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HyperkaliämiezeichenHyperkaliämie, EKGElektrokardiografieHyperkaliämie
[A300]

Reposition
[L190]

Leitsymptome und ihre DifferenzialdiagnoseUrologische Notfälle, Leitsymptome
Leitsymptome | Differenzialdiagnose |
Schmerzen | Nierensteinkolik, akuter Harnverhalt, Hodentorsion, Nebenhodenentzündung, Priapismus, Paraphimose |
Anurie | Akutes Nierenversagen, akuter Harnverhalt, Nierensteinkolik, rasch progrediente Glomerulonephritis |
Hämaturie, evtl. sichtbarer Blutausfluss | Harnwegsinfekte, Tumoren, Glomerulonephritis, Trauma im Bereich des Urogenitalsystems, Konkremente, z. B. Nierenstein (Nephrolithasis), Medikamente, z. B. Blutung unter Antikoagulanzientherapie, Zytostatika |
Leitsymptom UnterbauchschmerzenHodenSchmerzenFlankenschmerzenSchmerz
Art und Lokalisation | Anamnese, Untersuchung | Verdachtsdiagnose |
Flanken- oder Unterbauchschmerz | Anurie, Überwässerungszeichen: Lungenödem | Akutes Nierenversagen |
Akuter wellen-, wehenartiger stärkster Schmerz (Rücken, Flanke) | Übelkeit, Erbrechen, bek. Steinleiden | Nierensteinkolik |
Stärkste Unterbauchschmerzen | Quälender Harndrang, evtl. Harntröpfeln, pralle Harnblase | Akuter Harnverhalt |
Stärkste Hodenschmerzen | Zunahme bei Anheben des Hodens, evtl. Schocksymptomatik: RR ↓, P ↑, Kaltschweißigkeit | Hodentorsion |
Langsam zunehmende Schmerzen im Hoden | Nachlassen bei Anheben des Hodens, Fieber, Harnwegsinfekt | Nebenhodenentzündung |
Schmerzen im Penis | Dauererektion | Priapismus |
Schmerzen an der Penisspitze | Zurückgestreifte, eingerollte Vorhaut, blaurote Verfärbung der Glans, Präputialödem | Paraphimose |
Ursachen für Anurie abhängig vom Niveau der Störung
Niveau | Störung | Erkrankung |
Prärenal (ca. 80 %) | Reduziertes Flüssigkeitsangebot | Herzinsuff., Herzinfarkt, Schock, Hypotonie, Elektrolytstörungen, Nierenarterienverschluss, Nierenvenenverschluss |
Renal | Beeinträchtigte Filtrationsleistung | Akute tubuläre Nekrose, akute Glomerulonephritis, chron. Niereninsuff., Nebenniereninsuff., Hämolyse, Medikamente |
Postrenal | Abflussbehinderung der ableitenden Harnwege | Tumor, Nierensteine |
Leitsymptom Foetor uraemicusAnurie
Begleitsymptom | Anamnese, Untersuchung | Verdachtsdiagnose |
Foetor uraemicus | Pat. ist somnolent bis komatös | Akutes oder chronisch terminales Nierenversagen |
Quälender Harndrang, praller „Unterbauchtumor“ | Harnträufeln, vegetative Störungen (Übelkeit, Erbrechen) | Akuter oder chronisch terminaler Harnverhalt |
Reflektorisch gespannte Bauchdecke | Plötzlich einsetzender stärkster wellen-, wehenartiger, ausstrahlender Schmerz | Nierenkolik |
Leitsymptom Hämaturie
Begleitsymptom | Anamnese, Untersuchung | Verdachtsdiagnose |
Gespannte Bauchdecke | Evtl. Schocksymptomatik: RR ↓, P ↑, Kaltschweißigkeit | Abdominaltrauma |
