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978-3-437-22465-2
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Abb. 17.1

[L157]
Anatomie des AugenAnatomieAuges
Abb. 17.2

[A300]
Visustafel Visustafel
Abb. 17.3

[L190]
Ektropionieren AugenEktropionieren
Abb. 17.4

[L190]
Augenspülung
Abb. 17.5

[L190]
Spüllinse
Abb. 17.6

[K138]
PneumatischeNaseTamponade, pneumatische Nasentamponade (Xomed Epistat®)
Abb. 17.7

[L190]
Pneumatische NaseTamponade, pneumatischeNasentamponade in situ
Abb. 17.8

[L190]
Technik der Pharynxtamponade beim intubierten Pat.
Abb. 17.9

[L190]
Entfernen eines Hypopharynxfremdkörpers mit Laryngoskop und Magill-Zange
Abb. 17.10

[L190]
Umwandeln eines trachealen in einen bronchialen Fremdkörper
Abb. 17.11

[L190/K183]
Kanülenarten beim TracheostomaKanülenartenTracheostoma
Abb. 17.12

[L190]
Prüfung auf Gesichtsschädelfraktur
Abb. 17.13

[L190]
Kopf-Kinn-VerbandKopf-Kinn-Verband
AugenPupillenveränderungenPupillenveränderungenPupillenveränderungen
Veränderung | Mögliche Ursache |
Form | |
Entrundet |
|
Verzogen |
|
Größe | |
Beidseitig: Isokorie | |
Miosis (eng) |
|
Mydriasis (weit) |
|
Einseitig (Anisokorie. Cave: Glasauge) | |
Miosis (eng) |
|
Mydriasis (weit) |
|
Sehstörungen, LeitsymptomeSchleiersehenRußregenRetrobulbärneuritisQuadrantenanopsieMikropsieHemianopsieDoppelbilderSehstörungen
Sehstörungen | Lokalisation (Ursache) |
Farbringe um Lichtquelle, Schleiersehen (Nebel) | Hornhaut (Epithelödem, Stromatrübung, akutes Glaukom) |
Schleier, Nebel, diffuser Schatten |
|
Nebel, dunkle Flecken oder Schlieren, Spinnen, Rußregen | Glaskörper (Blutung, Abhebung, Entzündung) |
Funken, Blitze, aufsteigende Wand, dunkle Fläche, seitlicher Vorhang | Netzhaut (Traktion, Riss, Ablösung) |
Verzerrtsehen, Mikropsie, Makropsie, zentraler Schatten | Zentrale Netzhaut/Makula (Ödem, Blutung) |
Zentraler grauer Schleier, Gesichtsfeldausfälle: Einseitige Hemianopsie oder Quadrantenanopsie | Nervus opticus (Entzündung, Ischämie, Verletzung, Kompression) |
Beidseitige Gesichtsfeldausfälle: Hemianopsie, Quadrantenanopsie | Aufsteigende Sehbahn (Kompression, Blutung, Ischämie z. B. bei Apoplex) |
Doppelbilder (Kopfzwangshaltung) | Augenmuskelparese (myogene oder neurogene Parese, Entzündung, Verletzung) |
Differenzialdiagnose des SchmerzenAugeSchmerzenAugeAugenSchmerzen, DDAugenSchmerzen, DDAugenschmerzes
Schmerzlokalisation | Schmerzcharakter | Mögliche Ursache |
Lid | Ziehen und Brennen spontan oder bei Berührung und Druck |
|
Lid | Ziehen und Brennen spontan oder bei Berührung und Druck |
|
Äußerer Lidwinkel (oben) | Ziehen und Brennen bei Berührung und Druck |
|
Innerer Lidwinkel (unten) | Ziehen und Brennen bei Druck |
|
Oberflächliche Schmerzen von Bindehaut und Hornhaut | Brennen, Stechen, Kratzen, Fremdkörpergefühl, Jucken, v. a. bei Lidbewegungen, Blendungsschmerz (spontane Besserung durch topische Lokalanästhetika!) |
|
Tiefer Augenschmerz (subjektive Lokalisierung im Bulbus) | Bohrend, ziehend, meist mit Ausstrahlung in Umgebung des Auges (Stirn, Schläfe, Oberkiefer, Zähne) und Blendungsschmerz |
|
Retrobulbär | Bohrend, ziehend, verstärkt durch Druck auf Bulbus und Bulbusbewegungen |
|
Differenzialdiagnose des schmerzlosen VisusverlustschmerzloserRiesenzellarteriitisRetinopathia centralis serosaOptikusneuropathie, akute ischämischeNeuritis nervi opticiGlaskörperblutungGlaskörperabhebungDiplopie, akuteAugenmuskelpareseArteriitis temporalisAmotio retinaeAmaurosis fugaxAIONVisusverlustsZentralvenenverschluss
Symptomatik/Anamnese | Untersuchung | Verdachtsdiagnose |
Schlagartiger, meist einseitiger, totaler Visusverlust; höheres Lebensalter, Diabetes, Hypertonie, Arteriosklerose, Amaurosis fugax in der Vorgeschichte |
|
Zentralarterienverschluss |
Plötzlicher einseitiger Visusverlust (ohne Therapie innerhalb von Tagen beidseitig), Nacken-, Schulter-, Kopfschmerzen, Schmerzen beim Kauen, depressive Verstimmungen, Übelkeit; meist > 65 J., oft Rheuma oder Myalgie |
|
Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis) |
Doppelbilder, Kopfzwangshaltung, Orientierungsschwierigkeiten, Schwindel; anamnestisch evtl. vaskuläre oder Infektionskrankheiten oder Trauma (blow-out-fracture) |
|
Akute Diplopie/Augenmuskelparese |
Blitz- oder Funkensehen, dann schwarze Flecken (mouches volantes), Rußregen oder schwarzer Vorhang |
|
Amotio retinae (Netzhautablösung) |
Zunehmender grauer, zentraler Schleier, anamnestisch evtl. Hypertonie, Arteriosklerose, Stoffwechselerkrankungen, jüngere Frauen (Nikotin und orale Kontrazeption) | Visus: Mäßig bis stark reduziert | Zentralvenenverschluss |
Plötzliche und einseitige Visusherabsetzung; anamnestisch meist Hypertonus, Nikotinabusus, Hyperlipidämie; > 65 J. |
|
Akute ischämische Optikusneuropathie (AION) |
Einseitige, über Stunden oder Tage zunehmende Visusminderung, Nebel- oder Schleierwahrnehmung, dumpfe, retrobulbäre Schmerzen; oft entzündliche Vorerkrankungen |
|
Neuritis nervi optici (Retrobulbärneuritis) |
Blitzähnliche Lichterscheinungen, Sehen von Flecken oder Spinnen, die vor dem Auge schwimmen | Visus: Geringe oder keine Verminderung | Glaskörperabhebung |
Einseitiger, rascher Visusverlust innerhalb von Stunden, zunehmende Verdunklung (Schlierensehen, Rußregen vor dem Auge, mit z. T. Rotfärbung der Sehwahrnehmung) | Visus: Geringe bis sehr starke Verminderung (evtl. nur Lichtscheinwahrnehmung) | Glaskörperblutung |
Einseitiges Verschwommensehen, meist mit Verkleinerung des Bilds und Verzerrtsehen; häufig nach Stresssituationen und bei Rauchern < 50 J. | Visus: Geringe Verminderung (0,8–0,3) | Retinopathia centralis serosa |
Plötzliche kurzfristige Erblindung oder Verschwommensehen mit „grauer Wolke“, einseitig | Visus: Für Sekunden bis mehrere Min. deutlich reduziert bis zur Amaurose | Amaurosis fugax |
Differenzialdiagnose des Visusverlusts mit Schmerzen und rotem Visusverlustakuter, mit Schmerzen und rotem AugeVisusverlustakuter, mit Schmerzen und rotem AugeVerblitzungUlcus corneaeSchneeblindheitOrbitaphlegmoneMyositis, okuläreKeratitis photoelectricaIritisAuge
Symptomatik/Anamnese | Untersuchung | Verdachtsdiagnose |
AZ reduziert (Erbrechen, Kopfschmerzen), meist Weitsichtigkeit, jahreszeitlicher Gipfel im Spätherbst |
|
Akuter Glaukomanfall (s. o.) |
Einseitiger Exophthalmus, Chemosis; Schwellung, Rötung und Druckschmerz der Lider. Häufig Ptosis und Doppelbilder. Z. n. Augentrauma, Sinusitis oder Sepsis | Inspektion und Palpation: Auge und Lider druckschmerzhaft, starker Bewegungsschmerz, ausgeprägte Chemose, Lidschwellung, Exophthalmus, Motilitätseinschränkung | Orbitalphlegmone |
Plötzliche Rötung (ziliare Injektion) und starke Schmerzen eines Auges, Lichtscheu, Blepharospasmus, Augentränen |
|
Akute Iritis |
Anamnestisch starke UV-Einwirkung vor 6–8 h (Schweißen, Höhensonne), meist beidseits Blepharospasmus, Augentränen, Lichtscheu, Fremdkörpergefühl | Visus: je nach Stadium vermindert | Keratitis photoelectrica (Verblitzung, Schneeblindheit) |
Lichtscheu, Blepharospasmus, Augentränen. Symptomatik entwickelt sich über Stunden bis Tage |
|
Ulcus corneae |
Deutlicher Exophthalmus, Augentränen, Doppelbilder, Ptosis; allg. Krankheitsgefühl, Bewegungsschmerz |
|
Okuläre Myositis |
Stadien der Augenverätzung
Schweregrad 1 | Geringe Schädigung des Hornhautepithels, Hornhaut klar, Bindehauthyperämie, keine konjunktivale Ischämie |
Schweregrad 2 | Geringe Hornhauttrübung, geringe Beteiligung der Konjunktiva, konjunktivale ischämische Sektoren weiß (< ⅓ Limbus) |
Schweregrad 3 | Totaler Hornhautepithelverlust, Hornhauttrübung, konjunktivale Ischämie: ⅓–½, Irisdetails verschwommen |
Schweregrad 4 | Kornea undurchsichtig (gekochtes Fischauge), ausgeprägte konjunktivale Ischämie (weiße Bindehaut), Nekrosen, Ulzerationen |
Differenzialdiagnose der FremdkörperaspirationDDFremdkörperaspiration
Symptom | Lokalisation extranasaler Fremdkörper | |||
Hypopharynx/Ösophagus | Larynx | Trachea | Bronchien | |
Schmerzen im Jugulum | + | – | – | – |
Dysphagie | + | +/− | – | – |
Hypersalivation | + | + | – | – |
Kloßige Sprache | + | +/− | – | – |
Initialer Hustenreiz | + | + + | + + + | + |
Heiserkeit | – | + | – | – |
Dyspnoe | +/− | + | + + + | + |
Inspiratorischer Stridor | (+)/− | + | + | – |
Exspiratorischer Stridor | – | – | + | + |
Hämatopnoe | – | – | – | + |
Symptom: − nein, +/− evtl. vorhanden, + ja, + + stark, + + + sehr stark
„Kopf“-Notfälle
-
17.1
Ophthalmologische Notfälle Josef Weindler und Ulrich v. Hintzenstern644
-
17.2
HNO-Notfälle Ulrich v. Hintzenstern662
-
17.3
Mund-, kiefer-, gesichtschirurgische und zahnärztliche Notfälle Tim Krafft683
17.1
Ophthalmologische Notfälle
17.1.1
Untersuchungstechniken
-
•
Pupillenweite schätzen AugenPupillenuntersuchung(Genauigkeit ca. 1 mm). Die normale Pupillenweite beträgt 2–5 mm. Seitenunterschiede der Pupillenweite (Anisokorie) > 1 mm sind meist pathologisch (z. B. SHT mit intrakranialer Drucksteigerung, Glaukom, Iritis, sehr selten angeboren).
