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Einteilung der Analgetika und Antiphlogistika Antiphlogistika

Opioidrezeptor-Subtypen, ihre Wirkungen und die endogenen OpioidrezeptorenLiganden
Opioidrezeptor | μ | δ | κ |
Wirkungen |
|
|
|
Endogener Ligand | β-Endorphin | Enkephalin | Dynorphin |
Verschiedene Opioide hinsichtlich ihrer analgetischen Wirkstärke, Indikation und Anwendung. In der Tabelle sind zuerst Opioidrezeptoragonisten aufgeführt und am Ende der Tabelle die Antagonisten. Die Reihenfolge der Agonisten richtet sich dabei nach Zunahme ihrer analgetischen Wirkstärke im Vergleich zu Morphin, dem der Referenzwert von 1 zugeordnet wurde. Deshalb steht Morphin erst im mittleren Teil der Tabelle. Bei der Wirkstärke geben die Pfeile eine schwächere (↓) oder stärkere (↑) Wirkung im Vergleich zu Morphin an (in Klammern ist die analgetische Potenz in Zahlen angegeben).TramadolTilidinTapentadolSufentanilRemifentanilPiritramidPethidinPentazocinOxycodonNaltrexonNaloxonNalbuphinMorphinMethylnaltrexoniumbromidLoperamidL-MethadonLevomethadonHydromorphonFentanylDihydrocodeinCodeinBuprenorphinAlfentanilSpasmen, gastrointestinalDoxapramDiarrhöHeroin:Entzug
Opioid | Parameter | Beschreibung |
Codein, Dihydrocodein
Agonisten |
Wirkstärke | ↓ (analgetische Potenz: 0,1 für Codein und ∼0,15 für Dihydrocodein) |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Antitussivum und Analgetikum (als Analgetikum meist in Kombination mit Nicht-Opioidanalgetika bei Tumorschmerzen); nicht BtmV-pflichtig | |
Anwendung | oral | |
Tramadol
Agonist |
Wirkstärke | ↓ (analgetische Potenz: 0,1) |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Analgetikum, nicht BtmV-pflichtig | |
Anwendung | oral | |
Tilidin
Agonist |
Wirkstärke | ↓ (analgetische Potenz: ∼0,18) |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Analgetikum, retardierte Formen nicht BtmV-pflichtig | |
Anwendung | oral | |
Pethidin
Agonist |
Wirkstärke | ↓ (analgetische Potenz: 0,2) |
Besonderheit |
|
|
Indikation |
|
|
Anwendung | parenteral | |
Pentazocin
Partieller Agonist |
Wirkstärke | ↓ (analgetische Potenz: 0,3) |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Analgetikum, keine Anwendung bei Herzinfarkt wegen Wirkung auf Herzfrequenz und Blutdruck | |
Anwendung | oral, parenteral | |
Tapentadol
Agonist |
Wirkstärke | ↓ (analgetische Potenz: 0,3–0,5) |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Analgetikum | |
Anwendung | oral | |
Nalbuphin
Partieller Agonist |
Wirkstärke | ↓ (analgetische Potenz: 0,6) |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Analgetikum, nicht BtmV-pflichtig | |
Anwendung | parenteral | |
Piritramid
Agonist |
Wirkstärke | ↓ (analgetische Potenz: 0,7) |
Besonderheit | etwas längere Wirkdauer als Morphin | |
Indikation | Analgetikum | |
Anwendung | parenteral | |
Morphin
Agonist |
Wirkstärke | 1 |
Besonderheit | Details zur Pharmakokinetik, s. o. | |
Indikation | Analgetikum | |
Anwendung | oral, parenteral | |
Oxycodon, Hydromorphon
Agonisten |
Wirkstärke | ↑ (analgetische Potenz für Oxycodon 2, für Hydromorphon 7,5) |
Indikation | Analgetikum | |
Anwendung | oral | |
L-Methadon (Levomethadon)
Agonist |
Wirkstärke | ↑ (analgetische Potenz: 3–4) |
Besonderheit |
|
|
Indikation |
|
|
Anwendung | oral | |
Buprenorphin
partieller Agonist |
Wirkstärke | ↑ (analgetische Potenz: 30) |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Analgetikum | |
Anwendung | parenteral, sublingual, transdermal | |
Alfentanil
Fentanyl Remifentanil Sufentanil Agonisten |
Wirkstärke | ⇈ (analgetische Potenz: Alfentanil 30, Fentanyl 100, Remifentanil 200, Sufentanil 1.000) |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Analgetikum insbesondere bei Operationen, zur Neuroleptanalgesie und -anästhesie, Fentanyl auch bei Tumorschmerzen | |
Anwendung | parenteral, Fentanyl auch transdermal, z. B. bei Tumorschmerzen. Die Halbwertszeit von Fentanyl bei transdermaler Anwendung beträgt 17 h. | |
Loperamid
Agonist |
Wirkstärke | kein Analgetikum |
Besonderheit |
|
|
Indikation | ausgenutzt wird die obstipierende Wirkung des Opioids zur Behandlung der Diarrhö. Jedoch nicht bei infektiöser Diarrhö anwenden, da die Ausscheidung der Erreger verzögert wird. | |
Anwendung | oral | |
Naloxon
Antagonist |
Wirkstärke | 0 |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Antidot bei Opioidüberdosierung, -intoxikation | |
Anwendung | parenteral | |
Naltrexon
Antagonist |
Wirkstärke | 0 |
Besonderheit |
|
|
Indikation |
|
|
Anwendung | oral | |
Methylnaltrexoniumbromid (
Kap. 15.5.6
)
Antagonist |
Wirkstärke | 0 |
Besonderheit |
|
|
Indikation | Obstipation unter Opioiddauertherapie bei Tumorpatienten bei unzureichender Wirkung üblicher Laxanzien | |
Anwendung | s. c. wegen geringer oraler Bioverfügbarkeit |
Wirkungsspektrum der Nicht-AntipyretikaAntiphlogistikaOpioidanalgetika
Analgetisch | Antipyretisch | Antiphlogistisch | |
Saure Nicht-Opioidanalgetika (NSAID) und Coxibe | + | + | + |
Nichtsaure Nicht-Opioidanalgetika (Paracetamol, Metamizol) | + | + | − |
Weitere Nicht-Opioidanalgetika (Flupirtin, Ziconotid, Cannabinoide) | + | − | − |
Einteilung der NSAID nach ihrer Wirkdauer.
