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Richtwerte des täglichen Flüssigkeitsbedarfs bei Kindern, modifiziert nach Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE). D-A-C-H-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr Flüssigkeitsbedarf:Kinder2000
Alter | Empfohlene Trinkmenge pro Tag | Umgerechnet in Gläser (150 ml/Glas) |
1–4 Jahre | 800 ml | etwa 5 Gläser |
4–7 Jahre | 950 ml | etwa 6 Gläser |
7–10 Jahre | 1000 ml | etwa 6,5 Gläser |
Schweregrade der Dehydratation
(nach WHO, 2010)
Dehydratation | Leicht | Mittelschwer | Schwer |
Gewichtsverlust | < 3 % | 3–8 % | > 9 % |
Allgemeinzustand | wach, durstig, unruhig | sehr unruhig oder schwach | somnolent, peripher kalt |
Puls | normal-frequent | frequent-vermindert | schwach bis fehlend |
Hautturgor | Hautfalten verstreichen sofort | Hautfalten verstreichen verlangsamt, aber < 2 Sek. | stehende Hautfalten > 2 Sek. |
Schleimhäute | feucht | trocken | sehr trocken |
Fontanelle | im Niveau, leicht eingesunken | eingesunken | sehr eingesunken |
Augen | im Niveau, leicht eingesunken | eingesunken | tief eingesunken |
Tränen | normal | vermindert | fehlend |
Urinproduktion | normal | Oligurie | Oligurie-Anurie |
Übersicht über die Abnahme von Organfunktionen zwischen dem 30. und dem 75. Lebensjahr
(Prozentwerte nach Sloane [11])
Organsystem | Sinkt um bis zu … | Daraus resultierende mögliche Probleme sind unter anderem … |
Gehirngewicht | 44 % | sinkende Gedächtnisleistung |
Gehirndurchblutung | 20 % | geringere Reserve, z. B. bei medizinischen Eingriffen (OP) |
Nervenleitungsgeschwindigkeit | 10 % | Herabsetzung der Reaktionsgeschwindigkeit |
Anzahl der Geschmacksknospen | 65 % | Unlust am Essen („alles schmeckt fade“) |
maximaler Pulsschlag | 25 % | geringere körperliche Leistung |
Herzschlagvolumen in Ruhe | 30 % | – |
NierenfiltrationsleistungNierendurchblutung | 31 %50 % | langsamere Ausscheidung von Medikamenten |
maximale Sauerstoff-Aufnahme des Blutesmaximale Ventilationsrate | 60 %47 % | geringere Leistungsreserven z. B. in Höhenlagen |
Vitalkapazität | 44 % | Einschränkung z. B. der OP-Fähigkeit |
Mineralgehalt der KnochenFrauenMänner | 30 %15 % | Osteoporose mit Gefahr pathologischer Frakturen |
Muskelmasse | 30 % | erhöhtes Sturzrisiko; geringere körperliche Leistungskraft, z. B. reduzierte Handmuskelkraft; höhere Verletzungsanfälligkeit der Muskulatur |
maximale körperliche Dauerleistung | 30 % | – |
Grundstoffwechsel | 16 % | Übergewicht bei nicht angepasster Ernährung |
Gesamtkörperwasser | 18 % | gehäufte Probleme im Wasserhaushalt; höhere Medikamentenspiegel, häufigere unerwünschte Arzneimittelwirkungen |
Differenzialdiagnose des Verwirrtheitszustands nach Lipowski [9]
Diagnose | Delir | Demenz |
Beginn | plötzlich | allmählich |
Verlauf über 24 h | fluktuierend, oft nächtliche Zunahme | gleichmäßig, gelegentlich nächtliche Zunahme |
Halluzinationen | visuell | selten |
Illusionäre Verkennungen | häufig, Suggestibilität | selten |
Bewusstsein | Eingeschränkt, dämmert im Gespräch weg | normal |
Aufmerksamkeit | deutlich eingeschränkt | meist normal |
kognitive Leistungen | sämtlich gestört | sämtlich gestört |
Psychomotorik | wechselnd gesteigert und reduziert, hyper- bzw. hypoaktive Delirform | meist normal |
Sprache | inkohärent, wechselndes Sprachtempo | Wortfindungsstörung, Perseverationen, kein „roter“ Faden |
unwillkürliche Bewegungen | Haltetremor, Asterixis | keine |
epileptische Anfälle | oft vor Beginn der Symptomatik | keine |
neurologische Herdzeichen | Koordinationsstörung | selten |
A-B-Säulenmodell
A-Säule (während der Akutbehandlung) | B-Säule (nach der Akutbehandlung) |
kurze Trainingszeit + kurze Pausen | lange Trainingszeit/lange Pausen |
5 ×/Woche | 2–3 ×/Woche |
Regeneration 2 Tage | 4–5 Tage |
Naturheilverfahren bei ausgewählten Patientengruppen
Kinderkrankheiten
KinderkrankheitenNaturheilverfahren unterschiedlichster Art erfahren in den letzten Jahren v. a. in der Kinderheilkunde eine gesteigerte Nachfrage. Dieser Nachfrage steht mittlerweile ein kaum mehr überschaubares Angebot sog. alternativer Naturheilverfahren gegenüber, die meist weder fundiert noch überwacht sind. Zum Schutz der Kinder ist daher die Indikation sehr kritisch zu sehen und im Zweifel abzulehnen.
Klassische Naturheilverfahren – die Hydro-, Phyto-, Ordnungs-, Ernährungs- und Bewegungstherapie – sind hingegen anerkannte Verfahren, deren positiven Wirkungen zunehmend auch in der Kinderheilkunde durch placebokontrollierte Studien bestätigt werden.
Bei der Behandlung chronischer Erkrankungen und leichter bis mittelschwerer Infektionen, wie sie bei Kindern sehr häufig vorkommen, sind sie eine effektive, kostengünstige und nebenwirkungsarme Ergänzung zu schulmedizinischen Maßnahmen. Darüber hinaus sind sie ein wichtiger Baustein in der Prophylaxe und tragen zu einer bewussten und nachhaltigen Lebensführung bei.
Ordnungstherapie
Praxistipp
Leitlinien einer positiven Erziehung nach Triple P (www.triplep.de).
•
Erziehung, LeitlinienFür eine sichere und interessante Umgebung sorgen: Kinder brauchen eine sichere und interessante Umgebung, um sich ohne Gefahren und ständige Verbote gut entwickeln zu können.
•
Eine positive und anregende Lernatmosphäre schaffen: Elterliche Unterstützung, Zuwendung und Aufmerksamkeit hilft Kindern, Neues auszuprobieren und sich häufiger angemessen zu verhalten.
•
Sich konsequent verhalten: Wenn Eltern konsequent und vorhersehbar reagieren, lernen Kinder Verantwortung zu übernehmen und entwickeln Selbstkontrolle.
•
Realistische Erwartungen entwickeln: Realistische Erwartungen der Eltern an sich selbst und an ihre Kinder entlasten die Familie und verhindern, dass Eltern sich und ihre Kinder überfordern.
•
Die eigenen Bedürfnisse beachten: Eltern fällt es leichter, geduldig, gesprächsbereit und konsequent auf ihre Kinder zu reagieren, wenn sie auch ihre eigenen Bedürfnisse berücksichtigen. Kompetenzen von Kindern fördern.
Hydro- und Thermotherapie
Praxistipp
Gemäß Kneipp gilt: Kein kaltes Wasser auf kalte Gliedmaßen geben, nach einem Kaltreiz muss eine aktive Wiedererwärmung erfolgen. Als weiterer Grundsatz kann gelten: Abhärtende Maßnahmen können solange durchgeführt werden, wie Eltern ihre Kinder mit einem milden Infekt noch in den Kindergarten schicken würden.
Zu beachten sind folgende Richtlinien:
•
Beginn ab 6. Lebensmonat
•
regelmäßige Anwendung (mindestens 3 × /Woche)
•
spielerisch heranführen
•
mit sanften Reizen beginnen
•
Anwendungen sollen nie schmerzhaft sein
•
auf warme Füße/Arme vor und nach Anwendung achten
•
Temperatur an jeweilige Verfassung anpassen
•
regelmäßige allgemeine Hautpflege
Phytotherapie
Exkurs
Um den gewünschten Wirkstoff aus Pflanzen zu extrahieren, wird meist Ethanol als Extraktionsmittel verwendet. Flüssige Phytopharmaka können somit zwischen 7 und 45 Vol% Ethanol enthalten, was bei der Behandlung von Kindern Bedenken auslösen kann. Die sog. Widmark-Widmark-FormelFormel zur Berechnung des Blutalkoholgehalts zeigt jedoch, dass selbst Therapeutika mit 45 Vol.% Ethanol im therapeutischen Bereich weit unter einer möglichen Toxizität liegen. Das anfallende Ethanol wird durch die Alkoholdehydrogenase so schnell abgebaut, dass es zu keiner Akkumulation kommt. Vorsicht ist allerdings bei Säuglingen bis zum 10. Lebensmonat geboten, da bei ihnen die Alkoholdehydrogenaseaktivität noch nicht ausreichend vorhanden ist [2].
Bewegungstherapie
Ernährungstherapie
Nahrungsmittel und Kalorienzufuhr
Merke
Die benötigte Kalorienzufuhr lässt sich durch folgende einfache Faustformel bestimmen.
•
Kinder bis 10 Jahre 1.000 + Alter × 100
•
Mädchen > 10 Jahre ca. 1.600 kcal./Tag
•
Jungen > 10 Jahre ca. 2.500 kcal./Tag
Trinkmenge
8.1.1
Infektanfälligkeit
Merke
Anamnese
•
positive Familienanamnese für angeborene Immundefekte
•
acht oder mehr eitrige Otitiden pro Jahr
•
zwei oder mehr schwere Sinusitiden pro Jahr
•
zwei oder mehr Pneumonien innerhalb eines Jahres
•
antibiotische Therapie über zwei oder mehr Monate ohne Effekt
•
Impfkomplikationen bei Lebendimpfungen (insbesondere BCG und Polio nach Sabin)
•
Gedeihstörung im Säuglingsalter mit oder ohne chronische Durchfälle
•
rezidivierende tiefe Haut- oder Organabszesse
•
zwei oder mehr viszerale Infektionen (Meningitis, Osteomyelitis, septische Arthritis, Empyem, Sepsis)
•
Persistierende Candida-Infektionen an Haut oder Schleimhaut jenseits des ersten Lebensjahres
•
chronische Graft-versus-Host-Reaktion (z. B. unklare Erythema bei kleinen Säuglingen)
•
rezidivierende systemische Infektionen mit atypischen Mykobakterien
Diagnostik
•
BB, Diff-BB
•
IgA, IgG, IgM, IgE
•
ggf. sekretorisches IgA
•
ggf. IgG-Subklassen 1–4
•
ggf. Impftiterbestimmung (Pertussis, Pneumokokken, Diphterie, Masern)
Ordnungstherapie
Hydro- und Thermotherapie
Praxistipp
Grundregeln
•
Die Anwendungen sollen immer angenehm sein.
•
Wassertemperatur der jeweiligen Verfassung anpassen.
•
Bei Kleinkindern (1–5 Jahre) mit sanften Reizen beginnen.
•
Bei Infekt keine Kaltanwendung oder Sauna.
•
Mindestens 1 × tgl. Hautpflege durchführen.
Waschungen
•
Waschungen:KinderZeitpunkt: beliebig; kreislaufstärkende Oberkörperwaschung: morgens im Bett ca. 5–10 Min. vor dem Aufstehen, ausleitende Unterkörperwaschung abends zum Einschlafen.
•
Materialien: Waschhandschuh (bevorzugt aus Leinen) Badethermometer, Schüssel mit temperiertem Wasser.
•
Temperatur zu Beginn: Kleinkind (35 °C), Kinder (25–30 °C) – Schritt für Schritt kälteres Wasser benutzen.
Oberkörperwaschung
•
Beginn am rechten Arm: Vom Handrücken außen mit zügigen Streichungen über den Ellbogen bis zur Schulter und innen am Arm zurück, insgesamt 2 × durchführen.
•
Den linken Arm ebenso abwaschen.
•
Anschließend Rumpf und Hals kreisend abreiben, Ziel ist ein sanfter Wasserfilm auf der Haut! Gleich wieder anziehen, ohne abzutrocknen.
•
Nach Möglichkeit 5–10 Min. ruhen (z. B. Geschichte vorlesen, Tag planen, kuscheln).
Unterkörperwaschung
•
Beginn am rechten Bein: Vom Fußrücken außen über das Knie bis etwas über die Hüfte und innen zurück bis zur Ferse, insgesamt 2 × durchführen.
•
Linkes Bein ebenso abwaschen.
•
Zuletzt beide Fußsohlen waschen.
Knieguss
•
Knieguss:KinderZeitpunkt: beliebig
•
Materialien: Duschbrause/Gießkanne/Becher
•
Bei kleinen Kindern mit klein-flächigen Teilanwendungen (z. B. Fußrücken) beginnen.
•
Durchführung:
–
Kind steht in der Duschwanne. Mit dem Ausatmen beginnend, vom rechten Fußrücken ausgehend außen aufwärts bis etwa handbreit über das Knie gießen, dort kurz verweilen und an der Innenseite langsam abwärts. Insgesamt 2 × durchführen.
–
Anschließend das linke Bein.
–
Zum Abschluss beide Fußsohlen abgießen.
–
Danach Beine und Füße abstreifen, nicht abtrocknen, warme Socken anziehen und durch Bewegung/Spiel für Wiedererwärmung sorgen.
Taulaufen, Schneelaufen, Wassertreten
•
Wassertreten:KinderZeitpunkt: beliebig
•
Materialien: Handtuch
•
Vor Kaltanwendung durch Bewegung/Spiel für warme Füße sorgen.
•
Durchführung:
–
Im „Storchenschritt“ gemeinsam mit Ihrem Kind ca. 1–3 Min. (je nach Reizstärke) durch das Gras/den Schnee/das Wasser treten.
–
Anschließend Wasser/Schnee abstreifen, warme Socken anziehen und für Wiedererwärmung durch Bewegung/Spiel sorgen.
•
Als Wassertretbecken eignet sich auch sehr gut die Badewanne mit rutschfester Fußmatte.
Sauna für Kinder (ca. 70 °C)
•
Zeitpunkt: nachmittags
•
Voraussetzung: Mindestalter 6 Monate, infektfrei
•
Durchführung:
–
Ungeübte Kleinkinder zunächst mit der neuen Umgebung vertraut machen.
–
Der erste Saunagang beginnt auf der untersten Bank für max. 1–2 Min.
–
Anschließend den Körper mit lauwarmem Wasser abduschen und mit kühlem Knieguss beenden. Danach ca. 10–15 Min. ruhen (z. B. Geschichte vorlesen, trinken).
