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Elsevier GmbH
Struktur einer einfachen W-Frage in der generativen Syntax
[M783]

Ergebnisse der SSES-Gruppe in den Sprachtests
[M783]

Beispiel zum verwendeten Material (Illustration: Eva Schmidt)
[L260]

Gruppenvergleich bzgl. der komplexen W-Fragen
[M783]

Erwerbsalter des Verständnisses unterschiedlicher komplexer W-Fragen im Deutschen (Siegmüller & Weissenborn 2004)
Erwerbsalter | 3.–5. Lebensjahr | 6.–8. Lebensjahr | 9. Lebensjahr |
Fragestruktur | Scope-Fragen, Inversionsfragen | iArg-Fragen iAdj-Fragen |
Copy-Fragen |
Übersicht über die Items
Frageart | Scope | Copy | Inv(ersion) | iArg | iAdj | |||
erfragte Bedingung | Arg | Adj | Arg | Adj | Arg | Adj | Arg | Adj |
Anzahl der Fragen im Experiment | 3 | 3 | 6 | 6 | 3 | 3 | 6 | 6 |
Fragepronomen | Was-Wer Was-Wen |
Was-Wo Was-Wie |
Wer-Wer Wen-Wen |
Wo-Wo Wie-Wie |
Wen Wem |
Wo Wie |
Wer-Wo/Wie Wen-Wo/Wie |
Wo-Wer/Wen Wie-Wer/Wen |
Das Verständnis komplexer W-Fragen bei Erwachsenen mit einer Sprachentwicklungsstörung
7.1
Einleitung
7.2
W-Fragen
7.2.1
Einfache W-Fragen
a.
Wer bäckt den Kuchen in der Küche?
b.
Was bäckt deine Oma in der Küche?
c.
Wann bäckt deine Oma den Kuchen?
•
Das W-Fragepronomen „was“ wird aus seiner Position in der Verbalphrase (ti) in das Vorfeld des Satzes (Spezifiziererposition der Komplementiererphrase CP) bewegt und hinterlässt an seiner Basisposition eine Spur (trace)Spur (t für trace), mit der das bewegte Element verbunden bleibt.
•
Das Verb wird aus seiner Basisposition in der Verbalphrase (tj) nach einer Zwischenlandung in T (T für tense, hier erhält das Verb seine Finitheit) an die zweite Satzposition (C) bewegt.
7.2.2
Komplexe W-Fragen
Scope-Fragen
d.
Was(i) denkst du, woi die Oma ti den Kuchen bäckt?
iArg- bzw. iAdj-Fragen
e.
Wiei sagt Lisa ti, wenj sie tj treffen wird?
f.
Wemi zeigt die Erzieherin ti, wasj man tj reparieren kann?
Copy-Fragen
g.
Wemi sagt Peter ti, wemj er tj Bescheid geben will?
Long-distance-Fragen/Inversionsfragen
h.
Woi denkst du ti dass die Oma ti den Kuchen bäckt?
i.
Woi sagt Lisa ti bäckt Oma ti den Kuchen?
7.3
Erwerb
7.3.1
Erwerb von einfachen W-Fragen
Produktion
Syntaktische und lexikalische Erwerbsaspekte
j.
Milch trinken?
k.
Trinkst du Milch?
l.
Was trinkst du?
Erwerbsreihenfolge der Fragepronomen
Asymmetrien zwischen einfachen Argument- und Adjunktfragen
Asymmetrien zwischen einfachen Subjekt- und Objektfragen
Verständnis einfacher Subjekt-, Objekt- und Adjunktfragen
•
Kinder im Alter von 20 Monaten reagierten auf eine nach dem Subjekt, Objekt und einem Adjunkt gestellte Frage („wo?“), indem sie zum entsprechenden Objekt bzw. zum entsprechenden Ort hinguckten.
•
Kinder im Alter von 15 Monaten blickten nur infolge von Subjekt- und Wo-Fragen zum korrekten Ort, konnten Objektfragen also noch nicht verarbeiten.
•
Die 13 Monate alten Kinder reagierten auf keine der Fragearten korrekt.
7.3.2
Erwerb von komplexen W-Fragen
Produktion
Entwicklungsverlauf in Bezug auf unterschiedliche Typen komplexer W-Fragen
Erwerbsstufen syntaktischer Bewegungen in Informationsfragen
1.
No movement No movement stagestage
2.
Local movement Local movement stagestage
3.
Long-distance movement Long-distance movement stagestage
Daraus ergibt sich sprachenübergreifend, dass im produktiven Erwerb Scope-Fragen und Copy-Fragen (in der in diesem Abschnitt beschriebenen Definition) einfacher zu bewältigen sind als Long-distance-Fragen.
iArg- und iAdj-Fragen sind m. E. bisher nicht im Hinblick auf ihren produktiven Erwerb untersucht worden.
Asymmetrien zwischen langen Subjekt- und Objektfragen
Verständnis komplexer W-Fragen
Scope-Fragen
Inversionsfragen
iArg- und iAdj-Fragen
Copy-Fragen
Übergeneralisierung
7.4
W-Fragen bei spezifischen Sprachentwicklungsstörungen
7.4.1
Einfache W-Fragen
m.
∗Who did Mr Green saw somebody?
n.
∗Which did Mrs Peacock jewellery like?
o.
∗What cat Mrs White stroked?
p.
∗What did she spotted in the library?
Beispiel
Die Kinder hörten Sätze wie:
q.
Whoi did Bart give the long carrot to ti at the farm?
Während sie den Satz (Beispiel q) hörten, erschien zu einem bestimmten Zeitpunkt das Bild eines Kaninchens (Zielitem) oder einer Leiter (Ablenker):
•
mit Beginn des Verbs give (an diese Stelle würde ein Priming der mit dem Verb verbundenen Argumente erfolgen),
