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978-3-437-21833-0
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Schematische Darstellung des diagnostischen Vorgehens bei V. a. ReizdarmsyndromReizdarmsyndrom
(nach Jones et al. 2000) [L106]

Auswirkungen einer Sigmastimulation auf die mittlere rektale Wahrnehmungsschwelle für Schmerz bei Kontrollpersonen und RDS-Patienten. Angaben in mmHg im rektalen BallonReizdarmsyndromrektale Sensitivität
(nach Munakata 1997). [L106]

Unterschiede in SCL-Scores (Somatisierung und Depression), FPI-Scores (Emotionalität und Gesundheitssorgen) und Anzahl negativer Lebensereignisse zwischen Patienten mit funktionellen Bauchbeschwerden, die nicht zum Arzt gehen, Patienten, die zum Arzt gehen, und symptomfreien Kontrollpersonen
(nach Herschbach et al. 1999) [L106]

Willkürliches Atemanhalten bei Patienten mit idiopathischer HyperventilationHyperventilation(ssyndrom) und Kontrollpersonen; bei Raumluft und unter 100 % O2
(nach Jack et al. 2004) [L106]

Liste der funktionellen Störungen des Gastrointestinaltrakts nach den Kriterien der Rom-II-Konferenz (Gastrointestinale Erkrankungen, funktionelleEinteilung Kriterien Rom-II-Konferenz)Drossman 2000)
A | Im Bereich des Ösophagus | |
A1: | Globusphänomene | |
A2: | Ruminieren | |
A3: | Funktionelle Thoraxschmerzen mit wahrscheinlich ösophagealem Ursprung | |
A4: | Funktionelles Sodbrennen | |
A5: | Funktionelle Dysphagie | |
A6: | Unspezifische funktionelle Störungen | |
B | Gastroduodenale Störungsbilder | |
B1: | Funktionelle Dyspepsie | |
B2: | Aerophagie | |
B3: | Funktionelles Erbrechen | |
C | Darmstörungen | |
C1: | Reizdarmsyndrom (Irritable Bowel Syndrome) | |
C2: | Funktionelles aufgeblähtes Abdomen | |
C3: | Funktionelle Verstopfung | |
C4: | Funktionelle Diarrhö | |
C5: | Unspezifische … | |
D | Funktionelle Bauchschmerzen | |
D1: | Funktionelles Bauchschmerzsyndrom | |
D2: | Unspezifische … | |
E | Funktionelle Störungen der Gallenwege und des Pankreas | |
E1: | Funktionsstörungen der Gallenblase | |
E2: | Funktionsstörungen des Sphinkter Oddi | |
F | Anorektale Störungen | |
F1: | Funktionelle Stuhlinkontinenz | |
F2: | Funktionelle anorektale Schmerzen | |
F3: | Beckenboden-Koordinationsstörungen | |
G | Funktionelle Störungen | |
G1: | Erbrechen | |
G2: | Bauchschmerzen | |
G3: | Funktionelle Diarrhö | |
G4: | Störungen der Defäkation |
Schweregradeinteilung von Patienten mit Reizdarmsyndrom nach Drossman und Thompson (1992)ReizdarmsyndromSchweregradeinteilung
Klinischer Schweregrad | |||
Charakteristika | mild | mäßig | schwer |
Prävalenz (%) | 70 | 25 | 5 |
Versorgungstyp | Primärversorgung (Hausarzt) | Sekundärversorgung (Spezialist) | Tertiärzentrum |
Persistenz der Symptome | 0 | + | +++ |
Störung alltäglicher Aktivitäten | 0 | + | +++ |
Ausprägung Krankheitsverhalten | 0 | + | +++ |
Psychiatrische Auffälligkeiten | 0 | + | +++ |
Somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen
-
•
Somatische BelastungsstörungSomatische BelastungsstörungSomatoforme StörungenKlassifikation
-
•
KrankheitsangststörungKrankheitsangststörung (früher: HypochondrieHypochondrie/hypochondrische StörungenKrankheitsangststörung)
-
•
KonversionsstörungKonversionsstörungen/-syndrome (Störung mit funktionellen neurologischen Symptomen)
-
•
Psychologische Faktoren, die eine körperliche Krankheit beeinflussen
-
•
Vorgetäuschte Störung
-
•
Andere näher bezeichnete somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen
-
•
Nicht näher bezeichnete somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen
Definition der somatoformen Störungen nach ICD-10
Somatoforme Störungen ICD-10-Definition
-
•
Das Charakteristikum somatoformer StörungenICD-10somatoforme Störungen ist die wiederholte Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar sind.
-
•
Sind aber irgendwelche körperlichen Symptome vorhanden, dann erklären sie nicht die Art und das Ausmaß der Symptome oder das Leiden und die innerliche Beteiligung des Patienten.
-
•
Das zu erreichende Verständnis für die körperliche oder psychische Verursachung der Symptome ist häufig für Patienten und Arzt enttäuschend.
Funktionelle Störungen, für die in den letzten Jahren Übersichtsartikel veröffentlicht wurden
Die nachfolgende Liste ist nach der Anzahl der Übersichtsartikel geordnet (aus Henningsen et al. 2007): Somatoforme Störungenfunktionelle Syndrome
-
•
Reizdarmsyndrom (RDS)Irritable Bowel Syndrome Reizdarmsyndrom
-
•
Chronic-Fatigue-SyndromChronic-Fatigue-Syndrom
-
•
FibromyalgieFibromyalgie(-Syndrom)
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Multiple Chemical Sensitivity Multiple Chemical Sensitvity
-
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Unspezifische ThoraxschmerzenThoraxschmerzenunspezifische
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•
Prämenstruelles SyndromPrämenstruelles Syndrom
-
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Non-Ulcer Dyspepsia Dyspepsie funktionelle
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Repetitive Strain Injury (dt. meist SehnenscheidenentzündungSehnenscheidenentzündung)
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SpannungskopfschmerzenSpannungskopfschmerz
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KiefergelenkerkrankungenKiefergelenkerkrankungen
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Untypischer GesichtsschmerzGesichtsschmerz
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HyperventilationssyndromHyperventilation(ssyndrom)
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Globus-SyndromGlobusgefühl
-
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Gebäudebezogene Sick-Building-SyndromGebäudebezogene KrankheitenKrankheiten (Sick-Building-Syndrom)
-
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Chronische BeckenschmerzenBeckenbeschwerden/-schmerzenchronische
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Chronisches SchleudertraumaSchleudertrauma, chronisches
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Chronische BorrelioseBorreliose, chronische
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Störungen bei Silikonimplantaten in der BrustSilikonimplantate
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Candida-HypersensitivitätCandida-Hypersensitivität
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Nahrungsmittel-„Allergie“ Nahrungsmittelallergien
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GolfkriegsyndromGolfkriegsyndrom
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MitralklappenprolapsMitralklappenprolaps
-
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HypoglykämieHypoglykämie
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Chronische RückenschmerzenRückenschmerzenchronische
-
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SchwindelSchwindel
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•
Interstitielle ZystitisZystitis, interstitielle
-
•
TinnitusTinnitus
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(Epileptische) PseudoanfällePseudoepileptische Anfälle
-
•
InsomnieInsomnien
Definition der Somatisierungsstörung und der undifferenzierten somatoformen Störung nach ICD-10
Somatisierungsstörung (ICD-10; F45.0)
-
1.
Mindestens 2 Jahre anhaltende multiple und unterschiedliche körperliche Symptome, für die keine ausreichende somatische Erklärung gefunden wurde
-
2.
Hartnäckige Weigerung, den Rat oder die Versicherung mehrerer Ärzte anzunehmen, dass für die Symptome keine körperliche Erklärung zu finden ist
-
3.
Eine Beeinträchtigung familiärer und sozialer Funktionen durch die Art der Symptome und das daraus resultierende Verhalten
-
4.
Insgesamt sechs oder mehr Symptome aus einer Liste von 14 Beschwerden, die dem gastrointestinalen, dem kardiovaskulären, dem urogenitalen und dem Haut- und Schmerzbereich zugeordnet sind. Dabei sollten die Symptome mindestens in zwei verschiedenen Bereichen auftreten.
Undifferenzierte somatoforme Störung (ICD-10; F45.1)
-
•
Die Kriterien 1 und 2 der Somatoforme StörungenundifferenzierteSomatisierungsstörung sind erfüllt, außer dass die Dauer der Störung hier nur mindestens 6 Monate beträgt.
-
•
Eines der beiden Kriterien 3 und 4 ist unvollständig erfüllt.
Definition der hypochondrischen Störung nach ICD-10
-
A.
Entweder (1) oder (2): Hypochondrie/hypochondrische StörungenDefinition
-
i.
Eine mindestens 6 Monate anhaltende Überzeugung, an höchstens zwei schweren körperlichen Krankheiten (von denen mindestens eine speziell von den Patienten benannt sein muss) zu leiden
-
ii.
Anhaltende Beschäftigung mit einer vom Betroffenen angenommenen Entstellung oder Fehlbildung (dysmorphophobe StörungDysmorphophobe Störung)
-
-
B.
Die ständige Sorge um diese Überzeugung und um die Symptome verursacht andauerndes Leiden oder eine Störung des alltäglichen Lebens und veranlasst die Patienten, um medizinische Behandlungen oder Untersuchungen (oder entsprechende Hilfe von Laienheilern) nachzusuchen.
-
C.