–
Auch geübte Kleinkinder nicht länger als 2 × 5 Min. saunieren lassen. Bitte auf reichlich Flüssigkeit achten.
Phytotherapie
Bewegungstherapie
Ernährungstherapie
Erweiterte Naturheilverfahren
Studien
Schaad et al. [9] konnten z. B. an 232 Kindern mit rezidivierenden Atemwegsinfekten im Alter von 36–96 Monaten eine signifikante Reduktion der Infekte durch Verum zeigen. Der Effekt war besonders deutlich bei Kindern, die in der Vorsaison an mehr als drei Infekten erkrankt waren. Darüber hinaus ging der Antibiotikaverbrauch um bis zu 50 % zurück. Relevante Nebenwirkungen waren nicht zu beobachten. Diese Ergebnisse wurden in einer Cochrane-Metaanalyse bestätigt.
8.1.2
Akute Atemwegsinfekte
Ordnungstherapie
Hydro- und Thermotherapie
•
So wird z. B. mit ansteigenden Fuß-und Armbädern eine erhöhte Durchblutung des Nasen-Rachen-Bereichs erreicht [14]. Durch allmähliches Ansteigen der Wassertemperatur werden eine optimale Gefäßweite und eine höchstmögliche passive Wärmezufuhr erzielt.
•
Inhalationen mit warm vernebelter physiologischer Kochsalzlösung sorgen für eine Befeuchtung der Atemwege und unterstützen so die mukoziliäre Clearance.
•
Für eine intensivierte Sekretolyse eignen sich hypertone Kochsalzlösungen (NaCl 1 oder 3 %), die mittlerweile als Fertiginhalate im Handel erhältlich sind.
•
Eine weitere Option bieten speziell für Kinder entwickelte Nasenduschen mit einfacher Handhabung. Säuglingen kann Muttermilch oder NaCl 0,9 % über Spritze oder Pipette mehrmals täglich direkt in die Nase verabreicht werden.
Praxistipp
Ansteigendes Fußbad
•
Durchzuführen am Nachmittag, benötigt werden Badethermometer Eimer/Wanne, Gießkanne mit ca. 45 °C warmem Wasser oder Duschbrause, Handtuch.
•
Durchführung:
–
Eimer mit angenehm warmem Wasser (ca. 35 °C) bis zu den Knöcheln des Kinds befüllen. Etwa 5 Min. warmes Wasser bis etwa unterhalb des Knies zufließen lassen, die Temperatur soll langsam ansteigen (Ziel ca. 39/40 °C).
–
Füße für weitere 5–10 Min. im Wasser belassen, dann abtrocknen, einölen, warme Socken anziehen und ca. 10–15 Min. nachruhen.
–
Während des Fußbades darf mit Händen und Füßen im Wasser gespielt werden.
Serielle Waschungen bei Fieber
Phytotherapie
Phytopharmaka bei Infekten der oberen Luftwege
Studien
Eine im American Journal of Pediatrics veröffentliche prospektive randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie von Paul et al. bestätigte einen signifikanten Effekt ätherischer Öle bei der Behandlung von Infekten der oberen Luftwege.
Die Anwendung eines menthol-, campher- und eukalyptushaltigen Vaporubs führte zu einer eindeutigen Reduzierung nächtlichen Hustens und Verbesserung der Nasenatmung sowie der Schlafqualität der Patientenkinder und deren Eltern.
Wie bei jedem Therapeutikum ist auch hier auf eine sachgerechte Anwendung zu achten. Kinder unter zwei Jahren und/oder Überempfindlichkeiten der Atemwege sollten wegen der möglichen Gefahr eines Laryngospasmus von der Therapie ausgenommen werden [16].
Phytopharmaka bei Rhinosinusitis
Studien
•
Für Myrtol beispielsweise konnten Federspil et al. in einer doppelblinden randomisierten Multicenterstudie an 331 Patienten mit akuter Sinusitis eine klare Überlegenheit gegenüber Placebo zeigen [17].
•
Auch 1,8-Cineol als ätherisches Öl des Eukalyptus globulus hat bei der Behandlung der nicht eitrigen Rhinosinusitis eine signifikant bessere Wirkung gegenüber Placebo mit Nasentropfen. Dies erbrachte eine prospektive, randomisierte, doppelblind, placebokontrollierte Studie an 152 Patienten mit akuter Rhinosinusitis [18].
Phytopharmaka bei akuter Bronchitis
Studien
Bei der Anwendung des Wurzelextrakts über 7 Tage konnte bei 200 Kindern im Vergleich zu Placebo eine deutliche Verbesserung des Bronchitis-Severity-Scores beobachtet werden (p< 0,0001). Dabei zeigte sich ein signifikanter Rückgang der Symptome bereits ab dem dritten Behandlungstag. Nach 7 Tagen waren insgesamt mehr als 75 % der Kinder entweder beschwerdefrei oder deutlich gebessert. In der Placebogruppe hingegen waren dies nur rund 25 %. Die Verträglichkeit ist gut [22]. Intermittierende Hinweise auf eine mögliche Hepatotoxizität konnten bisher nicht bestätigt werden [23].
Therapie des trockenen Reizhustens
•
Zunächst sollte über Nasentropfen mit Koch- oder Meersalz sowie Xylomethazolin bei Bedarf für eine freie Nasenatmung gesorgt werden, um eine Befeuchtung und Erwärmung der Atemluft zu gewährleisten.
•
Ansteigende Fußbäder und Halswickel unterstützen durch eine Durchblutungssteigerung der Schleimhäute des Nasen-Rachen-Bereichs den Heilungsprozess.
•
Zur Reduktion der irritierten Hustenrezeptoren haben sich Warminhalationen (z. B. Paritherm®) mit Kochsalz und phytotherapeutischen Zusätzen wie Kamille, Salbei oder Thymian bewährt.
•
Eine lokale Hustenstillung und Schleimhautregeneration wird über Muzilaginosa wie Eibisch, Spitzwegerich, Sonnentau oder Königskerze erreicht (z. B. Phytohustil-Sirup®, Isla Moos Pastillen®). Auch sollte, um eine weitere Austrocknung der Schleimhäute zu vermeiden, im Schlafbereich auf eine Luftfeuchtigkeit von mindestens 50 % und eine Zimmertemperatur von maximal 16–18 °C geachtet werden. Darüber hinaus ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig.
Merke
Bei Infektionen der Atemwege sind folgende klassische Naturheilverfahren angezeigt:
•
Hydrotherapie:
–
ansteigendes Fußbad
–
Waschungen bei Fieber
–
Wickel
–
Physiotherapie zur Sekretmobilisation
–
Gurgeln mit Salbeitee (ab 3–4 Jahre)
–
ausreichend Flüssigkeit
–
feuchte Tücher im Schlafbereich anbringen
–
Inhalationen mit NaCl (0,9–3 %)
•
Bewegungstherapie: moderate Bewegung im Infekt
•
Phytotherapie:
–
Muzilaginosa: Eibisch, Spitzwegerich, Malve, Isländisch Moos, Königskerze
–
Saponine, Bioflavonoide, Terpene: Thymian, Primel, Efeu, Eisenkraut, Ampfer, Enzian, Holunder, Pelargonium, Menthol, Eukalyptus, Campher u. v. a.
Bewegungstherapie
Ernährungstherapie
Praxistipp
Schlucken von serösem und mukösem Bronchialsekret kann zeitweise zu einer schleimig breiigen Konsistenz des Stuhlgangs führen.
8.1.3
Akute Gastroenteritis
Hydro- und Thermotherapie
Phytotherapie
Praxistipp
Moro-Karottensuppe
Gerbstoffhaltige Drogen
•
Extrakt: Zur Herstellung eines Tees Extrakt mit ca. 150 ml gekochtem Wasser übergießen, 15 Min. ziehen lassen und anschließend löffelweise trinken.
•
Tee: 1 gehäufter EL getrocknete Heidelbeeren mit 250 ml Wasser übergießen und 10 Min. kochen, nach dem Erkalten abseihen und tgl. 3–5 × löffelweise essen und trinken.
Ernährungstherapie
Merke
Eine Bestimmung der Elektrolyte oder des Säuren-Basen-Haushalts ist bei oraler Rehydrierung verzichtbar, da das Vorgehen bei allen Formen der Dehydratation identisch und sicher ist [27].
8.1.4
Chronische Bauchschmerzen bei Kindern und Jugendlichen
Praxistipp
Zum Ausschluss organischer Ursachen sind folgende anamnestische und diagnostische Erhebungen zu empfehlen.
Alarmsymptome für organisch bedingte Bauchschmerzen [33]
•
Gewichtsverlust >10 %
•
auffälliger Untersuchungsbefund
•
gastrointestinale Blutung
•
anhaltende Beschwerden im oberen oder unteren rechten Quadranten
•
persistierendes unklares Fieber
•
chronischer Durchfall
•
positive Familienanamnese
•
rezidivierendes Erbrechen
•
Schluckbeschwerden, Sodbrennen
•
gynäkologische Auffälligkeiten
•
Auffälligkeiten beim Wasserlassen
Basisdiagnostik
•
großes Blutbild
•
Entzündungsparameter (Blutsenkungsgeschwindigkeit [BSG], C-reaktives Protein [CrP]), Alaninaminotransferase [ALAT], Lipase)
•
Zöliakieserologie (Gesamt-IgA, Transglutaminaseantikörper-IgA oder Endomysiumantikörper-IgA)
•
Urinstreifentest
•
Hämoccult-Test, fäkale Entzündungsmarker (Calprotektin oder Lactoferrin)
Ordnungstherapie
Psychoedukation
Entspannungsmethoden
Kognitive Verfahren
Verhaltensorientierte Maßnahmen
Bewegungstherapie
Ernährungstherapie
Phytotherapie
Pfefferminzöl
Kamillenblüten
•
Kombinationspräparate: Kamille® N-Spitzner-Lösung, Kamillosan®-Konzentrat-Lösung, Eukamillat®-Lösung
•
Teezubereitungen: 1 EL Kamillenblüten (ca. 3 g aus Arzneibuchkamillenblüten) mit heißem Wasser (ca. 150 ml) übergießen, nach 5–10 Min. durch ein Teesieb filtrieren und tgl. 3–4 × 1 Tasse zwischen den Mahlzeiten trinken.
Merke
Kamillenfilterbeutel enthalten keine Kamillenblüten, sondern Kamillenkraut, welches nur sehr geringe Mengen an ätherischen Ölen und Flavonoiden enthält und somit für die medizinische Anwendung nicht geeignet ist.
Melissenblätter
Studien
•
Die phytotherapeutische Kombinationstinktur Iberogast®-Tinktur (5.5.5), zeigte bei insgesamt 595 Patienten mit funktioneller Dyspepsie in drei placebokontrollierten Studien eine statistisch signifikante Überlegenheit. Dieser Effekt wurde auch durch eine Anwendungsbeobachtung an 2.267 Patienten bestätigt [45].
•
Aus einer Anwendungsbeobachtung an 1.042 Kindern unter 12 Jahren mit Völlegefühl, Übelkeit, Oberbauchschmerzen und Bauchkrämpfen, ausgelöst durch Schulstress, liegen ebenfalls positive Ergebnisse vor [46]. Die Verträglichkeit dieser Kombinationstinktur sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern ist sehr gut.
8.1.5
Akute Otitis media
Praxistipp
In der symptomatischen Behandlung stehen unterschiedliche Therapien zur Verfügung:
•
Die Wichtigste ist das Erreichen von Schmerzfreiheit. Hierzu eignen sich antipyretische Analgetika wie Paracetamol und Ibuprofen, die bei ausgeprägter Schmerzsymptomatik auch im dreistündigen Wechsel gegeben werden können.
•
Abschwellende Nasentropfen (Xylomethazolin oder Oxymethazolin) in einer dem Alter entsprechenden Dosierung sowie Nasentropfen aus Koch- oder Meersalz haben sich zur Behandlung der meist gleichzeitig bestehenden Rhinitis bewährt. Sie werden allerdings in den Leitlinien nicht mehr empfohlen.
•
Bei Persistenz der Beschwerden über 48 Std. erfolgt eine Erweiterung der Therapie um ein Antibiotikum (z. B. Amoxicillin). Bei Kleinkindern während insgesamt 10 Tagen, bei älteren Kindern während 5–7 Tagen. Wichtig ist, dass auch bei einer antibiotischen Behandlung Analgetika weiter verabreicht werden, da eine antibiotische Therapie in den ersten 24 Std. keine Auswirkung auf die Schmerzsymptomatik hat.
•
Bei rezidivierenden Otitiden ist eine HNO-ärztliche Beurteilung der Adenoide und der Hörfähigkeit sinnvoll. Weiter sollte darauf geachtet werden, dass in der häuslichen Umgebung nicht geraucht wird.
Hydro- und Thermotherapie
Phytotherapie
8.1.6
Harnwegsinfekte im Kindesalter
Merke
Als unkomplizierter Harnwegsinfekt wird eine Infektion bezeichnet, bei der keine funktionellen oder anatomischen Anomalien im Harntrakt vorliegen oder Begleiterkrankungen diese begünstigen. Bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen ist immer eine weiterführende Diagnostik erforderlich.
Hydro- und Thermotherapie
Phytotherapie
•
Die klinische Wirksamkeit eines Kombinationspräparats aus Meerrettichwurzel und Kapuzinerkresse (Angocin®-Tabletten) ist auch bei Kindern mit akuter Zystitis belegt und in der Wirkung mit der eines Antibiotikums vergleichbar. Darüber hinaus zeigt das Phytotherapeutikum im Vergleich zu Antibiotika ein besseres Verträglichkeits- und Nebenwirkungsprofil [48].
•
Zur aquaretischen und antiphlogistischen Therapie eignen sich Kombinationen aus Trockenextrakten wie Hauhechelwurzel (Ononidis radix), Orthosiphonblätter (Orthosiphonis folium) und echtem Goldrutenkraut (Solidaginis herba) (z. B. Aqualibra®-Tabletten). Dabei sollte auf eine reichliche Flüssigkeitszufuhr von ca. 2 Litern pro Tag geachtet werden. Birkenblätter (Betulae folium) finden in der Kinderheilkunde aufgrund des herben Geschmackes und des Nebenwirkungsprofils keine Anwendung.
•
Tausendgüldenkraut (Centaurii herba), Liebstöckelwurzel (Levistici radix) und Rosmarinextrakt wirken als Kombinationspräparat (z. B. Canephron®-Tropfen) diuretisch, spasmolytisch und antimikrobiell und haben sich auch bei Kindern mit Zystitis bewährt.
Studien
Bezüglich der kanadischen Cranberry (Vaccinium macrocarpon), deren Wirkstoff Proanthocyanidin die Adhärenz von Bakterien verhindert, lassen neuere Studienergebnisse auf eine prophylaktische Wirkung bei der Vorbeugung von Harnwegsinfektionen schließen [49]. Die Wirksamkeit wird seit 2003 auch von der Cochrane Collaboration anerkannt. Allerdings liegen derzeit noch keine Untersuchungen bei Kindern vor.
