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10.1016/B978-3-437-22325-9.50011-3
978-3-437-22325-9
Elsevier GmbH
Referenzbereiche für ein Spermiogramm (42)
Ejakulatvolumen | ≥ 1,5 ml (1,4-1,7) |
pH-Wert | ≥ 7,2 |
Spermienkonzentration | ≥ 15 Mio. Spermatozoen/ml |
Spermiengesamtzahl | ≥ 39 Mio. Spermatozoen |
Beweglichkeit | ≥ 32% progressiv bewegliche Spermien |
Morphologie | 4% (3,0-4,0%) |
Anteil lebender Spermien (Eosin-Test) | ≥ 50% |
Spermatozoen-Antikörperbestimmung | |
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Leukozyten | < 1 Mio./ml |
Beeinträchtigung der Gonadenfunktion nach Chemo- und Strahlentherapie im Kindes- und Jugendalter: Risiken, Diagnostik, Prophylaxe- und Behandlungsmöglichkeiten
HINTERGRUND
Epidemiologie
Beratung von Patienten und Angehörigen
RISIKOFAKTOREN
Risiken für Gonadenschädigung und Fruchtbarkeitsbeeinträchtigung
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Beckenbestrahlung: ovarielle Bestrahlungsdosis ≥ 10 Gray bzw. testikuläre Bestrahlungsdosis ≥ 4 Gray (33, 36, 37).
Bei Mädchen:
–
Gonadotoxische Strahlendosis ist altersabhängig, wobei das postpubertäre Organ strahlensensibler ist (33).
–
Bedenklich, wenn Bestrahlung unterhalb LWK 5 erfolgt.
–
Gonadotoxisch, wenn Bestrahlung iliakal erfolgt. Inguinal individuell zu untersuchen!
Bei Jungen:
–
Hodenkapsel schützend bei inguinaler und iliakaler Bestrahlung. Wenn Hoden im Bestrahlungsfeld liegt, kann Kapsel jedoch verstärkend wirkend!
-
•
TBI ≥ 10 Gray bei Mädchen bzw. ≥ 4 Gray bei Jungen (6, 36, 37).
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•
Bei Mädchen: Busulfan ≥ 14 mg/kg KG kumulative Dosis, (6, 31) bei Jungen: Procarbazin ≥ 6 g/m2 (7).
•
•
Carboplatin (> 2 g/m2)1
1
Unsichere Datenlage bezüglich Carboplatin und dem Effekt auf die Fruchtbarkeitsentwicklung
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Cisplatin (> 5 g/m2) (33)
•
Cyclophosphamid (> 10 g/m2)
•
Etoposid (> 5 g/m2) (33)
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Ifosfamid (> 42 g/m2)
•
Melphalan (> 0,14–0,24 g/m2)
•
Procarbazin (bei Mädchen: > 6 g/m2, bei Jungen: > 3 g/m2) (7)
-
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CWS-SoTiSaR: RMS Subgroup C1, D-H; Other „RMS-like”, „Non-RMS-like” in HR, Metastatic STS; CWS 02: SR B, HR; 96: SR, HR; 91: SR, HR HR; 86; 81:
-
•
EURAMOS-1: MAPIE; COSS 96: HR; 91: IOR; 86: LRV-VI, HR
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•
Ewing 2008; Euro EWING 99; EICESS 92; CESS 86; 81:
-
•
HB 1999: HB III SD/PD, IV PR; HCC: III/IV PR
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•
EuroNET-PHL-C1: TG2+3 random 07-11; HD 2002 Pilot TG3, HD 95: TG3; 90: TG3; 82: TG3
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•
HIT 2000: HIT2000-AB4, HIT2000-BIS4 -RT; MET-HIT2000-BIS4 CR/PR, P-HIT2000-AB4, P-HIT2000-BIS4-RT; E-HIT2000-AB4, E-HIT2000-BIS4-RT
-
•
NB 2004: MR < 6M, HR; 97: HR+Mega, HR+DT < 6M; 90: RG2+3 A/B-CR, RG3 C-D+4; 82: III +LK, IV