Hartnäckige Weigerung, die medizinische Feststellung zu akzeptieren, dass keine ausreichende körperliche Ursache für die körperlichen Symptome bzw. Entstellungen vorliegt. Akzeptanz der ärztlichen Mitteilung allenfalls für Zeiträume bis zu einigen Wochen oder unmittelbar nach einer medizinischen Untersuchung.
Rom-III-Kriterien des Reizdarmsyndroms (RDS)
Reizdarmsyndrom Rom-III-Kriterien Zumindest 3 Tage pro Monat in den letzten 3 Monaten wiederkehrende Bauchbeschwerden oder Schmerzen, die vor mindestens 6 Monaten begannen und zwei Charakteristika zeigen:
-
•
Schmerzabnahme mit Stuhlgang und/oder
-
•
Beginn der Beschwerden assoziiert mit einer Veränderung der Stuhlfrequenz und/oder
-
•
Beginn der Beschwerden assoziiert mit einer Veränderung der Stuhlkonsistenz
Symptome, die häufig vorkommen, aber nicht zu den diagnostischen Kriterien gehören:
-
•
Veränderte Stuhlfrequenz (> 3-mal/Tag oder < 3-mal/Woche)
-
•
Veränderte Stuhlkonsistenz (harter kompakter Stuhl oder dünner bis wässriger Stuhl)
-
•
Veränderter Defäkationsprozess (Pressen, Stuhldrang, Gefühl einer unvollständigen Entleerung)
-
•
Absetzen von Schleim
-
•
Blähungen oder Gefühl eines aufgetriebenen Abdomens
Funktionelle Störungen – somatoforme Störungen
-
66.1
Neue Entwicklungen in der Diagnostik der somatoformen Störungen: DSM-5724
-
66.2
Begriffsdefinition nach ICD-10 und DSM-IV725
66.2.1
Grenzen der ätiologischen Modelle726
-
66.3
Eine Kasuistik727
-
66.4
Ein integriertes Modell somatoformer Störungen729
66.4.1
Vorbemerkungen729
66.4.2
Einführung in ein integriertes psychosomatisches Modell somatoformer Störungen730
66.4.3
Grundannahmen auf der Ebene des Merkens: Wahrnehmen als aktiver Prozess730
66.4.4
Grundannahmen auf der Ebene der Bedeutungserteilung731
66.4.5
Teufelskreisprozesse innerhalb des Funktionskreismodells731
66.4.6
Allgemeine Behandlungsprinzipien und die Grenzen des semiotischen Modells732
66.4.7
Die Interaktion von Arzt und Patient bei somatoformen Störungen736
66.4.8
Zur Entstehung inkongruenter Realitäten zwischen Arzt und Patient736
66.4.9
Grundlagen der Behandlung somatoformer Störungen737
-
66.5
Multiple körperliche Beschwerden ohne ausreichende organische Veränderungen: undifferenzierte somatoforme Störung und Somatisierungsstörung (ICD-10: F45.0, F45.1)737
-
66.6
Die hypochondrische Störung (ICD-10: F45.2)740
-
66.7
Funktionelle gastrointestinale Erkrankungen Mit einem Teilbeitrag von Lukas Degen741
-
66.8
Funktionelle Störungen des respiratorischen Systems (ICD-10: F45.33)753
-
66.9
Funktionelle Störungen des kardiovaskulären Systems (ICD-10: F45.30)756
66.1
Neue Entwicklungen in der Diagnostik der somatoformen Störungen: DSM-5
-
•
A-Kriterium: Es bestehen eines (!) oder mehrere somatische Symptome, die belastend sind oder zu erheblichen Einschränkungen in der alltäglichen Lebensführung führen.
-
•
B-Kriterium: Es lassen sich exzessive Gedanken, Gefühle oder Verhaltensweisen konstatieren, die sich auf die somatischen Symptome oder damit einhergehende Gesundheitssorgen beziehen. Sie drücken sich in mindestens einem der folgenden Merkmale aus:
-
a.
Unangemessene und andauernde Gedanken bezüglich der Ernsthaftigkeit der vorliegenden Symptome
-
b.
Anhaltende stark ausgeprägte Ängste in Bezug auf die Gesundheit oder die Symptome
-
c.
Exzessiver Aufwand an Zeit und Energie, die für die Symptome oder der Gesundheitssorgen aufgebracht werden
-
-
•
C-Kriterium: Der Zustand der Symptombelastung hält typischerweise länger als 6 Monate an.
66.1.1
Hauptdiagnosen
Krankheitsangststörung (früher: Hypochondrie)
Konversionsstörung (Störung mit funktionell neurologischen Symptomen)
Psychologische Faktoren, die eine körperliche Krankheit beeinflussen
Vorgetäuschte Störungen
Andere näher bezeichnete somatische Belastungsstörungen und verwandte Störungen
66.1.2
Konsequenzen des revidierten Diagnosesystems DSM-5
66.2
Begriffsdefinition nach ICD-10 und DSM-IV
„Sie haben wunderliche Einbildungen, als wenn sie mit Krankheiten befallen wären, von denen sie gänzlich frey sind, sie glauben, die Zufälle, darüber sie sich beklagen, wären ebenso gefährlich, als sie ihnen selbst beschwerlich sind; und oft sind sie auf diejenigen böse, die sie überführen wollen, dass sie sich irren.“
Whytt (1766)
Die Bedeutung der Beschwerden für den Patienten wird vom Arzt nicht geteilt. Ein zentrales Element somatoformer Störungen ist also die Beziehungsstörung zwischen Arzt und Patient.
66.2.1
Grenzen der ätiologischen Modelle
„Über dieses ganze Gebiet herrschte nun unter Spezialisten wie unter gewöhnlichen Praktikern eine fürchterliche und ganz wunderbare Verwirrung der Ansichten; diese funktionellen nervösen Symptome sind – um mich in Kürze auszudrücken, jedesmal unseren Händen entglitten, sooft wir versucht haben, sie zu fassen und der Wissenschaft einzuverleiben. Daher ist es gekommen, dass Entmutigung und Abneigung und ein Geist von Skeptizismus, der die höchste Form der Leichtgläubigkeit darstellt, bei den Ärzten Platz griff und sie verleitete, das Vorhandensein solcher Symptome überhaupt zu leugnen, gerade wie sie ehedem die Existenz von Diphtherie und Heufieber geleugnet haben. Neurasthenie ist in der Tat das medizinische Zentralafrika – ein unerforschtes Land, das nur wenige betreten und dessen Schilderungen weder Glauben noch Verständnis gefunden haben.“
Beard (1883)
66.3
Eine Kasuistik
Patientengeschichte 1
(Die Krankengeschichte folgt dem Duktus des Pat.; sie wurde nicht nachträglich an die ärztlichen Ordnungsschemata einer typischen Anamnese angeglichen.)
Der Pat. Herr R., geboren 1948, wird erstmalig im Dezember 1996 vom Hausarzt an die Ambulanz der Psychosomatischen Abteilung überwiesen, um klären zu lassen, ob für ihn die Teilnahme an einer Gruppe in einem Entspannungsverfahren für Angstpatienten sinnvoll wäre. Er berichtet von vielfältigen körperlichen Beschwerden, für die man bisher keine Ursache gefunden habe. „Alles hat 1995 mit Halsweh begonnen; ich war bei verschiedenen HNO-Spezialisten. Zwei wollten wegen Krebsverdacht Gewebe entnehmen; der Herr Prof. B. hat dann in einem CT zwei gutartige Zysten entdeckt.“ Gleichzeitig habe er massive Magenbeschwerden entwickelt, dazu einen ständig aufgeblähten Bauch. Zunächst habe er ja angenommen, dass das von der Verdauung komme, dann aber auf dem Glied einen weißlichen Belag entdeckt und selbst einen Pilz diagnostiziert, den er mit einer Salbe seines Sohnes (gegen Fußpilz) behandelt habe. Ungefähr zu dieser Zeit habe er Jucken und Brennen am rechten Oberarm verspürt, dies dem Hausarzt mitgeteilt, der ihm Antihistaminika und eine Creme verschrieben habe.
Kurze Zeit später habe seine Frau ihn mit einer Grippe angesteckt, woraufhin er Antibiotika bekommen habe. Zwei Tage nach Einnahme der Antibiotika habe er Candida im Mund entwickelt; der erste HNO-Arzt habe Fluconazol verschrieben. Danach hätten die Magen- und Bauchbeschwerden zugenommen; auf sein Drängen hin sei er gastroskopiert worden. Ergebnis: Helicobacter pylori. Auf die dann verschriebenen Antibiotika habe er mit einer himbeerroten Verfärbung und Schwellung der Zunge reagiert. Wegen wiederholt positiver Atemtests habe man einen zweiten und schließlich einen dritten Eradikationsversuch unternommen. Diese hätten Mundtrockenheit, schwarz belegte Zunge und trockene Nasenschleimhäute bewirkt, jedoch keine erfolgreiche Eradikation. Der Hausarzt habe im Übrigen die Vierfachtherapie mit den Worten verschrieben: „Herr R., das wird jetzt eine richtige Rosskur, aber damit packen wir die Käfer sicher!“
Er habe dann den Hausarzt gewechselt. Der neue Arzt habe ihn entsetzt angeschaut und gesagt: „Da hat man Ihnen oben und unten alles kaputt gemacht!“ Er empfahl Akupunktur und eine spezielle Diät, bei der er ausschließlich Weißbrot und Wasser habe zu sich nehmen dürfen. Dies sei der Durchbruch gewesen; nun störten ihn nur noch die trockenen Schleimhäute und die Halsschmerzen. Auf Befragen werden allerdings weitere Befunde mitgeteilt: ständig erhöhte Körpertemperatur, Hitzegefühl im Kopf, geschwollene Lymphknoten in der Leiste und am Hals, Atembeschwerden. In den letzten Wochen habe er zudem mehrmals Schwindelanfälle erlitten, sei auch ohnmächtig gewesen und auf die Notfallstation eingewiesen worden. In der Medizinischen Poliklinik habe man ihm demonstriert, dass Schwindel und Atembeschwerden durch Hyperventilation ausgelöst seien; man habe ihm das Versprechen abnehmen wollen, keine weiteren Ärzte aufzusuchen. Er sei aber doch noch einmal zu Prof. B. gegangen, der allerdings neben den oben beschriebenen Zysten nichts Neues habe finden können.
