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Die spontane EEG-Aktivität wird anhand von Elektroden an der Kopfoberfläche aufgezeichnet und verstärkt. Ein auditorischer Reiz (R), das „Ereignis“, wird dem Probanden präsentiert. Die Reaktion auf den Reiz wird gemittelt, da sie von der Spontanaktivität überdeckt wird. Daraus lässt sich dann das ereigniskorrelierte Potenzial (EKP) – hier exemplarisch die N400 (eine Negativierung um 400 ms) – extrahieren
(Grafik adaptiert aus: Hillyard & Kutas 1983).

Neurophysiologische Befunde zur frühen Sprachwahrnehmung
2.1
Einführung
Für EKPs gibt es eine bestimmte Nomenklatur, die sich in der Regel auf deren Zeitbereich und Polarität (d. h. positiv oder negativ) bezieht, wie z. B. N400N400. Spezifische EKP-EKP-Komponenten:N400Komponenten werden mit spezifischen (Reiz-)Stimulationen in Verbindung gebracht (N400 z. B. mit der lexikalisch-semantischen Verarbeitung).
2.2
Sprachentwicklung neurophysiologisch betrachtet
2.2.1
Erwerb phonologischer und prosodischer Fähigkeiten
Lautwahrnehmung vor und kurz nach der Geburt
1
Wie das EEG ist auch das MEG nichtinvasiv und misst die magnetische Aktivität des Gehirns.
Lautwahrnehmung im ersten Lebensjahr
Je automatisierter sprachassoziierte Wahrnehmungsprozesse ablaufen, desto besser scheinen die sprachlichen Fähigkeiten ausgebildet zu werden.
2
Bei deutschen erwachsenen L2-Lernern wurde nur eine N400 evoziert, während bei den Muttersprachlern eine N400 und eine P600 evoziert wurden (Müller, Oberecker & Friederici 2009).
Die Fähigkeit, Töne und Laute wahrzunehmen, wird früh erworben. Bereits im Mutterleib kann das Ungeborene Töne unterschiedlicher Frequenzen und sogar Silben unterscheiden. Auf diesen vorgeburtlichen Fähigkeit können Kinder nach ihrem Start ins Leben aufbauen. Studien zeigen, dass das Niveau der frühen Ton- und Lautwahrnehmung, wie im EEG dargestellt werden kann, bereits Aussagekraft im Hinblick auf spätere sprachliche Leistungen hat.
2.2.2
Wortschatzerwerb
Auch Kinder mit einem kleinen oder noch keinem produktiven Wortschatz verfügen bereits über ein großes Lexikon. Sie können bekannte von unbekannten Wörtern unterscheiden, reale von nicht-existierenden sowie phonotaktisch legale von illegalen Wörtern. Wie Studien mit bilingualen Kindern zeigen, spielt der Input hierbei eine große Rolle. Mehr InputInput in einer Sprache führt zu einem größeren Wortschatz und zu einer effizienteren Verarbeitung sprachlicher Informationen.
Bereits in diesem Stadium lassen sich Vorhersagen über die spätere Sprachentwicklung machen. Aus Störungen in der Wahrnehmung aller phonetisch-phonologischen Details von Wörtern kann ein mangelnder Aufbau der adäquaten Repräsentationen resultieren. Was derzeit noch aussteht, ist eine neurophysiologische Überprüfung von inputzentrierten therapeutischen Maßnahmen (z. B. über eine Modifikation der Elternsprache) anhand von EKPs.
2.2.3
Grammatikerwerb
Schon sehr früh können Kinder korrekte von inkorrekten Sätzen unterscheiden, und auf der neurophysiologischen Ebene lassen sich bereits im Laufe des dritten Lebensjahres – in Abhängigkeit vom Paradigma – sogar automatische syntaktische Verarbeitungskomponenten wie die ELAN ableiten. All das in einem Alter, in dem die meisten Kinder gerade mal Zweiwortkombinationen produzieren.
Auch wenn derzeit noch keine Studien zur frühen morphologischen oder syntaktischen Verarbeitung bei jüngeren Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen vorliegen, ist anzunehmen, dass bei ihnen gerade die hochautomatisierten Verarbeitungsroutinen gestört sein könnten. Bei Schulkindern und jungen Erwachsenen (10–21 Jahre) konnte als Reaktion auf morphosyntaktische Verletzungen eine P600P600, aber keine ELAN registriert werden (Fonteneau & van der Lely 2008). Eine N400 ließ sich bei solchen Verletzungen ebenfalls beobachten (wie bei Zweitsprachlernern, vgl. Tanner et al. 2013). Sabisch et al. (2009) konnten ebenfalls keine links-anteriore Negativierung, wohl aber eine P600 bei knapp zehnjährigen Kindern mit SSES nachweisen. Die Ergebnisse der beiden Studien lassen den Schluss zu, dass bei Kindern mit SSES die sprachverarbeitenden Prozesse beim Verstehen von Sätzen wahrscheinlich langsamer oder sogar anders als bei normal entwickelten Kindern ablaufen, da die frühe Erfassung von morphosyntaktischen Elementen bei ihnen noch nicht nachweisbar ist.
2.3
Fazit
Literatur
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Friederici and Oberecker, 2008
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Friedrich and Friederici, 2005b
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Hepper and Shahidullah, 1994
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Mills et al., 2005
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Parise et al., 2010
Partanen et al., 2013
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Peltola et al., 2005
Peña et al., 2012
Rinker et al., 2010
Ruusuvirta et al., 2004
Sabisch et al., 2009
Seifert, 2005
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