-
•
Pupillenform: Die Pupillen können physiologisch eine geringe Entrundung zeigen. Stärkere Entrundungen kommen vor nach medikamentöser Pupillenerweiterung, bei Bewegungsstörungen der Pupille und vor allem durch mechanische Veränderungen (Verwachsungen, Verletzungen, Z. n. Operation).
-
•
Lichtreaktion möglichst bei etwas Lichtreaktionabgedunkelter Umgebung prüfen:
-
–
Direkte Lichtreaktion: mit heller Lichtquelle von vorne beleuchten → Pupille verengt sich.
-
–
Indirekte (konsensuelle) Lichtreaktion: Pupille des zu prüfenden Auges verengt sich bei Beleuchtung des anderen Auges.
-
-
•
Akkommodation/Konvergenzreaktion: vom Pat. einen AkkommodationGegenstand (z. B. KonvergenzreaktionFinger des Untersuchers) fixieren lassen und bis auf etwa 15 cm in Richtung auf seine Nasenspitze annähern. Die hierbei auftretende Pupillenverengung hält so lange an, wie das nahe Objekt fixiert wird. Bei anschließendem Blick in die Ferne Wiedererweiterung der Pupillen.
-
•
Doppelbilder → einseitige DoppelbilderBewegungseinschränkung des Bulbus (Verletzung, SHT, angeboren).
-
•
Beidseitige, gleichsinnige Motilitätsstörungen → zerebrale Ursachen (z. B. Hemisphärenblutungen, zentrale Blutungen, Mittelhirnprozesse).
-
•
Orbita: Rötung, Schwellung, Hämatom (Orbitafraktur).
-
•
Lider: Schwellung, Rötung (Infektion, Allergie, Verletzung), Hämatom, Verletzung, Lidspaltenbreite (Ptosis, Enophthalamus mit V. a. Orbitafraktur). Tränenträufeln (Verletzung der Tränenwege?).
-
•
Bulbus: Parallelstellung, Strabismus (Schielen), z. B. bei Augenmuskellähmung durch Verletzung oder Intoxikation, Enophthalmus (Zurücksinken des Bulbus in die Orbita → V. a. Orbitafraktur), Exophthalmus (Vordrängen des Augapfels, z. B. durch retrobulbäres Hämatom, a. v.-Fistel).
-
•
Sklera und Bindehaut: zur Inspektion Unterlid leicht herabdrücken bzw. Oberlid hochziehen, evtl. ektropionieren (s. u.). Rötung (Entzündung), Hyposphagma (Blutungen), Perforationen von Bindehaut und/oder Sklera.
-
•
Hornhaut: Fremdkörper (weißgraue bis schwarze Flecken), Verletzungen, Trübungen (Verletzung, Entzündung, Ulkus), Perforation.
-
•
Vorderkammer (am besten bei frontaler und seitlicher Beleuchtung betrachten): Trübung (Entzündung, Verletzung, Z. n. Operation), Blutung (Hyphaema, z. B. bei Trauma, Diabetes), Hypopyon (Eiterspiegel kaudal). Wenn Pupille bedeckt, dann deutliche Visusverminderung. Abflachung bei penetrierenden Verletzungen.
-
•
Indikationen:
-
–
Verdacht auf Fremdkörper unter OberlidAugenEktropionieren.
-
–
Säuberung der oberen Umschlagfalte bei Verätzung und Verbrennung.
-
–
Beurteilung von Bindehaut und Sklera.
-
-
•
Vorgehen (Abb. 17.3):
-
–
Evtl. vorher Lokalanästhetikum Ektropionierentropfen.
-
–
Pat. nach unten blicken lassen.
-
–
Mit einer Hand die Wimpern des Oberlids fassen, das Oberlid etwas nach unten vorne ziehen und vom Bulbus abheben. Gleichzeitig mit der anderen Hand mit einem Stäbchen (z. B. Q-Tip o. Ä.) das Oberlid oberhalb des Lidknorpels eindrücken und durch Zug an den Wimpern über das Stäbchen nach oben klappen. Stäbchen seitlich herausziehen.
-
–
Den Pat. nun zur vollständigen Inspektion Blickbewegungen in alle Richtungen durchführen lassen. Ggf. mit der freien Hand Fremdkörper mit Wattestäbchen oder Kompressenzipfel entfernen.
-
•
Nicht ektropionieren bei V. a. penetrierende Verletzung, da Gefahr der Expression von intraokularem Gewebe.
•
Bei Verletzungen und bei ausgeprägtem Lidkrampf ist oft ein Ektropionieren des Oberlids nicht möglich. Ggf. zuerst ein Lokalanästhetikum, z. B. Oxybuprocain oder notfalls Lidocain einbringen.
17.1.2
Leitsymptome
Besonderheiten ophthalmologischer Notfälle
-
•
Die subjektive Beschwerdesymptomatik (z. B. Hornhautfremdkörper) des Pat. kann stark von der tatsächlichen Bedrohung seines Augenlichts differieren.
-
•
Hauptaufgabe des Notarztes, der relativ selten mit derartigen Situationen konfrontiert wird, ist es, mit einfachen Untersuchungsschritten die Gefahr für das Sehvermögen zu erkennen und zu entscheiden, ob der Pat. einem Augenarzt oder sofort einer Klinik zugeführt werden muss.
-
•
Ophthalmologische Notfälle, bei denen bereits vor Ort eine gezielte Therapie eingeleitet werden muss: Verätzung, Verbrennung, Zentralarterienverschluss (akuter Glaukomanfall).
Visusverlust
-
•
Eintreten: plötzlich (z. B. bei Zentralarterienverschluss) oder allmählich (z. B. bei Glaukomanfall).
-
•
Auftreten: ein- oder beidseitig (einseitig bei Verletzungen; beidseitig bei Verblitzung).
-
•
Art der Sehstörung Tab. 17.2).
-
•
Ausmaß des Visusverlusts (partiell bei penetrierenden Verletzungen; vollständig bei Optikusabriss).
Schmerz
Rotes Auge
-
•
Konjunktivale Hyperämie: Injektion Rotes Augeder Bindehautgefäße. Limbus weiß,AugenHyperämie Gefäße nicht erkennbar. Meist geringe bis mäßige Bindehautchemosis (Ödem). Vorkommen: bei jeder konjunktivalen Entzündung oder Verletzung; oft bei Entzündungen der Lider oder Tränenwege.
-
•
Ziliäre Hyperämie: selektive Injektion der limbalen Gefäße. Nur Limbus rot. Vorkommen: Entzündungen oder Verletzungen der Hornhaut.
-
•
Gemischte Hyperämie: konjunktivale und limbale Injektion. Vorkommen: Entzündung oder Verletzung der Hornhaut und/oder intraokularen Gewebes; Keratitis, Keratokonjunktivitis, Iritis, Uveitis.
17.1.3
Akuter Visusverlust ohne Schmerzen
•
Amaurosis fugax ist häufig Amaurosis fugaxVorbote eines zerebralen Insults → sofortige neurologische Abklärung erforderlich.
•
Unbedingt abklären, ob Zentralarterienverschluss vorliegt (s. u.). Alle anderen Erkrankungen mit schmerzlosem Visusverlust Tab. 17.4) erfordern keine spezifischen Sofortmaßnahmen.
Zentralarterienverschluss
-
•
Schlagartige Erblindung („Sehsturz“)
-
•
Auch Sehsturzinnerhalb von Stunden keine Besserung der Sehkraft
-
•
Fast immer einseitig
-
•
Bevorzugt höheres Lebensalter.
-
•
Hinweise auf Grunderkrankungen: Diab. mell., Hypertonus, Arteriosklerose, Hyperlipidämie.
-
•
Anamnestisch häufig vorangegangene Amaurosis fugax.
-
•
Puls, RR, SpO2.
-
•
Inspektion und Palpation: äußeres Auge unauffällig.
-
•
Visus: Lichtscheinwahrnehmung oder Amaurose.
-
•
Pupillenreaktion: direkte Pupillenreaktion meist aufgehoben → amaurotische Pupillenstarre! (indirekt regelrecht).
-
•
Pupillenform: normal.
-
•
Gesichtsfeld: meist vollständiger Ausfall. Bei Verschluss nur eines Arteriolenasts nur Ausfall des entsprechenden Sektors (besserer Visus!).
-
•
Ggf. Blutdrucksenkung mit z. B. Nifedipin 10 mg s. l.
-
•
I. v. Zugang mit Infusion (Ringeracetat, ggf. HAES 1.23)
-
•
Acetazolamid 500 mg i. v., alternativ β-Blocker wie Propranolol 1 mg langsam i. v. oder Clonidin 0,15 mg auf 10 ml NaCl langsam i. v.
-
•
Vorsichtige Sedierung z. B. mit Midazolam 0,5–1 mg i. v. oder Diazepam 1–2 mg i. v.; ggf. Wiederholung nach 5–10 Min.
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
Bulbusmassage
-
•
Flache Lagerung, evtl. BulbusMassageKopftieflagerung.
-
•
Pat. nach unten blicken lassen. Beide Hände an der Stirn des Pat. abstützen, 2 Finger dicht nebeneinander auf das geschlossene Oberlid legen und langsam den Bulbus kräftig in die Orbita drücken (Blick nach unten). Dies kann für den Pat. unangenehm sein.
-
•
Nach ca. 5 s schlagartig loslassen und nach wenigen Sekunden Vorgang wiederholen.
-
•
Bulbusmassage für 5–10 Min. durchführen und dann nach jeweils einer Pause von 5–10 Min. mehrmals wiederholen, ggf. durch Pat. selbst.
•
Ernste Prognose! Meist bleibende, hochgradige Visusminderung, außer bei erfolgreicher Lyse innerhalb der ersten 6 h
•
Spätkomplikation: Sekundärglaukom (selten)
•
Selten Erkr. des 2. Auges
Weitere Ursachen für schmerzlosen Visusverlust
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Ophthalmologische Notfalluntersuchung (17.1.1)
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
Oberkörperhochlagerung (Ausnahme: Arteriitis temporalis → Flachlagerung)
-
•
Ggf. Blutdrucksenkung mit z. B. Nifedipin 10 mg s. l.
-
•
Evtl. i. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Ggf. vorsichtige Sedierung, z. B. mit Midazolam 0,5–1 mg oder Diazepam 1–2 mg; ggf. Wiederholung nach 5–10 Min.
-
•
Bei Fotophobie oder Doppelbildern mit Schwindel/Übelkeit paretisches Auge abdecken, wenn erfolglos Antiemetika, z. B. Metoclopramid 5–10 mg
17.1.4
Akuter Visusverlust mit Schmerzen und rotem Auge
Ein rotes Auge mit Pupillenstörung (Form, Reaktion) ist eine ernste Erkr., ein rotes Auge ohne Pupillenstörung ist meist harmlos.
Unbedingt abklären, ob ein Glaukomanfall vorliegt (Notfall, Sofortmaßnahmen s. u.). Alle anderen Erkr. mit Visusverlust, Schmerzen und rotem Auge (Tab. 17.5) erfordern keine spezifischen Sofortmaßnahmen.
