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10.1016/B978-3-437-22345-7.50016-3
978-3-437-22345-7
Elsevier GmbH
Unterarmschaftfrakturen im Kindesalter
DEFINITION UND KLASSIFIKATION
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22r-D/1-7 (Frakturen des Radius)
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22u-D/1-6 (Frakturen der Ulna)
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Unterarmschaftfraktur (Frakturen des Radius und der Ulna, 22-D)
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Radiusschaftfraktur, isoliert (22r-D)
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Ulnaschaftfraktur, isoliert (22u-D) oder mit proximaler Radiusluxation (Monteggia-Fraktur, 22u-D6)
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Unvollständige Frakturen („bowing fracture“, 22-D/1; Wulst- oder Grünholzfraktur, 22-D/2); diese sind stabil oder „semistabil” (Dislokation nur in 1 Ebene möglich)
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Vollständige Frakturen (22-D/4-5; Monteggia: 22u-D/6), instabil
EPIDEMIOLOGIE UND PRÄKLINIK
Häufigkeit
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Etwa 10% aller Frakturen im Kindesalter, davon bis zu 37,5% Grünholzfrakturen (9)
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Zweigipflige Altersverteilung mit höchster Inzidenz im 8. und 12. Lebensjahr
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Dominanz des männlichen Geschlechts
Klinik
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Schmerzhafte Bewegungseinschränkung
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Meist sichtbare Fehlstellung des Unterarms
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Lokalisierte Einblutung in die Weichteile (Ekchymosis) eher diskret; ca. 7% erstgradig offene Frakturen, selten höhergradige Weichteilbeteiligung
Begleitverletzungen
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Luxation des Radiuskopfs im Zusammenhang mit einer Ulnaschaftfraktur (als Monteggia-Fraktur)
Präklinik
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Lagerung auf einer (Oberarm-)Schiene in bequemer Spontanhaltung
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Adäquate Analgesie mit NSRA oder Opiaten
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Periphere Durchblutung, Motorik, Sensibilität (DMS) dokumentieren
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Bei drohender Perforation unter Analgesie präliminäre Reposition durch Zug/Gegenzug
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Bei offener Fraktur steriler Verband, gegebenenfalls präliminäre Reposition
DIAGNOSTIK
Klinik
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Erneute Prüfung und Dokumentation von DMS.
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Beurteilung evtl. vorhandener Weichteilschäden, Ausschluss eines Kompartmentsyndroms.
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Ausschluss weiterer Verletzungen und/oder Frakturen, v.a. am Oberarm und der Hand.
Radiologie
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Konventionelle Röntgenaufnahme in 2 Ebenen unter Einschluss der angrenzenden Gelenke.
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Bei Vorliegen einer isolierten Ulnafraktur muss die Röntgenaufnahme den Ellenbogen in 2 Ebenen mit abbilden, der Radiuskopf muss auf das Kapitulum zentriert sein (Ausschluss Monteggia-Fraktur).
Anmerkungen zur Diagnostik
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Ist nach einer Röntgenaufnahme in nur 1 Ebene die OP-Indikation gegeben, kann die 2. Ebene gegebenenfalls in Narkose ergänzt werden, wenn die Einstellung schmerzhaft ist.
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Röntgen der Gegenseite ist obsolet!
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Sonographie, CT oder MRT haben für die Akutdiagnostik der Unterarmschaftfraktur keine Bedeutung.
THERAPIE
Konservative Therapie (11)
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Die Gipsruhigstellung ist bei unvollständigen, stabilen, achsengerecht stehenden oder undislozierten Frakturen die Methode der Wahl.
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Grünholzfrakturen können reponiert und weiter konservativ behandelt werden, sofern eine achsengerechte Stellung im Gips retiniert werden kann.
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Vollständige, damit instabile, aber achsengerecht stehende, undislozierte isolierte Radius- oder Ulnafrakturen können ebenfalls konservativ behandelt werden, bedürfen aber der engmaschigen Kontrolle, da das sekundäre Dislokationsrisiko hoch ist.
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Achsenfehlstellungen werden durch das Wachstum nur bedingt remodelliert.
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Eine einheitliche Empfehlung hinsichtlich tolerabler Achsabweichung in Abhängigkeit vom Alter existiert nicht (15).
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Achsenfehler ab 15° führen zu Einschränkungen in der Pro-/Supination. Diese Beobachtung ist altersunabhängig. Das Risiko besteht in 13% der Unterarmschaftfrakturen (1, 2, 23). Dabei besteht häufig auch ein Rotationsfehler (3).
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Die anatomiegerechte Stellung im Gips soll deshalb prinzipiell angestrebt werden.
