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Biologische Grundlagen der Anpassung und ihre Entwicklung
eine Einführung
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2.1
Einleitung25
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2.2
Zur Operationalisierung des biopsychosozialen Modells: Stress, Allostase, Resilienz und Krankheit25
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2.3
Ebenen und Verlauf von Stressreaktion/ Anpassungsprozess: Welche Systeme und Prozesse sind beteiligt?26
2.1
Einleitung
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Genetik, Epigenetik (Kap. 3.1)
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Neurobiologie (Kap. 4)
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Endokrinologie (Kap. 5), Immunologie (Kap. 6) und
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Physiologie (Kap. 7).
2.2
Zur Operationalisierung des biopsychosozialen Modells: Stress, Allostase, Resilienz und Krankheit
Dosis, Dauer, Qualität und Bewertung des Stressors einerseits sowie biopsychosoziale Konstitution und Kondition andererseits entscheiden also über das pathogene Potenzial einer Stresseinwirkung.
Anhaltende, nicht kontrollierbare Störungen und Belastungen können so in die Zivilisationskrankheiten einmünden, vor allem dann, wenn die Befähigung, sie zu bewältigen, sowohl im psychischen wie im somatischen Sinne nicht gegeben ist oder fortschreitend verloren geht (Temoshok 1983; van Dyke et al. 1984; Eriksson et al. 2014; Gold 2015; Muller und Pawelec 2014).
2.3
Ebenen und Verlauf von Stressreaktion/Anpassungsprozess: Welche Systeme und Prozesse sind beteiligt?
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Seitens der Genetik werden Voraussetzungen geschaffen, effizient auf eine Herausforderung reagieren zu können. Diese Voraussetzungen können epigenetisch reguliert werden, d. h., die Kapazität, einer Anpassungsanforderung zu begegnen, kann nicht nur langfristig genetisch vorbestimmt sein, sondern auch durch epigenetische Modifizierung innerhalb einer Lebensspanne und transgenerationell geprägt werden (Kap. 3.1). Epigenetische Veränderungen beinhalten Modifikationen der Weitergabe von genetischen Inhalten. Diese können sich auf der Grundlage von psychosozialen Einflüssen entwickeln. Man spricht auch davon, dass eine genetische Prädisposition oder eine epigenetische Prägung der Anpassungskapazitäten eine höhere Anpassung(sreaktion)adaptiveoder niedrigere Stressresilienz bedingen kann.
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Auch anhand der neurobiologischen Dimension erfolgen Anpassungsprozesse (Kap. 4). In der entsprechenden Forschung wird vor allem auf eine Kartierung der zentralen Prozesse fokussiert. Mit bildgebenden Methoden werden verschiedene Hirnfunktionen lokalisiert, in denen Belastungen bearbeitet und registriert werden, darunter Gedächtnis, Emotionen, Empathie, Repräsentanz sozialer Beziehungen oder das Selbsterleben. Dabei zeigt sich ein bidirektionaler Zusammenhang. Einerseits steuern zentrale Hirnstrukturen die neuroendokrine StressreaktionStressantwortneuroendokrine, andererseits können durch eine neuroendokrine Stressreaktion neuronale Strukturen modifiziert werden.
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Die Psychoneuroendokrinologie hat die hormonellen Anpassungsprozesse zum Gegenstand (Kap. 5), sicher am bekanntesten darunter die vielfältigen Möglichkeiten, Kortisol in den verschiedensten Körpermaterialien von Blut über Speichel bis Haar zu bestimmen und darüber auf eine akute vs. chronische Aktivierung der HHNA zu schließen. Aber auch andere Produkte der Hypophyse, der peripheren endokrinen Organe und extraendokriner Organe wie der Haut sind hier Thema, z. B. Oxytocin oder Melatonin. Sie werden einerseits im Hinblick auf psychosoziale und kognitive Funktionen und andererseits an der Schnittstelle zur Immunologie und zur Organfunktion als Immunregulatoren und Wachstumsfaktoren untersucht.