Dysurie (Schmerzen beim Wasserlassen) | Pollakisurie (häufiges Wasserlassen), evtl. Fieber | Harnwegsinfekt |
Typischer Kolikschmerz, ausstrahlend in Rücken, seitl. Unterbauch, auch Hoden und Schamlippen | Unruhig, geht umher | Nieren- oder Harnleiterkolik |
Stadien des akuten Nierenversagen, akutesStadienNierenversagens
1. Schädigungsphase | Stunden bis Tage | Oligurie bis Normurie bei zunächst noch erhaltener Konzentrationsfähigkeit |
2. Oligurie/Anurie | Dauer: 7 d bis max. 10 Wo. | Oligurie-/Anurie-Komplikation: Überwässerung (Lungenödem), Hyperkaliämie (Rhythmusstörungen), metabol. Azidose, Medikamentenüberdosierung durch Kumulation, Urämie. Achtung: in 15 % von Anfang an normo- oder polyurischer Verlauf mit besserer Prognose. |
3. Polyurie | Dauer: Tage bis Wo. | Rückgang der Urämiesymptome Komplikationen: Dehydration (Tachykardie, Hypotonie, Fieber, Apathie, Krämpfe), K+-, Na+-Verlust. |
4. Restitution | Dauer: bis zu 12 Mon., im Mittel 1–3 Mon. | Normalisierung der Nierenfunktion |
Urologische Notfälle
-
13.1
Leitsymptome und ihre Differenzialdiagnose412
-
13.2
Akuter Harnverhalt (Ischurie)415
-
13.3
Nieren-/Harnleiterkolik416
-
13.4
Akutes Nierenversagen (Anurie, Polyurie)417
-
13.5
Akutes Skrotum419
-
13.6
Priapismus421
-
13.7
Paraphimose („Spanischer Kragen“)422
13.1
Leitsymptome und ihre Differenzialdiagnose
13.1.1
Schmerzen
-
1.
Ist die Situation lebensbedrohlich? Alarmzeichen ist eine ausgeprägte Schocksymptomatik: RR ↓, P ↑, Kaltschweißigkeit → NA nachfordern.
-
2.
Gibt es Hinweise auf die Ursache der Schmerzen (Tab. 13.2)? Anamnese erheben:
-
–
Beschwerde bekannt (z. B. Steinleiden, Tumorleiden) oder erstmalig aufgetreten?
-
–
In welcher Situation ist die Beschwerde aufgetreten? z. B. beim Versuch, Wasser zu lassen (akuter Harnverhalt), plötzlich und stark ausgeprägt (Nierensteinkolik), nach Masturbation (Paraphimose)
-
–
Nimmt der Pat. Medikamente ein? (Intoxikation)
-
–
Besteht Fieber?
-
13.1.2
Anurie
Merke
-
•
Bei postvesikalen Hindernissen ist die Harnblase oft prall gefüllt → besonders schmerzhaft, bis hin zum Bild des akuten Abdomens (Kap. 9.1.1)
-
•
Besondere Gefahr für Dialysepat. und Pat. unter diuretischer Dauermedikation.
-
1.
Ist die Situation lebensbedrohlich? Alarmzeichen sind Exsikkose, Krampfanfälle, Bewusstseinsstörungen → NA nachfordern
-
2.
Gibt es Hinweise auf die Ursache der Anurie (Tab. 13.4)? Anamnese erheben:
-
–
Beschwerde bekannt (z. B. Harnverhalt bereits mehrfach aufgetreten) oder erstmalig aufgetreten?
-
–
In welcher Situation ist die Beschwerde aufgetreten?
-
–
Nimmt der Pat. Medikamente ein? z. B. Diuretika
-
13.1.3
Hämaturie
-
1.
Ist die Situation lebensbedrohlich? Alarmzeichen ist eine sehr starke Blutung mit Schocksymptomatik: RR ↓, P ↑, Kaltschweißigkeit oder Hypertonus → NA nachfordern.
-
2.