Akutes Winkelblockglaukom (akutes Glaukom)
-
•
Prodromalsymptome (ca. 50 %):
-
–
Wahrnehmung von Farbringen um Lichtquellen, Nebelsehen
-
–
Anfallsweise Sehstörungen (nicht immer typisch)
-
–
Druckgefühl oder neuralgiforme Schmerzen im Auge, um das Auge oder über dem Auge, der Frontal- und Temporalregion
-
–
Abdominalbeschwerden mit Übelkeit und Erbrechen
-
-
•
Hauptsymptome:
-
–
Heftigste Schmerzen
-
–
Episklerale Hyperämie (rotes Auge)
-
–
Hornhautödem (trübe Hornhaut)
-
–
Pupille lichtstarr, etwas entrundet und über mittelweit (Druckschädigung des M. sphincter pupillae)
-
-
•
„Steinharter Bulbus“
-
•
Nebensymptome: Vermehrtes Tränen, Blepharospasmus; flache, oft getrübte Vorderkammer
-
•
Häufiger Frauen, Häufigkeitsmaximum 7. Lebensjahrzehnt
-
•
Meist bestehende Weitsichtigkeit (kurzes Auge)
-
•
Jahreszeitlicher Gipfel in den Monaten Oktober/November
-
•
Gelegentlich in der Vorgeschichte Episoden von anfallsartigen Kopfschmerzen (meist einseitig, selten beidseitig) als Zeichen subakuter Glaukomanfälle
-
•
Auslösende Faktoren (Pupillenerweiterung): Z. B. Aufenthalt im Dunkeln, psychische Erregung, Alkohol- oder Kaffeegenuss, medikamentöse Pupillenerweiterung, Wetterfronten (Frühjahrs-, Herbstgipfel)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Augendruck: harter Bulbus
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Sehschärfe: mäßig bis stark reduziert
-
•
Inspektion: rotes Auge mit trüber Hornhaut und flacher Vorderkammer
-
•
Pupillenform: erweiterte, meist entrundete Pupille
-
•
Pupillenreaktion: keine
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Hemmung der Kammerwasserproduktion durch Acetazolamid 500–1.000 mg i. v., alternativ β-Blocker wie Propranolol 1 mg langsam i. v. oder Clonidin 0,15 mg auf 10 ml NaCl langsam i. v.
-
•
Ggf. Analgesie mit Morphin 5–10 mg i. v. oder Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Sedierung, z. B. mit Midazolam 0,5–1,5 mg oder Diazepam 2,5 mg.
-
•
Ggf. Blutdrucksenkung, z. B. mit 2 Hub Nitroglyzerin-Spray oder 1 Nitroglyzerin-Zerbeißkapsel
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
Aufgrund der schweren Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens bleibt die Sehverschlechterung nicht selten unbemerkt (Fehldiagnose: Akutes Abdomen).
-
•
Nicht immer muss der Schmerz Leitsymptom sein, gelegentlich steht die gemischte Injektion der Bindehaut im Vordergrund.
-
•
Kein Nifedipin zur RR-Senkung verwenden (KI für die in der Klinik ggf. erforderliche lokale β-Blockergabe).
-
•
Keine Acetylsalicylsäure zur Analgesie, da Blutungsgefahr bei ggf. erforderlicher OP.
Weitere Ursachen für akuten Visusverlust mit Schmerzen und rotem Auge
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Ophthalmologische Notfalluntersuchung (17.1.1)
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
Steriler Augenverband
-
•
Ggf. Lokalanästhesie, z. B. mit Oxybuprocain-Tropfen oder notfalls mit Lidocain
-
•
Evtl. i. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Ggf. Analgesie, z. B. mit Tramadol 50 mg i. v.
-
•
Ggf. vorsichtige Sedierung, z. B. mit Midazolam 1,25 mg i. v. oder Diazepam 2,5 mg.
17.1.5
Verätzung und Verbrennung
Verätzung
-
•
Säureverätzung: SäureverätzungAugeKoagulationsnekrose. Entstehung eines oberflächlichen Ätzschorfs verhindert Tiefenwirkung.
-
•
Laugenverätzung: Kolliquationsnekrose. LaugenverätzungAugeRasches Vordringen in tiefere Gewebsschichten → Gefahr der Penetration in Kammerwasser und VerätzungAugeAugenVerätzungGlaskörper, Perforationsgefahr.
-
•
Stärkste Augenschmerzen
-
•
Tränenfluss
-
•
Lichtscheu
-
•
Massiver Blepharospasmus (Lidkrampf)
-
•
Arbeits- oder Haushaltsunfall?
-
•
Unfallhergang?
-
•
Ätzende Substanz?
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Inspektion: rotes Auge (Tab. 17.6)
-
–
Leichte Verätzung: Bindehaut teils hyperämisch (Rötung), teils ischämisch (blass), Blepharospasmus
-
–
Schwere Verätzung: partielle oder totale Hornhauteintrübung („gekochtes Fischauge“)
-
–
Häufig zusätzliche Verletzung der Lider und der Gesichtshaut durch Spritzer der ätzenden Substanz
-
-
•
Sehschärfe: Visusreduktion abhängig von Hornhauttrübung
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Augenspülung (Abb. 17.4): Bei Verätzung sofort am Unfallort als erste Maßnahme, ggf. Kurznarkose, z. B. mit Ketamin. Motto: „Spül mir das Lid noch AugenSpülungeinmal …“.
-
–
Handschuhe anziehen (Eigenschutz), eigene Augen vor Spritzern schützen (Brille, Abstand).
-
–
Ggf. Lokalanästhesie, z. B. mit Oxybuprocain-Tropfen oder notfalls mit Lidocain.
-
–
Grobe Partikel mit Kompressenzipfel oder Wattestäbchen entfernen.
-
–
Bei Kalkverätzungen: Trocken austupfen und dann nachspülen oder, wenn vorhanden, mit Öl ausspülen. Entscheidend ist die schnelle Dekontamination (notfalls auch mit Wasser), da durch die Reizsekretion des Auges die Kalkverätzung unterhalten wird.
-
–
Kopf zum verletzten Auge neigen lassen. Auge öffnen und offenhalten. Oft müssen die Augenlider von einem Helfer mit Gewalt geöffnet werden.
-
–
Mit Isogutt®, notfalls auch mit anderer Flüssigkeit (Ringeracetat 1.23), aus Plastiksprühflasche oder Infusionsschlauch über Hornhaut und Bindehaut spülen.
-
–
Cave: Keine Spülflüssigkeit ins Gegenauge gelangen lassen.
-
–
Pat. in alle vier Hauptrichtungen blicken lassen.
-
–
Oberen und unteren Bindehautfornix mit 10- oder 20-ml-Spritze mit aufgesetzter Plastikverweilkanüle vorsichtig ausspülen.
-
–
Zur besseren Exposition der Bindehaut Oberlid ektropionieren.
-
–
Fortführen der Spülung während der Fahrt zur Klinik: Spülschale mit Dauerinfusion (Elektrolytlösung) oder 5 Min. lang Isogutt®-Augentropfen geben.
-
–
Notfalls ist auch die Spülung des Auges unter laufendem Wasserstrahl am Waschbecken möglich.
-
-
•
Spüllinse: Sehr gute Alternative zur Augenspülung (z. B. Morgan medi-FLOW®-Lens, Abb. 17.5):
-
–
Einsetzen: Lokalanästhesie, z. SpüllinseB. mit Oxybuprocain-Tropfen oder notfalls mit Lidocain. Spüllösung (z. B. NaCl 0,9 %) mit Infusionssystem an die Linse anschließen und langsam tropfen lassen. Pat. nach unten blicken lassen, Linse unter das Oberlid einsetzen, Pat. nach oben blicken lassen, Unterlid zurückziehen, Linse endgültig platzieren.
-
–
Spülen: Kopf zur erkrankten Seite lagern. Spülflüssigkeit auffangen (untergelegtes Tuch, Papier, Spülschale). Anfangs schneller spülen (3 Tropfen/s), dann Dauerspülung mit 1 Tropfen/s. Linse bis zur Klinikübergabe belassen.
-
–
Entfernen: Pat. nach oben blicken lassen, Unterlid zurückziehen. Linse herausziehen.
-
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23).
-
•
Ggf. Analgesie, mit z. B. Morphin 5–10 mg i. v. oder Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Sedierung, z. B. mit Midazolam 1,25 mg i. v. oder Diazepam 2,5 mg i. v.
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23).
-
•
Ätzende Substanz und Behältnisse asservieren.
Verbrennungen
-
•
Versengte VerbrennungAugeAugenVerbrennungAugenbrauen und Wimpern
-
•
Verbrennungen 1.–3. Grades (Rötung, Blasenbildung, Nekrosen) der Lid- und Bindehaut
-
•
Erosion bis zu tiefen Gewebsnekrosen der Hornhaut
17.1.6
Verletzungen
Stumpfe Bulbusverletzung
-
•
Rotes Auge
-
•
Schmerzen
-
•
Doppelbilder BulbusVerletzungbei Blow-out-Fraktur (17.1.2)
Spätfolgen: sekundäres Glaukom, Netzhautablösung, Phthisis bulbi (Schrumpfung des Bulbus).
-
•
Arbeits-, Sport- oder Autounfall, Schlägerei
-
•
Dokumentation des genauen Unfallhergangs
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Periorbital: Hämatom, Lidschwellung
-
•
Bulbus: gemischte Injektion, diffuse Chemosis oder Unterblutung der Bindehaut. Bei schwerem Trauma Hornhauttrübung. Sichtbare Wundöffnung. Bei gedeckter Perforation meist dunkel erscheinendes, prolabiertes intraokulares Gewebe unter der Bindehaut
-
•
Vorderkammer: abgeflacht oder aufgehoben, Einblutung
-
•
Pupille: entrundet, fehlende Lichtreaktion
-
•
Sehschärfe: Minderung, Amaurose bei massiver Einblutung oder Optikusabriss
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Ggf. Analgesie mit z. B. Morphin 5–10 mg i. v. oder Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Sedierung, z. B. mit Midazolam 1,25 mg i. v. oder Diazepam 2,5 mg i. v.
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
Steriler Verband, ggf. doppelseitiger Verband zur Ruhigstellung
Zur Analgesie keine ASS wegen evtl. erforderlicher OP.
Penetrierende Bulbusverletzung
-
•
Kleine Penetration: zur BulbusVerletzung, penetrierendePerforationsstelle hin verzogene Pupille (oft einziges Zeichen!).
-
•
Schwere Penetration:
-
–
Eingefallener hypotoner Bulbus.
-
–
Erkennbarer Uvea- und Glaskörpervorfall.
-
–
Bei Hornhautpenetration sichtbare Hornhautwunde mit meist aufgehobener vorderer Augenkammer und Verziehung der Pupille zur Penetrationsstelle hin.
-
-
•
Unfälle im Straßenverkehr (Windschutzscheibenverletzungen) oder am Arbeitsplatz (z. B. Metallsplitter beim Bohren, Hämmern, Fräsen, Schleifen)
-
•
Stich- oder Schnittverletzungen
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
!
Bei V. a. penetrierende Verletzung Bulbus nicht palpieren, nicht ektropionieren
-
•
Sehschärfe herabgesetzt
-
•
Augendruck erniedrigt (vorsichtige Palpation)
-
•
Pupillenform: entrundet
-
•
Pupillenreaktion: keine
-
•
Inspektion: veränderte Augenvorderkammer, sichtbare Wundöffnungen von Hornhaut oder Sklera, Prolaps von Augengewebe (Linse, Glaskörper, Netzhaut), diffuse Chemosis mit Unterblutung der Bindehaut
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
Die Diagnostik bei kleinen Penetrationen ist oft schwierig und kann leicht übersehen werden. Daher auch schon bei Verdacht Behandlung wie bei Penetration.
-
•
Oberkörperhochlagerung.
-
•
Trockener, steriler, ggf. doppelseitiger Verband zur Ruhigstellung. Cave: Verband locker anlegen, sodass kein Druck auf den Bulbus entsteht.
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.22).
-
•
Ggf. Analgesie mit z. B. Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Sedierung, z. B. mit Midazolam 1,25 mg i. v. oder Diazepam 2,5 mg i. v.
