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978-3-437-22255-9
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Pubertätsstadien nach Tanner – JungenPubertätsentwicklung:Stadien nach TannerPubertätsentwicklung:JungenHodenwachstum
[L157]

Pubertätsentwicklung:MädchenPubertätsstadien nach Tanner – MädchenThelarcheSchambehaarungPubertätsentwicklung:Stadien nach Tanner
[L157]

Hypothyreose:ScreeningHypothyreose-Screening
[L157/T551]

Wirkprofil von VerzögerungsinsulinNormalinsulinInsulin(e)Insulin(e):WirkprofilInsulinanalogaHumaninsulineBasalinsulineInsulinen
Wirkungsbeginn | Hauptwirkung | Dauer | Besonderheiten | |
Humaninsuline | ||||
Normalinsulin | 15–30 Min. | 1,5–4 h | 6(–8) h | Auch i. v. Gabe möglich |
Basalinsulin | 1,5–2 h | 5–8(–10) h | 12–16(–22) h | NPH-(Neutral-Protamin-Hagedorn-)Insuline |
Insulinanaloga | ||||
Schnell wirkend | ||||
Aspart | 3–5 Min. | 1–2 h | 3–4 h | Zulassung ab 1 J. |
Lispro | Zulassung ab Geburt | |||
Glulisin | Zulassung ab 6 J. | |||
Lang wirkend (Basalinsuline) | ||||
Glargine | 90 Min. | Relativ kontinuierlich | Bis 24 h | Darf keinesfalls mit anderen Insulinen gemischt werden! Zulassung ab 2 J. |
Detemir | 90 Min. | 6–16 h (dosisabh.) | 10–20 h (dosisabh.) | Zulassung ab 2 J. |
Einteilung der StrumaStruma
Stadium | Klinische Beschreibung |
I | Tastbare Struma |
Ia | Bei normaler Kopfhaltung nicht sichtbare Struma |
Ib | Bei rekliniertem Hals sichtbare Struma |
II | Bei normaler Kopfhaltung sichtbare Struma |
III | Deutlich sichtbare Struma |
Glukokortikoide – Potenz synthetischer Steroide (gemessen an der antiinflammatorischen Wirksamkeit)Glukokortikoide:Potenz
Medikament (Beispiel) | Glukokortikoide Wirkung |
Kortisol | 1 |
Prednisolon | 4–5 |
Methylprednisolon | 5–6 |
Dexamethason | 25–30 |
Betamethason | 30 |
Endokrinologie
-
10.1
Diabetes mellitus Typ 1 Jürgen Grulich-Henn und Markus Bettendorf366
-
10.2
Leitsymptome Markus Bettendorf370
10.2.1
Kleinwuchs und abfallende Wachstumsgeschwindigkeit370
10.2.2
Hochwuchs und beschleunigte Wachstumsgeschwindigkeit373
10.2.3
Intersexuelles Genitale (Unterschiede der sexuellen Entwicklung = Differences of Sex Development, DSD)374
10.2.4
Störungen der Pubertätsentwicklung375
10.2.5
Maldescensus testis380
-
10.3
Schilddrüse Markus Bettendorf380
-
10.4
Nebenschilddrüse Markus Bettendorf384
-
10.5
Nebennierenrinde Markus Bettendorf386
-
10.6
Wasserhaushalt Markus Bettendorf389
-
10.7
Kinder- und Jugendgynäkologie Kerstin Porrath391
10.1
Diabetes mellitus Typ 1
•
Klassische Sympt. (PolyuriePolyurie, PolydipsiePolydipsie, unerklärter Gewichtsverlust)
•
Gelegenheitsblutglukose ≥ 200 mg/dl (≥ 11,1 mmol/l) oder
•
Bestätigte Nüchternblutglukose ≥ 126 mg/dl (≥ 7,0 mmol/l) oder
•
oGTT-2-h-Wert ≥ 200 mg/dl (≥ 11,1 mmol/l) oder
•
HbA1c ≥ 6,5 %
-
•
Blutglukose
-
•
Urin: Glukosurie, Ketonurie
-
•
BGA: Metab. Azidose?
-
•
BB (Hkt ↑), E'lyte, Krea, Cholesterin, Triglyzeride
-
•
HbA1c: Aussage über die mittleren Blutglukosewerte der letzten 6–8 Wo.
-
•
Insulin, C-Peptid, GAD-Ak, Inselzell-Ak (in ca. 80 % d. F. pos.)
-
•
Ggf. Auto-Ak gegen Schilddrüsenmikrosomen (TPO), Thyreoglobulin, Gewebstransglutaminase-Ak (Assoziation mit anderen Autoimmunerkr. möglich)
-
•
Urin-Albumin/Urin-Krea (Mikroalbuminurie)
-
•
Augenärztliche Unters.
Nicht bei akuter Erkr., Trauma o. Inaktivität durchführen.
-
•
Diab. mell. Typ 2: Diabetes mellitus:Typ 2prim. nicht insulinabh., nur bei massiver AdipositasAdipositas bereits im Jugendalter manifest. Häufigster Diab.-Typ bei Erw. (90 %). Bei Kindern in D selten (1,5 %), aber höhere Inzidenz in bestimmten Bevölkerungsgruppen
-
•
Diab. mell. Typ 3: Diabetes mellitus:Typ<2009><2009>3andere spez. Diabetesformen, die genetisch determiniert o. erworben sein können. Im Kindesalter sind v. a. von Bedeutung:
–
MODY (MODYmaturity-onset diabetes in the young): aut.-dom. vererbte Störungen der Insulinfreisetzung (→ Familienanamnese!). Meist leicht verlaufender, nichtinsulinabh. Typ. Ther. durch Diät, ggf. orale Antidiabetika
–
Diab. mell. bei Pankreaserkr., endokrinen Erkr., genetischen Sy. (insb. CF, Turner-Sy., Zystinose), medikamentös induziert (z. B. Glukokortikoide), Störungen des Insulinrezeptors, verminderter Glukosetoleranz u. a.
–
Neonataler Diab. mell.: Diabetes mellitus:neonatalerDiabetesbeginn vor den 6. Lebensmon., meist monogenetisch
•
Ätiologie: Insulinmangel, i. R. der Erstmanifestation, unterlassene Insulininjektion, zu geringe Insulindosis bei erhöhtem -bedarf (z. B. fieberhafte Inf.), technische Fehler bei Injektion, OP
•
Klinik: Dyspnoe, Kußmaul-Kussmaul-AtmungAtmung, Acetongeruch, Dehydratation, HyperglykämieHyperglykämie, GlukosurieGlukosurie, Bauchschmerzen (akutes Abdomen), Erbrechen, Präkoma bzw. Koma:diabetischesKoma
Therapie der diabetischen Ketoazidose
•
Ketoazidose:diabetischeFlüssigkeit: zunächst NaCl 0,9 % 10–20 ml/kg KG binnen 1 h. Dann 100–150 ml/kg KG/d, davon ¾ innerhalb der ersten 8 h. Bei BZ-Werten < 270 mg/dl halbisotone NaCl-Lsg. mit 5 % Glukose-Anteil infundieren.
•
Normalinsulin: NormalinsulinBeginn 1–2 h nach Einleitung der Flüssigkeitssubstitution. Zunächst 0,1 IE/kg KG/h i. v. über Perfusor. Langsamen BZ-Abfall von max. 100 mg/dl/h (5,5 mmol/l/h) anstreben. Bei zu raschem BZ-Abfall droht Hirnödem. BZ-Kontrollen zunächst stdl.
•
K+-Substitution: nach Einsetzen der Insulin-Ther. u. bei vorhandener Diurese frühzeitig. Beginn zunächst mit 3–5 mmol/kg KG/d KCl. Engmaschige K+-Kontrollen bei i. v. Gabe erforderlich.
•
Azidosebehandlung erfolgt bereits durch Insulingabe. Bikarbonatgaben i. d. R. kontraindiziert (cave: Hirnödem).
•
Kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter: EKG-Monitor, RR, Puls, Atmung, Flüssigkeitsbilanz, Glasgow Coma Scale.
•
Ätiologie: lange körperl. Anstrengungen (z. B. Sport) ohne adäquate KH-Zufuhr, vermindertes KH-Angebot (Mahlzeit ausgelassen, zu langer Spritz-Ess-Abstand), Insulinüberdosierung, Alkoholgenuss, akzidentelle i. m. Insulininjektion
•
Klin.: individuell verschieden, u. a. Schwitzen, Heißhunger, Konzentrationsschwäche, Unruhe, Verwirrtheit, Zittern, Tachykardie, Kopfschmerzen, Bewusstlosigkeit, Krampfanfall
•
Ther.: bei leichter Hypoglykämie Zufuhr von 1–2 KE (z. B. in Form von Traubenzucker, Fruchtsäften). Bei schwerer Hypoglykämie (Bewusstseinsverlust, Krampfanfall) Glukagon i. m. (1 Amp. = 1 mg i. m.) bzw. i. v. Gabe von 20 %-Glukose-Lsg. (ca. 2 ml/kg KG)
Aufbewahrung von Insulinpräparaten bei +2 bis +8°C, am besten im Kühlschrank, nicht im Tiefkühlfach. Während der Zeit des Gebrauchs (z.B. im Pen) o. bei kurzen Reisen zeitlich begrenzte Aufbewahrung bei Zimmertemperatur (bis 4Wo.) möglich.
•
Basalinsuline abends bzw. Verteilung auf 2-malige Inj. morgens u. abends, 40 % der Gesamtinsulinmenge als „Basis“
•
Normalinsulin zeitlich u. in Dosierung individuell den KH-Einheiten (1 KE = 10 g Kohlenhydrate) anpassen („Bolus“). Als Richtdosis können bei Kindern herangezogen werden:
–
< 20 kg KG 0,25 IE/KE
–
20–40 kg KG 0,5 IE/KE
–
≥ 40 kg KG 1 IE/KE
!
Die individuell erforderlichen Dosen können stark schwanken u. unterliegen tageszeitlichen Schwankungen.
•
Notfall-OP o. längere Eingriffe: Normalinsulin in Infusionslsg. (1 IE Normalinsulin pro 4 g Glukose) o. im Bypass mit 0,05 IE/kg KG/h i. v. dosieren.
