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10.1016/B978-3-437-43285-9.00043-0
978-3-437-43285-9
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Auswahl einiger Wirkstoffe, die zur Behandlung psychiatrischer Erkrankungen, angewandt werden und die in diesem Kapitel vorkommen
Wirkstoffklasse | Vertreter | Kapitel | |
Antidepressiva | trizyklische Antidepressiva | z. B. Amitriptylin, Doxepin, Clomipramin | Kap. 20.2.2 |
selektive Serotonin-Re-uptake-Inhibitoren (SSRI) | z. B. Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin | Kap. 20.2.3 | |
selektive Serotonin-/Noradrenalin-Re-uptake-Hemmer | Venlafaxin, Duloxetin | Kap. 20.2.5 | |
selektiver Noradrenalin-Re-uptake-Hemmer | Reboxetin | Kap. 20.2.5 | |
Monoaminoxidase(MAO)-Hemmer | Moclobemid, Tranylcypromin | Kap. 20.2.4 | |
α2-Antagonisten | Mianserin, Mirtazapin | Kap. 20.2.5 | |
sonstige: Lithiumsalze, Johanniskraut | Kap. 19.5, Kap. 20.2.5 | ||
Neuroleptika | klassische | z. B. Promethazin, Melperon, Pipamperon, Fluphenazin, Haloperidol, Pimozid | Kap. 19.3 |
atypische | Clozapin, Risperidon, Ziprasidon, Olanzapin, Quetiapin, Amisulprid, Sulpirid | Kap. 19.4 | |
Stimmungsstabilisatoren | Antikonvulsiva | Carbamazepin, Valproat, Lamotrigin | Kap. 21.3.5 |
Lithiumsalze | Kap. 19.5 | ||
atypische Neuroleptika | s. o. | ||
Antidementiva | zentral wirksame Acetylcholinesterasehemmer | Galantamin, Donepezil, Rivastigmin | Kap. 20.3.1 |
NMDA-Rezeptorantagonisten | Memantin | Kap. 20.3.2 | |
Schlafmittel | Benzodiazepine | z. B. Triazolam, Temazepam | Kap. 18.3.1 |
Benzodiazepinanaloga | Zolpidem, Zopiclon, Zaleplon | Kap. 18.3.2 | |
Antihistaminika | Doxylamin, Diphenhydramin, Promethazin | Kap. 18.3.3 | |
Antidepressiva | Doxepin | Kap. 18.3.4 | |
Neuroleptika | z. B. Haloperidol, Melperon | Kap. 18.3.5 | |
pflanzliche Hypnotika | z. B. Melisse, Baldrian, Hopfen, Kava-Kava | Kap. 18.3.6 | |
sonstige: Chloralhydrat, Melatonin | Kap. 18.3.9, Kap. 18.3.11 | ||
Sonstige | β-Blocker | Kap. 2.4.4.2 | |
Buspiron | zentraler 5-HT1A-Agonist | Kap. 10.3.3.1 | |
Tiaprid | Dopaminrezeptorantagonist | Kap. 22.8.2 | |
Sonstige: Modafinil, Methylphenidat (Kap. 2.4.3.2), Natrium-Oxybat |
Pharmakotherapie weiterer neuropsychiatrischer ZwangsstörungenTourette-SyndromTic-StörungenPhobienPanikstörungAutismusAngststörungAgoraphobieErkrankungen
Erkrankung | Therapie |
Tic-Störungen (z. B. Tourette-Syndrom) | erste Wahl: Tiaprid (Kap. 22.8.2) zweite Wahl: Risperidon, Sulpirid (Kap. 19.4.3, Kap. 19.4.7) dritte Wahl: Haloperidol, Pimozid (Kap. 19.3.3, Kap. 19.3.4) |
Autismus | begleitende Pharmakotherapie; an Symptomen ausgerichtet:
|
Zwangsstörungen | SSRI (z. B. Fluvoxamin, Paroxetin) |
Panikstörung | SSRI (z. B. Citalopram), akut: Benzodiazepine |
Spezifische Phobien | β-Blocker (z. B. Prüfungsangst),Benzodiazepine (z. B. Flugangst) |
Agoraphobie | SSRI (z. B. Citalopram), Imipramin (und andere trizyklische Antidepressiva), irreversible MAO-Inhibitoren, Benzodiazepine |
Generalisierte Angststörung | trizyklische Antidepressiva, SSRI, Benzodiazepine, Buspiron, Neuroleptika |
Narkolepsie |
|
Fett markierte Wirkstoffe wurden vom IMPP geprüft.