-
•
SIOP LGG 2004: Standard/Intensivierte Induktion; 96
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SIOP 2001/GPOH: II-IV + HR; 93-01: I-V + HR, IV Non-CR
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AIEOP-BFM ALL 2009, ALL-BFM 2000, 95, 90, 86, 83, 81, 79, 77
-
•
AML-BFM 2004, 02, 98, 93, 87, 83, 78
-
•
Co-ALL-08-09, 03, 97, 92, 89, 85, 82, 80
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CWS–SoTiSaR 2009: RMS Subgroup A, B, C2; 02: LR, SR A; 96: LR; 91: LR, HR LR
-
•
EURAMOS-1: MAP, MAPifn; COSS 96: LR, S1, S2; 91: COSS, COSS/IOR; 90; 89; 86 LR I–IV; 85; 82; 80; 77
-
•
EuroNET-PHL-C1 2007–2011 TG1, TG2 + 3 random, seit 2012 TG1-3; EuroNETPHL-LP1; HD 2002 Pilot; HD 95: TG1; 90: TG1; 87; 85
-
•
HB 99: I + II; III PR; HCC: I/II; III/IV PR operabel; SD/PD; PR (operabel, SD/PD); 94; 89
-
•
HIT-GBM D, C, B, A
-
•
HIT-HGG 2007
-
•
HIT 2000: HIT2000-BIS4 + RT; MET-HIT2000-BIS4 SD/PD, MET-HIT2000-AB4; PHIT2000-BIS4 + RT; E-HIT2000- BIS4 + RT; HIT-MED 99; HIT-SKK 92; HIT 91; 89; 88; HIT-SKK 87
-
•
Kraniopharyngeom 2007, 2000; HIT-Endo 99, 96
-
•
NB 2004: Observation, MR N 6M; 97: SR, HR + DT N 6M; 90: RG2 + 3 A/B + CR, RGS-C 85; 82: II–II, III-LK; 79
-
•
NHL-BFM Registry 2012, B-NHL BFM 04, NHL-BFM 95, 90, 86, 83, 81, 79, 77, 76, 75
-
•
MAHO 98; 94; 92; 88; 82
-
•
MAKEI 96; 89; 86; 83
-
•
SIOP 2001/GPOH: I, II–IV ohne HR; 93-01 I–V ohne HR; 89; 82; 80; 79
Hypogonadismus
Pubertätsentwicklung
Beeinträchtigung der Uterusfunktion mit dadurch bedingten Schwangerschaftskomplikationen
DIAGNOSTISCHE NACHSORGE
Bei Mädchen
•
1.–5. Zyklustag: LH < 10 U/l, FSH < 10 U/l, Östradiol < 50 pg/ml und Anti-Müller-Hormon (AMH) > 1 ng/ml im Blut
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21. Zyklustag: Östradiol > 100 pg/ml, Progesteron > 12 ng/ml
Bei Jungen
•
Testosteron (Erwachsene ≥ 12 nmol/l); LH (präpubertär 0,2–0,8 IU/l; postpubertär 2–10 IU/l), FSH (1,4–10 IU/l ab dem 12. Lebensjahr), sexualhormonbindendes Globulin (13–55 nmol/l).
PRäVENTION BEI ERHöHTEM RISIKO UND BEHANDLUNG BEI BEEINTRäCHTIGUNG DER FRUCHTBARKEIT (12)
Für Mädchen
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Die Kryokonservierung von befruchteten und unbefruchteten Eizellen erfordert eine vorausgehende, ca. 14-tägige hormonelle Stimulation. Ein Start kann ab jedem Zyklustag erfolgen, jedoch ist ein Verschieben der onkologischen Therapie nicht immer möglich.
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•
Die Kryokonservierung von Ovargewebe ist noch experimentell, erfordert jedoch keine vorausgehende hormonelle Stimulation. Cave: Die Retransplantation von malignen Zellen ist, vor allem bei systemischen Erkrankungen, denkbar (10). Die Kombination der Gewinnung von Ovargewebe und anderen notwendigen Maßnahmen (z.B. Anlage Broviac-Katheter) in einer operativen Sitzung ist sinnvoll.
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•
Ovaropexie bei Bestrahlung im Beckenbereich.