•
Kürzere OP: Vor dem Eingriff die Hälfte der morgendlichen Dosis (Normal- u. Verzögerungsinsulin) s. c. injizieren, die andere Hälfte nach der OP.
•
Häufigere BZ-Kontrollen. Ziel: konstante Blutglukosekonz. um 120 mg/dl.
•
Bei i. v. Insulingabe: Sobald orale Nahrungszufuhr wieder möglich, Übergang auf s. c. Insulinsubstitution.
-
•
Insulinanpassung: Grobe Faustregel für Kinder u. Jgl.:
–
< 20 kg KG: 0,25 IE für 50 mg/dl (2,7 mmol/l) BZ-Senkung
–
20–40 kg KG: 0,5 IE für 50 mg/dl (2,7 mmol/l) BZ-Senkung
–
> 40 kg KG: 1,0 IE für 50 mg/dl (2,7 mmol/l) BZ-Senkung
–
Erw.: 1,0 IE für ca. 30 mg/dl (1,6 mmol/l) BZ-Senkung
–
Bei hohen BZ-Werten (> 400 mg/dl; 21,6 mmol/l) Verdopplung der o. a. Insulineinheiten
-
•
Insulinbedarf bei diab. Kindern u. Jgl.: Remissionsphase bis 0,5 IE/kg KG/d, absoluter Insulinmangel 0,7–1,2 IE/kg KG/d (bis 1,5 IE/kg KG/d in der Pubertät) bei altersgerechter Ernährung, in der Ketoazidose 2–3 IE/kg KG/d
-
•
Injektionshilfen, InsulintherapieInjektionshilfen (Pen): zur Gabe von Normal- o. Verzögerungsinsulin. Vorteil: rasche Verfügbarkeit u. Bequemlichkeit
-
•
Somogyi-Somogyi-EffektEffekt: morgendliche Nüchternhyperglykämien, reaktiv nach vorausgegangener nächtlicher Hypoglykämie, meist Folge der Überdosierung der abendlichen Insulininjektion.
-
•
Dawn-Dawn-PhänomenPhänomen (insb. in der Pubertät): morgendliche Nüchternhyperglykämien mit kontinuierlichem Anstieg des BZ-Wertes in den frühen Morgenstunden (zwischen 4:00 u. 6:00 Uhr) als Folge erhöhter antiinsulinärer Hormone.
-
!
Somogyi-Effekt und Dawn-Phänomen können mittels kontinuierlicher Glukosemessungen (CGMS) meist gut differenziert werden.
-
•
Prinzip: Diabetes mellitus:Ernährungaltersgerechte Ernährung mit individueller Anpassung an den Bedarf des Kindes unter Berücksichtigung seiner Gewohnheiten u. Vorlieben. Anpassung der Insulin-Ther. an die Essgewohnheiten.
-
•
Empfehlung: Ballaststoffeiche Ernährungsweise mit ca. 55 % KH, 30–35 % Fette u. 10–15 % Eiweiß. Berechnung der Insulindosierung: 10–12 g Kohlenhydrate = 1 BE bzw. KE (Austauschtabellen). Fette und Eiweiß werden z. T. bei der Anpassung der Insulindosierung mit berücksichtigt.
-
•
Grundsätzlich kann mit Haushaltszucker gesüßt werden (berechnen!). Keine Berechnung bei Verwendung von Zuckeraustauschstoffen (Fruktose, Sorbit, Xylit, nicht als KE berechnen) o. Süßstoffen (Saccharin, Zyklamat, Aspartam).
-
•
Der Kalorienbedarf von Kindern und Jgl. mit Diab. mell. unterscheidet sich nicht von anderen Kindern (Tab. 5.1).
•
Bei Erstmanifestation intensive Einzelschulung des Pat. u. seiner Eltern, stat. Aufenthalt bei Erstmanifestation ca. 7–14 d.
•
Einzel- u. Gruppenschulungen müssen in altersgerechter Form wiederholt angeboten werden (inkl. Schulungswochen, Ferienlager).
•
Praktische u. theoretische Inhalte: Grundlagenwissen über Diabetes, Selbstkontrollen, Insulin-Ther., Injektionstechniken, Hypoglykämie, Ernährung, Dosisanpassung, Sport, Spätschäden, Vererbung, psychosoziale Fragen.
•
Protokollierte Selbstkontrolle: Insulindosis, BZ in Diabetestagebüchern o. mittels entsprechender Computersoftware protokollieren. Bei Bedarf Ketonkörperkontrolle i. U.
•
Alle 3 Mon.: HbA1c-Kontrolle sowie BZ-Messvergleich, Laborheimmessgerät. Körperl. Unters. einschl. Größe u. Gewicht, RR, Injektionsstellen (LipodystrophieLipodystrophie?)
•
Jährlich Testung auf Mikroalbumin i. U., Cholesterin, Triglyzeride, Krea-Clearance, Schilddrüsen- u. Gliadin-Ak
•
Augenärztliche Unters.: bei Diabetesdauer > 5 J. jährlich, bei Dauer > 10 J. ½-jährlich, bei Erstmanifestation in u. nach der Pubertät jährlich.
10.2
Leitsymptome
10.2.1
Kleinwuchs und abfallende Wachstumsgeschwindigkeit
-
•
Normvarianten:
-
–
Konstitutionelle Verzögerung von Wachstumsverzögerung:konstitutionelleWachstum u. Pubertät (KEV): familiäre Häufung der somatischen Entwicklungsverzögerung, retardiertes Knochenalter, verspäteter Pubertätsbeginn → Wachstumsgeschwindigkeit fällt erst zum Zeitpunkt des Pubertätsbeginns des Normalkollektivs ab
-
–
Familiärer Kleinwuchs: altersentsprechende Wachstumsgeschwindigkeit, altersentsprechendes Knochenalter, Zielgröße entsprechend der Elterngröße (< 3. Perzentile)
-
-
•
Fehlbildungen:SkelettSkelettfehlbildungen u. SkelettfehlbildungenOsteopathie(n)Osteopathien: Bsp. AchondroplasieAchondroplasie: dysproportionierter Kleinwuchs mit einem Missverhältnis (Ratio ↑) der Höhe der oberen Körperhälfte zur Höhe der unteren Körperhälfte (↓) o. des Armspanns (↓) zur Körpergröße. Außerdem weitere Dysmorphiezeichen (z. B. KU)
-
•
Chromosomenanomalien u. syndromale Erkr.:
-
–
Ullrich-Turner-Sy.Ullrich-Turner-Syndrom (UTS, 25.4.5): Karyotyp XO o. Mosaik (SHOX-Gen-Haploinsuff.). Ausprägung der Leitsympt. in %: Kleinwuchs (100 %), „Streak“-Gonaden/hypergonadotroper Hypogonadismus (> 85 %), kardiovaskuläre Fehlbildungen (55 %, auch sek.), Cubitus valgus (45 %), kurzer Hals (40 %), inverser Haaransatz (40 %), renale Fehlbildungen (37 %, Hufeisenniere), Hypothyreose (34 %), Pterygium colli (23 %), kongenitale Lymphödeme (21 %)
-
–
Noonan-Sy.:Noonan-Syndrom Erscheinungsbild ähnelt UTS, aber Jungen u. Mädchen betroffen, keine Gonadendysgenesie; Pulmonalstenose
-
–
Prader-Willi-Sy. 25.4.6.
-
-
•
Intrauterine Wachstumsverzögerung:intrauterineWachstumsverzögerung: Niedriges GeburtsgewichtGG/verminderte Körperlänge, bezogen auf Gestationsalter, mangelndes Aufholwachstum bei ca. 10 % der Kinder. Bei Inf. (z. B. Röteln, Zytomegalie), Intox. (Alkohol, Nikotin, Medikamente), Plazentainsuff., Russell-Silver-Sy.Russell-Silver-Syndrom (großer, dreiecksförmiger Gesichtsschädel mit hoher Stirn u. spitzem Kinn, u. U. Körperasymmetrie, Café-au-Lait-Flecken)
-
•
Psychosozialer Kleinwuchs: Erhebung der Anamnese wichtig. Normales Wachstum nach Konfliktlösung. Bei sozialer Deprivation, Fehlernährung
-
•
Chron. System- u. Organerkr.: Wachstum abh. von Aktivität u. Behandlung der Grunderkr. Bei kardiovaskulären Erkr., Lungenerkr. (CF), GIT-Erkr. (Zöliakie; M. Crohn), Nephro-, Hepatopathien, hämatopoetischen Erkr., rheumatoiden Erkr.
-
•
Iatrogener Kleinwuchs: z. B. durch Glukokortikoide, Zytostatika, Bestrahlung.
-
•
Stoffwechselkrankheiten: z. B. Glykogenosen, Mukopolysaccharidosen.
-
•
Hormonelle Störungen:
-
–
Hypothyreose (10.3.2): angeb. o. erw. Dentition verzögert, Knochenalter retardiert.
-
–
Hypophysärer Kleinwuchs: isolierter WachstumshormonWachstumshormonmangel o. multiple hypophysäre Hormonausfälle. Primär o. sek. bei Hirntumor (z. B. Kraniopharyngeom) o. nach perinatalem Trauma: proportionierter Körperbau, stammbetonte Adipositas, „Puppengesicht“, Akromikrie, Hypoglykämien (NG-Periode: multiple hypophysäre Hormonausfälle), path. Wachstumsgeschwindigkeit oft erst nach dem 2. Lj., retardiertes Knochenalter, IGF-I u. IGF-BP3 i. S. ↓, niedriges Wachstumshormon nach Stimulation
-
–
Wachstumshormonrezeptordefekte: Wachstumshormon:RezeptordefekteWachstumshormon ↑ IGF-I u. IGF-BP3 i. S. ↓.