Gibt es Hinweise auf die Ursache der Hämaturie (Tab. 13.5)? Anamnese erheben
-
–
Grunderkr. bekannt (z. B. Tumorleiden, Harnwegsinfekt, Kolik) oder erstmalig aufgetreten?
-
–
In welcher Situation ist die Beschwerde aufgetreten? z. B. nach starker körperlicher Belastung (Marschhämaturie), nach vorangegangenem Trauma (auch z. B. Katheterisierung)
-
–
Nimmt der Pat. Medikamente ein? z. B. Antikoagulanzien
-
Merke
An Regelblutung denken (2 ml Menstruationsblut können 500 ml Urin rötlich verfärben!)
13.2
Akuter Harnverhalt (Ischurie)
-
•
Mechanisch: Prostataadenom, Prostatakarzinom, eingeklemmter Harnstein, Peniskarzinom, traumatischer Harnröhrenabriss, Blasentumor
-
•
Medikamentös: z. B. Neuroleptika, Analgetika, Spasmolytika
-
•
Neurogen: z. B. bei Diskusprolaps (L1–L5), Kaudasyndrom (Kap. 10.6)
-
•
Psychisch bei Stress
-
•
Unruhe
-
•
Quälender Harndrang
-
•
Stärkste Unterbauchschmerzen
-
•
Blasse, kaltschweißige Haut
-
•
Übelkeit, Erbrechen
-
•
Evtl. Harnträufeln (Versagen der Schließmuskulatur, Blase „läuft über“)
-
•
Anamnese erheben
-
–
Entsprechende Grunderkrankung bekannt?
-
–
Harnverhalt schon des Öfteren aufgetreten?
-
-
•
Tachykardie
-
•
Harnblase als prallelastischer „Tumor“ über dem Schambein tastbar
-
•
OPQRST (Kap. 2.1.6) und SAMPLER (Kap. 2.1.5) erheben
Monitoring & Befunde
RR, P, EKG, SpO2
-
!
Evtl. NA oder ÄND nachfordern
-
•
Lagerung: Oberkörper hochlagern, mit angezogen Beinen, Knierolle
-
•
Venösen Zugang legen, offenhalten mit Ringer-Lösung oder NaCl 0,9 % (Infusionsmenge gering halten, sonst Verstärkung des Harndrangs)
-
•
Spasmolyse: Butylscopolamin 40 mg i. v. (Kap. 19.2.9)
-
•
Analgesie: Metamizol 1,0–2,5 g i. v. (Kap. 19.2.41) oder bei stärksten Schmerzen Piritramid 7,5–15 mg i. v. (Kap. 19.2.59)
-
•
Evtl. Sedierung: Midazolam 2–2,5 mg i. v. (Kap. 19.2.44)
-
•
Evtl. transurethralen Blasenkatheter legen
-
•
Zum Einsatz von Medikamenten: Keine diuretisch wirksamen Medikamente, z. B. Furosemid, geben, bevor die Ursache des akuten Harnverhalts geklärt ist.
-
•
In Klinik mit urologischer Abteilung. Sonderrechte und Voranmeldung nicht erforderlich
-
•
Während des Transports kontinuierliches Monitoring (RR, P)
Tipps & Tricks
Gelingt das Legen eines Dauerkatheters nicht auf Anhieb, von weiteren Versuchen absehen → Gefahr der Perforation.
13.3
Nieren-/Harnleiterkolik
-
•
Schlagartig einsetzende wellen- oder wehenartige stärkste Schmerzzustände (Frequenz 1–10/Min.), oft in Rücken, Flanke, Unterbauch bis Oberschenkel, Penisspitze bzw. Schamlippen ausstrahlend
-
•
Gekrümmte Haltung des Pat. während der Kolik
-
•
Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbruch, Unruhe als vegetative Symptome
-
•
Harndrang
-
•
Evtl. Oligurie Oligurie(< 500 ml Urin/d)
-
•
Evtl. blutig tingierter Urin (Hämaturie, Kap. 13.1.3)
-
•
Evtl. Fieber
Achtung
-
•
Andere Ursachen mit Bild des akuten Abdomens (Kap. 9.1.1) berücksichtigen, z. B.:
-
–
Gallenkolik → Schmerzen im Oberbauch, rechte Schulter
-
–
Appendizitis → Schmerzen im rechten Unterbauch
-
–
Pankreatitis → Schmerzen im Oberbauch mit gürtelförmiger Ausstrahlung
-
-
•
Bei Kindern und alten Menschen ist die DD häufig sehr schwierig.