Neben anatomischen und funktionellen Besonderheiten könnten auch immunologische Faktoren wie das sekretorische IgA im Urin in der Pathogenese von Harnwegsinfekten eine Rolle spielen. Dies zeigen Untersuchungen über das Lysat des Bakteriums Escherichia coli OM-89 (Uro-Vaxom®) [50]. Dieses bewirkt über eine Aktivierung der B-Lymphozyten eine erhöhte Synthese von sekretorischem IgA und Interferon im Urin.
Lettgen konnte in einer randomisierten, kontrollierten Pilot-Studie an 40 Mädchen zeigen, dass OM 89 (Uro-Vaxom®) in der Vorbeugung rezidivierender Harnwegsinfekte mit Nitrofurantoin vergleichbar ist. Aufgrund zunehmender Resistenzen und Nebenwirkungen stellt OM-89 (Uro-Vaxom®) eine effektive, nebenwirkungsarme und gut verträgliche Alternative zur Antibiotikatherapie dar [51].
Ernährungstherapie
8.1.7
Übergewicht/Adipositas
Ordnungstherapie
Rhythmizität
Kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze
Hydro- und Thermotherapie
Bewegungstherapie
Ernährungstherapie
Merke
Die langfristige Gewichtsreduktion im Kindes- und Jugendalter ist umso erfolgreicher, je mehr die gesamte Familie in die Therapie eingebunden ist.
Nahrungsmittel
-
•
Die insgesamt fünf Mahlzeiten pro Tag (drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten, um mögliche Heißhungerattacken zu verhindern) sollten abwechslungsreich, ausgewogen und schmackhaft sein. Als Nahrungsmittel sollten Kohlenhydrate in Form von Vollkornprodukten, fettarme tierische Lebensmittel wie Fleisch, Wurst, Milch und Milchprodukte sowie reichlich Obst und Gemüse bevorzugt werden.
-
•
Fast Food und Süßigkeiten in Maßen sind ebenfalls Teil der Ernährungspyramide und sollten Kindern und Jugendlichen nicht vorenthalten werden. Vielmehr spielt der sinnvolle Umgang mit diesen Nahrungs- und Genussmitteln die entscheidende Rolle.
Flüssigkeitszufuhr
-
•
Viel Trinken ist wichtig. Allerdings werden häufig Fruchtsäfte, Fruchtschorlen, Cola und Eistee konsumiert, durch welche bei hoher Trinkmenge viele Kalorien zugeführt werden. Daher sollte die Haupttrinkmenge aus Wasser bestehen.
-
•
Zur Reduzierung des Heißhungers und zur Füllung des Magens vor Einnahme der Mahlzeit hat sich bei übergewichtigen Patienten das Trinken von Wasser oder das Essen einer Suppe bewährt.
Literatur
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Geriatrische Erkrankungen und Beschwerden
geriatrische PatientenDie geriatrische Medizin befasst sich mit Alterskrankheiten und den besonderen körperlichen, mentalen, funktionellen und sozialen Gegebenheiten des alten Menschen. Als Spezialdisziplin trägt sie auch den Herausforderungen der Multimorbidität und der veränderten Pharmakodynamik und -kinetik Rechnung. Ihr Ziel ist es, den funktionellen Status und damit die Lebensqualität und Autonomie alter und gebrechlicher Menschen zu verbessern und möglichst lange zu erhalten. In Verfolgung dieser Ziele bedient sich die geriatrische Medizin ähnlich wie die Naturheilkunde eines ganzheitlichen Behandlungsansatzes, der neben dem Patienten auch Angehörige mit einbezieht und so den Schritt vollzieht: weg von der rein organfokussierten Medizin zu einer umfassenderen Herangehensweise, bei der die Wünsche der Patienten und der Erhalt bestmöglicher Autonomie in dem jeweils gegebenen Lebensumfeld wegweisend sind.
8.2.1
Physiologischer Alterungsprozess
Alterungsvorgänge: Herz-Kreislauf-Systems
Alterungsvorgänge: Atmungsorgane
Alterungsvorgänge: Verdauungssystems
Alterungsvorgänge: Nieren und Harnwege
Cave
Aufgrund der verminderten Leistungsfähigkeit der Nieren sollten Medikamente, die über die Nieren ausgeschieden werden, mit besonderer Vorsicht dosiert werden. Trotz eines scheinbar normalen Serumkreatininwerts kann die Clearance bei alten Menschen kritisch erniedrigt sein. Deshalb an Stelle des Serumkreatininspiegels einen errechneten Näherungswert für die glomeruläre Filtration verwenden, z. B. nach Cockcroft und Gault.
Alterungsvorgänge: Immunsystems
Alterungsvorgänge: Skelett- und Muskelsystems
Alterungsvorgänge: Sinnesorgane
•
Abnahme der Durstperzeption mit der Gefahr der inneren Austrocknung (Exsikkose)
•
Abnahme der Temperaturperzeption mit der Gefahr der Unterkühlung – über 65-Jährige können ohne Kältegefühl auf unter 35,5 °C Körpertemperatur abkühlen – und andererseits mit der Gefahr der Verbrennung (z. B. Wärmflasche)
•
Abnahme der Schmerzwahrnehmung (verstärkt bei Diabetes mellitus)
•
Abnahme der Propriozeption, die Balancefähigkeit etwa beim Überwinden kleiner Hindernisse am Boden leidet (erhöhte Sturzgefahr)
•
Abnahme der Druckwahrnehmung (Dekubitusgefährdung)
Besonderheiten der Therapien
8.2.2
Besonderheiten der Pharmakotherapie
Negativ-Listen
•
bisher noch geringer Bekanntheitsgrad
•
eingeschränkter praktischer Nutzwert, da diese Listen
–
viele ungebräuchliche Medikamente enthalten (z. B. Pethidin, Phenobarbital),
–
Medikamente enthalten, die trotz „Listung“ häufig an Alte verordnet werden (z. B. Zopiclon, Digoxin) oder zu denen es keine Alternativen gibt (z. B. Haloperidol bei Delir),
–
Medikamente nicht enthalten, die häufig an der unsinnigen Polypharmazie alter Menschen beteiligt sind (z. B. Prazole).
Anwendung geriatriespezifischer Prinzipien
•
Anwendung palliativmedizinischer Therapieprinzipien auf gebrechliche Hochbetagte durch Umschwenken auf eine strikt symptomlindernde Therapie, wenn folgende 3 Kriterien erfüllt sind:
–
„Nein“ als Antwort auf die Frage: „Wären Sie überrascht, wenn dieser Patient innerhalb der nächsten 6–12 Monate sterben würde?“
–
deutlich eingeschränkte Alltagsfunktionalität (Barthel-Index ≤ 50; der Barthel-Index von 0–100 dient der Quantifizierung von Pflegebedürftigkeit, wobei 0 eine absolute Pflegebedürftigkeit und 100 Autarkie in zehn Basisaktivitäten des täglichen Lebens bedeutet)
–
mindestens eine chronische fortgeschrittene Organkrankheit (Herzinsuffizienz ≥ NYHA III, fortgeschrittene Demenz, Niereninsuffizienz < GFR
•
Einsatz des geriatrischen Assessments zur Therapiesteuerung wenn Barthel < 70 und MMSE < 18) z. B. zurückhaltende Verordnung von oraler Antikoagulation
Multimorbidität
8.2.3
Naturheilkundliche Verfahren in der Geriatrie
Ordnungstherapie
Hydro- und Thermotherapie, Bewegungstherapie
•
Kneipp-Waschung (Oberkörper- oder Ganzkörperwaschung) ggf. mit Rosmarintee oder Essigwasser als milde kreislaufanregende und immunstimulierende Maßnahme
•
kurzes kaltes Fußbad bei unruhigen Beinen und zur Schlafförderung
•
ansteigende Armbäder zur Überwindung von Kältegefühl und allgemeiner Durchblutungssteigerung
•
wechselwarme Knie- und Wadengüsse zur Blutdrucksenkung und zum Kreislauftraining
•
kalter Schenkelguss bei Varikosis, soweit Kälte vertragen wird
•
Bürstung, 1 × morgens, selbst oder durch das Pflegepersonal und Einbeziehung der Angehörigen (nicht bei trockener und empfindlicher Haut)
•
Gesichtsguss, auch Frottierungen und Abreibungen zur allgemeinen Belebung
•
Heublumensack bei muskulären Verspannungen und arthrotischen Beschwerden
•
Schafgarben-Bauchwickel bei Verdauungsbeschwerden
•
Leberwickel nach dem Mittagsmahl zur Förderung des Stoffwechsels
•
Quarkauflagen auf entzündete schmerzende Gelenke
•
zur Nacht ein schlafförderndes nicht zu warmes Melissenbad
Phytotherapie
•
Verdauungsförderung: Zubereitungen aus Bitterstoffen und/oder ätherischen Ölen, wie z. B. u. a. gelber Enzian, Tausendgüldenkraut, Kalmus, Engelwurz
•
leichte Herzinsuffizienz: Weißdornpräparate
•
Atemwegserkrankungen: z. B. Isländisch Moos, Schlüsselblume, Thymian, Eibische
•
Diureseförderung: Birke, Ackerschachtelhalm, Brennnessel, Goldrute
•
Blasenschwäche und benigner Prostatahypertrophie: Kürbissamen, Sägepalme
•
depressive Verstimmung: Johanniskrautpräparate
•
Schlafstörungen: Baldrian, Hopfen; Lavendel, Melisse und Passionsblume
•
Beschwerden des Bewegungsapparates: Teufelskralle, Weidenrinde und Brennnessel
Bewegungstherapie/Massagen
Merke
Die beste Prophylaxe vor altersbedingten Beschwerden und Krankheiten ist die regelmäßige Bewegung – soweit möglich 4 ×/Wo. je 30 Min. Spazierengehen oder Radfahren. Dabei darf es auch kurzfristig zu einer stärkeren Belastung kommen. Tägliche körperliche Betätigung beugt zudem einer demenziellen Erkrankung vor.
•
Krankengymnastische Einzeltherapie oder auch Gruppentherapie dienen der Mobilisierung und Erhaltung umschriebener Gelenk- und Muskelfunktionen, entweder zur Prävention, aber auch zur Nachbehandlung bei operativen Eingriffen am Gelenkapparat. Gerade im Alter ist ein wesentliches Ziel der Bewegungstherapie der Erhalt der Gehfähigkeit. Darüber hinaus spielen gruppendynamische Effekte, Selbstbestätigung und Lebensfreude eine nicht unerhebliche Rolle.
•
Z. n. längerer Bettlägerigkeit: Ziel ist die Remobilisation. Dazu gehören die Thromboseprophylaxe durch Krankengymnastik, Atmungsübungen, isometrisch-isokinetische Übungen, passive, assistierte und aktive Übungen gegen Widerstand. Die Mobilisation aus dem Bett erfolgt in drei Schritten: Sitzen, Stehen und Gehübungen.
Ernährungstherapie
Praxistipp
•
Für ältere Menschen am günstigsten ist eine eiweißreiche, fettarme Mischkost. Ballaststoffe beugen der im Alter häufigen Obstipation vor, Milch und Milchprodukte sorgen für ausreichend Kalzium. Bei Neigung zu Hypertonie und Ödemen muss mit Salz gespart werden.
•
Können keine ausreichenden Nahrungsmengen aufgenommen werden, ist eine flüssige, voll bilanzierte Supplementnahrung angezeigt.
•
Die Ernährung über Nasogastralsonde ist heute weitgehend obsolet. Bei Schluck- und Kauproblemen mit Aspirationsgefahr kann in einzelnen Fällen die Anlage einer sog. PEG erforderlich werden.
•
Verlaufskontrolle der Ernährungstherapie: wöchentliches Wiegen mit schriftlicher Dokumentation, ggf. Bestimmung von Serumparametern (z. B. Albumin, Transferrin, Präalbumin, Cholinesterase, Elektrolyte, Eisen).
•
Mehrere kleine Mahlzeiten zubereiten, evtl. schon mundgerecht portioniert.
•
Aufgrund des oft deutlich reduzierten Durstempfindens ist auf eine ausreichende Trinkmenge von etwa 1,5 l–2 l/Tag zu achten.
•
Die Fähigkeit Glukose zu verstoffwechseln, sinkt altersbedingt durch eine reduzierte Insulinsekretion und/oder Insulinsensitivität. Regulierend wirken reichlich Gemüse, Obst und Ballaststoffe.
Erweiterte Naturheilverfahren und komplementärmedizinische Therapieverfahren
-
•
Mikrobiologische Therapie: Die mikrobiologische Therapie kann in der Geriatrie dazu dienen, die Immunität der Schleimhäute unterschiedlicher Organsysteme in gezielter Weise zu kräftigen. Bronchovaxom® z. B. enthält Bakterienlysat der im Bereich des Atemwegstrakts am häufigsten vorkommenden Bakterien und Pilze. Durch Verabreichung solcher pharmazeutischen Präparate lässt sich die Abwehr der Bronchien soweit stimulieren, dass Infektionen weitgehend verhindert werden können. Dies gilt nicht nur bei den im Alter so häufig auftretenden Atemwegsinfektionen, sondern selbstverständlich auch bei Erwachsenen und vor allen Dingen auch bei Kindern.
-
•
Mikronährstoffmedizin: Die geriatrische Malnutrition vermindert die Lebensqualität, verlängert die stationäre Verweildauer, erhöht das Risiko operativer Eingriffe und begünstigt eine Vielzahl von Erkrankungen und Befindlichkeitsstörungen. So wird z. B. die Entstehung eines Dekubitus bei bettlägerigen Personen begünstigt durch unzureichende Energiezufuhr, Proteindefizit, Mangel an Vitaminen A, C, bestimmten B-Vitaminen, Eisen und Zink.
–
Die Empfehlung der DGE für Vitamin D für über 65-Jährige (geringe Resorptionsquoten) kann über die Nahrung kaum gedeckt werden. Eine Zufuhr über Präparate sollte überlegt werden.
–
Bei älteren Menschen finden sich bei gleicher Vitamin-C-Aufnahme wesentlich niedrigere Vitamin-C-Spiegel im Blut als bei jüngeren Erwachsenen. Daher sollten täglich frisches Gemüse und Obst verzehrt werden.
–
1/3 der älteren Generation leidet unter einer chronischen atrophischen Gastritis. Die Einnahme von VitaminB12-Präparaten wird dann für sinnvoll gehalten.
–
Die Kalziumzufuhr wird durch täglichen Verzehr von Milcherzeugnissen, reichlich dunkelgrünem Gemüse, Obst und kalziumreiche Mineralwässer verbessert.
