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978-3-437-48043-0
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Die häufigsten Ursachen des akuten Abdomens, Darstellung nach Lokalisation und Häufigkeit
[L190]

Schmerztypen verschiedener akuter abdominaler Erkrankungen
[L231]

Ikterus
[T212]

Schematische Darstellung eines Ulkus. Der Substanzdefekt reicht bis in die Muskelschicht hinein.
[L190]

Zwölffingerdarmgeschwür (Ulcus duodeni)
[E353]

Gallensteine
[E350]

Mögliche Komplikationen von Gallensteinen in Abhängigkeit von ihrer Lokalisation
[L190]

Die häufigsten Ursachen für einen Darmverschluss (Ileus)
[L138]

Ileus
[K107]

Schmerzpunkte und Schmerz auslösende Manöver bei Appendizitis: McBurney-McBurney-PunktPunkt: Druckschmerz im rechten Unterbauch in einer gedachten Verbindungslinie zwischen Bauchnabel und rechtem vorderen oberen Darmbeinstachel;
Blumberg-Blumberg-ZeichenZeichen: Loslassschmerz im linken Unterbauch mit gleichzeitiger Schmerzverstärkung im rechten Unterbauch (Kreuzungsschmerz); Lanz-Lanz-PunktPunkt: Druckschmerz über dem Drittel der Wegstrecke auf einer gedachten Verbindungslinie zwischen dem rechten vorderen oberen und dem linken vorderen oberen Darmbeinstachel (rechtsseitiger Drittelpunkt).
[L138]

Pankreatitis mit Selbstverdauung (Autodigestion) und Nekrose
[F290]

Bauchaortenaneurysma. 1 = Nieren, 2 = Harnleiter, 3 = Bauchaortenaneurysma
[K107]

Grundbausteine der Diabetestherapie
[L190]

Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus
[L190]

BlutzuckerSpiegelBlutzuckerspiegel (alle Angaben in mg/dl und mmol/l). Unterhalb eines Wertes von 50 mg/dl (2,8 mmol/l) liegt eine Hypoglykämie (Unterzuckerung) vor, oberhalb von 120 bis 140 mg/dl (6,7 bis 7,8 mmol/l) eine Hyperglykämie (Überzuckerung). Ab einer Blutglukosekonzentration von etwa 180 mg/dl (10,0 mmol/l) ist die Nierenschwelle überschritten, d. h., die Niere schafft es nicht mehr, die filtrierte Glukose zu resorbieren und ins Blut zurückzuführen. Folglich wird Glukose über den Urin ausgeschieden (GlukosurieGlukosurie), was von einer verstärkten Wasserausscheidung begleitet wird (osmotische Diurese).
[L190]

Die wichtigsten Symptome bei Lebererkrankungen
[L190]