-
•
Anamnese: Steinleiden oft bekannt
-
•
Palpation: lokalisiert reflektorisch gespannte Bauchdecke, Klopfschmerz in der Flanke
-
•
Auskultation: evtl. Darmatonie (reflektorischer IleusreflektorischerIleus); fehlende oder abgeschwächte Darmgeräusche
-
•
OPQRST (Kap. 2.1.6) und SAMPLER (Kap. 2.1.5) erheben
Monitoring & Befunde
RR, P, EKG, SpO2
-
•
Pat. beruhigen
-
•
Lagerung: Oberkörper hochlagern mit angezogenen Beinen, Knierolle
-
•
Hausarzt oder ÄND verständigen → evtl. NA nachfordern
-
•
Venösen Zugang legen: 500–1 000 ml Ringer-Lösung (Kap. 19.2.65) oder NaCl 0,9 % i. v.
-
•
Spasmolyse der glatten Muskulatur: z. B., falls RR > 100 mmHg, 2–3 Hübe Nitro-Spray s. l. (Kap. 19.2.32) oder Butylscopolamin (20–)40 mg i. v. (Kap. 19.2.9), evtl. Butylscopolamin 40–60 mg als Infusion
-
•
Analgesie: Metamizol 1–2,5 g i. v. (Kap. 19.2.41). Cave: kann kreislaufdepressiv wirken → Gabe als Kurzinfusion
-
•
Evtl. Sedierung: Midazolam 2–2,5 mg i. v. (Kap. 19.2.44)
-
•
Evtl. Gabe von Antiemetika
-
•
Zum Einsatz von Medikamenten: Opioide (z. B. Morphin) sind wegen Kontraktion der glatten Muskulatur kontraindiziert (Ausnahme: Pethidin)
-
•
Transport nicht immer erforderlich. Je nach Schwere und Weisung des NA oder Hausarztes, Butylscopolamin-Zäpfchen in Reserve da lassen
-
!
In schweren Fällen evtl. mit NA in Klinik mit urologischer oder internistischer Abteilung
-
•
Bei Fieber und rezidivierenden Koliken unbedingt transportieren, DD Urosepsis
-
•
Während des Transports: kontinuierliches Monitoring (RR, P)
Tipps & Tricks
Viel Bewegung führt in ca. 80 % zu spontanem Steinabgang.
13.4
Akutes Nierenversagen (Anurie, Polyurie)
-
•
Tiefe Atmung, evtl. Foetor uraemicusFoetor uraemicus
-
•
Übelkeit, Erbrechen
-
•
Flanken- oder Unterbauchschmerz
-
•
Apathie, evtl. Somnolenz → Koma
-
•
Myoklonien (Muskelkontraktionen)
-
•
Evtl. Krampfanfälle
-
•
Exsikkosezeichen: Durst, Schwäche, verminderter Hautturgor, RR ↓, P ↑
Achtung
Hinter jeder Anurie kann sich ein ANV verbergen. Entsprechend gründlich vorgehen. Endgültige Diagnose kann nur klinisch gestellt werden.
