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Pylorusstenose, hypertrophe
DEFINITION UND BASISINFORMATION
Durchschnittlich sind etwa 3 von 1000 Kindern von der hypertrophen Pylorusstenose betroffen, dabei Jungen etwa fünfmal häufiger als Mädchen (1, 2). Die Inzidenz bei Frühgeborenen scheint zuzunehmen. Pathophysiologisch kommt es im Alter zwischen 3 und 10 Wochen zu einer Hypertrophie der Ringmuskulatur am Pylorus, welche zu einer funktionellen Magenausgangsstenose führt. Die Ätiologie ist bislang ungeklärt: neurale, endokrine und strukturelle Störungen werden diskutiert (3).
LEITSYMPTOME
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Schwallartiges, nicht galliges Erbrechen im kurzen Intervall nach Nahrungsaufnahme.
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Zunehmende Häufigkeit und Stärke des Erbrechens.
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Dehydratation, Gewichtsverlust, Abnahme der Urinmenge.
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Eingefallene Fontanelle, verminderter Hautturgor, Lethargie.
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Ikterus in bis zu 8% der Betroffenen (ikteropylorisches Syndrom [4]).
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Tastbare Resistenz im Oberbauch („Olive”).
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In einigen Fällen peristaltische Welle des Magens durch Bauchwand sichtbar.
DIAGNOSTIK
Labordiagnostik
Die Labordiagnostik umfasst Blutbild, Elektrolyte, Kreatinin, Harnstoff, Glukose, Blutgasanalyse, bei Ikterus zusätzlich direktes/indirektes Bilirubin. Typischerweise findet sich eine hypochlorämische, hypokaliämische metabolische Alkalose.
Bildgebung
Gesichert wird die Diagnose durch eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens. Kriterien für das Vorliegen einer hypertrophen Pylorusstenose ist eine Länge des Pylorus von über 16 mm und eine Wanddicke von über 4 mm. Bei Kindern, die weniger als 30 Tage alt sind, oder bei Frühgeborenen können diese Maße geringer ausfallen (5).
Eine Kontrastmitteldarstellung des oberen Magendarmtraktes ist nur noch sehr selten, zum Beispiel in unklaren Fällen und bei unklaren sonographischen Befunden, indiziert. Dabei findet sich das typische „Fadenzeichen”, bei dem ein kleiner Kontrastmittelfaden vom Antrum zum Duodenum zieht, oder das „Schulterzeichen” bei völlig fehlendem Kontrastmitteldurchtritt.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch muss an gastroösophagealen Reflux, Stoffwechselstörungen, Intoxikationen, Fehler bei der Ernährung, erhöhten Hirndruck und an Nahrungsunverträglichkeit gedacht werden. Das Neugeborenenscreening ist zum Ausschluss einer metabolischen Erkrankung (Galaktosämie, adrenogenitales Syndrom etc.) zu verifizieren.
THERAPIE
Präoperative Vorbereitung
Säuglinge mit einer Dehydratation (Gewichtsverlust) von weniger als 5% und ausgeglichenen Elektrolyten können ohne Verzögerung operiert werden.
Ansonsten ist die wichtigste Erstmaßnahme eine intravenöse Rehydratation des Patienten und die Korrektur der Elektrolytentgleisung, da sonst das Risiko einer postoperativen Apnoe steigt (siehe pädiatrische Leitlinie Exsikkose).
Kinder mit Schocksymptomatik (Tachykardie, Anurie, Lethargie) erhalten zunächst bolusweise 20 ml/kg KG 0,9% Kochsalzlösung intravenös bis zur Stabilisierung der Kreislaufparameter. Die Infusionslösung zur Rehydratation darf weder Azetat noch Bikarbonat enthalten, um eine Exazerbation der metabolischen Alkalose zu vermeiden.
Die Operation kann bei adäquat hydriertem Patienten durchgeführt werden, wenn der pH-Wert unter 7,45, die Chloridkonzentration mindestens 90 mg/dl (25,4 mmol/l), die Bikarbonatkonzentration weniger als 30 mmol/l und die Kaliumkonzentration zwischen 3 und 5 mg/dl (0,77–1,28 mmol/l) beträgt (6).
Patienten, die nüchtern gehalten werden, erbrechen nur selten. Daher erübrigt sich in den meisten Fällen eine präoperative Magensonde, auch weil diese Maßnahme die Elektrolytentgleisung verschlimmern kann (7).
Operative Therapie
Das Prinzip der Pyloromyotomie nach Weber-Ramstedt (8) ist die Längsinzision der Serosa und der hypertrophen Ringmuskulatur des Pylorus bis ins Antrum unter Schonung der darunter liegenden Schleimhaut.
Optional kann eine Luftprobe (freie Passage? Dichtigkeit?) über eine intraoperativ gelegte Magensonde (muss nicht liegen bleiben) erfolgen.
Die Operation wird entweder über einen rechtsseitigen Oberbauchschnitt, eine bogenförmige supraumbilikale Inzision oder in laparoskopischer Technik durchgeführt. Die unterschiedlichen Zugänge unterscheiden sich kaum in Effizienz und Sicherheit (9, 10). Hauptkomplikationen sind Wundinfektion und Mukosaperforation in bis zu 3% sowie eine persistierende Stenose in etwa 1%.
Konservative Therapie
Die konservative Therapie der hypertrophen Pylorusstenose mit intravenösem Atropin ist nicht effektiv und bedeutet für den Patienten einen langen stationären Aufenthalt (11). Bis zu einem Viertel der so behandelten Kinder müssen ultimativ doch operiert werden (12).
NACHSORGE
Der komplette enterale Kostaufbau kann meist innerhalb von 48 h nach der Operation erfolgen (13, 14). Im Allgemeinen können die Patienten nach Hause entlassen werden, sobald sie die volle Nahrungsmenge oral vertragen (15, 16). Eine weitere Nachsorge ist selten erforderlich und kann beim Kinderarzt stattfinden.
Verfahren zur Konsensusfindung
Die Erstellung erfolgte im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie. Ziel war die Abstimmung der Therapieleitlinie für eine häufige Diagnose im Neugeborenen- und frühen Säuglingsalter mittels Delphi-Konferenzen. Die Mitglieder der Lenkungsgruppe Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (siehe Vorwort zum Kapitel S) fungierten als Expertengruppe.
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