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978-3-437-22485-0
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Abb. 1.1

[L235]
Einfluss von AusschlusskriterienStudienAusschlusskriterien auf die Selektion von Studienpatienten (nach Zimmermann et al. 2002)
Evidenzstufen der Agency for Healthcare Policy and Research (zit. nach Jüni und Egger 2001)EvidenzstufenAgency for Healthcare Research and Quality (AHRQ)AHRQ (Agency for Healthcare Research and Quality)
Ia | Evidenz aufgrund von Metaanalysen randomisierter, kontrollierter Studien |
Ib | Evidenz aufgrund mindestens einer randomisierten, kontrollierten Studie |
IIa | Evidenz aufgrund mindestens einer gut angelegten kontrollierten Studie ohne Randomisierung |
IIb | Evidenz aufgrund mindestens einer gut angelegten quasiexperimentellen Studie |
III | Evidenz aufgrund gut angelegter, nichtexperimenteller deskriptiver Studien (z. B. Fall-Kontroll-Studien) |
IV | Evidenz aufgrund von Berichten/Meinungen von Expertenkreisen, Konsensuskonferenzen und/oder klinischer Erfahrung anerkannter Autoritäten |
Validität klinischer Studien (Jüni und Egger 2001)ValiditätinterneValiditätexterneKlinische Studien, interne/externe Validität
Interne Validität | Externe Validität (Übertragbarkeit) |
Werden systematische Fehler (Bias) in einer Studie vermieden? | Können die Resultate einer Studie auf andere Umstände verallgemeinert werden? |
Selektionsbias bei Studienbeginn: verzerrte Zuteilung der Patienten zu den Vergleichsgruppen |
Andere Patienten:
|
Co-Intervention: ungleiche Behandlung der Vergleichsgruppen (abgesehen von der randomisierten Intervention) |
Andere Behandlungsmodalitäten:
|
Beobachterbias: verzerrte Erhebung der Endpunkte |
Andere klinische Rahmenbedingungen:
|
Selektionsbias nach Eintritt: verzerrtes Auftreten und verzerrte Analyse der Studienabbrecher | Andere Endpunkte:
|
Interne Validität ist gewährleistet durch ein adäquates Design sowie eine adäquate Durchführung und Analyse einer Studie. | Die Beurteilung der externen Validität beruht auf klinischer Erfahrung und der Übertragbarkeit von Studienergebnissen. |
Wichtige Effektgrößen bei der Bewertung von Interventionsstudien und Metaanalysen∗: Mit einem metaanalytischen Design wurden depressive Patienten (Major Depression) verglichen, die mit Amitriptylin bzw. Placebo behandelt wurden. Outcomekriterium ist die Anzahl der (Non-)Responder (= 50-prozentige Reduktion auf der Hamilton-Skala)Risikoreduktion, absolute/relativeNon-ResponderInterventionsstudien, EffektgrößenEreignisrate (in der Behandlungs-/Kontrollgruppe)
CER | EER | RRR = CER – EER/CER | ARR = CER – EER | NNT = 1/ARR |
Ereignisrate in der Kontrollgruppe (%) | Ereignisrate in der Behandlungsgruppe (%) | Relative Risikoreduktion (%) | Absolute Risikoreduktion (%) | Number Needed to Treat |
0,68 | 0,46 | 0,68 − 0,46 ÷ 0,68 = 0,32 | 0,68 − 0,46 = 0,22 | 1 ÷ 0,22 = 4,55 |
68 % der Pat. aus der Placebogruppe sind nicht remittiert | 46 % der mit Amitriptylin behandelten Pat. sind nicht remittiert | Im Vergleich zu einer Placebobehandlung konnte das Persistieren der Symptomatik durch Amitriptylin um 32 % gesenkt werden | Durch Amitriptylin wird das Persistieren der depressiven Symptomatik um 22 Prozentpunkte gesenkt, d. h. bei 22 von 100 behandelten Pat. | Wenn 5 Pat. behandelt werden, kann im Durchschnitt bei 1 von ihnen das Persistieren der Erkrankung verhindert werden |
Pat. = Patient(en)
∗
Die Häufigkeitsangaben des Beispiels entstammen dem Cochrane-Review von Leucht et al. (2012).