-
•
OPQRST (Kap. 2.1.6) und SAMPLER (Kap. 2.1.5) erheben
-
•
Anamnese: Anurie
-
•
Inspektion: evtl. Ödeme an Extremitäten: Druckprobe (z. B. mit Finger seitlich des Schienbeins drücken: bleibt Druckdelle bestehen, Flüssigkeit im Gewebe), evtl. gestaute Halsvenen
-
•
EKG: Hyperkaliämiezeichen (Abb. 13.1) und Herzrhythmusstörungen bis hin zur elektromechanischen Entkoppelung oder Asystolie
-
•
Auskultation: Lunge, evtl. feuchte Rasselgeräusche als möglicher Hinweis auf Lungenödem
Monitoring und Befund
RR, P, EKG, SpO2
-
•
NA nachfordern
-
•
Lagerung nach Bewusstseinslage: Schocklage bzw. stabile Seitenlage bei Bewusstlosigkeit
-
•
O2-Gabe: 6–8 l/Min. über Nasensonde
-
•
Venösen Zugang legen: 500–1 000 ml Ringer-Lösung (Kap. 19.2.65) oder NaCl 0,9 % (Exsikkosebehandlung); bei ausgeprägter Schocksymptomatik (RR ↓, P ↑): 20–40 ml/kg KG Ringer-Lösung i. v.
-
•
Evtl. transurethralen Blasenkatheter legen.
-
•
Zum Einsatz von Medikamenten:
-
–
Keine präklinische Azidosekorrektur → Gefahr der Überkorrektur
-
–
Keine kaliumhaltigen Lösungen verabreichen
-
-
•
Spasmolyse: bei kolikartigen Schmerzen Butylscopolamin 20–40 mg i. v. (Kap. 19.2.9)
-
•
Analgesie: Metamizol 2,5 g i. v. (Kap. 19.2.41) oder Tramadol 100 mg i. v. (Kap. 19.2.76)
-
•
Diuresesteigerung: Furosemid 100–250 mg i. v. (Kap. 19.2.30), zuvor Blasenkatheter legen
-
•
Bei lebensbedrohlicher Hyperkaliämie unter laufender EKG-Kontrolle Salbutamol 0,5 mg langsam i. v. (Kap. 19.2.66) → senkt rasch und anhaltend Serumkaliumspiegel. Cave: nicht bei Dialysepat. anwenden
-
•
Dialyse anstreben bei nicht beherrschbarer Hyperkaliämie, metabolischer Azidose, Überwässerung (Lungenödem), Perikarditis mit Perikarderguss.
-
•
Mit NA in Klinik mit internistischer/intensivmedizinscher Abteilung (Möglichkeit der Dialyse).
-
•
Sonderrechte nach Zustand des Pat., z. B. Schocksymptomatik
-
•
Voranmeldung erforderlich
-
•
Während des Transports kontinuierliches Monitoring (RR, P, EKG, SpO2)
13.5
Akutes Skrotum
Achtung
Die DD zwischen Hodentorsion und Nebenhodenentzündung ist oft schwierig. In beiden Fällen zügiger Transport.
13.5.1
Hodentorsion
Achtung
Transport hat oberste Priorität. Pat. kann nur in der Klinik geholfen werden.