-
–
Pseudohypoparathyreoidismus (10.4.3), Pubertas tarda (10.2.4), Pubertas praecox (10.2.4) u. Pseudopubertas praecox (10.2.4), Cushing-Sy. (10.5.1)
-
-
•
Anamnese: SS-Verlauf, GG u. Geburtslänge (intrauterine Wachstumsverzögerung), Apgar-Score, Geburtsverlauf (Wachstumshormonmangel nach perinatalem Trauma), psychomotorische Entwicklung, Dentition (→ Hypothyreose), Vorerkr., Medikamenteneinnahme, Ernährung, Stuhlgang (z. B. Zöliakie), Wachstumsverlauf (Beginn der Wachstumsstörung, Tumorerkr.). Körpergröße von Eltern, Geschwistern u. Großeltern (Familiarität), elterliche Pubertätsentwicklung (Menarchealter der Mutter)
-
•
Berechnung der genetischen Zielgröße:genetischeZielgröße nach Tanner:
–
Bei Jungen: mittlere Elterngröße [cm] + 6,5 [cm]
!
Bei Mädchen: mittlere Elterngröße [cm] −6,5 [cm]
-
•
Auxologie: Größe, Gewicht, KU, Armspann, Sitzhöhe (Erfassen der Körperproportionen); Berechnung der Wachstumsgeschwindigkeit (Differenz zweier Messungen der Körperhöhe im Abstand von 6–12 Mon.: cm/J.; im NG- u. Sgl.-Alter auch kürzere Abstände)
-
•
Körperl. Unters.: eingehende internistische Unters., Erfassung von Dysmorphiezeichen u. Stigmata (Fazies, Haaransatz, Cubitus valgus: → UTS, Pubertätsstadien nach Tanner; 10.2.4)
-
•
Rö der li. Hand: Bestimmung des KnochenalterKnochenalters nach Greulich u. Pyle u. Berechnung der prospektiven Endgröße nach Bayley-Pinneau (prozentuale Angabe der bereits erreichten Erw.-Größe). Normalerweise prospektive Endgröße = ZielgrößeZielgröße
-
•
Allg.: BSG, BB, Serumchemie, Urinstatus (→ Entzündungszeichen, E'lytstörungen, Anämie, Nephropathie, Hepatopathie?)
-
•
Speziell: deamidierte Gliadin-IgG-, Gewebstransglutaminase-IgA-Ak (→ ZöliakieZöliakie); IgA; TSH, T3, T4, fT4 (→ Hypothyreose); IGF-I, IGF-BP3 (→ Wachstumshormonmangel); bei Mädchen immer Chromosomenanalyse (→ UTS)
-
•
Weiterführende Diagnostik: Differenzierung isolierter Wachstumshormonmangel u. multiple hypophysäre Hormonausfälle durch Stimulationstests: Arginin; Insulin, i. d. R. stationär. TRH-, LHRH-Test, Kortisol-Tagesprofil; augenärztliche Unters. (Stauungspapille, Gesichtsfeldeinschränkung) z. B. bei Kraniopharyngeom; bei hypophysärem Hormonmangel immer kraniales MRT z. A. eines Tumors; Dünndarmbiopsie bei V. a. Zöliakie
Selbsthilfegruppen
Bundesverband kleinwüchsige Menschen und ihre Familien, BKMF e. V. Beratungs- und Geschäftsstelle im Deutschen Zentrum für Kleinwuchsfragen, Leinestr. 2, 28199 Bremen, Tel.: 0421–33 61 69 0, Fax: 0421–33 61 69 18, E-Mail: info@bkmf.de.
10.2.2
Hochwuchs und beschleunigte Wachstumsgeschwindigkeit
-
•
Normvarianten:
-
–
Familiärer Hochwuchs: altersentsprechende Wachstumsgeschwindigkeit, altersentsprechendes Knochenalter, Gewichtsperzentile im Vergleich zur Größenperzentile eher niedrig, Eltern groß, entsprechende Endgrößenerwartung
-
–
Konstitutionelle Beschleunigung von Wachstum u. Pubertät: frühnormale Pubertätsentwicklung, Knochenalter entsprechend akzeleriert. Familienanamnese (Pubertätsentwicklung der Eltern ebenfalls früh). Normale Endgrößenerwartung
-
–
AdiposogigantismusAdiposogigantismus: Gewicht u. Größe oberhalb der 97. Perzentile, Wachstumsgeschwindigkeit beschleunigt, Knochenalter akzeleriert. Gewicht der Eltern oft auch hoch. Meist alimentär bedingt
-
-
•
ChromosomenanomalienChromosomenanomalien, syndromale Erkr.:
–
Klinefelter-Sy.: XXY (25.4.4).
–
Fragiles-X-Fragiles-X-SyndromSy. (Martin-Bell-Sy. 25.4.7): psychomotorische Retardierung, postpubertär große Hoden
–
Sotos-Sy.:Sotos-Syndrom konnataler Großwuchs, Makrozephalus, Progenie, große Hände u. Füße, geistige Retardierung
–
Marfan-Sy.:Marfan-Syndrom Arachnodaktylie (Armspann ↑), Skoliose, Linsenluxation, Mitralklappenprolaps
–
Wiedemann-Beckwith-Sy.Wiedemann-Beckwith-Syndrom (25.4.8): konnataler Großwuchs, Makroglossie, Hypoglykämie, Nierentumoren, Exomphalos
–
Homozystinurie (Homozystinurie 11.5.4): Linsenektopie, Arachnodaktylie, Skelettdeformitäten, z. B. Kyphoskoliose
-
•
Hormonelle Störungen:
-
Pubertas Pubertas:praecoxpraecox vera (10.2.4) u. Pseudopubertas Pseudopubertas praecoxpraecox (10.2.4): vorübergehend beschleunigtes Wachstum durch frühen Pubertätsbeginn, aber früher Epiphysenschluss u. damit geringe Endgröße. Hyperthyreose; hypophysärer Hochwuchs: Übersekretion von Wachstumshormon; IGF-I u. IGF-BP3 ↑
-
•
Anamnese: GG u. Geburtslänge (kongenitaler Hochwuchs), psychomotorische Entwicklung, Wachstumsverlauf (Pubertas praecox mit Wachstumsspurt). Ernährung (Adiposogigantismus), Körpergröße von Eltern, Geschwistern u. Großeltern, elterliche Pubertätsentwicklung (Familiarität)
-
•
Auxologie (10.2.1)
-
•
Körperl. Unters.: eingehende internistische Unters. (z. B. Herzgeräusch bei Marfan-Sy.), WS-Fehlhaltung (häufig bei Hochwuchs), Erfassung von Körperproportionen, Dysmorphiezeichen u. Stigmata (z. B. Makrozephalus bei Sotos-Sy., Arachnodaktylie bei Marfan-Sy., Missverhältnis Armspann zu Körpergröße bei Marfan-Sy., Eunuchoidismus), Verteilung des Muskel- u. Fettgewebes (gleichmäßige Fettverteilung bei Adiposogigantismus, aber bei Kortisolüberproduktion Stammfettsucht u. Kleinwuchs), Pubertätsstadien nach Tanner (10.2.4)
-
•
Rö li. Hand: Bestimmung des KnochenalterKnochenalters nach Greulich u. Pyle. Bei der Berechnung der prospektiven Endgröße nach Bayley-Pinneau (BP) oft Überschätzung der Erw.-Größe, daher Berechnung der prospektiven Endgröße auch nach Roche-Wainer-Thissen u. ggf. Knochenalterbestimmung nach Tanner u. Endgrößenberechnung nach Tanner-Whitehouse
-
•
Allg.: TSH, T3, T4, fT4 (Hyperthyreose); IGF-I, IGF-BP3 (Überproduktion von Wachstumshormon). LH, FSH Sexualhormone(Gonadarche bei Pubertätsbeginn; niedrig bei Pseudopubertät), Testosteron, Dihydrotestosteron (Jungen), 17-β-Östradiol (Mädchen, Pubertät); DHEA, DHEA-S (Adrenarche)
-
•
Speziell: AS i. U. (Homozystinurie); Chromosomenanalyse (Karyotyp, z. B. Klinefelter-Sy.)
10.2.3
Intersexuelles Genitale (Unterschiede der sexuellen Entwicklung = Differences of Sex Development, DSD)
-
•
46,XX-DSD: XX-Karyotyp, Ovarien u. Uterus, Virilisierungvirilisiertes o. zwittriges äußeres Genitale. Bei AGS, transplazentarer Virilisierung (exogene u. endogene mütterliche Androgene), Aromatasedefekt, ovotesticular DSD (s. u.). DD: unreifes Genitale bei FG
-
•
46,XY-DSD: XY-Karyotyp, Testes (häufig rudimentär), äußeres Genitale unvollständig virilisiert, zwittrig o. weiblich. Bei GonadendysgenesieGonadendysgenesie (inkomplett, komplett), Testosteron-Biosynthesedefekte (mit u. ohne NNR-Insuff.), Leydig-Zell-Hypoplasie, 5α-Reduktase-Mangel, Androgenresistenz (inkomplett, komplett), ovotesticular DSD (s. u.). DD: Mikropenis, Maldescensus testis u. Fehlbildungen, z. B. Hypospadie
-
•
Ovotesticular DSD (46,XX/46,XY-DSD): 50 % XX-, 20 % XY-Karyotyp o. Geschlechtschromosomenmosaik, ovarielles u. testikuläres Gewebe in den gleichen o. verschiedenen Gonaden, i. d. R. Uterus u. eine Tube auf der Seite des Ovars o. Ovotestis. Äußeres Genitale männlich, weiblich o. zwittrig
-
•
Anamnese: Indexfälle in der Familie, z. B. Fehlbildungen des Genitales, ungeklärte Fertilitätsstörungen; Einnahme hormonhaltiger Medikamente in der SS; mütterliche Erkr. mit Hormonüberproduktion (Tumoren)?
-
•
Körperl. Unters.: Gonaden tastbar? → Wenn ja, V. a. XY-DSD. Inspektion des äußeren Genitales zur Beurteilung der Virilisierung: Pigmentierung (Phallus, Skrotum, Labia majora bzw. Labioskrotalwülste), Fusion der Urethralfalten, Mündung der Urethra; Vaginalsekret exprimierbar (Uterus); Einteilung des virilisierten weiblichen Genitale nach Prader; Hautturgor, Herzrhythmus, Blutdruck (Salzverlustsy.)