Einteilung | Wirkstoff | Halbwertszeit |
Kurz wirksam | ASS∗ | 2–8 h |
Diclofenac, Indometacin | 2 h | |
Ibuprofen | 3 h | |
Mittellang wirksam | Naproxen | 12 h |
Lang wirksam | Piroxicam | 40 h |
Phenylbutazon | 70 h |
∗
Zur Besonderheit der Halbwertszeit von ASS: Kap. 16.3.3.4
Dosierung von ASS in Abhängigkeit von der Indikation
Indikation | Dosierung |
Thrombozytenaggregationshemmung (z. B. KHK) | 75–100 mg/d p. o.bei akutem Myokardinfarkt 250–500 mg i. v. |
Schmerzen, Fieber | 1–2 g |
rheumatische Beschwerden | 3–5 g |
Analgetika und nichtsteroidale Antiphlogistika
IMPP-Hits
Nicht-steroidale AntiphlogistikaAnalgetika zählen zu den am häufigsten abgefragten Themen im Hammerexamen. In absteigender Häufigkeit wurden vom IMPP Fragen zu folgenden Themenkomplexen gestellt:
1.
Opioidanalgetika (machen 50 % aller Analgetikafragen aus)
2.
NSAID (machen ⅓ aller Analagetikafragen aus; nicht berücksichtigt wurden hier Fragen zu ASS, die gezielt auf die Thrombozytenfunktion gerichtet waren, da dieses Themengebiet in Kap. 6 abgehandelt wurde) – allerdings wurden in den letzten Examina deutlich häufiger Fragen zu NSAID gestellt als früher
3.
Paracetamol
4.
Metamizol
5.
Coxibe
16.1
Wegweiser
•
Opioidanalgetika werden in ihrer Gesamtheit in Kap. 16.2 dargestellt.
•
Die Nicht-Opioidanalgetika werden weiterhin unterschieden hinsichtlich einer antiphlogistischen Wirkkomponente und ob es sich um saure oder nichtsaure Verbindungen handelt:
–
So kennen wir nichtsaure Nicht-Opioidanalgetika ohne antiphlogistische Wirkungen (Paracetamol, Metamizol; Kap. 16.3.3.1 und Kap. 16.3.3.2).
–
Demgegenüber stehen Analgetika mit antiphlogistischer Wirkung, die unterschieden werden in die „klassischen“ NSAID (Kap. 16.3.3.3 und Kap. 16.3.3.4) (das sind übrigens die sauren) und Coxibe (Kap. 16.3.3.5) (die sind wieder nichtsauer). Die NSAID (non-steroidal anti-inflammatory drug) haben ihren Namen daher, dass es sich im Gegensatz zu den (steroidalen) Glukokortikoiden um nichtsteroidale antiinflammatorische Pharmaka handelt.
–
Darüber hinaus kennen wir Antiphlogistika, die aber keine Analgetika sind. Dazu zählen die Glukokortikoide und die Basistherapeutika. Glukokortikoide wurden bereits in Kap. 9.2 besprochen. Basistherapeutika dienen der Therapie der rheumatoiden Arthritis und haben ganz unterschiedliche Wirkmechanismen. Einzelne Wirkstoffe werden daher in verschiedenen Kapiteln der „Allgemeinen Pharmakologie“ und dann noch einmal zusammenfassend in der „Speziellen Pharmakologie“ dieses Buches besprochen (Kap. 40.2.2.1).
Lerntipp
Puh – das muss man sich jetzt noch einmal durch den Kopf gehen lassen „nichtsaure Nicht-Opioidanalgetika, die nicht antiphlogistisch sind“☺ – alles klar? Wenn nicht, prägen Sie sich Abb. 16.1 ein, dann haben Sie das Prinzip der Einteilung im Kopf.
16.2
Opioidanalgetika
16.2.1
Antinozizeptives System
16.2.1.1
Opioidrezeptoren
•
Präsynaptisch wird die Öffnungswahrscheinlichkeit von Kalziumkanälen vermindert, wodurch weniger Transmitter, die für die Übertragung der Schmerzimpulse notwendig sind, aus dem präsynaptischen Neuron freigesetzt werden.
