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10.1016/B978-3-437-21833-0.00074-7
978-3-437-21833-0
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Technik der Polysomnografie. Bei speziellen Fragestellungen können zusätzlich atmungsphysiologische und kardiovaskuläre Parameter sowie die EMG-Aktivität der Beine (M. tibialis anterior) gemessen werden.SchlafPolysomnografieSchlafElektrophysiologiePolysomnografie
[L106]

PolysomnografiePolysomnografie
a) Definition der Schlaf-EEG-StadienSchlafEEG-Stadien: Wachzustand; Stadium 1 (Einschlafphase oder LeichtschlafLeichtschlaf); Stadium 2 (oberflächlicher Schlaf); Stadium 3 und 4 (TiefschlafTiefschlaf). Letztere sind im EEG durch langsame, sog. Delta-Wellen gekennzeichnet (Delta-Delta-SchlafSchlaf, slow wave sleep, SWSSWS (slow wave sleep)). Die Schlafstadien 1–4 nennt man orthodoxen SchlafSchlaforthodoxer. Der paradoxe SchlafSchlafparadoxer ist durch rasche Augenbewegungen (rapid eye movements, REM, deshalb auch REM-SchlafREM-Schlaf), ein EMG mit fehlendem Muskeltonus und rege Traumtätigkeit gekennzeichnet. Die Stadieneinteilung erfolgte gemäß international festgelegten Kriterien nach Rechtschaffen und Kales (1968). Heute werden meist die Schlafstadien 3 und 4 (Tiefschlaf) gemäß den Kriterien der American Academy of Sleep Medicine (Conrad et al. 2007) zu einem Schlafstadium zusammengefasst.
Der jugendliche Idealschläfer schläft rasch ein und erreicht nach kurzer Zeit den Tiefschlaf. Nach etwa 70–110 Min. tritt eine erste kurze REM-Phase auf, dann folgt ein zweiter Schlafzyklus. Pro Nacht treten beim jungen gesunden Menschen ca. 4–5 solcher Schlafzyklen von ungefähr 100 Min. Dauer auf. Gegen Morgen werden die REM-Phasen immer länger, und der Tiefschlaf nimmt ab. Die ungefähren Anteile der Stadien während einer 8-stündigen Schlafperiode betragen beim ca. 20-jährigen „Idealschläfer“ 5 % Stadium 1, 50 % Stadium 2, 20 % Tiefschlaf sowie 25 % REM-Schlaf.
b) Charakteristisches Schlafprofil einer gesamten Nacht (HypnogrammSchlafHypnogrammHypnogramm)
[L106]

Modelle der Schlafregulation – Das Zwei-Prozess-Modell: Verlauf von Prozess S und CSchlafregulationZwei-Prozess-Modell
[L106]

Modelle der Schlafregulation: Neuroendokrinologisch erweitertes Zwei-Prozess-Modell
(nach Steiger) [L106]

Klinischer Algorithmus zur Abklärung von Schlafstörungenklinischer AlgorhythmusSchlafstörungen
[L106]

Differenzialdiagnose der HypersomnieHypersomnienperiodischeHypersomnienidiopathischeHypersomnienDifferenzialdiagnose NarkolepsieKleine-Levin-Syndrom
Ursachen | Rel. Häufigkeit (ca. %) |
Hypersomnie im Rahmen von psychiatrischen Erkrankungen | 35 |
Nächtliche Atmungsstörungen | 35 |
Medikamenten-/drogeninduziert | 5 |
Schlafmangel | 5 |
Schichtarbeit | 5 |
Nächtliche Bewegungsstörungen (RLS/PLMS) | 5 |
Postvirale Hypersomnien | 2 |
Narkolepsie | 2 |
Nächtliche Epilepsien | 2 |
Idiopathische Hypersomnie | 1 |
Periodische Hypersomnie (Kleine-Levin-Syndrom) | 1 |
Nichtmedikamentöse Therapieverfahren von SchlafstörungenSchlafstörungenVerhaltenstherapieSchlafstörungenPsychotherapieSchlafstörungenEntspannungsverfahren
Basisverfahren |
|
Verhaltenstherapeutische Techniken |
|