-
•
Akut einsetzende stärkste Schmerzen, welche bis in die Leiste ziehen, Schmerzzunahme bei Anheben des Hodens
-
•
Übelkeit, Erbrechen
-
•
Evtl. Kaltschweißigkeit
-
•
Bei Kleinkindern: Bauchschmerzen und Koliken
-
•
Kein Fieber
-
•
OPQRST (Kap. 2.1.6) und SAMPLER (Kap. 2.1.5) erheben
-
•
Inspektion: Leicht gerötete, ödematös geschwollene Skrotalhaut, Hoden steht höher
-
•
Palpation: evtl. reflektorisch gespannte Bauchdecke
Monitoring und Befunde
-
•
RR, P, EKG, SpO2
-
•
Evtl. RR ↓, P ↑ (vasovagale Schocksymptomatik)
Basismaßnahmen
-
•
Lagerung: Flachlagerung des Pat. (Cave: keine Unterpolsterung des Hoden → Schmerzverstärkung)
-
•
Evtl. O2-Gabe: 6–8 l/Min. über Nasensonde
-
•
Evtl. NA nachfordern → immer bei Schocksymptomatik (ausreichende Analgesie)
-
•
Venösen Zugang legen, offenhalten mit Ringer-Lösung oder NaCl 0,9 %
-
•
Bei starker vasovagaler Reaktion: 20 ml/kg KG Ringer-Lösung (Kap. 19.2.65) infundieren
-
•
Analgesie: Tramadol 100 mg i. v. (Kap. 19.2.76) oder Morphin 5–10 mg i. v. (Kap. 19.2.45) oder Piritramid 7,5–15 mg i. v. (Kap. 19.2.59)
-
•
Evtl. Sedierung: Midazolam 2–2,5 mg i. v. (Kap. 19.2.44)
-
•
Schnellstmöglich, evtl. mit NA, in Klinik mit urologischer oder chirurgischer Abteilung → Voranmeldung
-
•
Während des Transports kontinuierliches Monitoring fortführen
13.5.2
Nebenhodenentzündung (Epididymitis)
-
•
Langsam zunehmende Schmerzen im Hoden, bis in die Leistenregion ziehend
-
•
Fieber
-
•
Evtl. Tachykardie (durch starke Schmerzen)
-
•
OPQRST (Kap. 2.1.6) und SAMPLER (Kap. 2.1.5) erheben
-
•
Anamnese: Harnwegsinfekt, vorangegangene instrumentelle Untersuchungen, evtl. blutiger Urin
-
•
Inspektion: zunehmende Schwellung des Nebenhodens und Rötung der Skrotalhaut
-
•
Palpation: beim Anheben der Hoden lassen Schmerzen nach (Prehn-Zeichen),Prehn-Zeichen DD Hodentorsion: hier Zunahme der Schmerzen
Monitoring & Befunde
RR, P, EKG, SpO2
-
•
Lagerung: Flachlagerung des Pat., Unterpolsterung und Hochlagern des Hodens, z. B. mit Mullbinde, Watte
-
•
Venösen Zugang legen: Offenhalten mit Ringer-Lösung oder NaCl 0,9 %
Merke
Bei allen Maßnahmen Schamgefühl des Pat. beachten (Umstehende aus Raum/Fahrzeug schicken).
-
•
Kühlen mit Eisbeuteln: Einmal-Kühlkompresse in Verbandtuch wickeln und um den Hoden legen (nicht anpressen)
-
•
Analgesie: Metamizol 1,0–2,0 g i. v. (Kap. 19.2.41, Analgesie und Fiebersenkung) oder Tramadol 100 mg i. v. (Kap. 19.2.76). Bei stärksten Schmerzzuständen Morphin 5–10 mg i. v. (Kap. 19.2.45) oder Piritramid 7,5–15 mg i. v. (Kap. 19.2.59)
-
•
Evtl. Sedierung: Midazolam 2–2,5 mg i. v. (Kap. 19.2.44)
-
•
Grundsätzlich in Klinik mit urologischer Abteilung
-
•
Sonderrechte nicht erforderlich. Bei stärksten Schmerzzuständen, Diagnoseunsicherheit → Voranmeldung
-
•
Während des Transports kontinuierliches Monitoring (RR, P), Kühlung fortführen
13.6
Priapismus
-
•
Akut auftretende Dauererektion ohne sexuelle Stimulation und Ejakulation
-
•
Zunehmende starke Schmerzen im Penis
-
•
Evtl. Tachykardie (durch starke Schmerzen)
-
•
OPQRST (Kap. 2.1.6) und SAMPLER (Kap. 2.1.5) erheben
-
•
Anamnese: Harnverhalt, Medikamenten- oder Drogenintox., Stoffwechselerkr., Sexualpraktiken (z. B. Benutzung von Penisringen zur Erektionsverlängerung, Einnahme von PDE-5-Hemmern, wie Sildenafil)
-
•
Inspektion/Palpation: Glans penis und Corpus spongiosum schlaff (keine Beteiligung), Penisverkrümmung nach oben, evtl. blau-violette Verfärbung des Penis.
