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978-3-437-41883-9
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Blutdruck, Strömungsgeschwindigkeit und Gefäßquerschnitt im Körperkreislauf.
Nach [3]

Laminare (a) und turbulente (b) Strömung. Der blaue Pfeil zeigt die Strömungsrichtung der Flüssigkeit, die roten Pfeile zeigen die Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit einzelner Flüssigkeitsteilchen an. Die Stromstärke () ist bei laminarer Strömung dem Perfusionsdruck (ΔP = P1 − P2) und bei turbulenter Strömung der Quadratwurzel aus dem Perfusionsdruck proportional, d. h., bei gleichem Perfusionsdruck ist die Stromstärke bei laminarer Strömung deutlich höher als bei turbulenter.
Nach [3]

Einflussfaktoren auf den transmuralen Druck. Pi = Druck im Gefäßinneren, Pa = Druck im Gewebe, Ptm = transmuraler Druck, σt = tangentiale Wandspannung, h = Dicke der Gefäßwand, ri = Innenradius des Gefäßes.
Nach [3]

Volumen-Druck-Kurven im arteriellen und im venösen Gefäßsystem. Die gestrichelten Kurven verdeutlichen den Einfluss von sympathischer Stimulation oder Hemmung. Die Linie N markiert jeweils die normale Volumen-Druck-Beziehung im arteriellen und venösen System.

Stressrelaxation in einem venösen Blutgefäß. Effekte von plötzlicher Volumenzunahme und Volumenabnahme auf den Druckverlauf im Gefäßbett.

Druck-Stromstärke-Beziehung verschiedener Gefäßtypen. a: Rein druckpassives Gefäßverhalten, z. B. Lungengefäße. b: Aktive Gegenregulation des Gefäßes aufgrund des Bayliss-Effekts, z. B. Niere, Hirngefäße. c: Idealisierte Druck-Stromstärke-Beziehungen in einem starren Rohr (Hagen-Poiseuille-Gesetz).

Druck- und Strompuls in Aorta und Beinarterien.
Nach [3]

Blutdruckverläufe: systolischer (Ps), mittlerer (Pm) und diastolischer (Pd) Blutdruck.
Nach [2]

Unblutige Blutdruckmessung nach Riva-Rocci und Korotkow.
Nach [2]

Blutdruckregulation über den Pressosensorenreflex. HZV = Herzzeitvolumen; TPR = peripherer Gesamtwiderstand.

Veränderung der Kreislaufparameter beim Übergang vom Liegen zum Stehen (Orthostase-Reaktion).
Nach [6]

Venendruckkurve und ihre Beziehung zur Herzaktion. a, c, x, v und y bezeichnen die einzelnen Wellen der Venendruckkurve.

Einfluss des hydrostatischen Drucks auf venöse und arterielle Druckwerte im Stehen und Liegen.
Nach [2]

Aufbau der terminalen Strombahn. Glatte Muskelfasern finden sich in Arteriolen und arteriovenösen Anastomosen.

Flüssigkeitsaustausch zwischen Plasma und Interstitium. a: Faktoren, die den Flüssigkeitsaustausch beeinflussen. b: Filtrationsgleichgewicht ohne Nettofluss.

Flüssigkeitsbewegungen im Kapillarbereich.

Fetaler Kreislauf. Besonderheiten sind der Ductus arteriosus (Botalli), der zur Umgehung des Lungenkreislaufs die Ausflussbahn des rechten Ventrikels mit der Ausflussbahn des linken Ventrikels verbindet, und der Ductus venosus, der zur Umgehung des Leberkreislaufs von der Umbilikalvene ausgehend direkt in die V. cava inferior mündet.

Verteilung des Blutvolumens
Gefäßbereich | Anteil am Blutvolumen (%) |
Herz | 7 |
Lungenkreislauf | 9 |
Körperkreislauf
|
84 3 7 64 |
Klassifikation der Hypertonie nach der Leitlinie der Deutschen Hochdruckliga
Kategorie∗ | Systolischer Blutdruck | Diastolischer Blutdruck |
Optimal | < 120 mmHg | < 80 mmHg |
Normal | 120–129 mmHg | 80–84 mmHg |
Hoch-normal | 130–139 mmHg | 85–89 mmHg |
Hypertonie Grad 1 (leicht) | 140–159 mmHg | 90–99 mmHg |
Hypertonie Grad 2 (mittelschwer) | 160–179 mmHg | 100–109 mmHg |
Hypertonie Grad 3 (schwer) | ≥ 180 mmHg | ≥ 110 mmHg |
Isolierte systolische Hypertonie | ≥ 140 mmHg | < 90 mmHg |
∗
Die Einstufung in eine Kategorie darf sich nicht nur nach den gemessenen Werten richten, sondern muss auch andere kardiovaskuläre Risikofaktoren berücksichtigen; hochnormale Blutdruckwerte gelten z.B. bereits als Hypertonie, wenn weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren vorliegen.
Relative Permeabilität der Kapillarwand für wichtige Plasmabestandteile
Substanz | Molekülmasse (Dalton) | Permeabilität |
Wasser | 18 | 1 |
NaCl | 58,5 | 0,96 |
Harnstoff | 60 | 0,8 |
Glucose | 180 | 0,6 |
Inulin | 5.000 | 0,2 |
Hämoglobin | 68.000 | 0,01 |
Albumin | 69.000 | 0,0001 |
Vasokonstriktion und Vasodilatation
Vasokonstriktion | Vasodilatation |
|
|
Wichtige Organkreisläufe.
Organ | Anteil des HZV (in %) | Spezifische Durchblutung (ml × 100 g−1 × min−1) |
Leber | 30 (A. hepatica und Pfortader) | 100 |
Skelettmuskel | 20 (in Ruhe) | 3 (in Ruhe), 100 (bei Belastung) |
Niere | 20 | 400 |
Gehirn | 15 | 20 (Mark), 100 (Rinde) |
Herz | 5 (in Ruhe) | 80 (in Ruhe), 300 (bei Belastung) |
Blutkreislauf
-
4.1
Wegweiser89
-
4.2
Grundlagen90
-
4.3
Hochdrucksystem98
-
4.4
Niederdrucksystem111
-
4.5
Gewebedurchblutung114
-
4.6
Organkreisläufe121
-
4.7
Fetaler und plazentarer Kreislauf124
IMPP-Hits
-
•
Blutdruckregulation: vor allem Pressosensorenreflex und Orthostase
-
•
Druckverhältnisse im Venensystem: Einflüsse der Schwerkraft, ZVD
-
•
Mikrozirkulation: Filtrationsdruck, Starling-Formel
-
•
Euler-Liljestrand-Mechanismus
4.1
Wegweiser
4.2
Grundlagen
4.2.1
Funktionelle Abschnitte des Gefäßsystems
4.2.1.1
Gefäßklassen
Windkesselgefäße
Widerstandsgefäße
Quantitativ betrachtet beträgt der Anteil der terminalen Arterien und Arteriolen am Gesamtwiderstand des Kreislaufsystems (TPR = Total Peripheral Resistance) etwa 50 %. Der Anteil von Aorta und großen Arterien liegt bei ca. 20 %. Die Kapillaren beteiligen sich mit 23 %, Venolen mit 4 % und die übrigen Venen mit 3 % am Gesamtwiderstand. Der größte Strömungswiderstand tritt also im unmittelbar präkapillären Bereich der Strombahn in den terminalen Arteriolen auf. Insgesamt beträgt der TPR bei körperlicher Ruhe etwa 20 mmHg × l−1 × min.
Die Durchblutungsmenge der einzelnen Organsysteme wird über die unterschiedlichen Widerstände der Organkreisläufe auf der Ebene der Widerstandsgefäße reguliert. Zusammen mit dem Herzzeitvolumen bestimmt der TPR die Höhe des Blutdrucks (Kap. 4.3.3).
Sphinktergefäße
Austauschgefäße
Kapazitätsgefäße
Shunt-Gefäße
Merke
Präkapilläre Gefäße (terminale Arterien und Arteriolen) haben am Strömungswiderstand den größten Anteil: 50 %.
4.2.1.2
Verteilung des Blutvolumens
4.2.2
Hämodynamik und Gefäßeigenschaften
4.2.2.1
Stromstärke und Gefäßwiderstand
Ohm-Gesetz
Druckdifferenz und StrömungswiderstandDie Stromstärke in einem geschlossenen System ist direkt proportional der treibenden Druckdifferenz und umgekehrt proportional dem Strömungswiderstand. Diese Beziehung des Ohm-Gesetzes gilt auch für den Blutkreislauf:
![]() | = | Stromstärke (Volumenstrom) in l/min |
ΔP | = | Druckdifferenz |
R | = | Strömungswiderstand |
Hierbei ist wichtig zu beachten, dass nicht die absolute Höhe des in einem Gefäß herrschenden Drucks die Stromstärke bestimmt, sondern die Druckdifferenz (ΔP) zwischen Anfangs- und Endpunkt der Gefäßstrecke.
Gefäßquerschnitt und StrömungsgeschwindigkeitDie Stromstärke ist außerdem abhängig vom Querschnitt des Gefäßes (Q) und von der über den Querschnitt gemittelten Strömungsgeschwindigkeit () des Blutes:
Nach dem Kontinuitätsgesetz,BlutKontinuitätsgesetz ist nun aber in einem System verbundener Röhren – wie dem Blutgefäßsystem – die Stromstärke (als Produkt aus Strömungsgeschwindigkeit und Querschnitt) in jedem Abschnitt des Systems konstant.
Dies bedeutet, dass bei einer Abnahme des Querschnitts eines Blutgefäßes die Strömungsgeschwindigkeit zwangsläufig ansteigen muss. In dünnlumigen Gefäßen fließt daher bei gleichem Druck das Blut schneller als in weitlumigen Gefäßen. Im Kapillarsystem ist zwar der Querschnitt jeder einzelnen Kapillare sehr gering, der Gesamtquerschnitt des Kapillarbetts wegen der Vielzahl parallel geschalteter Kapillaren jedoch sehr hoch: Die Strömungsgeschwindigkeit ist daher im Kapillarsystem maximal verlangsamt (Abb. 4.1).
Merke
Je größer der Querschnitt des Gefäßes oder je größer die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes, desto größer die Stromstärke.
Den Strömungswiderstand (R) in einem Gefäß erhält man durch Umformung der Gleichung [1]:
•
1. Kirchhoff-Gesetz: Bei hintereinander geschalteten Gefäßen addieren sich deren Einzelwiderstände Rn.
•
2. Kirchhoff-Gesetz: Bei parallel geschalteten Gefäßen ist der Gesamtwiderstand erheblich kleiner als der Widerstand des einzelnen Gefäßes, da sich nicht die Widerstände, sondern die Leitfähigkeiten (L = 1/R) addieren.
Laminare Strömung und Hagen-Poiseuille-Gesetz
In Wirklichkeit strömt menschliches Blut nicht nach den idealen Bedingungen des Ohm-Gesetzes. Das Ohm-Gesetz bedarf einer Erweiterung, bei der die besonderen Strömungseigenschaften der viskösen Blutflüssigkeit berücksichtigt werden müssen. Unter Normalbedingungen strömt Blut in einem Gefäß in Form von konzentrischen, laminaren Schichten. Die Schichten nahe der Gefäßwand strömen dabei wegen des stärkeren Reibungswiderstands mit der Wand am langsamsten (Abb. 4.2a). Die höchste Strömungsgeschwindigkeit findet sich in der Gefäßmitte, im axialen Bereich. Diese Strömungsform bringt es mit sich, dass der Gefäßdurchmesser für die Strömungsgeschwindigkeit eine entscheidende Rolle spielt: Bei kleinen Gefäßen sind fast alle konzentrischen Strömungszylinder von Reibungsverlusten mit der Gefäßwand betroffen; dicklumige Gefäße bieten mehr Raum für den schnellen axialen Strom.
BerechnungIntegriert man die Strömungsgeschwindigkeiten aller konzentrischen Blutzylinder unter Berücksichtigung ihres Volumens, erhält man das Hagen-Poiseuille-Gesetz, das die Abhängigkeit der Stromstärke () von Gefäßradius (r), Gefäßlänge (l), Druckdifferenz (ΔP) und Blutviskosität (η) widerspiegelt:
BedeutungDie Stromstärke () [l/min] ist nach [6] direkt proportional zur 4. Potenz des Gefäßradius, d. h., eine Zunahme des Gefäßradius um den Faktor 2 führt zu einer 16-fach höheren Stromstärke. Andererseits führen schon geringe Einengungen des Gefäßdurchmessers zu einer spürbar reduzierten Durchblutung. Ist z. B. der Gefäßradius einer 5 mm starken Arterie um nur 0,5 mm auf 4,5 mm, also auf 90 % des Ausgangsdurchmessers, eingeschränkt, geht diese Reduktion nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz mit der 4. Potenz in die Berechnung der Stromstärke ein. Die Durchblutung beträgt in diesem Fall nur noch 0,94 = 0,66 = 66 % des Ausgangswerts.
BerechnungIm Vergleich zum Ohm-Gesetz (Gleichung [1]) ist der Faktor 1/R durch den Komplex

