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10.1016/B978-3-437-23144-5.00018-5
978-3-437-23144-5
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Abb. 18.1

[L106]
Radikuläre segmentale Versorgung der Arme u. Beine
Abb. 18.2

[L106]
Bandscheibenvorfälle (zervikal)
Kennzeichen und Differenzialdiagnosen zervikaler WurzelkompressionssyndromeWurzelkompressionssyndrom, zervikalesKennzeichenWurzelkompressionssyndrom, zervikalesDifferenzialdiagnosen
Wurzel | MER ↓ | Kennmuskeln | Sensibles Defizit | DD |
C5 | BSR | M. deltoideus, M. biceps brachii, M. infraspinatus | Außenseite Oberarm | N.-axillaris-Läsion |
C6 | BSR, RPR | M. biceps brachii, M. brachioradialis, (M. deltoideus) | Radialer Ober- u. Unterarm bis zum Daumen | N.-musculocutaneus-Läsion, KTS |
C7 | TSR, RPR | M. triceps brachii, M. pronator teres, M. pectoralis major, M. extensor carpi radialis | Unterarmstreckseite, Handrücken bis II.–IV. Finger | |
C8 | Trömner | M. interosseus dors., M. abductor digiti quinti, M. abductor pollicis brevis, M. flexor pollicis longus, M. flexor carpi ulnaris | Ulnarer Ober- u. Unterarm, Handkante bis Finger V | N.-ulnaris- o. untere Plexusläsion |
Kennzeichen und Differenzialdiagnosen lumbaler Wurzelkompressionssyndrome WurzelkompressionssyndromKennzeichenWurzelkompressionssyndromDifferenzialdiagnosen
Wurzel | MER ↓ | Kennmuskeln | Sensibles Defizit | DD |
L3 | ADR | Adduktorengruppe, M. quadriceps femoris, M. iliopsoas | Schräg über den Oberschenkel zum Knie | N.-femoralis-Läsion; N.-obturatorius-Läsion |
L4 | PSR | M. quadriceps femoris, M. tibialis ant. | Oberschenkelaußenseite, medialer Unterschenkel bis Fußrand | N.-femoralis-Läsion; diabet. Myatrophie |
L5 | TPR | M. extensor hallucis longus, M. tibialis ant., M. tibialis post., M. gluteus medius | Unterschenkelaußenseite, Fußrücken bis Großzehe | N.-peroneus-Läsion |
S1 | ASR | M. triceps surae, M. gluteus maximus, M. biceps femoris | Unterschenkelrückseite, Fußaußenrand | N.-tibialis-, N.-ischiadicus-, Plexusläsion |
Spinale Wurzelkompressionssyndrome
-
18.1
Definition und Ätiologie612
-
18.2
Leitsymptome612
-
18.3
Diagnostik und Differenzialdiagnosen614
-
18.4
Zervikale Wurzelkompressionssyndrome615
-
18.5
Zervikale Myelopathie616
-
18.6
Thorakale Bandscheibenvorfälle617
-
18.7
Lumbale Wurzelkompressionssyndrome617
-
18.8
Cauda-equina-Syndrom620
-
18.9
Neurogene Claudicatio intermittens621
-
18.10
„Postdiskektomie-Syndrom“621
-
18.11
Spondylodiszitis622
-
18.12
Chronischer, unspezifischer Rückenschmerz (Lumbalgie)622
18.1
Definition und Ätiologie
-
•
ICD-10 G54.2–3/M50, 51. Wurzelkompressionssyndrom, spinalesSyndromWurzelkompressions-, spinales
-
•
Meist degenerative Knochenveränderungen wie Osteochondrose, Spondylarthrose u. Unkovertebralgelenkarthrose mit Einengung des Foramen intervertebrale.
-
•
Seltener Nerven- u. Knochentumoren, Meningeome, Metastasen, Hämatome u. Abszesse.
-
•
Bandscheibenprotrusionen u. -vorfälle.
-
•
Begünstigend: Enger Spinalkanal u. Traumen.
18.2
Leitsymptome
18.2.1
Vertebralsyndrom
-
•
Wurzelkompressionssyndrom, spinalesLeitsymptomeVertebralsyndromSyndromVertebral-Steil gestellte u. klopfschmerzhafte WS mit Bewegungseinschränkung bei Flexion, Rotation u. Neigung (DD bei der HWS: Meningismus).