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23).
•
Bei penetrierenden Verletzungen Augenlider vorsichtig öffnen und Auge bes. schonend untersuchen (bei reaktivem Lidkrampf oder Druck auf Bulbus zusätzliche Schädigung des Auges möglich).
•
Keine Manipulation am verletzten Auge.
•
Keine Erstbehandlung in Form von Salben (Kunstfehler!).
•
Keine Tropfenapplikation (z. B. Lokalanästhetikum) wegen möglichem Einbringen von Verunreinigungen in das Auge.
•
Bei penetrierenden spitzen Gegenstände (Nadeln, Kanülen, Metallsplitter) deren weiteres Eindringen verhindern (Vorsicht beim Umlagern des Pat., längere Gegenstände stabilisieren). Fremdkörper nicht entfernen, größere stehende Fremdkörper stabilisieren.
Verletzungen der Orbita
-
•
Stichwunden: meist kleine Eintrittspforte, Orbitaverletzungdie rasch wieder verkleben kann.
-
•
Pfählungsverletzungen: Eindringen eines größeren spitzen Gegenstands seitlich neben dem Bulbus.
-
•
Gefahr der Orbitaphlegmone durch infektiöses Material (z. B. Holzsplitter).
-
•
Bei Beteiligung der vorderen Schädelgrube Meningitisgefahr.
-
•
Genauer Unfallhergang?
-
•
V. a. intraorbitalen Fremdkörper, Verletzung mit Splitter oder durch Stich?
-
•
Basischeck (4.1.2).
-
•
Inspektion und Palpation: Ex-/Enophthalmus, bei medialer oder Orbitabodenfraktur (Blow-out-Fraktur) oft Luftemphysem (Verbindung zu NNH); meist druckschmerzhafte knöcherne Stufe am Orbitarand tastbar.
-
•
Sehschärfe: normal oder mäßig vermindert.
-
•
Bulbusmotilität: Doppelbilder beim Blick nach oben oder unten, selten bei Seitenblick.
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG.
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
Steriler Verband
-
•
Luftemphysem: Schneuzverbot
Penetrierende Gegenstände nicht herausziehen, größere stehende Fremdkörper stabilisieren.
Bindehaut- und Hornhautfremdkörper
-
•
Anfangs mäßige, später zunehmende HornhautfremdkörperFremdkörperAugeBindehautfremdkörperAugenFremdkörperSchmerzen
-
•
Rotes Auge
-
•
Starkes Tränen
-
•
Evtl. Blepharospasmus
-
•
Evtl. Visusabfall
-
•
Inspektion:
-
–
Bei fokaler (seitlicher) Beleuchtung Fremdkörper meist als schwarzer oder weißlicher Fleck im Hornhautniveau erkennbar.
-
–
Hinweise auf Penetration (Eintrittspforte, austretender, meist dunkel erscheinender Augeninhalt?).
-
–
Bei Fremdkörper unter dem Oberlid (Schmerzen v. a. beim Lidschlag) und fehlendem Hinweis auf Penetration ektropionieren (17.1.1).
-
-
•
Sehschärfe: meist reduziert.
-
•
Puls, SpO2, RR.
-
•
Lokalanästhesie z. B. mit Oxybuprocain-Tropfen oder notfalls mit Lidocain
-
•
Evtl. Spülung des Bindehautsacks (17.1.5)
-
•
Ggf. i. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Ggf. Analgesie mit z. B. Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Steriler Augenverband, bei stärkeren Beschwerden zur Ruhigstellung beidseitig
•
Entfernen des Hornhautfremdkörpers am besten durch Augenarzt unter spaltlampenmikroskopischer Kontrolle, d. h. keine Manipulationsversuche.
•
Keine symptomatische Verordnung von LA in Tropfen- oder Salbenform (Gefahr von Hornhautdauerschäden bei mehrmaliger Anwendung).
17.2
HNO-Notfälle
17.2.1
Besonderheiten bei HNO-Notfällen
-
•
Notfallsituationen im HNO-Bereich entstehen durch Verlegung der Engstellen im oberen Luft- und Verdauungstrakt durch Blutung, Tumor, Ödem (entzündlich, allergisch, toxisch), Trauma oder Fremdkörperinkorporation.
-
•
Lebensbedrohliche Notfallsituationen im HNO-Bereich entstehen durch Massenblutungen oder durch Verlegung der Atemwege (drohender Verblutungs- oder Erstickungstod).
-
•
Wichtige Hilfsmittel bei Notfällen im HNO-Bereich für Untersuchung bzw. Therapie (evtl. NAW-Ausrüstung ergänzen):
-
–
Spatel und Lichtquelle (Laryngoskop) für Mundhöhle, Oro-, Hypopharynx und Larynx.
-
–
Mittellanges Nasenspekulum für Ohr, Nase und Tracheostoma.
-
–
Starres, großlumiges Absaugrohr (Tonsillektomie-Saugeransatz) für die schwierige Intubation, bei Fremdkörpern und enoraler Blutung. Pneumatische Nasentamponade bei schweren Nasenblutungen (Abb. 17.6).
-
17.2.2
Blutung aus der Nase
Leichte Blutung aus der Nase
-
•
Banales Trauma (Nasenbohren)
-
•
Infekt
-
•
Rhinitis sicca
-
•
Hypertonie bekannt?
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion von Nase und Rachen (Blutfluss nach vorn)
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
Eiskrawatte oder nasskalten Lappen in Nacken und auf Stirn
-
•
Kompression der Nasenflügel für 5–10 Min.
-
•
Entfernen von Koageln. Abschwellende Nasenspray/-tropfen
-
•
Bei Hypertonie RR-Senkung, z. B. mit Nitrendipin-Phiole 5 mg (5.7)
Blutkontamination von Gesicht, Händen und Kleidung täuscht oft unrealistisch großen Blutverlust vor.
Schwere Blutung aus der Nase
-
•
Kräftige, hellrote, oft beidseitige Blutung aus Nase und Rachen
-
•
Blutungspersistenz in den Rachen bei Kompression der Nasenflügel
-
•
Regurgitation großer Blutkoagel
-
•
Hypertonie, hypertensive Krise, Arteriosklerose
-
•
Gerinnungsstörungen (z. B. Antikoagulanzientherapie)
-
•
Angiopathien (Osler-Krankheit)
-
•
Traumen
-
•
Tumoren
-
•
Postoperativ (z. B. Konchotomie, Siebbein-OP)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion von Nase und Rachen, Lokalisation der Blutungsquelle (oft kräftiger Blutfluss in den Rachen)
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
Eiskrawatte oder nasskalten Lappen in Nacken und auf Stirn.
-
•
Nasenflügel kräftig komprimieren.
-
•
Koagel entfernen.
-
•
Abschwellende Nasenspray/-tropfen.
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23).
-
•
Bei Hypertonie RR-Senkung, z. B. mit Nitrendipin-Phiole 5 mg (5.7).
-
•
Pneumatischen Nasentamponade: Material: Z. B. Xomed Epistat® (Abb. 17.6, Abb. 17.7).
-
–
Katheter NaseTamponade, pneumatischedurch den unteren Nasengang bis zum Anschlag einführen.
-
–
Hinteren Ballon mit kalter Flüssigkeit (ca. 10 ml) auffüllen.
-
–
Katheter nach vorne ziehen, bis hinterer Ballon an Choane anstößt (federnder Widerstand).
-
–
Vorderen Ballon (ca. 30 ml) auffüllen.
-
-
•
Bei Persistenz der Blutung:
-
–
Blockungungsvolumen beider Ballons erhöhen.
-
–
Beidseitige pneumatische Tamponade.
-
-
•
Weniger effiziente Alternativen zur pneumatischen Nasentamponade: Endotrachealtubus (Tubusdurchmesser etwa Kleinfingerdicke des Pat.) oder Blasenkatheter in Nase einführen, blocken und unter Zug halten lassen (Helfer oder Pat. selbst).
-
•
Zusätzlich vordere Nasenabschnitte mit Mullstreifen ausstopfen.
•
Bei Mittelgesichtsfrakturen (17.3.1) heftiges Nasenbluten durch Abriss der A. maxillaris möglich. Therapie: Reposition des eingeschobenen Mittelgesichts und beidseitige pneumatische Nasentamponade.
•
Geblockte Nasentamponaden nach 60 Min. probatorisch entblocken (Gefahr der Septumdrucknekrose).
Arterielle Massenblutung aus der Nase
-
•
Sprudelnd-spritzende Massenblutung aus Nase und Mundhöhle
-
•
Volumenmangelschock
-
•
Ggf. ZNS-Symptomatik durch SAB
-
•
Asphyxie durch Blutaspiration
-
•
Z. n. OP oder Tumor an der Rhinobasis
-
•
Nach körperlicher Anstrengung oder spontan (Ruptur eines infraklinoidalen Karotisaneurysmas)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Kompression der A. carotis communis auf der homolateralen Halsseite
-
•
Beidseitige pneumatische Nasentamponade mit maximaler Blockung (s. o.)
-
•
Mind. 2 großlumige i. v. Zugänge mit Infusion (Ringeracetat, ggf. HAES 1.23)
-
•
Orotracheale Intubation (3.4.4)
-
•
Tracheobronchiale Absaugung
-
•
Straffe Pharynxtamponade (Abb. 17.8)
17.2.3
Blutung aus Mundhöhle, Oro- und Hypopharynx
Leichtere und schwere Blutungen aus Mundhöhle, Oro- und Hypopharynx
-
•
Ausspucken frischen oder geronnenen PharynxblutungOropharynxblutungMundhöhleBlutungBlutungHypopharynxBlutungoraleBlutes
-
•
Blutverschmiertes Gesicht und Mund
-
•
Seltener auch Bluthusten, Bluterbrechen
-
•
Asphyxie durch Blutaspiration (häufigste Todesursache nach Tonsillektomie)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion der Mundhöhle (Wundbetten, postoperative Residuen) zur Lokalisation der Blutungsquelle
-
•
Mind. 2 großlumige i. v. Zugänge mit Infusion (Ringeracetat, ggf. HAES 1.23)
-
•
Koagel entfernen
-
•
Oberkörperhochlagerung.
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23).
-
•
Kompression der Blutungsquelle von innen (Finger, tupferarmierte Klemme) und außen.
-
•
Blutung nach Mittelgesichtsfraktur (17.3.1): mit Zeige- und Mittelfinger enoral im Bereich des weichen Gaumens von dorsal und mit dem Daumen im Frontzahnbereich fassen → bewegliche Maxilla nach ventral ziehen und nach kranial gegen das Gesichtsskelett pressen. Maxilla durch straffen Kopf-Kinn-Verband fixieren.
-
•
Nach Möglichkeit immer Klinikeinweisung (nächste HNO-Abteilung).
-
•
Bei leichteren Blutungen evtl. Vorstellung beim HNO-Arzt bzw. nach zahnärztlichen Eingriffen beim Zahnarzt.
Eingespießte Fremdkörper belassen (17.3.1).
Arterielle Massenblutung aus Mundhöhle, Oro- und Hypopharynx
-
•
Sprudelnd spritzende, arterielle Blutung aus der Mundhöhle
-
•
Schocksymptomatik
-
•
Asphyxie durch Blutaspiration
-
•
Pfählungsverletzung (17.3.1)
-
•
Oropharyngealer Tumor
-
•
Z. n. Operation (z. B. enorale Tumorresektion)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion der Mundhöhle
-
•
Lokalisation der Blutungsquelle
-
•
Entfernen von Koageln
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
Kompression der Blutungsquelle von innen (Finger, tupferarmierte Klemme) und außen
-
•
Digitale Kompression der A. carotis communis an homolateraler Halsseite
-
•
Mind. 2 großlumige i. v. Zugänge mit Infusion (Ringeracetat, ggf. HAES 1.23)
-
•
Orotracheale Intubation (3.4.4) oder als letzte Option Koniotomie (3.4.7)
-
•
Tracheobronchiale Absaugung
-
•
Straffe Pharynxtamponade mit breiter Mullbinde (Abb. 17.8)
•
Ohne Sicherung der Atemwege (Intubation) und anschließende Pharynxtamponade ist die Blutung nicht beherrschbar.