ersetzt. Das heißt, für den Gefäßwiderstand R gilt durch einfache Umkehrung:
BedeutungEs wird deutlich, dass sich der Gefäßwiderstand (R) umgekehrt proportional zur 4. Potenz des Radius (r4) verhält. Das heißt z. B.: Eine Zunahme des Radius um den Faktor 2 führt zu einer Abnahme des Gefäßwiderstands R um den Faktor 24 = 16. Über eine Änderung des Gefäßdurchmessers lassen sich also außerordentlich wirkungsvoll der Gefäßwiderstand und damit die Durchblutung einer Gefäßregion steuern.
Klinik
Durch radiologische Untersuchungen mit Kontrastmittel können die Koronargefäße des Herzens dargestellt werden. Wird hierbei z. B. eine 90-prozentige Stenose des R. interventricularis anterior (RIVA) der linken Herzkranzarterie gesehen, bedeutet das eine Einschränkung des Blutflusses durch die verbleibenden 10 % des Restlumens auf lediglich 0,14 = 0,01 % des normalen Blutflusses. Durch die Aufdehnung des Gefäßes mit einem Ballonkatheter (Koronarangioplastie) kann in vielen Fällen eine ausreichende Erweiterung der Engstelle erreicht werden.
Das Hagen-Poiseuille-Gesetz beschreibt die Strömung im Blutkreislauf ebenfalls unter gewissen Einschränkungen. Es gilt lediglich für
•
starre Röhren,
•
laminare Strömung,
•
homogene Flüssigkeiten,
•
benetzbare Gefäßwände,
•
konstante Strömung.
Diese Voraussetzungen sind bei dem aus elastischen Röhren bestehenden menschlichen Gefäßsystem mit nicht immer laminarem Strömungsverlauf von inhomogenen Flüssigkeiten unter rhythmisch mit dem Herzschlag wechselnden Stromstärken nicht erfüllt. Dennoch kann das Hagen-Poiseuille-Gesetz als eine gute und klinisch ausreichende Näherung angesehen werden.
Klinik
Die Doppler-Sonografie dient der Diagnostik von Strömungsveränderungen im Herz-Kreislaufsystem, z. B. bei Verdacht auf Herzklappenfehler oder arteriosklerotische Stenosen. Der Doppler-Effekt besagt, dass sich die beim Empfänger eintreffende Schallfrequenz verändert, wenn sich eine Schallquelle relativ zum Empfänger bewegt (z. B. Martinshorn eines Einsatzwagens). Trifft der vom Schallkopf ausgesandte Ultraschall auf Erythrozyten, die sich vom Schallkopf entfernen, ist die Frequenz des zurückgesendeten Schalls tiefer als die Ausgangsfrequenz, beim Blutfluss zum Schallkopf hin dagegen höher. Die Doppler-Frequenz wird aber auch vom Winkel des Schallkopfes zum Gefäß beeinflusst: je flacher der Winkel, desto größer der Doppler-Effekt. Bei senkrecht zum Gefäß stehendem Schallkopf wird kein Doppler-Effekt registriert. Aus den vom Schallkopf registrierten Frequenzmustern lassen sich die Strö mungsgeschwindigkeit und die Strömungsrichtung des Blutes berechnen und an einem Monitor grafisch darstellen.
Turbulente Strömung und Reynolds-Zahl
•
in großen Gefäßen (unter Normalbedingungen nur in den proximalen Abschnitten von Aorta und A. pulmonalis),
•
an arteriellen Gefäßbifurkationen,
•
bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten,
•
bei hoher Massendichte,
•
bei niedriger Viskosität des Blutes,
•
bei erniedrigter Erythrozytenzahl (Viskosität ↓).
d | = | Innendurchmesser des Gefäßes [m] |
![]() | = | mittlere Strömungsgeschwindigkeit [m/s] |
ρ | = | Massendichte des Blutes [kg/m3] |
η | = | Blutviskosität [Pa/s] |
Klinik
Ein systolisches Herzgeräusch bei Anämie entsteht, weil bei einer Anämie die Blutviskosität erniedrigt ist. Dadurch steigt nach Gleichung [8] die Reynolds-Zahl. In praktisch allen großen Arterien und auch im Bereich der Herzklappen wird ein Wert von 1.000 überschritten. Die entstehenden Turbulenzen werden als Strömungsgeräusche über dem Herz (und über den großen Arterien) hörbar.
4.2.2.2
Einfluss der Blutviskosität auf den Blutfluss
Viskosität
Relative Blutviskosität
•
Sinkt die Erythrozytenzahl, z. B. bei Anämie oder im Rahmen eines therapeutischen Aderlasses, bei dem lediglich der reine Flüssigkeitsverlust ersetzt wird, vermindert sich daher auch die Blutviskosität.
•
Umgekehrt führt ein Anstieg der Erythrozytenzahl (z. B. bei Wassermangel oder übermäßiger Erythrozytenbildung) zu einem Anstieg der Viskosität, die bei einem Hämatokriten von 65 den relativen Wert von 10 im Vergleich zu Wasser erreichen kann.
Blutviskosität in der Mikrozirkulation
4.2.2.3
Gefäßeigenschaften des Kreislaufsystems
Transmuraler Druck
Die Gefäße des Kreislaufsystems sind durch die Pumpleistung des Herzens Druckbelastungen ausgesetzt, auf die sie je nach Elastizität ihrer Wandstrukturen unterschiedlich reagieren.
Ist der Blutdruck im Inneren des Gefäßes (Pi) größer als der Umgebungsdruck des Gewebes (Pa), wird das Gefäß gedehnt. Die Druckdifferenz zwischen innen und außen (Pi–Pa) wird als transmuraler Druck (Ptm) bezeichnet. Je höher der transmurale Druck, desto stärker wird das Gefäß geweitet (Abb. 4.3).
Der transmurale Druck (Ptm) erzeugt so im Gefäß eine tangentiale Wandspannung (σt), die umso geringer ausfällt, je kleiner der Innenradius des Gefäßes (ri) oder je dicker die Gefäßwand (h) ist. Diese Beziehung wird durch das Laplace-Gesetz beschrieben:
Die Wandspannung entspricht dabei der Kraft in der Gefäßwand, die dem transmuralen Druck entgegenwirkt. Bei konstantem Druck muss nach dem Laplace-Gesetz die Wandspannung umso höher sein, je größer der Gefäßradius ri ist. Auch bei dünnerer Gefäßwand h muss die Wandspannung steigen, um dem transmuralen Druck zu widerstehen. Aus dem Laplace-Gesetz wird verständlich, warum auch kleine Gefäße dem Blutdruck widerstehen können. Durch ihren geringen Durchmesser und die im Verhältnis dazu dicke Gefäßwand ist die Wandspannung in ihnen viel geringer als z. B. in der dicklumigen Aorta.
Klinik
Bei arteriosklerotischen Gefäßveränderungen können sich in der Gefäßwand Aussackungen bilden: Aneurysmen. Diese Aneurysmen sind aufgrund des Laplace-Gesetzes aus 2 Gründen von einer Ruptur bedroht: (1) Ihr Durchmesser ist größer und (2) ihre Wanddicke ist geringer als bei einem normalen Gefäß. Beide Faktoren führen zu einer Erhöhung der Wandspannung und verstärken dadurch die tangential in Richtung einer Gefäßruptur wirkenden Kräfte in den Wandstrukturen des Aneurysmas.
Compliance und Volumenelastizitätskoeffizient
Volumen-Druck-Kurven
Die in Gleichung [11] wiedergegebene Compliance-Beziehung zwischen Volumen und Druckänderung im Gefäßsystem lässt sich grafisch in Form von Volumen-Druck-Kurven darstellen (Abb. 4.4).
•
Im arteriellen System erzeugen geringe Volumenänderungen große Druckänderungen, d. h., die Compliance ist niedrig. Bei einem arteriellen Blutvolumen von z. B. 750 ml ist der Blutdruck mit 100 mmHg noch normal, bei 500 ml fällt er bereits auf 0 mmHg ab. Die Volumen-Druck-Kurve verläuft dementsprechend steil.
•
Im venösen System verläuft die Volumen-Druck-Beziehung flach. Selbst große Volumenzunahmen führen nur zu einem geringen Anstieg des venösen Drucks, die Compliance ist hoch.
Eine sympathische Stimulation mit nachfolgender Kontraktion der arteriellen Gefäßwände verschiebt die Volumen-Druck-Beziehung im arteriellen System nach links. Der gleiche Blutdruck kann bereits mit einem geringeren Blutvolumen aufgebaut werden. Im venösen System führt die sympathikusinduzierte Vasokonstriktion ebenfalls zu einer Linksverschiebung der Volumen-Druck-Kurve: Bei gleichbleibendem venösem Druck wird im venösen System gespeichertes Blutvolumen an die Zirkulation abgegeben.
Klinik
Diese Mechanismen sind bei einem akuten Blutverlust von entscheidender Bedeutung: Trotz des reduzierten Blutvolumens kann so für eine gewisse Zeit ein ausreichender Blutdruck aufrechterhalten werden.
Stressrelaxation: Delayed Compliance
Druck-Stromstärke-Kurven
Da Gefäßwände jedoch dehnbar und nicht starr sind, nimmt bei einer Druckerhöhung im Gefäßsystem auch der Gefäßdurchmesser zu, wenn das jeweilige Gefäß diese Druckerhöhung und die daraus resultierende Lumenaufweitung passiv hinnimmt. Dadurch steigt dann die Stromstärke erheblich stärker an als in starren Röhren mit unverändertem Gefäßdurchmesser (Gleichung [6]).
Lungengefäße z. B. reagieren auf die Zunahme des Blutdrucks druckpassiv mit einer Dilatation. Die Stromstärke steigt dementsprechend wesentlich stärker an, als es nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz zu erwarten wäre (a in Abb. 4.6).
Merke
Bayliss-Effekt = Blutdruckautoregulation: Blutdruckanstieg → erhöhte Wanddehnung → Öffnung von zugaktivierten Calciumkanälen → Kontraktion der glatten Gefäßmuskulatur.
4.3
Hochdrucksystem
4.3.1
Charakteristika des arteriellen Gefäßbettes
4.3.1.1
Arterielle Pulsphänomene
•
dem Strompuls, der den zeitlichen Verlauf der Blutströmung wiedergibt
•
dem Druckpuls, der durch rhythmische Veränderungen des Blutdrucks hervorgerufen wird
Strompuls
Druckpuls
•
Gleichrichterwirkung der Aortenklappen
•
Elastische Eigenschaften des Gefäßbettes
•
Peripherer Widerstand
Merke
•
Der Strompuls nimmt zur Peripherie hin ab.
•
Der Druckpuls nimmt zur Peripherie hin zu.

