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Elsevier GmbH
Circulus vitiosusSchockCirculus vitiosus des Schocks

ERC-Algorithmus Anaphylaxie
[F781-009]

Wegweiser zur Schockursache
(modifiziert nach Schubert)
V. a. hypovolämischen Schock | = | Hinweise auf Volumenverlust, z. B. Trauma, Verbrennung, Blutung, Operation, Flüssigkeitsverluste + „Leere“, kollabierte Venen |
V. a. kardiogenen Schock | = | Bekannte Herzerkr., Herzrhythmusstörung, Thoraxschmerz, akuter Infarkt, Herztamponade als Hinweise auf kardiale Erkrankung + „Gefüllte“, gestaute Halsvenen |
V. a. septischen Schock | = | Fieber, hochrote Haut, bakterieller Infekt als Hinweise auf Sepsis + Keine Hinweise auf Volumenverlust oder kardiale Erkrankung |
V. a. anaphylaktischen Schock | = | Hinweise auf Überempfindlichkeitsreaktion, z. B. Kontrastmittelgabe, Arzneimittelinjektion, Infusion, Insektenstich, allergische Hauterscheinungen |
V. a. neurogenen Schock | = | Hinweise auf akute Störung des ZNS, z. B. SHT, intrazerebrale Blutung, Sonnenstich |
DD Volumenmangelschock ↔ kardiogener Schock
Ursache | Klinisches Bild | Einfache Kreislaufgrößen | EKG | |
Volumenmangelschock |
|
|
|
Sinustachykardie |
Kardiogener Schock |
|
|
|
|
Schweregrade der systemischen anaphylaktischen Reaktion (nach Ring J et al. Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. S2-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Allergo J Int 2014; 23: 96)
[P108/L231]
Schweregrad | Symptome |
I | Leichte Allgemeinsymptome (Juckreiz), Hauterscheinungen (z. B. Hautrötung, Flush, Urtikaria), Angioödem |
II | Zusätzlich: Kreislauf- (z. B. Hypotonie, Tachykardie) und Atemwegsreaktionen (z. B. Dyspnoe), Übelkeit, Erbrechen |
III | Zusätzlich: Schocksymptomatik, Bronchospasmus, Zyanose |
IV | Herz-Kreislauf-Stillstand, Atemstillstand |
Schock
-
7.1
Pathophysiologie270
-
7.2
Einteilung271
-
7.3
Vorgehen272
-
7.4
Hypovolämischer Schock/Volumenmangelschock273
-
7.5
Kardiogener Schock274
-
7.6
Anaphylaktischer Schock276
-
7.7
Septischer Schock279
-
7.8
Neurogener Schock281
-
7.9
Spinaler Schock282
7.1
Pathophysiologie
Merke
Jeder Schock bedeutet höchste Lebensgefahr und ist eine NA-Indikation.
-
•
Vasokonstriktion → Abschaltung peripherer Gebiete und Umverteilung des Blutes
-
•
Steigerung der Herzfrequenz zur Konstanthaltung des HZV, um Vorzugsgebiete, wie z. B. Herz und Gehirn, noch ausreichend zu versorgen.
-
•
Die reflektorische Vasokonstriktion weicht einer metabolischen Vasodilatation bei geschlossenen Venolen (Vasomotion) → Anstieg des hydrostatischen Drucks in den Kapillaren und Erhöhung der Permeabilität der Gefäße:
-
–
Flüssigkeitsaustritt und Abnahme des intravasalen Volumens
-
–
Venöser Rückstrom ↓
-
–
HF ↑, RR ↓
-
-
•
Niedrige Strömungsgeschwindigkeit → sinkende Kapillardurchblutung → Gewebshypoxie ↑ → anaerober Stoffwechsel → Azidose.
-
•
Niere: Minderdurchblutung der Nierenrinde → Oligurie, Anurie → akutes SchockniereNierenversagen (Schockniere)
-
•
Herz: Minderdurchblutung der Herzkranzgefäße → Herzinsuff.