Monitoring & Befunde
RR, P, EKG, SpO2
-
!
Bei allen Maßnahmen Schamgefühl des Pat. beachten.
-
•
Flachlagerung des Pat., evtl. Penis unterpolstern (Watte, Mullkompressen)
-
•
O2-Gabe: 6–8 l/Min. über Nasensonde.
-
•
Evtl. NA nachfordern
-
•
Venösen Zugang legen, offenhalten mit Ringer-Lösung oder NaCl 0,9 %
-
•
Kühlen der Penisbasis: Einmal-Kühlkompresse in Verbandtuch wickeln und den Penis damit unterpolstern
-
•
Analgesie: Tramadol 100 mg i. v. (Kap. 19.2.76) oder Morphin 5–10 mg i. v. (Kap. 19.2.45)
-
•
Evtl. Sedierung: Midazolam 2–2,5 mg i. v. (Kap. 19.2.44)
-
•
Immer in Klinik mit urologischer Fachabteilung
-
•
Behandlungserfolg nur bei Therapiebeginn innerhalb von 24 h → Zeitlimit abschätzen evtl. Voranmeldung
-
•
Während des Transports kontinuierliches Monitoring (RR, P), Kühlung fortführen
Tipps & Tricks
-
•
Bei allen Maßnahmen Schamgefühl des Pat. beachten (Umstehende aus Raum/Fahrzeug schicken).
-
•
Meist drängt die Zeit: Aufgrund des Schamgefühls wird oft erst spät RD oder Arzt alarmiert.
Merke
In ca. 50 % der Fälle bleibt die Erektionsfähigkeit erhalten. (Abhängig von frühzeitiger Behandlung und vorliegender Grunderkr.)
13.7
Paraphimose („Spanischer Kragen“)
Achtung
Bei unterlassener Behandlung und Fortbestehen der Paraphimose Gefahr einer Gangrän der Glans penis.
-
•
Blickdiagnose
-
•
Schmerzen an der Penisspitze
-
•
Zurückgestreifte, eingerollte, ödematös geschwollene Vorhaut
-
•
Evtl. blauverfärbte, geschwollene Glans penis
-
•
OPQRST (Kap. 2.1.6) und SAMPLER (Kap. 2.1.5) erheben
-
•
Anamnese: bekannte Phimose (Vorhautenge), Auftreten meist während oder nach Koitus/Masturbation
Monitoring & Befunde
RR, P, EKG, SpO2
-
•
Lagerung: Oberkörper hochlagern (möglichst angenehm für den Pat., evtl. Unterpolsterung des Hoden, Penis)
-
•
O2-Gabe: 4–6 l/Min. über Nasensonde
-
•
Evtl. NA nachfordern
-
•
Venösen Zugang legen, offenhalten mit Ringer-Lösung oder NaCl 0,9 %
Merke
Bei allen Maßnahmen Schamgefühl des Pat. beachten (Umstehende aus Raum/Fahrzeug schicken).
-
•
Analgesie: Morphin 5–10 mg i. v. (Kap. 19.2.45) oder Fentanyl 0,05–0,1 mg i. v. (Kap. 19.2.28)
-
•
Evtl. Repositionsversuch (Abb. 13.2) → nur vom erfahrenen Arzt durchzuführen
-
–
Evtl. Infiltrationsanästhesie vor Repositionsversuch mit 10 ml Lidocain 1 %, besser Schleimhautanästhesie, z. B. mit Lidocain-Gel
-
–
Reposition: Beidhändig mit dem 2. und 3. Finger die Kranzgrenze des Penis umgreifen und kräftig mit beiden Daumen das Ödem von Glans und Vorhaut ausdrücken, dabei versuchen, die Vorhaut zu reponieren
-
-
•
Immer in Klinik mit urologischer oder chirurgischer Abteilung
-
•
Während des Transports kontinuierliches Monitoring (RR, P)