Aus seiner Biografie berichtet er, dass er im Apennin nahe Neapel mit drei Geschwistern aufgewachsen sei. Er habe – wie zahlreiche Kinder im Dorf – eine Kinderlähmung durchgemacht und eine minimale Verkürzung des linken Beins zurückbehalten. Er habe eine Keramikschule absolviert, in Italien keine Arbeit gefunden, deshalb einige Jahre in der Schweiz als Kellner gearbeitet und mit dem so verdienten Geld dann eine Keramikfabrik in Italien eröffnet. Als seine Frau schwanger wurde, habe er die Fabrik an seinen Bruder übergeben, sei in die Schweiz gekommen und habe bis 1992 überwiegend in verantwortlicher Position in einem Handelsunternehmen gearbeitet. 1984, 1989 und 1991 seien jeweils Diskushernien operiert worden. 1992 habe man ihn – gegen seinen ausdrücklichen Willen – zu 100 % berentet. Er habe größte Mühe mit dem Rentnerdasein gehabt und ½ Jahr lang einen Psychiater konsultiert. Er lebe jetzt mit Frau und Sohn (20-jährig) in einer 4-Zimmer-Wohnung. Wegen seiner ständigen Krankheiten und Klagen sei der Sohn oft unfreundlich und ungeduldig mit ihm; auch die Frau dränge nun auf eine endgültige Ursachenklärung. Sie habe sogar gefordert: „Und wenn die Ärzte nichts finden, dann musst du eben zum Psychiater.“ Er verbringe viel Zeit im Schrebergarten, sei Kassier im Gartenverein. Im Übrigen habe bereits der Vater einen chronischen Schnupfen, Beschwerden beim Schlucken und Luftnot gehabt. Allerdings habe man bei ihm eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung diagnostiziert. Die Schwester leide übrigens an ähnlichen Bauchbeschwerden.
Zusammenfassend äußert er die Überzeugung, dass seine Beschwerden organischer Natur seien, jedoch psychische Faktoren („Stress“, Alleinsein, Grübeln) eine Rolle spielten. Er sei dankbar, ein situativ anwendbares Entspannungsverfahren zu lernen; eine länger dauernde Therapie könne er sich nicht vorstellen. Bereits zur ersten Gruppensitzung, 3 Wochen nach dem Erstgespräch, erscheint der Pat. nicht.
Ein Jahr später wird er von der HNO-Klinik konsiliarisch vorgestellt: Eine von Prof. B. geplante Tonsillektomie sei nicht indiziert, dafür habe man eine Nasenseptum-Operation ins Auge gefasst. Am Tag vor der Operation seien allerdings – ausgelöst durch den Anästhesisten – bei den behandelnden Ärzten Bedenken aufgekommen, inwieweit die Beschwerden des Pat. durch den anatomischen Befund am Nasenseptum erklärbar seien. Vielleicht liege doch eine umfassendere Störung vor. Bei drei Konsiliargesprächen äußert der Pat. zunächst seine große Enttäuschung über das Absetzen der Operation. Er präsentiert eine neue Theorie zur Erklärung seiner Beschwerden: Alles läge an der Besiedlung seines Darms mit Candida. Er verweist auf zwei (von Ärzten verfasste) Bücher, die tatsächlich für all seine Beschwerden eine plausible Ursache anbieten: Das Toxin absterbender Hefepilze penetriert die Darmwand und kann seine schädliche Wirkung überall im Körper entfalten. Richtig gut sei es ihm im letzten Jahr nur einmal gegangen: Er habe plötzliche Atemnot entwickelt, sei ins Krankenhaus gegangen, wo man einen Spontanpneumothorax diagnostiziert und behandelt habe. Er habe vor Glück geweint: „Endlich eine Diagnose!“ Das Erstaunlichste für ihn: In den folgenden 6 Tagen habe er überhaupt keine Beschwerden mehr gehabt; auch Darm und Hals hätten sich nicht gemeldet.
Auf ausdrückliches Befragen hin wird die Anamnese um weitere Details erweitert: Er sei als Kleinkind oft kränklich gewesen. Die Mutter habe dann zu Hause bleiben müssen, um ihn zu versorgen. Häufigste Beschwerden waren Magen-Darm-Beschwerden, manchmal mit Durchfall und Übelkeit. In der Lehre und in der ersten Lebensphase in der Schweiz sei es ihm gesundheitlich gut gegangen. Die Beschwerden hätten nach der Geburt seines Sohns und der Rückkehr in die Schweiz wieder zugenommen. Er habe ausgesprochen schlechte Erfahrungen mit Ärzten gemacht. Alle Diskushernien-OPs seien wesentlich auf seine Initiative hin erfolgt. Neurologen und Orthopäden hätten seine Lähmungserscheinungen nicht ernst genommen. Dank seinem damaligen Hausarzt habe er gewusst, wie gefährlich Lähmungserscheinungen seien (Zitat des Hausarztes: „Rückenschmerzen an sich sind lästig, aber harmlos. Aufpassen müssen Sie, wenn sich Lähmungen einstellen.“). Auch die Nierensteine hätte man lange verharmlost, seine von 1983 bis 1988 häufig auftretenden Flankenschmerzen als überwiegend psychisch interpretiert, sie auf zu große Belastung und Verantwortung im Beruf zurückgeführt. Vor 3 Jahren hätte endlich ein Internist nachgeschaut und in der rechten Niere im Ultraschall einen Stein entdeckt. Der Stein sei wohl immer noch da; solange er aber keine rechtsseitigen Schmerzen habe, würde er sich eigentlich keine Sorgen machen. Wichtig sei vor allem, dass das Blut sauber bleibe, denn ein höheres Infektionsrisiko habe er ja schon mit seinem Nierenstein.
Am Ende der psychosomatischen Konsiliargespräche akzeptiert der Pat. die Rückmeldung, dass er seinen Körper wohl nicht immer als zuverlässig erlebt habe und dass er dem Untersucher als ein Mensch imponiert, der sich große Mühe gebe, die Ursachen seiner Beschwerden herauszufinden. Diejenigen Ursachen, die ihm bisher, oft ausgelöst von ärztlichen Kommentaren, eingefallen sind, seien nachvollziehbar beunruhigend. Fraglich sei allerdings, ob eine bestimmte Wahrnehmung wirklich immer nur eine einzige Interpretation zuließe, ob z. B. trockene Schleimhäute immer bedeuteten, dass eine gravierende, lang andauernde (Candida-Toxin-)Schädigung der Schleimhaut vorliege. Der Pat. willigt in ein Experiment ein, bei dem die Frage geklärt werden soll, ob durch eine kurz dauernde, nicht gefährliche Verhaltensänderung eine deutliche und vorübergehende Intensivierung des Trockenheitsgefühls herzustellen wäre. Er bejaht die Aussage, dass damit Zweifel an der Annahme aufkämen, eine veränderte Wahrnehmung sei notwendigerweise durch eine „Toxinausschüttung“ verursacht. Im anschließenden Verhaltensexperiment (willentliches Schlucken fünfmal hintereinander) erlebt der Pat. innerhalb von 30 Sekunden eine deutliche Zunahme seines Irritations- und Trockenheitsgefühls im Rachen. Er erklärt sich bereit, mit dem Therapeuten zusammen die Bandbreite unterschiedlicher Interpretationen seiner Wahrnehmungen näher zu analysieren. Es werden zunächst vier ambulante Gespräche vereinbart.
66.4
Ein integriertes Modell somatoformer Störungen
66.4.1
Vorbemerkungen
-
•
eine emotionale Ebene, auf der z. B. Beunruhigung erlebt wird,
-
•
eine physiologische Ebene, auf der verschiedene Aktivierungsmuster inkl. dem hilfesuchenden Verhalten ablaufen, und
-
•
eine kognitive Ebene, auf der den wahrgenommenen Phänomenen ein bestimmter kategorialer Begriff zugeordnet wird (bei bewusster Wahrnehmung).
Dieses Beispiel illustriert, dass ein Modell somatoformer Störungen ohne die Berücksichtigung der unterschiedlichen Perspektiven von Patient und Arzt und ohne die Einbeziehung ihrer Interaktion nicht vollständig möglich ist.
66.4.2
Einführung in ein integriertes psychosomatisches Modell somatoformer Störungen
-
•
Zunächst wird davon ausgegangen, dass Interpretationsvorgänge nicht an bewusste Denkprozesse gebunden sind. Zeichen aus dem Körperinnern oder aus der Umwelt werden ständig subliminal interpretiert; sie lösen entsprechende Wirkprozesse aus, ohne dass dafür eine bewusste Entscheidung eingefordert würde.
-
•
Interpretationen finden auf verschiedenen Ebenen parallel statt. Als Ergebnis dieser Zeichenprozesse werden neue Zeichen generiert, die wiederum auf anderen Ebenen neue Interpretationen auslösen.