•
Verzicht auf Maximaltherapie nur bei gesichert finalem Zustand eines Tumorpat. (Pat. dem NA bekannt); dann ausreichende Analgosedierung.
17.2.4
Blutung aus dem Ohr
-
•
Blutung aus Gehörgang OhrBlutungunterschiedlicher BlutungOhrStärke
-
•
Ggf. Beimengung von Liquor oder Hirnsubstanz
-
•
Ggf. Schwindel, Nystagmus, Nausea, Ertaubung, Fazialisparese
-
•
Trauma:
-
–
Pfählungsverletzung (Ohrstäbchen, Stricknadel)
-
–
Ohrmuschelverletzung
-
–
Sturz auf Kinn (Kiefergelenk- oder Gehörgangfraktur)
-
–
Z. n. SHT (Felsenbeinlängsfraktur, offene otobasale Trümmerfraktur)
-
-
•
Grippeotitis
-
•
Selten: Tumoren, Gefäßerkrankungen, Koagulopathien
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Bewusstseinsstatus?
-
•
Säuberung des periaurikulären Gewebes und Inspektion: Blutungsquelle im Gehörgang oder Blutkontamination von außen?
-
•
Beimengung von Liquor oder Hirnsubstanz?
-
•
Fazialisfunktion: Sofortparese (entscheidend für Prognose und operative Revision)?
-
•
Spontannystagmus? Hörverlust?
-
•
Ggf. O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
Mind. 1 großlumiger i. v. Zugang mit Infusion (Ringeracetat, ggf. HAES 1.23)
-
•
Ggf. Beatmung
-
•
Ohrmuschel steril abdecken
-
•
Nach Möglichkeit immer Klinikeinweisung, außer bei leichteren Blutungen evtl. Vorstellung beim HNO-Arzt.
-
•
Bei SHT: schnellstmöglicher Transport in das nächste Zentrum mit Neurochirurgie, Neuroradiologie und HNO.
-
•
Bei Traumen der Ohrmuschel, des Gehörgangs oder Mittelohrs: Transport in die nächste HNO-Abteilung.
•
Nichts in den Gehörgang stecken
•
Fremdkörper belassen, allenfalls auf Transportmaß kürzen
•
Bei offenen Hirnverletzungen keine Hirnsubstanz entfernen, steril abdecken mit feuchter Kompresse
17.2.5
Traumata
Abrissverletzung von Ohrmuschel, Nase oder Lippen
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Wunde mit leichter Kompression steril abdecken
-
•
Pendulierende Reste belassen und durch Verband stabilisieren. Ggf. strangulierende Rotationsfehlstellungen aufheben
-
•
Abgetrennte Anteile asservieren und in physiologischer Kochsalzlösung (besser Eiweißlösung) mitnehmen.
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23).
-
•
Ggf. Analgesie, z. B. mit Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
-
•
Nach Möglichkeit immer Klinikeinweisung in die nächste HNO-, MKG- oder plastische Chirurgie-Abteilung ohne Sondersignale.
-
•
Bei leichteren Verletzungen evtl. Vorstellung bei HNO-Arzt, MKG- oder plastischem Chirurgen.
Auch grob verschmutzte und verunstaltete Anteile können zur Rekonstruktion verwendet werden.
Othämatom
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion
-
•
Palpation
Stumpfes Halstrauma (Kehlkopffraktur)
-
•
Schmerz
-
•
Hämoptoe
-
•
Inspiratorischer Stridor
-
•
Heiserkeit
-
•
Dysphagie
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion: äußere Prellmarken bzw. offene Verletzungen
-
•
Palpation: Krepitation, Emphysem, Hämatom
-
•
Auskultation von Kehlkopf, Trachea und Lunge (scharfes, evtl. pfeifendes Atemgeräusch: Eingrenzung der Läsionsstelle, Ausschluss bronchopulmonaler Verletzungen)
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Bei drohender Asphyxie orotracheale Intubation (3.4.4)
-
•
Falls unmöglich: Koniotomie (3.4.7)
-
•
Bei offenen Läsionen Intubation über den Traumazugang
-
•
Hoch dosiert Prednisolon 10 mg/kg KG i. v. bei ausgeprägtem endolaryngealem Ödem
-
•
Nach Möglichkeit immer Klinikeinweisung, außer bei leichteren Fällen Vorstellung beim HNO-Arzt – Transport in die nächste HNO-Abteilung.
-
•
Dringlichkeit des Transports in Abhängigkeit vom Grad der Dyspnoe.
Trachealabriss
-
•
Schmerz
-
•
Hustenreiz, Hämoptoe
-
•
Prellmarke am Hals oder offene Halswunde mit Austritt von Atemluft
-
•
Halsemphysem
-
•
Evtl. Heiserkeit (Rekurrensläsion)
-
•
Inspiratorischer und exspiratorischer Stridor
-
•
Progrediente Dyspnoe, Schnappatmung, Asphyxie
-
•
Direkte Gewalteinwirkung (stumpf, scharf)
-
•
HWS-Hyperextensionstrauma
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Palpation: Krepitation, Stufenbildung zwischen Larynx und Trachea (bei größerer Emphysemausdehnung u. U. nicht tastbar), knisterndes, raumforderndes Halsemphysem
-
•
Maskenbeatmung u. U. nicht möglich
-
•
Beim Intubationsversuch Glottis einstellbar, aber Tubus nicht vorschiebbar
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Orotrachealer Intubationsversuch (3.4.4). Bei subglottischem Stopp keine Gewaltanwendung!
-
•
Falls Intubation nicht möglich:
-
–
Bei geschlossenen Trachealverletzungen: Emphysemhöhle durch kurzen Hautschnitt längs der Trachea eröffnen, kaudalen Trachealstumpf aufsuchen (Luftblasen, Hämoptoe) und intubieren.
-
–
Bei offenen Trachealverletzungen: Wunde austasten, ggf. durch kurzen Hautschnitt erweitern. Subkutan mit Klemme oder dem Finger stumpf präparieren, kaudalen Trachealstumpf (Luftblasen, Hämoptoe) aufsuchen und intubieren.
-
-
•
Tracheobronchial absaugen.
-
•
Tubus gut blocken und fixieren (Aspirations- und Dislokationsgefahr).
Beim geschlossenen Trachealabriss (TrachealabrissgeschlossenerSymptomentrias: zervikale Prellmarke, Halsemphysem, Dyspnoe) kommt es fast immer zur progredienten Verschlechterung von Atmung und anatomischen Verhältnissen, sodass entschlossenes Handeln (Eröffnen der Emphysemhöhle, Intubation des Trachealstumpfs) geboten ist.
17.2.6
Fremdkörper
Nasale Fremdkörper
-
•
Einseitige NaseFremdkörperFremdkörperHNONasenatmungsbehinderung
-
•
Nasenbluten (einseitig)
-
•
Schleimfluss (einseitig)
-
•
Sichtbarer Fremdkörper
-
•
Bei frontobasaler Perforation ggf. Liquorrhö, ZNS-Symptomatik (11.2)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Inspektion der Nase mit Nasenspekulum und Lichtquelle
-
•
Ausschluss tief sitzender Atemwegsfremdkörper (Hypopharynx, Ösophagus, Larynx, Trachea s. u.)
-
•
Bei Abwehr (Kleinkinder) keine Diagnose erzwingen, sondern zum HNO-Arzt fahren
-
•
Vorstellung beim HNO-Arzt
-
•
Bei V. a. Frontobasisverletzung Klinikeinweisung (möglichst mit HNO- und neurochirurgischer Abteilung)
-
•
Nur bei zentralnervöser Symptomatik dringlicher Transport
Hypopharynx- und Ösophagusfremdkörper
-
•
Schmerzen im Jugulum.FremdkörperHypopharynx
-
•
Später ÖsophagusFremdkörperggf. Symptomatik der Komplikationen: Halsemphysem, Mediastinitis, Pneumothorax (7.7), Aspirationspneumonie (7.3).
-
•
Kinder (Spielzeug, Münzen, o. Ä.)
-
•
Geriatrische Pat. (sensible Kontrolle des Bolus bei Prothesenträgern gestört)
-
•
Psychiatrische Pat.
-
•
Pat. mit Ösophagusstenosen
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Auskultation, Palpation und Perkussion von Lunge und zervikalen Weichteilen zum Ausschluss ernster Komplikationen (Symptomatik)
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Ggf. Fremdkörperextraktion mit Laryngoskop und Magill-Zange (Abb. 17.9)
-
•
Immer Transport in die nächste HNO-Abteilung (starre, eingekeilte Fremdkörper, z. B. Zahnprothese) oder internistisch-endoskopische Abteilung (weiche Fremdkörper, z. B. Fleischbrocken).
-
•
Bei Dyspnoe dringlicher Transport, ggf. Sondersignale.
•
Bei großen Boli ggf. Ateminsuff. durch Trachealkompression
•
Komplikationen: Perforation, Blutung, Mediastinitis, Pneumothorax, ösophagotracheale Fistel
Gefahr der Perforation, Blutung und Schwellung bei Extraktionsversuchen → eingekeilte Fremdkörper belassen! (Kinder 12.5.3).
Pharyngeale/laryngeale Fremdkörper
Sonderfall: Bolusverlegung von Pharynx bzw. Larynx
-
•
Kein Bolusverlegung„Ersticken“ (s. u.), sondern sekundenschnelle Bewusstlosigkeit durch Vagusreiz bis zum reflektorischen Herz-Kreislauf-Stillstand („Bolustod“).Bolustod
-
•
Erfordert sofortige Entfernung des Fremdkörpers (Laryngoskopie, Heimlich-Manöver s. u.).
-
•
Luftringen Larynx, Fremdkörpermit überwiegend frustranen Atemexkursionen
-
•
Husten
-
•
Heiserkeit
-
•
Stridor
-
•
Z. n. Verschlucken eines Fremdkörpers (Prothesenträger, Kinder, geriatrische u. psychiatrische Pat.)
-
•
Suizidversuch
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Auskultation von Larynx, Trachea, Lunge (scharfes Atemgeräusch in Stenosehöhe)
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Vorgehen in Abhängigkeit von der Atmung (suffizient vs. insuffizient)
-
•
Ggf. Laryngoskopie in Rachenschleimhautanästhesie (sofern vorhanden)
-
•
Ggf. Entfernen unverkeilter Fremdkörper mit der Magill-Zange (wie bei Hypopharynx-Fremdkörper, Abb. 17.9)
-
•
Ggf. Notkoniotomie
-
•
Ggf. Transport mit liegendem Fremdkörper unter Schwellungsprophylaxe, z. B. mit Prednisolon i. v. in hoher Dosierung z. B. 10 mg/kg KG und in Koniotomiebereitschaft (3.4.7)
-
•
Immer Transport in die nächste HNO-Abteilung oder in endoskopisches Zentrum.
-
•
Bei Dyspnoe dringlicher Transport, ggf. Sondersignale.
Eingekeilte Fremdkörper (Gebissprothesen, Knochen) belassen (Gefahr der Perforation, Blutung, zunehmenden Schwellung).