Häufige Erkrankungen im Bauchraum
Lokalisation | Erkrankung | Details im Buch |
Oberbauch | ||
rechts |
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Mitte |
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links |
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Unterbauch | ||
rechts |
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Mitte |
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links |
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Einteilung des Diabetes mellitus nach Ursachen (WHO-Klassifikation)SchwangerschaftDiabetesGestationsdiabetes
I: Typ-1-Diabetes
|
Zerstörung der β-Zellen; absoluter Insulinmangel |
II: Typ-2-Diabetes | Insulinresistenz mit nachfolgender Insulinsekretionsstörung; relativer Insulinmangel |
III: andere Ursachen | 8 verschiedene Untergruppierungen |
IV: Gestationsdiabetes | in der Schwangerschaft erstmals aufgetretener Diabetes mellitus; erhöhte Gefahr für Schwangerschaftskomplikationen (Kap. 21); Diät halten bzw. Insulin spritzen |
Gegenüberstellung von typischen Merkmalen des Typ-1- und Typ-2-Diabetes
Typ-1-Diabetes | Typ-2-Diabetes | |
Körperbau | schlank | adipös |
Krankheitsbeginn | oft rasch | langsam |
Manifestationsalter | < 40. Lebensjahr | > 40. Lebensjahr |
Ätiologie | Zerstörung der β-Zellen | Insulinresistenz |
Körpereigenes Insulin | niedrig bis fehlend | normal bis hoch |
Stoffwechsellage | labil, hohe Ketoseneigung | stabil |
Insulintherapie | erforderlich | nur bei Erschöpfung der Insulinreserven |
Vergleich zwischen ketoazidotischem und hyperosmolarem Koma
Ketoazidotisches Koma | Hyperosmolares Koma | |
Blutzucker | < 600 mg/dl (33 mmol/l) | > 600 mg/dl (33 mmol/l) |
Letalität | 5–20 % | 40–60 % |
Insulinmangel | absoluter Insulinmangel | relativer Insulinmangel |
Metabolische Azidose (3.9.3) |
|
|
Akutes Abdomen und metabolische Notfälle
Die im Bauchraum lokalisierten Organe stehen vielfach anatomisch und physiologisch in einer wechselseitigen Beziehung zueinander. Somit ist auch eine Vielzahl von Ursachen denkbar, die zu Erkrankungen führen, welche unter dem Sammelbegriff „akutes Abdomen“ zusammengefasst werden. Das akute Abdomen ist klinisch durch ein komplexes Notfallbild charakterisiert und lässt zahlreiche Differenzialdiagnosen zu. Zu den Erkrankungen des akuten Abdomens zählen Blutungen in den Verdauungskanal (gastrointestinale Blutungen), Passagehindernisse in Hohlorganen (Koliken), Entzündungen von Bauchorganen (z. B. Appendizitis) und Erkrankungen der im Abdomen gelegenen Gefäße (z. B. akuter Mesenterialarterieninfarkt). Kennzeichnend für das akute Abdomen sind die aus den Störungen resultierenden gemeinsamen Komplikationen, wie die Eröffnung von Hohlorganen infolge nekrotisch-entzündlicher Prozesse (Perforation, 19.1.2), die Entzündung des Bauchfells (Peritonitis, 19.1.2) und der Schock (vor allem Volumenmangelschock und septischer Schock, 9.3.1 und 9.3.59.3.19.3.5).
Für den Rettungsdienst relevante metabolische Notfälle betreffen vor allem die zentralen Stoffwechselorgane Leber und Bauchspeicheldrüse. Eine dauerhafte Erhöhung der Blutglukosekonzentration infolge absoluten oder relativen Insulinmangels wird Diabetes mellitus genannt. Neben chronischen Folgeerscheinungen des Diabetes mellitus kommt es auch zu akuten Stoffwechselentgleisungen (hypoglykämischer Schock). Die Leber ist das zentrale Stoffwechsel- und Entgiftungsorgan. Akute und chronische Leberschäden können dabei einen Ausfall der Leberfunktion verursachen. Dabei führt die Ansammlung neurotoxischer Substanzen im Gehirn infolge mangelnder Entgiftung zu einer Bewusstlosigkeit (Coma hepaticum).