Verfälschungstendenzen bei der Erstellung von systematischen Reviews (nach Bassler und Egger 2001)Reviews, systematischeVerfälschungstendenzenBias
Problem | Verfälschung des Ergebnisses durch |
Ungenügende Qualität der einzelnen Studien | Berücksichtigung qualitativ ungenügender Studien (z. B. ohne Randomisierung und Kontrollen) |
Heterogenität der einzelnen Studien | Zusammenfassung heterogener Studien ohne adäquate statistische Kontrolle |
Identifikation aller relevanten Studien | Publikationsbias, Sprachbias, Mehrfachpublikationsbias, Zitierbias usw. |
Objektive Einschlusskriterien für die einzelnen Studien | Manipulation der Einschlusskriterien |
Lehrbuchgestaltung im Sinne von EbM und Cochrane Collaboration
-
1.1
Wie kann man ein Lehrbuch „evidenzbasieren“?3
-
1.2
Die Cochrane Collaboration4
-
1.3
Qualitätsbeurteilung in der evidenzbasierten Medizin6
-
1.4
Systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen9
-
1.5
Integration qualitätsgesicherter Übersichtsarbeiten in das Lehrbuch und ihre Aktualisierung11
-
1.6
Evidenzbasierte Medizin (EbM): „up to date“ im klinischen Alltag11
-
1.7
Evidenzbasierte Medizin in der Praxis12
-
1.8
Schlussfolgerungen14
1.1
Wie kann man ein Lehrbuch „evidenzbasieren“?
1.1.1
Die Lehrbuchgestaltung
1.1.2
Evidenzstufen
-
•
die zentrale Bedeutung der Expertenmeinung der Autoren und Herausgeber für die Textgestaltung bestehen lässt,
-
•
dem Leser aber transparent macht, welche Lehrbuchmeinungen durch qualitativ hochwertige Metaanalysen abgesichert sind, und
-
•
verdeutlicht, wo die Meinungen der Autoren auf empirisch weniger gut abgesicherten Befunden (z. B. einzelnen RCTs) beruhen.
Resümee
In Abhängigkeit von der Validität des zugrunde liegenden Datenmaterials wird in der EbM eine hierarchische Einteilung der Evidenz in sog. Evidenzstufen vorgenommen, wobei in den meisten Hierarchisierungssystemen metaanalytisch abgesicherte Befunde systematischer Übersichtsarbeiten die oberste Evidenzstufe bilden. Nichtrandomisierte kontrollierte Studientypen werden niedriger bewertet als RCTs, und das Expertenurteil, das stark anfällig für systematische Verzerrungen ist, bildet die unterste Evidenzstufe. Im Rahmen dieses Lehrbuchs wird bei der Beurteilung der Evidenz ausschließlich auf systematische Übersichtsarbeiten der Cochrane Collaboration Bezug genommen.
1.2
Die Cochrane Collaboration
1.2.1
Entwicklung
1.2.2
Ziele und Organisationsstruktur
-
•
das Verfassen systematischer Übersichtsarbeiten,
-
•
deren Verbreitung durch leichte Zugänglichkeit und
-
•
die regelmäßige Aktualisierung dieser Arbeiten.