•
Im postsynaptischen Neuron kommt es nach Stimulation von Opioidrezeptoren zum Öffnen von Kaliumkanälen und dadurch zu vermehrtem Kaliumausstrom. Dadurch hyperpolarisiert die Zelle und die Weiterleitung von Aktionspotenzialen vermindert sich.
Merke
Stimulation der Opioidrezeptoren bewirkt:
•
Unterdrückung nozizeptiver Impulse im Rückenmark
•
Aktivierung der absteigenden antinozizeptiven Bahn
•
veränderte Schmerzverarbeitung im limbischen System
Merke
Alle drei Opioidrezeptoren vermitteln eine Analgesie.
16.2.1.2
Endogene Liganden an Opioidrezeptoren
•
β-Endorphin: Agonist am μ-<03B2>-EndorphinSubtyp; β-Endorphin entsteht aus dem gemeinsamen Vorläuferprotein POMC (= Proopiomelanocortin), aus dem auch ACTH und MSH abgespalten werden.
•
ACTHEnkephalin: Agonist am δ-EnkephalinSubtyp
•
Dynorphin: Agonist am κ-DynorphinSubtyp.
16.2.2
Wirkstoffe
Wrikstoffe
-
•
„Prototyp“: Morphin
-
•
Agonisten mit schwächerer analgetischer Wirkung im Vergleich zu Morphin: Codein · Dihydrocodein · Tramadol · Tilidin · Pethidin · Pentazocin · Tapentadol · Nalbuphin · Piritramid
-
•
Agonisten mit stärkerer analgetischer Wirkung im Vergleich zu Morphin: Oxycodon · Hydromorphon · L-Methadon · Buprenorphin · Alfentanil · Fentanyl · Remifentanil · Sufentanil
-
•
Antagonisten: Naloxon · Naltrexon · Methylnaltrexoniumbromid
-
•
nur peripher wirksames Opioid: Loperamid
-
•
(Heroin)
Wirkmechanismus
Merke
Opioidanalgetika vermitteln ihre analgetische Wirkung durch Stimulation von Opioidrezeptoren.
•
reine Agonisten, die den Rezeptor aktivieren
•
partielle Agonisten, die den Rezeptor sowohl inhibieren als auch stimulieren
•
reine Antagonisten, die die Wirkungen am Rezeptor komplett aufheben.
Merke
Partielle Agonisten wirken in Anwesenheit eines reinen Agonisten als kompetitive Antagonisten.
Darin liegt übrigens auch der Grund, warum man verschiedene Opioidanalgetika nicht miteinander kombiniert, sondern bei unzureichender Wirkung von einem schwach wirksamen auf ein stark wirksames Opioid wechselt bzw. mit Nicht-Opioidanalgetika kombiniert (Kap. 39.2).
Lerntipp
Morphin stellt sozusagen den „Prototyp“ der Opioidanalgetika dar und wird deshalb ausführlicher beschrieben. Die anderen Opioidanalgetika werden dann stichpunktartig in Tab. 16.2 zusammengefasst mit Betonung von Aspekten, die sie vom Morphin unterscheiden.
16.2.2.1
Morphin
Wirkmechanismus
Zentral wirkt/bewirkt Morphin:
•
analgetisch
•
atemdepressiv: vermindertes Ansprechen auf CO2 bereits in therapeutischer Dosis
•
sedativ-hypnotisch
•
euphorisch: bei raschem Anfluten im ZNS, Entwicklung einer Abhängigkeit möglich
•
selten dysphorisch
•
antitussiv
•
initial emetisch, später antiemetisch
•
Miosis
•
Blutdruck ↓, Herzfrequenz ↓
•
antidiuretisch
•
Muskelrigidität
•
Konvulsionen
•
Hypothermie
Peripher bewirkt Morphin eine Erhöhung des Tonus der glatten Muskulatur (außer in den Gefäßen, dort erfolgt eine Relaxation → Blutdruck ↓)
•
Magen: verzögerte Entleerung
•
Darm: verzögerte Darmentleerung durch Hemmung der propulsiven Motorik
•
Rektum: verzögerte Defäkation
•
Harnblase: Harnverhalt
•
Gallenblase: Gallenkoliken, Gallenstau durch Spasmus des Sphincter Oddi
•
Histaminliberation: Erythem, Pruritus, Blutdruck ↓, Bronchospasmus (die Histaminliberation wird nicht über Opioidrezeptoren vermittelt)
Merke
Außerdem besteht bei einer Therapie mit Morphin die Gefahr
•
der Toleranzentwicklung für die analgetische und die atemdepressive Wirkung (nicht für die Miosis, nicht für die Wirkungen im Gastrointestinaltrakt) und
•
der Abhängigkeit, insbesondere bei raschem Anfluten bei i. v.-Anwendungen und bei missbräuchlicher Anwendung.
Merke
Bis auf die Histaminliberation, Toleranz und Abhängigkeit lassen sich alle zentralen und peripheren Wirkungen durch OpioidrezeptorantagonistOpioidrezeptorantagonisten aufheben.
Indikation
Pharmakokinetik
Merke
Bei i. v.-Anwendung darf nur ⅓ der oralen Morphindosis gegeben werden, da dann die Bioverfügbarkeit bei 100 % liegt.
Cave
Bei einer Niereninsuffizienz besteht die Gefahr der Kumulation wirksamer Metaboliten. Die Dosis muss deshalb bei schwerer Niereninsuffizienz reduziert werden.