19.1
Akutes Abdomen
19.1.1
Symptome des akuten Abdomens
Schmerzen
-
•
des Schmerzbeginns
-
•
der Schmerzdauer (Entwicklung)
-
•
des Schmerzcharakters (Qualität)
-
•
der Schmerzlokalisation
-
•
der Schmerzausstrahlung (Verlagerung und Wanderung)
Schmerzbeginn und Schmerzdauer
Schmerzcharakter
Schmerzlokalisation und Schmerzausstrahlung
Abwehrspannung
Aszites
-
•
Leberzirrhose
-
•
BauchfellEntzündungBauchfellentzündung (entzündlicher Aszites)
-
•
Pfortaderhochdruck und Rechtsherzinsuffizienz (nichtentzündlicher Aszites)
Peristaltik
Kreislaufreaktionen
-
•
Intraabdominale und gastrointestinale Blutungen
-
•
Organentzündung, Hohlorganverschluss und Geschwür mit nachfolgender Perforation
-
•
Peritonitis
Erbrechen
-
•
Galleerbrechen Galleerbrechenbei Magen-Darm-Infektionen
-
•
Koterbrechen (KoterbrechenMisere) bei MisereDarmverschluss als Überlauferbrechen
-
•
Bluterbrechen (BluterbrechenHämatemesis) bei Hämatemesisgastrointestinalen Blutungen
Hämatemesis
Stuhlgang
-
•
Durchfall (DurchfallDiarrhö) meist Diarrhöinfektiöser Ursache, z. B. Salmonellen-Erkrankung
-
•
Verstopfung (VerstopfungObstipation) oder ObstipationStuhlverhalten, z. B. Darmverschluss
-
•
Auffällig heller, lehmfarbener StuhllehmfarbenerStuhl bei Galleabflussstörungen infolge Entfärbung des Stuhls von Gallenfarbstoff mit eingeschränkter oder fehlender Fettverdauung
-
•
Teerstuhl (Meläna) bei oberen gastrointestinalen Blutungen
-
•
Blutstuhl (HämatochezieHämatochezie) bei Melänaunteren gastrointestinalen Blutungen
Teerstuhl
Blutstuhl
Hautfarbe
Ikterus
19.1.2
Gefahren und Komplikationen des akuten Abdomens
-
•
Perforation
-
•
Peritonitis
-
•
Exsikkose mit Störungen im Wasser-Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt (3.9.2 und 3.9.33.9.23.9.3)
-
•
Volumenmangelschock (9.3.1)
-
•
Sepsis und septischer Schock (9.3.5)
Perforation
-
•
Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren
-
•
akuter Appendizitis
-
•
akuter Gallenblasenentzündung
Peritonitis
-
•
Die lokale Peritonitis ist auf das Gebiet der Infektionsquelle begrenzt. Sie äußert sich durch eine lokale Abwehrspannung und Schmerzen, die durch Druck- oder Loslassschmerz ausgelöst oder verstärkt werden können (z. B. akute Pankreatitis, akute Appendizitis).
-
•
Die diffuse Peritonitis hingegen breitet sich z. B. nach Hohlorganperforation rasch über das gesamte Peritoneum aus. Dies zeigt sich hauptsächlich durch eine generalisierte Abwehrspannung, Volumenmangelschock bei Verlust von bis zu 6 Litern Flüssigkeit in die Bauchhöhle infolge Ödembildung, Ausfall von mit dem Bauchfell in Kontakt stehenden Organen (z. B. paralytischer Ileus) und septischem Schock mit Lungen- und Nierenversagen.
19.1.3
Therapie des akuten Abdomens
Merke
Ein akutes Abdomen erfordert akutes Handeln.
Patientenuntersuchung
-
•
Gründliche Inspektion: Gesamtzustand erfassen (z. B. Unruhe, Allgemeinzustand, Schonhaltung), Haut beurteilen (z. B. Kaltschweißigkeit, Ikterus, Hämatome), nach Narben (→ Voroperationen!) suchen, aufgetriebenes Abdomen (z. B. Aszites, Luft), Ausscheidungen (z. B. Hämatemesis, Teerstuhl, Blutstuhl, Durchfall) beachten.
-
•