Merke
Anstieg der Pulswellengeschwindigkeit (PWG) bei:
•
Dünnlumigen Gefäßen
•
Wandstarken Gefäßen
•
Sklerotischen Gefäßen (Alter)
•
Zunehmendem Blutdruck
•
das Schlagvolumen des Herzens,
•
die Elastizität der Gefäße,
•
die Höhe des peripheren Widerstands.
Klinik
Eine AortenklappeninsuffizienzAortenklappeninsuffizienz ist typischerweise durch einen Pulsus magnus (durch die Insuffizienz erhöhtes Schlagvolumen) et celer (rasche Druckanstiegsgeschwindigkeit) gekennzeichnet.
Ein Pulsus irregularis kann Ausdruck einer respiratorischen Arrhythmie sein, d. h. der physiologischen Zunahme der Herzfrequenz bei Inspiration (erhöhter Blutrückfluss zum Herzen); er kann aber auch auf Rhythmusstörungen des Herzens (Extrasystolen) hinweisen.
4.3.1.2
Windkesselfunktion der Aorta
Prinzip
Bedeutung
Klinik
Aufgrund der nachlassenden Windkesselfunktion der Aorta wird im Alter häufig ein isolierter systolischer Hypertonus (ISH) beobachtet: systolischer Blutdruck ≥ 140, diastolischer Blutdruck < 90. Der ISH ist die häufigste Hochdruckform bei über 60-Jährigen und keine benigne Alterserscheinung, sondern eine behandlungsbedürftige Erkrankung.
Eine konsequente Therapie reduziert beim ISH die Häufigkeit von Schlaganfällen und Herzinfarkten. Allerdings ist die Senkung der Herzinfarktrate nicht so ausgeprägt wie beim systolisch-diastolischen Hochdruck. Mögliche Ursache hierfür ist die Absenkung auch des (normalen) diastolischen Blutdrucks durch die antihypertensive Therapie des ISH. Durch den erniedrigten diastolischen Druck wird die Durchblutung des Herzmuskels vermindert. Diese Nebenwirkung reduziert die positive Wirkung der systolischen Blutdrucksenkung auf den Sauerstoffverbrauch des Herzens (Kap. 3.5.2.1).
4.3.2
Systemarterieller Druck
4.3.2.1
Systolischer, diastolischer und mittlerer Blutdruck
Systolischer und diastolischer Druck
In der Klinik sind 2 Kennwerte der Druckpulskurve besonders wichtig:
•
Systolischer Blutdruck: systolisches Maximum der Druckpulskurve
•
Diastolischer Blutdruck: diastolisches Minimum der Druckpulskurve
Der systolische Blutdruck liegt bei Gesunden unter 140 mmHg, der diastolische unter 90 mmHg: NormotonieNormotonie. Die Druckdifferenz zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck ist die Blutdruckamplitude.
Mittlerer arterieller Druck
Der mittlere arterielle Blutdruck ist der über den zeitlichen Verlauf von Systole und Diastole gemittelte arterielle Blutdruck. Da die Diastole länger dauert als die Systole, ist er nicht der einfache Mittelwert von systolischem und diastolischem Blutdruck (Abb. 4.8). In zentralen Arterien ergibt sich der mittlere arterielle Druck näherungsweise aus dem diastolischen Blutdruck plus der halben Blutdruckamplitude. Bei peripheren Gefäßen entspricht er dem diastolischen Blutdruck plus einem Drittel der Blutdruckamplitude. Bei einem systolischen Druck von 120 mmHg und einem diastolischen Druck von 80 mmHg ergäbe sich so in den zentralen Gefäßen ein arterieller Mitteldruck von 80 mmHg + 0,5 × 40 = 100 mmHg.
Druckverlauf
Durch die Reflexion der Pulswelle in der Peripherie (Kap. 4.3.1.1, dikrote Welle) nimmt der systolische Blutdruck (auch im Liegen!) mit zunehmender Entfernung vom Herzen zu und liegt z. B. in der A. dorsalis pedis um 40 mmHg über dem systolischen Druck in der Aorta ascendens. Parallel hierzu nehmen allerdings der diastolische Blutdruck und der mittlere Blutdruck in Richtung Peripherie ab, sodass periphere Gefäße durch eine höhere Blutdruckamplitude gekennzeichnet sind.
Hinter den als Druckreduzierer anzusehenden terminalen Arteriolen fällt der Blutdruck auf einer kurzen Strecke dann auf etwa 30–35 mmHg ab, der Blutfluss wird zunehmend kontinuierlicher. Die Unterschiede zwischen systolischen und diastolischen Drücken sind im Bereich der nachfolgenden terminalen Zirkulation aufgehoben.
Merke
Je peripherer die Arterien, desto höher sind systolischer Blutdruck und Blutdruckamplitude.
4.3.2.2
Blutdruckrhythmik
Schwankungen
Zirkadiane Rhythmik
4.3.2.3
Bestimmung des Blutdrucks
Direkte Blutdruckmessung
Indirekte Blutdruckmessung
Klinik
Die erste Blutdruckmessung sollte immer an beiden Armen durchgeführt werden, um Seitendifferenzen zu erkennen. Diese können z. B. bei einem proximalen Verschluss der A. subclavia (Subclavian-steal-Subclavian-steal-SyndromSyndrom) auftreten. Auch Blutdruckdifferenzen zwischen den oberen und den unteren Extremitäten können diagnostisch aufschlussreich sein. Bei einer AortenisthmusstenoseAortenisthmusstenose ist der Blutdruck in den Armen gegenüber dem Druck in den Beinen deutlich erhöht.
4.3.3
Blutdruckregulation
•
Totaler peripherer Widerstand
•
Herzzeitvolumen
4.3.3.1
Kurzfristige Regulationsmechanismen
•
Pressosensorenreflex
•
Reflexe kardialer Sensoren
•
Chemosensorenreflexe
•
Ischämiereaktion des ZNS
•
Adrenalin- und Noradrenalinwirkungen
Pressosensorenreflex
Der Pressosensorenreflex lässt sich als Regelkreis verstehen und damit in der Sprache der Regeltechnik beschreiben (Abb. 4.10):
•
Fühler: Pressosensoren im Aortenbogen und in der A. carotis (Karotissinus) melden den arteriellen Blutdruck an die Kreislaufzentren in Medulla oblongata und Rhombencephalon. Die afferenten Impulse laufen dabei über den N. vagus (vom Aortenbogen) und über den N. glossopharyngeus (vom Karotissinus). Pressosensoren registrieren allerdings nicht nur die Höhe des Blutdrucks, sondern auch die Geschwindigkeit des Druckanstiegs (= Differenzialquotient des Drucks nach der Zeit), sie sind also Proportional-Differenzial-Fühler (Kap. 12.6.1.1). Ihre Impulsrate wird deshalb nicht nur vom mittleren arteriellen Blutdruck, sondern auch von der arteriellen Blutdruckamplitude und der Herzfrequenz beeinflusst.
•
Regler: Die Kreislaufzentren reagieren auf eine Blutdrucksteigerung mit einer Hemmung des Sympathikus und einer Aktivierung des Parasympathikus.
•
Stellglieder: Im Gefäßbett nimmt der totale periphere Widerstand durch Weitung der arteriellen Widerstandsgefäße ab und die Kapazität des venösen Systems zu. Herzfrequenz und Kontraktionskraft des Herzmuskels nehmen ab.
•
Regelgröße: Dadurch fließt weniger Blut zum Herzen zurück (zentraler Venendruck sinkt) und das Schlagvolumen des Herzens nimmt ab. Der arterielle Blutdruck sinkt.
Klinik
Durch die kurzzeitige Massage eines Karotissinus werden die Pressosensoren verstärkt aktiviert. Bei supraventrikulären Tachykardien kann hierdurch in manchen Fällen die Tachykardie durchbrochen werden (Senkung des Sympathikustonus). Die Massage sollte nicht länger als 5 Sekunden (Klingelknopfdruckstärke) und nie gleichzeitig auf beiden Seiten durchgeführt werden. Vor der Massage muss die A. carotis auskultiert werden, um eine Arteriosklerose auszuschließen (kein Strömungsgeräusch). In diesem Fall wäre eine Massage kontraindiziert.
Die hemmenden Einflüsse der arteriellen Pressosensoren sind bereits bei normalen Blutdruckwerten wirksam, sodass ihnen auch in physiologischen Druckbereichen eine Rolle als „Blutdruckzügler“ zufällt. Für die langfristige Blutdruckregulation spielen Pressosensoren allerdings keine Rolle, da sie sich innerhalb von 1–2 Tagen an praktisch jedes Blutdruckniveau adaptieren.