Entspannungsverfahren |
|
Psychotherapie im engeren Sinne |
|
Auswahl von Substanzen, die in der InsomniebehandlungInsomnienTherapie Verwendung SchlafstörungenAntidepressivaSchlafstörungenHypnotikaSchlafstörungenAntipsychotikaSchlafstörungenAntihistaminikaHypnotikaSchlafstörungenAntipsychotikaSchlafstörungenAntihistaminika, SchlafstörungenAntidepressivaSchlafstörungenfinden
Substanzklasse | Substanz | Dosierung (mg) | Eliminationshalbwertszeit (h) |
Hypnotika (Benzodiazepinrezeptor-Agonisten) | |||
Kurz wirksam | Midazolam | 7,5–15 | 1,5–2,5 |
Triazolam | 0,125–0,25 | 2,4 | |
Zaleplon | 5–10 | 1 | |
Zolpidem | 5–10 | 1,5–4 | |
Mittellang wirksam | Brotizolam | 0,125–0,25 | 4–7 |
Eszopiclon | 1–3 | 6 | |
Flunitrazepam | 0,5–2 | 10–30 | |
Lormetazepam | 0,5–2 | 8–12 | |
Temazepam | 15–30 | 8–20 | |
Zopiclon | 7,5 | 5 | |
Lang wirksam | Flurazepam | 15–30 | 45–120 |
Nitrazepam | 2,5–10 | 15–30 | |
Antidepressiva | Agomelatin | 25–50 | 1–2 |
Amitriptylin | 25–200 | 12–24 | |
Doxepin | 25–100 | 10–30 | |
Mianserin | 30–120 | 21–61 | |
Mirtazepin | 7,5–30 | 5 | |
Trazodon | 50–150 | 3–6 | |
Trimipramin | 10–100 | 25 | |
Antipsychotika | |||
Klassisch Niederpotent | Chlorprothixen | 15–90 | 8–12 |
Melperon | 50–200 | 4 | |
Pipamperon | 20–40 | 8–17 | |
Promethazin | 25–50 | 9 | |
Atypisch | Olanzapin | 2,5–5 | 21–54 |
Quetiapin | 25–100 | 6–7 | |
Antihistaminika | Diphenhydramin | 50–100 | 6–8 |
Doxylamin | 6,25–25 | 6–12 | |
Diverse | Chloralhydrat | 250–2 000 | 6–7 |
Clomethiazol | 192–384 | 4–8 |
Insomnien: Diagnostische Kriterien (ICD-10)
Insomnien Diagnosekriterien
-
1.
Klagen über Ein-, DurchschlafstörungenDurchschlafstörungen und/oder schlechte Schlafqualität.Einschlafstörungen
-
2.
Häufigkeit, wenigstens dreimal pro Woche während mindestens 1 Monat.
-
3.
Die Schlafstörung verursacht entweder deutlichen Leidensdruck oder wirkt sich störend auf die soziale und berufliche Leistungsfähigkeit aus.
-
4.
Überwiegendes Beschäftigtsein mit der Schlafstörung sowohl nachts als auch tagsüber, eine übertriebene Sorge über ihre negativen Konsequenzen.
Parasomnien: Klassifikation nach ICSD-3
-
•
AufwachstörungenAufwachstörungen: tiefschlafassoziiert
-
–
SchlaftrunkenheitSchlaftrunkenheit
-
–
Somnambulismus (SchlafwandelnSomnambulismusSchlafwandeln)
-
–
Pavor nocturnusPavor nocturnus
-
-
•
REM-Schlaf-assoziierte Parasomnien: Parasomnien REM-Schlaf-assoziierte REM-Schlaf Parasomnien
-
–
AlbträumeAlbträume
-
–
SchlaflähmungSchlaflähmung
-
–
Verhaltensstörungen im REM-Schlaf (VerhaltensstörungenREM-SchlafREM-SchlafVerhaltensstörungen„Schenck-Schenck-SyndromSyndrom“)
-
-
•
Schlaf-Wach-Übergangsstörungen: Schlaf-Wach-Übergangsstörungen
-
–
Crampi nocturni (Crampi nocturninächtliche Wadenkrämpfe) Wadenkrämpfe, nächtliche
-
–
EinschlafmyoklonienEinschlafmyoklonien
-
–
Stereotype Bewegungsstörungen im Schlaf (Bewegungsstörungenstereotypez. B. Jactatio capitis nocturna) Jactatio capitis nocturna
-
–
Somniloquie (Sprechen im SomniloquieSprechen im SchlafSchlaf)
-
-
•
Diverse: z. B. BruxismusBruxismus
Schlafstörungen: Symptom- und Anamneseerhebung
-
•
Art der Schlafstörung: SchlafstörungenSymptom- /Anamneseerhebung
-
–
Einschlafstörung?
