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978-3-437-47784-3
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Ethik in Praxis und Forschung
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18.1
Ethik als Teildisziplin der Philosophie434
-
18.2
Ethik in der Sprachtherapie436
-
18.3
Ethik in der sprachtherapeutischen Forschung441
18.1
Ethik als Teildisziplin der Philosophie
•
die Interessen aller an einer Situation Beteiligten berücksichtigt werden
•
den Interessen des Gegenübers das gleiche Gewicht wie den eigenen Interessen zugeschrieben wird
•
individuelle Sympathien sowie Freundschafts- und Feindschaftsverhältnisse für ein ethisch-moralisches Urteil nicht von Belang sind
•
jede andere vernünftige Person unter ähnlichen individuellen und situativen Gegebenheiten ebenso handeln und urteilen würde
18.1.1
Ziele der Ethik
•
beschreibt systematisch-methodisch das menschliche Handeln
•
befasst sich dabei mit der Qualität von Handlungen
•
setzt sich mit den Begriffen Moral, das Gute, Pflicht, Sollen, Erlaubnis und menschlicher Freiheit auseinander
•
will weder moralisieren noch idealisieren, vielmehr sucht sie nach Aussagen, die objektiv verbindlich sind
18.1.2
Begriffsbestimmungen: Moral, Ethik und Ethos
Die Moral ist die Summe aller Werte eines einzelnen Menschen oder einer Gesellschaft.
„Ethik stellt u.a. ein System zur Begründung von moralischen Regeln dar. In diesem Sinne leistet Ethik einen Beitrag zur Verständigung und Einigung über moralische Herausforderungen“ (Neitzke 2013, S. 10).Ethik:moralische Regeln
Ethos meint eine moralische Gesamthaltung, die aus den Lebensgrundsätzen einer Gesellschaft (z. B. der Berufsethos) oder eines Menschen besteht.
18.1.3
Angewandte Ethik
•
Klinische Ethik (Ethik der Patientenversorgung)
•
Public Health Ethic (Ethik in Gesundheitswesen und -politik)
•
Forschungsethik (Innovationen in der Gesundheitsversorgung)
18.2
Ethik in der Sprachtherapie
18.2.1
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Arztethik und Ethik in der Sprachtherapie
•
Sprachtherapeuten als medizinische Heilberufler sind in ihrem Handeln, wie der Arzt auch, bestimmt durch eine Ethik des Heilens
•
ethisch relevante Fragen nach dem Umgang mit (schwierigen) Patienten, ihren Angehörigen, dementen und/oder nicht-einwilligungsfähigen Patienten und Therapieabbrüchen betreffen beide Disziplinen. Der interpersonelle Kontakt zwischen Therapeut und Patient ist allerdings stärker ausgeprägt als bei einer gewöhnlichen Arzt-Patient-Beziehung
•
ein wesentlicher Unterschied zur Medizin besteht darin, dass Sprachtherapeuten seltener mit lebensbedrohlichen Erkrankungen konfrontiert sind. Lebenserhaltende Maßnahmen in der Medizin sind normativ und damit ethisch legitim; sie bedürfen keiner weiteren Handlungsbegründung. In der Sprachtherapie hingegen betreffen die Interessen von Patienten schwerpunktmäßig psychologische, subjektive Empfindungen und bedürfen deshalb einer externen Legitimation durch Ärzte (die dem subjektiven Interesse in Form einer Diagnose normative Kraft verleihen) und Krankenkassen (die die Kosten einer Behandlung tragen)
•
die medizinischen Heilberufe besetzen aktuell und zukünftig noch stärker die Arbeitsfelder der Rehabilitation und Prävention. Hier ergeben sich besondere ethische Konflikte, die sich von der kurativen Medizin unterscheiden
18.2.2
Medizinethische Prinzipien
•
Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht von Personen (respect for autonomy): Freiheitsrechte des Patienten müssen geachtet, die Mitwirkung an Entscheidungen im medizinischen Prozess muss dem Patienten ermöglicht werden. Das Autonomieprinzip findet seinen Ausdruck in der Notwendigkeit eines informierten Einverständnisses (informed consent) vor jeder medizinischen Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht von Personen (respect for autonomyHandlung