Merke
Aktivierung der Pressosensoren:
•
Hemmung des Sympathikus
•
Aktivierung des Parasympathikus
Lerntipp
Der Pressosensorenreflex ist ein echter Liebling des IMPP. Wichtig zu wissen ist, dass die Sensoren auch bei normalem, stabilem Blutdruck regelmäßig Aktionspotenziale an die Medulla senden. Fallen diese Signale aus (z. B. durch Denervierung der Afferenz), kommt es zu einer Gegenregulation wie bei starkem Blutdruckabfall. Umgekehrt führen Störungen der Efferenz des autonomen Nervensystems (z. B. bei diabetischer Polyneuropathie oder Morbus Parkinson) zu einer reduzierten Sympathikusaktivität trotz aktivierter Pressosensoren. Eine orthostatische Hypotonie mit Synkope kann die Folge sein.
Reflexe kardialer Dehnungs- und Spannungssensoren
Chemosensorenreflexe
Ischämiereaktion des ZNS
Neurone der Kreislaufzentren in Medulla oblongata und Rhombencephalon werden aktiviert, wenn sie unter einer Ischämie, d. h. unter unzureichender Durchblutung, leiden. Hauptreiz für eine solche direkte Ischämiereaktion des ZNS ist ein Anstieg der lokalen CO2-Konzentration im Bereich dieser Kreislaufzentren.
Die Neuronen der Kreislaufzentren aktivieren unmittelbar den Sympathikus und führen dadurch zu einer starken Erhöhung des Blutdrucks. Die Ischämiereaktion des ZNS ist einer der kräftigsten Stimuli der sympathischen Vasokonstriktion. Der arterielle Blutdruck kann hierbei auf über 250 mmHg ansteigen.
Unter normalen Bedingungen wird der Blutdruck vorwiegend über die peripheren Druck- und Chemosensoren reguliert. Eine Ischämie der Kreislaufzentren tritt erst bei Blutdruckwerten unter 60 mmHg auf, sodass diese Ischämiereaktion vorwiegend für die Notfallkontrolle des Blutdrucks bei sehr niedrigen Blutdruckwerten eine Rolle spielt.
Klinik
Klinisch wichtig ist, dass auch ein gesteigerter Hirndruck (z. B. durch einen Hirntumor oder ein Hirnödem) eine Minderdurchblutung des Gehirns und dadurch eine Ischämiereaktion des ZNS mit krisenhaften Blutdruckanstiegen auslösen kann.
Wirkungen von Adrenalin und Noradrenalin
Für die Blutdruckregulation ist im Wesentlichen der sympathische Anteil des autonomen Nervensystems von Bedeutung, der über Vasokonstriktion und die Zunahme von Herzfrequenz und Herzkraft den Blutdruck steigert. Der parasympathische Anteil kann dagegen nur über eine Verlangsamung der Herzfrequenz wirksam werden. Der Einfluss auf die Blutgefäße ist gegenüber dem Sympathikus von untergeordneter Bedeutung.
Ausgehend von den vasomotorischen Kreislaufzentren im Hirnstamm bewirkt Noradrenalin als Überträgerstoff der sympathischen Fasern über eine Interaktion mit α1-adrenergen Rezeptoren in den Gefäßwänden eine Engstellung der arteriellen Widerstandsgefäße und einen Blutdruckanstieg. Die sympathikusinduzierte Zunahme des Herzzeitvolumens wirkt in gleicher Richtung.
Die vom Hirnstamm ausgehenden sympathischen Fasern innervieren auch das Nebennierenmark, wo neben Noradrenalin überwiegend Adrenalin freigesetzt wird. Da Adrenalin auch eine deutliche Wirkung auf vasodilatatorische β2-Rezeptoren hat, kann es durch Adrenalin auch zu einer über β2-Rezeptoren vermittelten lokalen Vasodilatation – vor allem in den Skelettmuskelgefäßen – kommen. Insgesamt überwiegt aber, insbesondere bei hohen Adrenalinkonzentrationen, die vasokonstriktorische Adrenalinwirkung auf die α1-Rezeptoren (Kap. 14.3.2.2).
Merke
Die sympathischen vasokonstriktorischen Fasern sind die eigentlichen „ausführenden Organe“ der kurzfristigen Blutdruckregulation. Sie bilden den efferenten Schenkel der oben geschilderten Reflexbögen.
4.3.3.2
Mittelfristige Regulationsmechanismen
•
Transkapilläre Volumenverschiebungen
•
Stressrelaxation der Blutgefäße (Delayed Compliance)
•
Renin-Angiotensin-System
Transkapilläre Volumenverschiebungen
Stressrelaxation
Renin-Angiotensin-System
Jedes Absinken der Nierendurchblutung (z. B. im Rahmen eines Blutdruckabfalls) löst eine Reninfreisetzung aus (Abb. 10.4, Kap. 10.5.2). Renin wandelt das in der Leber gebildete Angiotensinogen in Angiotensin I um, das durch das Angiotensin-Converting-Enzym (ACE) zu Angiotensin II umgeformt wird. Angiotensin II ist eine der am stärksten vasokonstriktorisch wirksamen Substanzen und führt über die Erhöhung des totalen peripheren Widerstands zu einem deutlichen Blutdruckanstieg.
Klinik
Eine Minderdurchblutung der Niere entsteht nicht nur durch einen systemischen Blutdruckabfall, sondern auch durch die Verengung einer Nierenarterie: Nierenarterienstenose. Die Verengung ist in 70 % der Fälle durch eine Arteriosklerose bedingt. Das Renin-Angiotensin-System der Niere erhöht aufgrund der lokalen Minderdurchblutung den Blutdruck. Es entsteht ein renaler Hochdruck (ca. 1 % der Hypertoniker).
4.3.3.3
Langfristige Regulationsmechanismen
•
Akute Flüssigkeitszufuhr wird durch kurzfristige reflektorische Gegenregulationen zumeist unmittelbar ausgeglichen.
•
Chronische Zunahmen des Extrazellularrvolumens können jedoch nicht mehr ausgeglichen werden und führen zu Blutdrucksteigerungen.
•
Adiuretin (ADH)-System (Kap. 9.3.4.3)
•
Aldosteronsystem (Kap. 9.3.4.3)
•
Natriuretische Peptide (Kap. 10.8.4)
ADH-System
Im ADH-System bewirkt eine Zunahme des intravasalen Volumens eine Hemmung der ADH-Ausschüttung der Neurohypophyse (Kap. 10.3.3.2) und führt so zu einer vermehrten Flüssigkeitsausscheidung durch die Niere. Dies wirkt dem blutdrucksteigernden Effekt von Flüssigkeitsbelastungen entgegen.
Aldosteronsystem
Aldosteron, dessen Freisetzung von Angiotensin II stimuliert wird, steigert durch vermehrten Einbau epithelialer Na+-Kanäle (ENaC) die tubuläre Na+-Rückresorption in der Niere und sekundär dadurch auch die Wasserresorption. Dadurch erhöht sich der Flüssigkeitsbestand des Körpers. Dies führt langfristig zu einer Blutdruckerhöhung. Die durch eine Minderdurchblutung der Nieren ausgelöste Reninfreisetzung erhöht also mittelfristig durch Angiotensin II (Vasokonstriktion) und langfristig durch Aldosteron (Wasserretention) den arteriellen Blutdruck. Daneben steigert Aldosteron auch die Empfindlichkeit der glatten Gefäßmuskulatur auf vasokonstriktorische Reize.
Natriuretische Peptide
ANP (atriales natriuretisches Peptid) wird in den Herzvorhöfen, BNP (Brain-natriuretisches Peptid) im Hypothalamus und in den Muskelzellen der Herzventrikel gebildet. Beide werden bei Dehnung der Vorhöfe des Herzens ausgeschüttet. An der Niere steigern ANP und BNP die Durchblutung und führen zu einer verminderten Na+-Rückresorption, sodass aus osmotischen Gründen auch vermehrt Wasser ausgeschieden und das Blutvolumen reduziert wird.
4.3.3.4
Zentrale Kontrolle des Blutdrucks
Medulläre Kreislaufzentren
•
Ein Vasomotorenzentrum steuert die Aktivität der vasokonstriktorischen Sympathikusfasern und steigert über sympathische Efferenzen zusätzlich die Herzfrequenz.
•
Daneben existiert in unmittelbarer Nachbarschaft auch ein Vasodilatatorenzentrum, das mit dem vasokonstriktorisch wirkenden Vasomotorenzentrum über Rückkopplungskreise verbunden ist.
•
Parasympathisch hemmende Effekte auf die Herzfrequenz werden über ein kardioinhibitorisches Zentrum im Nucleus ambiguus vermittelt, das die Aktivität des Herzvagus beeinflusst.