-
•
In einem ersten Schritt werden die Informationen aus vielen einzelnen Dehnungsrezeptoren zusammenfassend als Hinweis auf eine sich verformende anatomische Struktur („Delle im Pharynx“) interpretiert.
-
•
Die Wahrnehmung „Delle im Pharynx“ aus allerdings nicht eindeutig zu belegenden Gründen bewusst: Herr R. stellt fest, dass etwas im Hals nicht stimmt. Er berichtet, dass er dann oft schlucken würde. Ihm fiele dann auch auf, dass er kurz vorher gehüstelt hätte! Oft sei dies das erste Zeichen für ihn, das ihm bedeutet: Jetzt geht es wieder los! Mit dem Hüsteln und Schlucken initiiert der Patient eine abwärts gerichtete Kaskade von Merken – Bedeutung zuteilen – Wirken bis hinunter zur Ebene der Dehnungsrezeptoren, die wiederum eine Irritation erfahren, diese den komplexeren Systemebenen aufwärts weitermelden etc.
-
•
Da der Prozess auch auf der Ebene der bewussten Interpretation als „etwas stimmt nicht“ nicht zur Ruhe kommt, wechselt Herr R. in ein Suprasystem, nämlich auf die Ebene der Paarbeziehung mit seiner Frau. Offenkundig hofft er, dass ihre Interpretanten dem Phänomen „etwas im Hals“ eine Bedeutung erteilen, die ihm das Gefühl von Eindeutigkeit und Beruhigung vermittelt.
-
•
Als sie ihm den Befund „Rötung“ zurückmeldet, löst dies im Patienten den logischen Interpretanten „Rötung = Entzündung“ aus. Daraufhin erweitert er die dyadische Interaktion um eine weitere Systemebene: Er konsultiert einen Vertreter des Gesundheitssystems etc.
66.4.3
Grundannahmen auf der Ebene des Merkens: Wahrnehmen als aktiver Prozess
Patientengeschichte 1 (Forts.)
Herr R. berichtet in einer Therapiestunde über ein Erlebnis, das er 3 Tage zuvor bei der Gartenarbeit hatte: Er habe etwa 1 Stunde lang in seinem Salatbeet gekniet und Unkraut gezupft. Er habe in der Hitze sehr geschwitzt und ein zunehmendes Durstgefühl verspürt. Als er aufgestanden sei, um mit seiner Frau einen Kaffee im Gartenhäuschen zu trinken, habe er schlagartig bemerkt, wie trocken seine Schleimhäute gewesen seien, und er habe sofort anfangen müssen, das Fremdheits- und Trockenheitsgefühl im Rachen durch Räuspern und Schlucken zu bekämpfen.
66.4.4
Grundannahmen auf der Ebene der Bedeutungserteilung
66.4.5
Teufelskreisprozesse innerhalb des Funktionskreismodells
-
•
zwischen den unterschiedlichen Anteilen des Funktionskreises (Merken, Bedeutungserteilung, Wirken),
-
•
innerhalb verschiedener Komponenten (z. B. der Wirkebene) und
-
•
zwischen Funktions- und Situationskreisen auf unterschiedlichen Systemebenen im Sinne von Aufwärts- und Abwärtseffekten.
Emotionale Interpretation und ihre Konsequenzen
Beispiel zur Illustration
1
Für eine ausführliche Darstellung der physiologischen Aspekte von Emotion sei auf Kap. 7 verwiesen.
Handlungsorientierte Interpretation und Informationssuche
Informationsvermeidung
Patientengeschichte 2
Ein 47-jähriger Pat. klagt über sein Unvermögen, größere Wegstrecken in der Stadt zurückzulegen. Er berichtet, dass er nur noch dann fortgeht, wenn er alle möglichen Ruheplätze (Sitzbänke, Mauervorsprünge etc.) kennt. Falls er einen längeren Weg ohne Ruheplatz vor sich sehe, träten Schwindelgefühle auf, die ihn so sehr ängstigten, dass er unverzüglich nach Hause gehen müsse.
66.4.6
Allgemeine Behandlungsprinzipien und die Grenzen des semiotischen Modells
Ist alles einzeln, was wir wahrnehmen?
„Der Irrtum [der semiotischen Betrachtungsweise bei Jakob von Uexküll] besteht in der Überzeugung, dass alles von vorn herein und ohne Zusatz zu seiner sonstigen Beschaffenheit einzeln ist, sodass ganz selbstverständlich und fertig einzelne Sachen bereitliegen, aus denen unter anderem durch Vergleichen gemeinsame Merkmale abstrahiert werden können. Wie falsch das ist, lässt sich einsehen, wenn man sich nur einmal überlegt, was es heißt, einzeln zu sein, eine einzelne Sache. Was Element einer endlichen Menge ist, vergrößert deren Anzahl um 1. Daraus folgt zunächst, dass nichts einzeln sein kann, ohne Element einer Menge zu sein. Mengen sind aber immer Mengen der XY, wobei für „XY“ irgendein Name einer natürlichen oder künstlichen Gattung zu setzen ist. Nur so, als Umfänge einer Gattung, eines Merkmals oder einer Eigenschaft, können Mengen bestimmt, d. h. identifiziert werden. Daraus ergibt sich: Etwas kann einzeln nur sein, wenn es Element einer Menge und daher Fall einer Gattung ist.“
Aus einem Vortragsmanuskript: Differenzierung und Integration (2007)
-
•
Funktionelle Störungen, die sich auf einzelne Organsysteme beziehen und von Patienten mit Einzelheiten gestützt werden, aus denen sie ihre katastrophalen Interpretationen ableiten (entsprechend einer Konstellation) Funktionelle StörungenKonstellationsbegriff
-
•
Funktionelle Störungen, bei denen ein allgemeines, ängstlich gefärbtes Unwohlsein im Vordergrund steht, welches das Erleben der Betroffenen prägt, aber letztlich mit konkreten Schilderungen der Symptome nicht genauer zu beschreiben ist (entsprechend einer Situation) Funktionelle StörungenSituationsbegriff
Was Patienten subjektiv wahrnehmen: die Unterscheidung von Leib und Körper
„Im Gegensatz zum Körper oder einer einzelnen Gliedmaße sind die Inseln wandelbar, ihr Umriss ist unscharf. Jeder Spannungs- und Entspannungsimpuls, jeder leise oder laute Schmerz oder Kitzel … verschieben unablässig das Gefüge des körperlichen Leibes. Wenn [die Inseln] doch einmal abhandenkommen, reagiert der Mensch mit Erschütterung auf den Verlust dieses Zuverlässigsten und wird dann erst recht dessen inne, was ihn sonst treu, aber meist unaufdringlich begleitet.“
Schmitz (1998, Band II, 1: 25 f.)
Fallbeispiel
P: | (Beim anderen Arzt hab ich schon alle möglichen Tests gemacht), ich habe Schmerzen in meiner Seite, aber alle Ergebnisse kamen super zurück. Das war nichts, nichts, wo man hätte sagen können, ein Problem. Aber ich hab’s immer noch. |
A: | Wo sitzt denn der Schmerz? |
P: | Ich kann da nicht so genau drauf zeigen, aber es ist eben alles hier auf der Seite, und dann geht's so rund um meinen Bauchnabel. |
A: | Also ist es mehr im Oberbauch? |
P: | Ja, eben es geht so rund, rund hier so, als ob es, also als ob es alles so rüber geht auf die Seite, ganz auf die Seite. |
Konsequenzen für die therapeutische Arbeit anhand von Fallbeispielen
Arbeiten in einer Konstellation (im semiotischen Modell)
Fallbeispiel
P: | „Und dann ist da so’n Stechen hier oben.“ [mit besorgtem Gesichtsausdruck] |
A: | „Und wie ich sehe, macht Ihnen das Sorgen?“ |
P: | „Und dann weiß ich nicht mehr, was ich machen soll.“ [in beschleunigter Sprechweise und schnellerer Atmung] |
A: | „Und das beunruhigt Sie so, dass Sie auch ein bisschen schneller atmen? So wie jetzt, wenn Sie davon erzählen?“ |
Patientengeschichte 3
Herr A. (36 J.): Zuweisung aus der Neurologischen Poliklinik, wo er wegen unklarer Beschwerden und der Angst, an einer amyotrophen Lateralsklerose (ALS) zu leiden, vorstellig wurde.
AnamnesePsychotherapie seit 6 Monaten. Der Pat. berichtet über multiple Beschwerden, die sich vor 7 Monaten intensiviert hätten:
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Brennen und Kribbeln unter den Fußsohlen
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Erektile Dysfunktion
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Schwäche in den Oberschenkeln, vor allem im Liegen deutlich zu spüren
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Unscharfes Sehen, rechts > links
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Gewisse Probleme, sich Ereignisse zu merken
Soziale SituationEhefrau des Pat. hat vor 3 Monaten Scheidung angekündigt, sie wird mit 2 Kindern allein wohnen. Er arbeitet als Mathematiker in einer Versicherung.
Aktuelle BeschwerdenEr fürchtet, seinen Arbeitsplatz wegen Gedächtnislücken aufgeben zu müssen, wünscht Krankschreibung für mindestens 2 Monate, um sich erholen zu können.
Therapeutische Interventionen und VerlaufDer Pat. bietet eine einzige kognitive Interpretation an: ALS. Aus der Liste der Beschwerden lässt sich gut mit der Schwäche in den Oberschenkeln arbeiten, weil sie sich, dank ihrer deutlicheren Wahrnehmung im Liegen, für eine Neuinterpretation mit weniger katastrophalen Erklärungen anbietet. Im semiotischen Modell interessieren die Fragen:
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Was nehmen Sie wahr?