-
•
Sono des inneren Genitales: Müller-Derivate (Uterus, Tuben, oberer Anteil der Vagina), Gonaden
-
•
Allg.: Serum-E'lyte, BZ, BGA (metab. Azidose, Na+ ↓, K+ ↑). Salzverlust bei klassischem AGS auch erst nach den ersten Lebenswo. o. nur virilisierendes AGS
-
•
Speziell: Chromosomenanalyse (Genotyp), ACTH, 17-OH-Progesteron, Plasmareninaktivität (↑ bei AGS), LH, FSH (↑ bei Gonadendysgenesie), 17β-Östradiol/Östron, Testosteron/Dihydrotestosteron (Ratio ↑ bei 5α-Reduktase-Mangel)
-
•
Weiterführende Diagn.: NNR-Steroidhormone i. P., Steroidhormonprofil i. U. (verschiedene Enzymdefekte bei AGS); DNA-Analytik (AGS, 5α-Reduktase-Mangel, Androgenrezeptordefekte); hormonelle Stimulationstests (HCG/HMG-Test → Gonadenfunktion); Genitografie (Anatomie Urethra); Laparoskopie (explorativ; Histologie der Gonaden)
10.2.4
Störungen der Pubertätsentwicklung
Pubertas praecox
-
•
Prämature Thelarche:prämatureThelarche: Vergrößerung der Brustdrüsen beim Mädchen nach der NG-Periode u. vor dem 8. Lj. Altersentsprechende Wachstumsgeschwindigkeit, altersentsprechendes Knochenalter, keine Progredienz. Keine Behandlung
-
•
Isolierte prämature Menarche, prämatureMenarche: Fremdkörper, Verletzungen, Entzündungen im Bereich der Vagina, passagere Follikelzysten
-
•
Prämature Pubarche, prämaturePubarche/Adrenarche, prämatureAdrenarche: allenfalls geringfügig akzelerierte Wachstumsgeschwindigkeit u. akzeleriertes Knochenalter. Isoliert o. mit Axillarbehaarung u. Seborrhö. Ausschluss AGS. Ther. abh. von klin. Verlauf, Grunderkr. u. Wachstumsprognose
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Pubertätsgynäkomastie bei PubertätsgynäkomastieJungen: bei übergewichtigen Pat. oft Pseudogynäkomastie (kein Drüsenkörper tastbar). Bei tastbarem Drüsenkörper (meist bds., selten einseitig) DD östrogenproduzierende Tu, bei Sekretion Prolaktinom. Operative Korrektur der Pubertätsgynäkomastie als Ultima Ratio nur bei sehr ausgeprägtem persistierendem Befund nach Abschluss der Pubertätsentwicklung durch erfahrenen Chirurgen
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Konstitutionelle Beschleunigung von Wachstum u. Entwicklung: frühnormale Pubertätsentwicklung, Knochenalter akzeleriert. Familienanamnese (familiäre Häufung)
•
Idiopathisch: 80 % Mädchen. Bei 80 % aller Pat. idiopathische Pubertas praecox
•
ZNS-Läsionen: Hydrozephalus, Hamartome, Astrozytome, Gliome, Ependymome
•
Systemerkr.: M. von Recklinghausen; MMC
•
McCune-Albright-Sy.:McCune-Albright-Syndrom Café-au-lait-Flecken, fibröse Knochendysplasie, hormonproduzierende Ovarialzysten. Weitere autonome, endokrine Überfunktionen möglich
•
Ovarialzysten: Östrogenproduktion
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Familiäre Testotoxikose: gonadotropinunabhängige Reifung der Leydig-Zellen, aktivierende LH-Rezeptor-Gen-Mutation
•
AGS (10.5.4)
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Tumoren: HCG-, androgenproduzierende Tu; hormonproduzierende Tu der Gonaden
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Anamnese: Zeitpunkt des Auftretens der ersten Pubertätszeichen, Längenwachstumsentwicklung (Wachstumsspurt), Veränderungen der Persönlichkeit, Begleiterscheinungen der Pubertätsentwicklung (Hautveränderungen, Körpergeruch), Gebrauch hormonhaltiger Kosmetika o. Medikamente. Pubertätsentwicklung der Eltern (Familiarität)
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Auxologie: Größe, Gewicht. Berechnung der Wachstumsgeschwindigkeit (Differenz zweier Messungen der Körperhöhe im Abstand von 12 Mon.: cm/J.)
-
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Körperl. Unters.:
–
Beurteilung der Pubertätsentwicklung:Stadien nach TannerPubertätsentwicklung gemäß der Einteilung in Pubertätsstadien nach Tanner (Abb. 10.1, Abb. 10.2): harmonische Pubertätsentwicklung = Pubertas praecox, disharmonische Pubertätsentwicklung mit Reihenfolgestörung = Pseudopubertas Pseudopubertas praecoxpraecox; isosexuell/heterosexuell o. Feminisierung/Maskulinisierung. Bei Mädchen Brustentwicklung, Pubes- u. Axillarbehaarung beurteilen, bei Jungen Hodengröße mittels Orchiometer, Entwicklung des Penis u. der Pubes- u. Axillarbehaarung
–
Vorsichtige Inspektion der Vaginalschleimhaut: blass = infantil, rosig = östrogenisiert
–
Internistische Unters. mit Beurteilung von Körpergeruch u. Hautveränderungen (Pusteln, Komedonen, Behaarung); Palpation des Abdomens u. rektale Unters. (intraabdom. Raumforderung z. B. Ovarialzyste, Lebertumor)
-
•
Knochenalter ggü. dem chronolog. Alter akzeleriert
-
•
Sono Abdomen: NNR (Tumor), Uterus (Größe, Verhältnis Zervix zu Korpus; Endometrium), Gonaden (Volumen)
-
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Allg.: DHEA, DHEA-S (Adrenarche), 17β-Estradiol, Testosteron, Dihydrotestosteron (Gonadenfunktion), LH, FSH (Gonadarche; zirkadiane, pulsatile Ausschüttung beachten)
-
•
Weiterführende Diagnostik: β-HCG, AFP (Tumormarker), NNR-Steroide (AGS). Stimulationstests: LHRH (Differenzierung zentrale o. periphere Pubertät), ACTH (Enzymdefekte der NNR-Steroidhormonsynthese). LH, FSH Sekretionsprofile (pubertäre Pulsatilität); Augenarzt (Stauungspapille); MRT (intrakranielle Raumforderung)
Pubertas tarda
•
Normvarianten: konstitutionelle Verzögerung von Wachstum u. Pubertät (KEV, 10.2.1): familiäre Häufung der Entwicklungsverzögerung, retardiertes Knochenalter, verspäteter Pubertätsbeginn, Endgröße entsprechend der Zielgröße
•
Syndromale Erkr.: z. B. Prader-Willi-Sy. (25.4.6), Bardet-Biedl-Sy.
•
Hypogonadotroper HypogonadismusHypogonadismus: hypothalamisch-hypophysäre Störung, LH/FSH ↓, Testosteron/Östradiol ↓. Bei chron. Organerkr. (Nieren-, Leberinsuff., Zöliakie, M. Crohn), Anorexia nervosa, Leistungssport, Hypopituitarismus, Hypothyreose, Kallmann-Sy. (Anosmie)
•
Hypergonadotroper Hypogonadismus: Störung der gonadalen Funktion, LH/FSH ↑, Testosteron/Östradiol ↓. Bei UTS (25.4.5), Klinefelter-Sy. (25.4.4), Vanishing-Testes-Sy. (sek. Hodenatrophie), Anorchie, Leydig-Zell-Hypoplasie, Testosteron-Biosynthesedefekte, XY-DSD (Störung der Funktion des Testosteronrezeptors), Gonadeninsuff. (nach Inf., Trauma, Bestrahlung, Chemother.)
-
•
Anamnese: Wachstumsverlauf, chron. Erkr. (z. B. Niereninsuff., Zöliakie, M. Crohn), Medikamenteneinnahme, Ernährungsgewohnheiten (Anorexie), Geruchssinn (Kallmann-Sy.), psychomotorische Entwicklung u. Schulleistungen, sportliche Aktivitäten, Pubertätsbeginn u. -verlauf der Familienangehörigen
-
!
Differenzierung: kein Auftreten sek. Geschlechtsmerkmale, Stagnation einer begonnenen Entwicklung (z. B. keine Menarche bei Hymenalatresie) o. nur sehr langsames Voranschreiten der Entwicklung (z. B. konstitutionelle Entwicklungsverzögerung)
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Körperl. Unters.: Körpergröße, Gewicht (Perzentilenkurven, Wachstumsgeschwindigkeit), Pubertätsstadium nach Tanner (Abb. 10.1, Abb. 10.2), Körperproportionen (Armspann, Eunuchoidismus). Differenzierung zwischen harmonischer (z. B. konstitutionelle Entwicklungsverzögerung) u. disharmonischer Retardierung der Pubertätsentwicklung (z. B. Brustentwicklung ohne Pubesentwicklung o. Axillarbehaarung bei testikulärer Feminisierung; fortgeschrittene Pubesbehaarung u. kleine Hoden bei Klinefelter-Sy.)
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KnochenalterKnochenalter nach Greulich u. Pyle: Knochenalter ggü. dem chronolog. Alter retardiert
-
•
Sono inneres Genitale: Uterus (Größe, Endometrium, Verhältnis Zervix zu Korpus), Ovar (Volumen, Echogenität)
-
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Allg.: BSG, BB, Serumchemie, Urinstatus (Entzündungszeichen, Nephro-, Hepatopathie, M. Crohn), DHEA, DHEA-S (Adrenarche), 17β-Estradiol, Testosteron, Dihydrotestosteron (Gonadenfunktion), LH, FSH (Gonadarche; zirkadiane, pulsatile Ausschüttung beachten), TSH, T4, fT4, T3, Prolaktin, Inhibin B, Anti-Müller-Hormon (AMH; gonadale Reserve/Fertilität)
-
•
Weiterführende Diagnostik: Stimulationstests (LHRH, HCG), LH-/FSH-Sekretionsprofile (pubertäre Pulsatilität). Chromosomenanalyse, Augenarzt (Stauungspapille). MRT (intrakranielle Raumforderung), Olfaktometrie (Kallmann-Sy.)