Hypothalamus
•
Die posterolateralen Anteile des Hypothalamus steigern Blutdruck, Herzfrequenz und Herzzeitvolumen: ergotrope Zonen.
•
Die Reizung anteriorer Hypothalamusabschnitte hat dagegen überwiegend hemmende Einflüsse auf das Kreislaufsystem: Blutdruck und Herzfrequenz nehmen ab: trophotrope Zonen.
Kortex
4.3.3.5
Äußere Einflüsse auf den Blutdruck
Orthostase
Beim Übergang vom Liegen zum Stehen (Orthostase) versacken schwerkraftbedingt innerhalb weniger Sekunden etwa 400–600 ml Blut in den Kapazitätsgefäßen der Beine. Als Folge nehmen der venöse Rückstrom zum Herzen und damit auch der zentrale Venendruck und das Schlagvolumen des Herzens ab (Abb. 4.11). Dadurch sinkt kurzfristig der arterielle Blutdruck.
Dies löst jedoch über eine verminderte Erregung der Pressosensoren in Aorta und Karotiden eine Gegenregulation aus, durch die der Blutdruck wieder ansteigt:
•
Arterielle Widerstands- und venöse Kapazitätsgefäße kontrahieren sich.
•
Die Herzfrequenz steigt.
•
Das Nebennierenmark schüttet vermehrt Catecholamine aus (Kap. 14.3.6).
Zusätzlich fördert der Blutdruckabfall über eine Minderperfusion der Nierenarterien die Reninausschüttung. Diese Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems wirkt ebenfalls blutdrucksteigernd.
Die Gehirndurchblutung wird normalerweise auch beim orthostatischen Blutdruckabfall durch lokale Autoregulation der Gehirngefäße konstant gehalten. Bei entsprechender Disposition kann es jedoch, besonders bei niedrigem Ausgangsblutdruck, durch eine nicht voll kompensierte Orthostasereaktion zu einem kritischen Abfall der Hirndurchblutung mit einer orthostatischen Synkope (Ohnmacht) kommen. Durch prophylaktische Betätigung der Muskelpumpe der Beinmuskulatur (Zehenstand) kann u. U. einer drohenden orthostatischen Synkope durch Erhöhung des venösen Rückstroms aus den unteren Extremitäten vorgebeugt werden (Kap. 4.4.1.4).
Lerntipp
Auslöser der Orthostasereaktion ist ein verminderter venöser Rückstrom zum Herzen. Den weiteren Ablauf können Sie sich jetzt selbst herleiten! Durch den Blutdruckabfall wird der Pressosensorreflex ausgelöst und folglich der Sympathikus aktiviert. Dieser schüttet Catecholamine aus. Und wenn Sie jetzt noch wissen, dass diese über β1-Rezeptoren (Herz) die Herzfrequenz steigern und über α1-Rezeptoren eine Vasokonstriktion bewirken, können Sie jede der zahlreichen Fragen zu diesem Thema ganz einfach beantworten.
Klinik
Die klinische Prüfung der Orthostasereaktion erfolgt durch den Schellong-Schellong-TestTest. Blutdruck und Herzfrequenz werden im Liegen und im Stehen gemessen. Ein zu starkes Absinken des Blutdrucks im Stehen deutet auf eine fehlende Kompensation im Sinne einer orthostatischen Hypotonie hin.
Volumenbelastung
Muskelarbeit
•
Bei leichter Arbeit wird sie zugunsten der Muskulatur gedrosselt.
•
Bei schwerer Arbeit steigt sie wieder an, um eine Abfuhr der durch die Arbeit produzierten Wärme zu ermöglichen.
•
Bei maximaler Arbeit fällt die Hautdurchblutung später jedoch wieder ab.
Hitze- und Kältebelastung
Blutverlust
•
Vasokonstriktion: Betroffen sind hiervon die arteriellen Widerstandsgefäße im Bereich von Haut, Viszera und Nieren, nicht aber der Hirn- oder der Koronarkreislauf. Auch die venösen Kapazitätsgefäße kontrahieren sich und erhöhen so den venösen Rückstrom zum Herzen.
•
Erhöhung der Herzfrequenz: Durch die Steigerung der Herzfrequenz kann das Herzzeitvolumen trotz absinkendem Schlagvolumen zunächst konstant gehalten werden.
•
Flüssigkeitsverschiebungen aus dem Interstitium: Durch den Blutverlust sinkt der Druck im venösen Gefäßsystem und damit auch im Kapillarbett. Dadurch tritt vermehrt Flüssigkeit aus dem Interstitium durch die Kapillarwände ins Gefäßbett ein (Kap. 4.5.1.4). So sind 20 Minuten nach einem Blutverlust von 500 ml auf diese Weise praktisch 100 % der Plasmaverluste durch interstitielle Flüssigkeit ersetzt.
4.3.4
Pathophysiologie
4.3.4.1
Hypertonie
Arterielle Blutdruckwerte ab 140 mmHg systolisch und/oder ab 90 mmHg diastolisch werden per Definition als arterieller Hypertonus bezeichnet (Tab. 4.2).
Ursachen
Folgen
Klinik
Eine Therapie der Hypertonie ist durch Reduktion des extrazellulären Volumens (kochsalzarme Kost und Diuretika), Dämpfung des sympathischen Nervensystems (β-adrenerge Rezeptorenblocker), Hemmung der Angiotensin-II-Bildung (Angiotensin-Converting-Enzym-Blocker, ACE-Hemmer) oder Blockade der Angiotensin-II-Rezeptoren (Sartane) möglich (Kap. 10.5.2).
Merke
Hypertonus: RR ≥ 140 mmHg systolisch und/oder ≥ 90 mmHg diastolisch.
4.3.4.2
Hypotonie
Primäre Hypotonie
Sekundäre Hypotonie
4.3.4.3
Kreislaufschock
Im Gegensatz zum Alltagsgebrauch hat der Begriff „Kreislaufschock“ in der Physiologie eine fest umschriebene Bedeutung. Schock ist definiert als akutes Missverhältnis zwischen Sauerstoffangebot und Sauerstoffbedarf in einem lebenswichtigen Organsystem.
Ursache und Formen
Ursache eines solchen Kreislaufschocks ist zumeist eine unzureichende Durchblutung des Organsystems. Typische Schockorgane, die auf entsprechenden Sauerstoffmangel besonders empfindlich reagieren, sind Niere und Lunge. Nach der Ursache dieser Minderdurchblutung lassen sich die folgenden Schockformen abgrenzen:
•
Hypovolämischer Schock: zu geringes intravasales Blutvolumen (z. B. akuter Blutverlust).
•
Kardiogener Schock: unzureichende Pumpleistung des Herzens (z. B. akuter Herzinfarkt).
•
Neurogener Schock: Tonusverlust der arteriellen Widerstandsgefäße und der venösen Kapazitätsgefäße (z. B. zu hoch aufgestiegene Spinalanästhesie mit Lähmung des Vasomotorenzentrums in der Medulla oblongata).
•
Septischer Schock: generalisierte Vasodilatation durch bakterielle Toxine, vermittelt über das Komplementsystem (Kap. 2.6.1.3).
•
Anaphylaktischer Schock: allergische Reaktion des Körpers auf Umweltstoffe. Die hierbei freigesetzten Substanzen (Histamin, Serotonin, Bradykinin) führen über eine generalisierte Vasodilatation ebenfalls zu einem Blutdruckabfall (z. B. bei Medikamentenunverträglichkeit).
4.4
Niederdrucksystem
•
Venensystem
•
Lungengefäßsystem
•
Rechtem Herzen
•
Linkem Herzen während der Diastole
4.4.1
Druckverhältnisse im Venensystem
4.4.1.1
Druckwerte
Im Niederdrucksystem liegt der Druck unmittelbar hinter dem Kapillarbett bei 15–20 mmHg, in kleinen Venen bei 12–15 mmHg, in großen extrathorakalen Venen bei 5–6 mmHg und im rechten Vorhof dann nur noch bei 2–4 mmHg.
Zentraler Venendruck
Der Druck im rechten Vorhof wird auch als zentraler Venendruck bezeichnet: ZVD. Er schwankt atem- und pulssynchron und kann negative Werte annehmen. Da jedoch auch im Thorax selbst negative Druckwerte zwischen -3 und -5 mmHg herrschen, bleibt der effektive, transmurale venöse Füllungsdruck des rechten Vorhofs physiologischerweise stets positiv.
Mittlerer Füllungsdruck
Venöser Rückstrom
Klinik
Bei Pumpschwäche des rechten Ventrikels (Rechtsherzinsuffizienz) kann das über den venösen Rückstrom anflutende Blut nicht vollständig in den Lungenkreislauf weitergeleitet werden. Als Folge steigt der zentrale Venendruck auf pathologisch erhöhte Werte (> 10 mmHg) an. Die Halsvenen werden deutlich sichtbar, das Blut staut sich in der Leber, Ödeme werden begünstigt.