–
Kanne-Brottrunk wird durch milchsaure Vergärung gebackenen Brotes aus Getreide ökologischer Herkunft gewonnen. Infolge des 6–9 Monate dauernden Vergärungsprozesses enthält der Brottrunk alle wesentlichen Spurenelemente, alle wesentlichen essenziellen Aminosäuren sowie viele Biokatalysatoren und Vitamine. Als Diätetikum enthält er pro 100 ml über 5 Millionen koloniebildender Brotmilchsäurebakterien. Milchsäurebakterien sind der zentrale Schutzfaktor der Schleimhautimmunität.
8.2.4
Arteriosklerotische Folgekrankheiten
Herzinsuffizienz
Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
Zerebrovaskuläre Insuffizienz
•
Ordnungstherapie: Zu achten ist auf einen geregelten Tagesablauf, in dem Hektik vermeiden wird sowie auf das Pflegen sozialer Kontakte, z. B. in Gruppen mit Spielen, Denksportaufgaben und Gedächtnisübungen.
•
Bewegungstherapie: Regelmäßige Bewegung, z. B. Spazierengehen, verbessert die Hirnleistung. Krankengymnastische Koordinationsübungen und leichtes Krafttraining sind geeignet zur Sturzprophylaxe.
•
Hydrotherapie: In einer randomisierten Cross-over-Studie konnte nachgewiesen werden, dass durch einen kalten Gesichtsguss mit einem anschließenden kalten Nackenwickel, der über eine Min. belassen wurde, eine signifikante Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten bei älteren Menschen zu erzielen war [2]. Auch andere kleinere Kneippanwendungen wie Tautreten, Knie- und Schenkelgüsse sowie Bürstungen tragen sicherlich bei regelmäßigem Einsatz ebenfalls zu einer allgemeinen Stabilisierung und gesteigertem Wohlbefinden bei.
•
Ernährungstherapie: Entsprechend der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist auch bei zerebralen Durchblutungsstörungen eine mediterrane Kost zu empfehlen.
•
Phytotherapie: Trotz nicht einheitlicher Studienlage sind Präparate aus Ginkgoblättern in ausreichender Dosierung (Tebonin intens® 120 2 × 1 Tbl., Gingium intens® 120, Rökan) wegen ihrer durchblutungsfördernden und neuroprotektiven Wirkweise zu empfehlen. Bei beginnendem demenziellen Syndrom hat sich seit Langem zudem die Gabe von Präparaten aus Ginseng- und Taigawurzeln (Ardey-aktiv®, Kneipp Ginseng®, Ginsana® G115) zur Steigerung der geistigen und körperlichen Aktivität bewährt.
•
Ab- und ausleitende Verfahren – Aderlass: Bei einer Polyglobulie, die z. B. mit einer COPD und/oder einem Schlafapnoe-Syndrom einhergehen kann, lassen sich mit einer isovolämischen Hämodilution die rheologischen Eigenschaften und somit die mikrozirkulatorischen Verhältnisse verbessern.
8.2.5
Immobilität
Ordnungstherapie
Hydro- und Thermotherapie
Balneo- und Klimatherapie
Phytotherapie
Bewegungstherapie
8.2.6
Hinfälligkeit
•
äußere: Stolperschwellen, mangelnde Beleuchtung, Bodenbelag, Treppen und -geländer, Schränke, Schubladen, ungeeignetes Schuhwerk, ungeeignete Sitzgelegenheiten
•
innere: z. B. zunehmendes Alter, weibliches Geschlecht, positive Sturzanamnese, Kachexie, Blutzuckerschwankungen, Blutdruckschwankungen, chronischer Schwindel, funktionelle Einschränkungen im täglichen Leben, Gang- und Balancestörungen, Arthrosen, Osteoporose, akuter Schwindel, visuelle Einschränkungen, neurologische Defizite/Paresen
•
iatrogene: psychotrope Medikamente (Benzodiazepine, Neuroleptika, Antidepressiva), Antihypertensiva, Diuretika, Multimedikation (mehr als 4 Medikamente)
Hydro- und Thermotherapie
Phytotherapie
Bewegungstherapie
Merke
Ältere Menschen, die länger als 30 Sek. auf einem Bein stehen können, haben ein signifikant geringeres Risiko zu stürzen und sich dabei zu verletzten [10].
Praxistipp
•
Langsam vom Liegen oder Sitzen aufstehen.
•
Mehrmals täglich 10–20 sog. Sitzkniebeugen.
•
Beim Betreten eines dunklen Zimmers abwarten, bis sich Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt haben.
•
In der Wohnung möglichst immer an Möbeln oder Griffen festhalten, evtl. Hilfsmittel verwenden (Gehstütze, Stock).
•
Fragen der Wohnraumanpassung diskutieren, Stolperschwellen beseitigen.
•
Zweckmäßige Kleidung empfehlen: Ggf. Röcke, Nachthemden kürzen, feste Schuhe mit rutschfester Sohle, ggf. Hüftprotektoren.
•
Brille regelmäßig säubern und aufsetzen, gebrochene Brillengestelle reparieren lassen.
•
Bei Alleinlebenden Möglichkeiten für Notruf- oder Kontrollanrufsystem prüfen.
8.2.7
Verwirrtheit
•
Die akute Verwirrtheit ist gekennzeichnet als Verwirrtheit:akuteStunden bis Tage anhaltender reversibler akuter Symptomenkomplex mit Bewusstseins-, Orientierungs-, Denk- und Wahrnehmungsstörungen sowie psychomotorischer Unruhe.
•
Die chronische Verwirrtheit hingegen ist Verwirrtheit:chronischeselten reversibel, sie ist organisch bedingt und verläuft meist über längere Zeit progredient. Zusätzlich zum chronischen Verwirrtheitszustand treten meist auch Störungen der Stimmung (Depression) und Befindlichkeit sowie körperliche Symptome (Inkontinenz, Immobilität) auf.
•
Versuchsweise können Gesichtsgüsse durchgeführt werden, die physiologischerweise zu einer Verbesserung der Durchblutung im präfrontalen Kortex beitragen können.
•
Bei Hypertonikern ist auf einen gut eingestellten Blutdruck (Zielwerte systolisch 130–140 mmHg bzw. diastolisch 80–90 mmHg) zu achten.
•
Wegen des fast immer deutlich verminderten Durstgefühls muss auf eine tägliche Flüssigkeitszufuhr von 2 l geachtet werden, da eine Dehydratation delirante Zustände auslösen oder verstärken kann.
•
Ginkgo-biloba-Extrakte können – so das Ergebnis tierexperimenteller Studien – zur Regeneration von geschädigten neuronalen Mitochondrien beitragen. Klinische Studien scheinen positive Effekte auf die Merkfähigkeit bei beginnender Demenz nach mehrwöchiger Einnahme nachweisen zu können [3].
8.2.8
Inkontinenz
Ordnungstherapie
Hydro- und Thermotherapie
Phytotherapie
8.2.9
Verdauungsbeschwerden, Inappetenz und Malnutrition
Phytotherapie
Praxistipp
•
Wichtig sind regelmäßige Mahlzeiten in einer angenehmen, stilvollen Atmosphäre, auch wenn nur wenig gegessen wird, um die zirkadianen Rhythmen der Darmperistaltik und die Freude am Essen anzuregen.
•
Leber-Wickel nach dem Essen wirken stoffwechselaktivierend.
•
Auch körperliche Betätigung (Gehen ist hier besser als z. B. Radfahren) wirkt einer Trägheit des Magen-Darm-Traktes entgegen.
•
Kolonmassagen regen die Darmperistaltik an.
Studien
In mehreren neueren klinischen Studien konnte die positive Wirkung der Iberogast Tinktur bei gastrointestinalen Beschwerden, wie z. B. Sodbrennen und Reizdarm nachgewiesen werden (20 Tr. 15 Min vor dem Essen).
Ernährungstherapie
•
Fleisch und hier vorzugsweise weißes Fleisch (Geflügel, Fisch) wird gedünstet und geschmort besser verdaut als Gebratenes. Wegen der ohnehin im Alter vermehrten Neigung zu Blähungen sollte ggf. auf Weiß- und Rosenkohlgerichte verzichtet werden.
•
Appetitanregende Gewürze sind wegen der reduzierten Geschmackswahrnehmung besonders wichtig und besitzen darüber hinaus eine verdauungsfördernde Funktion (Thymian, Rosmarin, Kümmel, Wacholderbeeren).
8.2.10
Schlafstörungen
•
Die notwendige Schlafdauer nimmt leicht ab. Durchschnittlich beträgt sie 6–7 Std., im Einzelfall schwankt sie von 4–10 Std.
•
Häufig unterbricht Nykturie den Schlaf.
•
Die Schlafqualität ändert sich deutlich. Die Tiefschlafphasen sind verkürzt oder verschwinden, kurze Aufwachperioden (micro arousals) nehmen zu, sodass der Schlaf leichter störbar wird (z. B. durch Lärm, Spannungen oder Erkrankungen).
•
Parallel zum kürzeren und unterbrochenen Nachtschlaf kommt es tagsüber zu kurzen Einschlafphasen.
Ordnungstherapie
Hydro- und Thermotherapie
Phytotherapie
Praxistipp
Aufgrund des verzögerten Wirkungseintritts sollte von den pflanzlichen Fertigpräparaten bereits vor dem Abendessen die erste Dosis (z. B. 2 Drgs.) und ½ Std. vor dem Schlafengehen die zweite Dosis eingenommen werden.
Bei Baldriantees oder Tropfen besteht allerdings oft die Gefahr der Unterdosierung, die sogar zu paradoxen Reaktionen führen kann. Die richtige Dosierung beträgt 2 TL Droge pro Tasse bzw. 2–3 ml Tinktur.
Ernährungstherapie
8.2.11
Schmerzen des Bewegungsapparats
Ordnungstherapie
Hydro-, Balneo- und Thermotherapie
Merke
Bei chronischen Schmerzen ist in der Regel Wärme das Mittel der Wahl, bei akut entzündlichen Prozessen ist Kälte angezeigt.
Studien
Der Auftrieb in einem Bad verbessert die Bewegungsfreiheit und die therapeutischen Möglichkeiten. Daher sind bei vielen älteren Menschen die Thermalbäder so beliebt, was sich auch in Studien bestätigt [7].
•
Bei lokalen Schmerzen insbesondere mit muskulären Verspannungen empfiehlt sich als Wärmeträger ein Heusack, da die Cumarine in den Heublumen zusätzlich muskelrelaxierend und sedierend wirken.
•
Eine aktivierte Arthrose wird am besten durch eine Kältepackung, einen kalten Wickel (z. B. mit Quark) behandelt.
•
Die Beweglichkeit der Finger bei schmerzhaften Fingergelenksarthrosen kann durch Spielen in einem warmen Kiesbett oder Vogelsandkneten verbessert werden, auch warme Paraffin- oder Ölbäder eignen sich dazu.
Phytotherapie
-
•
Zu lokalen Einreibungen stehen verschiedene ätherische Öle, z. B. Campher, Eukalyptusöl, Fichten- oder Kiefernnadelöl oder Minzöl, zur Verfügung, die bei Muskelschmerzen und weichteilrheumatischen Beschwerden mit ihrem breiten Wirkungsspektrum Linderung bringen können. Auch hyperämisierend capsaicinhaltige Pflaster wirken schmerzstillend v. a. bei Lumbalgien.
-
•
Auf konventionelle Analgetika sollte besonders bei Behandlungsbeginn nicht verzichtet werden, da Phytopharmaka nicht so schnell wirken. Es sollte das Ziel sein, durch rasche Schmerzlinderung schnell die Funktionalität wiederherzustellen. Wegen der Nebenwirkungen bei längerfristiger Einnahme von NSAR eignen sich für die Fortsetzung der Behandlung Präparate aus verschiedenen Heilpflanzen, wie Brennnesselkraut (z. B. Rheuma Hek® tgl. 2 × 2 Hartkps.), Teufelskrallenwurzel (z. B. Cefatec® tgl. 2 × 1 Brausetbl.), Weidenrinde (Assalix® tgl. 2 × Drg.). Einzusetzen ist auch ein bewährtes Kombinationspräparat aus der Pappel- und Eschenrinde sowie aus dem Goldrutenkraut (Phytodolor® Tinktur tgl. 3 × 40–60 Tr.).
-
•
Zur Anwendung kommen auch Tees aus Süßholz und Bittersüß (Dulcamara), die eine cortisonähnliche Wirkung haben.
Studien
An weitere Möglichkeiten zur Schmerztherapie erwies sich die klassische Massage etwa gleich effektiv wie Entspannungsübungen oder die Akupunktur. Die Elektrotherapie in Form von TENS scheint allerdings noch etwas besser zu wirken [4]. Bei Myogelosen kann auch Schröpfen rasche Erleichterung schaffen.
Bewegungstherapie
Studien
In zahlreichen Studien konnten die positiven Effekte der Bewegungstherapie insbesondere bei chronischen Rückenschmerzen bestätigt werden [6].
Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]
Naturheilverfahren bei Patienten mit onkologischen Erkrankungen
onkologische Erkrankungen
8.3.1
Onkologische naturheilkundlich-komplementäre Therapie
Kommunikation mit dem Patienten
Wahl der Therapieverfahren
•
Welche Therapie oder Intervention ist für den Patienten sinnvoll, weil entweder eine entsprechende Evidenz vorliegt oder nach derzeitigem Stand der Erfahrung anzunehmen ist, dass die Empfehlung die Lebensqualität stabilisieren oder verbessern kann – ohne zu schaden?
•
Welche Verfahren können – trotz fehlender wissenschaftlicher Absicherung – als akzeptabel oder tolerabel angesehen werden zur Behandlung bestimmter Nebenwirkungen der konventionellen Standardtherapie, zur Verbesserung der Lebensqualität oder zur Unterstützung des Therapieerfolgs?
•
Bei einem kurativen Therapieansatz können möglichst gesicherte, sinnvolle naturheilkundlich ergänzende Verfahren zur Behandlung von Nebenwirkungen der Standardtherapie und zur Verbesserung der Lebensqualität zum Einsatz kommen – sofern keine Beeinträchtigung der Standardtherapie zu befürchten ist und der Patient die Anwendung dieser Verfahren wünscht.
•
In der palliativen Situation steht die Lebensqualität des Patienten im Zentrum der therapeutischen Bemühungen. Daher ist in diesem Fall die Auswahl der Verfahren etwas weniger streng an den o. g. Kriterien zu orientieren. Die Sicherheit und Sinnhaftigkeit bleiben gleichwohl als zentrale Anforderungen auch in dieser Situation bestehen.