•
Mädchen: Östrogene u. zyklisch Gestagene; z. B. 1.–6. Mon. Estradiolvalerat 0,2 mg/d, 6.–12. Mon. Estradiolvalerat 0,5 mg/d (durchgehend) u. zyklisch (1.–12. Kalendertag jeden Monats) Chlormadinonacetat 2,0 mg/d, 2. J. Estradiolvalerat 1,0–1,5 mg/d u. zyklisch (s. o.) Chlormadinonacetat 2,0 mg/d, 3. J. Estradiolvalerat 2,0 mg/d u. zyklisch (s. o.) Chlormadinonacetat 2,0 mg/d
•
Jungen: Testosteron; z. B. 1. J. Testosteronenantat 50 mg/Mon. i. m., 2. J. Testosteronenantat 100 mg/Mon. i. m., 3. J. Testosteronenantat 250 mg/Mon. i. m.
10.2.5
Maldescensus testis
Unters. immer in warmer Umgebung u. mit warmen Händen. Auch im Stehen, Liegen u. Schneidersitz.
-
•
Bilateral: Anorchie, Vanishing-Testes-Sy., 46,XX-DSD
-
•
Unilateral: X0/XY-DSD
-
•
Sono: Lokalisation der Hoden bei Kryptorchismus
-
•
HCG-Test: 5.000 IE/m2 KOF i. m., Testosteronbestimmung vorher u. 72 h nach Inj. (Nachweis von testikulärem Gewebe, Ausschluss Anorchie)
-
•
Inhibin B, AMH
•
Komb. Behandlung mit GnRH tägl. 3 × 2 Sprühstöße à 0,2 mg intranasal über 4 Wo., dann HCG i. m. 500 IE/Wo. × 3. Langfristige Befundkontrollen über Jahre
•
HCG i. m.: 1. Lj. 500 IE/Wo. × 5; 2.–6. Lj. 1 000 IE/Wo. × 5; ab 7. Lj. 2.000 IE/Wo. × 5
•
Operative Versorgung: bei Ektopie, Leistenhernie u. Versagen der kons. Ther. Prim. OP < 1 Lj. (22.7.4)
10.3
Schilddrüse
10.3.1
Struma
-
•
Körperl. Unters.:
–
Palpation: diffuse o. knotige Vergrößerung, solitärer Knoten, Verhärtung, Temperatur (bakt. Thyreoiditis), Verschieblichkeit (Tu)
–
Auskultation: Strömungsgeräusch o. Schwirren bei starker Vaskularisierung (Hyperthyreose)
–
Halsumfang zur Verlaufsbeobachtung
-
•
Sono: Größe u. Struktur der Schilddrüse. Umschriebene Veränderungen (Knoten, Zysten)
-
•
Labordiagn.: TSH, T4, fT4, T3 (Schilddrüsenfunktion). Ak gegen thyreoidale Peroxidase (TPO-Ak), Thyreoglobulin (Tg-Ak, z. B. bei Hashimoto-Thyreoiditis), TSH-Rezeptor (TRAK, z. B. M. Basedow)
10.3.2
Hypothyreose
•
Konnatale Hypothyreose: häufigste angeb. Endokrinopathie; bei 1 : 3.500 NG. 80–90 % Entwicklungsstörung der Schilddrüse (≈ 40 % Athyreose, ≈ 35 % ektope Schilddrüse, ≈ 25 % Hypoplasie), 10–20 % Defekte der Schilddrüsenhormonsynthese. Transient: JodmangelJodmangel, Jodkontamination, mütterliche Ak, pränatal thyreostatische Ther. der Mutter
•
Erw. Hypothyreose: Radiatio, OP, Medikamente, Hypoplasie, Thyreoiditis (Hashimoto-ThyreoiditisHashimoto): chron. lymphozytäre Entzündung mit Fibrose u. Atrophie. Initial Hyperthyreose möglich, oft Euthyreose o. selten Hypothyreose. Nachweis von Auto-Ak i. S. gegen TPO u./o. Thyreoglobulin (cave bei 10–20 % Gesunder pos. Ak-Nachweis), Assoziation mit anderen Autoimmunerkr. (z. B. Diab. mell. Typ 1, Zöliakie, Adrenalitis). Sono zur Diagnosesicherung: Schilddrüsenvolumen normal, vergrößert o. verkleinert, aber Echogenität ↓, Perfusion ↑. Ther. mit L-Thyroxin nur bei Hypothyreose. Kein Jodid
•
Konnatale Hypothyreose (Häufigkeit ≈ 1 : 110 000): isolierter TRH- o. TSH-Mangel; Panhypopituitarismus. Klinik evtl. protrahiert
•
Erw. Hypothyreose: zentrale Tumorerkr., nach Radiatio o. OP
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•
Bei konnataler Hypothyreose: Leitsymptom ist das im Screening erhöhte TSH. Typische klin. Symptome stellen sich erst in den ersten Lebenswo. ein.
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•
Adynamie, Trinkunlust, Obstipation, trockene/marmorierte Haut, stumpfe Haare, offene kleine Fontanelle, retardiertes Skelettalter, Icterus neonatorum prolongatum, Muskelhypotonie, Nabelhernie, Bradykardie, Anämie, Kleinwuchs, verzögerte Dentition, psychomotorische Retardierung (abh. von Beginn), Myxödem
-
•
TSH-TSH-ScreeningScreening: immunolog. Bestimmung von TSH im Trockenblut (nativ). Sek. Hypothyreosen (selten) werden nicht erfasst! Probenentnahme 36.–72. Lebensstunde bei allen NG. Bei unreifen o. kranken Kindern Zweitscreening (aber nie auf prim. Screening verzichten). Bei auffälligem Befund (TSH ↑) Kontrolle (TSH, T4, fT4, T3) i. P. (Abb. 10.3), Beginn Ther. nach Diagnosestellung
-
!
Kein automatischer Ausschluss einer Hypothyreose im Sgl.-Alter auch nach einem vermeintlich normalen (anamnestisch) Screeningergebnis
-
!
Störfaktoren mit falsch pos. o. neg. Werten: frühere Abnahme, Nabelschnurblut, Transfusion, Austauschtransfusion, Frühgeburtlichkeit, Intensivther., Medikamente: Dopamin, Steroide (systemisch u. inhalativ), Jod (Desinf. des Geburtskanals o. des Kindes; Kontrastmittel; Medikamente)
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•
Nachsorgeprogramm bei angeb. Hypothyreose:angeboreneHypothyreose: Befundkontrollen bis TSH-Normalisierung wöchentlich (Ziel: TSH < 10 mE/ml binnen 3 Wo.), im 1. u. 2. Lj. 3-monatlich, dann 6-monatlich u. nach dem 6. Lj. jährlich mit Bestimmung von TSH, T4, fT4, T3, (Tg) i. P., Größe, Gewicht, KU u. Zahnstatus. Langfristige Kontrollen von BB u. Serumchemie (Nieren-, Leberfunktion, Cholesterin, Triglyzeride, AP). Hörtest im 6. u. 12. LM. Regelmäßiger neurolog. Status. Entwicklungstest (Griffith) mit 2 J. Psycholog. Testung im 5. (KABC) u. 8. Lj. (HAWIK). Bestimmung des Knochenalters nur bei path. Wachstum. Sono der Schilddrüse (Aplasie, Hypoplasie, Ektopie, Struma) im 2. Lj.
-
•
Körperl. Unters.: bei Sgl. Palpation der Fontanellen, Schädelnähte u. Bruchpforten (Nabel). Beurteilung der Haare u. Haut (Turgor, Kolorit). Zahnstatus (Dentition). HF. Neurolog. Status (Reflexe, Muskeltonus). Pubertätsstadien nach Tanner (10.2.4)
-
•
Auxologie: Körpergröße, Wachstumsgeschwindigkeit, Gewicht, KU
-
•
Labor: TSH ↑, T4, fT4, T3 ↓ (TSH ↓ bei sek. Hypothyreose). BB (normochrome Anämie), Cholesterin ↑, Thyreoglobulin (Nachweis von Schilddrüsengewebe; Verlaufskontrolle nach Schilddrüsen-Ca; Kontrolle der Compliance bei T4-Substitution). Bei V. a. Hashimoto-Thyreoiditis Ak gegen thyreoidale Peroxidase (TPO) ↑ u. gegen Thyreoglobulin (TAK) ↑. TRH-Test bei V. a. latente Hypothyreose (TSH ↑, T4, T3 n)
-
•
Sono Schilddrüse: Volumenbestimmung, Echogenität (↓ bei Hashimoto-Thyreoiditis)
-
•
KnochenalterKnochenalter: Bestimmung vor dem 6. LM nach Senecal (Rö von Knie u. Fußwurzel), danach nach Greulich u. Pyle (Rö li. Hand u. Handwurzel) → Retardierung
Selbsthilfegruppen
Die Schmetterlinge e. V. – Schilddrüsenbundesverband, Postfach 10 08 11, 45008 Essen, www.sd-bv.de, Telefon: 0201–87 18 451, Telefax: 0201–33 28 273, E-Mail: info@die-schmetterlinge.de
10.3.3
Hyperthyreose
-
•
M. Basedow: konnatal, erw.
-
•
Autoimmunthyreoiditis (AutoimmunthyreoiditisHashitoxikose; vorübergehend)
-
•
Autonomie (Adenom)
-
•
TSH-vermittelte Hyperthyreose
-
•
Medikamente: Hyperthyreosis factitia, Jod, Amiodaron
-
•
T4-Hyperthyreose: T4 ↑, fT4 n; euthyreote Stoffwechsellage; keine Ther. erforderlich. Ursachen sind familiäre TBG-Erhöhung, familiäre Dysalbuminämie, Östrogene („Pille“)
-
•
Labor: TSH ↓, T4, fT4, T3 ↑, TRAK ↑ u. TPO-Ak
-
•
Sono: Volumen (meist ↑), Echogenität, Perfusion (↑), umschriebene Veränderungen (Knoten)
-
•
EKG: HF (↑), Rhythmus
-
•
Exophthalmometrie (nach Hertl)
-
•
Szinti: Differenzierung knotiger Veränderungen (Autonomie)
10.4
Nebenschilddrüse
10.4.1
Hyperparathyreoidismus
-
•
Prim. Hyperparathyreoidismus: sporadisch (Adenom), familiär (isoliert o. i. R. einer multiplen endokrinen Neoplasie MEN I u. II), hypokalziurische Hyperkalzämie
-
•
Sek. Hyperparathyreoidismus: kalzipenische Rachitis, Niereninsuff., Pseudohypoparathyreoidismus (10.4.3)
-
•
Zeichen der HyperkalzämieHyperkalzämie: Anorexie, Übelkeit, Erbrechen, Muskelschwäche, Gewichtsabnahme, psychische Veränderungen, RR-Erhöhung
-
•
Zeichen der HyperkalziurieHyperkalziurie: Polyurie, Polydipsie, Nephrolithiasis, Nephrokalzinose
-
•
Knochenschmerzen
-
•
Labor: Gesamtkalzium ↑ (bei Pseudohypoparathyreoidismus ↓), Phosphat ↓, intaktes PTH (1–84) ↑, Krea, Harnstoff (Nierenfunktion). AP, 25-Hydroxyvitamin-D, 1,25-Dihydroxyvitamin-D (Rachitis). Kalzium-/Krea-Clearance (Hyperkalziurie, Niereninsuff.)