4.4.1.2
Venenpulskurve
Die periodischen Druck- und Volumenschwankungen der herznahen Venen können als Venenpuls sichtbar gemacht werden. Die Wellen der Venenpulskurve stehen dabei in fester zeitlicher Beziehung zu den z. B. über ein EKG registrierten Herzaktionen (Abb. 4.12).
Der ersten positiven a-Welle liegt die Vorhofkontraktion zugrunde, die zweite positive c-Welle bildet sich während der Anspannungsphase des Ventrikels durch die Vorwölbung der Trikuspidalklappe in den rechten Vorhof. Der Abfall des Venendrucks auf das Tief der negativen x-Welle entsteht während der Austreibungszeit durch die Verschiebung der Ventilebene des Herzens in Richtung Herzspitze, wodurch eine Sogwirkung auf die herznahen Venen ausgeübt wird. Da zu Beginn der Entspannungsphase die Atrioventrikularklappen zunächst geschlossen bleiben, steigt der venöse Druck vor der Trikuspidalklappe wieder an: positive v-Welle. Die anschließende Öffnung der Trikuspidalklappe führt zu einem Bluteinstrom in den rechten Ventrikel mit darauf folgendem Druckabfall im venösen System: negative y-Welle.
Lerntipp
Die Venenpulskurve wird im Physikum gerne abgefragt. Sie können einfach punkten, wenn Sie die Wellen und ihre Beziehung zur Herzaktion gut beherrschen.
4.4.1.3
Einfluss der Schwerkraft
Hydrostatische Drücke
Die Drücke im Venensystem werden durch die Erdgravitation beeinflusst. Im Stehen werden die venösen Drücke in Herzhöhe durch die Pumpleistung des Herzens auf 0 mmHg gehalten. Durch das Gewicht der Blutsäule entstehen aber im übrigen Gefäßbett zusätzliche hydrostatische Drücke, sodass der venöse Druck in den Fußvenen bereits 90 mmHg beträgt (Abb. 4.13). Oberhalb des Herzniveaus werden negative Druckwerte gemessen, im Sinus sagittalis z. B. -10 mmHg.
Hydrostatische Indifferenzebene
Die hydrostatische Indifferenzebene ist eine durch den Körper laufende horizontale Ebene, in deren Bereich sich der Gefäßdruck bei Lagewechsel nicht ändert. Sie liegt 5–10 cm unterhalb des Zwerchfells (Abb. 4.13). Der arterielle Druck in Höhe der hydrostatischen Indifferenzebene liegt bei 100 mmHg, der venöse Druck bei 5 mmHg. In allen Gefäßen oberhalb dieser Indifferenzebene ist der Druck im Stehen niedriger als im Liegen.
Arteriendrücke
Auch die Arteriendrücke werden durch den hydrostatischen Druck im Gefäßbett beeinflusst. So liegt z. B. im Stehen der mittlere arterielle Druck in der A. dorsalis pedis etwa 120 mmHg höher als in einer Hirnarterie. Der Unterschied zwischen venösem und arteriellem Druck (die arteriovenöse Druckdifferenz) als treibende Kraft des Blutflusses bleibt jedoch unabhängig von den hydrostatischen Druckveränderungen erhalten, da diese auf beide Schenkel des Gefäßsystems gleichermaßen einwirken.
Merke
-
•
Venöser Druck in den Fußvenen: +90 mmHg
-
•
Venöser Druck im Sinus sagittalis: -10 mmHg
4.4.1.4
Steuerung des venösen Rückstroms
•
Muskel-Venen-Pumpe
•
Saug-Druck-Pumpeneffekte der Atmung
•
Ventilebenenmechanismus des Herzens
Muskel-Venen-Pumpe
Saug-Druck-Pumpeneffekte der Atmung
Ventilebenenmechanismus des Herzens
4.4.2
Pathophysiologie: Venenklappeninsuffizienz
4.5
Gewebedurchblutung
4.5.1
Mikrozirkulation
4.5.1.1
Aufbau der terminalen Strombahn
Gefäße
Arteriovenöse Anastomosen
4.5.1.2
Struktur der Kapillarwand
Kontinuierliche Kapillaren
Fenestrierte Kapillaren
Diskontinuierliche Kapillaren
4.5.1.3
Blut-Hirn-Schranke
Die Hirnkapillaren sind grundsätzlich Kapillaren vom kontinuierlichen Typ. Allerdings sind hier die Interzellularspalten durch eine deutlich höhere Zahl von interzellulären Tight Junctions vollständig verschlossen. Diese Tight Junctions bilden das morphologische Korrelat der Blut-Hirn-Schranke. Die Blut-Hirn-Schranke dient der besonders exakten Aufrechterhaltung des inneren Milieus des Liquorraums und dem Schutz vor möglicherweise schädlichen Fremdstoffen, die mit dem Blut transportiert werden. Fettlösliche Substanzen können durch die Endothelzellen (und nicht durch die Interzellularräume) vom Blut ins Gewebe gelangen. Ihr Austausch wird daher durch die Blut-Hirn-Schranke nicht beeinträchtigt. Ein ähnlicher Schutz findet sich an den Hodengefäßen: Blut-Hoden-Schranke.
4.5.1.4
Stoff- und Flüssigkeitsaustausch zwischen Kapillaren und Interstitium
Austausch durch Diffusion
•
Wasserlösliche Substanzen (z. B. Elektrolyte, Glucose) diffundieren durch die Interzellularräume der Kapillaren vom Plasma in die interstitielle Flüssigkeit. Die Diffusionsgeschwindigkeit ist hierbei etwa 80-mal höher als die Geschwindigkeit des Plasmaflusses innerhalb der Kapillaren.
•
Fettlösliche Substanzen können unmittelbar durch die Endothelzellen der Kapillaren diffundieren und sind nicht auf Interzellularspalten oder Fenestrationen angewiesen. Dadurch ist ihre Transportrate noch erheblich größer als die der wasserlöslichen Substanzen.
•
Größere Moleküle wie Albumin können die Kapillarwand nicht passieren und werden im Plasma zurückgehalten. Dies erklärt den deutlich höheren Proteingehalt des Plasmas im Vergleich zur interstitiellen Flüssigkeit. Die relative Permeabilität solcher Plasmabestandteile ist sehr gering (Tab. 4.3).
Austausch durch Filtration
Außer durch reine Diffusion werden Stoffe auch über eine druckabhängige Filtration zwischen Kapillaren und Interstitium ausgetauscht. Dabei besteht zwischen der im arteriellen Kapillarschenkel filtrierten und der im venösen Kapillarschenkel sowie im Lymphsystem reabsorbierten Flüssigkeit unter physiologischen Bedingungen ein Fließgleichgewicht (Abb. 4.15).
Filtration und Reabsorption werden von den folgenden 4 Druckwerten beeinflusst:
•
hydrostatischer Druck in den Kapillaren: Pc
•
hydrostatischer Druck in der interstitiellen Flüssigkeit: Pif
•
kolloidosmotischer Druck (Kap. 1.3.3) in den Kapillaren: πc
•
kolloidosmotischer Druck in der interstitiellen Flüssigkeit: πif
Das pro Minute aus dem Kapillarbett filtrierte Volumen () lässt sich aus diesen 4 Druckwerten wie folgt ermitteln:
K ist hierbei der Filtrationskoeffizient, der die Permeabilität der Kapillarwand und die Temperatur berücksichtigt. Diese Starling-Filtrationsformel besagt also, dass eine Zunahme des hydrostatischen Kapillardrucks (Pc) oder des interstitiellen kolloidosmotischen Drucks (πif) zu einer Zunahme der Filtration führt, während eine Zunahme des interstitiellen hydrostatischen oder des kapillären kolloidosmotischen Drucks die Filtration vermindert. Ein positives steht dabei für eine Nettofiltration aus dem Kapillarbett, ein negatives
für eine Nettoreabsorption in die Kapillaren.
Merke
Zunahme der Filtration durch:
•
Kapillardruck↑
•
interstitieller osmotischer Druck↑
Lerntipp
Der effektive Filtrationsdruck nach Starling ist eigentlich ganz einfach herzuleiten:
Hydrostatische Druckdifferenz minus kolloidosmotische Druckdifferenz – und dann nur noch mit dem Filtrationskoeffizienten multiplizieren.
Die unterschiedlichen Druckwerte im Kapillarbereich lassen sich auf direkte oder indirekte Weise bestimmen. Dabei erhält man folgende Durchschnittswerte:
•
Hydrostatischer Kapillardruck im arteriellen Kapillarschenkel (Pcart): 30 mmHg
•