-
•
Drehung des Kopfs zur Gegenseite führt zu radikulärem (segmentalem) Schmerz.
-
•
Druckschmerzhafte, verspannte Paravertebralmuskulatur mit Myogelosen.
-
•
Mitunter fixierte Fehlstellung (LWS: Skoliose).
18.2.2
Reizerscheinungen
-
•
Wurzelkompressionssyndrom, spinalesReizerscheinungenParästhesien u./o. Schmerzen mit Ausstrahlung in ein Dermatom (Abb. 18.1).
-
•
Schmerz meist ausstrahlend von der WS, mitunter aber auch nur distal; Zunahme bei Kopfdrehung u. intraspinaler Druckerhöhung (Husten, Pressen, Niesen).
-
•
LWS: Lasègue-ZeichenLasègue-Zeichen (Dehnungsschmerz des N. ischiadicus bei Beinstreckung) u. Braguard-HandgriffBraguard-Handgriff (Ischiadicusdehnungszeichen durch zusätzliche Dorsalflexion des Fußes); Umgekehrtes Lasègue-Zeichen bei Kompression der Wurzel L3 o. L4 (Femoralis-Dehnungsschmerz bei Dorsalstreckung des Beins in Bauchlage); Druckschmerz am Valleix-Punkt.
18.2.3
Sensibilitätsstörung
-
•
Wurzelkompressionssyndrom, spinalesSensibilitätsstörungV. a. Hypalgesie.
-
•
Bei monoradikulären Prozessen ist das hypalgetische Areal stets kleiner als die Schmerzzone, eine Hypästhesie kann fehlen.
-
•
LWS: Auf Reithosen-Sensibilitätsstör. achten (3.11, 14.1.1)!
18.2.4
Paresen
18.2.5
Weitere Symptome
Vegetative Ausfälle, v. a. Schweißsekretionsstör., fehlen im Gegensatz zur Plexusläsion o. PNP.
18.3
Diagnostik und Differenzialdiagnosen
18.3.1
Diagnostik
Wurzelkompressionssyndrom, spinalesDiagnostik Nur morphologische Veränderungen, die mit dem klin. Befund übereinstimmen, dürfen als Urs. der Stör. angesehen werden, da radiologisch auch ausgeprägte degenerative Veränderungen nicht mit klin. Ausfällen einhergehen müssen.
-
•
MRT: Beziehung des Bandscheibenprolapses zu den Nervenwurzeln (zur OP-Vorbereitung), Beurteilung der Nervenwurzelabgänge u. der Myelonkompression.
-
•
CT: Mitunter hilfreich bei lateralem Bandscheibenvorfall, knöcherne Veränderung.
-
•
Rö-WS: Nur noch in Ausnahmefällen.
-
•
Myelografie mit Post-Myelo-CT: Sehr selten v. a. bei funktioneller Spinalkanalstenose.
Indikation zur Bildgebung
Sofort bei Red-Flag-Sympt. (zunehmende Paresen, Blasenstör., Pyramidenbahnzeichen, Tumoranamnese), sonst bei therapieresistenten Beschwerden nach 10–12 Wo.
18.3.2
Differenzialdiagnosen
18.4
Zervikale Wurzelkompressionssyndrome
-
•
Anamnese: Vorausgegangene Zervikobrachialgien.
-
•
Lhermitte-Zeichen: Lhermitte-ZeichenElektrisierendes Gefühl entlang der WS bei Druckerhöhung im Spinalkanal.
-
•
Kälte- o. Wärmeanwendungen, z. B. Fangopackungen.
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•
Analgetika: z. B. Paracetamol 3–4 × 500–1.000 mg/d p. o. (z. B. ben-u-ron®); ggf. stärkere Analgetika (6.)
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•
Antiphlogistika: z. B. Ibuprofen 3 × 400 mg, Diclofenac 3 × 25 mg/d p. o. (z. B. Voltaren®) o. Indometacin 3 × 25–50 mg/d p. o. (z. B. Amuno®), NW u. KI beachten.
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•
Muskelrelaxanzien: Bei paravertebralem Hartspann z. B. Diazepam 3–4 × 5 mg/d p. o. (z. B. Valium®).