Gefahren und Nebenwirkungen
Aufklärung des Patienten
Symptomorientierte Vorgehensweise
Merke
Entscheidend für die Auswahl der ergänzenden Therapie sind die Beschwerden des Patienten und nicht die kategorische Empfehlung oder der Einsatz einer bestimmten Therapiemethode oder einzelner Präparate. Bewertet werden also die Symptome des Patienten und die zu erwartenden Nebenwirkungen der geplanten konventionellen Therapie. Auf dieser Grundlage können häufig gezielte Empfehlungen zur naturheilkundlich-komplementären Therapiestrategie gegeben und entsprechende Behandlungen eingeleitet werden.
•
eingeschränkte Lebensqualität
•
tumorbedingte Erschöpfung (Fatigue)
•
Entzündungen der Schleimhaut (Mukositis, Stomatitis)
•
Appetitmangel, Übelkeit
•
Verlust des Geschmackssinns
•
Störungen der Verdauung (Obstipation, Diarrhö)
•
Schmerzen
•
Hautschäden während/nach Strahlentherapie
•
Nebenwirkungen einer antihormonellen Therapie
•
Störungen des Immunsystems (Infektanfälligkeit)
•
depressive Stimmungslage, Angst
8.3.2
Allgemeinmaßnahmen
Bewegung und körperliches Training
Merke
Ausdauer- oder Kraft-Training? Ausdauertraining ist derzeit besser evidenzbasiert, in neueren Arbeiten zeigten sich hinsichtlich der Besserung von Fatigue vergleichbare Wirkungen im Ausdauer- und Krafttraining [19]. Möglicherweise ist die Kombination aus beiden Trainingsarten ideal. Beispiele hierfür sind das gerätegestützte Krafttraining unter therapeutischer Aufsicht, die Anwendung von Gymnastikbändern, oder – bei besserer Leistungsfähigkeit – die Nutzung von Türreckstangen für Klimmzüge.
Art und Intensität des Ausdauertrainings
Cave
Eine relative Kontraindikation für Nordic Walking sind Lymphödeme am Arm bei Zustand nach axillärer Lymphonodektomie: Eine Verschlechterung des Lymphödems durch die muskuläre Aktivität infolge des Stockeinsatzes muss verhindert werden.
Praxistipp
Während des Ausdauertrainings sollte der Patient noch in der Lage sein, eine Unterhaltung mit einem Trainingspartner zu führen, ohne außer Atem zu geraten.
Art und Intensität des Krafttrainings
Entspannung und Achtsamkeit
•
Intensität: Die Empfehlungen aus wissenschaftlichen Studien reichen von 30 Min. täglich bis zu 2 × 90 Min./Woche. Erfahrungsgemäß können bereits kurze Entspannungsphasen von mehrmals tgl. 5–10 Min. zu spürbaren Wirkungen führen.
•
Beispiele: Geübt werden können z. B. Yoga, Tai-Chi, Qigong, Atemübungen, Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation, Feldenkrais, Meditative Techniken [4].
•
Kontraindikationen: In aller Regel bestehen keine Kontraindikationen. Bei psychiatrischen Begleit-Erkrankungen oder bei bestehender Gefahr von Krampfanfällen sollte jedoch zur Sicherheit der behandelnde Neurologe oder Psychiater konsultiert werden.
Massagetherapie
Cave
Vorsicht ist geboten bei ossären Metastasen oder Osteoporose (Frakturgefahr). Bei entsprechender Zurückhaltung bei der Durchführung ist dies jedoch keine Kontraindikation.
Musiktherapie und andere kreative Therapien
Merke
Vorsicht ist geboten, wenn es im Rahmen einer kreativen Therapie zur Aufdeckung verborgener Konflikte kommen kann. Dann ist eine therapeutische Begleitung obligat, um eine zusätzliche Belastung des Patienten auszuschließen.
Ernährungstherapie
Primärprävention durch Ernährung
Praxistipp
Empfehlungen des World Cancer Research Fund zur Krebsprävention durch Ernährung:
•
Body-Mass-Index: zwischen 19 und 25 kg/m2
•
weniger energiedichte Kost: 125 kcal/100 g statt 225 kcal/100 g
•
tgl. 400 g pflanzliche Kost, bevorzugt nicht stärkehaltig: grüne Gemüse, Blattgemüse, Brokkoli, Auberginen, Chinakohl, Karotten, Sellerie, Tomaten, Knoblauch, Hülsenfrüchte, Getreide
•
maximal 500 g Fleisch pro Woche
•
maximal tgl. 5 g Salz
•
keine gepökelten Nahrungsmittel
•
Nährstoffbedarf durch Lebensmittel decken, keine Nahrungsergänzungen
•
Vermeidung von Schimmelpilzen (Aflatoxin)
Ernährungsempfehlungen während der konventionellen Therapie
•
Individuell verträgliche und bekömmliche Kost bevorzugen, um etwaige Symptome/Nebenwirkungen der Standardtherapie auf das Verdauungssystem möglichst günstig zu beeinflussen.
•
Keine Mahlzeiten unmittelbar vor der Chemotherapie zuführen, um negative Konditionierungen zu vermeiden.
•
Regelmäßig Suppen essen, um die Zufuhr von Wärme, Flüssigkeit, Elektrolyten und leicht verdaulichen Kalorien sicherzustellen.
•
Gut verträgliche Speisen möglichst vorbereiten, um sie verfügbar zu haben, wenn z. B. Übelkeit vorübergehend nachlässt.
•
Gewürze oder Gewürzkräuter verwenden, welche die Bekömmlichkeit der Speisen und die Verdauung unterstützen können, bzw. möglicherweise eine antiemetische Wirkung entfalten (z. B. Ingwer, Zimt).
•
Vermeidung von potenziell mit Mikroben belasteter Lebensmittel (Nüsse, Schimmelkäse), insbesondere bei Chemotherapie-bedingter Neutropenie.
Ernährungsempfehlungen nach Abschluss der konventionellen Therapie
Ernährungsempfehlungen bei Tumorkachexie
8.3.3
Verfahren zur Stabilisierung der Lebensqualität
Misteltherapie
•
Zytotoxizität: vermittelt durch Mistellektine und Viscotoxine
•
Aktivierung des Immunsystems: vermittelt v. a. durch Mistellektine, jedoch auch durch Viscotoxine, Oligo- und Polysaccharide
•
Steigerung der Phagozytose-Aktivität: vermittelt durch Viscotoxine
•
Steigerung der Lebensqualität durch β-Endorphin-Ausschüttung
•
Erhöhung der Körpertemperatur
Studien
Mehrere Metaanalysen legen nahe, dass die Misteltherapie zur Verbesserung der Lebensqualität von Tumorpatienten beitragen kann [18]. Ob sie zu einer Verlängerung der Überlebenszeit beitragen kann, ist unklar. In einer In-vitro-Untersuchung konnte allerdings die Stimulation von Tumorzellwachstum nachgewiesen werden – eine Beobachtung, die trotz mehrfacher Versuche bislang jedoch nicht zu reproduzieren war [16, 21].
Anthroposophisch orientierte Misteltherapie
•
Während einer laufenden Chemo- oder Radiotherapie sollte aufgrund der besseren Verträglichkeit immer eine Nadelbaum-Mistel verordnet werden. Das Mistelpräparat sollte in der niedrigsten Dosis-Stufe angewendet und in der Dosierung in dieser Zeit nicht gesteigert werden.
•
Die Injektionsfrequenz sollte 2–3 Ampullen/Woche betragen. Nach 4 Wochen Behandlung sollte 1 Woche mit den Injektionen pausiert werden.
•
Sobald Chemo- und Strahlentherapie abgeschlossen sind, kann eine Steigerung der Misteldosis erfolgen.
•
Die Steigerung wird so lange vorgenommen, bis an der Injektionsstelle eine lokale Reaktion (Rötung von 3–5 cm Durchmesser, Juckreiz) entsteht. Dies zeigt nach anthroposophischem Verständnis die für den Patienten optimale Stimulation des Immunsystems an. Eine weitere Steigerung der Dosis sollte dann nicht mehr erfolgen, da eine Überreaktion (Rötung, Brennen, Juckreiz) nicht auszuschließen ist.
Phytopharmakologisch orientierte Misteltherapie
Tipps für ein pragmatisches Vorgehen
•
Wunsch des Patienten: Wird die Misteltherapie vom Patienten als integraler Bestandteil der ganzheitlichen Tumortherapie angesehen, sollte der beratende Arzt zumindest sicherstellen, dass keine absoluten Kontraindikationen vorliegen und die relativen Kontraindikationen eingehend mit dem Patienten besprochen sind.
•
Pragmatisches Vorgehen: Da sich unter einer Misteltherapie erfahrungsgemäß ganz bestimmte Symptome bzw. Aspekte der Lebensqualität bessern können, würde das Vorliegen dieser Symptome für den Einsatz sprechen. Die Besserung der Symptome kann als Maßstab für den Therapieerfolg gelten.
Praxistipp
Folgende Symptome können sich unter einer Misteltherapie bessern:
•
Appetitlosigkeit
•
Kältegefühl
•
depressive Stimmungslage
•
klinisch relevante Immunkompromittierung
Falls eines oder mehrere dieser Symptome vorliegen und einfachere, weniger kontrovers diskutierte Verfahren erfolglos geblieben sind, kann die Misteltherapie erwogen werden. Die Dauer der Behandlung sollte sich nach der Symptomatik richten. In der kurativen Situation sollte ein Auslassversuch erfolgen, sobald sich die Lebensqualität des Patienten stabilisiert hat. Bei palliativem Therapieansatz kann eine längerfristige Behandlung über Monate (oder Jahre) erfolgen.
Mistelpräparate dürfen einem Tumorpatienten in der palliativen Tumortherapie unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes auf Kassenkosten verordnet werden. Eine Verordnung in der adjuvanten Situation auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung ist nicht mehr zulässig.
Chinesische Medizin
Klassische Homöopathie
8.3.4
Tumorassoziierte Erschöpfung (Fatigue)
Phytotherapie
Ginseng (Radix Ginseng, Panax quinquefolius)
•
Mögliche unerwünschte Wirkungen: hormonartige Effekte (Östrogen), Blutdrucksteigerung, Unruhezustände, Schlaflosigkeit, Libidosteigerung.
•
Dosierung: tgl. 400–1.200 mg (Tee-Droge) bzw. 200–600 mg (Extrakt-Präparat). Die Einnahme sollte möglichst am Vormittag erfolgen, um eine zu starke Aktivierung in den Abendstunden und Schlafstörungen zu vermeiden.
•
Präparate (z. B.):
–
Ardey aktiv Pastillen (enthalten 100 mg Ginseng-Extrakt); Dosierung: tgl. 3–5 × Tbl.
–
Orgaplasma-Dragees (enthalten 125 mg Ginseng-Trockenextrakt); Dosierung: tgl. 2 × 2 Drgs., Roter Ginseng von Gintec, Dosierung: 3 Kps. morgens einnehmen.
Taigawurzel (Eleutherococci Radix, sibirischer Ginseng)
•
Dosierung: tgl. 2–3 g (als Tee-Droge), 1 TL mit 1 Tasse kochendem Wasser übergießen, 15 Min. ziehen lassen, tgl. 3 Tassen warm trinken
•
Therapiedauer: maximal 3 Monate
•
Fertigpräparate (Beispiele): Eleu-Kokk Dragees (Dosierung: tgl. 3 × 1–2 Drg.), Eleutherococcus Curarina Tropfen (morgens und mittags je 30 Tr. nach der Mahlzeit)
Bewegungstherapie
Erweiterte Naturheilverfahren und komplementärmedizinische Therapieverfahren
-
•
Akupunktur und Wärmetherapie (Moxibustion): Die Punktauswahl sollte möglichst auf Grundlage einer CM-Diagnose getroffen werden. Die folgende Aufstellung zeigt, welche Aspekte der Erschöpfung in der Logik der CM diagnostiziert und behandelt werden könnten. Der in der Diagnostik weniger erfahrene Akupunkteur geht nicht fehl, wenn er sich auf eine Auswahl der unter „Qi-Stärkung“ genannten Punkte beschränkt. Eine belastbare wissenschaftliche Basis für diese Differenzierung gibt es derzeit ohnehin nicht.Aspekte der Chronischen Erschöpfung in der Theorie der chinesischen Medizin (CM) und beispielhafte Akupunkturpunkte sind :
–
Qi-Stärkung: Mi 6, Ma 36, Ren Mai 4, Ren Mai 6, Ren Mai 12, Du Mai 12, Bl 23, Bl 24, Bl 25, Bl 38, Ni 3, Ni 7, Di 4
–
Blut-Stärkung: Mi 10, Bl 17, Mi 9, Ni 3, Ma 36
–
Yin-Stärkung: Ni 3, Le 8, Lu 10, Ma 45, Di 2, Du Mai 14, He 7, Pe 6, Pe 7
–
Yang-Stärkung: Ren Mai 4, Ren Mai 6, Ren Mai 12, Du Mai 4, Du Mai 20
-
•
Mikronährstoffmedizin: L-Karnitin ist eine körpereigene Substanz, die am Energieumsatz in Muskelzellen beteiligt ist. Studien zeigen Hinweise auf einen erhöhten Verlust während einer Chemotherapie [10].
–
Wirkung: Leistungssteigerung
–
Dosierung: tgl. 1.000–4.000 mg für mindestens 4–6 Wochen
8.3.5
Entzündungen der Mundschleimhaut (Mukositis, Stomatitis)
•
Ölspülung zur Vorbeugung: 1 EL eines individuell gut verträglichen und angenehmen Öls (z. B. Oliven- oder Rapsöl) für 1–3 Min. im Mund umherspülen – dann ausspucken und die Zähne reinigen.
•
Myrrhe (Commiphora myrrha): wirkt antimikrobiell, entzündungshemmend, analgetisch
–
unverdünnt: Betupfen der entzündeten Stellen mit Hilfe eines Wattestäbchens oder mit der Fingerkuppe; Anwendung 2–3 × tgl.
–
Mundspülung: 5–10 Tr. Myrrhentinktur auf 0,1–0,2 l Wasser (lauwarm!) verdünnen und damit den Mund ausspülen oder gurgeln. Bei guter Verträglichkeit kann die Dosierung auf 20–30 Tr. erhöht werden.
Praxistipp
Bei Entzündung können pflanzliche Präparate oder Präparate auf Alkoholbasis Brennen hervorrufen. In diesen Fall sollten alkoholfreie, auf der Basis von Enzymen zubereitete Mundspülungen eingesetzt werden, z. B. Aldiamed®-Mundspülung, Wirkstoffe: Aloe Vera, Lactoferrin, Lysozyme. Dosierung: 2 × tgl. für mindestens 20 Sek. die Mundhöhle ausspülen.
8.3.6
Übelkeit, Erbrechen
Phytotherapie
Praxistipp
Dünne Scheibe (1–2 mm dick) von Ingwerknolle abschneiden, mit ca. 150–200 ml kochenden Wassers überbrühen, 5–10 Min. ziehen lassen. Mehrmals tgl. eine Tasse trinken.