•
mit Beginn des Adjektivs (als Kontrollposition) und
•
an der Position der Spur (t), für die das Priming erwartet wurde.
Es wurde also erwartet, dass die BelebtheitsentscheidungBelebtheitsentscheidung schneller fällt, wenn das Bild des Kaninchens an der Stelle der Spur (trace)Spur des W-Fragepronomens im Satz präsentiert wird.
Das Ergebnis sah wie folgt aus: Bei den Kindern mit G-SLI erfolgte ein Priming im Gegensatz zur Kontrollgruppe an der Stelle des Verbs, nicht jedoch an der Stelle der Spur. Dies lässt den Schluss zu, dass die Kinder W-W-Fragen:VerarbeitungFragen eher mithilfe von lexikalisch-thematischen lexikalisch-thematische InformationenInformationen als durch eine syntaktische Verbindung zur syntaktische Verbindung zur SpurSpur verarbeiteten.
7.4.2
Komplexe W-Fragen
Insgesamt ist festzuhalten, dass das Verständnis:komplexer W-FragenVerständnis komplexer W-Fragen bei SSES (spezifische Sprachentwicklungsstörung):Verständnis komplexer W-FragenSSES bisher noch unzureichend erforscht ist und dass noch nicht alle Arten komplexer W-Fragen untersucht wurden. Für das Deutsche liegen entsprechende Studien noch gar nicht vor. Insgesamt fehlten bisher auch Studien mit Jugendlichen und Erwachsenen mit persistierenden Sprachentwicklungsstörungen.
7.5
Theorien zur Erklärung syntaktischer Symptome bei spezifischen Sprachentwicklungsstörungen
7.5.1
Truncation-Hypothese
7.5.2
Computational-Grammatical-Complexity-(CGC-)Hypothese
Je mehr syntaktische Abhängigkeiten gleichzeitig bewältigt werden müssen, desto schwieriger wird es für die Kinder mit SSES. Dies macht PassivsätzePassivsätze oder eingebettete Satzteile, eingebetteteSatzteile für sie zu besonders schwierig zu verarbeitenden Strukturen. Die syntaktischen Probleme führen zu dem Versuch, sie durch eine semantische semantische AnalyseAnalyse von Sätze:semantische AnalyseSätzen zu kompensieren (vgl. die oben beschriebenen Befunde aus Online-Studien von Marinis & van der Lely [2007] und Fonteneau & van der Lely [2008]).
7.5.3
Derivational-Complexity-Hypothese (DCH)
7.5.4
Bewertung
7.6
Verständnis komplexer W-Fragen bei deutschsprachigen Erwachsenen mit persistierender Sprachentwicklungsstörung: eine Studie
7.6.1
Fragestellungen
-
•
Verstehen erwachsene Probanden mit persistierender SSES komplexe W-Fragen signifikant schlechter als sprachgesunde Erwachsene?
-
•
Gibt es Unterschiede im Verständnis der unterschiedlichen Arten komplexer W-Fragen?
-
•
Gibt es Leistungsdissoziationen zwischen Argument- und Adjunktfragen?
-
•
Gibt es eine Korrelation zwischen dem phonologischen Kurzzeitgedächtnis und dem Verstehen komplexer W-Fragen?
7.6.2
Probanden
7.6.3
Methode
Material
Beispiel
Question-after-story-Aufgabe
Durchführung
7.6.4
Ergebnisse
Unterschiede bei einzelnen Fragearten zwischen SSES- und Kontrollgruppe
Unterschiede zwischen Argument- und Adjunktfragen
Phonologisches Kurzzeitgedächtnis
7.6.5
Diskussion
Diskussion der Ergebnisse
Verstehen erwachsene Probanden mit persistierender SSES komplexe W-Fragen signifikant schlechter als sprachgesunde Erwachsene?
Gibt es Unterschiede im Verständnis einzelner Arten komplexer W-Fragen zwischen SSES-Gruppe und Kontrollgruppe?
Die Leistungen der SSES-Gruppe unterschieden sich in allen Fragearten – außer den Scope-Arg- und den Copy-Adj-Fragen – von denen der Kontrollgruppe. Für Scope-Arg-Fragen lag in der SSES-Gruppe genau wie in der Kontrollgruppe ein Deckeneffekt vor. Diese früh erworbene Frageart scheint für die untersuchten Erwachsenen mit persistierender SSES kein Problem darzustellen.
Gibt es Leistungsdissoziationen zwischen Argument- und Adjunktfragen?
Gibt es eine Korrelation zwischen dem phonologischen Kurzzeitgedächtnis und dem Verstehen komplexer W-Fragen?
Diskussion der zugrundeliegenden Störungsmechanismen bei SSES
7.7
Ausblick
•
Zum einen steht die Entwicklung eines klassifikatorischen und für eine breite Altersgruppe normierten DiagnostikinstrumentsDiagnostikinstrumente noch aus.
•
Zum anderen könnte das Beantworten komplexer W-FragenW-Fragen:komplexe (evtl. in Kombination mit weiteren Teilleistungen) als ein klinischer Markerklinische Marker:für SSES für das Vorliegen einer SSES im Jugend- und Erwachsenenalter geeignet sein.
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