-
•
Lunge: Gewebshypoxie, Gewebsazidose → Schädigung der alveolokapillären Membran → Permeabilitätsstörungen → interstitielles/intraalveoläres Lungenödem → Ausbildung hyaliner Membranen, Thromben, unzureichende Bildung von Surfactant (Antiatelektasefaktor) mit Ausbildung von Mikroatelektasen, Lungenödem → ARDS (adult respiratory distress adult respiratory distress syndromesyndrome; SchocklungeSchocklunge) → hohe Letalität.
-
•
Leber: Minderdurchblutung der Leber → verminderte Leberfunktion (SchockleberSchockleber)
-
•
Gastrointestinaltrakt: fokale Ischämie → Permeabilität der Intestinalgefäße → Exsudation eiweißreicher Flüssigkeit in das Darmlumen → Bakterienübertritt in die intestinalen Lymphbahnen → Bakteriämie → septischer Schock.
7.2
Einteilung
-
•
Hypovolämischer Schock
-
•
Kardiogener Schock
-
•
Obstruktiver Schock:
-
–
Intrakardiale Ursache: Perikardtamponade, Myxom, konstriktive Perikarditis
-
–
Extrakardiale Ursachen: Lungenembolie, Spannungspneumothorax, Vena-cava-Kompressionssyndrom
-
-
•
Distributiver Schock: z. B. septischer Schock, anaphylaktischer Schock, neurogener Schock, endokriner Schock
7.3
Vorgehen
-
•
Blässe, Kaltschweißigkeit
-
•
Verwirrtheit
-
•
Evtl. kollabierte Halsvenen
-
•
Veränderte Bewusstseinslage: Unruhe, Angst, Apathie, Somnolenz, Koma
Achtung
Ausnahme septischer Schock
-
•
Tachypnoe
-
•
Tachykardie
-
•
Flacher, kaum tastbarer Puls (an A. radialis oft nicht mehr palpabel)
-
•
Weite, kaum reagierende Pupillen
Monitoring & Befunde
-
•
RRsyst < 80–100 mmHg (bei zuvor bestehender Hypertonie evtl. „normaler“ RR)
-
•
P > 100/Min.
-
!
Schnelle Behandlung ist entscheidend für die Prognose.
-
•
Lagerung: Flachlagerung, Beine hoch (Achtung: niemals bei kardiogenem Schock), bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage.
-
•
Pat. beruhigen, das Gefühl vermitteln, dass geholfen wird.
-
•
Wärmeerhalt: Pat. mit Decken zudecken, evtl. Rettungsdecke „Gold/Silber“ benutzen.
-
•
O2-Gabe: 12–15 l/Min. über Gesichtsmaske
-
•
Basismonitoring (RR, P, EKG, SpO2)
-
•
Venösen Zugang legen: 2–3 großlumige venöse Zugänge, großzügige Flüssigkeitszufuhr bei absolutem Volumenmangel, z. B. 20–40 ml/kg KG Vollelektrolytlösung. Ggf. permissive Hypotension einleiten.
Achtung
Im kardiogenen Schock Infusion nur zum Offenhalten des Zugangs und Einspülen der Medikamente.
-
•
Ggf. zusätzlich kolloidale Volumenersatzmittel: z. B. 20 ml/kg KG i. v.
-
•
Bei schwierigen Venenverhältnissen evtl. Anlage eines ZVK (Kap. 2.4.3) bzw. eines intraossären Zugangs (Kap. 2.4.4)
-
•
Sedierung: z. B. Midazolam 2,5–5 mg (0,05–0,1 mg/kg KG) i. v. (Kap. 19.2.44)
-
•
Evtl. Analgesie: Fentanyl 0,05–0,1 mg i. v. (Kap. 19.2.28)
-
•
Evtl. Narkoseeinleitung und Beatmung.
7.4
Hypovolämischer Schock/Volumenmangelschock
-
•
Blutverluste (hämorrhagischer Schock), z. B. innere und äußere Blutungen
-
•
Plasma- bzw. Flüssigkeitsverluste (hypovolämischer Schock), z. B. durch Verbrennungen, Durchfälle, Erbrechen.