Trachealfremdkörper
-
•
Initial TrachealfremdkörperAtemnot und heftiger Hustenanfall
-
•
Heftiges Luftringen mit überwiegend frustranen Atemexkursionen
-
•
Zunehmende Ateminsuff. (Zyanose)
-
•
Evtl. hörbares Anschlagen des Fremdkörpers an Glottis oder Karina
-
•
Ggf. plötzliche komplette Asphyxie
-
•
Aspiration eines größeren Fremdkörpers (z. B. im Mund gehaltener Gegenstände)
-
•
Aspiration von Zahnmaterial (nach Rasanztraumen oder zahnärztlicher Behandlung)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Auskultation von Larynx, Trachea, Lunge: Inspirium und Exspirium hörbar behindert bzw. fehlendes Atemgeräusch bei vollständiger Atemwegsverlegung
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Transport in Intubationsbereitschaft
-
•
Direkte Laryngoskopie mit Intubationsspatel in Rachensprühanästhesie (z. B. Lidocain-Pumpspray, sofern vorhanden). Cave: Auslösen von Erbrechen möglich, Aspirationsgefahr.
-
•
Falls möglich, Fremdkörperentfernung (extrem selten durchführbar).
-
•
Bei wiedereinsetzender Spontanatmung O2-Gabe (1.7.3, 1.23).
-
•
Wenn Fremdkörperentfernung nicht möglich bzw. bei komplettem Trachealverschluss oder Asphyxie:
-
–
Orotracheale Intubation (3.4.4).
-
–
Beatmungsversuch (meist frustran).
-
–
Fremdkörper mit Tubus oder Mandrin in einen Hauptbronchus vorschieben, bis wieder eine einseitige Beatmung möglich wird (Abb. 17.10).
-
-
•
Tubus zurückziehen, blocken.
-
•
Beatmung mit 100 % O2 (1.7.3).
-
•
Durchführung:
-
–
Nicht bewusstloser Pat.: stehenden oder sitzenden Pat. von hinten umfassen, eine zur Faust geballte Hand zwischen epigastrischen Winkel und Nabel platzieren; Faust mit der anderen Hand umgreifen und kräftig in Richtung Zwerchfell drücken.
-
–
Bewusstloser Pat.: über Pat. in Rückenlage knien und die Hände zwischen epigastrischem Winkel und Nabel übereinander legen; kräftig in Richtung Zwerchfell drücken.
-
–
Fortgeschrittene Schwangerschaft bzw. extreme Adipositas: bei nicht bewusstlosen Pat. Thorax von hinten im Stehen oder Sitzen umfassen und komprimieren bzw. bei bewusstlosen Pat. Thorax komprimieren wie bei Thoraxkompression („Herzdruckmassage“).
-
–
Heimlich-Manöver bis zu 5-mal anwenden, dann erneute Inspektion des Mund-/Rachenraums.
-
-
•
KI: Polytrauma, instabiler Thorax.
-
•
Komplikationen: Ruptur intraabdominaler Organe, Rippenfrakturen, Erbrechen. Deshalb Säuglinge und Kleinkinder in Bauch- und Kopftieflage auf dem Unterarm lagern und 5–10 kräftige Schläge mit der flachen Hand auf den Rücken geben.
Durch Fremdkörperdislokation oder Begleitödem kann sich eine subtotale Trachealverlegung schlagartig in einen kompletten Trachealverschluss verwandeln.
Bronchialfremdkörper
-
•
Initial: Hustenreiz, Hämoptoe
-
•
Dann: BronchialfremdkörperExspiratorischer Stridor, einseitige Lungenüberblähung bei homolateralen Rasselgeräuschen; später rezidivierende Bronchopneumonien mit Hustenattacken
-
•
Aspiration eines kleinen Fremdkörpers (z. B. Erdnuss, Zahnmaterial, nach zahnärztlicher Behandlung)
-
•
Blut- bzw. Schleimaspiration
-
•
Später: Rezidivierende Bronchopneumonien, eitriger Auswurf, Lungen- oder Lappenatelektase
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Auskultation von Larynx, Trachea, Lunge:
-
–
Normales, vesikuläres Atemgeräusch bei kleinen Fremdkörpern in der Peripherie
-
–
Einseitig fehlendes Atemgeräusch bei Verschluss eines Hauptbronchus
-
–
Giemen, Pfeifen, Brummen (trockene RG) bei Fremdkörpern im Bronchialsystem
-
–
Bronchialatmen, z. B. bei Pneumonie nach Aspiration eines Fremdkörpers vor längerer Zeit
-
-
•
Perkussion der Lunge: hypersonorer Klopfschall bei Ventilmechanismus durch den Fremdkörper mit Überblähung der homolateralen Lunge
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Ggf. Intubation und Beatmung mit 100 % O2
-
•
Immer Transport in die nächste internistische oder HNO-Abteilung
-
•
Bei Dyspnoe dringlicher Transport (ggf. Sondersignale)
17.2.7
Infektionen und hypererge Schleimhautreaktionen
Akute Epiglottitis
-
•
Kloßige Sprache
-
•
Dysphagie
-
•
Hypersalivation
-
•
Inspiratorischer Stridor
-
•
Allgemeine Infektzeichen (Fieber, Tachykardie, Hypotonie, Abgeschlagenheit)
-
•
Fauliger Mundgeruch
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion der Mundhöhle:
-
–
Entzündliche Schwellung des Zungengrunds
-
–
Fauliger Foetor ex ore
-
–
Schleimhautrötung
-
-
•
Schwellung der zervikalen Lymphknoten und der Halsweichgewebe
-
•
Temperatur ↑
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
Topisches Sympathomimetikum (z. B. Infecto-Krupp® Inhal 2–4 Hübe)
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Prednisolon in hoher Dosierung i. v., z. B. 10 mg/kg KG
-
•
Bei drohender Asphyxie → orotracheale Intubation (3.4.4)
-
•
Wenn Intubation nicht möglich → umgehende Koniotomie (3.4.7)
-
•
Bei Kreislaufkomplikationen oder anaphylaktischem Schock 5.9
•
I. d. R. bessert sich der Zustand, sodass riskante Intubationsversuche entbehrlich sind.
•
Niemals „prophylaktisch“ intubieren (Gefahr der iatrogenen Schwellungsprogression, Blutung, Abszessentleerung mit Aspiration).
Stenosierende subglottische Laryngotracheitis
-
•
Bellender Husten (meist nachts)
-
•
Infektzeichen
-
•
Langsam progrediente Dyspnoe
-
•
Inspiratorischer Stridor
-
•
Vorausgegangener „grippaler“ Infekt (Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen, Fieber, Schnupfen, Husten)
-
•
Evtl. bekannte Stenose der Trachea
-
•
Schwerer Nikotinabusus
-
•
Ggf. vorbestehende Sicca-Symptomatik (Exsikkose nach Radiatio, Sjögren-Sy.)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Auskultation von Larynx, Trachea, Lunge zum Ausschluss primär bronchopulmonaler Erkrankungen und zur Lokalisation der Läsionsstelle (scharfes Stenosegeräusch)
-
•
Temperatur ↑
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Topisches Sympathomimetikum (z. B. Infecto-Krupp® Inhal 2–4 Hübe)
-
•
Bei schwerer Symptomatik Prednisolon in hoher Dosierung i. v. z. B. 10 mg/kg KG
Atemwegsstenose durch Insektenstich
-
•
Dysphagie
-
•
Kloßige Sprache
-
•
Häufig begleitendes Hyperventilationssy.
-
•
Selten Dyspnoe, inspiratorischer Stridor, Kreislaufreaktionen
Oft extreme Erstickungsangst (Hyperventilation) trotz geringen objektiven Befunds.
-
•
Z. n. Verschlucken einer Wespe, Biene, Hummel o. Ä.
-
•
Schmerzhafter Stich beim Schlucken
-
•
Manchmal genaue Lokalisationsangabe möglich
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion von Mundhöhle und Oropharynx
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Bei Stridor:
-
–
Topisches Sympathikomimetikum (z. B. Infecto-Krupp® Inhal 2–4 Hübe)
-
–
Topisches Kortikosteroid (z. B. Budenosid-Spray 2–4 Hübe)
-
–
Prednisolon in hoher Dosierung i. v. z. B. 10 mg/kg KG
-
-
•
Bei drohender Asphyxie orotracheale Intubation (3.4.4). Wenn Intubation nicht möglich → Koniotomie (3.4.7)
-
•
Bei Kreislaufkomplikationen oder anaphylaktischem Schock 5.9
-
•
In schweren Fällen dringlicher Transport in die nächste Klinik mit HNO-Abteilung oder Konsiliarius (ggf. Sondersignale).
-
•
In leichteren Fällen Vorstellung beim HNO-Arzt.
Quincke-Ödem
-
•
Blass-livide Schwellung von Lidern, Lippen, Zunge (evtl. monströs), Supraglottis und Mundschleimhaut
-
•
Spannungsschmerz im Gesicht
-
•
Evtl. Stridor, Dyspnoe
-
•
Evtl. gastrointestinale Koliken
-
•
Bekannter Enzymdefekt
-
•
Z. n. Stress, Trauma
-
•
Allergische Reaktion (19.1) nach Nahrungsaufnahme (z. B. Schalentiere) oder Medikamenten (z. B. ACE-Hemmer)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion der Mundhöhle
-
•
Temperatur: kein Fieber
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
-
•
Möglichst großlumiger i. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Topisches Sympathomimetikum (z. B. Infecto-Krupp® Inhal 2–4 Hübe)
-
•
Prednisolon in hoher Dosierung i. v. z. B. 10 mg/kg KG
-
•
Antihistaminikum, z. B. Clemastin 4 mg i. v.
-
•
Bei drohender Asphyxie: Intubationsversuch (3.3.4), ggf. Koniotomie (3.4.7)
-
•
In leichten Fällen: Vorstellung beim Haut- oder HNO-Arzt.
-
•
Bei Dyspnoe dringlicher Transport in die nächste Klinik mit HNO-Abteilung, bei weiterer Entfernung in die nächste chirurgische Abteilung (ggf. Sondersignale).
17.2.8
Notfälle bei Patienten mit Tracheostoma
Kanülenarten Abb. 17.11
-
•
Ungeblockte Kanülen (TracheostomaNotfälleSilber, Kunststoffe), z. T. mit herausnehmbarem Innenteil („Seele“) für eine erleichterte Reinigung; evtl. mit Sprechventil.
-
•
Geblockte Kanülen bei Langzeitbeatmung und Aspiration.
-
•
Silikon-T-Tubes (Montgomery-Röhrchen) bei Silikon-T-TubesMontgomery-RöhrchenTrachealstenose. Diese Kanülen schienen die Trachea, der Schenkel zum Stoma ist mit Stöpsel verschlossen und wird nur zur Reinigung geöffnet.
Atemnot bei Pat. mit Tracheostoma
-
•
Ruhedyspnoe
-
•
Inspiratorischer, gelegentlich auch exspiratorischer Stridor
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion von Tracheostoma und Kanüle:
-
–
Schleim, Borken in der Kanüle
-
–
Tumor/Granulationen im Tracheostoma oder in der Trachea
-
–
Kanülendislokation
-
-
•
Auskultation (Stenosegeräusche?)
-
•
Kanüle und Trachea mit dicklumigem, flexiblen Absaugkatheter säubern, ggf. Innenteil entfernen.
-
•
Falls keine Besserung: Kanüle entfernen, nochmals absaugen.
-
•
Falls keine Besserung: Ca. 20 ml NaCl 0,9 % in das Tracheostoma spritzen, abhusten lassen.
-
•
Falls keine Besserung: V. a. tumoröse/ödematöse Trachealstenose.
-
•
Gereinigte Kanüle wieder einsetzen.
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23) über das Tracheostoma.
