem Genitale, um Blutungsquelle und Stärke abzuklären.
-
•
Peritoneale Symptomatik (abdominale Abwehrspannung, Schmerzen) bei abdominaler Blutung.
-
•
Hinweis auf Gewalteinwirkung? Weitere Verletzungen?
-
•
Gegebenenfalls Schocklagerung.
-
•
Steriles Abdecken der Vulvaverletzungen, ggf. Kompression einer Vulvaverletzung mit mehreren Kompressen und Druck eines fest sitzenden Slips.
-
•
Fritsche-Lagerung, falls die Verletzung das zulässt.
-
•
Gegebenenfalls Kreislaufstabilisierung: I. v. Zugang mit Infusion, z. B. NaCl 0,9 % 500 ml.
-
•
Bei extremer Unruhe oder Angst Sedierung mit Diazepam 10 mg i. v. (z. B. Valium®).
-
•
Bei Kindern falls möglich Diazepam-Rektiole (z. B. Diazepam Desitin rectal tube®); 10–15 kg: 5 mg; ≥ 15 kg: 10 mg.
-
•
Bei starken Schmerzen Analgesie mit Opiat, z. B. Tramadol 1–2 mg/kg langsam i. v. (z. B. Tramal®) oder Ketamin 0,5 mg/kg i. v. bzw. 1–2 mg/kg i. m. (z. B. Ketanest®).
-
•
Pat. liegt auf dem Rücken. Beide Gesäßbacken nach kaudal herunterstreichen und die gestreckten Beine übereinander lagern.
-
•
Im Dreieck zw. Schamgebiet und den Oberschenkeln sammeln sich etwa 500 ml.
-
•
Klinikeinweisung immer!
-
•
Vorstellung beim Gynäkologen am nächsten Tag ist nur bei leichteren Verletzungen am äußeren Genitale gerechtfertigt.
Abwendbar gefährlicher Verlauf
5.8
Genitale Blutung beim Mann
5.8.1
Verletzung oder Fraktur des Penis
-
•
Hämatom an Penis und Skrotum.
-
•
Akute Blutung aus Penisarterien.
-
•
Penisdeviation, Priapismus.
-
•
Infektionszeichen: Rötung, Ödem, Überwärmung, Hautulzeration, chron. Wunden.
-
•
Auslöser? Unfallhergang? Medikamenteneinnahme?
-
•
Schmerzen? Harnverhalt? Übelkeit?
-
•
Notfallcheck (3.3.1), Kreislaufkontrolle (RR, Puls), Schockzeichen?
-
•
Inspektion Haut, Harnröhrenöffnung, Skrotum.
-
•
Palpation der inguinalen LK (Hinweis auf Infektion oder Tumor).
Harnverhalt (4.2.12): schmerzbedingt bei ausgedehnten Verletzungen oder Verlegung der Harnröhre (z. B. durch Blutkoagel). DK durch urologischen Notdienst oder Klinik.
-
•
Blutstillung durch Kompression, Kompressionsverband und Hochlagerung des Penis.
-
•
Sterile Wundabdeckung. Penis niemals abbinden.
-
•
Gegebenenfalls i. v. Zugang, bei Schocksymptomatik Volumenzufuhr NaCl 0,9 % 500 ml.
-
•
Schmerzstillung mit z. B. Tramadol 100 mg i. v. (z. B. Tramal®).
-
•
Neuroleptika, z. B. Levomepromazin 25 mg zur Nacht (z. B. Neurocil®) verhindern nächtliche Erektion.
-
•
Klinikeinweisung sofort zur chirurgischen oder urologischen Versorgung.
-
•
Vorstellung am nächsten Werktag beim Urologen bei sehr geringer Läsion.
Abwendbar gefährlicher Verlauf
5.8.2
Verletzungen der Harnröhre
-
•
Akute oder chronische Blutung aus der Harnröhre. Hämaturie.
-
•
„Blutige Pseudoanurie“: Harnverhalt, da Koagel Harnröhre verlegt.
-
•
Starke Schmerzen im Unterbauch, evtl. im Nierenlager.
-
•
Auslöser? Trauma, Unfall, perforierende Verletzung, ggf. Fremdanamnese.
-
•
Schmerzen, Harnverhalt, Übelkeit?
-
•
Notfallcheck (3.3.1), Kreislaufkontrolle (RR, Puls).
-
•
Inspektion: Hämatom am Damm, Penis, Skrotum oder Unterbauch? Blutung aus der Harnröhre? Fremdkörper?
-
•
Palpation des Abdomens (Abwehrspannung, hoch sitzender Blasenfundus?). Cave: WS-Verletzungen.
-
•
Rektale Untersuchung: Dislokation von Blase und Prostata nach kranial (supradiaphragmale bzw. intrapelvine Verletzung), weiche Resistenz (Hämatom).
Bei V. a. Harnröhrenverletzung keinen Katheterisierungsversuch unternehmen.
-
•
Gegebenenfalls i. v. Zugang, bei Schocksymptomatik Volumenzufuhr NaCl 0,9 % 500 ml. Cave: Blasenruptur.
-
•
Analgesie mit Tramadol 100 mg i. v. (z. B. Tramal®).
Klinikeinweisung sofort zur chirurgischen oder urologischen Versorgung.