-
•
Entspannende KG u. Haltungskorrektur nach Abklingen der Schmerzphase über das Ende der Symptomatik hinaus; keine Ruhigstellung.
Chiropraktische Manöver können zu einer Befundverschlechterung führen. Gefahr der Vertebralisdissektion.
-
•
Ind.: Progrediente motorische Ausfälle, medulläre Sympt., Blasenstör., therapieresistente (> 12 Wo. intensive stationäre konservative Ther., eindeutiges morphologisches Korrelat) u. schwere radikuläre Schmerzsy. mit degenerativen Veränderungen.
-
•
Durchführung:
-
–
Foraminotomie: ForaminotomieAufweitung des Foramen intervertebrale durch Entfernen von Knochenappositionen.
-
–
Ventrale Diskektomie: Ventraler Zugang zur HWS mit Ausräumung des Bandscheibenraums u. anschließender Verblockung der WK. Vorteil: Kurze Immobilisationsphase.
-
18.5
Zervikale Myelopathie
-
•
Diskogen: Medialer zervikaler Bandscheibenprolaps (Abb. 18.2), gel. auch knöcherne Protrusion, meist bei anlagebedingtem engem Spinalkanal.
-
•
Spondylogen: Altersbedingte Degeneration der WK mit Spondylolyse u. Osteophytenbildung; Einengung des zervikalen Spinalkanals (normal 20 mm in Höhe HWK 1, 17 mm in Höhe HWK 4 u. 15 mm in Höhe HWK 7); Prädilektion HWK 5/6; bei gleichzeitiger kongenitaler Enge des Spinalkanals (< 13 mm) frühere Manifestation.
-
•
MER ↓ in Läsionshöhe u. ↑ kaudal davon.
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•
Beinbetonte, dissoziierte Sensibilitätsstör., häufig aber nur unspezifische o. gar keine sensiblen Ausfälle.
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•
Diffuse Nacken- u. Schulterschmerzen, Lhermitte-Zeichen (18.4).
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•
Radikuläre Ausfälle bes. C6 u. C7 (seltener als bei diskogener Myelopathie).
-
•
Provokation von Sympt. bei Retroflexion des Kopfs.
-
•
MRT: Darstellung der Enge u. von Myelonveränderungen (T2: Veränderungen in 2 Ebenen sagittal u. koronar). Die Enge des Spinalkanals wird häufig überschätzt.
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•
CT: Nur bei knöchernen Veränderungen dem MRT überlegen.
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•
Evozierte Potenziale: SSEP u. transkortikale Magnetstimulation: Latenzverlängerungen.
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•
EMG: Arm- u. Handmuskeln zur Höhenlokalisation, paravertebrales EMG.
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•
ALS (16.1.1): Veränderungen des 2. MN auch in anderen Regionen.
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•
WS-Affektionen: Halsmarktumoren, entzündl. o. maligne Wirbelprozesse, Angiom des Halsmarks, epiduraler Abszess (MRT, akuter Beginn; 14.4.1), intraspinales Hämatom (14.3.3), Wirbeldeformität (Kyphoskoliose), Spondylolyse, Spondylolisthesis.
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•
Densinstabilität bei Polyarthritis: Spastische Tetraparese, häufig auch passager in der Vorgeschichte, auch Ausfall kaudaler HN, okzipitale Kopfschmerzen durch Wurzelläsion C2/C3, kardiorespiratorische Stör.
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•
MS: mögliche KM-Aufnahme der intramedullären Veränderungen.
-
•
Konservativ: Bei langsamer Progredienz KG.
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•
Chir.: Ventrale Fusion mit Stabiliserung, postop. KG.
18.6
Thorakale Bandscheibenvorfälle
18.7
Lumbale Wurzelkompressionssyndrome
-
•
Protrusion: ProtrusionAnulus fibrosus bleibt intakt.
-
•
Prolaps: ProlapsGallertkern tritt aus; gestielt (mit Verbindung zum Gallertkern) o. sequestriert (freies Bandscheibenmaterial im Spinalkanal).
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•
Meist Bandscheibenvorfälle, degenerative knöcherne Veränderungen, anlagebedingte Anomalien.
-
•
Seltener: Neurinom, Neurofibrom, Meningeom, Ependymom der Cauda equina, Abtropfmetastase bei Glioblastom, Knochentumor, ossäre Metastase, Fehlbildungstumor.