-
–
Durchschlafstörung?
-
–
Zu frühes morgendliches Erwachen
-
–
Nicht erholsamer Schlaf
-
-
•
Bettzeiten, Schlafdauer, Verhaltensgewohnheiten während nächtlicher Wachphase
-
•
Begleitsymptomatik
-
–
Kognitive, emotionale Aktivität
-
–
Vegetative Symptome (z. B. Herzrasen, Schwitzen)
-
-
•
Schlafverhalten tagsüber, Tagesbefindlichkeit
-
•
Genussmittelkonsum (Alkohol, Kaffee, Nikotin), abendliche Essgewohnheiten
-
•
Medikamenteneinnahme, besonders Schlafmittel
-
•
Verlauf und Dauer der Störung
-
•
Subjektive und objektive auslösende Ursachen
-
•
Systemanamnese:
-
–
psychiatrisch
-
–
somatisch
-
-
•
Schlaftagebuch über 2 Wochen
Indikationen für eine Schlafabklärung im Labor bei Verdachtsdiagnose
-
•
Schlafassoziierte AtemstörungenSchlafAtemstörungenAtemstörungen, schlafassoziierte
-
•
Restless-Legs-Restless-Legs-SyndromSyndrom, Periodic Limb Movement Disorder (PLMD)Periodic limb movement (disorder)
-
•
Nächtliche epileptische AnfälleEpileptische Anfällenächtliche
-
•
ParasomnienParasomnien
-
•
NarkolepsieNarkolepsie
Empfehlung: Chronifizierte Insomnie ohne erkennbare Ursache (Dauer > 1 Jahr)
Ursachen von Schlafstörungen (Die 5 „P“)
-
1.
Physisch: somatisch Schlafstörungensomatisch bedingtebedingte UrsachenSchlafstörungenUrsachen
-
–
Internistische Erkrankungen:
-
–
kardiovaskuläre
-
–
pulmonale: Schlafapnoe etc.
-
–
endokrin-metabolische (Schilddrüse etc.)
-
–
rheumatologische (Schmerzen)
-
-
–
Neurologische Erkrankungen:
-
–
Restless-Legs-Syndrom, periodische Beinbewegungen
-
–
degenerative Hirnerkrankungen
-
–
Narkolepsie
-
-
–
Gynäkologische Ursachen:
-
–
Menstruation
-
–
Schwangerschaft
-
–
Menopause
-
–
Hormonmangel
-
–
Hormontherapien
-
-
–
Urologische Erkrankungen
-
-
2.
Pharmakologisch: Schlafstörungenpharmakologisch bedingteSubstanzen mit potenziell schlafstörender Wirkung
-
–
Aktivierende Antidepressiva (z. B. MAO-Hemmer)
-
–
Alkohol
-
–
Antiasthmatika (z. B. Theophyllin)
-
–
Antibiotika (z. B. Gyrasehemmer, Makrolide)
-
–
Anticholinergika
-
–
Antihypertensiva (z. B. Betablocker, Diuretika)
-
–
Antikonzeptive Hormonpräparate
-
–
Antiparkinsonmittel (z. B. L-Dopa)
-
–
Hypnotika mit kurzer Wirkdauer (Rebound!)
-
–
Interferone
-
–
Ketamin
-
–
Koffein
-
–
Kokain
-
–
Kortikosteroide
-
–
Migränemittel (z. B. Methysergid)
-
–
Sympathomimetika (z. B. Ephedrin)
-
–
Thyroxin
-
–
Zytostatika
-
-
3.