•
Wohltun (beneficence) und Nichtschaden (nonmaleficence): Nutzen und Schaden einer medizinischen Handlung müssen abgewogen werden. Schaden kann hier sowohl als Schädigung i. S. einer negativen Auswirkung auf die Gesundheit eines Menschen wie auch als Belastung, d. h. eine Störung des Gesamtbefindens, definiert werden. Das Prinzip des Nichtschadens steht häufig in Wechselwirkung zum Autonomieprinzip: So kann ein Patient in eine Therapie einwilligen, die zwar belastend, langfristig aber von Nutzen sein Nichtschaden (nonmaleficence)Gerechtigkeit (justice)kannWohltun (beneficence)
•
Gerechtigkeit (justice): Leistungen in der Gesundheitsversorgung müssen gerecht verteilt sein
18.2.3
Ethisch-moralische Reflexion in der Sprachtherapie
Berufsordnung und -kodex
•
professionelles Verhalten
•
Verantwortung gegenüber Patienten und Klienten
•
Vertraulichkeit
•
Verantwortung gegenüber Kollegen
•
Verantwortung gegenüber der Gesellschaft
•
ethische Richtlinien für Forschung
•
Ethische Prinzipien (auch als therapeutisches Ziel): therapeutisches Handeln folgt dem Prinzip der Leidensminderung und des Heilens. Es verwirklicht Selbstschätzung, Fürsorge und Gerechtigkeit. Sprachtherapeuten übernehmen Verantwortung für sowohl vorausgesehene und prinzipiell voraussehbare Folgen als auch für nicht sicher auszuschließende Spätfolgen ihres Handelns
•
Fähigkeiten des Handelnden: Sprachtherapeuten:Fähigkeiten des HandelnsSprachtherapeuten besitzen kognitive und emotionale Kompetenzen hinsichtlich einer differenzierten Urteilsbildung
•
Therapeutische Grundhaltung: Sprachtherapeuten:therapeutische Grundhaltungdie Haltung eines Sprachtherapeuten ist durch Empfänglichkeit für die Bedürfnisse des Gegenübers sowie von Achtsamkeit geprägt
•
Außermoralische Befähigung (und damit selbst Objekt ethisch-moralischer Reflexion): Sprachtherapeuten verfügen über Fachkompetenz und erneuern und erweitern ihr Wissen Sprachtherapeuten:außermoralische Befähigungfortlaufend
Ethik in der Diagnostik
Mögliche ethisch-moralische Konflikte in der Diagnostik
-
•
Diagnostik:ethisch-moralische KonflikteDiagnostizierenSprachtherapie:ethisch-moralische Konflikte ist etwas Alltägliches: Menschen schätzen sich fortlaufend anhand weniger beobachtbarer Merkmale gegenseitig ein und „machen sich ein Bild“ des Gegenübers. Dieses Bild ist lücken- und oft fehlerhaft, gewöhnlich wird dieser Umstand reflektiert. Eine wissenschaftliche Diagnose hingegen erhebt einen Objektivitätsanspruch; sie macht anhand weniger Testitems eine Aussage über die getestete Person. Diese „Anmaßung“ sollten Sprachtherapeuten reflektieren
-
•
die Rollenverteilung zwischen Diagnostiker und Diagnostiziertem bleibt meist unreflektiert. Weil in der „Deutung des anderen“ aber klar unausgewogene Machtverhältnisse erkennbar sind und Diagnosen – selbst Formulierungen eines Risikos – weitreichende Folgen für das Leben des Patienten haben können (Peter und Pomnitz 2013, Rosenkötter 2013), ist diese Beziehung unbedingt zu reflektieren
-
•
häufig werden testtheoretische Hintergründe ebenfalls nicht reflektiert. Therapeutische Entscheidungen, die der Diagnostik folgen, basieren auf Vorannahmen, die unreflektiert bleiben
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•
normierten Untersuchungsverfahren liegt ein Vergleichsmaßstab für das Unnormale zugrunde. Häufig bleiben der gesellschaftliche Normierungsdiskurs und der damit verbundene Zwang zur Normalität in der Sprachtherapie unreflektiert
Ideen zu einem reflektierten Umgang mit diagnostischen Fragen
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•
die Prinzipen der Leidensminderung Diagnostik:reflektierter Umgang mit diagnostischen Fragenund des Heilens gelten auch für das Arbeitsfeld der Diagnostik: Sprachtherapeuten reflektieren den Zusammenhang zwischen Leidensminderung und Diagnosestellung