-
•
Unruhe, Blässe, Kaltschweißigkeit, im fortgeschrittenen Stadium Zyanose
-
•
Bewusstseinsstörung bis Bewusstlosigkeit
-
•
Evtl. sichtbare Quellen für starken Flüssigkeits- bzw. Blutverlust
-
•
Evtl. schnelle, flache Atmung
-
•
Puls kaum tastbar
-
•
Halsvenen kollabiert (nicht sichtbar), verminderte Venenfüllung (Punktion erschwert), Nagelbettprobe verlangsamt (> 2 Sek.)
-
•
Zunehmende Tachykardie
Monitoring & Befunde
RR ↓, RR-Amplitude vermindert, z. B. 90/70 mmHg.
-
•
Kausal vorgehen, z. B. Blutung stillen mittels Druckverband (Kap. 2.15.4)
-
•
Lagerung: Flachlagerung, Beine hoch, bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage.
-
•
Pat. beruhigen
-
•
Je nach Schwere NA nachfordern
-
•
Vor Wärmeverlust schützen
-
•
O2-Gabe 10–15 l/Min. über Gesichtsmaske
-
•
Basismonitoring (RR, P, EKG, SpO2)
-
•
Venösen Zugang legen (2–3 großlumige): 20–40 ml/kg KG Vollelektrolytlösung als Druckinfusion i. v.
-
•
Rasche Volumenther. → Gabe von kolloidalen Volumenersatzmitteln erwägen, z. B. 20–30 ml/kg KG i. v., ggf. permissive Hypotension (Ziel RRsyst: 80 mmHg) einleiten
-
•
Intubation und Beatmung: großzügige Indikation
-
•
Analgesie: z. B. Morphin 5–10 mg i. v. (Kap. 19.2.45, Cave: bei instabiler Kreislaufsituation vorsichtig geben)
-
•
Sedierung: z. B. Midazolam 2,5–5 mg (0,05–0,1 mg/kg KG) i. v. (Kap. 19.2.44)
-
•
In Klinik mit internistischer oder chirurgischer Intensivstation
-
•
Evtl. Sonderrechte
-
•
Voranmeldung
Tipps & Tricks
-
•
Dextrane verbessern die Mikrozirkulation und besitzen erwünschte antithrombotische Eigenschaften.
-
•
Pulsoxymetrie mit peripheren Sensoren (z. B. Fingersensor) in Phase der Zentralisation nicht möglich → zentralen Messort, wie Stirn, Ohrläppchen oder Nasenflügel, wählen.
-
•
Small volume resuscitation ist out → geringer Effekt
-
•
Bei schweren Penetrationsverletzungen und stumpfem Bauchtrauma schnellstmöglicher Transport in die Klinik.
7.5
Kardiogener Schock
-
•
Akuter Myokardinfarkt (wenn mehr als 40 % des Herzmuskelgewebes des linken Ventrikels „ausfallen“, kardiogener Schock mit Letalität von 90 %)
-
•
Dekompensierte Herzinsuff., Kardiomyopathie
-
•
Tachy- und bradykarde Herzrhythmusstörungen, z. B. ventrikuläre Tachykardie
-
•
Herzklappenfehler
-
•
Myokarditis
-
•
Überdosierung herzkraftsenkender Medikamente, z. B. Betablocker
-
•
Blässe, Kaltschweißigkeit
-
•
Atemnot, evtl. Zyanose
-
•
Bewusstseinsstörung bis hin zur Bewusstlosigkeit
-
•
Bei insuffizienter Pumpleistung des rechten Herzens gestaute Halsvenen
-
•
Auskultation: feuchte Rasselgeräusche über den basalen Lungenabschnitten.
-
•
Evtl. Tachykardie, Bradykardie, Arrhythmie, Puls kaum tastbar (zentralisiert)
-
•
Nagelbettprobe verlangsamt (> 2 Sek.)