Behutsame Palpation: Beginnend im vom Schmerzpunkt am weitesten entfernten Quadranten, mit beiden Händen zuerst sanft palpieren, um eine Abwehrspannung von einer reflektorischen Muskelspannung bei zu festem Druck zu unterscheiden. Dann tiefer tasten (Druck- und Loslassschmerz, Darmsteife), Gesicht des Patienten währenddessen beobachten (Schmerzausdruck).
-
•
Sorgfältige Auskultation: Auskultation der Lunge (z. B. Aspiration von Erbrochenem) und des Abdomens (Darmgeräusche: vorhanden/nicht vorhanden, lebhaft/spärlich/fehlend) vornehmen.
Basismaßnahmen
-
•
ein kontinuierliches und engmaschiges Monitoring mit Verlaufsdokumentation,
-
•
die Sauerstoffgabe (4 bis 6 l/min) über eine Sauerstoffsonde oder -brille,
-
•
die Lagerung in leichter Oberkörperhochlage (Aspirationsschutz) und mit angewinkelten Knien (Knierolle), um die Bauchdecke zu entspannen und dadurch Schmerzen zu reduzieren, bzw. bei Blutdruckabfall in flacher Rückenlage und mit Knierolle,
-
•
den Wärmeerhalt und
-
•
die Beruhigung des Patienten.
Erweiterte Maßnahmen
Achtung
Eine wesentliche Nebenwirkung von Opiaten ist die Tonuszunahme an glatter Muskulatur, sodass vor allem bei Kolikschmerzen beim Einsatz von Opiaten Vorsicht geboten ist.
19.1.4
Gastrointestinale Blutungen
Ösophagusvarizenblutung
Gastrointestinale Ulzerationen
-
•
Eine übermäßige Magensaftproduktion (Salzsäure und Pepsin)
-
•
Infektionen mit dem Bakterium Helicobacter pylori
-
•
Verdauungsenzyme (z. B. Pepsin)
-
•
Medikamenteneinnahme (z. B. ASS, Diclofenac, Ibuprofen, Glukokortikoide)
19.1.5
Hohlorganverschlüsse (Koliken)
Gallenkolik
Nierenkolik
Darmverschluss (Ileus)
Merke
Bleibt ein primär mechanischer Ileus unbeachtet, wird er mit zunehmender Dauer durch Erschöpfung und Erschlaffung des Darms in einen paralytischen Ileus übergehen.
-
•
Flüssigkeits- und Gasansammlung,
-
•
Sauerstoffunterversorgung der Darmwand mit Ischämie, Perforation und Peritonitis sowie
-
•
Eiweiß- und Flüssigkeitsverlusten mit intra- und extrazellulären Störungen des Wasser-Elektrolyt- und des Säure-Basen-Haushalts.
Merke
In der klinischen Praxis gilt: „Über einem Ileus darf die Sonne nicht untergehen.“
19.1.6
Entzündungen
Akute Appendizitis
-
•
eine Verengung des Wurmfortsatzlumens durch Kotsteine, Abknickung oder Narbenstränge mit daraus folgender Entleerungsstörung und
-
•
Darminfektionen.
Akute Pankreatitis
19.1.7
Gefäßerkrankungen
Akuter Mesenterialarterieninfarkt
Bauchaortenaneurysma (BAA)
Achtung
Aufgrund der diffusen Schmerzsymptomatik erfährt das Bauchaortenaneurysma häufig Fehldeutungen als Nierenkolik oder Wirbelsäulenaffektion (z. B. Bandscheibenvorfall, „Hexenschuss“). Daher muss bei über 50-jährigen männlichen Patienten, insbesondere bei kardiovaskulären Vorerkrankungen, bei plötzlich eintretendem Rückenschmerz an ein gedeckt rupturiertes Bauchaortenaneurysma gedacht werden.
19.2
Metabolische Notfälle
19.2.1
Diabetes mellitus
Krankheitsformen des Diabetes mellitus
Typ-1-Diabetes
Merke
Typ-1-Diabetes = absoluter Insulinmangel
Typ-2-Diabetes
-
•
Überernährung: Dauerhafte Überernährung bei einem Überangebot an Nahrung und missbräuchlicher Auswahl der Nahrungsmittel steigert erheblich die Insulinsekretion, was zu einer Insulinresistenz an den Rezeptoren führt. 90 % der Typ-2-Diabetiker sind übergewichtig.
-
•
Bewegungsmangel: Infolge nicht ausreichender Bewegung sinkt die Glukoseaufnahme in die Muskelzellen, sodass die Blutzuckerkonzentration ansteigt. Folgen sind Fettleibigkeit (Adipositas) und Insulinresistenz.
Merke
Typ-2-Diabetes = relativer Insulinmangel
Begleiterkrankungen des Diabetes mellitus