-
•
Familienunters. bei prim. Hyperparathyreoidismus (MEN)
-
•
Sono: Nebenschilddrüse, Hals (Adenom o. Hyperplasie der Nebenschilddrüse). Bei Hyperkalziurie Nieren-Sono (Verkalkungen?)
10.4.2
Hypoparathyreoidismus
-
•
Prim. Hypoparathyreoidismus:
-
–
Sporadisch: Manifestation im NG-Alter (transitorisch o. persistierend: isoliert, DiGeorge-Sy.) o. nach dem NG-Alter
-
–
Familiär: isoliert; Blizzard-Sy. (Polyendokrinopathie Typ I); mit Schwerhörigkeit u./o. Nephropathie; mit ausgeprägtem Kleinwuchs u. psychomotorischer Entwicklungsverzögerung
-
-
•
Sek. Hypoparathyreoidismus: postop.; Hypomagnesiämie; Bestrahlung; Hämosiderose; Infiltration z. B. bei Schilddrüsentumor
-
•
Labor: Gesamtkalzium ↓, Ca2+ ↓, Phosphat ↑, intaktes PTH (1–84) ↓, Mg2+, Gesamteiweiß, BGA (normal), Krea (Nephropathie)
-
•
Rö/CT: Nachweis von Verkalkungen
-
•
Augenarzt: Katarakt
-
•
EKG: Verlängerung der QT-Zeit
-
•
Akut: 1–2 ml 10 % Kalziumglukonat/kg KG i. v.
-
•
Dauerther.: 0,5–1 g Kalzium p. o.; 50 μg/kg KG Vit. D3 (2 000 E/kg KG) o. 50 ng/kg KG 1,25-(OH)2-Vit.-D3 p. o. Ther.-Ziel: Kalzium i. S. ca. 2 mmol/l (cave: Hyperkalziurie), Kalzium i. U. ca. < 0,1 mmol/kg (4 mg/kg)/d o. < 0,7 mmol/mmol Krea (0,25 mg/mg)
10.4.3
Pseudohypoparathyreoidismus
•
Sympt. meist erst im Schulalter
•
Hereditäre Albright-Albright-OsteodystrophieOsteodystrophie (kann aber auch fehlen): Kleinwuchs, rundes Gesicht, kurzer Hals, gedrungener Körperbau, geistige Retardierung, Brachydaktylie, subkutane Verkalkungen
•
Labor: Gesamtkalzium n/↓, Ca2+ n/↓, Phosphat n/↑, intaktes PTH (1–84) n/↑
•
PTH-Infusionstest: cAMP-Ausscheidung i. U. Meist kein Anstieg bei Pseudohypoparathyreoidismus
•
Rö li. Hand: Brachymetakarpie IV u. V
10.5
Nebennierenrinde
10.5.1
Cushing-Syndrom/M. Cushing
-
•
M. Cushing: hypothalamisch-hypophysär bedingt. Hypophysenadenom (ACTHACTH ↑), vermehrte hypothalamische CRH-Sekretion
-
•
Cushing-Sy.: peripherer Hyperkortisolismus. Iatrogen. NNR-Tu (Karzinom, Adenom), paraneoplastische ACTH-/CRH-Produktion
-
•
Kortisol-Tagesprofil i. P. o. im Speichel: Bestimmung von Kortisol um 6:00, 12:00, 18:00, 24:00 Uhr (↑, Tagesrhythmik aufgehoben). Parallel ACTH i. P. (bei M. Cushing ↑); DHEA-S, Testosteron; freies Kortisol in 24-h-Urin (↑)
-
•
BB, E'lyte, BZ, Krea, Harnstoff
-
•
Sono der NNR (Adenom, Karzinom, Hyperplasie), Schädel-MRT (zentrale Raumforderung)
-
•
Funktionsdiagn.: Dexamethason-Test (Suppression? DD Malignom). CRH-Test (ACTH-Stimulation? DD ektope ACTH-Produktion)
-
•
OP bei Tumoren (M. Cushing, Cushing-Sy.). Cave: postop. Steroidentzugssy. (10.5.3). Bei Karzinom abh. vom Lokalbefund zytostatische Behandlung
-
•
Iatrogen: Dosisreduktion, alternierende Behandlung
Selbsthilfegruppen
Netzwerk Hypophysen- u. Nebennierenerkrankungen e. V., Geschäftsstelle, Waldstr. 53, 90763 Fürth, Tel: 0911–979 20 09 0, Fax: 0911–979 20 09 79, E-Mail: netzwerk@glandula-online.de
10.5.2
Hyperaldosteronismus
-
•
Prim. Hyperaldosteronismus: Conn-Sy.Conn-Syndrom (autonome Aldosteronüberproduktion)
-
•
Sek. Hyperaldosteronismus (erhöhtes Renin):
-
–
Mit Hypertonus: renovaskuläre Fehlbildungen, Nieren-Tu, Tu des juxtaglomerulären Apparats
-
–
Ohne Hypertonus: renaler Salzverlust, Bartter-Sy. (8.4.3)
-
-
•
Conn-Sy.:Conn-Syndrom art. Hypertonus, hypokaliämische Alkalose, Hypernatriämie. Polydipsie, Kopfschmerzen, Schwindel, Parästhesien, Muskelschwäche, Kleinwuchs
-
•
Sek. Hyperaldosteronismus: hypokaliämische Alkalose, Hypochlorämie, Obstipation, Muskelschwäche, Kleinwuchs
-
•
Labor: BGA (Alkalose), Na+ ↑, K+ ↓, Aldosteron i. P. (↑), Plasmareninaktivität o. -konz. (↓ bei Conn-Sy.; ↑ bei sek. Hyperaldosteronismus), Aldosteronausscheidung im 24-h-Urin (↑)
-
•
CT o. MRT der NNR: Nachweis eines Adenoms o. Karzinoms
-
•
Blutdruck: Hypertonus
10.5.3
Primäre Nebennierenrindenunterfunktion
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•
Chron. NNR-Insuff. (M. Addison): Addison-Krankheitkongenitale NNR-Hypoplasie o. -Aplasie, Autoimmunadrenalitis, Adrenoleukodystrophie (peroxisomale Störung mit vermindertem Abbau sehr langkettiger Fettsäuren), Inf. (Tbc)
-
•
Partielle Defekte: isolierter GlukokortikoideGlukokortikoidmangel (Triple-A-Sy.:Triple-A-Syndrom Achalasie, Alakrimie, M. Addison), isolierter MineralokortikoideMineralokortikoidmangel
-
•
Labor: Na+ ↓, Cl− ↓, K+ ↑, BGA (metab. Azidose), BZ ↓, ACTH ↑ u. Kortisol ↓ i. P. (Tagesprofil). Aldosteron i. P. ↓, Plasmareninaktivität ↑. Kortisol i. U. ↓. NNR-Ak. Überlangkettige Fettsäuren (C26)
-
•
ACTH-ACTH-TestTest: Stimulation von Kortisol (?), da basale Spiegel noch normal sein können
-
•
Dauerther.: HydrocortisonHydrocortison p. o. (z. B. Tbl.; bei niedrigen Dosierungen Briefchen anfertigen lassen) 12–15 mg/m2 KOF/d; 50 % morgens, 25 % mittags, 25 % abends u. FludrocortisonFludrocortison p. o. 0,05–0,2 mg/d in 2–3 ED
-
•
Stresssituationen: 2- bis 4-fache Tagesdosis Hydrocortison
-
!
Notfallausweis für Pat. ausstellen!
Akute primäre NNR-Insuffizienz
-
•
Ätiologie: NNR-Blutung, Sepsis, KO des M. Addison
-
•
Klinik: Hypotonie, Tachykardie, Dehydratation, Apathie, Schock, Hypoglykämien
-
•
Labor: HyponatriämieHyponatriämie, Hypochlorämie, Hyperkaliämie, metab. Azidose
-
•
Hydrocortison (z. B. Präparat, das keinen Alkohol enthält) i. v. Bolus: < 6 Mon. 25 mg, < 6 J. 50 mg, > 6 J. 100 mg. Anschließend 100–150 mg/m2 KOF/d (2–4 mg/kg KG/d) als DTI
-
•
Volumensubstitution: 20 ml/kg KG über 30 Min. (450 ml 0,9 % NaCl + 50 ml Glukose 40 %); anteilig 1.500 ml/m2 + 10 % des KG (Flüssigkeitsverlust; 450 ml 0,9 % NaCl + 50 ml Glukose 40 %). Im Schock Humanalbumin
-
•
Bei HyperkaliämieHyperkaliämie: Kalziumglukonat 10 % 0,5–1 ml/kg KG i. v.; Kationenaustauscher-Präparat rektal. Insulin i. v. (10.1)
-
•
Bei ausgeprägter persistierender metab. Azidose: vorsichtig Natriumbikarbonat (9.6)
10.5.4
Adrenogenitales Syndrom (AGS)
-
•
Salzverlustsy.Salzverlustsyndrom: Auftreten in den ersten Lebenswo. Hypotone Dehydratation, Schock, Erbrechen, Hyponatriämie, Hyperkaliämie, metab. Azidose
-
•
Mädchen: normales inneres Genitale, maskulinisiertes äußeres Genitale. Hyperpigmentierung des Genitales (46,XX-DSD 10.2.3)
-
•
Jungen: verstärkte Pigmentierung des Genitales, Penisvergrößerung, aber Testes klein (Pseudopubertas praecox 10.2.4)
-
•
Screening aller NG (17-OH-Progesteron)
-
•
Klin. Unters.: Hautturgor, HyperpigmentierungHyperpigmentierung, Virilisierungvirilisiertes weibliches Genitale, Kryptorchismus, Hypospadie.