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Was bedeutet das für Sie, und was machen Sie damit?
Somatoforme Störungenkörperliche vs. leibliche PhänomeneSomatoforme StörungenSymptomwahrnehmungDie Frage nach seinen konkreten Wahrnehmungen zeigt, dass der Patient auf der Wahrnehmungsebene von etwas vage Gespürtem im Bereich seiner Oberschenkelmuskulatur spricht, das er mit dem Etikett „Schwäche“ belegt. Damit kann nicht gemeint sein Schwäche = wenig Kraft, weil das im Liegen nicht festzustellen ist. Eine Überprüfung der Kraft durch Kniebeugen (in der Konsultation) ergibt keinen auffallenden Befund. Der Begriff „Schwäche“ bezeichnet also im phänomenologischen Verständnis ein leibliches Erleben: In der Gegend des Körpers wird etwas empfunden, das konkret nicht beobachtbar ist; es erinnert den Patienten an das Schwächegefühl nach einer Grippe, das sich ebenfalls nicht in einer umschriebenen Kraftverminderung äußert. Quintessenz der ersten Stunde ist: Der Pat. erlebt, dass sein Arzt sich ganz genau für das interessiert, was er wahrnimmt und wie er es interpretiert; es könnte sich lohnen, die Interpretationen kritisch zu überprüfen.
In der 2. Stunde suchen Pat. und Therapeut nach Erklärungsmodellen für die anderen Beschwerden. Brennen und Kribbeln treten oft zusammen mit dem unscharfen Sehen auf; dazu kommen Schwindel und leichte Atemprobleme („Ich kann nicht richtig durchatmen!“). Zusammen genommen könnte das für eine hyperventilationsbedingte Symptomatik sprechen. Im Hyperventilationsversuch lassen sich verschwommenes Sehen, Missempfindungen in der unteren Extremität und eine gewisse Übelkeit provozieren, die ihn an seine normalerweise auftretende Symptomatik erinnern. Als Hausaufgabe soll der Pat. darauf achten, wie lange er beim Auftreten der Symptome die Luft anhalten kann; in der Stunde selbst lag der Wert bei 55 Sekunden.
In der 3. Stunde berichtet er eine verkürzte willkürliche Atempause bei Symptomen (25–35 Sekunden), er lernt die Atemstopptechnik kennen (willkürliches Anhalten der Atmung ohne Pressen, solange es geht); Kaugummi kauen und Summen bei körperlicher Bewegung werden empfohlen, da beides mit heftiger Atmung bei offenem Mund schlecht kompatibel ist (Kap. 80.8). In der 4. Stunde wird der Interpretant „ALS“ noch einmal thematisiert. Tatsächlich kennt der Pat. eine ältere Frau aus seinem Heimatdorf, die an ALS gestorben ist. Er beobachtet, dass er weiterhin „automatisch“ Zeitungen und Fernsehprogramm auf Hinweise durchforstet, die neurologische Erkrankungen wie multiple Sklerose oder Symptome wie Lähmungen, Schlaganfall oder Muskelschwäche thematisieren. Er sei aber immer schon sehr ängstlich darauf bedacht gewesen, nur ja nicht krank zu werden. Er beschließt, diese tief sitzende Unsicherheit mit seinem Psychotherapeuten zu besprechen und die psychosomatische Behandlung zu beenden.
Arbeit in einem phänomenologischen Modell (in Situationen)
Patientengeschichte 4
Somatoforme Störungenphänomenologiosches ModellSomatoforme StörungenSituationsbegriffFrau W. (48 J.): Zuweisung von einer auswärtigen gastroenterologischen Klinik, wo sie wegen unklarer abdominaler Beschwerden mehrfach ohne Befund abgeklärt wurde.
AnamneseAufgewachsen in einem streng religiösen Elternhaus, in dem der Vater autoritär durchgegriffen hat, wenn es um die Durchsetzung gesellschaftlicher oder religiöser Normen ging. Mit 21 Jahren standesgemäße Heirat, 2 Kinder. Bauchbeschwerden seit mindestens 25 Jahren. Im Moment steht ein ausgesprochen unangenehmes Völlegefühl im Vordergrund, das ihr allerdings dabei hilft, nicht zu viel zu essen, sodass sie ihr Gewicht von 53 kg (164 cm) halten kann. In den ersten 8 Stunden berichtet die Pat. vor allem über neu auftretende oder sich intensivierende Nahrungsmittelunverträglichkeiten; mittlerweile ist auch Fisch, in Wasser gekocht, problematisch geworden, und sie versucht herauszufinden, welche Fischsorten sie eigentlich noch verträgt. Sie berichtet über ein besonders unangenehmes Ereignis: Nach einem Teelöffel Apfelmus habe sie ein widerliches Völlegefühl empfunden, ihr Magen sei schlagartig wie zugeklebt gewesen, und sie habe nichts mehr essen können.
Der Therapeut schlägt vor, über den Begriff des Völlegefühls nachzudenken, und es stellt sich heraus, dass damit nicht eine Fülle gemeint ist, die einen übermäßig beladenen Magen anzeigt, sondern dass es wohl eher eine Völle ist, wie man sie meint, wenn man von jemandem sagt, er sei „voll Hass“ oder „voller Freude“ gewesen. Der Therapeut schlägt vor, in der Psychotherapie möglichst wenig auf einzelne Beobachtungen einzugehen – diese würden in den Zuständigkeitsbereich des Hausarztes fallen –, sondern sich mehr den vagen Phänomenen zuzuwenden, um zu schauen, ob so etwas wie das Völlegefühl vielleicht geeignet ist, besser zu verstehen, wie sie sich „in sich selbst“, im eigenen Leib zurechtfindet.
Die Pat. berichtet dann, dass sie „voller Sorge“ um ihre 20-jährige Tochter ist, die mit ihrem Leben todunglücklich sei und der sie nicht helfen könne. Über die Brücke der Tochter und die Unmöglichkeit, ihr als Mutter beizustehen, gerät die eigene Kindheit der Pat. in den Fokus, die Entwicklung der eigenen Ehe wird thematisiert, und 1½ Jahre später steht im Fokus die Auseinandersetzung mit einer tief sitzenden, kaum zu ertragenden Enttäuschung über wesentliche Bezugspersonen.
66.4.7
Die Interaktion von Arzt und Patient bei somatoformen Störungen
Leibliche Phänomene lassen sich nur schwer präzise beschreiben oder lokalisieren. Ihnen ist eine gewisse vage Charakteristik zu eigen, wie sie bei typischen ganzleiblichen Regungen wie Mattigkeit oder Frische erlebt werden kann.
Wesentlich ist, an dieser Stelle die Übersetzungsarbeit eines Patienten zu berücksichtigen und vom logischen Interpretanten „Herzrhythmusstörung“ ausgehend die Spur des zugrunde liegenden Objekts oder Zeichens (z. B. unangenehme Pulsbeschleunigung auf 100 Schläge/min) zurückzuverfolgen.
66.4.8
Zur Entstehung inkongruenter Realitäten zwischen Arzt und Patient
66.4.9
Grundlagen der Behandlung somatoformer Störungen
In ihrem Schema unterscheiden Henningsen et al. (2007):
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Unkomplizierte funktionelle Störungen, Funktionelle Störungenunkompliziertebei Funktionelle StörungenEskalationstherapiedenen es auf dem Niveau des Grundversorgers ausreichen sollte, die Diagnose einer funktionellen Störungen positiv zu benennen, zur Beibehaltung von Aktivitäten zu ermutigen und ggf. symptomorientiert zu behandeln (z. B. Analgetika).
-
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Komplizierte funktionelle Störungen: Funktionelle StörungenkomplizierteMöglichkeit einer antidepressiven Therapie prüfen, dysfunktionale Interpretationen identifizieren und entkräften, Krankheitsverhalten thematisieren; Zusammenhang zwischen Beschwerden und psychosozialen Faktoren etablieren; wenn möglich: regelmäßige fixe Kontakte ohne Zusammenhang mit Symptomen.
Bei Versagen der Interventionen auf dem Niveau der komplizierten funktionellen Störungen:
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Patienten auf eine Überweisung zu einem Spezialisten (z. B. Psychotherapeut oder Psychosomatiker) vorbereiten. Sicherstellen, dass aufrechterhaltende psychosoziale Faktoren vollständig bekannt sind; Fortsetzen der regelmäßigen nicht symptombezogenen Konsultationen; Zusammenarbeit mit Spezialist, um die weitere Behandlung zu planen.
Wenn auch diese Eskalationsstufe nicht zum Erfolg führt:
-
•
Übergang zu einer multidisziplinären Behandlung mit Elementen aus aktivierender Physiotherapie, Psychotherapie und symptomatischen Behandlungsschritten.Somatoforme Störungenintegriertes psychosomatisches Modell
66.5
Multiple körperliche Beschwerden ohne ausreichende organische Veränderungen: undifferenzierte somatoforme Störung und Somatisierungsstörung (ICD-10: F45.0, F45.1)
66.5.1
Definition des Krankheitsbildes und der Symptomatik
66.5.2
Epidemiologie der Störungsbilder
66.5.3
Physiologische Besonderheiten
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•
Ein typischer Mechanismus ist die HyperventilationHyperventilation(ssyndrom), die sich entgegen der meist vorhandenen Laienüberzeugung nicht durch eine auffallend gesteigerte Atemtätigkeit zu erkennen geben muss (Kap. 66.7.1).