-
•
Typ-1-Diabetes: Schäden an Kapillaren (Mikroangiopathien)
-
•
Typ-2-Diabetes: Schäden an größeren Blutgefäßen im Sinne einer Arteriosklerose (Makroangiopathien)
-
•
Diabetische Retinopathie, diabetischeRetinopathie: Durchblutungsstörungen an der Netzhaut des Auges (3.4.2) mit Sehstörungen (Schleier, Verschwommensehen); häufigste Erblindungsursache bei Erwachsenen über 20 Jahre in den Industrienationen.
-
•
Diabetische Nephropathie, diabetischeNephropathie (diabetische Glomerulosklerose, diabetischeGlomerulosklerose): Nierenfunktionsstörung mit der Hauptgefahr, eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz zu entwickeln (20.4).
-
•
Diabetische Neuropathie, diabetischeNeuropathie: Schädigung des Nervensystems mit vielfältigen sensiblen und motorischen Störungen sowohl des somatischen als auch des autonomen Nervensystems (3.3.2); hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass bei bestehender diabetischer Neuropathie myokardiale Nekroseschmerzen im Rahmen eines akuten Myokardinfarkts nicht oder nur abgeschwächt wahrgenommen werden („stummer Infarkt“).Infarktstummer Aus diesem Grund schließen fehlende Beschwerden beim Diabetiker einen Herzinfarkt nicht aus, wenn die übrigen klinischen Zeichen (13.2.1) ansonsten zutreffen.
-
•
Koronare Herzkrankheit (13.1.3)
-
•
Durchblutungsstörungen (13.1.2)
-
•
Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK, 13.2.5)
-
•
Diabetischer Fuß
Hyperglykämie und Coma diabeticum
-
•
eine Unterbrechung der exogenen Insulinzufuhr (z. B. unzureichende oder unterlassene Insulininjektionen) oder
-
•
einen erhöhten Insulinbedarf, ohne die Insulinmenge anzupassen (z. B. bei Infekten, Stress, Erbrechen).
Ketoazidotisches Koma
Merke
Die wichtigsten Warnzeichen einer Ketoazidose sind:
-
•
AzetongeruchAzetongeruch in der Atemluft (riecht nach Nagellack oder obstartig)
-
•
Tiefes Atmen (Kußmaul-Atmung)
Hyperosmolares Koma
Symptome
-
•
Die Frühphase (Präkoma) ist von der beginnenden Hyperglykämie, Glukosurie mit osmotischer Diurese und Azidose (nur bei der ketoazidotischen Form!) gekennzeichnet. Die Patienten klagen über zunehmende Appetitlosigkeit oder Völlegefühl, ein gesteigertes Durstempfinden und eine Harnflut (Polyurie) mit wasserklarem Urin.
-
•
Die Spätphase (Koma) umfasst zusätzlich die Zeichen eines ausgeprägten Volumenmangels, einer intrazellulären Austrocknung (Dehydratation) und Kußmaul-Atmung (nur beim ketoazidotischen Koma). Die Patienten sind bewusstseinsgetrübt (unruhig, verwirrt bis hin zu Apathie und Bewusstseinsverlust).
Achtung
Das Ausmaß des intrazellulären Flüssigkeitsverlustes wird beim Coma diabeticum oft unterschätzt. Wegen des verstärkten Flüssigkeitseinstroms aus den Zellen in die Blutgefäße macht sich der Flüssigkeitsverlust, der bis zu 10 l betragen kann, in Form von ausgeprägten Schockzeichen nur selten bemerkbar. Leitsymptom bleibt daher bei hohen Blutzuckerwerten die Bewusstseinsstörung.
Basismaßnahmen
Hypoglykämie und hypoglykämischer Schock („Zuckerschock“)
Ursachen der Unterzuckerung
-
•
fehlerhaftem Gebrauch von Pens oder Insulinpumpen,
-
•
Verwechslung des Insulinpräparats oder
-
•
Auslassen von Mahlzeiten ohne Anpassung der Insulindosis.
Symptome
Merke
Die Symptome einer Hypoglykämie hängen nicht nur von der absoluten Höhe des BZ-Wertes ab, sondern vielmehr auch von der Schnelligkeit des Blutzuckerabfalls.
-
•
Parasympathische Reaktion: Heißhunger, Müdigkeit, Schwächegefühl mit Kollapsneigung, Übelkeit und Erbrechen