-
•
Wenn über das Stoma keine ausreichende Spontanventilation möglich ist, Intubation über das Stoma, am besten über Führungsstab (ggf. Kindertubus).
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23).
-
•
Prednisolon in hoher Dosierung i. v., z. B. 10 mg/kg KG.
-
•
In schweren Fällen Transport in die nächste Klinik mit HNO-Abteilung, in dringenden Fällen in die nächste chirurgische Abteilung (ggf. Sondersignale).
-
•
Sonst evtl. Vorstellung beim HNO-Arzt.
•
Erstickungszustände beim tracheotomierten Pat. resultieren fast immer aus einer Verlegung in Höhe des Tracheostomas (Kanüle, Stoma, Trachea).
•
Orotracheale Intubationsversuche sind i. d. R. kontraindiziert (z. B. laryngektomierter Pat.).
•
Frisch angelegte Tracheostomata kollabieren bei Entfernung der Trachealkanüle → Weichteile z. B. mit Nasenspekulum, Klemme o. Ä. offenhalten.
•
Zur Absaugung von Silikon-T-Tubes (Montgomery-Röhrchen) Stöpsel entfernen und äußeren Schenkel nach oben kippen.
•
Irreversibel verstopfte Silikon-T-Tubes (Montgomery-Röhrchen) am Stomaschenkel fassen (ggf. mit Klemme) und herausreißen (evtl. größerer Kraftaufwand erforderlich).
•
Trachealkanülen-Träger bedecken die Kanüle häufig mit einem Schal. Sie ist dann nicht sofort zu sehen.
Tracheostomablutung
-
•
Tumorrezidiv
-
•
Arrosion von Schilddrüsengefäßen
-
•
Arterielle Massenblutung bei Arrosion des Truncus brachiocephalicus durch scheuerndes Kanülenende
-
•
Blutung aus dem Tracheostomakanal
-
•
Hämoptoe
-
•
Dyspnoe durch Aspiration
-
•
Bei Trunkusarrosion rapide einsetzender Volumenmangelschock, Herz-Kreislauf-Stillstand, Asphyxie durch Aspiration
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Inspektion des Tracheostomas
-
•
Tracheobronchial absaugen.
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23) über Tracheostoma.
-
•
Trachea und Stoma neben der liegenden Kanüle mit Mullstreifen austamponieren (Nasenspekulum hilfreich).
-
•
Bei Trunkusarrosionsblutung:
-
–
Trachealkanüle entfernen.
-
–
Endotrachealtubus durch das Stoma weit in Trachea einführen, stramm blocken und zurückziehen, bis die Blutung etwas nachlässt.
-
–
Trachea und Stoma mit Mullstreifen austamponieren.
-
–
Aspiriertes Blut absaugen.
-
–
O2-Gabe (1.6.3, 1.22).
-
–
Mind. 2 großlumige i. v. Zugänge mit Infusion (Ringeracetat, ggf. HAES 1.23).
-
17.3
Mund-, kiefer-, gesichtschirurgische und zahnärztliche Notfälle
17.3.1
Traumata und Kiefergelenkluxationen
Besonderheiten bei MKG-Notfällen
-
•
Lebensbedrohliche Notfallsituationen im MKG-Bereich entstehen durch Verlegung der Atemwege aufgrund von Frakturen, Ödem, Tumor, Fremdkörper oder Blutungen aus einem intraoralen Tumor.
-
•
Wichtigste Hilfsmittel bei Notfällen im MKG-Bereich für Untersuchung bzw. Therapie:
-
–
Spatel und Lichtquelle (Laryngoskop).
-
–
Möglichst großlumiger Absaugkatheter.
-
Ablederungsverletzungen
-
•
BissverletzungAblederungsverletzungen, KopfSchmerzen
-
•
Blutung KiefergelenkLuxationim Bereich der offenen Ablederung
-
•
Bei geschlossener Abscherung Hämatom mit massiver Schwellung und Fluktuation (z. B. an der Wange)
-
•
Ggf. Bewusstseinsstörung (11.2)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Atemwege frei?
-
•
Inspektion:
-
–
Teilabriss von Gesichts-(und Schädel-)haut
-
–
Sickerblutung, selten spritzende Blutung aus mittelgroßem Gefäß
-
-
•
Schockzeichen?
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23), ggf. Atemwege sichern (3.4.4).
-
•
Oberkörperhochlagerung, ggf. Schocklagerung (2.5).
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23).
-
•
Analgesie, z. B. mit Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
-
•
Wundversorgung:
-
–
Verschmutzungen nur grob entfernen.
-
–
Weichteile annähernd in ihre ursprüngliche Lage zurückbringen.
-
–
Sickerblutungen mit breitflächigem Druck (Verband) vermindern.
-
–
Spritzende Blutung lokal komprimieren. Wenn kein Stillstand der Blutung nach 5 Min. zu erzielen ist, Blutgefäß mit Klemme verschließen oder ggf. ligieren.
-
–
Vollständig abgetrennte Hautteile, z. B. Skalpierungsverletzung, wie abgetrennte Gliedmaßen behandeln und asservieren (11.7.6).
-
–
Alle Verletzungen, auch Bissverletzungen, steril abdecken.
-
-
•
Bei Hundebissverletzungen den Hundehalter HundeBissverletzungen durchnach dem Impfausweis des Tieres fragen oder Hund durch Polizei „asservieren“ lassen, die den Halter anhand von Steuermarke, Anhänger am Halsband oder Mikrochip ermittelt. (Viele Hunde sind inzwischen gechipt → Lesegeräte z. B. in Tierheimen und bei Tierärzten). Amtsarzt verständigen (aktuelle Tollwutfälle?).
Enorale Weichteilverletzungen
-
•
Unfall, Schlag (z. B. Sturz oder direktes Anpralltrauma, Faust)
-
•
Krampfanfall (Zungenbiss, Sturzverletzung)
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Atemwege frei?
-
•
Inspektion der Mundhöhle: Klaffende Wunden der Wangenschleimhaut oder der Zunge mit oder ohne Fremdkörper. Begleitende Zahnschäden?
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23), ggf. Atemwege sichern (3.4.4).
-
•
Oberkörperhochlagerung, ggf. Schocklagerung (2.5).
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23).
-
•
Analgesie, z. B. mit Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
-
•
Vorgehen bei Blutungen:
-
–
Wangenwunde: bimanuelle oder enorale Kompression durch Einpressen einer Tamponade zwischen Zähne und Wangenschleimhaut bei geschlossenen Zahnreihen.
-
–
Zungenwunde: enorale Kompression durch bimanuelles (eine Hand im Mund, die andere außen am Mundboden) Einpressen einer Tamponade.
-
–
Mundboden (MundbodenhämatomMundbodenhämatom → Mundbodenweichteile übersteigen die Schneidekante der Unterkieferzähne): bei Atembehinderung sofortige Intubation (3.4.4) zur Sicherung der Atemwege.
-
–
Bei stärkeren, nicht lokalisierbaren Blutungen im Rachenraum nach Intubation den gesamten Mundraum mit Kompressen austamponieren und den Unterkiefer mit einem straffen Kopf-Kinn-Verband fixieren. Ggf. Blockade der Nasengänge mit pneumatischer Nasentamponade (17.2.1).
-
•
Bei erschwerter Intubation, z. B. bei Mundbodenhämatom an Koniotomie (3.4.6) denken!
•
Fremdkörper nicht entfernen, Wunden nicht sondieren.
Pfählungsverletzung
-
•
Basischeck (4.1.2)
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG
-
•
Atemwege frei?
-
•
Inspektion:
-
–
In Weichteile eingedrungene Gegenstände (z. B. Teile des Kfz-Steuerrads, Ast, Zahnbürste)
-
–
Rachenraum: enorale Wunden bzw. Perforation?
-
–
Begleitende Zahnschäden?
-
-
•
Wegen intrakraniellen Begleitverletzungen orientierend Neurostatus erheben (8.2.8)
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23), ggf. Atemwege sichern (3.4.4)
-
•
Oberkörperhochlagerung
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
-
•
Analgesie, z. B. mit Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
-
•
Fremdkörper belassen, notfalls auf Transportmaß kürzen. Feststehende Fremdkörper (z. B. Zaun, Wasserhahn) von Feuerwehr absägen lassen
-
•
Schusskanäle und Bissverletzungen steril abdecken, nicht sondieren
-
•
Schusskanal am Unfallort nicht sondieren
-
•
Eine Intubation kann durch den enoralen Fremdkörper erschwert oder unmöglich sein, Analgetika und Sedativa daher sehr vorsichtig dosieren (Atemdepression)
-
•
Meist erschwerte Intubation → an Koniotomie (3.4.6) denken!
Mittelgesichtsfraktur
-
•
Schmerzen, MittelgesichtsfrakturLeFort-Frakturenorale Blutung
-
•
Evtl. Bewusstseinsstörung (11.2)
-
•
Basischeck (4.1.2).
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG.
-
•
Atemwege frei?
-
•
Inspektion:
-
–
Weichteilverletzungen, Prellmarke, Hämatom, Schwellung.
-
–
Monokel-, MonokelhämatomBrillenhämatomBrillenhämatom.
-
–
Rachenraum (ggf. vorher absaugen): Prothese, Knochen- und Zahnfragmente, Blutung (17.2.2)?
-
-
•
Mittelgesichtsskelett auf Frakturhinweise (Fehlstellungen) überprüfen (Abb. 17.12):
-
–
Periorbitale Stufen.
-
–
Inkongruenz der Zahnreihen gegeneinander und in sich.
-
–
Abnorme Beweglichkeit z. B. der Maxilla gegenüber dem Schädel (mit der rechten Hand die Oberkiefer-Frontzähne fassen und die Maxilla bewegen, mit der linken die Stirn fixieren) oder verschiedener Kieferabschnitte gegeneinander (Abb. 17.12).
-
-
•
Starkes Nasenbluten bei Abriss der A. sphenopalatina (17.2.1).
-
•
Sensibilitätsstörungen im Wangenbereich (Nervenläsion).
-
•
Doppelbilder (Orbitabeteiligung, z. B. Blow-out-Fraktur, evtl. mit Visusminderung).
-
•
O2-Gabe (1.7.3, 1.23), ggf. Atemwege sichern (3.4.4).
-
•
Oberkörperhochlagerung.
-
•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23).
-
•
Analgesie, z. B. mit Tramadol 100 mg i. v.
-
•
Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
-
•
Bei schweren Verletzungen der Weichteile und Instabilität der Kiefer Intubation (3.4.4).
-
•
Bei starkem Nasenbluten 17.2.1.
-
•
Straffen Kopf-Kinn-Verband anlegen (Abb. 17.13).
-
•
Bei starkem Nasenbluten Nasentamponade (17.2.1).
-
•
Ggf. luxierte Zähne und Knochenteile asservieren (17.3.2).
Komplikationen
-
•
Bei V. a. hohe Gesichtsfraktur (Le Fort III; Brillenhämatom) Schädelbasisfraktur mit Liquorrhö möglich (11.2).
-
•
Bei Nasentamponade wegen starker Blutung und Schädelbasisfraktur besteht die Gefahr, die Tamponade in die vordere Schädelgrube zu schieben.
-
•
Aspiration von Zahn- oder Prothesenteilen.
Unterkiefer- und Kiefergelenkfraktur
-
•
Schmerzen im UnterkiefergelenkfrakturKiefergelenkFrakturUnterkiefer
-
•
Beweglichkeit des Unterkiefers eingeschränkt oder aufgehoben
-
•
Evtl. sichtbare Deformität, Prellmarke, Weichteilverletzung
-
•
Basischeck (4.1.2).
-
•
Puls, SpO2, RR, EKG.