Erweiterte Naturheilverfahren
-
•
Akupunktur und Akupressur:
-
–
Die Wirksamkeit der Akupunktur ist bei postoperativer, jedoch nicht bei chemotherapie-induzierter Übelkeit nachgewiesen. Ein Behandlungsversuch ist dennoch sinnvoll. Ideal wäre eine Punktauswahl, welche auf der Gesamtsymptomatik des Patienten beruht. Sinnvolle Basispunkte sind: Pe 6, Ma 36 und Ren Mai 12.
-
–
Für die Akupressur liegen Wirksamkeitsnachweise vor [24], sie sollte daher unbedingt empfohlen werden. Sie kann entweder als rein manuelle Technik auf dem Punkt Pe 6 oder mithilfe eines Akupressur-Armbandes erfolgen (über Apotheken, Sanitätshäuser oder Internet erhältlich).
-
-
•
Aromatherapie: Ätherisches Öl von Ingwer (Zingiber officinalis), Koriander (Coriandrum sativum) und Pfefferminze (Mentha piperita) können in einer Verdünnung von 1 : 10 zusätzlich zur Akupressur auf den Punkten Pe 6, Ma 36 und Ren Mai 12 zur Anwendung kommen [34].
Praxistipp
Die Akupressur sollte mit dem Daumen wiederholt für 30–60 Sek. spürbar, aber nicht schmerzhaft ausgeführt werden.
8.3.7
Verlust des Geschmackssinns
Phytotherapie
Komplementärmedizinische Therapieverfahren
8.3.8
Diarrhö
Phytotherapie
Schwarzer Tee (Theae nigrae folium), Grüner Tee (Theae viridis folium)
-
•
Wirkung: Verlängerung der Transitzeit der Nahrung im Darm
-
•
Dosierung: tgl. 5 × 1 TL Schwarztee oder ½ TL Grüntee auf 150 ml kochendes Wasser, maximale Menge 2 l bzw. 8 g Teezubereitung
-
•
Wichtig: Tee muss 15–20 Min. ziehen, um die optimale Wirksamkeit bei Durchfall zu erreichen. Lässt man ihn kürzer ziehen, regt er die Verdauung an.
Heidelbeerfrüchte (Myrtilli fructus)
-
•
Wirkung: Getrocknete (!) Heidelbeeren sind ein bewährtes Hausmittel bei Durchfallerkrankungen und auch für Kinder gut geeignet.
-
•
Dosierung: Mehrmals tgl. 5–10 g getrocknete Beeren so lange kauen, bis ein Brei entsteht, dann schlucken. Alternativ die Beeren in 20–60 g in Wasser quellen lassen, gut kauen und dann schlucken.
Flohsamenschalen (Psylli semen)
-
•
Wirkung bei Obstipation: Reizlinderung, Anregung der Peristaltik. Wirkung bei Diarrhö: Bindung überschüssiger Flüssigkeit im Darm
-
•
Kontraindikationen: Stenosen, Therapie mit Cumarinen, schwer einstellbarer Diabetes mellitus
-
•
Wechselwirkungen: Beeinträchtigung der Resorption von Phenprocoumon, Antidiabetika und herzwirksamen Glykosiden
-
•
Tagesdosis: 10–20 g; Flohsamenschalen mit Wasser/Flüssigkeit immer im Verhältnis 1 : 10 ansetzen.
Praxistipp
1–2 TL Flohsamenschalen auf 1 Teller Suppe geben, nicht mit Milch ansetzen, gut nachspülen. Fertigarzneimittel: Agiocur®, Mucofalk ®, Pascomucil ®.
Ernährungstherapie
Cave
Eine zu hohe Einnahme der unverdaulichen Kohlenhydrate könnte zu Durchfällen führen. Bei empfindlichen Personen können täglich bereits weniger als 10 g zu Blähungen oder Durchfällen führen. Im Allgemeinen sind jedoch 10–20 g täglich nebenwirkungsfrei.
•
Obst und Gemüse (allgemein), v. a. Chicorée, Lauch, Knoblauch, Spargel, Zwiebeln, Artischocken, Schwarzwurzeln, Bananen, Topinambur (enthält hohe Mengen)
•
Getreide (Roggen)
•
Milch, Joghurt
Praxistipp
•
Äpfel: Bis zu 1,5 kg rohe, geriebene Äpfel über den Tag verteilt essen.
•
Bananen: Fein zerdrückt als Brei einnehmen (keine Mengenbegrenzung).
•
Karotten: 500 g geschälte Karotten in 1 l Wasser für 1,5 Std. kochen, erneut Wasser zugeben (1 l Gesamtmenge), durchsieben, pürieren und etwas Kochsalz (3 g) zugeben.
•
Präparat: z. B. Diarrhoesan® loges (enthält Apfelpektin und Kamillenextrakt); Dosierung: 1 TL (Kinder) bis 1 EL (Erwachsene) stündlich.
Erweiterte Naturheilverfahren
-
•
Mikrobiologische Therapie: Die klinische Erfahrung in der Behandlung von Tumorpatienten zeigt, dass Darmbakterien- oder Hefe-Präparate – ähnlich wie bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen – sinnvoll zur Therapie von Darmreizungen und Durchfällen eingesetzt werden können.
Cave
Immunsupprimierte Patienten dürfen keine Probiotika einnehmen.
-
-
–
Saccharomyces cerevisiae und S. boulardii (Bier-, Trockenhefe):
-
–
Dosierung: tgl. 250–500 mg, z. B. als Fertigpräparat (Perenterol®, Perocur®, Yomogi®)
-
–
Kontraindikation: Unverträglichkeit/Allergie gegen Hefe
-
-
–
E. coli Fertigpräparate (Beispiele): Bei chronischen Durchfällen bedingt durch Chemotherapie kann eine längerfristige Einnahme oder die Einnahme zwischen den Zyklen sinnvoll sein, um regenerative und entzündungshemmende Prozesse in der Darmschleimhaut zu unterstützen.
–
Colibogen® Tropfen (Laves), Dosierung: tgl. 3 × 1 TL, jeweils 30 Min. vor den Mahlzeiten
–
Mutaflor® (Ardeypharm), Dosierung: 1 Kps. vom 1.–4. Tag, danach 2 Kps. tgl.
-
–
Laktobazillen z. B. Paidoflor® Tabletten; Dosierung: tgl. 1–3 × 3 Tbl., zerkaut zu den Mahlzeiten einnehmen
-
–
Bifidusbakterien und Laktobazillen (Beispiele):
–
Omniflora N® Kapseln, Dosierung: tgl. 3 × 1–2 Kps., längerfristige Einnahme begleitend zu einer konventionellen Tumortherapie ist möglich
–
Eugalan® Töpfer forte, Dosierung: 3 EL in 125 ml lauwarmem Wasser anrühren, bis zu 4 × tgl.
-
-
•
Akupunktur: Die Akupunktur bewirkt eine Besserung des Allgemeinbefindens und möglicherweise eine Verminderung der Durchfall-Symptomatik. Die Akupunkturpunkte sollten sich idealerweise nach der chinesischen Syndromdiagnose richten. Falls keine Syndromdiagnose erstellt werden kann, können folgende Punkte versucht werden: Ren Mai 6, Ren Mai 12, Ma 25, Mi 1, Mi 4, Mi 9, Bl 20, Bl 21.
Praxistipp
Häufig profitieren Tumorpatienten mit Durchfall von der Kombination der Akupunktur mit einer Wärmetherapie (Moxibustion).
8.3.9
Obstipation
Praxistipp
Als Allgemeinmaßnahmen werden empfohlen:
•
Ausdauerbewegung
•
Stressreduktion: unregelmäßiges oder hastiges Essen unter Zeitdruck können eine chronische Verstopfung auslösen oder verschlechtern
•
Selbstmassage der Bauchdecke: beginnend im rechten Unterbauch, im Uhrzeigersinn den Dickdarm sanft massieren
•
Bauchatmung: mehrmals tgl. für 2–3 Min. Konzentration auf eine entspannte Atmung mit Heben der Bauchdecke beim Einatmen
Hydro- und Thermotherapie
Phytotherapie
•
Weizenkleie: tgl. 20–40 g oder 1–3 × 2 EL
•
Flohsamen-Schalen (s. o.)
•
Leinsamen (Lini semen): tgl. 30–50 g oder 1–3 × 1 EL in 1 Tasse mit kalter Flüssigkeit (Wasser oder Tee) einnehmen. Die Körner sollten „angebrochen“, jedoch nicht geschrotet sein.
Cave
Pflanzliche Abführmittel, insbesondere Anthranoid-Drogen, sollten aufgrund ihrer potenziellen Nebenwirkungen bei Tumorpatienten möglichst nicht zum Einsatz kommen.
Ernährungstherapie
-
•
Ballaststoffreiche Nahrungsmittel
-
•
Ausreichende Trinkmenge: mindestens 2 l Flüssigkeit tgl. (Mineralwasser oder Tee), am besten bereits im Laufe des Vormittags vier bis sechs Gläser (à 200 ml) Flüssigkeit aufnehmen.
-
•
Nahrungsmittel mit abführender Wirkung wie getrocknete Pflaumen, Datteln, Feigen, Rhabarber, Kiwi.
-
•
Verzicht auf Zucker und Süßigkeiten.
Massagetherapie
Erweiterte Naturheilverfahren
-
•
Mikrobiologische Therapie: Physiologische Darmkeime können die Normalisierung der Verdauungsvorgänge unterstützen und bei chronischer Verstopfung unterstützend zur Anwendung kommen.
Für Präparate zu Bifidus-, E.-coli-Bakterien oder Laktobazillen 8.3.8.
-
•
Neuraltherapie: Aufgrund der Invasivität des Verfahrens sollte die Neuraltherapie den therapieresistenten Fällen vorbehalten bleiben. Bauchkranz nach Hopfer: Quaddeln im Abstand von vier Zentimetern kaudal entlang des Rippenbogens und kranial entlang der Beckenknochen [28]
-
•
Akupunktur: Eine individuelle chinesische Syndromdiagnostik und -therapie erhöht nach empirischen Erkenntnissen die Erfolgsaussichten – sowohl für die Akupunktur, wie auch für die Arzneimittelbehandlung. Falls diese individuelle Therapie nicht möglich ist, können folgende Punkte zur Besserung einer funktionellen Obstipation versucht werden: Ma 25, Ma 36, Mi 6, Mi 10, Mi 15, Di 4, Ren Mai 6.
8.3.10
Schmerzen
Ordnungstherapie
Physikalische Therapie
Praxistipp
•
Wärmeanwendungen (Wärmflasche, feuchtheiße Wickel, ansteigende Fußbäder) sind oftmals hilfreich bei viszeralen Schmerzen, Blähungen und Koliken sowie bei Unterleibsbeschwerden.
•
Kälteanwendungen sind häufig bei postoperativen Schmerzen, Entzündung oder Ödemen sinnvoll.
Erweiterte Naturheilverfahren
-
•
Manuelle Therapie: Maßnahmen der Manuellen Therapie sollten zum Einsatz kommen und haben sich bei Kopf- und Nackenschmerzen sowie bei diffusen Schmerzzuständen (Fußreflexzonenmassage) bewährt.
-
•
Akupunktur: Die Punktauswahl zur Schmerztherapie muss individuell nach der Scherzsymptomatik und Lokalisation erfolgen. Die Akupunktur kann v. a. bei schmerzhaften muskulären Verspannungszuständen hilfreich sein.
Praxistipp
Häufig bringt die zusätzliche Anwendung von Wärme (z. B. in Form von Moxibustion) eine Verstärkung des analgetischen Effektes.
8.3.11
Neurotoxische Nebenwirkungen
Prophylaxe und Therapie
•
Hydro- und Thermotherapie:
–
Kneipp-Anwendungen, wie z. B. ein wechselwarmes Fußbad, wechselwarmes Hand- oder Armbad, wirken durchblutungsfördernd. Möglicherweise verbessert ein Zusatz von Ringelblume, Kamille und Salbei die Wirkung [22].
–
Zusätzlich können Hände und Füße mit einem Olivenöl-Zucker-Peeling behandelt werden.
•
Mikronährstofftherapie: Die Gabe von tgl. 300 mg Vitamin E kann die neurotoxischen Nebenwirkungen einer Cisplatin haltigen Chemotherapie signifikant vermindern [33].
Praxistipp
Olivenöl-Zucker-Peeling
Hand-Fußbad mit Zusatz von Ringelblume, Salbei und Kamille
Therapieresistente Beschwerden
-
•
B-Vitamine: Vitamin B1 (Thiamin), B6 (Pyridoxin) und B12 (Cynocobalamin) Wirkungen sind beteiligt an Nervenzellregeneration, Produktion von Neurotransmittern und der Funktion von Nervenzellen.Präparat: z. B. B-Komplex forte Hevert; Dosierung: tgl. 1–2 Tbl.
-
•
Enzyme: regen die Mikrozirkulation an und verkürzen die Rekonvaleszenz. Präparate s. unter „Mukositis“.
-
•
Akupunktur: Die Nadelakupunktur – gegebenenfalls in Kombination mit Wärmetherapie (Moxibustion) – oder die Neuraltherapie (Injektion von Procain, Lidocain o. a. Lokalanästhetika) können ergänzend ebenfalls zum Einsatz kommen.
8.3.12
Strahlentherapiebedingte Hautschäden
Prophylaxe
-
•
Grüner Tee (äußerlich): kann aufgrund seiner antientzündlichen Effekte die Nebenwirkungen (Strahlenerythem) einer Radiotherapie abmildern.Dosierung und Art der Anwendung: 2 Teebeutel Grünen Tee mit 50 ml 70° heißem Wasser übergießen und 5 Min. ziehen lassen; die bestrahlte Haut tgl. 10 Min. betupfen (Quelle: Klinik für Tumorbiologie Freiburg).
-
•
Aloe Vera: Als Pflegemilch, Gel oder Flüssigextrakt – je nach Verträglichkeit und Hauttyp – kann Aloe vera (z. B. Aloe Vera Pflegemilch Weleda) aufgrund der kühlenden Eigenschaften die Nebenwirkungen eine Radiotherapie abmildern.
Praxistipp
Vor Auftragen auf die bestrahlte Haut sollte die Grüntee- oder Aloe Vera-Anwendung zunächst an der nicht bestrahlten Haut auf individuelle Verträglichkeit getestet werden (Ausschluss einer Kontaktallergie). In jedem Fall muss verhindert werden, dass die für die Bestrahlungssitzungen notwendigen Kennzeichnungen auf der Haut verwischt oder entfernt werden.
Behandlung von Strahlenerythemen
-
•
Ringelblumen-Salbe (Calendula officinalis): Bei Rötung, Überwärmung, Schmerz oder Verbrennungssymptomen ist die Wirksamkeit der Ringelblumensalbe wissenschaftlich gesichert [7, 35]. Präparate: z. B. Calendula Wundsalbe, Calendumed Creme.
