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Renin-Angiotensin-Aldosteron-System: Synthese und Wirkungen. Anmerkung: Es ist zu beachten, dass die aufgelisteten Effekte durch Angiotensin II hervorgerufen werden; ein Inhibitor hebt somit die genannten Wirkungen auf.

Wirkmechanismus der ACE-Hemmer. Es sind die Haupteffekte für Angiotensin II und Bradykinin aufgeführt sowie der Angriffspunkt der ACE-Hemmer. Die ACE-Hemmer reduzieren die Wirkungen von Angiotensin II und verstärken die von Bradykinin. Für weitere Details zum Angiotensin II wird auf Abb. 3.1 verwiesen.

Wirkmechanismus der Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten

Pharmakokinetik verschiedener ACE-Hemmer
Wirkstoff | Prodrug | Wirkdauer | Elimination |
Captopril | kein Prodrug, direkt wirksam | schnell & kurz | renal |
Enalapril | Prodrug | verzögert & lang | renal |
Fosinopril | Prodrug | verzögert & lang | renal & biliär |
Lisinopril | kein Prodrug, direkt wirksam | verzögert & lang | renal |
Ramipril | Prodrug | verzögert & besonders lang | renal |
Hemmstoffe im RAAS
Wirkstoffklasse | ACE-Hemmer | Angiotensin-II-Rezeptorantagonist | Renin-Inhibitor | |
Wirkstoff | Captopril, Enalapril, Fosinopril, Lisinoprol, Ramipril und andere „-prile“ | Candesartan, Losartan, Valsartan und andere „Sartane“ | Aliskiren | |
Wirkmechanismus | Hemmung des Angiotensin-Converting-Enzyms (ACE), sodass weniger Angiotensin II aus Angiotensin I gebildet wird | Antagonismus am AT1-Rezeptor, über den Angiotensin II seine meisten Wirkungen vermittelt | direkte Hemmung der Serinprotease Renin, sodass weniger Angiotensin I aus Angiotensinogen gebildet wird. Folge: Angiotensin II ↓ | |
Wirkungen |
|
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Plasmareninaktivität ↑ (kompensatorisch) | Plasmareninaktivität ↓ | |||
Indikationen | arterielle Hypertonie | |||
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Pharmakokinetik |
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Unerwünschte Wirkungen |
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Diarrhö | |||
Kontraindikationen |
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Wechselwirkungen |
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Pharmakologische Beeinflussung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems
-
3.1
Wegweiser45
-
3.2
Bildung und Funktion der RAAS-Komponenten46
-
3.2.1
Renin46
-
3.3
ACE-Hemmer47
-
3.4
Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (AT1-Rezeptorantagonisten, „Sartane“)50
-
3.5
Renin-Inhibitor51
-
3.6
Zusammenfassung: Hemmstoffe im RAAS52
-
3.7
Zu guter Letzt53
IMPP-Hits
Renin-Angiotensin-Aldosteron-SystemVom IMPP wurden bislang fast ausschließlich Fragen zu den ACE-Hemmern gestellt. Wenn man die absolute Anzahl an Fragen zu ACE-Hemmern im Vergleich zu den Wirkstoffen aus Kap. 2 sieht, dann sind jedoch ACE-Hemmer nur „halb“ so interessant für das IMPP wie β-Blocker.
Bevorzugte IMPP-Schwerpunkte bei den ACE-Hemmern sind: ⅓ der Fragen zur Nicht-Anwendbarkeit der ACE-Hemmer in der Schwangerschaft und ebenfalls ⅓ zu den Nebenwirkungen; der Rest verteilt sich auf Indikationen und Kontraindikationen.
3.1
Wegweiser
•
Hemmung von Renin (Renin-Inhibitor)
•
Hemmung der Bildung von Angiotensin II (ACE-Hemmer)
•
Hemmung der Bindung von Angiotensin II an den Rezeptor AT1 (Angiontensin-II-Rezeptor-Antagonisten)
•
Die Wirkung von Aldosteron kann durch Aldosteronrezeptorantagonisten gehemmt werden. Diese Substanzen werden auch zu den Diuretika gezählt und deshalb in Kap. 7.6.1 näher erläutert.