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•
Sprachtherapeuten übernehmen auch im Diagnostikprozess Verantwortung für ihr Handeln. Hier sollen v. a. die Folgen und damit der Einsatz von Diagnostiken bedacht werden, die nicht unmittelbar mit der Diagnose (als Ausgangspunkt für die Einleitung therapeutischer Maßnahmen) in Beziehung stehen
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•
der diagnostische Prozess wird als ethisch relevante Situation wahrgenommen; Sprachtherapeuten sind sich über die verschiedenen Interessen und Normvorstellungen aller Beteiligten bewusst und reflektieren diese
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•
Sprachtherapeuten können Patienten in ihrer Würde annehmen; ein Testurteil ist kein Urteil über den getesteten Menschen
Ethik in der Therapie
Mögliche ethisch-moralische Konflikte in der Therapie
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Sprachtherapie:ethisch-moralische KonflikteSprachtherapie findet in unmittelbarem Miteinander statt. Die interaktionellen Beziehungen zwischen Sprachtherapeuten, Patienten und anderen im therapeutischen Prozess involvierten Personen müssen reflektiert werden. Häufig zeigen sachlich orientierte Therapeuten wenig Reflexionsbereitschaft hinsichtlich ethisch-moralischer Prinzipien. Patienten werden zwar korrekt über Diagnose und Therapiemöglichkeiten aufgeklärt, bleiben aber mit der Verantwortungsübernahme von Therapiefolgen auf sich gestellt (Schulz 2011)
-
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wie in der Diagnostik bleiben auch Therapiekonzepte und ihre zugrunde liegenden Annahmen unreflektiert. So kommt es bereits in der Konzeption von Therapieansätzen in der Kindersprachtherapie zu sog. frame clashes, die zur Folge haben, dass zwischen Therapiezielen und -methoden Brüche in Theorie und Umsetzung bestehen (Duchan 2004). Die aktuelle Entwicklung der Sprachtherapie bringt mit sich, dass erstmals in der Disziplin auf wissenschaftlicher Ebene neben Therapiezielen auch Methoden theoretisch begründet werden müssen (Rausch und Siegmüller 2013)
-
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bewusste und unbewusste fachliche Inkompetenz stellt eine hohe Gefährdung ethisch-moralischer Grundsätze in der Sprachtherapie dar. Ohne Fachkompetenz können Sprachtherapeuten für ihr Handeln keine Verantwortung übernehmen, die Prinzipien des Heilens und der Leidensminderung sehen sich hier bedroht
Ideen zu einem reflektierten Umgang mit therapeutischen Fragen
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die therapeutische Situation wird als Sprachtherapie:reflektierter Umgang mit therapeutischen Frageneine ethisch-moralische wahrgenommen. Unterschiedliche Interessen von Patienten, Angehörigen, Ärzten und Krankenkassen werden wahrgenommen und reflektiert. Eigene Gefühle und die der Patienten werden differenziert wahrgenommen. Sprachtherapeuten können sich ihren Patienten angemessen fürsorglich zuwenden und deren Autonomie wahren
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•
Sprachtherapeuten sind sich darüber bewusst, dass ihr Handeln selbst und die therapeutische Methode fehlbar sind. Sie wissen über ihr Wissen, ebenso über ihr Nicht-Wissen und seine Folgen
Ethik in der Beratung
18.2.4
Klinische Ethik-Komitees
•
Sensibilisierung für ethische Fragestellungen und Vermittlung von ethischem Wissen
•
Umsetzung allgemeiner moralischer und konkreter Werte der jeweiligen Einrichtung in reflektierte Handlungsweisen
•
Steigerung der Kompetenz im Umgang mit ethischen Problemen und Konflikten und deren Reflexion
•