-
•
BGA (metab. Azidose), Na+ ↓, K+ ↑, BZ ↓. 17-OH-Progesteron ↑, ACTH ↑, Plasmareninaktivität ↑, Testosteron ↑. 24-h-Urin: Pregnantriol ↑. DD seltene AGS-Formen: Multisteroidanalyse i. S., Urinsteroidprofil
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•
Chromosomenanalyse (Genotyp). DNA-Analyse (auch pränatal möglich)
-
•
Dauerther.: Hydrocortison p. o. (z. B. Tbl.; bei niedrigen Dosierungen Briefchen anfertigen lassen); 15 mg/m2 KOF/d; 50 % morgens, 25 % mittags, 25 % abends u. FludrocortisonFludrocortison p. o. 0,05–0,2 mg/d in 2–3 ED. Im 1. Lj. zusätzlich NaCl oral (0,5–1 g/d in mehreren ED)
-
•
Stresssituationen: z. B. OP, hoch fieberhafte Inf. 2-bis 4-fache Tagesdosis Hydrocortison (10.5.3)
-
!
Notfallausweis für Pat. ausstellen!
Selbsthilfegruppen
AGS-Eltern- und Patienteninitiative e. V., Baumschulenstr. 1, 89359 Kötz, www.ags-initiative.de, Tel: 08221–96 35 37, Fax: 08221–96 35 38, E-Mail: geschaeftsstelle@ags-initiative.de.
10.5.5
Sekundäre Nebennierenrindenunterfunktion
10.6
Wasserhaushalt
10.6.1
Diabetes insipidus
-
•
Zentral: passagerer o. permanenter ADH-Mangel des Hypothalamus o. Transportstörung zum Hypophysenhinterlappen. Idiopathisch, familiär (aut.-dom.) o. sek. (postop., Tu [z. B. Germinom, Kraniopharyngeom 12.9] o. Metastasen, Leukämie, Enzephalitis, SHT, vaskuläre Prozesse, angeb. Fehlbildungen)
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•
Renal: mangelndes Ansprechen der Niere auf ADH (8.4.2)
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•
Bilanzierung der Flüssigkeit
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Serum: Na+ ↑, Cl− ↑, Osmolarität ↑ (gleichzeitig Urinosmolarität ↓). Tumormarker (AFP, β-HCG bei Keimzelltumor), (ADH ↓)
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•
Urin: Volumen ↑ (Ausfuhr > Einfuhr), spez. Gewicht, Osmolarität ↓
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•
Durstversuch: nur stat. unter engmaschiger Gewichts- u. Kreislaufüberwachung. Bei Diab. insip. Diabetes insipidus:neurohumeralisneurohumeralis ohne Flüssigkeitszufuhr fehlende Konzentrationsfähigkeit des Urins bei gleichzeitigem Anstieg von Na+ u. Serumosmolarität mit Verlust von mehr als 5–10 % des KG (8.4.2)
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•
DDAVP-DDAVP-TestTest: nach Gabe von DDAVP (0,5–2 μg/m2 i. v.) kein Anstieg der Urinosmolarität bei Diab. insip. renalis (Diabetes insipidus:renalisDD zu Diab. insip. neurohumeralis)
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•
MRT: bei Diab. insip. neurohumeralis auch bei initial unauffälligem Befund. Kontrollen über Jahre (Diab. insip. kann Frühsymptom eines Tumors sein, fehlende T1 Hyperintensität der Neurohypophyse)
10.6.2
Inadäquate ADH-Sekretion (SIADH; Schwartz-Bartter-Syndrom)
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SIADHSchwartz-Bartter-SyndromADH-Sekretion, inadäquate (SIADH)DefinitionInadäquat hohe Sekretion von ADH.
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Labor: Serum-E'lyte (Na+ ↓), Osmolarität ↓, BB (Hkt ↓), Krea, Harnstoff
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Urin: E'lyte (Na+ ↑), Osmolarität ↑
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Flüssigkeitsbilanz (pos.) u. Gewichtskontrollen (Zunahme)
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Behandlung der Grundkrankheit
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Flüssigkeitsrestriktion (≈ 60 % des Grundbedarfs) ≈ 1.000 ml/m2 KOF/d. Sek. Diuretika, z. B. Furosemid 1 mg/kg KG i. v.
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Langsame Normalisierung des Serumnatriums anstreben! Im Notfall bei Na+ < 125 mmol/l u. neurolog. Sympt. auch vorsichtige Na+-Zufuhr
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Selektive Vasopressin-Rezeptorantagonisten (V2; noch keine Zulassung im Kindesalter)
10.7
Kinder- und Jugendgynäkologie
10.7.1
Vulvaveränderungen
Vulvovaginitis
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Unspez. Vulvovaginitis: bakt. Inf. der östrogenarmen Scheide in der hormonellen Ruhephase, > 60 % Mischflora, Enterok. u. E. coli. Häufige Problemkeime Streptok. u. Staph. aureus (z. B. bei HNO-Erkr.)
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Spez. Vulvovaginitis: sehr selten meist nach Pubertätsbeginn (Chlamydien, Gardnerella, Trichomaden, Gonorrhö). Cave: vertikale Inf. Vulvovaginalcandidose in der hormonellen Ruhephase Rarität. Benötigt das östrogenisierte Milieu der Neonatalperiode u. Pubertät
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•
„Endogene“ Ursachen: dyshormonaler Fluor, Allgemeinerkr. (z. B. HWI, Gastroenteritis, Miktionsstörungen)
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•
Äußere Einflüsse: Fremdkörper, Darmparasiten (Oxyuren), Allergien, chemische (z. B. Waschzusätze) u. mechanische Ursachen
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Viruserkr.: Herpes genitalis, Molluscum contagiosum, Condylomata acuminata, Varizellen
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•
Rötung (Introitus vaginalis, Vestibulum vaginae, Vulva, perivulvär, perianal)
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•
Fluor vaginalis: weißlich-serös (Mischflora), gelblich-eitrig (z. B. Streptok., Staph. aureus), weißlich-käsig (Mykose), bräunlich-blutig (Fremdkörper, Streptok.)
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•
Brennen u. Schmerzen: anhaltend o. bei Miktion
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Juckreiz, Kratzspuren, Effloreszenzen (Superinf.)
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•
Spez. Hautveränderungen (z. B. Mollusca, Kondylome)
-
!
Keine Keimaszension im Kindesalter!
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!
Cave: entzündl. Darmerkr. → Mitreaktion der Adnexe
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•
Anamnese (!), insb. Genitalhygiene, Waschzusätze, Sitzposition bei Miktion (vag. Reflux), rezid. HWI, analer Juckreiz, beengende Kleidung, Selbststimulation
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•
Inspektion (Lichtquelle!) in Rückenlage. Traktion u. Separation der Labien. Evtl. Knie-Ellenbogen-Position
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Abstrich (hinteres Scheidengewölbe ohne Berührung der Vulva) mit Säuglingsmagensonde (Ch 4–8) – distaler Teil → Kulturmedium. Evtl. angefeuchteter Watteträger o. steriler Harnkatheter. Nativpräparat u. Kultur, ggf. Rachen- u. Analabstrich (z. B. Streptok.)
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•
Vaginoskopie immer bei blutigem Fluor, V. a. Fremdkörper u. therapieresistenten, rezid. Vulvovaginitiden
Synechie der kleinen Labien
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Lokal estriolhaltige Creme (z. B. 2 ×/d, 2–6 Wo.), unter Aufspreizen auftragen
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•
Ggf. Infektionsbehandlung
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Bei sympt. Synechie (HWI, urethrovaginaler Reflux:urethrovaginalerReflux, Miktionsstörung etc.) manuelle Lösung per Knopfsonde (EMLA!)
Lichen sclerosus
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•
Schonende Hygiene, Sitzbäder, Basisther. mit lokal fettender Creme tägl.
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•
First-Line-Ther.: hoch potente lokale Kortikosteroide (z. B. Clobetasolproprionat 0,05 % 1. Mon. 1 ×/d; 2. Mon. jeden 2. D; 3. Mon. 2 ×/Wo.). Topische Calcineurin-Inhibitoren ohne ausreichende Daten
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•
Langfristige „Begleitung“ der Pat. Definitive Heilung nicht möglich. Besserung durch körpereigene Östrogenproduktion in der Pubertät, z. T. völlige Beschwerdefreiheit u. histolog. Remission
Labienhyperplasie
10.7.2
Sexueller Missbrauch
•
Hinweise im Verhalten: Distanzlosigkeit (ungewöhnlich schnelle, auch körperl. Kontaktaufnahme ggü. Fremden), aber auch Zurückgezogenheit alters- u. milieuunangemessenes sexuelles Verhalten o. Sprache, Trennungsängste, regressives Verhalten, depressive Verstimmung, Schlafstörungen, Nachlassen der Schulleistungen, fehlender Kontakt zu Gleichaltrigen, Enuresis/Enkopresis, Änderungen im Essverhalten, Suizidalität
•
Körperl. Hinweise: rezid. Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, unspez. Befunde (Adams-Klassifikation 2): Miktionsstörungen, rezid. HWI, rezid. Vulvovaginitis, rezid. Fluor vaginalis, ekzematöse Veränderungen
•
Genitale u. rektale Verletzungen (Adams-Klassifikation)
–
Nachweis von Geschlechtskrankheiten nach Ausschluss einer perinatalen Transmission
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Nachweis von Sperma, Spermien, saurer Phosphatase am o. im Körper des Kindes
–
Schwangerschaft
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Multiprofessionelle Intervention: erfahrene Kollegin, Psychologin, Sozialarbeiterin, Kinderschutzgruppe informieren; ggf. Fallkonferenz. Auf jeden Fall Bahnung eines psychother. Konsils (Beratungsstelle/Kinder-und Jugendpsychiatrie)
•
Um Zeit zu gewinnen, evtl. Aufnahme unter einem Vorwand
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Cave: Keine Suggestivfragen, keine Aufdeckung in der Aufnahmesituation. Gründliche körperl. Unters., auf extragenitale Verletzungen u. Hautveränderungen achten! Inspektion der anogenitalen Region nur durch kindergyn. FA durchführen lassen (Jungen u. Mädchen)
!