-
•
Sympathische Reaktion: Angst, Unruhe, Kaltschweißigkeit, Hautblässe, Tremor, Tachykardie, Mydriasis
-
•
Zentralnervöse Reaktion: Kopfschmerzen, Schwindel, Koordinationsstörungen, Sehstörungen, Konzentrationsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten (Apathie, Euphorie, Verstimmung, Verwirrtheit, Wutausbrüche, Aggression), Halbseitenlähmung, Sprachstörungen, Halluzinationen, primitive Automatismen (Schmatzen, ungezieltes Greifen, Grimassieren), zerebrale Krampfanfälle, Somnolenz, Koma, zentrale Atem- und Kreislaufregulationsstörungen
Merke
Die Hypoglykämie ist das Chamäleon der Notfallmedizin. Es können alle neurologischen Störungen wie zerebrale Krampfanfälle, Lähmungen und psychische Auffälligkeiten vorkommen.
Basismaßnahmen
Merke
Die orale Zuckerzufuhr ist nur bei wachen und kooperativen Patienten mit ausreichend erhaltenen Schutzreflexen (→ Aspirationsschutz) durchführbar.
Merke
Die Glukosegabe muss streng intravenös erfolgen. Bei versehentlicher paravenöser Applikation drohen ansonsten schwere Gewebenekrosen bis zum Verlust der Extremität.
19.2.2
Coma hepaticum
-
•
Verfettung: Fetteinlagerung in das Leberparenchym infolge Alkoholabhängigkeit, Typ-2-Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht oder toxischer Medikamentenwirkungen
-
•
Cholestase: CholestaseAbflussstörung der Galle mit Retention gallepflichtiger Substanzen im Blut durch Entzündung, Verfettung, Zirrhose, Schock oder mechanische Hindernisse (z. B. Gallenstein)
-
•
Hepatopathien: HepatopathieLeberentzündung durch virale Infektionen (Virushepatitis), Medikamente (z. B. Paracetamol) oder hepatotoxische Substanzen (z. B. Alkohol) mit akuter oder chronischer Verlaufsform
-
•
Zirrhose:Zirrhose, Leber irreversible Bindegewebsvermehrung mit LeberzirrhoseLeberzellnekrosen und Parenchymverlust infolge Verfettung, Cholestase oder Entzündung
Merke
Der chronische AlkoholabususAlkoholabususComa hepaticum ist in Mitteleuropa die häufigste Ursache für eine chronische Leberschädigung.
-
•
LeberAusfallkomaLeberausfallkoma: reversible Funktionsstörung des zentralen Nervensystems bei vorbestehender chronischer Lebererkrankung (meistens Leberzirrhose)
-
•
LeberZerfallskomaLeberzerfallskoma: akute Leberfunktionsstörung mit Bewusstseinsstörungen auf der Grundlage einer akuten Erkrankung (z. B. Intoxikationen mit Paracetamol oder Knollenblätterpilz, fulminant verlaufende Hepatitis, Schock)
Symptome
-
•
Ikterus
-
•
Aszites
-
•
Foetor hepaticus (süßlich-fauliger Lebergeruch)LeberGeruch
-
•
Braun verfärbter Urin, entfärbter Stuhl, Fettstühle
-
•
Kratzspuren bei starkem Juckreiz
Basismaßnahmen
-
•
Kontrolle und Sicherung der Vitalfunktionen
-
•
Kontinuierliches Monitoring: EKG, Blutdruck, Pulsoxymetrie
-
•
Bei erhaltenem Bewusstsein: Lagerung mit leicht erhöhtem Oberkörper
-
•
Sauerstoffgabe in Abhängigkeit von der Sauerstoffsättigung (z. B. 4–8 l/min über Maske)
Wiederholungsfragen
-
1.
Was wird unter dem Begriff „akutes Abdomen“ verstanden? Nennen Sie Beispiele. (19.1.1)
-
2.
Welche Schmerztypen können bei einem akuten Abdomen unterschieden werden und wie kommen sie zustande? (19.1.1)
-
3.
Was bedeuten Druck- und Loslassschmerz? (19.1.1)
-
4.
Was bedeutet „Abwehrspannung“? Differenzieren Sie zwischen lokaler und generalisierter Abwehrspannung. (19.1.1)
-
5.
Was ist „Aszites“ und bei welchen Erkrankungen kann er beobachtet werden? (19.1.1)
-
6.
