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10.1016/B978-3-437-44516-3.00011-4
978-3-437-44516-3
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Einfluss eines Interaktionstrainings auf den Teufelskreis in der Interaktion mit einem sprachverzögerten Kind

Intuitive SprachlehrstrategienSprachlehrstrategien zur Modellierung:kindlicher ÄußerungenModellierung kindlicher TransformationFeedback:korrektivesExtensionenExpansionÄußerungen
Intuitive Sprachlehrstrategie | Modellierung kindlicher Äußerungen (Beispiele) |
Umformulierung/Transformation | Kind: „Heute gehen wir baden.“ Erwachsener: „Du möchtest heute baden gehen?“ |
Erweiterung der kindlichen Äußerung um einen inhaltlichen Aspekt/Extension | Kind: „Da ist ein Auto.“ Erwachsener: „Ja, da ist ein rotes Auto.“ |
Grammatikalische Vervollständigung des Satzes/Expansion | Kind: „Junge fährt.“ Erwachsener: „Der Junge fährt.“ |
Aufgreifen der kindlichen Äußerung und Wiedergeben in verbesserter Form/korrektives Feedback | Kind: „Maus in Loch krabbelt is.“ Erwachsener: „Die Maus ist in das Loch gekrabbelt.“ |
Gezielte Anleitung von Bezugspersonen zu sprachförderlichen Alltagsinteraktionen
Dieses Kapitel ist dem Thema Einbezug der engsten Bezugspersonen in die sprachliche Förderung von sprachauffälligen Klein- und Vorschulkindern gewidmet. Gemeint sind sowohl die Eltern als wichtigste Bezugspersonen und Kommunikationspartner eines Kindes als auch das pädagogische Fachpersonal in den Bereichen Tagespflege, Krippe und Kindergarten. Der Fokus liegt auf den zu beobachtenden Veränderungen in der Bezugsperson-Kind-Bezugsperson-Kind-InteraktionInteraktion, wenn bei dem Kind eine verzögerte Sprachentwicklung vorliegt, sowie auf den Möglichkeiten zur alltagsintegrierten Sprachförderung über das Interaktionsverhalten der Bezugspersonen.
Das Kapitel gliedert sich in vier Bereiche. Zunächst erfolgt eine kurze Darstellung der Rolle der Bezugspersonen im normalen Spracherwerb. Der besseren Übersichtlichkeit wegen ist das Kapital anschließend in die Bereiche Eltern (Kap. 11.2) und pädagogisches Fachpersonal (Kap. 11.3) unterteilt. Für beide Bereiche werden jeweils Befunde zu den Auswirkungen einer verzögerten/auffälligen Sprachentwicklung auf die Interaktion diskutiert und Möglichkeiten der Frühintervention durch eine gezielte Verbesserung der Bezugsperson-Kind-Interaktion in alltäglichen Kommunikationssituationen aufgezeigt.
Als klar strukturierte und gut planbare Kommunikationssituation bietet die gemeinsame Betrachtung eines Bilderbuchs (Kap. 11.4) unter Beachtung bestimmter Grundprinzipien eine hervorragende Gelegenheit zur alltäglichen Sprachförderung im häuslichen und institutionellen Kontext. Das Kapitel schließt mit Befunden zur Effektivität des „dialogic reading“ und einer Darstellung, wie sich das gemeinsame Buchanschauen für die Gruppe der Late-Talker zu einer gezielten Sprachfördersituation gestalten lässt.
11.1
Die Rolle der Bezugspersonen im Spracherwerb
11.2
Elterliche Kommunikation und Interaktion bei Kindern mit verzögerter Sprachentwicklung
11.2.1
Forschungsergebnisse
Die Mütter der Late-Talker gaben ihren Kindern im Vergleich zu den Müttern der sprachunauffälligen Kinder weniger Möglichkeiten zur aktiven Beteiligung an der Kommunikation, denn sie ergriffen z. B. nach dem Umblättern einer Seite häufiger selbst das Wort. Sie verwendeten zudem ein ähnlich komplexes linguistisches Sprachangebot:Late-Talker-MütterSprachangebot wie die Mütter der sprachunauffälligen Kinder. Dies ist gut nachvollziehbar, weil die Late-Talker sowohl kognitiv als auch im Sprachverständnis über genauso gute Fähigkeiten verfügten wie die sprachunauffälligen Kinder. Da das Sprachangebot allerdings signifikant weiter von der Zone des nächsten Entwicklungsschritts im expressiven Sprachbereich entfernt lag, war es nicht sensitiv genug an die sprachproduktiven Fähigkeiten der Late-Talker angepasst. Die Late-Talker-Mütter setzten in geringerem Maße Sprachlehrstrategien ein. Sie verpassten häufiger die Gelegenheit, eine Äußerung des Kindes mit einer adäquaten Modellierungstechnik optimal sprachförderlich aufzugreifen, sodass den Late-Talkern prozentual weniger wohlgeformte Modelläußerungen zum Aufbau ihres Sprachwissens zur Verfügung standen.
Auch das Frageverhalten der Mütter unterschied sich in den beiden Gruppen: Die Mütter der Late-Talker verwendeten signifikant weniger offene Fragen, sondern häufiger geschlossene Fragen (z. B. Ja/Nein-Fragen), die keine oder lediglich eingeschränkte verbale Antwortmöglichkeiten zulassen.
