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978-3-437-22345-7
Elsevier GmbH
DD: Hypo-/Pseudohypoparathyreoidismus

Hypoparathyreoidismus
DEFINITION UND BASISINFORMATION
Der Hypoparathyreoidismus (HP) ist auf eine verminderte Parathormonsekretion (PTH-Sekretion), der Pseudohypoparathyreoidismus (PHP) auf eine verminderte PTH-Wirkung zurückzuführen. Man unterscheidet den sekundären HP, der auf eine Schädigung der Nebenschilddrüsen zurückzuführen ist, vom primären HP, der auf unterschiedliche genetische Ursachen zurückzuführen ist. Der PHP wird autosomal-dominant vererbt und beruht auf Störungen der Rezeptor- oder Postrezeptorfunktionen.
Der Hypoparathyreoidismus kann isoliert, aber auch im Rahmen von genetischen Erkrankungen (z.B. Mikrodeletionssyndrom 22q11.2, APECED, Kenney-Caffey-Syndrom, Kearns-Sayre-Syndrom, MELAS, GATA-3) auftreten.
Auch aktivierende Antikörper am Kalzium-Sensing-Rezeptor können zum klinischen Bild eines Hypoparathyreoidismus führen.
Bei der ADH (autosomal-dominanten Hypokalzämie bzw. der familiären hyperkalziurischen Hypokalzämie) liegen ursächlich aktivierende Mutationen im Gen des Kalzium-Sensing-Rezeptors (CaSR) vor. Dabei findet sich ebenfalls ein Hypoparathyreoidismus.
LEITSYMPTOME
Tetanie, zerebrale Krampfanfälle, psychomotorische Retardierung, intrakranielle Verkalkungen, Katarakt, Zahnanomalien, Alopezie, Brüchigkeit der Fingernägel.
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Bei HP: zusätzlich z.B. Innenohrschwerhörigkeit, Kleinwuchs, Muskelhypotonie, Ptosis, Polyautoimmunendokrinopathie (z.B. Nebenniereninsuffizienz, Schilddrüsenfunktionsstörung, DM Typ 1, Hypogonadismus), Nephropathie.
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Bei PHP Typ Ia: Kleinwuchs, subkutane Verkalkungen, Brachymetakarpie, geistige Retardierung.
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Bei ADH: meist keine Symptome, aber es sind Muskelkrämpfe, Muskelschwäche, Parästhesien möglich, selten, besonders bei jüngeren Patienten, auch Krampfanfälle.
DIAGNOSTIK
Zielsetzung
Nachweis der Hypokalzämie und des Fehlens der Parathormonwirkung, Klärung der Ursache.
Gebräuchliche Verfahren
Labor: Kalzium, Phosphat, alkalische Phosphatase, intaktes PTH, Magnesium, Kreatinin im Serum, im Urin Kalzium/Kreatinin-Quotienten, bei Verdacht auf PHP Initiierung der molekulargenetischen Diagnostik, bei Verdacht auf ein Mikrodeletionssyndrom 22q11.2 ist eine MLPA-Diagnostik (Multiplex Ligation-dependent Probe Amplification) sinnvoll.
Röntgen: Handskelett, Echokardiographie, EKG, Audiometrie, Nierensonographie.
Bewertung
Siehe Abb. E17-1.
Ausschlussdiagnostik
Intaktes PTH und Kalzium und Phosphat im Serum wiederholt normal.
Nachweisdiagnostik
Intaktes PTH, Kalzium, Phosphat im Serum, im Urin Kalzium/Kreatinin-Quotienten, Molekulargenetik des GNAS-1-Gens (V.a. PHP 1a) bzw. Untersuchung der GNAS-Methylierung (V.a. PHP 1b), Molekulargenetik des CaSR-Gens bei Verdacht auf ADH, MLPA-Diagnostik bei Verdacht auf Mikrodeletionssyndrom 22q11.2.
Beim isolierten primären Hypoparathyreoidismus zum Ausschluss einer Polyautoimmunendokrinopathie gegebenenfalls AIRE-Gen-Untersuchung.
Entbehrliche Diagnostik
Phosphat-Bestimmung im Urin, Vitamin D und Vitamin-D-Metaboliten.
Durchführung der Diagnostik
Pädiater, Pädiatrischer Endokrinologe/Diabetologe.
THERAPIE
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Dauertherapie kann sowohl mit Calcitriol (1,25(OH)2D) in der Dosierung 20–40 ng/kg/Tag (1–2 ED), alternativ auch mit Alfacalcidol-Tropfen in der Dosierung 50 ng/ kg/Tag (1–2 ED) durchgeführt werden.
Kalzium sollte in der Dosierung von 20–30 mg/kg/Tag (max. 1.500 mg) zusätzlich appliziert werden.
Therapeutisch sind beim Hypoparathyreoidismus Serum-Kalzium-Konzentrationen im untersten, beim Pseudohypoparathyreoidismus im oberen Normalbereich anzustreben.
Interventionelle Therapie
In der Akuttherapie wird empfohlen Kalziumglukonat 10%-Lösung 1–2 ml/kg KG langsam intravenös zu geben. Ansonsten sollte die orale Kalziumsubstitution aufgrund der potenziellen Nebenwirkungen (Nekrosen) bei i.v. Applikation von Kalzium bevorzugt erfolgen.
Keine medikamentöse Therapie
Bei der ADH sollte nur bei klinischen Symptomen eine medikamentöse Therapie überlegt werden (cave: Verstärkung der Hyperkalziurie und Nephrokalzinose!).
Therapiedurchführung
Pädiatrischer Endokrinologe/Diabetologe.
S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) (AWMF-Register-Nr. 174-005)
Weitere Autoren
Arbeitsgruppe Knochenstoffwechsel der DGKED: S. Bechtold-Dalla-Pozza, H. Hoyer-Kuhn, C. Land
Koordination der Leitlinienentwicklung
Dr. Anja Moß
AWMF-Leitlinienberaterin
Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie
Interdisziplinäre Adipositasambulanz
Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität Ulm
Eythstraße 24
89075 Ulm
E-Mail: anja.moss@uniklinik-ulm.de
Erstellungsdatum: 03/2016
Nächste Überprüfung geplant: 03/2021
LITERATUR
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Clinical Practi Hypoparathyroidism
N Engl J Med
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4
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403
2
The GNAS locus and pseudohypoparatyroidism
Adv Exp Med Biol
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2008
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3
Störungen des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels
GF
Hoffmann
MJ
Lentze
J
Spranger
F
Zepp
Pädiatrie – Grundlagen und Praxis
4. Aufl
2014
Springer
Heidelberg Berlin
612
631