Therapie psychiatrischer Erkrankungen
-
43.1
Wegweiser559
-
43.2
Unipolare Depression561
-
43.3
Schizophrenie und Manie563
-
43.4
Demenz564
-
43.5
Schlafstörungen565
-
43.6
Sonstige neuropsychiatrische Erkrankungen565
-
43.7
Zu guter Letzt566
IMPP-Hits
Die Themen, die das IMPP aus diesem Kapitel interessierte, kann man im Prinzip in drei Klassen packen, die in absteigender Häufigkeit gefragt wurden:
1.
Manie, Schizophrenie, Depression (60 % aller Fragen)
2.
Schlaf-, Angst-, Zwangsstörungen, Demenz (37 % aller Fragen)
3.
Tic-Störungen, Autismus (zwar selten, aber dafür ziemlich aktuell gefragt)
43.1
Wegweiser
43.2
Unipolare Depression
43.2.1
Definition
43.2.2
Therapieprinzip
•
aktiv-abwartende Begleitung („watchful waiting“): nur bei leichten Verläufen, wenn man davon ausgeht, dass sich die depressive Phase ohne Therapie zurückbildet
•
Psychotherapie
•
Pharmakotherapie
•
Kombinationstherapie
•
Akuttherapie
•
Erhaltungtherapie
•
Rezidivprophylaxe.
43.2.2.1
Akuttherapie
•
erfolgt bei einer schweren depressiven Episode in Kombination mit einer Psychotherapie.
•
kann erfolgen bei einer mittelschweren Episode; ansonsten Psychotherapie.
•
sollte nicht generell bei einer leichten depressiven Episode erfolgen, da Antidepressiva bei leichten Verläufen nicht besser wirksam sind als Placebo. Der Einsatz von Antidepressiva beschränkt sich dann auf Patienten, die explizit eine medikamentöse Therapie wünschen bzw. in der Vergangenheit damit gute Erfolge hatten.
Lerntipp
Als Faustregel gilt: Eine medikamentöse antidepressive Therapie wird bei mittelgradiger und schwerer depressiver Episode durchgeführt.
•
Unter SSRI muss aber beachtet werden, dass ein Serotonin-Syndrom auftreten kann (Kap. 20.2.4). Sie wirken antriebssteigernd, sodass die Suizidgefahr zunehmen kann, ebenso kommt es zu motorischer Unruhe.
•
Werden trizyklische trizyklische AntidepressivaAntidepressiva ausgewählt, so ist an anticholinerge Nebenwirkungen zu denken. Keine Anwendung bei Herzkrankheiten, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie, intestinalen Stenosen und Obstipation, kognitiven Störungen (z. B. Alzheimer-Demenz), Krampfleiden.
•
Bei leichten depressiven Episoden kann ein Therapieversuch mit Johanniskraut erfolgen. Cave: unerwünschte Wirkungen sind Fotosensibilisierung und Medikamenteninteraktion durch Hemmung von Cytochrom P450.
•
Bei ängstlich-agitierten Patienten antriebshemmende Antidepressiva verwenden (z. B. Amitriptylin, Doxepin, Mirtazapin), evtl. Kombination mit einem Benzodiazepin.
•
Bei gehemmten Depressionen antriebsneutrale, evtl. antriebssteigernde Substanzen verwenden (z. B. Reboxetin, SSRI, MAO-Hemmer). Eventuell vorübergehende Kombination mit einem Benzodiazepin, da die antidepressive Wirkung verzögert eintritt, der antriebssteigernde Effekt aber früher (evtl. Suizidgefahr).
•
Bei wahnhafter Depression zusätzlich Neuroleptika (z. B. Amisulprid) einsetzen.
•
Bei Komorbidität mit Zwangsstörungen: SSRI oder Clomipramin.
•
Bei Depression bei Alzheimer-Demenz: SSRI.
•
Bei der Behandlung der akuten Suizidalität werden keine Antidepressiva verwendet (außer bei die Behandlung der Depression). Die Akutbehandlung erfolgt meist mit einem Benzodiazepin (möglichst < 14 Tage). Die Rezidivprophylaxe erfolgt mit Lithium.