Suche nach Lösungswegen bei Konflikten zwischen unterschiedlichen Werten und Vorstellungen und Umsetzung tragfähiger Enscheidung auf der Basis gemeinsamer Reflexion
•
Fallberatung: individuelle ethische Fallbesprechungen
•
Leitlinien: Erstellung interner Leitlinien bzw. Formulierung von Empfehlungen
•
Fortbildung: Organisation von Veranstaltungen zu medizin- und pflege-ethischen Themen
18.3
Ethik in der sprachtherapeutischen Forschung
18.3.1
Moralische Werte in der (medizinischen) Forschung
•
generelle Prinzipien: Hier finden sich in Artikel 3 bis 15 ethisch-moralische Prinzipien, die in den Kapiteln zuvor dargestellt wurden. In Artikel 9 findet sich so die Formulierung: „It is the duty of physicians […] to protect the life, health, dignity, integrity, right to self-determination, privacy, and confidentiality of personal information of research subjects. The responsibility for the protection of research subjects must always rest with the physician or other health care professionals and never with the research subjects, even though they have given consent“ (WMA 2013, S. 2)
•
Risiken, Belastungen und Nutzen: es ist zu prüfen, ob es sich bei dem erwarteten Nutzen möglicherweise um Fremdnutzen (d. h. den Probanden selbst nutzt die Teilnahme an einer Studie nicht) handelt. In diesem Fall wiegen mögliche Schädigungen und Belastungen bei einer Teilnahme weitaus schwerer als im Fall eines direkten Nutzens für die Probanden
•
vulnerable Gruppen und Personen: verletzliche Gruppen und Personen sind im besonderen Maße innerhalb von Forschungsprojekten zu schützen. Forschung mit und an ihnen ist nur moralisch vertretbar, wenn die Forschungsfragen nicht durch Untersuchungen an einer nicht vulnerablen Gruppe beantwortet werden können und Forschungsteilnehmer unmittelbar Nutzen von der Forschung erwarten können
•
wissenschaftliche Anforderungen und Studienprotokolle: Forschung an und mit Menschen muss einem wissenschaftlich korrekten Vorgehen entsprechen; in einem Studienprotokoll sollen Studiendesign und das weitere Vorgehen klar und konkret festgehalten werden. Forschung darf nur von wissenschaftlich qualifizierten Personen durchgeführt werden und muss Zwischenauswertungen beinhalten, die zum Abbruch eines Projekts führen, sobald eine Studiengruppe im Vergleich zu einer weiteren einen signifikanten Behandlungsvorteil aufweist
•
Ethikkommissionen:Ethikkommissionen das Studienprotokoll muss eine positive Zustimmung einer Ethikkommission erhalten, bevor eine Studie umgesetzt werden darf. Darüber hinaus sollen Ethikkommissionen laufende Forschungsprojekte beaufsichtigen
•
Datenschutz und Schweigepflicht
•
Informed Consent (informierte Einwilligung): die Autonomie von Probanden wird durch ihr informiertes Einverständnis gewahrt. Hierbei gibt der Proband nach angemessener Aufklärung seine freiwillige Zustimmung zur Teilnahme an einem Forschungsprojekt
18.3.2
Informed consent
•
ausreichende und verständliche Information über Ziele und Ablauf der Studie sowie mögliche Vor- und Nachteile einer Teilnahme
•
ehrliche Darstellung von Finanzierung und möglichen Interessenkonflikten auf Seiten des Forschenden
•
ausreichend Zeit und Möglichkeiten für Rückfragen zur Meinungsbildung
•
Überprüfung des Verständnisses auf Seiten des potenziellen Probanden durch den Forschenden
•
keine Herbeiführung der Zustimmung durch Gewalt, Zwang, Betrug oder Täuschung
•
Reflexion möglicher Abhängigkeiten von Forschenden und Probanden, wenn Forschende ebenso zuvor behandelnde Therapeuten und Probanden Patienten derselben waren
•
Aufklärung über das Recht auf Rücknahme einer einmal erteilten Zustimmung zu jeder Zeit und ohne negative Konsequenzen
Es sei darauf hingewiesen, dass die informierte Einwilligung auch vor dem Einsetzen diagnostischer und therapeutischer Prozesse aus ethisch-moralischer Sicht von jedem Patienten einzuholen ist.