Monitoring & Befunde
-
•
RR, P, EKG, SpO2
-
•
RR ↓, bis nicht mehr messbar
-
•
EKG: evtl. Hinweis auf ursächliche Herzerkrankung, z. B. Myokardinfarkt, Herzrhythmusstörung
-
•
Evtl. Ödeme, vor allem in den Beinen
-
•
Evtl. Lungenödem
-
•
Lagerung: erhöhter Oberkörper (30–45°), evtl. Beine tief (Abb. 2.29)
-
•
Pat. beruhigen
-
!
NA nachfordern
-
•
O2-Gabe: 6–15 l/Min. über Gesichtsmaske
-
•
Unblutiger Aderlass (Abb. 2.30)
-
•
Venösen Zugang legen, oOffenhalten mit Vollelektrolytlösung, sehr langsam laufen lassen
-
•
Kausale Therapie, Ursache, z. B. Rhythmusstörung behandeln, Lungenembolie: Fibrinolyse
-
•
Herzentlastung, Vasodilatation, Senkung des Füllungsdrucks: 1–2 Hübe Nitro-Spray s. l., Furosemid 20–40 mg i. v. (Kap. 19.2.30), evtl. zusätzlich Glyzeroltrinitrat 0,03–0,18 mg/kg KG/h über Perfusor (Kap. 19.2.32)
-
•
Herzkraftsteigerung, periphere Gefäßverengung: Dobutamin 1–10 µg/kg KG/Min. i. v. (Kap. 19.2.22), Noradrenalin 0,014–0,28 µg/kg KG/Min. i. v. (Kap. 19.2.51)
-
•
Sedierung: z. B. Midazolam 2,5–5 mg (0,05–0,1 mg/kg KG) i. v. (Kap. 19.2.44)
-
•
Analgesie: z. B. Morphin 5–10 mg i. v. (Kap. 19.2.45) oder Fentanyl 0,05–0,1 mg i. v. (Kap. 19.2.28, Cave: Atemdepression).
-
!
Großzügige Indikation zu Intubation und Beatmung.
-
•
Zum Einsatz von Medikamenten:
-
–
Bei Hypertonikern Einsatz von Nitraten nur dann, wenn der Normalblutdruck nicht deutlich unterschritten ist, da mit einem weiteren Blutdruckabfall gerechnet werden muss: zunächst Katecholamine geben
-
–
Bei RRsyst < 80 mmHg im Rahmen der Behandlung mit Katecholaminen Dobutamin nicht allein einsetzen (Gefahr eines weiteren Blutdruckabfalls) → Kombination mit Noradrenalin
-
-
•
In Klinik mit internistischer Intensivstation
-
•
Evtl. Sonderrechte
-
•
Voranmeldung
7.6
Anaphylaktischer Schock
Achtung
Von allen Schockarten der akuteste, da er innerhalb von Minuten zum Tode führen kann.
-
•
Allergische Reaktion auf Medikamente:
-
–
Antibiotika, z. B. Tetrazykline, Penicilline, Cephalosporine
-
–
Iodhaltige Röntgenkontrastmittel
-
–
i. v. gegebene Vitamine, z. B. Vitamin K1
-
–
Lokalanästhetika, z. B. Procain
-
–
Kolloidale Volumenersatzmittel, z. B. Hydroxyäthylstärke (HAES)
-
–
Blutprodukte, z. B. Albuminlösungen
-
–
Konservierungsmittel in Medikamenten, z. B. Parabene, Na-Sulfit
-
-
•
Allergische Reaktion auf Fremdeiweiße und Polysaccharide:
-
–
Insekten- und Schlangengifte
-
–
Allergene bei Hyposensibilisierungen
-
–
Organextrakte
-
–
Nahrungsmittel
-
-
•
Unruhe, Juckreiz, Schwindel, Schüttelfrost, Angst, Übelkeit (bis zum Erbrechen), Durchfall
-
•
Hautreaktionen (Ödeme, Quaddeln,QuaddelnFlush Flush)
-
•
Dyspnoe mit Bronchospasmus
-
•
Evtl. Krampfanfall
-
•
Bewusstseinsverlust
-
•
Kreislaufstillstand
-
•
OPQRST (Kap. 2.1.6) und SAMPLER (Kap. 2.1.3) anwenden
-
•
Anamnese: bekannte Allergie
-
•
Auskultation: unauffällig im Gegensatz zum kardiogenen Schock (Tab. 7.2); evtl. Bronchospasmus
Monitoring & Befunde
-
•
RR ↓, HF ↑
-
•
EKG: Sinustachykardie
-
•
Ggf. Vorgehen nach ERC Algorithmus Anaphylaxie (Abb. 7.2).