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Ein weiterer Mechanismus ist Somatoforme StörungenSelbsthypnose, unwillentlicheSelbsthypnoseunwillentlichedie unwillentliche Selbsthypnose: Vor allem bei Patienten, die sich durch Schwindel verunsichert fühlen, besteht eine Tendenz, durch starres Fixieren eines bestimmten Punktes auf dem Boden oder im Gesicht eines Gegenübers durch Augenfixation unwillentlich eine Trance auszulösen (Kap. 38; Kap. 61). Diese Patienten berichten über klassische Trancephänomene wie unscharfes Sehen, schwankende Hell-Dunkel-Kontraste, Tunnelskotom und unterschiedlich genaues Hören.
-
•
Eine Zunahme der subjektiven Symptomatik kann durch geistige oder körperliche Inaktivität zustande kommen (Sharpe und Bass 1992). Bereits eine Somatisierung(sstörungen)geistige/körperliche Inaktivitäteinwöchige Bettruhe reduziert bei gesunden Probanden das Erinnerungsvermögen und die verbale Ausdrucksfähigkeit. Reduzierte körperliche Aktivität verschlechtert Muskelkraft und kardiovaskuläre Kondition und erhöht die Tendenz, körperliche Anstrengungen als erschöpfend zu beschreiben.
66.5.4
Spezifische Interpretationsmuster
Diese zeitliche Abfolge unterstreicht die Rolle emotionaler Faktoren bei der Färbung interpretativer Schemata, mit denen somatisierende Patienten ihrer subjektiven Umwelt und ihren Körperwahrnehmungen Bedeutung zuordnen.
66.5.5
Spezifisches Verhalten
Vermeidungsverhalten, Umgang mit belastenden Situationen
Hilfesuchendes Verhalten
Arzt-Patient-Beziehung
Therapeutische Interventionen
Auf der Arztebene
Auf der Patientenseite
66.6
Die hypochondrische Störung (ICD-10: F45.2)
66.6.1
Definition von Krankheitsbild und Symptomatik
66.6.2
Epidemiologie des Störungsbildes
Patientengeschichte 5
Eine 58-jährige Religionslehrerin wird von einem Gastroenterologen zur weiteren Diagnostik und ggf. Therapie zugewiesen. Die Pat. wirkt zunächst ausgesprochen reserviert; sie ist enttäuscht über die Weigerung des Kollegen, sie erneut zu koloskopieren. „Soweit ich weiß, hat Psychotherapie allein noch nie eine Krebserkrankung besiegen können. Was ich nun ausgerechnet bei Ihnen in der psychosomatischen Sprechstunde soll, ist mir vollkommen schleierhaft.“ Sie berichtet dann von „Darmproblemen“, die vor 25 Jahren bei einem Arbeitsaufenthalt in Japan im Auftrag der reformierten Mission aufgetreten seien: wechselnde Stuhlkonsistenz, manchmal mit krampfartigen Schmerzen nach der Stuhlpassage durch den Anus. Sie habe ihre Beschwerden auf die veränderten Essgewohnheiten in Japan zurückgeführt und sich weiter keine Gedanken gemacht.
Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz seien die Beschwerden allerdings eher schlimmer geworden, und sie habe – vor allem auf Anraten ihrer Mutter – einen Arzt aufgesucht. Dieser habe sie mit einem starren Darmrohr untersucht und Gewebeproben entnommen, weil „die Schleimhaut irregulär konfiguriert sei“. Diese Gewebeproben seien normal gewesen, sie habe sich aber zu fragen begonnen, wieso nur so wenig von ihrem Darm untersucht worden sei; der Arzt habe nämlich große Mühe gehabt, um die Ecke zu kommen, und die Untersuchung mit den Worten abgebrochen: „Wir hören hier besser auf. 17 cm haben wir erreicht, mehr geht nicht.“ Schließlich habe man auf ihr Drängen hin in eine Koloskopie eingewilligt, allerdings damals nichts Besonderes gefunden. Inzwischen sei sie 17-mal koloskopiert worden; es gehe jetzt eigentlich einfacher als früher, die Geräte seien schon deutlich besser geworden. Für die häufigen Koloskopien führt die Pat. drei wesentliche Gründe an: Man habe immer mal wieder etwas gefunden, mal Schleimhautveränderungen während der Untersuchung, mal Gewebeveränderungen in der Pathologie. Das habe sie natürlich jeweils kontrollieren lassen. Die Beschwerden seien zwar manchmal nach den Koloskopien weniger intensiv gewesen, nur habe das leider nie lange angehalten. Selbstverständlich mache sie sich große Sorgen, ob womöglich ein Dickdarmkrebs bei ihr übersehen worden sei. Das Schlimme am Dickdarmkrebs sei ja, dass man ihn im Anfangsstadium oft nicht bemerken würde.
Auf die Bitte, die Umstände des erstmaligen Auftretens der Beschwerden näher zu beschreiben, sagt die Pat., dass Japan von jeher ihr Traumland gewesen sei. Sie habe extra Japanisch gelernt, um diesen Aufenthalt möglich zu machen. Allerdings sei sie vorzeitig zurückgekehrt und nicht wie geplant 5 Jahre dort geblieben. Als Begründung führt sie an, dass sie ziemliches Heimweh bekommen und die Mission daraufhin beschlossen habe, sie nach einem Heimaturlaub nicht wieder zurückkehren zu lassen.
Sie habe jetzt seit einigen Jahren im Alltag Mühe, sich auf die Arbeit zu konzentrieren; sie müsse oft an die Darmerkrankung denken und sei dann recht verzweifelt, weil „nichts vorangeht“. Urlaub habe sie seit 4 Jahren nicht mehr gemacht; sie könne sich nicht aufraffen und habe auch Angst, irgendwo im Ausland Probleme zu bekommen, bei denen ihr dann niemand helfen könne. Ihrer Wahrnehmung nach sei es bisher nie gelungen, ihre Sorgen nachhaltig zu zerstreuen; sie fühle sich allein gelassen. Bei Freunden, Verwandten und Ärzten erlebt sie Desinteresse bis Ablehnung, sobald sie ihre Erkrankung anspricht.
Die Pat. wirkt auf den Untersucher deprimiert und ängstlich, sie erfüllt die Kriterien für eine Angststörung sowie für eine rezidivierende depressive Episode. Dennoch fragt sich, inwieweit es dem individuellen Erleben der Pat. gerecht wird, neben der hypochondrischen Störung eine depressive und eine Angststörung als separate Entitäten zu diagnostizieren. Die emotionale Befindlichkeit der Pat. ist nachvollziehbar; sie entsteht aus der Auseinandersetzung zwischen körperlicher Wahrnehmung, katastrophaler Interpretation und nicht vollendetem Handlungsimpuls („Dem muss man endlich einmal auf den Grund gehen“). Sie entsteht weiter aus ihrem Erleben des so ganz anders gearteten Handlungsimpulses in ihrer privaten Umgebung bei Freunden und Verwandten: „Jetzt hör doch endlich mal auf, dauernd zu den Ärzten zu rennen.“
66.6.3
Spezifische Interpretationsmuster körperlicher Veränderungen
66.6.4
Therapeutische Interventionen
Resümee
Alle Therapieformen, die kognitiv-behaviorale Interventionen inkl. einer verhaltensorientierten Therapie zum Stressmanagement beinhalten, sind effektiv. Die Ergebnisse des Follow-up nach 12 Monaten belegen die Wirksamkeit dieses Therapieansatzes.
66.7
Funktionelle gastrointestinale Erkrankungen
66.7.1
Definition des Krankheitsbildes und der Symptomatik
66.7.2
Zur diagnostischen Einordnung von Patienten
Grundsätzlich ist anzumerken, dass die diagnostische Zuordnung eines Patienten zu möglichst eng definierten Subgruppen für den behandelnden Kliniker wenig sinnvoll ist, da die Beschwerden der meisten Patienten mehrere diagnostische Kategorien betreffen werden.
-
•
eine Gruppe mit Reizdarmsyndrom (RDS, engl. irritable bowel syndrome)
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•
eine Gruppe mit DyspepsieDyspepsiefunktionelle und/oder gastroösophagealem RefluxGastroösophagealer Reflux, funktioneller
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•
eine Gruppe mit ObstipationObstipation, funktionelle
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•
eine Gruppe mit Neigung zu DiarrhöDiarrhö, funktionelle
66.7.3
Das Reizdarmsyndrom (ICD-10: F45.31)
Symptomatologie der Störung
Das Reizdarmsyndrom ist also eine hartnäckige Erkrankung, die bei der Hälfte der betroffenen Patienten persistiert.
Epidemiologie des Störungsbildes
Zwei typische Krankengeschichten
Patientengeschichte 6
Die 36-jährige Pat. meldet sich selbstständig in der Ambulanz an. Sie berichtet von unspezifischen Beschwerden sowie von Magen-Darm-Beschwerden, die seit 3 Monaten bestünden (manchmal „Durchfall“, mehrmals am Tag; Bauchschmerzen, vor allem im linken Unterbauch; gewisse Linderung der Schmerzen nach dem Stuhlgang; Müdigkeit und Konzentrationsstörungen bei der Arbeit). Der Hausarzt habe nach Blutuntersuchungen und einem negativen Hämokkult-Test seine Bemühungen eingestellt und ihr versichert: „Für einen Krebs sind Sie noch viel zu gesund.“ Er habe die Beschwerden auf ihre schwierige Arbeitsplatzsituation geschoben. Im Nachhinein bedaure sie, ihm überhaupt etwas von den Problemen mit einer Mitarbeiterin erzählt zu haben, deren Unzuverlässigkeit ihr stark zu schaffen mache; sie könne der Frau doch nicht einfach so kündigen. Für sie sei der Krebsverdacht noch längst nicht ausgeräumt; schließlich seien die Beschwerden nicht chronisch, sondern ganz akut aufgetreten.