43.2.2.2
Therapieversagen
•
Dosissteigerung (nur bei trizyklischen Antidepressiva und Venlafaxin)
•
Augmentation
•
Switching
Als Augmentation bezeichnet man eine Verstärkung der antidepressiven Wirkung eines gegebenen Antidepressivums durch Hinzunahme einer weiteren Substanz, die selbst kein Antidepressivum ist. Üblicherweise wird dafür Lithium verwendet, daher spricht man auch von einer LithiumaugmentationLithiumaugmentation. Wenn ein Patient innerhalb von 4–6 Wochen auf Lithium angesprochen hat, so soll er das für mindestens 6 Monate fortführen.
Merke
Wegen der Gefahr eines serotonergen Syndroms muss beim Wechsel von SSRI, Venlafaxin/Duloxetin und Clomipramin auf einen MAO-Hemmer (insbes. auf Tranylcypromin) ein Sicherheitsabstand von 2 Wochen, bei Fluoxetin von 5 Wochen eingehalten werden. Umgekehrt soll eine Behandlungspause von 2 Wochen erfolgen.
43.2.2.3
Erhaltungstherapie
43.2.2.4
Rezidivprophylaxe
43.2.2.5
Beendigung der Therapie
Merke
Niemals abruptes Absetzen!
43.2.3
Sonderform: bipolare Depression
Lerntipp
Es ist schon erstaunlich, dass das IMPP auf einem so vagen Feld Fragen zu Akuttherapie der Depression bei bipolaren Störungen stellt. Die abgefragte Therapie – nämlich die Kombination aus Citalopram mit Valproat – spiegelt sich so zumindest nicht in den aktuellen Empfehlungen vom Mai 2012 wieder.
43.3
Schizophrenie und Manie
43.3.1
Definition
•
Plussymptome: Halluzination, Wahn, Erregtheit
•
Minussymptome (Negativsymptome): Antriebsverlust, Aktivitätslosigkeit, Sprachverarmung
43.3.2
Therapieprinzip: Schizophrenie
43.3.2.1
Akuttherapie
•
Atypische Neuroleptika sind genauso gut wirksam auf Positivsymptome, besser wirksam auf Negativsymptome und haben weniger EPM-Störungen (extrapyramidal-motorische Störungen) als klassische Neuroleptika.
•
Ausnahme: Clozapin ist kein Medikament der ersten Wahl wegen der Gefahr der Agranulozytose.
Merke
Ausnahme von der Ausnahme: Psychosen bei Parkinson:PsychoseParkinson-Patienten werden gleich mit Clozapin behandelt (Kap. 42.3.2.7).
43.3.2.2
Rezidivprophylaxe
•
Erstmanifestation: 12 Monate
•
nach dem ersten Rezidiv: 2–5 Jahre
•
nach jedem weiteren Rezidiv: lebenslang
43.3.3
Therapieprinzip: Manie
43.3.3.1
Akuttherapie
•
CarbamazepinCarbamazepin:Manie (Antikonvulsivum, Stimmungsstabilisator)
•
ValproatValproat:Manie (Antikonvulsivum, Stimmungsstabilisator): bevorzugt bei der dysphorischen Manie und bei Patienten mit mehr als vier manischen Episoden/Jahr (Rapid cycling) eingesetzt.
•
LithiumLithium (Stimmungsstabilisator): enge therapeutische Breite
•
RisperidonRisperidon:Manie (atypisches Neuroleptikum)
•
HaloperidolHaloperidol (klassisches Neuroleptikum): bei akuter Psychose
•
OlanzapinOlanzapin (atypisches Neuroleptikum)
•
QuetiapinQuetiapin (atypisches Neuroleptikum)
•
ZiprasidonZiprasidon (atypisches Neuroleptikum)
•
Valproat + Olanzapin
•
Valproat + Risperidon
•
Lithium + Olanzapin
•
Lithium + Risperidon
43.3.3.2
Rezidivprophylaxe
•
erste Wahl: Lithium
•
zweite Wahl: Lamotrigin
•
dritte Wahl: Valproat, Carbamazepin, Olanzapin, Risperidon
•
erste Wahl: Lithium
•
zweite Wahl: Valproat, Carbamazepin.
Lerntipp
Die Phasenprophylaxe (Rezidiv-, Langzeitprophylaxe) mit Lithium als erste Wahl und Carbamazepin als zweite Wahl ist ein gern gefragtes Prüfungsthema.