Wie kann sich die Peristaltik bei einem akuten Abdomen verändern? (19.1.1)
-
7.
Bei welchen Erkrankungen des akuten Abdomens kann sich ein Volumenmangelschock entwickeln? (19.1.1)
-
8.
Wann ist Erbrechen ein wichtiges klinisches Alarmsignal? (19.1.1)
-
9.
Wie kommt Bluterbrechen zustande? Geben Sie Beispiele. (19.1.1)
-
10.
Wie entstehen Teer- und Blutstuhl und wann treten sie auf? (19.1.1)
-
11.
Was bedeutet „Pfortaderhochdruck“? Welche Ursachen gibt es? (19.1.1)
-
12.
Was ist ein Ikterus und welche Ursachen kann er haben? (19.1.1)
-
13.
Erläutern Sie die Bedeutung der Anamnese bei Patienten mit akutem Abdomen und nennen Sie Beispiele für anamnestische Zusammenhänge. (19.1.1)
-
14.
Welche Gefahren und Komplikationen drohen bei einem akuten Abdomen? Erläutern Sie die Begriffe und geben Sie Beispiele. (19.1.2)
-
15.
Welche diagnostischen Maßnahmen dienen bei einem akuten Abdomen im Rettungsdienst zur Befunderhebung? (19.1.3)
-
16.
Welche Basismaßnahmen sind bei einem akuten Abdomen zu treffen? Was ist eine Knierolle? (19.1.3)
-
17.
Welche erweiterten Maßnahmen werden üblicherweise bei einem akuten Abdomen getroffen? Nehmen Sie insbesondere Stellung zu Volumentherapie und Analgesie. (19.1.3)
-
18.
Was ist ein Ulkus, wo sind Ulzerationen im Abdomen lokalisiert, welche Ursachen können einem Ulkus zugrunde liegen, welche Komplikationen drohen und welche Symptome können beobachtet werden? (19.1.4)
-
19.
Was ist ein Ileus, welche beiden Hauptformen können unterschieden werden und welche Ursachen können diese haben? Welche pathophysiologischen Veränderungen treten auf und welche Leitsymptome sind charakteristisch? (19.1.5)
-
20.
Worum handelt es sich bei einer Appendizitis, welche Auslöser führen sie herbei und welche Komplikationen drohen? Erläutern Sie die Leitsymptome und typischen Schmerzpunkte. (19.1.6)
-
21.
Wie kann es zu einer Pankreatitis kommen und welche Komplikationen können eintreten? Beschreiben Sie die klinischen Leitsymptome. (19.1.6)
-
22.
Worum handelt es sich bei einem Mesenterialinfarkt, welche Ursachen kommen infrage und wie entwickelt sich die klinische Symptomatik? Bei welchen Patienten muss insbesondere an einen Mesenterialinfarkt gedacht werden? (19.1.7)
-
23.
Was ist ein Bauchaortenaneurysma? Welche Symptome treten bei einem (gedeckt) rupturierten Bauchaortenaneurysma auf und wie kommen diese zustande? (19.1.7)
-
24.
Welche beiden Hauptformen werden bei Diabetes mellitus unterschieden? Worin bestehen die Unterschiede zwischen beiden Formen? Welche Langzeittherapie erwarten Sie bei Diabetikern? (19.2.1)
-
25.
Mit welchen Sekundärerkrankungen müssen Sie bei Diabetes mellitus rechnen? Erläutern Sie ihre Bedeutung für die Notfall- und Rettungsmedizin. (19.2.1)
-
26.
Was ist ein Coma diabeticum und welche Verlaufsformen kann es nehmen? Nennen Sie Ursachen für die Entwicklung eines Coma diabeticum und beschreiben Sie die auftretenden Symptome. Wie sieht die präklinische Therapie aus? (19.2.1)
-
27.
Wann liegt eine klinisch relevante Hypoglykämie vor und aufgrund welcher Ursachen kann sie entstehen? Wie äußert sich eine Hypoglykämie und wie erklären sich die Symptome? Beschreiben Sie das therapeutische Vorgehen bei Hypoglykämie. (19.2.1)
-
28.
Warum muss bei Glukoseinjektion darauf geachtet werden, dass sie streng intravenös gegeben wird? (19.2.1)
-
29.
Welche klinischen Unterschiede bestehen zwischen Coma diabeticum und einem hypoglykämischen Schock? (19.2.1)