-
•
Common Mental Disorders Group (229 Protokolle/Reviews)
-
•
Dementia und Cognitive Improvement Group (196 Protokolle/Reviews)
-
•
Drugs and Alcohol Group (97 Protokolle/Reviews)
-
•
Schizophrenia Group (310 Protokolle/Reviews)
-
•
Tobacco Addiction Group (91 Protokolle/Reviews)
-
•
Unterstützung und Koordination aller Gruppen der Cochrane Collaboration (z. B. der Reviewgruppen oder Zentren)
-
•
Verbreitung der Cochrane Library in der Öffentlichkeit und Transfer von Forschungsergebnissen in die Gesundheitsversorgung (Kap. 1.2.3)
-
•
Unterstützung von Reviewgruppen bei der Suche nach spezieller Literatur im deutschsprachigen Raum und systematische Integration von kontrollierten deutschsprachigen Studien in das globale Wissenssystem
-
•
Organisation und Unterstützung von Workshops für Reviewautoren oder andere Mitarbeiter der Cochrane Collaboration
-
•
Unterstützung von Reviewgruppen durch Koordination der internationalen Zusammenarbeit von Gruppen mit gleich gelagerten Interessen
-
•
Ausbau der Literaturdatenbank zu kontrollierten klinischen Studien (CENTRAL)
-
•
Hilfestellung für Öffentlichkeit, Vertreter und Nutzer des Gesundheitswesens, Politiker und Medien bei Fragen zur Cochrane Library
-
•
Hilfe bei der Entwicklung der Methodik für die Erstellung und Aktualisierung systematischer Reviews sowie der dazu benötigten Software
1.2.3
Die Cochrane Library
-
•
Cochrane-Reviews (CDSR): In CDSR (Cochrane Database of Systematic Reviews)dieser Datenbank finden sich alle von der Cochrane Collaboration erstellten systematischen Übersichtsarbeiten (7.534 Cochrane-Reviews und 2.565 Protokolle, Stand: 4/2018). Diese systematischenReviews, systematischeCochrane Collaboration Übersichtsarbeiten entsprechen höchsten methodischen Standards und werden regelmäßig aktualisiert, indem neue, nach Fertigstellung des Reviews erschienene Studien in eine erneute metaanalytische Auswertung einbezogen werden. In der CDSR sind außerdem Protokolle enthalten, in denen das Design (z B. Ein- und Ausschlusskriterien, statistische Auswertung) geplanter Reviews detailliert beschrieben wird. Wegen des mit der Fertigstellung eines Reviews verbundenen Arbeitsaufwands und der zeitaufwendigen Begutachtung kann die Fertigstellung mitunter jedoch längere Zeit in Anspruch nehmen.
-
•
Clinical Trials (CENTRAL): Das Cochrane CENTRAL (Cochrane Central Register of Controlled Trials)Central Register of Controlled Trials enthält eine sehr umfangreiche bibliografische SammlungStudienCentral Register of Controlled Trials von RCTs (Stand 04/2018 1.130.500 Einträge), die mittels elektronischer Datenbanken (z. B. MEDLINE®, Embase®, PsychLIT) und durch Handsuche identifiziert wurden, sowie Studien, die nur in Kongressberichten oder anderen, nicht in elektronischen Medien erfassten Quellen veröffentlicht sind. Somit ist CENTRAL neben MEDLINE® und Embase® eine wichtige Datenbank für Recherchen zur Wirksamkeit von Therapien. CENTRAL enthält mehr als doppelt so viele Einträge wie MEDLINE®, ist allerdings keine Volltextdatenbank, sondern liefert nur Titel, Zeitschrift und ggf. Abstract sowie weitere bibliografische Daten.
Resümee
Die Cochrane Collaboration (www.cochrane.org) hat durch ihre systematischen Reviews Standards in der evidenzbasierten Medizin gesetzt. Ihr Hauptanliegen ist die Erstellung, Verbreitung und regelmäßige Aktualisierung von systematischen Übersichtsarbeiten. In einer elektronischen Datenbank sind diese Reviews, eine Sammlung von randomisierten kontrollierten Studien und umfassende Bewertungen medizinischer Technologien und deren Kosten-Nutzen-Relation leicht abrufbar.
1.3
Qualitätsbeurteilung in der evidenzbasierten Medizin
1.3.1
Interne Validität
1.3.2
Externe Validität (Übertragbarkeit)
1.3.3
Statistische Methodik
Nicht-metrisch definierte Erfolgsmaße
Metrisch definierte Erfolgsmaße
Resümee
Eine Studie gilt als intern valide, wenn sichergestellt ist, dass ein ausgewiesener Therapieerfolg auf die Behandlung zurückführbar und nicht durch andere Einflussgrößen bedingt ist. Um dies zu gewährleisten, sollten die Patienten einer klinischen Studie den Behandlungsgruppen zufällig zugeteilt werden (Randomisierung), die Evaluierung des Therapieerfolgs sollte nicht durch das Wissen um die Gruppenzugehörigkeit beeinflusst sein (Verblindung), und bei der Auswertung der Daten sollten Studienabbrecher berücksichtigt werden (Intention-to-Treat-Analyse). Um beurteilen zu können, inwieweit die Ergebnisse einer Studie verallgemeinerbar sind (externe Validität), müssen die untersuchten Patienten in allen relevanten Parametern genau beschrieben werden. Der statistischen Validität ist durch ausreichende Gruppengrößen, die korrekte Anwendung statistischer Verfahren und den Einsatz valider und reliabler Messinstrumente Rechnung zu tragen.