Hydrostatischer Kapillardruck im venösen Kapillarschenkel (Pcven): 10 mmHg
•
Hydrostatischer Druck der interstitiellen Flüssigkeit (Pif): 0 mmHg
•
Kolloidosmotischer Druck in den Kapillaren (πc): 25 mmHg
•
Kolloidosmotischer Druck in der interstitiellen Flüssigkeit (πif): 8 mmHg
Druck nach außenAm arteriellen Kapillarschenkel herrscht also ein nach außen gerichteter Druck von 38 mmHg. Dies ergibt sich aus dem hydrostatischen Kapillardruck Pcart von 30 mmHg und aus dem in gleiche Richtung wirkenden interstitiellen kolloidosmotischen Druck πif von 8 mmHg.
Druck nach innenDem steht nach der Starling-Formel ein nach innen gerichteter Druck von 25 mmHg gegenüber, der aus dem kolloidosmotischen Druck in den Kapillaren (πc) von 25 mmHg resultiert.
BilanzIn der Bilanz herrscht also am arteriellen Kapillarbeginn ein effektiver Filtrationsdruck von 13 mmHg (38–25 mmHg). Durch diesen Filtrationsdruck werden etwa 0,5 % des Plasmavolumens am arteriellen Kapillarende ins Interstitium filtriert.
Am venösen Kapillarschenkel lässt sich eine ähnliche Bilanz erstellen, wobei der niedrigere hydrostatische Kapillardruck dort eine Reabsorption von Flüssigkeit zur Folge hat.
Druck nach außenDer nach außen gerichtete Druck beträgt dort nur noch 18 mmHg: 10 mmHg hydrostatischer Kapillardruck Pcven + 8 mmHg interstitieller kolloidosmotischer Druck πif.
Druck nach innenDer nach innen gerichtete Druck beruht auf dem kolloidosmotischen Druck des Plasmas (πc) und liegt unverändert bei 25 mmHg.
BilanzDadurch ergibt sich am venösen Kapillarschenkel ein effektiver Reabsorptionsdruck von 7 mmHg. In der Bilanz werden 90 % der im arteriellen Kapillarschenkel filtrierten Flüssigkeit von 20 Liter pro Tag im venösen Kapillarschenkel wieder reabsorbiert. Die restlichen 10 % (2 l/Tag) werden über das lymphatische System (Kap. 4.5.1.5) abtransportiert (Abb. 4.16).
Merke
Flüssigkeitsreabsorption pro Tag:
•
Venöser Kapillarschenkel: 18 l (90 %)
•
Lymphsystem: 2 l (10 %)
•
Blutdruckanstieg
•
Orthostase
•
Erhöhung des Blutvolumens
•
Weitung der arteriellen Widerstandsgefäße
•
Abflusshindernissen im venösen Schenkel mit Erhöhung des venösen Kapillardrucks (z. B. Herzinsuffizienz, Venenerkrankungen)
•
Eiweißmangel mit Abnahme des kolloidosmotischen Kapillardrucks (Hungerödeme)
Klinik
Klinisches Zeichen einer dekompensierten Rechtsherzinsuffizienz sind Beinödeme. Ursache ist ein erhöhter hydrostatischer Druck im venösen Kapillarschenkel, der durch die Pumpschwäche des rechten Herzens entsteht (Rückstau des venösen Blutes in die Peripherie). Hierdurch wird weniger Gewebeflüssigkeit aus dem Interstitium in die Kapillaren aufgenommen. Die Flüssigkeit sammelt sich vor allem in den abhängigen Körperpartien und verursacht Schwellungen, die zuerst als Knöchelödeme klinisch sichtbar werden.
4.5.1.5
Lymphatisches System
Klinik
Eine Unterbrechung oder Verstopfung der Lymphbahnen im Gewebe, z. B. durch Verletzungen, Operationen oder Parasiten, behindert die lymphatische Drainagefunktion und führt so zum Lymphödem, einer Flüssigkeitsansammlung im abhängigen Gewebe.
4.5.2
Regulation der regionalen Durchblutung
4.5.2.1
Myogene Autoregulation
Druckreflektorische Kontraktion
Bedeutung
4.5.2.2
Nervale Regulation
Sympathikus
Die nervale Kontrolle der Durchblutung ist überwiegend Aufgabe des sympathischen Nervensystems. Noradrenerge vasokonstriktorische Fasern innervieren Arterien und Arteriolen und in geringem Maße auch Venen und Venolen. Dabei stehen diese Gefäße unter einem ständigen vasokonstriktorischen Ruhetonus von 1–3 Impulsen pro Minute. Eine maximale Vasokonstriktion wird bei 10 Impulsen pro Minute erreicht. Durch eine Absenkung des vasomotorischen Ruhetonus können auch vasodilatatorische Effekte erzielt werden. Eine völlige Ausschaltung des basalen Vasokonstriktorentonus führt zu einem starken Blutdruckabfall auf 40–60 mmHg und damit zum neurogenen Schock (Kap. 4.3.4.3).
Parasympathikus
4.5.2.3
Humorale Regulation
Catecholamine
Die aus dem Nebennierenmark freigesetzten Catecholamine Adrenalin und Noradrenalin üben je nach Rezeptorbesetzung der Zielorgane unterschiedliche Wirkungen aus: Überwiegen die α-Rezeptoren, treten vasokonstriktorische Effekte auf, bei Überwiegen der β-Rezeptoren dagegen vasodilatatorische Effekte.
Noradrenalin wirkt überwiegend an α-Rezeptoren, Adrenalin dagegen sowohl an α- als auch an β-Rezeptoren. Da die Erregungsschwelle der β-Rezeptoren niedriger ist als die der α-Rezeptoren, wirken niedrige (physiologische) Adrenalindosen über β-Rezeptoren vorwiegend vasodilatatorisch, wohingegen hohe (pharmakologische) Adrenalindosen über die α-Rezeptoren vasokonstriktorisch wirken.
Merke
•
Noradrenalin:
–
α-Rezeptoren → Vasokonstriktion
•
Adrenalin:
–
α-Rezeptoren → Vasokonstriktion (hohe Dosen)
–
β-Rezeptoren → Vasodilatation (niedrige Dosen)
Kinine
Prostaglandine
•
PGI2 wirkt an allen glatten Gefäßmuskelzellen vasodilatierend.
•
PGE2 wirkt vasodilatierend, indem es die Effekte von Bradykinin und Histamin verstärkt.
•
PGF2α dilatiert vor allem die Nierengefäße. Daneben steigert es die Reninproduktion.
•
Thromboxan-A2 (TXA2) ist ein potenter Vasokonstriktor. Außerdem fördert TXA2 die Plättchenaggregation (Kap. 2.5.2.1).
Andere Substanzen
Klinik
Auch an den meningealen Arterien bewirkt Serotonin eine Vasokonstriktion. Dies erklärt die gute Wirkung von Serotoninrezeptor-Agonisten (z. B. von Sumatriptan und anderen Triptanen) bei Migräne. Die dem Migränekopfschmerz zugrunde liegende Vasodilatation meningealer Gefäße wird durch die serotoninagonistische, vasokonstriktorische Wirkung der Triptane aufgehoben.
Endotheline werden vorwiegend aus Endothelzellen freigesetzt und bewirken eine starke Vasokonstriktion. Sie dienen der lokalen Durchblutungsregulation. Ihre Freisetzung wird durch eine Erhöhung der endothelialen Ca2+-Konzentration getriggert.
4.5.2.4
Metabolische Regulation
Direkte Vasodilatation
Sekundäre Vasodilatation durch Stickstoffmonoxid (NO)
Die metabolischen Mechanismen der direkten Vasodilatation wirken zunächst nur im Bereich der Mikrozirkulation. Steigt die Durchblutung hier an, führt dies jedoch sekundär auch zu einer Vasodilatation von Arteriolen und terminalen Arterien zentralwärts der Gebiete mit gesteigerter Mikrozirkulation. Diese sekundäre Vasodilatation wird über Stickstoffmonoxid (NO) vermittelt.
Mit dem Anstieg der Stromstärke im Gefäßsystem geht eine erhöhte Schubspannung im Kontaktbereich Blut/Endothel einher. Diese Schubspannung wird von Sensoren in den Endothelien registriert und führt so zur Freisetzung des nur wenige Sekunden stabilen NO aus dem Endothel. NO führt zur vermehrten Bildung von cGMP und bewirkt dadurch eine Erschlaffung von Gefäßmuskelzellen mit nachfolgender Vasodilatation (Kap. 1.7.3).
Auch die vasodilatatorischen Wirkungen anderer Substanzen wie Acetylcholin, Bradykinin, Serotonin und ADP werden über eine Steigerung der NO-Freisetzung vermittelt.
Die durch NO-Freisetzung hervorgerufene Vasodilatation kann die Durchblutung auch in „höher“ gelegenen Gefäßgebieten (Arteriolen, terminale Arterien) steigern, in denen metabolische vasodilatierende Faktoren weniger wirksam sind als in den distalen Ästen der Mikrozirkulation. Die schubspannungsgesteuerte Vasodilatation wird deshalb auch als aszendierende Dilatation bezeichnet.