Physiologisch: zirkadian bedingte Schlafstörungenzirkadian bedingteSchlafstörungen
-
–
Exogene Ursachen:
-
–
Jet Lag
-
–
Schichtarbeit
-
–
Sozial bedingte ungenügende Schlafhygiene
-
–
Kurzhospitalisation
-
-
–
Endogene Ursachen:
-
–
vorverlagertes Schlafphasen-Syndrom
-
–
verzögertes Schlafphasen-Syndrom
-
–
unregelmäßiges Schlafphasen-Syndrom
-
-
–
Sekundär im Rahmen von körperlichen Erkrankungen
-
-
4.
Psychologisch: Schlafstörungenpsychophysiologischepsychophysiologische, situativ etc. bedingte Schlafstörungen
-
–
Lebensereignisse
-
–
Stress
-
–
Schwere Krankheit
-
-
5.
Psychiatrisch: diagnostizierbare psychiatrische StörungSchlafstörungenpsychiatrisch bedingte
-
–
AngsterkrankungenAngst(störungen)Schlafstörungen
-
–
Demenzielle Erkrankungen
-
–
DepressionenDepression/depressive StörungenSchlafstörungen
-
–
SchizophrenieSchizophrenieSchlafstörungen
-
–
SuchterkrankungenSuchterkrankungenSchlafstörungen
-
Therapie der Insomnien: Stufenschema
-
1.
Ursachenorientiert: InsomnienTherapieAbklärung und Einleitung einer spezifischen Therapie
-
2.
Symptomatische Therapie nach Ausschluss einer spezifischen Ursache
-
a.
Nichtpharmakologische Therapieansätze:
-
i.
Basisverfahren: Aufklärung und Beratung, Regeln der Schlafhygiene
-
ii.
Entspannungsverfahren und spezifische Interventionen
-
iii.
Psychotherapien im engeren Sinne
-
-
b.
Pharmakologische Therapieansätze:
-
i.
Phytotherapeutika
-
ii.
Hypnotika: GABAA-Benzodiazepin-Rezeptoragonisten
-
iii.
Andere schlaffördernde Substanzen, z. B. sedierende Antidepressiva
-
-
Die 10 Regeln der Schlafhygiene
Schlafstörungen Schlafhygiene Schlafhygiene
-
1.
Körperliche Tätigkeit fördert Müdigkeit. Keine Spitzenleistungen, dafür Abendspaziergang.
-
2.
Mahlzeiten: abends nur leichte Mahlzeit.
-
3.
„Training des vegetativen Nervensystems“: warm und kalt duschen.
-
4.
Kaffee, Tee und andere Stimulanzien stören. Alkohol erleichtert das Einschlafen, beeinträchtigt aber Schlafstruktur.
-
5.
Schlafzimmer: wohliges Bett, Dunkelheit, Ruhe.
-
6.
Regelmäßigkeit: Zur gleichen Zeit abends zu Bett gehen und am Morgen aufstehen. Einschlafritual – Monotonie hilft beim Einschlafen.
-
7.
Schlafzeit knapp bemessen: Schlafdefizit ist zwar unangenehm, aber ungefährlich. Das Mittagsschläfchen programmiert die abendliche EinschlafstörungenEinschlafstörung.
-
8.
Lieber aufstehen und lesen als sich stundenlang im Bett wälzen.
-
9.
Paradoxie: „Ich will gar nicht einschlafen“. Durchbrechen des Terrors der Erwartungshaltung.
-
10.
Schlafmittel programmieren Schlafstörung.
Schlafstörungen: Phytopharmaka
-
•
Johanniskraut (Hyperici herba)
-
•
Hopfenzapfen (Lupuli strobulus)
-
•
Melissenblätter (Melissae folium)
-
•
Passionsblumenkraut (Passiflorae herba)
-
•
Baldrianwurzel (Valerianae radix)
Probleme der Hypnotika vom Benzodiazepin-Typ
Hypnotika Nebenwirkungen Schlafstörungen Hypnotika
-
•
Tagessedierung, kognitive Beeinträchtigungen
-
•
Rebound-Phänomene (Insomnie, Angst)
-
•
Anterograde Amnesie
-
•
Ataxie (Sturzgefahr!)
-
•
Delirante Zustandsbilder (Cave: Alter!)