Unerwünschte Wirkungen
Cave
Bei langfristiger Opioidtherapie ist die Gabe eines Laxans wie Laktulose zum Vermeiden einer Obstipation notwendig.
Kontraindikationen
Absolute Kontraindikationen | Relative Kontraindikationen |
|
|
16.2.2.2
Weitere Opioide
16.2.2.3
Heroin
16.2.3
Opioidintoxikation
Merke
Die Opioidintoxikation ist durch die klassische Trias gekennzeichnet: Miosis (stecknadelkopfgroße Pupillen), Atemdepression, Koma. Weiterhin bestehen Zyanose, Hypothermie, Bradykardie, Hypotonie.
•
symptomatisch: z. B. Gabe von O2
•
spezifisch durch Gabe von Antidot: Naloxon i. v.
Cave
•
Die Wirkdauer von Naloxon ist sehr kurz, sodass die Symptome der Opioidintoxikation wieder auftreten können und Naloxon nachgespritzt werden muss.
•
Vorsicht bei der i. v.-Anwendung von Naloxon: bei Opiatabhängigen wird ein Entzugssyndrom ausgelöst.
•
Ausnahme: Naloxon ist nicht wirksam bei Buprenorphin, das sehr langsam vom μ-Opioidrezeptor dissoziiert. Antidot für Buprenorphin ist DoxapramDoxapram, das die Atmung zentral stimuliert.
16.2.4
Opioidentzugssyndrom
Symptome im Opioidentzug:
•
Dysphorie
•
Diarrhö
•
motorische Unruhe
•
Mydriasis („Tellerminen“)
•
gesteigerter Sekretfluss von Augen und Nase
•
Gänsehaut, Schwitzen
•
Spontanschmerzen
•
Schlafstörungen
Therapie:
•
ClonidinClonidin: zentraler α2-Agonist (Kap. 2.4.5), senkt die im Entzug erhöhte Aktivität zentraler noradrenerger Neurone
•
Langfristig muss eine psychotherapeutische Therapie durchgeführt werden. Naltrexon kann zur Rückfallverhinderung eingesetzt werden (Hemmung der euphorisierenden Wirkung von Opiaten).
16.2.5
Betäubungsmittel-Verordnung
Merke
Es bestehen lediglich Ausnahmen für:
•
Codein: Antitussivum und Analgetikum mit geringerem Abhängigkeitspotenzial als Morphin
•
Loperamid: Antidiarrhoikum, nur peripher wirksam
•
Tramadol: Analgetikum, schwächer wirksam als Morphin mit geringerem Abhängigkeitspotenzial,
•
retardiertes Tilidin/Naloxon (Tab. 16.2)
•
Nalbuphin: Analgetikum, partieller Antagonist an μ-Rezeptoren, dadurch geringeres Abhängigkeitspotenzial
Die genannten Wirkstoffe fallen nicht unter die Betäubungsmittel-Verordnung und können daher auf einem Standardrezept ausgestellt werden.
Cave
Bis 2012 waren in Deutschland auch Tilidin und Naloxon auf Normalrezept ausstellbar. Bei oraler Einnahme wird Tilidin in der Leber zum Nortilidin aktiviert und kann analgetisch wirken, Naloxon wird bei hohem First-pass-Effekt deaktiviert. Bei missbräuchlicher Anwendung in hohen Dosen erreicht Naloxon dann doch wirksame Blutspiegel und kann als Antagonist wirken, ebenso bei i. v.-Missbrauch. Somit dient die Kombination der Verhinderung des Tilidinmissbrauchs. Allerdings gibt es Suchtfälle für die schnell wirksamen Präparate (z. B. Tropfenform), sodass diese seit 2013 in Deutschland der Betäubungsmittel-Verordnung unterstellt wurden – nicht jedoch die retardierten Formen.
Lerntipp
Abschließend sollen noch einmal die IMPP-Hits zu den Opioidanalgetika dargestellt werden:
•
Häufig werden Fragen zu den Nebenwirkungen gestellt, insbes. Obstipation, Blutdruckabfall, Miosis, Juckreiz, Thoraxrigidität bei Fentanyl, emetogene Wirkung von Tramadol.
•
Weiterhin kommen viele Fragen zum Naloxon vor – vom Wirkmechanismus über Pharmakokinetik und Indikation und auch zur unzureichenden Wirkung bei Buprenorphinintoxikation (dann Doxapram).
•
Gerne werden die partiellen Agonisten mit genauem Wirkmechanismus an welchem Rezeptor abgefragt (Pentazocin, Buprenorphin). Da Pentazocin seit 2006 nicht mehr in Deutschland zugelassen ist, sollte es in Zukunft kein IMPP-Thema mehr sein.
•
Loperamid mit seiner ausschließlich peripheren Wirkung kommt immer wieder vor.
•
Und natürlich Fragen zu Opioidintoxikation, -entzug (Therapie) und Toleranzentwicklung.
16.3
Nicht-Opioidanalgetika
16.3.1
Bedeutung der Prostaglandine
•
Sensibilisierung von Nozizeptoren
•
Förderung der entzündlichen Reaktion
•
Beeinflussung der Thermoregulation im Hypothalamus (Fieber durch Erhöhung des Temperatursollwerts).
16.3.2
Pharmakologische Beeinflussung der Prostaglandinbildung
•
ASS acetyliert COX und hemmt das Enzym dadurch irreversibel.