Merke
Einen Überblick über die humorale und metabolische Steuerung von Vasokonstriktion und Vasodilatation gibt Tab. 4.4.
4.5.2.5
Langzeitregulation
4.6
Organkreisläufe
Die wichtigsten Durchblutungsparameter der einzelnen Organkreisläufe gibt Tab. 4.5 wieder.
4.6.1
Lunge
4.6.1.1
Druck und Strömung in den Lungengefäßen
Drücke
Gesamtwiderstand
Strömung
Merke
Blutdruck im Lungenkreislauf: 20/8 mmHg.
4.6.1.2
Funktionelle Besonderheiten
Blutreservoir
Hydrostatische Druckdifferenz
Pulmonalarterieller Druckanstieg
Klinik
Positive intraalveoläre Drücke, wie sie z. B. bei der künstlichen Beatmung entstehen können, führen durch die Kompression alveolärer Gefäße zu einem Anstieg des pulmonalarteriellen Widerstands und damit des pulmonalarteriellen Drucks. Bei vorgeschädigtem Herzen kann diese vermehrte Druckbelastung zu einer Überlastung des rechten Herzens (Cor pulmonale) führen. Folge sind periphere Ödeme.
4.6.1.3
Kontrolle der Lungendurchblutung
Konstanter Blutdruck
Euler-Liljestrand-Mechanismus
Bei lokalem Abfall der O2-Konzentration in den Lungenalveolen wird die Durchblutung der betroffenen Alveolarabschnitte durch Vasokonstriktion gedrosselt (Euler-Liljestrand-Mechanismus, Kap. 5.5.3.1). Hierbei verhalten sich die Gefäße der Lungenstrombahn exakt spiegelbildlich zu den mikrozirkulatorischen Gefäßen des Körperkreislaufs, die bei Sauerstoffmangel dilatieren. Ziel dieser gedrosselten Durchblutung von schlecht mit Sauerstoff versorgten Alveolargebieten ist eine Umverteilung des pulmonalen Blutflusses zugunsten von Gebieten mit besserer Belüftung und höherem alveolären O2-Partialdruck. Hierdurch wird der funktionelle Totraum reduziert und die Sauerstoffaufnahme effektiver gestaltet.
Gegenüber diesen lokalen Mechanismen ist die Innervation der Lungengefäße durch sympathische vasokonstriktorische Fasern von untergeordneter Bedeutung.
Merke
Sauerstoffmangel:
•
Vasokonstriktion der Lungenstrombahn
•
Vasodilatation der mikrozirkulatorischen Gefäße des Körperkreislaufs
Lerntipp
Ein sehr gerne geprüftes Thema: der Euler-Liljestrand-Mechanismus. Gleich nochmal ansehen!
4.6.2
Gehirn
4.6.3
Haut
Temperaturabhängige Durchblutung
Regulation
•
In distalen, akralen Hautarealen (z. B. Hände, Füße, Ohren) herrscht schon unter Ruhebedingungen ein relativ starker vasokonstriktorischer Tonus noradrenerger sympathischer Fasern. Bei Stress (auch bei psychischer Belastung) steigt der Sympathikotonus weiter. Hände und Füße werden blass und kalt. Lässt dieser Vasokonstriktorentonus nach, kommt es zur Vasodilatation.
•
In mehr zum Körperstamm hin gelegenen Hautgebieten wird die Vasodilatation dagegen vorwiegend durch Ausschüttung von Bradykinin ausgelöst, das bei der Erregung der zu den Schweißdrüsen ziehenden cholinergen sympathischen Fasern freigesetzt wird.
Blutdepot
4.6.4
Skelettmuskel
Belastungsabhängige Durchblutung
Reaktive Hyperämie
Klinik
Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ist die ausreichende Durchblutung der Extremitätenmuskulatur aufgrund von zumeist arteriosklerotisch bedingten Stenosen nicht mehr gewährleistet. Dadurch kommt es ab einer gewissen Wegstrecke zu ischämischen Schmerzen in der Beinmuskulatur. Die Patienten bleiben so lange stehen, bis die schmerzhafte Sauerstoffschuld wieder ausgeglichen ist: Claudicatio intermittens (Schaufensterkrankheit).
4.6.5
Splanchnikusgebiet
Durchblutung der Leber
Blutspeicher
Klinik
Bei einer Leberzirrhose entsteht durch die Schädigung des Lebergewebes und der hepatischen Mikrozirkulation (Erhöhung des intrahepatischen Widerstands) ein Pfortaderhochdruck. Typische Folgen sind Aszites („Bauchwassersucht“) und venöse Umgehungskreisläufe (z. B. Ösophagusvarizen, Caput medusae).
4.7
Fetaler und plazentarer Kreislauf
4.7.1
Organisation
4.7.1.1
Plazentakreislauf
O2- und CO2-Austausch
Sauerstoffpartialdruck
Der Sauerstoffpartialdruck in den mütterlichen arteriellen Plazentagefäßen liegt bei 50 mmHg, der entsprechende Partialdruck des oxygenierten fetalen Blutes in der V. umbilicalis bei 30 mmHg.
Dass dieser relativ niedrige O2-Partialdruck für eine adäquate Sauerstoffversorgung des Fetus ausreicht, liegt an 3 Besonderheiten des Plazentakreislaufs:
•
Fetales Hämoglobin (HbF): Das HbF transportiert bei gleichem Sauerstoffpartialdruck 20–30 % mehr Sauerstoff als das normale Erwachsenenhämoglobin, weil die O2-Affinität des fetalen HbF größer ist. So liegt der Halbsättigungswert des HbF, d. h. der Partialdruck, bei dem 50 % des Hämoglobin mit O2 besetzt sind (P50), bei lediglich 19 mmHg (P50 = 27 mmHg bei adultem HbA, Kap. 5.6.2.2).
•
Hämoglobinkonzentration: Sie ist beim Fetus um 50 % höher als bei der Mutter. Auch hierdurch steigt die Sauerstofftransportkapazität.
•
Bohr-Effekt (Kap. 5.6.2.2): Die Sauerstoffbindungskapazität von Hämoglobin ist bei niedrigen CO2-Partialdrücken im Blut erhöht. Die fetale Sauerstoffaufnahme wird durch diesen Effekt begünstigt, da das CO2 des von den Aa. umbilicales angelieferten fetalen Blutes in der Plazenta rasch in Richtung der mütterlichen Gefäße diffundiert. Diese rasche Diffusion des CO2 aus den fetalen in die mütterlichen Gefäße wird durch den unter der Schwangerschaft erniedrigten CO2-Partialdruck im mütterlichen arteriellen Blut (unter 40 mmHg) erleichtert. Der niedrigere CO2-Partialdruck der Mutter ist die Folge der progesteroninduzierten physiologischen Schwangerschaftshyperventilation.
4.7.1.2
Fetaler Kreislauf
Oxygeniertes Blut
Sauerstoffarmes Blut
Parallelschaltung der Ventrikel
Merke
Fetaler Kreislauf:
•
Ductus venosus umgeht den Leberkreislauf.
•
Ductus arteriosus umgeht den Lungenkreislauf.
4.7.2
Umstellungen nach der Geburt
•
Drucksteigerung in linkem Herzen und Aorta: Durch den Wegfall der Plazentadurchblutung verdoppelt sich der systemische Gefäßwiderstand bei der Geburt. Dies führt zu einem gesteigerten Druck im linken Atrium, im linken Ventrikel und in der Aorta.
•
Verminderung des pulmonalen Gefäßwiderstands: Durch die Entfaltung der Lunge mit den ersten Atemzügen vermindert sich der pulmonale Gefäßwiderstand und mit ihm der Druck im rechten Atrium, im rechten Ventrikel und in der A. pulmonalis.
4.7.2.1
Foramen ovale
Verschluss
Das Foramen ovale verschließt sich aufgrund des postnatal geringen Drucks im rechten und des relativ höheren Drucks im linken Atrium. Durch diese Druckumkehr legt sich eine Klappe auf der linken Seite des Vorhofseptums vor die Öffnung des Foramen ovale und verhindert so einen weiteren Blutaustausch (Shunt) auf Vorhofebene.
Offenes Foramen ovale
Ein offen bleibendes Foramen ovale kann eine verstärkte Belastung des rechten Herzens durch das über den linken Vorhof einströmende Blutvolumen zur Folge haben und bedarf je nach Schweregrad einer operativen Korrektur.
4.7.2.2
Ductus arteriosus (Botalli)
Verschluss
Offener Ductus arteriosus
Klinik
Bei der Auskultation ist ein offener Ductus arteriosus (Botalli) an einem typischen systolisch-diastolischen Dauergeräusch („Maschinengeräusch“) über der Brustwand erkennbar.
4.7.2.3