Hinweise für die Eltern bei der Therapieberatung
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Bewegungsstörung (Pro-/Supination) bei nicht anatomiegerechter Frakturheilung möglich
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Sekundäre Dislokation möglich, dann Therapiewechsel zur operativen Therapie notwendig
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Verzögerte Konsolidierung bei der konservativen Behandlung von Grünholzfrakturen möglich – dann mit hohem Refrakturrisiko (bis 30%)
Nachbehandlung
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Röntgen
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Tag 1: Dokumentation nach Reposition
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Tag 7–10: Stellungskontrolle
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Tag 10–28: gipsfrei, Konsolidierungskontrolle
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Bei noch unzureichender Konsolidierung nach Bedarf, z.B. Tag 42
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Freigabe zur spontanen Mobilisation, keine routinemäßige Physiotherapie
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Sportbefreiung für ca. 2–4 Wochen nach Freigabe der Fraktur
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Abschließende Funktionskontrolle zum Zeitpunkt der Sportfreigabe
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Bei Bewegungseinschränkung weitere klinische Kontrollen, gegebenenfalls jetzt Physiotherapie bei nicht knöchern bedingter Bewegungsblockade
Operative Therapie (4, 16, 17)
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Instabile Unterarmschaftfrakturen, v.a. bei vollständigen Frakturen von Radius und Ulna auf gleicher Höhe, mit schrägen Frakturflächen, konvergierenden Knochenachsen und Frakturen im proximalen Schaftdrittel.
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Kombination einer vollständigen Schaftfraktur mit einer Grünholzfraktur.
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Grünholzfrakturen beider Knochen mit unzureichender Reposition oder Retention.
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Vollständige isolierte Radius- oder Ulnafrakturen mit erheblicher Fehlstellung und Problemen der Reposition oder Retention.
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Monteggia-Frakturen, wenn konservativ die Radiusluxation nicht mit absoluter Sicherheit reponiert und retiniert werden kann.
Hinweise für die Eltern bei der OP-Aufklärung
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Blutung, Infektion
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Gefäß-, Sehnen- (v.a. Extensor pollicis longus) und Nervenverletzung (v.a. N. radialis superficialis)
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Notwendigkeit der offenen Reposition
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Bleibende Fehlstellung
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Temporäre, nur sehr selten bleibende Bewegungseinschränkung
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Verzögerte Heilung
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Refraktur
Operationsmethoden
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Der Unterarm mit Radius, Ulna und Membrana interossea ist als funktionelle Einheit zu betrachten, deshalb wird bei einer Unterarmschaftfraktur in Radius und Ulna jeweils ein Nagel eingebracht.
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Die Nägel werden gegenläufig (Radius aszendierend, Ulna deszendierend) oder beide aszendierend implantiert.
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Die Insertion am Radius ist metaphysär lateral (cave: N. radialis superficialis) oder dorsal (Tuberculum listeri; cave: Sehne des M. extensor pollicis longus) möglich, an der Ulna proximal radial oder distal medial.
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Zum Erreichen einer adäquaten Dreipunktverspannung des Nagels in der Ulna entspricht das Einbringen über die Olekranon-Apophyse nicht den Anforderungen.
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Bei Fraktur nur eines Knochens wird auch nur der frakturierte Knochen genagelt.
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Bei Frakturen beider Knochen werden auch beide Knochen stabilisiert.
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Bei Monteggia-Frakturen muss nach der Osteosynthese die Reposition des Radiuskopfs erfolgt sein. Intraoperative Röntgendokumentation!
Nachbehandlung
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Keine zusätzliche Retention im Gipsverband notwendig, gegebenenfalls Schlinge oder Schiene zur Analgesie für wenige Tage.
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Spontanmobilisation bei Schmerzfreiheit.
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Röntgen
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Tag 1: Dokumentation des OP-Resultats
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Tag 1–28: Konsolidierung, Sportfreigabe
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28–90 plus X: vor ME
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Die Materialentfernung wird nach radiologisch dokumentierter vollständiger Durchbauung und abgeschlossenem Remodeling (≥ 3 Monate) empfohlen. Frühere Metallentfernungen scheinen das Risiko von Refrakturen zu erhöhen.
WEITERE BEHANDLUNG
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Nachkontrollen erfolgen individuell bei bestehender Bewegungsstörung bis zur freien Beweglichkeit.
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Physiotherapie ist in der Regel nicht erforderlich, selten nach > 6 Wochen und Bewegungseinschränkung ohne knöchernem Hindernis.
PROBLEME
Bewegungsstörung
Verzögerte Heilung
PROGNOSE
Verfahren zur Konsensfindung
LITERATUR
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