1.4
Systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen
1.4.1
Systematische Übersichtsarbeiten
1.4.2
Metaanalysen
1.4.3
HTA-Berichte
Resümee
Therapieempfehlungen in der EbM basieren häufig auf systematischen Übersichtsarbeiten, die mit einer objektivierbaren wissenschaftlichen Methodik erstellt wurden und damit replizierbar sind. Im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit kann bei ausreichendem Datenmaterial eine Metaanalyse durchgeführt werden. Unter einer Metaanalyse versteht man die quantitative Zusammenfassung einzelner Studienergebnisse mit statistischen Methoden. HTA-Berichte decken neben dem medizinisch-klinischen Bereich auch ökonomische und soziale Implikationen ab.
1.5
Integration qualitätsgesicherter Übersichtsarbeiten in das Lehrbuch und ihre Aktualisierung

1.6
Evidenzbasierte Medizin (EbM): „up to date“ im klinischen Alltag
1
Nach dem englischen Begriff „evidence-based medicine“ (engl. „evidence“, Beleg) wird der deutsche Begriff „Evidenz“ im Folgenden synonym zum englischen Sprachgebrauch verwendet.
1.7
Evidenzbasierte Medizin in der Praxis
-
•
Problemdefinition: Der aus der Praxis entstandene Informationsbedarf wird als klinische Frage formuliert, die mindestens drei bzw. vier Komponenten enthalten muss:
-
–
Die genaue Definition des Patientenproblems
-
–
Die zur Frage stehende Intervention (diagnostischer Test, Therapieform, prognostischer Faktor, präventive Maßnahme o. Ä.)
-
–
Fakultativ zum Vergleich herangezogene Alternativen
-
–
Die Definition des jeweils intendierten Ergebnisses
-
-
•
Literatursuche: Mit EbM (evidenzbasierte Medizin)Literatursuchemaximaler Effizienz wird die beste Evidenz ausfindig gemacht, um diese Fragen zu beantworten (im Idealfall ein systematischer Review der Cochrane Collaboration oder mehrere RCTs, aber auch Evidenz aus methodisch weniger aussagekräftigen Studien oder Fallberichten, Tab. 1.1).
-
•
Bewertung: Es folgt dieEbM (evidenzbasierte Medizin)kritische Bewertung der Evidenz (critical appraisal) kritische Überprüfung der Validität (Nähe zur Wahrheit) und Relevanz (Praktikabilität) der aufgefundenen Evidenz mit epidemiologisch-statistischen Methoden („critical appraisal“; Graduierung Critical Appraisalder Evidenz Tab. 1.1).
-
•
Integration: DieEbM (evidenzbasierte Medizin)Integration der Evidenz Ergebnisse der Überprüfung werden in das klinische Handeln integriert, wobei hier sowohl objektivierbare („Ist die aufgefundene Evidenz auf den jeweiligen Patienten anwendbar?“) als auch subjektive Kriterien („Lässt sich die aufgefundene Evidenz mit den Wertvorstellungen und Wünschen des Patienten in Einklang bringen?“) Anwendung finden.
-
•
Evaluation: eine sorgfältige, kritische Betrachtung der eigenen erbrachten Leistungen und Ergebnisse der klinischen Arbeit und Praxis der evidenzbasierten Medizin.