-
•
Degenerative Veränderungen können radiologisch bei fast allen älteren Menschen nachgewiesen werden, sodass sie nur bei Übereinstimmung mit dem klin. Bild als pathogenetische Faktoren gewertet werden können; > 90 % aller Fälle LWK 4/5 u. LWK 5/SWK 1.
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•
Disponierend sind Übergewicht, vorausgegangene Schwangerschaften.
-
•
Der Einfluss von Traumen (z. B. Verhebetrauma) ist umstritten, da auch Spontanbewegungen zu einem Bandscheibenvorfall führen können.
Durch den Parallelverlauf der Nervenwurzeln im Spinalkanal kommt es häufiger als im zervikalen Abschnitt zu polyradikulären Schädigungen.
-
•
Ein Babinski-Zeichen kann bei einer lumbalen Radikulopathie nicht auftreten, sondern weist auf eine Schädigung des RM (d. h. oberhalb LWK 1) hin.
-
•
Wegen des langstreckigen intraspinalen Nervenwurzelverlaufs kann ein Wurzelkompressionssy. L5 durch einen mediolateralen Bandscheibenprolaps zwischen LWK 4 u. 5 o. durch einen lat. Bandscheibenprolaps in der nächst tieferen Etage zwischen LWK 5 u. Os sacrum ausgelöst sein.
Ist bei der radiologischen Diagn. in der betroffenen Etage kein path. Prozess nachweisbar, muss der gesamte lumbale Spinalkanal bis zum Conus medullaris (etwa in Höhe LWK 1) dargestellt werden, da die lumbalen Nervenwurzeln an jeder Stelle vom Austritt aus dem RM bis zum Austritt aus dem Foramen intervertebrale geschädigt werden können.
-
•
Tumor: Neurinom, Metastase (bei M > 60 J. v. a. Prostata-Ca; immer rektal-digitale Unters.).
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•
Periphere Nervenläsionen: Bes. Peroneusparese u. Ischiadikusläsionen (17.1.8).
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•
Orthopädische Erkr. (pseudoradikuläre Sy.): z. B. Spondylolisthese, Koxitis, Koxarthrose, Wirbelgelenkarthrose, tendomyotisches Sy., lokales Muskeltrauma, chron. Überlastungssy., Bursitis, Piriformissy.
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•
Keine längere Ruhigstellung, mäßige Belastung u. wechselnde Positionen, Wärmeanwendung.
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•
Analgetika:
-
–
z. B. Paracetamol 4 × 1 g/d p. o. (z. B. ben-u-ron®).
-
–
bei Bedarf kurzfristig auch Tramadol 4–6 × 50 mg/d p. o. (z. B. Tramal®).
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–
retardierte Analgetika (Tramal ret. 100–400 mg/d), für 1–2 Wo.
-
–
Diclofenac 3 × 25–50 mg/d p. o. (z. B. Voltaren®) o. Ibuprofen 3 × 400–800 mg/d p. o.
-
–
ggf. kurzzeitige Opiate bei stärksten, therapieresistenten Schmerzen in der Akutphase.
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-
•
Muskelrelaxanzien: z. B. Diazepam 4 × 5 mg/d p. o. (z. B. Valium®).
-
•
KG: In der Akutphase nur Entspannungsübungen, dann Übungsprogramm zur Stabilisierung der LWS, Kräftigung der Rücken- u. Bauchmuskulatur; selbstständige Weiterführung durch den Pat., Training des optimalen Gehens, Sitzens, Hebens u. Tragens als Sekundärprophylaxe.
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•
Lumbale Wurzelinfiltration: 5 ml Carbosthesin 0,5 % in die Nähe der betroffenen Nervenwurzel; umstritten.
-
•
Absolut:
-
–
progrediente neurol. Ausfälle, v. a. bei Entwicklung von Blasen- u. Mastdarmstör. (Cauda-equina-Sy., 18.8).
-
–
akute erhebliche motorische Defizite (weniger als Kraftgrad 3/5) bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall.
-
-
•
Relativ:
-
–
trotz intensiver stationärer konservativer Ther. (> 6–8 Wo.) anhaltende Schmerzen u. Nachweis eines umschriebenen Prozesses.