-
•
Die Wirksamkeit einer medikamentösen Protektion (GnRH-Agonisten) ist bislang noch fraglich. Werden GnRH-Agonisten (z.B. 3,57 mg Leuprorelin/Monat s.c. oder i.m.) während einer Chemotherapie appliziert, so sollte die Gabe idealerweise 1–2 Wochen vor dem Beginn der Chemotherapie verabreicht werden, da die initiale FSH-Freisetzung („Flare up”) zu einer ungewünschten ovariellen Stimulation führt. Ist das Zeitfenster bis zum Beginn der Chemotherapie deutlich kürzer als eine Woche, so besteht entweder die Möglichkeit, die GnRH-Agonisten mit GnRH-Antagonisten zu kombinieren, um den „Flare up” zu verringern, oder die erste Gabe des GnRH-Agonisten erst 1–2 Wochen nach dem 1. Zyklus der Chemotherapie zu applizieren.
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Ovaropexie bei Bestrahlung im Beckenbereich.
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Die Kryokonservierung von Ovargewebe erfordert eine spätere Eizellreifung, die noch experimentell ist. Jedoch wurde bereits von der erfolgreichen Retransplantation von präpubertärem Ovargewebe berichtet (11). Cave: Die Retransplantation von malignen Zellen ist denkbar!
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Hormonbehandlung bei Kinderwunsch bei hypogonadotropem Hypogonadismus:
–
LH/FSH bei Kinderwunsch: Täglich über 2 Wochen Gonadotropin s.c. 25–75 IE, in Abhängigkeit von der Ovarresponse, zur Follikelreifung unter Ultraschall- und Hormonanalyse (E2, P, LH) Kontrollen nötig.
-
•
Hormonersatztherapie bei prämaturer Ovarialinsuffizienz (POF):
–
Östrogen/Gestagenpräparat: z.B. tägliche Gabe von einer Kombination aus Progesteron 100 mg/Tag (wegen erhöhtem Gebärmutterkarzinomrisiko) und Östradiol 1 mg/Tag (zur Vermeidung von Osteoporose und Artheriosklerose), Auslassversuch ist zu erwägen.
-
•
Hormonbehandlung bei Pubertas praecox und Pubertas tarda nach kranieller Radiatio:
Für Jungen
-
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Kryokonservierung von Spermien (Ejakulation, Elektrostimulation, Hodenbiopsie [TESE]) als Fertilitätsreserve für spätere assistierte reproduktive Maßnahmen. Empfohlen vor Therapiebeginn ab: 13. Lebensjahr, Tanner 3 (Wachstum von Skrotum und Testes; Längenwachstum des Penis; Schamhaare kräftiger mit umschriebener Ausdehnung) und Hodenvolumen ≥ 10 ml (30).
-
•
Wenn eine Ejakulation nicht möglich ist, ist die TESE hierbei am erfolgversprechendsten:
–
Am besten in Intubationsnarkose; ist prinzipiell in Lokalanästhesie möglich, allerdings schmerzhaft und nicht empfohlen (cave: vasovagale Reaktionen).
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Empfehlung: multifokale oder mikrochirurgische TESE in Vollnarkose mit gleichzeitiger mikroskopischer Beurteilung der Hodenpräparate. Bei fehlendem Nachweis reifer Spermien im Nativpräparat: wiederholte Biopsate in unterschiedlichen Lokalisationen!
–
Eine Kombination von TESE und anderen notwendigen Maßnahmen (z.B. Anlage Broviac-Katheter) in einer Sitzung ist sinnvoll.
–
Wenn keine Spermien im Hoden gebildet werden, kann eine Hodenbiopsie mit noch unreifen Zellen separat kryokonserviert werden, um die spermatogonialen Stammzellen zu asservieren (s.u.).
–
Die Kryokonservierungsprotokolle von Hodengewebsproben mit und ohne Spermien unterscheiden sich voneinander ebenso wie die Kryokonservierungsprotokolle von Ejakulatspermien. Das zuständige Labor sowie die entnehmende Einrichtung müssen AMG-konform arbeiten und eine Erlaubnis nach AMG vorweisen.
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•
Eine Elektro- bzw. Vibratorstimulation ist gegebenenfalls in Narkose nach Spermarche möglich.
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•
Eine Kryokonservierung von Hodengewebe erfordert aufgrund einer geringeren Spermienanzahl immer eine spätere ovarielle Stimulation der Partnerin und eine ICSI-Behandlung. Die Erfolgsraten sind hierbei abhängig von multiplen Faktoren (Spermienqualität, Alter der Frau zum Zeitpunkt der Therapie, weitere Sterilitätsfaktoren aufseiten der Frau etc.).