1.7.1
Problemdefinition
Fallbeispiel
Ein 52-jähriger Patient mit Alkoholabhängigkeit, der vor 2 Tagen aus einer qualifizierten Entzugsbehandlung entlassen wurde, meldet sich im Rahmen der nachstationären Termine telefonisch bei der Assistenzärztin der psychiatrischen Fachklinik. Sein Hausarzt habe die durch sie empfohlene Medikation mit Acamprosat (Campral®) in Zweifel gezogen und gesagt, seiner Erfahrung nach habe das noch nie einem Patienten geholfen, trocken zu bleiben. Er habe ihm geraten, das teure und wahrscheinlich nutzlose Medikament nicht weiter einzunehmen. Die Assistenzärztin möchte ihren Patienten bei der Argumentation gegenüber seinem Hausarzt unterstützen. Dazu formuliert sie eine recherchierbare Frage. Im ersten Schritt werden die Kernelemente der Frage genau definiert; sie notiert sich die Alkoholabhängigkeit als die behandlungsbedürftige Erkrankung, Verabreichung von Acamprosat als die vorzunehmende Intervention und Rückfallrate als relevantes Ergebnis. Die Assistenzärztin vereinbart einen Termin mit ihrem Patienten am nächsten Tag und befragt ihren zuständigen Oberarzt zum Thema. Der sagt, dass man das nicht so vereinfacht sehen könnte, wahrscheinlich verwende der Hausarzt das Medikament nicht richtig, aber die Ärztin solle doch ruhig mal „im Internet“ recherchieren, was man dem Hausarzt mitteilen könne. Eine spontane Internetrecherche liefert als einzigen mit Literatur hinterlegten Hinweis eine Publikation eines pharmakakritischen Fachmagazins (www.arznei-telegramm.de), das die Position des Hausarztes zu stützen scheint. Bei genauerer Betrachtung stammt die Publikation jedoch aus dem Jahr 2002 und ist – obwohl noch immer auf der ersten Seite der Rechercheergebnisse verfügbar – wahrscheinlich veraltet. Die EbM-erfahrene Ärztin beschließt, eine präzisere Literatursuche durchzuführen.
1.7.2
Literatursuche
-
•
Primärliteratur-Datenbank: Primärliteratur-DatenbankenElektronische Datenbanken ermöglichen eine schnelle Literatursuche. Die bekannteste medizinische Datenbank ist MEDLINE® mit MEDLINE®mehreren kostenfreien Zugangsangeboten im Internet. Am häufigsten wird der Zugang über die Homepage der National Library of Medicine (www.ncbi. nlm.nih.gov) genutzt. National Library of MedicineVorteilhafter für deutsche Benutzer ist das Angebot über das DIMDI (www.dimdi.de/dynamic/en/db/recherche/index.htm), da das Institut direkt an das deutsche Bibliotheksnetz angeschlossen ist. Zu beachten ist, dass sich Datenbanken jeweils nur auf einen Teil der veröffentlichten Zeitschriften beschränken und somit nicht unbedingt alle Studien zu einem Thema gefunden werden können. Fehlerhafte Indexierung (d. h. nicht korrekt verwendete Schlagwörter) sowie komplizierte Bedienung führen außerdem zu einer Verringerung der Trefferquote (Retrieval-Bias). Auch die Retrieval-BiasLiteratursuche über Google kann aufgrund des Zugriffs auf wissenschaftliche Datenbanken ausdrücklich empfohlen werden.
-
•
Sekundärliteratur: In SekundärliteraturZeitschriften der Sekundärliteratur werden Artikel nach methodologischen Gesichtspunkten aus einer Reihe von Fachzeitschriften ausgewählt, zusammengefasst und dem Leser – mit einem Kommentar versehen – zur Verfügung gestellt. Ein Beispiel für eine Zeitschrift, die auch psychiatrische Fachliteratur berücksichtigt, ist Evidence-based Medicine (auch auf CD-ROM), in der zudem alle ausgewählten Originalartikel in eine standardisierte Struktur gebracht werden. Somit können Thematik, Ergebnis und Validität einer Arbeit schnell beurteilt werden. Zwei weitere entsprechend strukturierte psychiatrische Fachzeitschriften sind Evidence-based Mental Health und Current Opinion in Psychiatry. Zu beachten ist jedoch, dass jeweils nur eine Auswahl von Fachzeitschriften berücksichtigt wird (Selektionsbias). Auch viele Selektionsbiasdeutschsprachige Zeitschriften (z. B. Info Neurologie und Psychiatrie) haben für ihren Journal-Club-Teil inzwischen eine strukturierte Form gewählt, unterliegen jedoch derzeit im Hinblick auf die Standardisierung der Berichte und die Qualitätsbewertung der Studien noch keiner strikten Qualitätskontrolle.