•
Ibuprofen hemmt reversibel, kompetitiv.
•
Paracetamol hemmt reversibel, nichtkompetitiv, indem es vermutlich Radikale abfängt, die für die Aktivierung von COX benötigt werden.
•
Metamizol wirkt vermutlich auch über COX, allerdings ist der Mechanismus unbekannt.
•
Coxibe hemmen selektiv COX-2.
1.
analgetische Wirkung: Alle Nicht-Opioidanalgetika sind (logischerweise) analgetisch wirksam. Die analgetische Wirkung der COX-Hemmer kann sowohl peripher als auch zentral im Hinterhorn des Rückenmarks und übergeordneten Strukturen der Schmerzleitung erzielt werden.
2.
antipyretische Wirkung: wird im Hypothalamus vermittelt, wo durch Pyrogene (= fieberauslösende Substanzen) die Expression der Cyclooxygenase und damit die Synthese von Prostaglandin E2 induziert wird, was zur Erhöhung des Sollwerts der Körperkerntemperatur führt. Da alle COX-Hemmer auch zentral wirken, sind alle COX-Hemmer antipyretisch wirksam, nicht aber die oben erwähnten Nicht-Opioidanalgetika, die ihre analgetische Wirkung unabhängig von COX erreichen.
3.
antiphlogistische Wirkung: wird durch Hemmung der Cyclooxygenase lokal im entzündeten Gewebe erreicht, also von Substanzen, die sich dort anreichern können. Das trifft nur auf die sauren Nicht-Opioidanalgetika und die Coxibe zu.
16.3.3
Wirkstoffe
16.3.3.1
Paracetamol
Wirkmechanismus
Merke
Paracetamol ist analgetisch und antipyretisch wirksam, aber nicht antiphlogistisch.
Indikationen
Anwendung
Merke
Im Gegensatz zu den sauren Analgetika kann Paracetamol auch bei einem Magenulkus, bei Blutungen oder Asthma bronchiale eingesetzt werden. Paracetamol kann in der Schwangerschaft und Stillzeit verwendet werden. Es ist auch bei Säuglingen und Kindern anwendbar, dann meist in Form von Zäpfchen und in alters- und gewichtsabhängiger Dosierung.
Pharmakokinetik
•
60 % Konjugation mit Glukuronsäure
•
35 % Konjugation mit Schwefelsäure
•
5 % Oxidation über Cytochrom P450: Es entsteht ein toxischer Metabolit („Giftung“). Die Entgiftung erfolgt durch Konjugation mit Glutathion.
Merke
Bei einer Paracetamolintoxikation kommt es zur Erschöpfung von Glutathion, das für die Entgiftung zuständig ist. Der giftige Metabolit bewirkt dann akute Leberzellnekrosen. Leberzellnekrosen treten ab ca. 6 g Paracetamol (als Einzeldosis) bei Erwachsenen auf.
Unerwünschte Wirkungen
Merke
Allerdings besitzt Paracetamol eine geringe therapeutische Breite, sodass bei Überdosierung Leberzellnekrosen auftreten können.
Die maximale therapeutische Einzeldosis liegt bei 1 g (maximale Tagesdosis bei 4 g) – die toxische Einzeldosis beginnt ab 6 g.
•
Bei chronischem Abusus und insbesondere bei Kombination mehrerer Analgetika können sog. Analgetikakopfschmerzen auftreten, Analgetikakopfschmerzenwodurch sich für die Patienten ein Circulus vitiosus ergibt (Kap. 39.6). Als weitere Nebenwirkung bei chronischem Analgetikaabusus kann es zu Nierenschädigungen (interstitielle Nephritis, Papillennekrosen, Niereninsuffizienz) kommen, wobei diese Komplikation früher häufiger beobachtet wurde durch den Missbrauch von Phenacetin (Phenacetin-Niere); das Analgetikum Phenacetin-NierePhenacetin wird zu 75 % in Paracetamol metabolisiert. Aufgrund der Nebenwirkung wurde Phenacetin vom Markt genommen.
•
Hämolyse bei Glukose-6-Phosphatdehydrogenasemangel: DieGlukose-6-Phosphatdehydrogenasemangel Glukose-6-Phosphatdehydrogenase ist notwendig, um in den Erythrozyten reduziertes Glutathion bereitzustellen. Bei Enzymmangel fehlt Glutathion. Die Paracetamolmetaboliten können nicht mehr entgiftet werden → Erythrozyten lysieren. Zur Hämolyse kann es auch bei Neugeborenen kommen, denn bei ihnen ist die Enzymaktivität noch vermindert.
Kontraindikationen
Paracetamolintoxikation
-
•
Allgemeinmaßnahmen: Bei einer „frischen“ Intoxikation wird zur Elimination Erbrechen induziert und der Magen gespült. Bei Nierenversagen erfolgt eine Hämodialyse.
-
•
Als Antidot steht N-Acetylcystein zur Verfügung. Es muss aber frühzeitig eingesetzt werden. Die größte Effektivität besteht bei Gabe innerhalb der ersten 8–10 Stunden, danach nimmt die Wirkung des Antidots deutlich ab.
Merke
N-Acetylcystein stellt N-AcetylcysteinSulfhydrylgruppen (SH-Gruppen) zur Verfügung, wodurch Glutathion reduziert wird und wieder der Entgiftung zur Verfügung steht. Weitere SH-Donatoren sind MethioninMethionin und CysteaminCysteamin.