-
•
Weitere Allergenzufuhr stoppen, z. B. Infusion.
-
•
Lagerung: Oberkörperhochlagerung (30–45°).
-
•
Pat. beruhigen.
-
•
Je nach Schwere NA nachfordern.
-
•
Vor Wärmeverlust schützen.
-
•
O2-Gabe: 10–15 l/Min. über Gesichtsmaske
-
•
Basismonitoring (RR, P, EKG, SpO2).
-
•
Venösen Zugang legen (2–3 großlumige): 20–40 ml/kg KG Vollelektrolytlösung als Druckinfusion i. v.
-
•
Kühlung von Schwellungen, z. B. bei Insektenstichen.
-
•
Evtl. Beatmung (Kap. 2.8) oder kardiopulmonale Reanimation (Kap. 3).
Achtung
Bei anaphylaktischem Schock, Stadium III/IV sofortige Adrenalin-Gabe (nicht lange mit Antihistaminika, wie Clemastin, herumprobieren). Zunächst Adrenalin, dann Glukokortikoide applizieren, diese wirken erst nach 20–30 Min., Latenz muss mit Adrenalin überbrückt werden.
-
•
Rasche Volumensubstitution: 20 ml/kg KG Vollelektrolytlösung als Druckinfusion i. v., Erw. 2 000 ml/30 Min.
-
•
Stadien I und II
-
–
Glukokortikoide: Prednisolon 250–500 mg i. v. (Kap. 19.2.60)
-
–
Histaminantagonisten: Dimetinden 0,1–0,2 mg/kg KG i. v. (Kap. 19.2.21) oder Clemastin 0,05 mg/kg KG i. v. (Kap. 19.2.13), ggf. Ranitidin 50 mg p. o.
-
–
Evtl. β2-Mimetika inhalativ, z. B. Salbutamol
-
-
•
Stadium III
-
–
α-Sympathomimetika → Adrenalin 0,05–0,1 mg fraktioniert i. v. → evtl. Dosierung steigern, besser 0,5 mg i. m. (Kap. 19.2.23)
-
–
Glukokortikoide: Prednisolon 250–500 mg i. v. (Kap. 19.2.60)
-
-
•
Stadium IV: unverzügliche Reanimation nach ERC-ALS-Richtlinien (Kap. 3)
-
•
Bei Bronchospasmus: β2-Mimetika inhalativ
-
•
Ggf. Adrenalin inhalativ
-
•
Bei fortbestehender Schocksymptomatik Dobutamin 1–10 µg/kg KG/Min. i. v. (Kap. 19.2.22), Noradrenalin 0,014–0,28 µg/kg KG/Min. i. v. (Kap. 19.2.51)
-
•
Bei ausgeprägtem Larynxödem Intubation oder Koniotomie (Kap. 2.7.9)
-
•
Zum Einsatz von Medikamenten: Kein Volumenersatz mit kolloidalen Lösungen, wie HAES → können als zusätzliches Allergen wirken
Intubation und Beatmung
-
•
Indikationen: Zeichen der Einengung der oberen Luftwege (inspiratorischer Stridor vorhanden?), Atemstillstand, kardiopulmonale Reanimation.
-
•
Narkose:
-
–
Einleitung: Etomidat 0,2–0,3 mg/kg KG i. v. (Kap. 19.2.25)
-
–
Evtl. Relaxierung: Suxamethoniumchlorid 1 mg/kg KG i. v. (Kap. 19.2.69, Cave: Histaminfreisetzung)
-
-
•
Kontrollierte Beatmung:
-
–
I : E = 1 : 1,7–2, bei Bronchospasmus I : E = 1 : 2–3
-
–
Niedrige AF: 8–10/Min.