-
•
Systematische Übersichtsarbeiten: Reviews, systematischeIdentifizierungHerkömmliche Übersichtsarbeiten fassen Forschungsergebnisse zusammen und bewerten sie in einer kritischen Diskussion. Die Arbeiten sind hinsichtlich Studienauswahl, Vollständigkeit und angewendeter methodischer Verfahren jedoch von höchst unterschiedlicher Qualität (zur Einschätzung der methodischen Güte von systematischen Übersichtsarbeiten Kap. 1.4). Die Möglichkeiten, die für eine Fragestellung relevante Literatur schnell zu finden, sind nach wie vor eingeschränkt. Einerseits hat das World Wide Web zur erheblich beschleunigten Verbreitung wissenschaftlicher Informationen geführt. Andererseits sind Aspekte der Qualitätssicherung (z. B. Validität der vorhandenen Information, Urheberkennzeichnung oder Hinweise auf mögliche Interessenkonflikte) im Cyberspace oft wesentlich seltener vorhanden als in der gedruckten Literatur. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistet, wie eingangs beschrieben, die Cochrane Collaboration.
Eine weitere wichtige Initiative, die hier beispielhaft erwähnt werden soll, ist Health On the NetHealth On the Net (HON) (HON, www.hon.ch), die ein Zertifikat für medizinische Internetseiten vergibt, die bestimmten Qualitätsvorgaben (z. B. Offenlegung von Interessenkonflikten) genügen. Als weiteres Suchportal für EbM ist TRIP DatabaseTRIP Database (www.tripdatabase.com) äußerst hilfreich.
Fallbeispiel
Forts.
1.7.3
Kritische Bewertung der aufgefundenen Evidenz
Box 1.1
Kontrollfragen zur Überprüfung der Validität und Relevanz systematischer Übersichtsarbeiten (modifiziert nach Kunz et al. 2007)
-
•
Sind die Ergebnisse der systematischen Übersichtsarbeit glaubwürdig (valide)? Reviews, systematischeValiditätskriterienBehandelt die Übersichtsarbeit eine genau umschriebene klinische Fragestellung?
-
–
Sind die Ein- und Ausschlusskriterien, nach denen Studien berücksichtigt wurden, detailliert aufgeführt?
-
–
Wie wahrscheinlich ist es, dass relevante Studien nicht berücksichtigt wurden (PublikationsbiasPublikationsbias)?
-
–
Welche Suchstrategien wurden angewandt, um unveröffentlichte Studien aufzufinden?
-
–
Wurde die Validität der eingeschlossenen Studien überprüft?
-
–
Ist die Vorgehensweise, wie die Studien überprüft wurden, reproduzierbar?
-
-
•
Wie lauten die Ergebnisse der systematischen Übersichtsarbeit?
-
–
Was sind die Ergebnisse der Übersichtsarbeit?
-
–
Wie exakt sind die Ergebnisse (KonfidenzintervalleKonfidenzintervall)?
-
–
Sind die Ergebnisse von Studie zu Studie konsistent?
-
-
•
Sind die Ergebnisse für die Behandlung meiner Patienten nützlich (relevant)?
-
–
Sind die Behandlungseffekte allgemein bedeutsam?
-
–
Wie groß war der Effekt der Intervention (z. B. NNT)?
-
–
Wurden wichtige Endpunkte (Mortalität, Morbidität, Lebensqualität) berücksichtigt?
-
–
Sind die Behandlungseffekte für meinen Patienten nützlich?
-
–
Wäre mein Patient in die Studien eingeschlossen worden?
-
-
–
Können die Ergebnisse auf den Patienten übertragen werden?
-
–
Lohnt es sich, für die absehbaren Behandlungseffekte die möglichen Nebenwirkungen und Kosten in Kauf zu nehmen?
-
Fallbeispiel
Forts.
1.7.4
Integration der aufgefundenen Evidenz in die klinische Arbeit
Fallbeispiel
Forts.
1.7.5
Evaluation der ärztlichen Leistung
Fallbeispiel
Forts.