•
Die Wirkung des RAAS auf die ADH-Freisetzung kann durch ADH-Agonisten bzw. -Antagonisten beeinflusst werden. Diese Substanzen werden in Kap. 8.3.4 besprochen.
3.2
Bildung und Funktion der RAAS-Komponenten
3.2.1
Renin
•
den Sympathikus (β1-Rezeptoren auf den juxtaglomerulären Zellen): Reninfreisetzung ↑ (Kap. 2.2, Tab. 2.1)
•
den Perfusionsdruck im Vas afferens des Glomerulums (niedriger Druck → Renin ↑)
•
die NaCl-Konzentration im distalen Tubulus (niedriges NaCl → Renin ↑)
Merke
Renin selbst hat keine Wirkung auf die Gefäße.
3.2.2
Angiotensin II
•
Vasokonstriktion → peripherer Widerstand ↑, Blutdruck ↑
•
Abnahme der Nierendurchblutung
•
Steigerung der Resorption von Na+ und Sekretion von H+ im proximalem Tubulus
•
Hemmung der Reninfreisetzung
•
Erhöhung der Aldosteronfreisetzung aus der Nebennierenrinde. Aldosteron fördert die Na+-/H2O-Resorption und führt zur Myokardfibrose.
•
Erhöhung der Adrenalinfreisetzung aus dem Nebennierenmark und der Noradrenalinfreisetzung aus den sympathischen Nervenendigungen
•
Hypertrophie der Herzmuskulatur
•
Erhöhung der Freisetzung von Vasopressin (= ADH) aus dem Hypophysenhinterlappen
•
Durst
3.2.3
Rezeptoren für Angiotensin II
•
AT1-Rezeptoren: Wachstumsstimulation, Vasokonstriktion
•
AT2-Rezeptoren: Wachstumshemmung, Vasodilatation
Merke
Zusammenfassend führt Angiotensin II zur Vasokonstriktion und Blutdrucksteigerung, Flüssigkeitsretention und Myokardhypertrophie/-hyperplasie. Diese Wirkungen werden hauptsächlich über AT1-Rezeptoren ausgelöst.
3.2.4
Folgen der Inhibition der RAAS-Komponenten
•
Aufhebung der Angiotensin-II-vermittelten Vasokonstriktion → peripherer Widerstand ↓, Blutdruck ↓
•
Nierendurchblutung ↑ durch Dilatation der efferenten Arteriolen
•
Aldosteron ↓ → leichte Diurese, Abnahme der Na+- und H2O-Retention, Hemmung der aldosteroninduzierten Myokardfibrose
•
Hemmung des Angiotensin-II-induzierten Remodelings am Myokard → Vermeidung einer Myokardhypertrophie und Ventrikeldilatation, Verbesserung der Pumpfunktion
•
Hemmung der ADH-Freisetzung → Diurese
•
Hemmung der Angiotensin-II-induzierten Katecholaminfreisetzung → Senkung des Sympathikotonus
Merke
Bei ACE-Hemmern und Angiotensin-II-Antagonisten kommt es kompensatorisch zu einer Erhöhung der PlasmareninaktivitätPlasmareninaktivität. Beim Renininhibitor ist die Plasmareninaktivität erniedrigt.
3.3
ACE-Hemmer
Wirkstoffe
Die Liste der verfügbaren ACE-Hemmer ist lang. Es sind deshalb hier nur einige aufgeführt: CaptoprilCaptopril · EnalaprilEnalapril · LisinoprilLisinopril · FosinoprilFosinopril · RamiprilRamipril
Lerntipp
ACE-Hemmer enden auf -pril.
Wirkmechanismus
•
Vasodilatation → peripherer Widerstand ↓, Blutdruck ↓
•
Steigerung der Nierendurchblutung durch Dilatation der efferenten Arteriolen
•
Abnahme der Aldosteronkonzentration und somit zur Diurese, Abnahme der Na+- und
H2O-Retention und Hemmung der aldosteroninduzierten Myokardfibrose
•
Hemmung des Remodelings am Myokard
•
Hemmung der ADH-Freisetzung (Förderung der Diurese)
•
Abnahme der Katecholaminfreisetzung
Kardio-/Nephroprotektion
Merke
ACE-Hemmer haben eine protektive Wirkung am Herzen. In vielen großen Studien konnte eine Senkung der Mortalität bei Herzinsuffizienz, Hypertonie und KHK durch ACE-Hemmer überzeugend nachgewiesen werden.