-
–
Normales AZV: 6–8 ml/kg KG
-
–
FiO2: 1,0
-
-
!
Bei Bronchospasmus keine PEEP-Beatmung → Erhöhung des intrathorakalen Drucks durch „air trapping“ (Kap. 6.2)
-
•
In Klinik mit internistischer Intensivstation
-
•
Evtl. Sonderrechte
-
•
Voranmeldung
7.7
Septischer Schock
Merke
-
•
Der septische Schock ist im RD nicht immer einfach zu diagnostizieren. Er gilt deshalb eher als seltenes Krankheitsbild. Zumindest die Sepsis ist aber häufig im Rettungsdienst anzutreffen.
-
•
In der Klinik wird zur Behandlung des septischen Schocks eine operative Sanierung der Sepsisherde und/oder eine Antibiotikather. durchgeführt.
Sepsis-Leitlinien 2016
Im Februar 2016 erschien eine neue internationale Sepsisleitline. Sepsis selber ist keine Erkrankung, sondern ein Syndrom. Um einen Pat. mit einer potenzielle Sepsis zu erkennen, wird der qSOFA Score (qSOFA Scorequick Sepsis Related Organ Failure Assessment) angewendet. Er beinhaltet 3 Kriterien:
-
•
Verwirrtheit
-
•
Systolischer Blutdruck ≤100 mmHg
-
•
Atemfrequenz >22/Min.
Jeder Pat. mit diesen Kriterien im Rettungsdienst und in der Notaufnahme gilt zunächst als potenzieller Sepsispat. Bei ≥ 2 positiven Kriterien soll nach einem Organversagen gefahndet werden.
Um einen septischen Schock zu diagnostizieren, müssen 2 zusätzliche Kriterien erfüllt werden:
-
•
Persistierende Hypotonie, bei der Vasopressoren eingesetzt werden müssen, um einen MAP ≥65 mmHg zu erreichen
-
•
Laktat >2 mmol/l trotz Volumenther.
-
!
Bei der Trias Hyperventilation, Tachykardie und hyperdynamer Kreislaufsituation sollte immer an Sepsis gedacht werden und die Ther. eingeleitet werden, bis andere Ursachen ausgeschlossen werden.
-
•
Hyperdynames Stadium
-
–
Hyperventilation, Tachypnoe
-
–
Tachykardie
-
–
Überwärmte, gerötete, trockene Haut
-
–
Schüttelfrost
-
-
•
Hypodynames Stadium
-
–
Kalte, zyanotische, evtl. marmorierte Haut
-
–
Bewusstsein meist eingeschränkt, häufig Verwirrtheit, evtl. Koma
-
–
Oligurie
-
Monitoring & Befunde
-
•
RR, P, EKG, SpO2
-
•
Hyperdynames Stadium
-
–
Tachykardie
-
–
RR ↓, vor allem auch der diastolische Druck (z. B. 90/40 mmHg)
-
–
Fieber
-
-
•
Hypodynames Stadium
-
–
Körpertemperatur < 38 °C
-
–
RR ↓, HF ↑
-
-
•
Lagerung: Oberkörperhochlagerung (30–45°), ggf. Flachlagerung
-
•
Pat. beruhigen.
-
•
Je nach Schwere NA nachfordern
-
•
Vor Wärmeverlust schützen
-
•
O2-Gabe: 10–15 l/Min. über Gesichtsmaske mit Reservoir
-
•
Venöse Zugänge legen (2–3 großlumige): 20–40 ml/kg KG Vollelektrolytlösung als Druckinfusion i. v.
-
•
Massive Volumenther.: z. B. 20 ml/kg KG kolloidale Lösungen i. v.