Nach irgendwelchen Darm- oder Verdauungsproblemen in ihrem Leben befragt, berichtet sie von einer mehrjährigen Phase (13- bis 17-jährig), in der sie größte Probleme mit Verstopfung gehabt habe. Ihre Mutter habe ihr immer wieder Einläufe machen müssen, sie sei oft nicht rechtzeitig in die Schule gekommen, weil sie das WC nicht habe verlassen können. Im Alter von 23 bis 28 Jahren habe sie eine chronische Darminfektion gehabt, deren Ursache man allerdings nie habe sichern können: Nach einer Lebensmittelvergiftung (Pizza mit Muscheln) habe sie ständig Durchfall gehabt. Auch damals schon habe der Gastroenterologe ihre Beschwerden nicht ganz ernst genommen. Man habe ihr seinerzeit zu einer Psychotherapie geraten, die sie nach 4 Jahren abgeschlossen hätte; sie habe sehr von der Therapie profitiert und das zeitweise sehr schwierige Verhältnis zu ihrer Mutter klären und letztlich verbessern können. Sie erwarte von der Konsultation, dass wir zu Händen des Hausarztes die geringe Bedeutung psychischer Faktoren in der Genese ihrer Erkrankung bestätigen und so dazu beitragen, weitere invasive Abklärungen, insbesondere eine Koloskopie, durchführen zu lassen.
Da die Angst der Pat. vor einer Krebserkrankung vor allem auf der Tatsache beruht, dass die Darmbeschwerden erst seit 3 Monaten bestehen, wird die Pat. über die Möglichkeit informiert, dass bereits die früheren Darmbeschwerden Ausdruck eines RDS waren. Sie akzeptiert diese Information für die Phase mit Obstipation, nicht aber für die „infektiöse Phase“. Als Begründung gibt sie an, dass immerhin der Auslöser für eine klassische Lebensmittelvergiftung sprechen würde. Auf näheres Befragen stellt sich allerdings heraus, dass die Phänomenologie des Durchfalls sich in dieser Zeit verändert hat: Nach einer akuten Phase von ca. 12 Stunden, in denen sie mehrfach wässrigen Durchfall hatte, sei der Stuhl dünner als vorher, aber eher breiig gewesen, mit etwa ein bis zwei Entleerungen pro Tag. Die Mitteilung, dass ein solcher primär tatsächlich infektiöser Auslöser nicht selten eine neue Phase mit RDS-Symptomatik auslöst, war für die Pat. überraschend.
Zusammenfassend stellte sich die Situation für die Pat. und den konsultierten Arzt am Ende des Gesprächs so dar: Seit dem Alter von 13 Jahren hat es mehrere Episoden eines RDS mit unterschiedlicher Symptomatik gegeben; die zweite Phase war durch eine Lebensmittelvergiftung ausgelöst worden. Am ehesten entspricht auch die jetzige Symptomatik einer neuen Phase eines RDS.
Die Pat. wünscht im Moment keine weiteren Abklärungen, möchte mit ihren eigenen Mitteln die Beschwerden behandeln und in 3 Monaten noch einmal Kontakt aufnehmen. Dieser Kontakt hat in Form eines Telefonats stattgefunden: Die Beschwerden seien auf niedrigerem Niveau stabil, sie könne ganz gut damit leben.
Patientengeschichte 7
Die 28-jährige Pat. wird von der Hausärztin überwiesen, da sie aufgrund ihrer massiven Bauchschmerzen ihre Prüfungsvorbereitungen für das medizinische Staatsexamen nicht mehr absolvieren kann. Die Pat. sei verzweifelt und habe Angst, dass sich eine Schmerzmittelabhängigkeit entwickeln könne.
Im Erstgespräch wirkt die Pat. ausgesprochen lebhaft, energiegeladen und deutlich jünger. Sie schildert heftige, krampfartige Bauchschmerzen, die sie daran hinderten, sich konsequent auf das Staatsexamen vorzubereiten: Sie könne die Repetitorien immer nur teilweise besuchen und bestenfalls bis mittags in der Bibliothek arbeiten. Sie habe in den letzten 6 Monaten 5 kg Gewicht verloren, da sie sich bei intensiver Schmerzsymptomatik nur noch von Reis und weich gekochtem Gemüse ernähre und in den letzten Monaten immer öfter zu dieser Diät habe Zuflucht nehmen müssen. Auf die Bitte, ihren Tagesablauf zu schildern, berichtet die Pat., dass sie unmittelbar nach dem Aufwachen in ihren Bauch hineinhorcht, um festzustellen, ob heute ein guter Tag (= ein „Uni-Tag“) sein würde oder ob sie den ganzen Tag wieder abschreiben müsse.
Sie erklärt dieses Phänomen folgendermaßen: „Wenn ich beim Aufwachen merke, dass der Darm überhaupt nicht gluckert oder knurrt, weiß ich, dass ich bis 9 Uhr warten muss, bis ich endlich Stuhlgang habe. Ohne Stuhlgang kann ich überhaupt nicht aus dem Haus gehen, weil ich in der Unibibliothek nicht auf das WC gehen mag. Es lohnt sich einfach nicht mehr, um 9 Uhr noch in die Universität zu gehen; bis ich dort ankomme, ist die Hälfte der Repetitorien schon vorbei.“ An so einem schlechten Tag versucht sie durch Trinken von Tee, eine Wärmflasche auf dem Bauch und Hinlegen einen Stuhlgang zu provozieren; sie nimmt krampflösende und analgetische Medikamente. Nach dem meist doch noch erfolgreichen Stuhlgang geht es ihr vorübergehend besser; sie fährt dann in den Reitstall und bewegt ihre Turnierpferde. Nachher geht sie ins Fitnessstudio, um auch einmal etwas Gesundes für ihren Körper zu tun. Etwa von 16 bis 21 Uhr lerne sie; abends versuche sie, mit ihrem Freund zusammen etwas zu essen („Der Tag muss eine Struktur haben, sonst geht man ja bei dieser Krankheit völlig unter“) und danach noch einmal bis ca. 24 Uhr zu wiederholen, was sie an diesem Tag gelernt hat.
Die Beschwerden hätten in der jetzigen Phase deutlich an Aktivität zugenommen, nachdem ihr langjähriges Turnierpferd nach einer Verletzung habe eingeschläfert werden müssen. Sie habe sich, obwohl sie diese Entscheidung als professionelle Reiterin selbstverständlich richtig fände, lange nicht mit dem Tod des Pferdes abfinden können, mit dem sie ihre größten Erfolge als Military-Reiterin erlebt habe.
Am Ende des ersten Gesprächs wird zunächst einmal ein medikamentöses Behandlungsschema festgelegt, das sie unabhängig von den aktuellen Beschwerden einnehmen soll: 2 × 1 Kps. Mebiverin (200 mg, Retardform); trotz gewisser Skepsis bzgl. der Wirksamkeit dieses Medikaments erhält sie zusätzlich 3 × 10 mg Cisaprid. Sie willigt ein, ein Symptomtagebuch zu schreiben, in dem alle Aktivitäten protokolliert werden und in dem sie sich jeden Morgen auf eine prognostische Aussage festlegt: Dieser Tag wird ganz schlecht (0) bis hervorragend (10) sein.
In den folgenden sechs Gesprächen gelingt es zunächst einmal, mit der Pat. zusammen über das immer noch enorme Tagespensum zu staunen, das sie trotz ihrer Beschwerden absolviert. Ihre perfektionistische Anspruchshaltung sich selbst gegenüber, ihre Ungeduld und ihre unbändige Kraft erhalten ein biografisches Fundament, aus dem heraus sie als bewundernswerte und notwendige Anpassungsleistung verstehbar werden. Auf der anderen Seite wird deutlich, wie wenig diese Passungsleistungen geeignet sind, mit den momentanen Beschwerden umzugehen. Die Pat. arbeitet einerseits im Alltag an einer Entkopplung der Bauchschmerzen von den selbst auferlegten Leistungsanforderungen und hält auch einen nur teilweise an der Universität verbrachten Arbeitstag für einen nicht ganz verlorenen Tag. Es wird aber auch deutlich, dass dieses pragmatische Vorgehen eine nur mehr fragile Stabilisierung ihres Zustands bewirkt und dass sie eine länger dauernde, analytisch orientierte Psychotherapie beginnen möchte, um die kindliche Verknüpfung von Leistung sowie der Rolle des süßen und fröhlichen Mädchens mit Liebe und Anerkennung besser zu verstehen.
Pathophysiologische Besonderheiten
RDS – eine Störung der Darmmotorik?
RDS – eine Wahrnehmungsstörung?
Reagieren Nozizeptoren in der Darmwand anders als bei Kontrollpersonen?
Werden die Afferenzen aus lokalen Rezeptoren anders verarbeitet („interpretiert“)?
Spezifisches Verhalten
Hilfesuchendes Verhalten
“Much confusion has been contributed to the study of diseases, psychosomatic illnesses in particular, by failure to recognize that the psychological component of the phenomenon under study was often the factor which brought the patient to the doctor, not the factor which brought on the disease.”