•
Abnahme der Katecholaminfreisetzung und Sympathikusaktivität.
•
Diurese und Na+-Ausscheidung: dadurch reduzieren sich das Blutvolumen und die Vorlast am Herzen. Die Abnahme des peripheren Widerstands senkt die Nachlast.
•
Hemmung von Aldosteron und Angiotensin II: Dadurch wird das sog. Remodeling, also Hypertrophie und Fibrosierung am Herzen, vermindert.
Indikationen
Lerntipp
Die Indikationen werden gern vom IMPP abgefragt, meist in Fälle eingebaut, wie z. B.: Patient mit Hypertonus – welches der genannten Medikamente eignet sich zur Therapie der ersten Wahl?
•
arterielle Hypertonie (geeignet zur Mono- und Kombinationstherapie; Mittel der ersten Wahl)
•
KHK: frühzeitig bei akutem Myokardinfarkt
•
Herzinsuffizienz
Pharmakokinetik
Unerwünschte Wirkungen/Kontraindikationen
Unerwünschte Wirkungen | Kontraindikationen |
|
|
Lerntipp
Die wichtigsten Nebenwirkungen der ACE-Hemmer sind ein absoluter IMPP-Hit:
-
•
Die Hypotonie ergibt sich aus der blutdrucksenkenden Wirkung der ACE-Hemmer. Sie tritt aber insbesondere bei Patienten mit sekundär aktiviertem RAAS auf, die z. B. gleichzeitig an einer Herzinsuffizienz leiden oder unter einer Diuretikatherapie stehen. Deshalb muss die Dosierung langsam einschleichend begonnen werden.
-
•
Es klingt paradox: ACE-Hemmer sind nephroprotektiv, dennoch können sie die Nierenfunktion verschlechtern. Insbesondere initial kann es zu einem leichten, meist passageren und klinisch nicht relevanten Anstieg des Kreatininwerts kommen. Deshalb muss der Kreatininwert unter einer Therapie kontrolliert werden. Langfristig sollte aber der nephroprotektive Effekt im Vordergrund stehen. Bei schwer eingeschränkter Nierenfunktion ist allerdings die Anwendung der ACE-Hemmer kontraindiziert.
-
•
Die Hyperkaliämie ist zumeist nur dann ein Problem, wenn die Patienten gleichzeitig mit anderen kaliumretinierenden Medikamenten behandelt werden oder eine Niereninsuffizienz besteht. Deshalb muss auch der Kaliumwert kontrolliert werden.
-
•
Das Auftreten von Reizhusten wird von bis zu 10 % der Patienten beschrieben und ist wahrscheinlich Folge der verstärkten Bradykininbildung. In diesen Fällen wird der ACE-Hemmer durch einen Angiotensin-II-Antagonisten ersetzt.
-
•
Ein angioneurotisches Ödem ist zum Glück selten (< 0,1 %) und ebenfalls eine Folge der Wirkung auf das Kininsystem. Es kommt zu Schwellungen im Bereich von Gesicht, Lippen und Zunge. Bei Beteiligung des Kehlkopfs kann es tödlich verlaufen. Prinzipiell kann ein angioneurotisches Ödem zu jedem Zeitpunkt der Therapie auftreten, meist tritt es aber in den ersten Therapiewochen auf.
-
•
ACE-Hemmer sind fetotoxisch: sie führen zu einer verminderten Nierenfunktion des Fetus, Oligohydramnion, Anurie, verzögerter Schädelossifikation. Sie dürfen deshalb nicht in der Schwangerschaft verwendet werden. Gleiches gilt wegen ihres neonatal-toxischen Effekts für die Stillzeit (Nierenversagen, Hypotonie, Hyperkaliämie). Das trifft übrigens auch für Angiotensin-II-Hemmstoffe und den Renin-Inhibitor zu.
Merke
Hemmstoffe des RAAS dürfen nicht in der Schwangerschaft und Stillzeit verwendet werden.