-
•
Toleranz-/Abhängigkeitsentwicklung (Cave: Patienten mit Suchtverhalten)
-
•
Atemdepression (Cave: Schlafapnoe)
-
•
Interaktionen: andere Medikamente, Alkohol
Die 5-K-Regel für den Einsatz von Hypnotika
Hypnotika 5K-Regel Schlafstörungen Hypnotika
-
1.
Klare Indikation
-
2.
Kleinstmögliche Dosierung
-
3.
Kürzestmögliche Behandlungszeit
-
4.
Keinesfalls abrupt absetzen
-
5.
Kontraindikationen beachten
Hypnotika: Langzeittherapie
Kriterien
-
•
Chronisches Schlafdefizit vorhanden
-
•
Tagesbeeinträchtigung ohne Einsatz von Hypnotika vorhanden
-
•
Absetzen bringt dem Patienten mehr Schaden als Nutzen
-
•
Regelmäßige Intervalltherapien und Absetzversuche gescheitert
-
•
Kontraindikationen ausgeschlossen
Therapiekonzepte
-
•
Standardintervalltherapie: Dauer der Gabe beschränkt: über Wochen oder Tage
-
•
Kontrollierte Bedarfsintervalltherapie: bedarfsgerechte Anwendung von Einzeldosen
-
•
Niedrig dosierte Kombinationstherapie: z. B. Kombination von Hypnotikum und Antidepressivum
Schlaf und Schlafstörungen
74.1
Einleitung
Patientengeschichte
Frau S. (70 J.) meldet sich bei ihrem langjährigen Hausarzt, bei dem sie wegen ihres metabolischen Syndroms in Behandlung steht, und klagt darüber, dass sie seit 3 Monaten nicht mehr schlafen könne. Nach dem Verlust des Ehemanns, der vor 6 Monaten an einem akuten Herzversagen verstorben sei, habe sich nach der ersten Trauer Energie- und Hoffnungslosigkeit breit gemacht. Einschlafstörungen, die mit unangenehmen Empfindungen in den Beinen im Zusammenhang stehen, habe sie zwar schon seit Jahren. Aber die Durchschlafstörungen seien erst seit Kurzem im Rahmen ihrer aktuellen Situation aufgetreten. Tagsüber lege sie sich zudem wegen starker Müdigkeit oft hin, manchmal sei sie auch schon in langweiligen Situationen eingeschlafen.
74.2
Der normale Schlaf
74.2.1
Elektrophysiologie
74.2.2
Modelle der Schlafregulation
Das reziproke Interaktionsmodell
Das Zwei-Prozess-Modell
Schlafendokrinologische Modelle
Weitere Faktoren
74.3
Schlafstörungen
74.3.1
Epidemiologie
74.3.2
Klassifikation der Schlafstörungen
Übersicht
Abklärungen
74.3.3
Spezifische Ursachen von Schlafstörungen
Somatisch bedingte Schlafstörungen
Patientengeschichte (Forts.)
Die seit Jahren bestehenden Einschlafstörungen legen aufgrund der angegebenen Missempfindungen in den Beinen ein RLS nahe. Allerdings scheint der Leidensdruck bzgl. dieses Symptoms nur gering zu sein. In der Laborabklärung können zudem eine Hypothyreose und ein Eisenmangel ausgeschlossen werden. In der durchgeführten Polysomnografie zeigen sich tatsächlich periodische Beinbewegungen, allerdings kaum mit einer Weckreaktion einhergehend. Eine spezifische Therapie ist deshalb nicht indiziert. Zudem wurde wegen der erhöhten Tagesmüdigkeit auch eine Apnoe-Registrierung durchgeführt, die einen Apnoe-Hypopnoe-Index von < 5 ergab.
Pharmakologisch bedingte Schlafstörungen
Zirkadian bedingte Schlafstörungen
Psychophysiologische Schlafstörungen
Psychiatrisch bedingte Schlafstörungen
Patientengeschichte (Forts.)
In der erweiterten psychiatrischen Anamnese konnte eine mittelgradige depressive Episode einhergehend mit starken Durchschlafstörungen diagnostiziert werden. Das leichte RLS war klinisch vernachlässigbar, eine Schlafapnoe wurde ausgeschlossen.