Kasl und Cobb (1966)
Therapeutische Interventionen
-
•
Der überwiegende Anteil der Patienten klagt über milde Symptome, die sie gelegentlich zum Hausarzt führen. Ihr Alltag wird durch die Beschwerden kaum beeinflusst, und sie zeigen wenige bis keine psychosozialen Schwierigkeiten. Beruhigende Aufklärung und vereinzelte Änderungen in ihrer Diät und in ihrem Lebensstil prägen den zumeist erfolgreichen therapeutischen Ansatz.
-
•
Eine kleinere Gruppe von Patienten klagt über mäßige Symptome, deren intermittierender Charakter die Lebensqualität bereits erheblich beeinflussen kann. In dieser Gruppe finden sich vermehrt psychologische Stressoren, jedoch lassen sich die Symptome weiterhin auf eine gestörte Darmphysiologie wie z. B. Verschlechterung nach dem Essen oder Verbesserung nach der Defäkation zurückführen. Hier wird die Behandlung durch den Einsatz spezifischer Medikamente und gelegentlich bereits durch den Einsatz psychotherapeutischer Ansätze geprägt.
-
•
Schließlich bleibt eine kleine Gruppe von Patienten mit schweren und therapierefraktären Beschwerdebildern, die sie zu spezialisierten Zentren führen. Die Klinik ist durch ein schweres und häufig konstantes Schmerzbild geprägt und mit psychosozialen Schwierigkeiten (z. B. Depressionen, sexueller Missbrauch) assoziiert. In diesen Fällen sind zusätzlich Reizdarmsyndrompsychosoziale Problemeantidepressive Medikamente oder Überweisungen an Schmerzzentren wie auch interdisziplinäre Betreuung wesentlich.
Information und Beruhigung
Das Informieren des Patienten besitzt therapeutischen Wert. Häufig benötigen Patienten mit milden Symptomen keine zusätzliche spezifische Therapie, und sie können mit ihren Beschwerden umgehen.
Diätetische Maßnahmen
Medikamentöse Therapie mit gastrointestinalem Wirkort
Psychopharmaka
Psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten
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ein psychodynamischer Ansatz,
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ein kognitiv-verhaltenstherapeutischer Ansatz und
-
•
ein hypnotherapeutischer Ansatz.
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•
Zusammenhänge zwischen zentralnervöser und Darmaktivität sind plausibel, und es handelt sich für die meisten Menschen um vertraute Phänomene.
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•
In Trance sind autonom vermittelte körperliche Reaktionen deutlicher wahrnehmbar; sie lassen sich einfacher beeinflussen.
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1.
Im ersten geht es um die Etablierung einer wahrnehmbaren Verknüpfung zwischen Bewusstsein (mind) und Darm: Die Patienten werden aufgefordert, ihre warmen Hände auf den Bauch zu legen und sich auf die Weitergabe der Wärme in den Bauchraum zu konzentrieren.
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2.
Wenn die „Kontaktaufnahme“ zwischen Bewusstsein und Darm zuverlässig gelingt, erhalten die Patienten spezifische Suggestionen zur Beeinflussung der Darmtätigkeit. Sie werden gebeten, sich ihren Darm als einen Fluss vorzustellen, der mit klarem Wasser gefüllt ist und durch eine angenehme Landschaft fließt. Wenn das RDS vor allem durch Diarrhö geprägt ist, wird ein Gebirgsfluss mit hoher Flussgeschwindigkeit suggeriert, wenn Verstopfung im Vordergrund steht, ein träge mäandernder Fluss im Flachland. Sobald die Patienten dieses Bild lebendig imaginieren können, werden sie ermutigt, ihren ganz persönlichen Fluss zu verändern (z. B. große Steine in das Flussbett zu wälzen, um die Fließgeschwindigkeit zu vermindern) oder den Fluss zu begradigen und womöglich zu vertiefen, um die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen.
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3.
Im dritten Abschnitt wird die direkte Einflussnahme zurückgenommen und die Vorstellung verstärkt, dass jetzt wieder eine funktionierende Verknüpfung zwischen Gehirn und Darm hergestellt ist, die von diesen beiden „Interaktionspartnern“ in Zukunft wieder selbstständig übernommen wird. Damit wird das Bewusstsein frei, sich den Dingen in der Realität zuzuwenden, die wegen der Symptome vernachlässigt wurden.
Zusammenfassende Betrachtung der Therapieoptionen beim RDS
„Das RDS ist eine heterogene Störung mit einer Vielfalt von Therapien. Jede davon wird jeweils einer kleinen Gruppe von Patienten helfen. Die Behandlung einer begleitenden Angststörung oder Depression führt häufig zur Besserung der allgemeinen und Darmsymptome. Randomisierte placebokontrollierte Studien haben folgende Ergebnisse gebracht: Kognitiv-behaviorale Therapien und psychodynamische interpersonale Therapie verbessern den Umgang mit den Beschwerden; Hypnotherapie verbessert Allgemeinsymptome bei ansonsten therapieresistenten Patienten; krampflösende Medikamente und Trizyklika verbessern Schmerzen; Quellmittel (Ispaghula) verbessern Schmerz und Stuhlgewohnheiten; 5-HT3-Antagonisten verbessern Allgemeinbeschwerden, Durchfall und Schmerz, können aber in seltenen Fällen zu Kolitis führen; 5-HT4-Agonisten verbessern Allgemeinsymptome, Verstopfung und Blähungen; SSRI verbessern Allgemeinsymptome.“
Resümee
Was genau welchem Patienten nützen wird, ist aufgrund des bisher bekannten Wissens kaum vorhersehbar.
66.7.4
Funktionelle Syndrome des oberen Gastrointestinaltrakts (ICD-10: F45.32)
Epidemiologische Angaben und typische Symptome einzelner Störungsbilder
Funktionelle Dyspepsie
Globusgefühl
Funktionelles Sodbrennen
Funktionelle Dysphagie
Funktionelle Thoraxschmerzen wahrscheinlich ösophagealen Ursprungs
Physiologische Besonderheiten
Funktionelle Dyspepsie
Globusgefühl
Funktionelles Sodbrennen
Funktionelle Dysphagie
Therapeutische Interventionen
Funktionelle Dyspepsie
Globusgefühl
Funktionelles Sodbrennen
Funktionelle Dysphagie
66.8
Funktionelle Störungen des respiratorischen Systems (ICD-10: F45.33)
66.8.1
Definition des Krankheitsbildes und der Symptomatik
Nach einer gängigen Definition bedeutet Hyperventilation eine über die metabolischen Bedürfnisse hinausgehende Atmung. Hyperventilation ist mit einer Reduktion des arteriellen pCO2, respiratorischer AlkaloseAlkalose, respiratorische und einem breiten Spektrum anderer Symptome assoziiert (Gardner 1996).
Zum Problem der diagnostischen Einordnung der Patienten
66.8.2
Physiologische Besonderheiten
66.8.3
Das Auftreten einer Hyperventilation begünstigende Faktoren
Psychogene Auslöser
Patientengeschichte 8
Erst auf Nachfrage berichtet ein jetzt 43-jähriger Mann von einer Operation als 9-Jähriger, bei der wohl „etwas schiefgegangen sei“. Man hätte einen schief stehenden Unterarmbruch geradeziehen wollen und in den Unterarm Betäubungsmittel gespritzt. Man habe dann später den wartenden Eltern gesagt, dass er auf die Injektion eines Lokalanästhetikums „allergisch reagiert“ habe, woraufhin man ihn hätte reanimieren müssen. Es sei aber alles gut gegangen.
Eine 54-jährige Frau mit unklaren Angstanfällen, in denen sie heftig hyperventiliert, unterhält sich nach dem Erstgespräch mit ihren Eltern über fragliche Atemnoterlebnisse. Die Eltern erinnern sie daran, dass ihr Cousin sie als 5-Jährige vom Boden eines Swimmingpools gerettet habe. Ihr fällt dann ein, dass sie als Teenager noch einmal fast ertrunken wäre, als sie beim Windsurfen vom Brett gefallen sei, sich irgendwie in einem Kabel verheddert habe und nicht mehr an die Wasseroberfläche gekommen sei. Auch hier wurde sie von einem aufmerksamen Beobachter gerettet.
Klassische Konditionierung
66.8.4
Therapeutische Intervention
66.9
Funktionelle Störungen des kardiovaskulären Systems (ICD-10: F45.30)
66.9.1
Definition des Krankheitsbildes und der Symptomatik
66.9.2
Epidemiologie des Störungsbildes
Patienten mit nichtkardialen Thoraxschmerzen nehmen unter Hyperventilation deutlich mehr Symptome wahr als Koronar- und andere Patienten; diese Symptome lösen weitaus mehr belastende Vorstellungen aus (Eifert et al. 1996).
66.9.3
Spezifisches Verhalten
Besonderheiten der Arzt-Patient-Beziehung
Wenn keine eindeutigen Hinweise auf eine KHK vorliegen, wird z. B. ein Belastungs-EKG nicht mit der Absicht durchgeführt, eine Diagnose positiv zu sichern, sondern mit der Absicht, die unwahrscheinliche Möglichkeit einer organischen Pathologie auszuschließen.
66.9.4
Therapeutische Interventionen
Literaturauswahl
Abernethy et al., 2010
Aiarzaguena et al., 2007
Dalrymple and Bullock, 2008
Fink et al., 2007
Ford et al., 2015
Halmos et al., 2014
Hatcher and Arroll, 2008
Henningsen et al., 2007
Jellema et al., 2009
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Kisely et al., 2015
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