Lerntipp
Zu Paracetamol wurden vom IMPP bislang nicht so viele Fragen gestellt und wenn, dann:
•
zur Anwendbarkeit bei Kindern und in der Schwangerschaft
•
zur Intoxikation und insbesondere zum Antidot N-Acetylcystein
•
zum Wirkungsspektrum (analgetisch, antipyretisch, nicht antiphlogistisch)
16.3.3.2
Metamizol
Wirkmechanismus
Merke
Metamizol ist stark analgetisch und antipyretisch wirksam, aber nicht antiphlogistisch. Allerdings besteht die Gefahr schwerer Nebenwirkungen, sodass eine strenge Indikationsstellung besteht.
Indikationen
•
akuten starken Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen
•
spastischen Schmerzen, Koliken
•
hohem Fieber
•
Tumorschmerzen.
Unerwünschte Wirkungen
16.3.3.3
Saure Nicht-Opioidanalgetika (NSAID)
Wrikstoffe
ASSASS · DiclofenacDiclofenac · IndometacinIndometacin · IbuprofenIbuprofen · NaproxenNaproxen · PiroxicamPiroxicam · PhenylbutazonPhenylbutazon
Lerntipp
Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer NSAID. Diese alle aufzulisten und vor allem zu lernen geht jedoch über das Ziel dieses Buches hinaus. Leider haben die übrigen Vertreter auch nicht alle die gleiche Endung, aber einige enden auf -fenac, -metacin, -profen und -oxicam. Und diese Endungen kennen Sie bereits (siehe Wirkstoffkasten), sodass Sie die Wirkstoffe zumindest den NSAID zuordnen können.
Wirkmechanismus
Merke
Die sauren Nicht-Opioidanalgetika sind analgetisch, antipyretisch und antiphlogistisch wirksam und werden wegen der antiphlogistischen Komponente auch als NSAID bezeichnet (nichtsteroidale nicht-steroidale AntiphlogistikaAntiphlogistika; non-steroidal antiinflammatory drug). Ein weiteres Synonym ist NSARNSAR (nichtsteroidale Antirheumatika), da die Substanzen früher zur langfristigen Behandlung der rheumatoiden Arthritis verwendet wurden.
•
COX-COX-11: kommt konstitutiv vor und hat physiologische Bedeutung. Viele Nebenwirkungen der NSAID sind durch die Hemmung von COX-1 bedingt.
•
COX-COX-22: wird im Entzündungsgewebe induziert u. a. durch Interleukin 1 und besitzt pathophysiologische Funktion. Die analgetischen, antiphlogistischen und antipyretischen Wirkungen der NSAID sind durch die Hemmung von COX-2 bedingt.
Indikationen
•
persistierender Ductus Botalli (NSAID induzieren den Schluss des Ductus)
•
Dysmenorrhö
•
Bartter-Syndrom (= hypokaliämische Bartter-SyndromAlkalose und Hypotonie durch renale Tubulusfunktionsstörungen).
Pharmakokinetik
Unerwünschte Wirkungen
-
•
Überempfindlichkeitsreaktion: Es können sowohl echte allergische Reaktionen auftreten als auch pseudoallergische, die einen Asthmaanfall auslösen können. Letztere sind auch durch die COX-Hemmung bedingt, denn wenn COX gehemmt ist, überwiegen die bronchokonstriktorisch wirksamen Leukotriene (Abb. 10.1).
-
•
Schädigung der Magen-Darmschleimhaut: Wegfall der zytoprotektiven Wirkung der Prostaglandine, die die Durchblutung und Schleimproduktion steigern und die Magensäureproduktion hemmen (Abb. 15.1). Gastrointestinale Schädigungen entstehen unter ASS bei über 40 % der behandelten Patienten, unter Diclofenac bei ca. 20 %.
-
•
Verlängerung der Blutungszeit: Hemmung der Thrombozytenaggregation durch Reduktion der Thromboxansynthese (Abb. 10.1). Dieser Effekt wird bei ASS zur Therapie genutzt (Kap. 6.3.1).
-
•
Nierenschädigung: Da Prostaglandine die Nierendurchblutung fördern, kann es bei einem Mangel an Prostaglandinen zur Minderdurchblutung mit dem Auftreten eines akuten Nierenversagens kommen. Weitere Nierenschädigungen sind interstitielle Nephritis, Schrumpfniere.
-
•
Natrium- und Wasserretention: Durch den Wegfall der natriuretischen Wirkung der Prostaglandine wird vermehrt Natrium resorbiert. Durch den Wegfall der prostaglandininduzierten Hemmung der ADH-Wirkung steigt die ADH-Wirkung an mit der Folge von Wasserretention.
-
•
Blutdruckanstieg
-
•
Verlängerung der Schwangerschaft durch Unterdrückung der Wehen (Prostaglandine fördern die Wehentätigkeit)
-
•
Fetus: vorzeitiger Schluss des Ductus Botalli (Prostaglandine halten den Ductus offen)
-
•
Interaktion mit anderen Pharmaka wegen der hohen Plasmaeiweißbindung
-
•
ZNS-Störungen: ASS verursacht Tinnitus und Hörverlust, Indometacin Kopfschmerzen und psychotisches Syndrom
-
•
Knochenmark: Agranulozytose bei Phenylbutazon.