-
•
Herzkraftsteigerung, periphere Gefäßverengung: Dobutamin 1–10 µg/kg KG/Min. i. v. (Kap. 19.2.22), Noradrenalin 0,014–0,28 µg/kg KG/Min. i. v. (Kap. 19.2.51)
-
•
Bei therapieresistenter Hypotonie: Noradrenalin 10 µg/Min. über einen Perfusor (Kap. 19.2.51)
-
•
Analgesie: z. B. Morphin 5–10 mg i. v. (Kap. 19.2.45) oder Fentanyl 0,05–0,1 mg i. v. (Kap. 19.2.28; Cave: Atem- und Kreislaufdepression).
-
•
In Klinik mit chirurgischer Versorgung und Intensivstation
-
•
Immer mit Sonderrechten
-
•
Voranmeldung
Tipps & Tricks
-
•
Nach ausreichender Volumentherapie Katecholamine über Spritzenpumpe oder Perfusor verabreichen
-
•
Keine Glukokortikoide beim septischen Schock (kontraindiziert und wirkungslos)
-
•
Nach Abnahme von 2–3 Blutkulturpaaren (aerob und anaerob) frühzeitige Antibiotikagabe
7.8
Neurogener Schock
-
•
Unruhe, Verwirrtheit (zerebrale Dysfunktion)
-
•
Blässe, Kaltschweißigkeit
-
•
Bewusstseinsstörungen bis Bewusstlosigkeit, Synkope
-
•
Tachykardie (aber auch normaler Puls oder Bradykardie möglich)
-
•
Fadenförmiger Puls
Monitoring & Befunde
-
•
RR, P, EKG, SpO2
-
•
RR ↓
-
•
Lagerung: Oberkörperhochlagerung (30–45°)
-
•
Pat. beruhigen
-
•
Je nach Schwere NA nachfordern
-
•
Vor Wärmeverlust schützen
-
•
O2-Gabe: 6–15 l/Min. über Gesichtsmaske
-
•
Venöse Zugänge legen (2–3 großlumige): 20–40 ml/kg KG Vollelektrolytlösung als Druckinfusion i. v.
-
•
Massive Volumenther. bis zu 20 ml/kg KG kolloidale Volumenersatzmittel i. v.
-
•
Antihypotonika: z. B. Cafedrin-Theodrenalin (Akrinor®) 0,5–2 ml i. v. (Kap. 19.2.10)
-
•
Katecholamine: z. B. Dobutamin 1–10 µg/kg KG/Min. i. v. (Kap. 19.2.22), Noradrenalin 0,014–0,28 µg/kg KG/Min. i. v. (Kap. 19.2.51), bei Versagen zusätzlich Adrenalin 10 µg/Min. über Perfusor (Kap. 19.2.23)
Merke
Bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie mit Volumenersatzmitteln und vasoaktiven Substanzen ist der Schockzustand leicht zu durchbrechen.
7.9
Spinaler Schock
-
•
Unruhe
-
•
Bewusstseinsstörungen bis Bewusstlosigkeit, Synkope
-
•
Evtl. typische Kinematik und Unfallsituation
Monitoring & Befunde
-
•
RR ↓
-
•
RR, P, EKG, SpO2
-
•
Inspektion: evtl. unkontrollierter Abgang von Kot und Urin, Inspektion des Rückens durch Lagerung auf Schaufeltrage (Ansicht von unten) → evtl. sichtbare Deformierungen, Wunden
-
•
Palpation: Sensibilitätsstörungen in Armen und Beinen → Keine Schmerzangabe beim Kneifen des Pat. in der betroffenen Region, evtl. Kribbeln in den Armen oder Beinen.
-
•
Lagerung: Flachlagerung, Beine hoch, bei Bewusstlosigkeit stabile Seitenlage (Achtung: Trauma des Pat. beachten) → für Immobilisation sorgen
-
•
Pat. beruhigen
-
•
Je nach Schwere NA nachfordern
-
•
Vor Wärmeverlust schützen
-
•
O2-Gabe: 6–15 l/Min. über Gesichtsmaske
-
•
Venöse Zugänge legen (2–3 großlumige): 20–40 ml/kg KG Vollelektrolytlösung als Druckinfusion i. v.
Merke
Zusätzlicher Volumenbedarf durch Trauma (retroperitoneales Hämatom).