1.8
Schlussfolgerungen
Resümee
Im klinischen Alltag sollten medizinische Entscheidungen auf der Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse getroffen werden. Ein sinnvolles Konzept, die individuelle medizinische Entscheidungsfindung durch den systematischen Rückgriff auf die wissenschaftliche Literatur anzugehen, ist ein Vorgehen im Sinne von EbM. Darunter versteht man die gewissenhafte und vernünftige Anwendung der besten zurzeit vorhandenen wissenschaftlichen Evidenz in Kombination mit individueller klinischer Erfahrung. Die einzelnen Schritte des praktischen Vorgehens sind: Problemdefinition, Literatursuche, Bewertung, Integration und Evaluation. EbM gibt dem klinisch tätigen Mediziner die Möglichkeit, die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse kontinuierlich in die medizinische Praxis zu integrieren. Ein effizienter Einsatz dieses Konzepts erfordert jedoch die Erfüllung einiger Bedingungen, vor allem die Bereitschaft zu einem Umdenken hinsichtlich Ablauf und Organisation der bisherigen medizinischen Praxis.
Literatur
Die Literatur zu diesem Kapitel finden Sie auf der Homepage zu diesem Buch unter http://else4.de/literatur-kap1.



Literatur
1.1 Wie kann man ein Lehrbuch „evidenzbasieren“?
BMJ, 2004
Jüni and Egger, 2001
Kunz et al., 2007
1.2 Die Cochrane Collaboration
Bassler, 2003
1.3 Qualitätsbeurteilung in der evidenzbasierten Medizin
Cohen, 1977
Jüni and Egger, 2001
Windeler, 2008
Zimmermann et al., 2002
1.4 Systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen
Antes and Küllenberg de Gaudry, 2017
Atakop and Vassar, 2016
Bassler and Egger, 2001
Blümle and Antes, 2008
Dwan et al., 2013
1.5 Integration der ÜBersichtsarbeiten in das Lehrbuch
Evidenzbasierte,
1.7 Evidenzbasierte Medizin in der Praxis
Kunz et al., 2007
Sackett et al., 1997
Literaturrecherche: Elektronische Quellen
Statement,
Statement CONSORT Statement: www.consort-statement.org.Deutschsprachige Quellen zur Methodik klinischer Studien und zu den Prinzipien der Evidenzbasierung
Deutschsprachige Quellen zur Methodik klinischer Studien und zu den Prinzipien der Evidenzbasierung: www.ebm-netzwerk.de.DIMDI
DIMDI: Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (www.dimdi.de/dynamic/en/db/recherche/index.htm).Dokumentenlieferdienst im Internet
Dokumentenlieferdienst im Internet: (z.B. www.subito-doc.de.Homepage,
Homepage der National Library of MedicineHomepage der National Library of Medicine (MEDLINE®: www.ncbi.nlm.nih.gov).Bundesausschuss
Gemeinsamer Bundesausschuss: www.g-ba.de.GRADE Centre Freiburg
GRADE Centre Freiburg: www.cochrane.de/de/ressourcen/freiburg-grade-center.Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin (IQWiG)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin (IQWiG). www.iqwig.de.TRIP,
TRIP TRIP: Turning Research Into Practice (www.tripdatabase.com).Workshops/Informationen
Deutsches Cochrane Zentrum
Deutsches Cochrane Zentrum, Institut für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik, Universitätsklinikum Freiburg, Berliner Allee 29, D-79110 Freiburg i. Br. (www.cochrane.de).Deutsches Netzwerk
Deutsches Netzwerk für evidenzbasierte Medizin, DNEBM e.V.(www.ebm-netzwerk.de).Centre,
Centre for Centre for Evidence-based Mental Health (www.cebmh.warne.ox.ac.uk/cebmh/cebmh.htm).Zeitschriften, die ihre Beiträge Nach EbM-Kriterien auswählen
Evidence-based
Evidence-based Medicine und Evidence-based Mental Health (Sekundärpublikationen mit standardisierten Zusammenfassungen valider Studien, beides BMJ-Publikationen)
Current Opinion
Current Opinion in Psychiatry (Übersichten über die relevante Literatur der einzelnen Fachgebiete)
Rapid
Rapid Science Publishers
Systematische Cochrane-Reviews (www.cochrane.de)
Leucht et al., 2012
Macritchie et al., 2001
Rösner et al., 2010