-
•
Schwellung und sichtbares Hämatom (Fraktur im vorderen oder mittleren Anteil des Unterkiefers).
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Inkongruenz der Zahnreihen, Stufe in der Zahnreihe, Zahnluxation oder -fraktur (17.3.2).
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Gestörte Okklusion: Unterkieferfragmente lassen sich gegeneinander bewegen, offener Biss (beim Zusammenbeißen ist die Verzahnung der Front offen, während die Backenzähne aufeinander beißen → Kiefergelenkfraktur).
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Mundöffnung behindert und Seitenabweichung des Unterkiefers bei Mundöffnung → Kiefergelenkfraktur (keine Schwellung, kein Hämatom sichtbar!).
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O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
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Bei ausgedehnter Unterkiefer-Trümmerfraktur Intubation zur Sicherung der Atemwege
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Oberkörperhochlagerung
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I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23) nur bei Analgesiebedarf
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Analgesie, z. B. mit Tramadol 100 mg i. v.
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Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
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Ggf. nicht allzu fester Kopf-Kinn-Verband (Abb. 17.13)
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Cave: meist erschwerte Intubation → an Koniotomie (3.4.6) denken!
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Bei lückenhaftem Gebiss nach verlorenen Zähnen fragen und diese asservieren (17.3.2).
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Eine Intubation kann durch die evtl. verminderte Unterkieferbeweglichkeit erschwert oder unmöglich sein, Analgetika und Sedativa daher sehr vorsichtig dosieren (Atemdepression).
Luxation des Kiefergelenks
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Habituelle Luxation: Luxationen bereits anamnestisch bekannt
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Trauma, forciertes Abbeißen, Gähnen, nach Zahnarztbesuch
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Basischeck (4.1.2)
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Puls, SpO2, RR, EKG
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Inspektion: Abweichen der Unterkiefermitte zur nicht betroffenen Seite bei einseitiger Luxation
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Unterkiefer mit der Hand führen: Zahnreihen lassen sich nicht schließen
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Ggf. O2-Gabe (1.7.3, 1.23).
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Oberkörperhochlagerung.
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I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23) nur bei Analgesiebedarf.
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Ggf. Analgesie, z. B. mit Tramadol 50 mg i. v.
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Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
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Nur bei habitueller Kiefergelenkluxation Reposition nach Hippokrates: Mit beiden Daumen auf die Molaren im Unterkiefer drücken, mit den anderen Fingern den Kieferwinkel umfassen. Durch konstanten Zug den Unterkiefer nach kaudal-ventral ziehen. Nach Dehnung der Weichteile Unterkiefer nach kaudal-dorsal drehen bis das Tuberculum articulare überwunden ist (spürbares „Einrasten“). Klappt sehr selten.
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Kopf-Kinn-Verband (Abb. 17.13).
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Ohne Sondersignal in MKG-Klinik oder bei weiterer Entfernung in die nächste chir. Klinik
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Im Sitzen transportieren
Keine Repositionsversuche bei nicht habitueller Luxation, da die Reposition schwierig ist und bei bestehender Kiefergelenkfraktur ein zusätzlicher Schaden entstehen kann.
17.3.2
Zahntrauma
Vollständig luxierte Zähne und Zahnfragmente können im Rachenraum liegen und aspiriert werden!
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Spontanschmerzen ZahnTraumaoder ZahnSchmerzenBerührungsschmerzen an SchmerzenZahnbestimmten Zähnen.
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Pat. kann ungewohnte Zahnlücken oder -fehlstellungen mit der Zunge ertasten.
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Evtl. enorale Blutung (z. B. aus der Alveole).
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Unfallhergang (Art und Richtung der Gewalteinwirkung → evtl. Begleitverletzungen)
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Aspiration oder Verschlucken von Zahnanteilen bemerkt?
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Basischeck (4.1.2)
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Mit Finger oder Spatel Zähne auf Lockerung untersuchen (meist Oberkieferfrontzähne)
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Zahnluxation:
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–
Zahn beweglich, aber noch in Alveole
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Zahn mit Wurzel außerhalb der Alveole, haftet aber noch am Zahnfleischrand
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Zahn vollständig von Knochen und Weichteilen gelöst im oder außerhalb des Mundes (leere Alveole)
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Zahnfraktur: Bruchkanten im Kronen- oder Zahnhalsbereich tastbar
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Ggf. O2-Gabe (1.7.3, 1.23).
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Oberkörperhochlagerung.
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I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23).
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Analgesie, z. B. mit Tramadol 50–100 mg i. v.
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Unvollständig luxierte Zähne: Zahn, der noch an der Schleimhaut Zahnunvollständig luxierterbefestigt ist, unter Erhalt der Weichteilverbindung in die Alveole zurückstecken. Zur Stabilisierung des Zahns befeuchtete Kompresse auf die betroffene Zahnreihe legen und Pat. bis zur Klinikeinweisung darauf beißen lassen. Kann die Alveole den Zahn nicht mehr aufnehmen (Zerstörung einer oder mehrerer Alveolarwände) oder besteht keine Weichteilverbindung mehr, Zahn asservieren.
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Vollständig luxierte Zähne: Zahn, der nicht Zahnluxiertermehr am LuxationZahnZahnfleisch befestigt ist und nicht mehr in der Alveole hält, suchen, aus dem Mund nehmen (Aspirationsgefahr) und (trotz Verschmutzung) asservieren. Asservation: Zahn ZahnAufbewahrungZahnAsservationmöglichst nur einmal und nicht an der Wurzel anfassen (z. B. mit Magill-Zange, nicht mit Pinzette, weil Zahn leicht entgleiten kann), auf sterile Kompresse legen und mit etwas von der gerade verwendeten Infusionslösung befeuchten. Nicht reinigen. Mit Infusionslösung oder Speichel des Pat. gefüllte Spritze (kennzeichnen), Infusionsflasche (kennzeichnen) mit physiologischer Lösung oder besser H-Milch, Asservatbeutel (z. B. Dento-Safe®). Äußere Eiskühlung ist nützlich aber nicht unbedingt erforderlich.
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Luxierte Zähne nicht trocken werden lassen.
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Zahnwurzel nicht desinfizieren.
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Niemals Leitungswasser zur Befeuchtung des luxierten Zahns verwenden.
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Auch verschmutzte Zähne oder Zähne, die schon längere Zeit außerhalb der Alveole waren (z. B. mehrere Stunden im Schwimmbecken) oder ausgetrocknet sind, könnten nach der Reimplantation für eine begrenzte Zeit fest werden.
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Bei Zusatzverletzungen Zähne an die weiterversorgende Klinik mitgeben mit dem Hinweis, sofort einen Kieferchirurgen oder Zahnarzt zu verständigen.
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Luxation (partiell oder vollständig): Einweisung in eine MKG-Klinik, kein Transport im RTW erforderlich.
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Fraktur (Kronen, Schmelzabsprengungen): Pat. zum Zahnarzt bzw. zahnärztlichen Notdienst schicken.
17.3.3
Zahnschmerz
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Starke bis ZahnSchmerzenunerträgliche Schmerzen SchmerzenZahneines oder mehrerer Zähne.
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Evtl. Kieferklemme.
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Pat. kann auf den betroffenen Zähnen schmerzbedingt nicht beißen/kauen.
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Evtl. subjektives Gefühl, dass der betroffene Zahn „länger geworden“ sei (Entzündung).
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Basischeck (4.1.2).
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Mundinspektion: Kariöse Zähne (dunkel verfärbte Stellen), fehlende Füllungsteile, entzündete Schleimhaut (Rötung, Schwellung).
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Mit Metallinstrument (z. B. Stiel des Reflexhammers, Laryngoskopspatel) auf den Zahn aufklopfen: Zahn klopfempfindlich.
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Ggf. O2-Gabe (1.7.3, 1.23).
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Bei nicht infizierter Gingiva (keine Rötung oder Schwellung):
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–
Lokalanästhesie: Z. B. 2 ml Lidocain in die Schleimhaut seitlich an den Alveolarknochen in Projektion auf die Zahnwurzel des betroffenen Zahns injizieren.
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Extraorale Eiskühlung als vorübergehende Maßnahme zur Schmerzbekämpfung bis zur Behandlung.
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Bei entzündeter Gingiva (Rötung, Schwellung):
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Analgesie, z. B. mit Tramadol 50 mg i. v. (ggf. Ibuprofen p. o.).
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–
Eiskühlung von extraoral.
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17.3.4
Blutung nach zahnärztlicher Behandlung
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Blutverschmierte Lippen Blutungnach zahnärztlicher Behandlungund Gesicht
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Wenig (oder keine) Schmerzen
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Zahnärztliche Behandlung (Extraktion, Osteotomie) vor 12–36 h
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Koagulationshemmung, z. B. durch orale Antikoagulanzien, Clopidogrel oder ASS
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Basischeck (4.1.2)
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Puls, SpO2, RR, EKG
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Inspektion (nach Absaugen der Koagel):
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Meist koagelumgebene, leere Alveole oder frische Gingivanähte mit diffuser Sickerblutung
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Manchmal kleine, spritzende Gefäße des Gingivasaums
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O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
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Oberkörperhochlagerung
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Absaugen/beseitigen aller Koagel, auch wenn es nicht mehr blutet
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Kompression: Gefaltete, sterile Kompresse auf den Blutungsherd auflegen, Pat. zubeißen lassen und Unterkiefer des Pat. 5–10 Min. gegen den Oberkiefer pressen
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Bei größerem Blutverlust i. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
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Ggf. Analgesie, z. B. mit Tramadol 50 mg i. v.
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Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
Traumatisierung der Wunde durch den Pat. selbst: meist „herumkauen“ auf der Kompresse → intermittierender Sog auf die Schleimhaut → Verstärkung der Blutung.
17.3.5
Infektionen und Abszesse
Lokale Entzündungen und Abszesse
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Basischeck (4.1.2)
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Puls, SpO2, RR, EKG
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Inspektion:
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–
Oberkiefer: zugeschwollenes Auge, starke Wangenschwellung
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–
Unterkiefer: Asymmetrie der Unterkieferweichteile
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–
Mund: evtl. kariös zerstörte Zahnkrone
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Palpation: schmerzhafte, nicht verschiebliche Schwellung am Kieferknochen (knöcherner Unterkieferrand nicht mehr tastbar)
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Ggf. Kieferklemme (insbes. bei dorsaler Lokalisation der Beschwerden)
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Ggf. O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
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Oberkörperhochlagerung
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•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
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•
Analgesie, z. B. mit Tramadol 100 mg i. v.
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Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
Mundbodenphlegmone
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Abgeschlagenheit, Phlegmone, MundbodenMundbodenphlegmoneFieber
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Kloßige, kaum verständliche Sprache
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Inspiratorischer Stridor (fortgeschrittenes Stadium)
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Basischeck (4.1.2)
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Puls, SpO2, RR, EKG
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Inspektion:
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–
Mundboden: Livide Verfärbung und Schwellung. Weichteile übersteigen die Schneidekanten der Unterkieferfrontzähne.
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–
Lippen können nicht über der geschwollenen Zunge geschlossen werden (fortgeschrittenes Stadium).
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O2-Gabe (1.7.3, 1.23)
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•
Oberkörperhochlagerung
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•
I. v. Zugang mit Infusion von Ringeracetat (1.23)
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•
Analgesie, z. B. mit Tramadol 100 mg i. v.
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•
Ggf. Sedierung mit Midazolam 2,5 mg i. v.
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Bei starker Schwellung mit drohender Atemwegsverlegung Kortison, z. B. Prednisolon 250 mg i. v.
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Ggf. Intubation (3.4.4)
Erschwerte Intubation bei Mundbodenphlegmone → an Koniotomie (3.4.6) denken!