Kontraindikationen
Wechselwirkungen
Cave
Wegen der komplexen Wirkungen der NSAID können vielfältige Wechselwirkungen auftreten:
•
Die Kombination mit Glukokortikoiden erhöht das Risiko für gastrointestinale Komplikationen.
•
Die Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern erhöht das Risiko gastrointestinaler Blutungen.
•
Die Wirkung von Blutgerinnungshemmern (Cumarine, Heparine) wird verstärkt.
•
Wegen der antidiuretischen Wirkung der NSAID wird die Wirkung von Diuretika abgeschwächt.
•
Die blutdrucksenkende Wirkung von Antihypertensiva (insbes. ACE-Hemmern) wird abgeschwächt.
•
Die blutzuckersenkende Wirkung von oralen Antidiabetika wird abgeschwächt.
•
Die Ausscheidung von Lithiumionen (Kap. 19.5) wird vermindert.
NSAID im Vergleich
Lerntipp
Damit Sie mit den verschiedenen Wirkstoffen auch irgendetwas verbinden, werden nachfolgend wichtige Aspekte der einzelnen NSAID aufgelistet.
-
•
Indometacin ist ein sehr starker COX-Hemmer, mit etwas stärkerer COX-1-Hemmung. Gastrointestinale Nebenwirkungen treten deshalb häufiger auf als bei anderen NSAID. Außerdem verursacht Indometacin häufiger zentrale Nebenwirkungen (Kopfschmerzen, psychotisches Syndrom).
-
•
Diclofenac ist ebenfalls ein sehr starker COX-Hemmer mit stärkerer analgetischer Wirkung als ASS oder Ibuprofen. Diclofenac verursacht zwar weniger gastrointestinale Nebenwirkungen, allerdings wurde im Juni 2013 von der EMA (europäische Zulassungsbehörde für Arzneimittel) eine Warnung herausgegeben, da die Rate an kardiovaskulären Ereignissen genauso hoch ist wie unter dem Coxib Rofecoxib (Kap. 16.3.3.5). Es wird nochmals betont, dass auch die NSAID möglichst in niedriger Dosierung für kurzmöglichste Dauer angewandt werden. Häufiger als bei anderen NSAID kommt es beim Diclofenac zur Erhöhung der Transaminasen.
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Ibuprofen ist stärker analgetisch, antipyretisch und antiphlogistisch als ASS. Unter den NSAID besitzt es das niedrigste Risiko für gastrointestinale Komplikationen. Das Lysinsalz von Ibuprofen weist einen besonders schnellen Wirkungseintritt auf, maximale Plasmaspiegel werden nach 10–20 min erreicht. Ibuprofen wird auch gern bei Kindern zur Fiebersenkung angewandt.
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Naproxen ist das NSAID mit dem niedrigsten kardiovaskulären Risiko. Es wird allerdings im Vergleich zu Diclofenac und Ibuprofen relativ selten bei uns eingesetzt.
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Piroxicam ist auch eher ein „Außenseiter“, denn es treten häufiger allergische Hautreaktionen und gastrointestinale Nebenwirkungen auf. Es hat eine sehr lange Halbwertszeit.
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Meloxicam hemmt COX-2 etwas stärker als COX-1, allerdings geht dieser Effekt bei den höheren Dosierungen, die zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen eingesetzt werden, wieder verloren.
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Phenylbutazon hat eine sehr lange Wirkdauer und ist sehr stark antiphlogistisch wirksam. Allerdings treten häufiger schwere Nebenwirkungen auf (z. B. allergisch bedingte Agranulozytose), weshalb es nur noch beim akuten Gichtanfall und Morbus Bechterew angewandt wird, wenn andere Möglichkeiten versagen.
16.3.3.4
ASS (Acetylsalicylsäure)
Wirkmechanismus
Merke
ASS wirkt also wie die anderen NSAID analgetisch, antipyretisch, antiphlogistisch – zusätzlich hemmt es die Thrombozytenaggregation.
Indikationen
Cave
Wie in Tab. 16.5 erkennbar ist, werden für die antiphlogistischen Wirkungen relativ hohe Dosierungen benötigt – verbunden mit vielen Nebenwirkungen. Das ist der Grund, warum ASS bevorzugt bei akuten entzündlichen Erkrankungen (z. B. rheumatisches Fieber) angewandt wird, während bei chronischen Entzündungen besser verträgliche Substanzen verwendet werden.
Anwendung
Pharmakokinetik
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niedrige Dosierung: Kinetik 1. Ordnung: Kinetik:0. OrdnungHalbwertszeit: 2–3 h
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hohe Dosierung (ab ca. 6 g/d): Kinetik 0. Ordnung: Kinetik:1. OrdnungHalbwertszeit: 15–60 h
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zu 75 % durch Konjugation mit Glycin zur Salicylursäure
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zu 15 % durch Oxidation zur Gentisinsäure
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und 5–10 % werden unverändert renal ausgeschieden. Die renale Ausscheidung kann durch Alkalisieren des Urins erhöht werden. Im alkalischen Harn ist ASS vermehrt protoniert und wird daher weniger tubulär rückresorbiert (Abb. 1.2).
Unerwünschte Wirkungen
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Übelkeit, Erbrechen
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Tinnitus, Schwerhörigkeit für hohe Frequenzen
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Entkopplung der oxidativen Phosphorylierung: durch Stimulation der Atmung kommt es zur respiratorischen Alkalose. Kompensatorisch wird vermehrt HCO3– ausgeschieden. Der Säure-Basen-Haushalt wird dadurch sehr anfällig und kann schnell in eine Azidose umkippen.