Wechselwirkungen
3.4
Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (AT1-Rezeptorantagonisten, „Sartane“)
Wirkstoffe
Die Liste der verfügbaren Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten ist zwar etwas kürzer als die der ACE-Hemmer. Es seien aber zur Vereinfachung nur drei Vertreter genannt: CandesartanCandesartan · LosartanLosartan · Valsartan.Valsartan
Lerntipp
Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten enden auf -sartan. Sie werden deshalb im Klinikjargon auch gern als „Sartane“ bezeichnet.
Wirkmechanismus
Lerntipp
Diese Begrifflichkeiten sind schon etwas verwirrend: mit AT1 ist der Rezeptor gemeint und nicht Angiotensin I, das die Vorstufe zum Angiotensin II ist, aber quasi keine biologische Aktivität besitzt. Es bleibt zu merken: Sartane hemmen am AT1-Rezeptor die Wirkung von Angiotensin II.
Cave
Rein theoretisch bietet die Kombination von ACE-Hemmern und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten die Möglichkeit, das RAAS vollständig auszuschalten, allerdings auf Kosten vermehrter unerwünschter Wirkungen – insbesondere Nierenfunktionsstörungen und Hyperkaliämien. Die Kombination wird deshalb nicht mehr empfohlen.
Indikationen
•
arterielle Hypertonie (gleichwertig gute antihypertensive Wirkung wie ACE-Hemmer)
•
KHK, Herzinsuffizienz, diabetische und nichtdiabetische Nephropathie mit Proteinurie/Albuminurie (bei Kontraindikation oder Unverträglichkeit von ACE-Hemmern)
Lerntipp
Zu den Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten kann man sich der Einfachheit merken, dass sie dieselben Indikationen wie die ACE-Hemmer besitzen, jedoch bevorzugt dann angewandt werden, wenn ACE-Hemmer nicht verträglich sind. Denn die typische ACE-Hemmer-Nebenwirkung „Reizhusten“ ist unter den Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten deutlich seltener.
Pharmakokinetik
Unerwünschte Wirkungen/Kontraindikationen
3.5
Renin-Inhibitor
Wirkstoffe
AliskirenAliskiren
Wirkmechanismus/Indikation
Aliskiren ist ein direkter Hemmstoff der Protease Renin (Abb. 3.1).
•
Hemmung der Vasokonstriktion und Blutdruckabnahme
•
Steigerung der Nierendurchblutung
•
Diurese und Hemmung des Remodelings am Myokard.
Cave
Aliskiren ist ein neues Antihypertensivum, das aufgrund seiner langen Wirkdauer gewisse Vorteile bei der Blutdruckeinstellung aufweist (anhaltende Wirkung bis in die frühen Morgenstunden). Ob es auch die umfangreichen positiven Effekte der ACE-Hemmer besitzt (Nephroprotektion, prognostische Effekte bei der KHK und Herzinsuffizienz) bleibt abzuwarten.
Pharmakokinetik/Unerwünschte Wirkungen
3.6
Zusammenfassung: Hemmstoffe im RAAS
3.7
Zu guter Letzt
Klinischer Fall
Einer Ihrer Patienten hat seit Längerem erhöhte Blutdruckwerte und Sie entschließen sich, eine Monotherapie mit einem ACE-Hemmer einzuleiten und erklären dem Patienten, dass es sich dabei um sehr gut verträgliche Präparate handelt.
1.
Dennoch möchte der Patient wissen, ob und was für Nebenwirkungen auftreten können?
Tatsächlich kommt der Patient nach 4 Wochen wieder in die Praxis, nachdem er bereits die Dosis verdoppelt hatte, und klagt über trockenen Husten.
2.
Was machen Sie?
Antworten:
-
1.
Sehr selten können folgende Nebenwirkungen auftreten: Hypotonie, Verschlechterung der Nierenfunktion, Hyperkaliämie, Reizhusten, angioneurotisches Ödem
-
2.
Man stellt auf ein anderes Antihypertensivum um, z. B. einen Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten.
Lerntipp
Wenn Sie jetzt den klinischen Einsatz der in diesem Kapitel vorgestellten Wirkstoffe lernen möchten, lesen Sie bitte weiter in:
•
Kap. 26.2: arterielle Hypertonie
•
Kap. 27.2: chronische Herzinsuffizienz
•
Kap. 28.2.2.5, Kap. 28.3.1: KHK