•
Linguistisch ist das Sprachangebot:Late-Talker-MütterSprachangebot der Eltern zu komplex und zu weit vom Sprachentwicklungsstand der Kinder entfernt.
•
Dialogisch bietet es den Kindern zu wenig Anreize hinsichtlich eigenständiger aktiver Kommunikationsbeiträge sowie einem spontanen Agieren gemäß deren eigenen Interessen.
11.2.2
Anleitung der Eltern zu einem sprachfördernden Umgang mit dem sprachverzögerten Kind
•
Sehr niedrige Responsivität (1) bedeutete, dass die Mutter selten in einer dem Entwicklungsstand des Kindes angemessenen Weise verbal oder nonverbal auf seine Äußerungen (Gesten oder Lautsprache) reagiert und das Verhalten des Kindes zu steuern versucht hatte, statt sich von seinen Interessen leiten zu lassen.
•
Im Gegenzug war eine sehr hohe Responsivität (5) dadurch gekennzeichnet, dass die Mutter häufig in entwicklungsangemessener Weise auf die kindlichen Äußerungen (Gesten oder Lautsprache) reagiert und nicht versucht hatte, das Kind von seiner Aktivität wegzulenken, sondern seinen Interessen gefolgt war (Herstellung eines gemeinsamen AufmerksamkeitsfokusAufmerksamkeitsfokus).
Hinweise zur Verbesserung des Sprachangebots
•
Langsam und deutlich Sprachangebot:Hinweise zur Verbesserungsprechen
•
Auf gut modulierte Sprache achten
•
Zentrale Wörter betonen
•
Zentrale Wörter wiederholt und in unterschiedlichen Kontexten anbieten
•
Kurze, einfache Sätze verwenden
•
Kurze Pausen nach jeder Information lassen
•
Lautsprache mit Mimik und Gestik begleiten oder Kindern, die noch kaum über Lautsprache verfügen, Gesten, Geräusche und Lautmalereien anbieten
Sprachförderliche Grundhaltung
•
Abwarten, was das Kind mitteilen möchte
•
Ausreden lassen (auch wenn man schon weiß, was es sagen möchte)
•
Genaues Zuhören bzw. Beobachten (nonverbale Reaktionen des Kindes)
•
Positives Bestätigen und Aufgreifen der kindlichen Äußerung bzw.
•
Formulieren, was man verstanden hat, um dem Kind die Möglichkeit zu geben, seine Äußerung anzupassen/zu verändern/mit Gesten zu verdeutlichen
•
Eingehen auf den Inhalt der Äußerung
•
Interessiertes Nachfragen
Elternzentrierte Frühinterventionsprogramme
Heidelberger Elterntraining zur frühen Sprachförderung
Organisatorischer Rahmen
Zielsetzung
Trainingsaufbau
Trainingsbausteine
Grundprinzipien zur Zusammenarbeit mit den Eltern im HET
Effektivität
11.3
Interaktion zwischen pädagogischem Fachpersonal und sprachauffälligen Kindern
11.3.1
Forschungsergebnisse
11.3.2
Möglichkeiten zur Veränderung des sprachlichen Interaktionsverhaltens von pädagogischem Fachpersonal
•
Beim Prätest wurden 20 % der einsprachig Deutsch aufwachsenden Kinder und 52 % der zwei- oder mehrsprachig aufwachsenden Kinder als sprachauffällig eingestuft.
•
Nach Schulung der Fachkräfte verringerte sich der Anteil der sprachauffälligen Kinder in der Stichprobe signifikant, blieb allerdings auf hohem Niveau: Bei den einsprachig Deutsch aufwachsenden Kindern war ein Rückgang um 6 % (Posttest: 14 %), bei den zwei- oder mehrsprachig aufwachsenden Kindern ein Rückgang um 4 % (Posttest: 48 %) zu verzeichnen.
Heidelberger Interaktionstraining für pädagogisches Fachpersonal
Organisatorischer Rahmen
Inhalte
Methoden
Effektivität
11.4
Das Buch als optimales Medium zur Sprachförderung von Late-Talkern im Alltag
Hinweise für die Bilderbuchbetrachtung mit einem Late-Talker
•
es das Buch nach seinem Interesse aussuchen darf
•
es selbst umblättern und als erstes zeigen oder benennen darf, wofür es sich interessiert
•
es nur die Seiten anzuschauen braucht, die sein Interesse wecken
•
sich der Erwachsene ganz auf das Tempo des Kindes einlässt
•
sich der Erwachsene auf die Interessen des Kindes einlässt und die Themen des Kindes aufgreift
•
der Erwachsene das Kind sorgfältig beobachtet und genau zuhört, was es nonverbal oder verbal ausdrücken möchte
•
der Erwachsene positiv auf die (fehlerhaften) Äußerungen des Kindes eingeht und diese sprachmodellierend aufgreift
•
der Erwachsene auch Kommunikationsversuche mittels Gesten, Lautmalereien oder Geräuschen des Kindes wertschätzt, aufgreift und selbst unbefangen anbietet
•
der Erwachsene Komplexität und Länge seines Sprachangebots an den Sprachstand des Kindes anpasst und seine Äußerungen nur geringfügig über dem Sprachniveau des Kindes liegen
•
der Erwachsene motivierende Fragen:motivierendeFragen stellt, die das Gespräch weiterführen und das Kind zu einer elaborierteren Äußerung anregen, z. B. „Was macht der Junge?“ (kann auch mit einer Geste beantwortet werden)
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