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Reye-Syndrom: akute Reye-SyndromEnzephalopathie und fettige Degeneration der Leber bei Anwendung von ASS bei Kindern mit Virusinfekten
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Harnsäureretention: Konkurrenz von ASS mit Harnsäure um den renalen Säuresekretionsmechanismus
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erhöhte Blutungsneigung.
Kontraindikationen
ASS-Intoxikation
16.3.3.5
Selektive COX-2-Hemmer (Coxibe)
Wrikstoffe
CelecoxibCelecoxib · EtoricoxibEtoricoxib · ParecoxibParecoxib
Wirkmechanismus
Indikationen
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Schmerzen bei aktivierter Arthrose, rheumatoider Arthritis, Gichtarthritis
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primärer Dysmenorrhö
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postoperativen Schmerzen (Parecoxib i. v., i. m.)
Pharmakokinetik
Unerwünschte Wirkungen
Lerntipp
Da die Hemmung der Thrombozytenfunktion über COX-1 in den Thrombozyten erfolgt, verlängern Coxibe – im Gegensatz zu den NSAID – nicht die Blutungszeit.
Kontraindikationen
Wechselwirkungen
16.3.4
Weitere Nicht-Opioidanalgetika
Wrikstoffe
Flupirtin · Ziconotid · Cannabinoide
16.3.4.1
Flupirtin
Wirkmechanismus
Merke
Flupirtin ist zentral analgetisch und muskelrelaxierend. Es bindet aber nicht an Opioidrezeptoren und hemmt die Prostaglandinsynthese erst in hoher Dosierung – es ist also nicht antiphlogistisch oder antipyretisch wirksam. Im Gegensatz zu Opioidanalgetika besteht kein Abhängigkeitspotenzial und im Gegensatz zu den NSAID treten keine gastrointestinalen Ulzerationen auf.
Indikationen
Kontraindikationen
16.3.4.2
Ziconotid
Wirkmechanismus
Merke
Ziconotid wirkt zentral analgetisch, nicht antiphlogistisch und nicht antipyretisch.
Indikation
Pharmakokinetik
16.3.4.3
Cannabinoide
Wirkmechanismus
Indikation
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Einsatzgebiet von THC/CBD ist die Multiple Sklerose zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Spastik und neuropathischen Schmerzen, wenn andere antispastische Medikamente nicht ausreichend wirken. THC und CBD werden dafür in einem 1:1-Gemisch als Mundspray eingesetzt (es besteht eine sehr gute Resorption). Die Wirkstoffe unterliegen der Betäubungsmittel-Verordnung.
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Teilsynthetisch produziertes THC trägt auch den Namen Dronabinol. Es ist in DronabinolDeutschland als Fertigarzneimittel nicht zugelassen, darf aber als Rezeptur auf einem Betäubungsmittelrezept verordnet oder importiert werden. Dronabinol wird bei verschiedenen Erkrankungen eingesetzt: als Antiemetikum während einer Chemotherapie, als Appetitstimulans bei kachektischen AIDS-Patienten, zur Schmerztherapie (additiv zu anderen Analgetika) und bei chronischem Juckreiz.
Cave
Ein kompetitiver Antagonist am CB1-Rezeptor – Rimonabant – wurde 2008 wieder vom Markt genommen. Er wurde ursprünglich zur Gewichtsreduktion bei Adipositas mit begleitenden Risikofaktoren (Dyslipidämie, Diabetes mellitus Typ II) eingeführt. Allerdings traten vermehrt psychiatrische Nebenwirkungen inkl. Depressionen mit Suizidgedanken auf, was der Grund für die Marktrücknahme war.
Unerwünschte Wirkungen
16.4
Zu guter Letzt
Klinischer Fall
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1.
Sie behandeln einen Patienten seit 2 Wochen mit Diclofenac. Jetzt kommt er zu Ihnen wegen einer plötzlichen Gewichtszunahme von 3 kg. Was könnte die Ursache dafür sein?
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2.
Einer Ihrer Kollegen möchte an der analgetischen Therapie eines Patienten etwas verbessern, da der Patient weiterhin über Schmerzen klagt, obwohl die Morphindosis bereits maximal ist. Er verordnet zusätzlich ein Buprenorphinpflaster. Was meinen Sie dazu?
Antworten:
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1.
Eine Retention von Natrium und Wasser als Nebenwirkung von Diclofenac bzw. eine Verschlechterung der Nierenfunktion.
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2.
Die Kombination von Opioidanalgetika sollte nicht erfolgen, zumal Buprenorphin als partieller Agonist die Wirkung von Morphin abschwächt. Insofern sollte Morphin abgesetzt werden und Buprenorphin als 30-mal stärkeres Opioidanalgetikum oder sogar ein Fentanylpflaster als 100-mal stärkeres Opioidanalgetikum im Vergleich zu Morphin verwendet werden.
Lerntipp
Wenn Sie jetzt den klinischen Einsatz der Analgetika und Antiphlogistika lernen möchten, lesen Sie bitte weiter in:
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Kap. 39: Praktische Schmerztherapie
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Kap. 40.2.2.3: Medikamentöse symptomatische Therapie der rheumatoiden Arthritis