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Die Kryokonservierung von immaturem Hodengewebe, das mittels Biopsie entnommen wird, ist noch ein rein experimenteller Ansatz: Die erforderliche, anschließende Spermienreifung aus den spermatogonialen Stammzellen ist beim Menschen aktuell noch nicht möglich. Wird nur im Rahmen von klinischen Studien empfohlen.
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Die protektive Verabreichung von GnRH-Analoga zur vorübergehenden Unterbrechung der Spermatogenese (theoretisches Ziel: Schutz der Samenzellen) ist bisher ohne positiven Einfluss auf die Wiederherstellung der Fertilität nach Therapieende (25).
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Hypogonadotroper Hypogonadismus (bei Patienten mit Hirntumor oder kranieller Radiatio):
Vor der Pubertät:
–
Pubertäts- und Fertilitätsinduktion ab 13.–14. Lebensjahr.
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Zunächst: HCG 1.500–3.000 IE s.c. 2 ×/Woche + FSH 150 IE s.c. 3 ×/Woche.
–
Umstellung auf Testosteronsubstitution (s.u.) bei adultem Phänotyp, abgeschlossenem Hodenwachstum und aktuell keinem Kinderwunsch; Gonadotropin- und Testosterondosierung entsprechend dem Testosteronspiegel (Ziel: mittlerer Normbereich) anpassen und alle 3 Monate überprüfen.
Nach Abschluss der Pubertät:
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Zunächst: Testosteronsubstitution (s.u.), bis Kinderwunsch besteht.
–
Bei Kinderwunsch: Umstellung auf HCG + FSH s.c. (Dosis s.o.).
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Hypergonadotroper Hypogonadismus (bei testikulären Synthesestörungen):
Testosteronsubstitution
•
Indikation: ab 12.–13. Lebensjahr, abhängig vom Serumspiegel und klinischer Symptomatik.
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Vor Therapiebeginn: Kryokonservierung von Spermien anbieten, da Spermatogenese unter Substitution durch negativen Feedbackmechanismus eingeschränkt ist.
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Applikationsformen: transdermal, intramuskulär oder oral:
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Die transdermale Applikation ist zu bevorzugen, da hier die Simulation physiologischer zirkadianer Testosteronschwankungen mit hohem morgendlichem Testosteronspiegel am ehesten möglich ist (in niedriger Dosierung beginnen, dann entsprechend dem Serum Testosteron anpassen).
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Testosterongele oder Lösungen sind in Dosierungen von 25–125 mg verfügbar. Einstiegsdosis liegt meist bei 50–60 mg/Tag. Angestrebter Testosteronwert: > 12 nmol/l; Testosteronpflaster sind ebenfalls verfügbar, Standardeinstiegsdosis: 2 Pflaster alle 2 Tage. Transdermale Applikationsformen sind erst ab dem 18. Lebensjahr zugelassen.
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Intramuskulär: z.B. Testosteron Undecanoat 1.000 mg (Nebido) alle 12 Wochen (ab 18. Lebensjahr) oder Testosteron Enantat 250 mg (Testosteron-Depot 250) alle 2–3 Wochen, zugelassen für den minderjährigen Patienten.
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Oral: z.B. Testosteron Undecanoat (Andriol Testocaps), 2–3 Kapseln/Tag mit einer fettreichen Mahlzeit einnehmen; mit nur kurzer Bioverfügbarkeit und erst ab dem 18. Lebensjahr zugelassen.
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Therapieüberwachung:
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Klinik: Behaarungsmuster, Bartwuchs, Fettverteilungsmuster, Gewichtsveränderung, Zunahme von Muskelmasse, Gynäkomastie inklusive anamnestischer Evaluation von Libido, sexueller Aktivität, kognitive Fähigkeiten, depressive Stimmung bzw. Stimmungsschwankungen.
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Hormonwerte: vorerst Kontrollen, z.B. alle 3 Monate, gegebenenfalls regelmäßige Reevaluation unter Therapiepause, z.B. nach 6–12 Monaten.
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Zusätzlich Kontrollen von Hämoglobin, Hämatokrit.
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Künstliche Befruchtung
Prinzipiell möglich sind Insemination, IVF, ICSI.
WEITERE MöGLICHKEITEN DER ERFüLLUNG DES KINDERWUNSCHES
SCHWANGERSCHAFTSVERLäUFE UND GESUNDHEIT DER NACHKOMMEN
LITERATUR
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