-
•
Arnika-Brennnessel-Salbe/Gel: Eine Kombination aus Arnika und Brennnessel (z. B. Combudoron-Gel, -Salbe), die aus anthroposophischen Gesichtspunkten bei Verbrennungen Anwendung finden kann, hat sich in der erfahrungsheilkundlichen Anwendung auch bei Strahlenschäden bewährt.
Praxistipp
Aus der klinischen Erfahrung ist auch die innere Anwendung eines Arnika-Brennnessel-Präparats sinnvoll (z. B. Combudoron Weleda).
Behandlungen von Ödemen oder Schwellungen
-
•
Enzymtherapie: Phlogenzym® tgl. 3 × 2 Tabletten oder Wobenzym® 3 × 3 Tbl. – jeweils bis zu Besserung der Beschwerden.
-
•
Selen: Derzeit ist unklar, ob eine prophylaktische Einnahme von Selen (z. B. Cefasel, Selenase, Selen-loges) begleitend zur Strahlentherapie sinnvoll ist. Allerdings gibt es Hinweise, dass bei Ödemen eine Selensubstitution hilfreich sein kann, um das Abschwellen der Ödeme zu unterstützen.Dosierung: tgl. 300 μg bis zur Besserung der Beschwerden.
8.3.13
Nebenwirkungen einer antihormonellen Therapie
•
Basisempfehlungen: Einfache Maßnahmen wie Ausdauerbewegung, Atementspannung und Visualisierungstechniken, sind hilfreich zur Symptomlinderung.
•
Akupunktur: Die Akupunktur kann Hitzewallungen bessern – bei Frauen mit Brustkrebs (Lee et al. 2009) und Männern mit Prostatakrebs [26]. Bei Letzteren zeigte sich sogar die Selbstakupunktur nach einer entsprechenden Unterweisung des Patienten als hilfreich.Die Punktauswahl sollte möglichst nach CM-Diagnostik und individueller Symptomkonstellation erfolgen. Sinnvolle Basispunkte zur Behandlung von Hitzewallungen sind: Di 4, Di 11, Le 3, 3E 5, Mi 6.
Phytotherapie bei Östrogen-Rezeptor-positivem Brustkrebs
Phytotherapie bei Prostata-Krebs
-
•
Phytoöstrogene: Im Gegensatz zu den Mammakarzinom-Patientinnen profitieren Männer mit Prostata-Krebs möglicherweise von einer phytoöstrogenreichen Ernährung oder entsprechenden Nahrungsergänzungen. So führte eine phytoöstrogenreiche Ernährung zu einer Senkung des PSA-Wertes [1, 25]. Eine Rationale zur Behandlung von Nebenwirkungen einer antiandrogenen Therapie mit Phytoöstrogenen lässt sich aus der wissenschaftlichen Literatur nicht ableiten. Eine Verordnung entsprechender Präparate kann lediglich als individueller Therapieversuch erfolgen [37].Präparate: z. B. Menoflavon extra Kapseln; Dosierung: tgl. 1 Kps.
-
•
Asiatische Arzneimitteltherapie: Bei Prostatakarzinom-Patienten können Arzneimittelrezepturen zum Einsatz kommen, die ihre Wirkung über eine phytoöstrogene Aktivität entfalten. Die Erstellung der individuellen Rezeptur sollte dem in der Behandlung von Tumorpatienten erfahrenen Anwender von CM oder Kampomedizin vorbehalten bleiben.In therapieresistenten Einzelfällen mit stark eingeschränkter Lebensqualität kann ersatzweise auf die Anwendung eines Fertigpräparats (Prostasol®) ausgewichen werden – wobei hier jedoch die Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen sind. Das Präparat kombiniert vier Naturstoffe aus der traditionellen asiatischen Medizin (R. Ginseng, R. Scutellariae, Reishi und Sabal serrulatum) und zeigt in der klinischen Anwendung symptomatische Besserungen. Allerdings sind in Einzelfällen thromboembolische Ereignisse bei Anwendung dieses Präparats beschrieben worden.
Literatur
[1]
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Lee MS, Kim KH, Shin BC et al. Acupuncture for treating hot flushes in men with prostate cancer: a systematic review. Support care Cancer 17(7): 763–770.[27]
Lee MS, Kim KH, Shin BC et al. Acupuncture for treating hot flashes in breast cancer patients: a systematic review. Breast Cancer Res Treat 115(3): 497–503.[28]
[29]
[30]
[31]
[32]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37]
[38]
Naturheilverfahren bei Patienten mit somatoformen Störungen
Wird somatoforme Störungentrotz umfassender Diagnostik keine eindeutig körperliche oder psychische Ursache für die von Patienten geäußerten Beschwerden gefunden, handelt es sich häufig um somatoforme Störungen. Diese Patienten sind oft in ihrer Lebensqualität erheblich beeinträchtigt und haben mehrfache Arztwechsel mit diversen erfolglosen Therapieversuchen hinter sich. Einer der Gründe hierfür mag sein, dass die Patienten die ärztliche Aussage, dass es keine körperliche Ursache für die Symptomatik gibt, meist nicht akzeptieren können. Komplizierend kommt hinzu, dass somatoforme Störungen häufig mit Depressionen und Angststörungen kombiniert sind.
8.4.1
Therapeutische Strategie
Merke
Naturheilkundliche Verfahren sollten bei der Behandlung von somatoformen Störungen stets ergänzenden Charakter haben. Im Idealfall können sie die körperlichen Symptome erfolgreich lindern und die Autonomie des Patienten stärken.
Ein naturheilkundlicher Behandlungsversuch bei somatoformen Störungen sollte generell (falls keine anderen Empfehlungen gegeben werden) zunächst nicht länger als sechs Wochen dauern. Nach Ablauf dieser Zeit ist der Therapiefortschritt zu überprüfen.
8.4.2
Auswahl des Therapieverfahrens
8.4.3
Funktioneller Schwindel
Phytotherapie
-
•
Ginkgoblätter-Trockenextrakt (Ginkgo biloba) ist evidenzbasiert bei durchblutungsbedingtem Schwindel [26]. Ein Behandlungsversuch bei somatoformem Schwindel ist vertretbar. 120–180 mg tgl. über 2 Monate.
-
•
Ingwerwurzelstock (Zingiberis rhizoma): 1 Scheibe (2 mm, 2 g) auf 150 ml kochendes Wasser, 10 Min. ziehen lassen, 2 Tassen tgl. [24].
-
•
Fertigarzneimittel aus Campher und Weißdorn (Korodin®): Zu empfehlen bei Schwindel mit/aufgrund von Hypotonie/orthostatischer Dysregulation [25]. Bis zu 3 × tgl. 5–10 Tr. auf einem Stück Zucker einnehmen.
Erweiterte Naturheilverfahren
-
•
Neuraltherapie: In therapieresistenten Fällen von Schwindelsymptomatik kann der „Dornenkranz nach Hopfer“ Dornenkranz nach Hopfersinnvoll sein: Injektionen (Procain 1 % oder Lidocain 1 %) entlang der größten Schädelzirkumferenz im Abstand von ca. vier Zentimetern [19].
-
•
Akupunktur: Basispunkte bei Schwindel sind Gb 9, Gb 20, Gb 38, Gb 41, Ks 6, LG 20, Le 4, Bl 18, Di 4, Le 3. Bei Schwindel mit Bluthochdruck: Di 4, Le 3.
8.4.4
Gastroenterologische Symptomatik: Basismaßnahmen
Hydro- und Thermotherapie
-
•
Wärme führt häufig zur Besserung, wenn Kältereize (kalte Nahrungsmittel, Rohkost) die Symptomatik auslösen/verschlechtern: Warme Auflagen (Wärmflasche 2 × tgl. für 20 Min.) auf Bauch oder Rücken, warme/ansteigende Fußbäder (Entspannung des Magen-Darm-Trakts)
-
•
Selbstmassage der Bauchdecke beginnend im rechten Unterbauch im Uhrzeigersinn den Dickdarm sanft massieren.
Ernährungstherapie
•
Weizenkleie: 3 × 2 EL (20–40 g) tgl.
•
Leinsamen (Lini semen): tgl. bis zu 3 × 1 EL (30–50 g) in 1 Tasse mit kalter Flüssigkeit (Wasser oder Tee)
•
Indische Flohsamen (Psylli semen): 10–30 g tgl. mit 150–300 ml Wasser einnehmen [14]
Erweiterte Naturheilverfahren
8.4.5
Reizmagensyndrom
•
Pfefferminzblätter (Menthae piperitae folium): 1 EL (1–2 g) Pfefferminzblätter mit 150 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen, mehrmals tgl. 1 Tasse trinken.
•
Kümmelfrüchte (Carvi fructus): 1–2 TL zerstoßene (!) Kümmelfrüchte mit 200–250 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen, tgl. 3 × 1 Tasse nach dem Essen trinken.
•
Artischocke (Cynara scolymnus): 320–640 mg Artischockenextrakt (Fertigpräparat) tgl. über 8 Wochen; evidenzbasiert bei Reizmagen [13].
•
Isländisch Moos (Cetraria islandica): Gut verträglich, für Kinder geeignet; 1–2 TL in 150 ml kaltem Wasser für 2 Stunden ansetzen, einmal kurz aufkochen, 3 × tgl. vor dem Essen trinken. Bei Kindern unter 10 (6) Jahren: die Hälfte (⅓) der Erwachsenen-Dosis.
8.4.6
Reizdarmsyndrom
•
Rohkost und individuell unverträgliche Nahrungsmittel sind zu meiden.
•
Hilfreich sind warme Speisen und Getränke (Entspannungseffekt auf den Magen-Darm-Trakt), gedünstetes Gemüse, aufgekochte, Getreidekost (Porridge).
•
Eine Darmsanierung ist sinnvoll, sollte aber einschleichend durchgeführt werden, da sonst anfangs eine Verschlechterung auftreten kann.
Phytotherapie
•
Kamillenblüten (Matricariae flos): 1 EL mit 150 ml Wasser übergießen, 5–10 Min. ziehen lassen bis zu 4 Tassen tgl.
•
Pfefferminzöl (Menthae piperitae aetheroleum): 6–12 Tr. tgl. oral bzw. 0,6 ml in 3 Einzeldosen zu maximal 0,2 ml einnehmenKontraindikationen: Cholezystitis, Gallenwegsobstruktion, Hepatopathie
Erweiterte Naturheilverfahren
•
krampfartige Schmerzen: Gb 39, Gb 41, Le 3, Du Mai 5, Di 2
•
Völlegefühl im Oberbauch oder breiiger Stuhl: Ma 25, Ma 36, Mi 16
•
wässriger Durchfall: Ni 7, Mi 6, Mi 10, Le 5
8.4.7
Funktionelle Obstipation
•
Nahrungsmittel mit abführender Wirkung (getrocknete Pflaumen, Datteln, Feigen, Rhabarber, Kiwi) bevorzugen
•
probiotische Nahrungsmittel (Joghurt, milchsauer vergorene Nahrungsmittel) zuführen
•
ausreichend trinken (2 l tgl.)
•
Verzicht auf Zucker und Süßigkeiten
Phytotherapie
•
Aloe-Extrakt: 80–100 mg tgl. als Tinktur, z. B. Aloes tinct. DAB (20–30 Tr. vor dem Schlafengehen) über 2 Wo. [36]
•
Abführtee nach R. F. Weiss ([32])
Praxistipp
R. F. Weiss [33] hat folgende Rezeptur Teerezepturen:Abführteeeines Abführtees entwickelt: Sennesblätter 25 g, Faulbaumrinde 25 g, Kamillenblüten 25 g, Fenchelfrüchte 25 g. M. f. species. Dosierung: 1–2 TL auf 1 Tasse (150 ml), 10 Min. ziehen lassen, abends 1 Tasse trinken.
Erweiterte Naturheilverfahren
-
•
Neuraltherapie: Die Neuraltherapie kann bei Bedarf auch längerfristig eingesetzt werden. In therapieresistenten Fällen kommt der „Bauchkranz nach Hopfer“ zur Bauchkranz nach HopferAnwendung: Quaddeln (mit Procain 1 % oder Lidocain 1 %) im Abstand von vier Zentimetern kaudal entlang des Rippenbogens und kranial entlang der Beckenknochen [19].
-
•
Akupunktur: Sinnvoll sind die Punkte Ma 25, Ma 36, Mi 6, Mi 10, Mi 15, Di 4, Ren Mai 6 [9, 11]. Bei Bedarf kann die Akupunktur auch längerfristig zur Anwendung kommen.
8.4.8
Funktionelle Diarrhö
•
Keine schwer verdaulichen (z. B. Rohkost), individuell unverträglichen und kalten Nahrungsmittel zuführen.
•
Günstig sind Suppen (Reis-, Haferschleim-, Karotten-Suppe), Karottengemüse, Äpfel, Bananen und fettarme Mahlzeiten.
Phytotherapie
-
•
Schwarzer Tee (Theae nigrae folium)/Grüner Tee (Theae viridis folium): 1 TL Schwarztee oder ½ TL Grüntee auf 150 ml kochendes Wasser; 15–20 Min. ziehen lassen [25].
-
•
Getrocknete Heidelbeerfrüchte (Myrtilli fructus): Mehrmals tgl. 5–10 g getrocknete (!) Beeren (1 EL) im Mund zerkauen, dann schlucken.
-
•
Eichenrinde (Quercus cortex): 2–4 gehäufte TL auf 250 ml Wasser, kurz aufkochen, 10–20 Min. ziehen lassen, mehrmals tgl. vor den Mahlzeiten trinken, über maximal 4 Tage [25].
Praxistipp
Rezeptur: „Stopftee“
Rezeptur: Heilerde
Erweiterte Naturheilverfahren
-
•
Mikrobiologische Therapie: Zur Anwendung kommen z. B. Saccharomyces cerevisiae, S. boulardii, Escherichia coli.
-
•
Akupunktur: Sinnvolle Punkte bei Diarrhö sind KG 6, KG 12, Ma 25, Mi 1, Mi 4, Mi 9, Bl 20, Bl 21 [9].
8.4.9
Reizblase
•
Meiden schleimhautreizender Nahrungsmittel (Kaffee, Alkohol, scharfe Gewürze) und Urin ansäuernder Nahrungsmittel (Fleisch-, Wurstwaren, Milch, Spargel, Spinat, Erdbeeren).
•
Die Flüssigkeitsmenge an dünnflüssigen Getränken (Mineralwasser, Tee) sollte über 2 l tgl. liegen.
•
Ansteigende oder wechselwarme Fußbäder und feuchtwarme Auflagen bringen häufig Erleichterung.