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Auch das Immunsystem ist an den Anpassungsprozessen beteiligt. Die Immunantwort reagiert komplex auf die Einwirkung von Stress mit großen Unterschieden zwischen z. B. akuten und chronischen Expositionen (Kap. 6). Vereinfachend lässt sich zusammenfassen:
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Akuter StressakuterStress, der mit einer starken, aber zeitlich sehr begrenzten Aktivierung der Stressachsen einhergeht, fördert neurogene Entzündung und eine angeborene unspezifische und zelluläre Immunantwort. Es kommt zur verstärkten Ausschüttung von Zytokinen, die inflammatorisch wirken (INF-γ, TNF-α u. a.) und u. a. mit einer sog. T-Helferzell-Reaktion vom Typ 1 assoziiert sind. So können unter akutem Stress Viren, Bakterien und Pilze rasch und effizient abgewehrt werden. Jedoch kommt es auch zu prominenten „Kollateralschäden“ infolge der Freisetzung von Sauerstoffradikalen im Gewebe oder Abwehr von „Fremdkörpern“, die keine eigentliche Gefahr darstellen.
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Unter chronischem StresschronischerStress hingegen finden sich verstärkt spezifische humorale Immunantworten, die wenig „Kollateralschäden“ bewirken, jedoch zeitintensiv und zur Abwehr akuter Gefahren ungeeignet sind. Es werden vermehrt ZytokineZytokineantiinflammatorische wie IL-4, -5 und -10 freigesetzt, welche die akute entzündliche Reaktion unterdrücken. Dies kann subjektiv als Immunsuppression und Schutz vor akuter Erkrankung wahrgenommen werden. Andererseits fördert diese Verschiebung der Immunbalance zum Typ 2 des T-Helferzell-Profils das Risiko der Überproduktion von Antikörpern und damit von autoimmunen Geschehen und Allergien (Dhabhar 2000).
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Gegenstand der Psychophysiologie sind schließlich peripher, meist nichtinvasiv ablesbare Indikatoren für eine veränderte Aktivität der adaptiven Systeme (z. B. Blutdruck, Puls, Herzratenvariabilität, Atemfrequenz und -tiefe, Hautleitwert, Hirnströme u. a.; Kap. 7).
Regulationsvorgänge zwischen verschiedenen Systemebenen, physiologische Stressreaktion, adaptive Regulationen: Wege zur AnpassungAnpassung(sreaktion)Regulationsvorgänge involvieren neben den neuroendokrinen Prozessen immer die Immunantwort, die Regenerationskapazität betroffener Gewebe und metabolische Prozesse. Im Verlauf der akuten StressantwortStressantwortakute – u. a. moderiert über die eingezeichneten vier Achsen – verändert sich eine Vielzahl von Variablen verschiedener körperlicher Systeme wie: Herz-Kreislauf-Leistung, Tonus der glatten Muskulatur, Tonus des Halte-, Stütz- und Bewegungsapparats, Sekretion von Schweiß und Verdauungssäften, Aktivierung des Energiestoffwechsels, Immunbalance sowie Aktivierung von Vigilanz und Bewusstsein. Diese Veränderungen können als funktionelle Outcomes durch eine Vielzahl von Surrogatparametern erfasst werden. Das X zeigt an, das bei Nichtgelingen des Adaptationsprozesses eine stressabschaltende Rückkopplung entfällt und eine fortgesetzte Aktivierung der Stressreaktion stattfinden kann. (SA1 = sympathische Achse; CA2 = cholinerge Achse; HHNA3 = Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinde-Achse; NN4 = Neurotrophin/Neuropeptid-Achse)
[L231]

Literaturauswahl
Bernard, 1865/1927
Black, 2002
Cannon, 1929
Dhabhar, 2000
Gold, 2015
Lazarus and Folkmann, 1984
Oken et al., 2015
Peters et al., 2012
Seyle, 1950
Temoshok, 1983