In der Therapie mit einem sedierenden Antidepressivum, das keine Verstärkung der RLS-Symptomatik bewirkt, stabilisierte sich der Nachtschlaf, die Tagesschläfrigkeit verschwand und nach 5 Wochen Behandlung remittierte die Depression vollständig.
Die Therapie der Schlafstörung bei psychiatrischen Erkrankungen wird in erster Linie durch die Behandlung der Grunderkrankung abgedeckt. So empfiehlt sich neben psychotherapeutischen Interventionen in der Behandlung depressiver Patienten, aber auch von Angstpatienten mit Schlafstörungen die Gabe schlafanstoßender Antidepressiva zur Nacht (Tab. 74.3). Antipsychotika mit sedierender Wirkkomponente kommen in erster Linie bei Schizophrenie-Erkrankungen zum Einsatz. Auch bei Demenz werden sedierende Antipsychotika eingesetzt. Cholinesterasehemmer scheinen bei dementen Patienten günstige Effekte auf die Schlafqualität auszuüben, können aber Albträume verursachen.
74.4
Therapie
74.4.1
Nichtpharmakologische Therapieverfahren
74.4.2
Pharmakologische Behandlungsmöglichkeiten
Phytopharmaka
Hypnotika
Andere schlaffördernde Substanzen
Diverse Substanzen
-
•
Schlafstörungenmedikamentöse TherapieClomethiazol:Clomethiazol, Schlafstörungen besitzt eine starke sedativ-hypnotische Wirkung, ist aber mit einem erheblichen Abhängigkeitspotenzial und der Gefahr der Atemdepression behaftet. Sein Einsatz betrifft vorwiegend die Behandlung deliranter Syndrome unter stationären Bedingungen und ist aufgrund der genannten Risiken für den ambulanten Bereich nicht zu empfehlen.
-
•
Chloralhydrat: Chloralhydrat, Schlafstörungenein Alkoholderivat, wirkt nur leicht sedierend und beeinflusst die Schlafstruktur nur gering. Problematisch sind die geringe therapeutische Breite, ein rascher Wirkungsverlust und ein Abhängigkeitsrisiko.
-
•
L-Tryptophan: AminosäureL-Tryptophan, Schlafstörungen und Vorläufersubstanz von Serotonin, kann für leichte, chronisch vorhandene Schlafstörungen eingesetzt werden.
-
•
Melatonin: vor allem MelatoninSchlafstörungenin der Behandlung von Schlaf-Wach-Rhythmus-StörungenSchlaf-Wach-RhythmusStörungen bei Blinden, bei JetlagJetlag-Symptomatik nach Zeitzonenverschiebung oder beim sehr seltenen Syndrom der verzögerten SchlafphaseSyndromder verzögerten Schlafphase eingesetzt. Im höheren Lebensalter soll die zirkadiane Rhythmik weniger prominent und mit einer geringeren Melatonin-Ausschüttung assoziiert sein. Aus diesem Grund wurde ein Melatonin-Präparat für die kurzzeitige InsomniebehandlungInsomnienMelatonin ab 55 J. zugelassen. Die phasengerechte Gabe 1–2 h vor Beginn der Nachtschlafenszeit ist dabei essenziell (Hajak et al. 2015).
-
•
Ramelteon: ein Ramelteon, Schlafstörungenselektiver MT1- und MT2-Melatonin-Rezeptoragonist, der in den USA seit 2005 von der FDA zur Behandlung von EinschlafstörungenEinschlafstörungen zugelassen ist. Die Substanz führt zur Verbesserung der subjektiven und polysomnografisch gemessenen Schlafqualität (Borja et al. 2006).
-
•
Suvorexant:Suvorexant, Schlafstörungen ein dualer Orexin-Rezeptorantagonist, für den eine schlaffördernde Wirkung nachgewiesen wurde (Herring et al. 2016).
Literaturauswahl
Achermann and Borbély, 2003
American Academy of Sleep Medicine, 2014
Brown et al., 2008
DGP – Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, 2014
DGSM – Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, 2009
Hobson et al., 1986
Iber et al., 2007
Rechtschaffen and Kales, 1968
Saper et al., 2005
WHO – Weltgesundheitsorganisation, 1994