Cave: Erhebliche normale Variationen des anogenitalen Befunds sind möglich.
•
Bei akutem Missbrauch zeitnah (bei Kindern 24 h, bei Jgl. 72 h)! Spurensicherung (Abstriche, Labor, Unterwäsche, Bettwäsche, immer Papiertüten/Umschläge zum Asservieren). An sexuell übertragbare Erkr. denken! Vorgehen s. a. „Empfehlungen für Kinderschutz an Kliniken“ (DAKJ u. AG KiM 2015; 1.5). Bei V. a. chron. Missbrauch einen für das Kind günstigen Zeitpunkt wählen. In den meisten Fällen fehlen körperl. Befunde. Unters. jedoch „primär therapeutisch“ (Fürniß 1986), um dem Kind seine körperl. Unversehrtheit/Normalität zu vermitteln.
!
Alle Befunde dokumentieren! Auch Fotodokumentation!
!
Aber: Im Vordergrund des ärztlichen Handelns steht der Schutz des Kindes/Jgl., nicht die Strafverfolgung!
Fehlerquellen
!
Das Fehlen körperl. Befunde schließt einen sexuellen Missbrauch niemals aus!
!
Ein intaktes Hymen schließt einen Missbrauch nicht aus.
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Spontane Äußerungen von Kindern sind meist zutreffend. Im Zweifel immer den Kindern glauben, auch falls die Äußerungen später zurückgenommen werden.
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Adressen der Jugendhilfe, Beratungsstellen des Kinderschutzbunds, des Kinder- u. Jugendnotdienstes in das Adressenverzeichnis der Station aufnehmen.
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Im Kindergartenalter sind „Doktorspiele“ altersangemessen.
10.7.3
Störungen der Menstruation
Tempoanomalien
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RegeltempostörungenMenstruationsstörungenPrim. AmenorrhöAmenorrhö: Ausbleiben der Menarche bis zum vollendeten 15. Lj. oder 2,5 J. nach Thelarche/Pubarche. Zentrale, gonadale, adrenale o. genitale Ursachen (10.2.4)
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•
Sek. Amenorrhö: Ausbleiben der Menstruation > 4–6 Mon. (nach Ausschluss einer SS). Ursachen können hypothalamisch (u. a. Leistungssport, Essstörung), hypophysär, ovariell, adrenal o. metab. (u. a. PCOS = Hyperandrogenämie u. Insulinresistenz mit Adipositas, Übergewicht, Hirsutismus, Acne vulgaris, späte Menarche) bedingt sein (10.2.4)
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•
OligomenorrhöOligomenorrhö: Zyklus von > 35 d Dauer. In der frühen Postmenarche normal (80 % haben keine Ovulation). Bei anhaltenden anovulatorischen Zyklen Hormonsubstitution. Verlaufskontrollen, Übergang zur Amenorrhö möglich!
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•
PolymenorrhöPolymenorrhö: Zyklus < 25 d. Oft monophasischer Zyklus, selten verkürzte Follikelphase. Gestagensubstitution
Regeltypusstörungen
1.
Akute abnorme uterine Blutung(en):abnorme uterineBlutung (AUB)Akute abnorme uterine Blutung (AUB): bei 2–5 % aller Mädchen, meist einige Mon. nach der Menarche
–
Ätiol.: Follikelpersistenz mit verlängerter Östrogenwirkung u. Durchbruchsblutung aus proliferiertem Endometrium.
–
DD: Abortus imminens, Entzündungen, Malignome, hämatolog. (vWS!), Trauma u. extragenitale Blutungen
–
Diagn.: Unters., Labor, SS-Test, Ultraschall
–
Ther.:
–
Blutung > 10 d: hoch dosierte Östrogen-Gestagen-Kombination. Pat. u. Eltern aufklären. Keine Abrasio
–
Hb-Kontrollen (!), in seltenen Fällen Bluttransfusion erforderlich
2.
Chron. abnorme uterine Blutung: HypermenorrhöHypermenorrhö/MenorrhagieMenorrhagie:
–
Verstärkte u./o. verlängerte Blutung. Blutverlust > 80–100 ml u./o. Blutungsdauer > 7 d
–
Ggf. Hormonther., evtl. in Komb. mit Tranexamsäure. Organische Ursachen (Gerinnungsstörungen, Entzündungen, Endometriumpolypen u. Fehlbildungen) ausschließen
Dysmenorrhö
-
•
Prim. „funktionelle“ DysmenorrhöDysmenorrhö: betrifft 20(–60) % der Mädchen in der Postmenarche (1. u. 2. J.).
–
Ätiol.: „essenziell“, schmerzhafte Kontraktionen u. Durchblutungsstörungen durch erhöhte Prostaglandinsynthese. Lageanomalien. Psychovegetative Komponente (Akzeptanz des Frauwerdens). Familiäre Häufung
–
Klin.: krampfartige Schmerzen, z. T. mit Allgemeinsympt. (Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Synkopen, Durchfall und psychovegetative Beschwerden). Eingeschränkte Aktivität, Bettruhe. 10–15 % bleiben der Schule/Arbeitsstelle fern! Gyn. Befund gewöhnlich unauffällig
–
Ther.: genaue Aufklärung. „Stufentherapie“: lokale Wärme/Bewegung. Pflanzliche Präparate (z. B. Agnus castus). Prostaglandinsynthese-Hemmer wie Naproxen u. Ibuprofen. Hormonther., z. B. niedrig dosiertes Kombinationspräparat
-
•
Sek. „organische“ Dysmenorrhö: oft erst Jahre nach der Menarche. Ursächlich Entzündungen, uterine Anomalien, Ovarialzysten u. Endometriose. Neben Anamnese gyn. Unters. u. Ultraschall, ggf. Pelviskopie.
10.7.4
Kontrazeption
Berücksichtigung der spez. individuellen Aspekte der Jgl. (Sicherheit, Kosten, Verfügbarkeit, Compliance-Unabhängigkeit). Ausführliche Beratung! Bis zu 80% der Mädchen entscheiden sich nach konkreter Beratung für eine hormonelle Antikonzeption. Immer auf Komb. mit Kondom (Schutz vor STD!) hinweisen.
Orale Präparate („Pille“)
-
•
Mittel der 1. Wahl sind niedrig dosierte Komb.-Präparate („Mikropille“), 20/30 μg Ethinylestradiol, Gestagen ohne androgene Partialwirkung (z. B. Levonorgestrel)VerhütungKontrazeptionPille
–
Hohe Sicherheit, ther. Ind., geringe NW
–
Tägl. Einnahme, bei mangelnder Compliance Versagerquote bis 15 %
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Östrogenfreie Pille (POP: Progesterin-only-Pills): 0,075 mg Desogestrel, hohe Sicherheit, NW: Zwischenblutungen, Verschlechterung des Hautbildes
-
•
Klassische Gestagenpille („Minipille“): 0,03 mg Levenorgestrel ↓ Sicherheit, hohe Compliance nötig
-
•
Disziplin bei tägl. Einnahme
-
•
Östrogen-NW
-
•
KI beachten: u. a. Thrombophilie (17.4.4), Lebererkr., zerebrale Anfallsleiden, Migräne (mit Aura); Herzvitien, Adipositas, Rauchen
-
•
Kein Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten (sexually transmitted diseases, STD)
Lokale Präparate
-
•
VaginalringVaginalring, der tägl. Östrogen-/Gestagenration (15 μg Ethinylestradiol, 120 μg Etonogestrel) freisetzt. Wird von Pat. selbst eingesetzt, 3 Wo. belassen. First-Pass-Effekt durch die Leber ↓. Sicherheit u. Compliance ↑ bei (älterer) Anwenderin. KI u. NW wie orale Präparate/Mikropille, östrogenbedingte NW jedoch geringer
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•
Hormonpflaster, tägl. Freisetzen von Östrogen-Gestagen-Komb. Über 3 Wo. alle 7 d erneuert. KI u. NW wie orale Präparate/Mikropille, evtl. VTE-Risiko höher. Bei Adipositas Wirkungsgrad eingeschränkt. Compliance z. T. höher als bei oralen Präparaten
Langzeitkontrazeption
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•
Ausnahme bei med. o. sozialer Ind. Kontrazeption:Langzeit-
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Systemische Methoden:
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Injektat 150 mg DPMA (Depot-Medroxyprogesteronacetat), die sog. „Drei-Monats-Drei-Monats-SpritzeSpritze“. Zyklusstörungen, ↑ Gewichtszunahme, Knochendichte ↓, Fertilität ↓ bis 1 J.
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Implantat subdermal (Etonogestrel). Subkutane Insertion (4 cm Länge, 2 mm Durchmesser) Oberarminnenseite. Akzeptanz wg. hoher NW gering
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IntrauterinpessarIntrauterinpessare:
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Levonorgestrel-IUS: 2 Größen, 32 × 32 mm, 52 mg Levenorgestrel, 5 J. Verhütungsdauer, kleine IUS mit 28 × 30 mm, 13,5 mg Levenorgestrel, 3 J., gut für Jgl. geeignet. Sicherheit, Compliance unabhängig. NW → Blutungsstörungen. Gute Aufklärung vor Insertion. Gute Wirkung bei Dysmenorhö
Barrieremethoden
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KondomKondom: nur zusätzliches Kontrazeptivum, keine Sicherheit bei alleiniger Anwendung. Antiviraler, antibakt. Schutz. Leicht zu beschaffen, leichte Handhabung
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ScheidendiaphragmaScheidendiaphragma, Portiokappe, Femidom sind nicht geeignet! Hohe Versagerquote!