-
–
chron. rezid. Wurzelirritationen mit geringen neurol. Defiziten, aber radiologisch nachweisbaren Wurzelaffektionen, schlechte Progn.
-
-
•
Ind./Technik:
-
–
lumbale o. sequestrierte Bandscheibenvorfälle; über einen möglichst kleinen Zugang Entfernung des Bandscheibengewebes; exakte Darstellung von Dura (Verletzungsgefahr!) u. Nervenwurzel.
-
–
minimalinvasiv bei Facettgelenksy. (nach pos. diagn. Facettgelenkblockade): Perkutane, CT-gestützte Kryother. o. Thermoläsion.
-
–
Stabilisierungs-OP, ggf. mit Dekompression: WK-Destruktion, Spondylolisthesis.
-
-
•
KO:
-
–
Instabilität.
-
–
Nachblutungen mit EDH.
-
–
Duraverletzungen.
-
–
Rezidive.
-
–
Spondylodiszitis (postop. Schmerz, Fieber, BSG ↑).
-
–
Verletzung der Nervenwurzel u. ventral liegender Organe (V. cava, Aorta abdominalis).
-
-
-
–
tgl. Kontrolle des neurol. Befunds in den ersten 4 d.
-
–
Mobilisation nach dem 2. d.
-
–
körperl. Schonung für 6 Mon.
-
–
kein tiefes Sitzen u. Tragen schwerer Lasten in den ersten 3 Mon.
-
–
Heben schwerer Lasten für 6–12 Mon. vermeiden.
-
–
frühzeitiger Beginn der KG mit stufenweiser Steigerung.
-
–
Schulung des Aufstehens aus dem Liegen, Heben, Tragen u. Gangschulung zur Rezidivprophylaxe.
-
-
•
Spontanremission auch bei nachgewiesenen Bandscheibenvorfällen u. sensomotorischen neurol. Defiziten möglich; Rückbildung der Ausfälle abhängig von Dauer der präop. Sympt. (evtl. Mon.).
-
•
OP-Ergebnis abhängig von exakter Diagnosestellung; prognostisch günstig: Jüngere Pat., monoradikulärer Prozess, kurze Anamnese, eindeutiger Prolaps.
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•
WS-Instabilitäten, bes. nach (Hemi-)Laminektomie mit später auftretenden degenerativen Veränderungen.
-
•
Chron. Schmerzsy. sowohl nach konservativer als auch nach operativer Ther.
-
•
Re-OP in 6–10 %; prognostisch ungünstiger als Erst-OP.
18.8
Cauda-equina-Syndrom
-
•
Akut: Bandscheibenmassenprolaps, seltener Tumor, Hämatom.
-
•
Schleichend progredient: Tumoren, Abtropfmetastasen, selten entzündl. Prozesse.
-
•
Sensibilitätsstör. der sakralen Dermatome in der Analgegend (Reithosenhyp- o. -anästhesie), der anschließenden Oberschenkelinnenseite sowie Rückseite des Ober- u. Unterschenkels bis zum äußeren Fußrand.
-
•
Analsphinktertonus ↓, erloschener Analreflex.
-
•
Blasen-Mastdarm-Lähmung mit Harn- u. Stuhlinkontinenz (Überlaufblase).
-
•
Potenzstör., v. a. bei chron. progredienten Verläufen.
-
•
Bilaterale Parese des M. triceps surae, der kleinen Fußmuskeln u. meist auch der Gesäßmuskulatur.
-
•
ASR ↓.
Obere Begrenzung in Abhängigkeit von der Schädigungshöhe
-
•
L2/L3: Hüftbeuger u. Adduktorenparese, ADR ↓.
-
•
L4: Quadrizepsparese u. PSR ↓.
-
•
L5: Bilaterale Parese der Fuß- u. Zehenheber, TPR ↓.
Ein Cauda-equina-Sy. ist ein neurol. neurochir. Notfall u. erfordert eine sofortige OP innerhalb weniger h, da die Schädigungen sonst irreversibel sind.
18.9
Neurogene Claudicatio intermittens
-
•
Auftreten bzw. Zunahme von Schmerzen, Parästhesien u. ggf. motorischen Ausfällen beim Gehen (Bergabgehen).