43.4
Demenz
43.4.1
Definition und Einteilung
•
Alzheimer-Demenz
•
vaskuläre Demenz
•
gemischte Demenz
•
frontotemporale Demenz
•
Demenz bei primärem Parkinson-Syndrom
•
Demenz mit Lewy-Körperchen
43.4.2
Therapieprinzip
Wirkstoffe
•
leichte bis mittelschwere Alzheimer-Demenz: Galantamin · Donepezil · Rivastigmin
•
mittelschwere bis schwere Alzheimer-Demenz: Memantin
•
Demenz bei Parkinson-Syndrom: Rivastigmin
43.5
Schlafstörungen
•
Ein bewährtes, sicher nebenwirkungsfreies „Schlafmittel“ ist Lesen im Bett.
•
Gern angewandt, jedoch eher ein gefährliches Schlafmittel bei Daueranwendung ist Alkohol.
•
Pflanzliche Hypnotika haben keine gute Wirkung, jedoch lohnt sich ein Versuch bei Schlafstörungen mit geringem Leidensdruck, da kaum Nebenwirkungen auftreten.
•
Wenn Schlafmittel nur kurzfristig angewandt werden, z. B. vor Prüfungssituationen, sollten kurz wirksame Schlafmittel verwendet werden. Sie wirken gut bei Einschlafstörungen, die meist durch den psychischen Stress bedingt sind, Hangover wird vermieden: z. B. kurz wirksame Antihistaminika (DoxylaminDoxylamin), Benzodiazepine (TriazolamTriazolam), ZolpidemZolpidem oder ZaleplonZaleplon.
•
Bei depressiven Patienten mit Durchschlafstörungen hingegen werden länger wirksame Präparate wie TemazepamTemazepam, ZopiclonZopiclon oder ein sedierendes Antidepressivum (DoxepinDoxepin) eingesetzt.
•
Die schlaffördernde Wirkung von MelatoninMelatonin kann bei Patienten über 55 Jahren ausprobiert werden.
•
Bei Patienten mit hirnorganischen Erkrankungen und bei älteren Patienten können Neuroleptika (Melperon) oder ChloralhydratChloralhydrat angewandt werden, da bei diesen Substanzen keine paradoxen Reaktionen auftreten. Als Nebenwirkungen treten bei Neuroleptika extrapyramidal-motorische Störungen auf, weshalb sie nicht bei Morbus Parkinson verwendet werden dürfen. Chloralhydrat hat ein ausgeprägtes Abhängigkeitspotenzial.
•
Bei Abhängigen völlig ungeeignet sind: Chloralhydrat, Benzodiazepine, Clomethiazol. Aufgrund des fehlenden Abhängigkeitspotenzials eignen sich Antidepressiva und Neuroleptika.
•
Bei Begleiterkrankungen (Herzrhythmusstörungen, Prostatahyperplasie, Glaukom) dürfen keine Substanzen mit anticholinergen Wirkungen wie Antihistaminika, trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika verwendet werden.
•
Bei Herzrhythmusstörungen sind Benzodiazepine möglich, aber kein Chloralhydrat verwenden.
•
Bei Suizidgefahr keine Antidepressiva, da sie den Antrieb steigern können. Benzodiazepine wirken dämpfend und sind daher geeignet.
•
Keine Schlafmittel bei Schwangeren, COPD und Schlafapnoesyndrom anwenden.
43.6
Sonstige neuropsychiatrische Erkrankungen
43.7
Zu guter Letzt
Klinischer Fall
-
1.
Bei einem Patienten wird erstmalig eine mittelschwere depressive Episode bei Alzheimer-Demenz diagnostiziert. Die Tochter des Patienten möchte über den Umfang der medikamentösen Therapiemöglichkeiten informiert werden.
-
2.
Was verstehen Sie unter einer Lithiumaugmentation?
Antworten:
-
1.
Zunächst Akuttherapie mit einem Antidepressivum (optimalerweise einem SSRI), die nach 3–4 Wochen erfolgreich sein sollte. Dann schließt sich eine Erhaltungstherapie mit dem gleichen Medikament (wenn es verträglich und erfolgreich war) für 4–9 Monate an. Ob eine Rezidivprophylaxe notwendig ist, muss im Verlauf entschieden werden.
-
2.
Als Augmentation bezeichnet man eine Verstärkung der antidepressiven Wirkung eines gegebenen Antidepressivums durch Hinzunahme einer weiteren Substanz, die selbst kein Antidepressivum ist. Üblicherweise wird dafür Lithium verwendet, daher spricht man auch von einer Lithiumaugmentation.