•
Bei Entzündung, Hitzegefühl, „Brennen“ ist als Durchspülungstherapie der aquaretisch wirksame Indische Nierentee zu empfehlen sowie zur Minderung der Entzündung ein entzündungshemmender Tee.
Praxistipp
Rezeptur: Indischer Nierentee
Rezeptur: Teezubereitung aus entzündungshemmenden Kräutern
•
Bei krampfartigen Beschwerden hat sich neben Kürbiskernsamen ein Tee aus Goldrutenkraut bewährt.
–
Kürbiskernsamen (Cucurbitae peponis semen): 1–2 EL tgl. – morgens und abends – zerkaut mit Flüssigkeit einnehmen (Kinder unter 12 Jahren 1–2 TL).
–
Goldrutenkraut (Solidaginis herba): 2 TL auf 150 ml kochendes Wasser, 10 Min. ziehen lassen; mehrmals tgl. 1 Tasse [25].
8.4.10
Chronische Rückenschmerzen
Phytotherapie
•
Teufelskrallenwurzel (Harpagophytum procumbens) sollte möglichst als standardisiertes Fertigpräparat (800–1.600 mg Extrakt) tgl. eingesetzt werden (z. B. Arthrosetten®, Cefatec®, Doloteffin®, Flexi-loges®, Teufelskralle-ratiopharm®).
•
Weidenrinde (Salix alba) sollte bevorzugt als Extraktpräparat eingesetzt werden, da so gewährleistet ist, dass die notwendige Wirkstoffmenge tatsächlich erreicht wird.Präparate: z. B. Assalix® (1–2 Drgs. tgl. nach den Mahlzeiten), Optovit actiFLEX® (1–2 Drgs. tgl.), Salix Bürger® Lösung (Dosierung: 45–90 Tr. tgl.).
•
Ingwerwurzelstock (Zingiberis rhizoma) – Anwendung als Tee: 1 TL grob zerkleinerte Droge mit 150 ml heißem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen, bis zu 3 Tassen tgl. trinken.
•
Cayenne-Pfeffer (Capsicum annuum): Anwendung äußerlich als Salbe, Pflaster oder Emulsion. Bei Okklusivverbänden und Pflastern mit hoher Dosierung (über 0,075 % Capsaicingehalt) besteht die Gefahr irreversibler Neurotoxizität.
•
Präparate: z. B.: Capsamol Salbe®, Jucurba Capsicum® Schmerz Emulsion
Erweiterte Naturheilverfahren
8.4.11
Kopfschmerz
•
Entspannungsverfahren: z. B. autogenes Training, progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, können die Schmerzintensität und -dauer und damit die Schmerzmitteleinnahmen vermindern [35].
•
Hydro- und Thermotherapie: Zu empfehlen [20] sind kalte Armbäder (schmerzlindernd bei akuten Kopfschmerzen) oder temperaturansteigende Armbäder (bei chronischer oder durch Kälte ausgelöster Symptomatik).
•
Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (1,5 l) ist zu achten, denn bereits geringfügig zu niedrige tägliche Trinkmengen können Kopfschmerzen auslösen (Maughan).
•
Ein Vitamin-B12-Mangel (z. B. bei streng vegetarischer oder einseitiger Ernährung) kann Kopfschmerzen auslösen/verschlimmern [27]. Ausreichende Mengen finden sich in Eiern, Milchprodukten, Fisch und Fleisch. Tagesbedarf: 2 μg. Dosierung bei Vitamin-B12-Mangel: 10–100 μg täglich.
Phytotherapie
-
•
Pfefferminzöl (Menthae piperitae aetheroleum): evidenzbasiert bei Kopfschmerzen [24]; mehrmals tgl. Stirn und Schläfe mit einigen Tr. Öl einreiben.Präparate: z. B. Euminz äußerlich Lösung (mittels Applikator), Inspirol Heilpflanzenöl
-
•
Teufelskrallenwurzel (Harpagophyti radix): sinnvoll bei Kombination von Kopf- und HWS-Schmerzen [24] als Fertigpräparat 800–1.600 mg Extrakt tgl.Präparate: z. B. Arthrosetten®, Cefatec®, Doloteffin®, Flexi-loges®, Teufelskralle-ratiopharm®
Erweiterte Naturheilverfahren
-
•
Akupunktur: Auswahl der Punkte nach Schmerzlokalisation [11, 18].
–
Scheitel: LG 20, Ni 1, Dü 3, Bl 7, Bl 67
–
Gesicht: Di 4, Ma 44, Ma 8, Ren Mai 23, Bl 2, Gb 20
–
Hinterkopf: Gb 20, Bl 62, Dü 3, Ren Mai 19
–
Schläfe: Ma 8, 3E 5, Gb 7, Gb 8, Gb 20, Gb 41
-
•
Akupressur: Der Fingerdruck auf Schmerzpunkte kann zu spontaner Erleichterung führen. Viele Akupunkturpunkte (s. o.) sind einer Selbstbehandlung mit Akupressur zugänglich.
8.4.12
Funktionelle kardiovaskuläre Beschwerden
•
Ausdauertraining (wichtigste ergänzende Behandlung von Angststörungen überhaupt)
•
Entspannungsverfahren (z. B. autogenes Training, Meditation)
•
hydrotherapeutische Anwendungen – warme Bäder wirken muskelentspannend, vegetativ stabilisierend und Angst mindernd.
Phytotherapie
•
Weißdornblätter und -blüten (Crataegi folium cum flore): herzstärkend, 900 mg tgl. (als Extraktpräparat), über mindestens 6 Wochen; z. B. Crataegutt® (3 × 20–40 Tr. tgl.), Florabio Weißdorn-Press-Saft® (3 × 10 ml tgl.), Craegium® 450 mg (2 × 1Tbl. tgl.).
•
Passionsblumenkraut (Passiflorae herba): angst- und krampflösend, 1 TL mit 150 ml kochendem Wasser übergießen, 5 Min. ziehen lassen, 3 Tassen tgl.
Praxistipp
Als „Solutio Solutio cardiacacardiaca“ kann folgende Tinktur zur Behandlung funktioneller Herzbeschwerden eingesetzt werden: Maiglöckchenkraut-Tinktur (10 g), Adoniskrautextrakt (10 g), Baldrianwurzelextrakt (10 g), Tinktur aus Weißdornblätter mit -blüten (20 g), tgl. 3 × 20–30 Tr. in Flüssigkeit einnehmen [24].
Erweiterte Naturheilverfahren
8.4.13
Funktionelles Globusgefühl
Phytotherapie
•
Isländisches Moos (Lichen islandicus): 1–2 TL mit 1 Tasse kochendem Wasser (150 ml) übergießen, 10 Min. ziehen lassen, 3–5 Tassen tgl.
•
Tausendgüldenkraut (Centauri herba): 1 TL mit 250 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Min. ziehen lassen, 3–5 Tassen tgl.
Praxistipp
Rezeptur bei Globusgefühl
Erweiterte Naturheilverfahren
•
Globusgefühl: Pe 5, Pe 6, Pe 3, Pe 7, Pe 9
•
Dysphagie: Du Mai 22, Pe 6
•
Gefühl „Kehle wie zugeschnürt“: Du Mai 22, Di 18, Di 4 [11]
8.4.14
Somatoformer Juckreiz
Praxistipp
Waschungen an den betroffenen Hautpartien können mit folgenden Substanzen durchgeführt werden [29]:
•
lauwarmes Essigwasser (1 EL Essig auf 2 l Wasser)
•
Klettenwurzel (2 Handvoll Klettenwurzeln und -blätter [Bardanae radix et folia]) in 1 l warmem Wasser ansetzen, 15 Min. ziehen lassen
Phytotherapie
•
Kamillenblüten (Matricariae flos): Sinnvoll bei austherapierten Patienten mit psychogenem Juckreiz, z. B. Kamillenblüten (50 g auf 10 l Badewasser).
•
Lavendelblüten (Lavandulae flos): 5 Tr. Lavendelöl (10-prozentig) 3 × tgl. in die juckenden Hautstellen einreiben. Als Badezusatz: 20–100 g Lavendelblüten auf 20 l Wasser.
•
Eichenrinde (Quercus cortex): 5 g mit 1 l kaltem Wasser ansetzen, 15 Min. auf kleiner Flamme kochen, abseihen und zum Badewasser geben.
•
Pfefferminzöl (Menthae piperitae aetheroleum), Minzöl (Menthae arvensis aetheroleum), einige Tr. direkt in die juckende Hautpartie einreiben, mehrmals täglich. Cave: Nicht bei Säuglingen/Kleinkindern im Gesicht (Gefahr von Aspiration, Glottiskrampf, Atemdepression, Erstickung).
Praxistipp
Bei Waschung 5–10 Tr. auf 1 l Wasser. Bei Bädern 10 Tr. pro Bad.
•
Ballonrebenkraut (Cardiospermi herba): Salbe 3 × tgl. auf betroffenen Hautpartien einreibenRp.: 10 % Cardiospermum homöopathische Urtinktur, Ungt. emulsif. Aquosum 100,0
•
Cayennepfefferfrüchte (Capsici fructus): Bei austherapierten Patienten mit starkem/chronischem Juckreiz Salbe (z. B. Capsamol Salbe®, Jucurba Capsicum® Schmerz Emulsion) möglichst dünn auf die juckenden Hautstellen auftragen. Anwendung zunächst 2–3 Tage, bei guter Verträglichkeit maximal 4 Wochen anwenden.
Ernährungstherapie
Erweiterte Naturheilverfahren
8.4.15
Fibromyalgie
Hydro- und Thermotherapie
Phytotherapie
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•
Äußere Anwendung:
-
–
Cayennepfefferfrüchte (Capsici fructus acer): Anwendung als Salbe (z. B. Capsamol Salbe®, Jucurba Capsicum® Schmerz Emulsion) zur Verbesserung von Durchblutung, Wärmegefühl, Muskelkraft.
-
–
Weißer Senfsamen (Sinapis albae semen): Breiumschlag: 3 EL Senfmehl mit warmem Wasser zu einem Brei anrühren, 3 × tgl. Umschläge für 15 Minuten auf den schmerzenden Stellen auflegen Wichtig: Hautschutz durch vorheriges Eincremen, sowie nach jeder Anwendung Breireste vollständig entfernen (Gefahr von Hautverbrennungen).
-
-
•
Innere Anwendung:Ginkgo (Ginkgo biloba) + Coenzym Q10: Kann die Beschwerden von Fibromyalgie-Patienten bessern [16]. 200 mg Ginkgo und 200 mg Coenzym Q10 tgl. für 3 Monate einnehmen.Präparatebeispiele für Ginkgo: Gingium Filmtabletten à 40 mg (tgl. 3 × 2 Tbl.), Tebonin forte Filmtabletten à 40 mg, tgl. 3 × 2 Tbl.
Bewegungstherapie
Erweiterte Naturheilverfahren und komplementärmedizinische Therapieverfahren
-
•
Akupunktur: Die Akupunktur bessert u. a. die Mikrozirkulation über den fibromyalgietypischen Tender-Points und reduziert Schmerzen. Sinnvoll sind die „Brunnenpunkte“ der betroffenen Leitbahnen (die jeweils ersten Punkte der Leitbahnen) und die „Kreuzungspunkte“ der Extremitäten: Mi 6, Gb 39, Pe 5, 3E 5 [9].
-
•
Mikronährstoffmedizin:
-
–
L-Karnitin (Vitaminoid) kann zur Schmerzlinderung und Besserung des Allgemeinbefindens beitragen [23]; Dosierung 1000–2.000 mg tgl.
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–
Magnesium wirkt allgemein muskelentspannend, Dosierung 300–600 mg tgl.
-
8.4.16
Chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS)
Phytotherapie
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•
Ginseng (Radix ginseng): 400–1.200 mg tgl. (als Teezubereitung), 200–600 mg tgl. (als Extrakt). Mögliche Nebenwirkungen: hormonartige Effekte, Blutdrucksteigerung, Unruhezustände, Schlaflosigkeit. Einnahme maximal 3 Monate [25].Präparate: z. B. Ardey aktiv Pastillen (3 × 1 Pastillen tgl.), Orgaplasma Drgs. (2 × 2 Drgs. tgl.), Roter Ginseng von Gintec (3 Kps. morgens).
-
•
Rosenwurzel (Rhodiola rosea): Sinnvoll bei Konzentrationsstörungen/zur Besserung der geistigen Leistungsfähigkeit [24]. Die Tagesdosis sollte bei 200 mg eines Extraktpräparates liegen und am Vormittag eingenommen werden.Präparate: z. B. Cefavora memo®, Rhodiolan NE®
Erweiterte Naturheilverfahren komplementärmedizinische Therapieverfahren
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•
Akupunktur: Bewährt ist die Kombination aus Ma 36, Ren Mai 6, Ren Mai 12, Ni 3.
-
•
Mikronährstoffmedizin:
-
–
Vitamin-B-Komplex: Bereits ein leichter Mangel an B-Vitaminen kann zu Leistungsminderung führen. Bei starker körperlicher Beanspruchung und/oder fleisch- und milchproduktfreier Diät sind Diagnostik und gegebenenfalls eine Nahrungsergänzung sinnvoll [33].
-
–
L-Karnitin (Vitaminoid): zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit, 1.000–2.000 mg tgl. Diverse Nahrungsergänzungspräparate sind unter der Bezeichnung „L-Karnitin“ im Handel erhältlich.
-
8.4.17
Burn-out-Syndrom
•
körperliche Symptome: kardiale Beschwerden, Verdauungsstörungen, Kopfschmerz, Müdigkeit, Muskelverspannungen
•
mentale Symptome: Konzentrationsstörungen, eingeschränkte Belastbarkeit
•
emotionale Symptome: Unruhe, Depressive Stimmung, Kontaktverluste, vermindertes Selbstwertgefühl, Lustlosigkeit
Praxistipp
Folgende Kernsätze können dem Patienten helfen und sollten frühzeitig vermittelt werden.
•
Keine übermäßige Selbstkritik üben!
•
Sich und anderen Fehler verzeihen können!
•
Die eigenen Schwächen kennen und mit Humor nehmen!
•
Die eigenen Träume, Ziele und Visionen kennen und anerkennen!
Praxistipp
Hier ist insbesondere auf allgemein roborierende Techniken aus der Erfahrungsheilkunde hinzuweisen. Die Intensität und Reizstärke muss an die Reaktionsfähigkeit des Betroffenen angepasst werden:
•
Luftbäder, Trockenbürsten: in der Regel sehr gut verträglich unter Beachtung der Kontraindikationen (Hautwunden, -reizungen);
•
Bei schwacher Reaktionsfähigkeit und Kältegefühl: ansteigende Fuss- oder Armbäder;
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Bei guter Reaktionsfähigkeit: Übergehen zu wechselwarmen Fuss- oder Armbädern, Wechselduschen, Wechselbädern.
Literatur
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