-
•
Rückbildung erst nach Entlastung der Nervenwurzeln durch Hinsetzen, Hinlegen o. Vorbeugen des Rumpfs.
-
•
Im Gegensatz zur vask. Claudicatio intermittens sistieren die Beschwerden nicht, wenn der Pat. stehen bleibt.
18.10
„Postdiskektomie-Syndrom“
-
•
Akutes Auftreten o. postop. Persistenz: Epidurale Blutung, unvollständige Ausräumung des Bandscheibenraums, OP in falscher Höhe, übersehene knöcherne Enge, falsche OP-Ind. wie pseudoradikuläres Sy.
-
•
Verzögertes Auftreten: Rezidiv-Bandscheibenvorfall, lokale Narbenbildung, Spondylodiszitis (BSG!), Arachnopathie, Segmentinstabilität.
-
•
Psychosomatisch.
-
•
Anamnese u. neurol. Unters.: (1.1). Hinweise für psychische Auffälligkeiten; weitergehende Diagn. je nach Klinik.
-
•
Bildgebung: MRT mit KM: Zur DD Narbengewebe (Enhancement) o. Rezidivprolaps (kein Enhancement), Spinalkanalstenose, nur bei unklaren Befunden, Narbengewebe, Tumor.
-
•
Labor: BSG, Diff.-BB: Ausschluss Spondylodiszitis.
-
•
Konservativ:
-
–
zunächst immer, außer bei ausgedehnten Raumforderungen.
-
–
Aufklärung des Pat. zur Verbesserung der Compliance; Hinweis, dass durch weitere OP die Symptomatik auch verschlechtert werden kann (bes. bei Arachnopathien).
-
–
Physiother.
-
–
medikamentös (6), TENS, psychosomatische Ther.
-
-
•
Operativ:
-
–
bei eindeutigem Nachweis einer Nervenwurzelkompression, Korrelation mit der Klinik.
-
–
bei Rezidivprolaps, unvollständig ausgeräumtem Bandscheibenraum, Narbengewebe, engem Spinalkanal, Hämatomen.
-
–
Verfahren (18.7).
-
–
bei Segmentinstabilität dorsale o. ventrale Spondylodese, evtl. Fixateur interne.
-
18.11
Spondylodiszitis
-
•
Infektion nach lokaler OP o. bei Injektionen in WS-Nähe (z. B. periradikuläre Injektionen).
-
•
Hämatogene Streuung, Herd oft nicht identifizierbar.
-
•
Staphylokokken (60 %), Enterobakterien.
-
•
Bildgebung: MRT mit KM, Szinti.
-
•
Labor: BSG, CRP, Diff.-BB. Blukultur zum Erregernachweis.
-
•
Konservativ: Zunächst immer Bettruhe, Breitbandantibiose o. besser nach Keimtestung für 6–12 Wo.
-
•
Operativ: Bei Abszedierung o. großflächiger Osteodestruktion.
18.12
Chronischer, unspezifischer Rückenschmerz (Lumbalgie)
-
•
Orthopädische Urs.
-
•
Überbewertung radiologischer Befunde.
-
•
Iatrogene Fixierung (Verunsicherung des Pat., multiple sog. minimalinvasive Eingriffe), prolongierte Krankschreibung, unkritisch langer Einsatz von Analgetika o. lokalen Infiltrationen.
-
•
Lang anhaltende Schonhaltung (Bettruhe).
-
•
Psychosoziale Faktoren: Psychische Disposition, Rentenbegehren, soziale Begleitumstände.
-
•
Auch iatrogene Faktoren: Mangelnde Information über die Gutartigkeit der Stör. sowie Nichtbeachtung psychiatrischer Komorbidität wie Depression, Angsterkr. o. Persönlichkeitsstör.
-
!
Immer multimodaler Ther.-Ansatz.
-
•
Im Vordergrund:
-
–
Aufklärung über den Mechanismus der Erkr.
-
–
Verhaltensther. zur Schmerzbewältigung u. zum Umgang mit den Schmerzen.
-
–
Entspannungstechniken.
-
-
•
Aktivierende Physiother. u. Vermeidung körperl. Schonung (Muskelaufbautraining).
-
•
Sparsamer Einsatz von Analgetika, unterstützend Gabe von trizyklischen Antidepressiva (z. B. Amitriptylin retardiert 25–75 mg zur Nacht).