1.
Das Kind wird verbal (kindgerecht) über die Studie aufgeklärt; es wird abgesichert, dass das Kind die Informationen versteht. Ein Ritual wird geschaffen, so kann eine Handpuppe/ein Spiel eingeführt werden. Zum Ende einer solchen ersten Sitzung wird das Kind gefragt, ob es erneut wiederkommen (die Handpuppe wiedersehen/das Spiel erneut spielen) will. Alternativ kann eine Kennenlernsituation zwischen Testleiter und Kind durch eine dritte Person beobachtet und darin die (positive/negative) Haltung des Kindes gegenüber der Gesamtsituation erfasst werden.
2.
Da Kinder häufig erst in einer wiederholten Situation eine eindeutige Meinung zeigen, findet ein Wiedersehen zwischen Testleiter und Kind statt. Letzteres wird gefragt, ob es wieder mit der Handpuppe bzw. das Spiel vom letzten Mal spielen möchte. Dies wird als Einverständniserteilung durch das Kind gewertet. Alternativ findet in dieser zweiten Sitzung die Einführung einer Handpuppe/eines Spiels als Ritual statt. Es wird beobachtet, ob das Kind der Situation positiv gegenübersteht (und damit seine Zustimmung erteilt).
3.
Letztlich muss durch wiederholte Beobachtung abgesichert werden, dass die Zustimmung des Kindes weiterhin gilt (Einverständniserhaltung). „Wenn im Verlauf der Studie bemerkt wird, dass das Kind den Ansprüchen nicht (mehr) gewachsen ist, wird abgebrochen“ (Rohdenburg et al. 2013, S. 145).
18.3.3
Forschung mit Kindern
•
Forschung an vulnerablen Gruppen ist nur dann zulässig, wenn sie nicht stellvertretend an anderen Personen durchgeführt werden kann. In der Sprachtherapie ist dies bei der Erforschung von Entwicklungsverläufen und -störungen von Kindern gegeben (Neitzke 2013)
•
bei überwiegend fremdnütziger Forschung sollte mind. ein Gruppennutzen beschrieben werden können; die Studienteilnehmer tragen so zu einer besseren Gesundheitsversorgung von gleichermaßen Betroffenen bei, auch wenn sie selbst direkt keinen Nutzen aus der Forschungsteilnahme ziehen. Zusätzlich dürfen in einem solchen Fall nur geringe Risiken und/oder Belastungen für teilnehmende Kinder entstehen. In der Sprachtherapieforschung, in der es seltener zu körperlichen Schädigungen kommen dürfte, sind hier v. a. mögliche psychische Folgeschäden zu beachten; so kann es zu einem erhöhten Störungsbewusstsein des Kindes (oder seiner Umwelt) und zu Veränderungen der persönlichen Beziehungen (zu Angehörigen und anderen Bezugspersonen) kommen (ebd.)
•
auch wenn Eltern bzw. Erziehungsberechtigte bis zur Geschäftsfähigkeit eines Kindes über die Pflicht des Schutzes desselben verfügen (Ross 2008) und das Recht auf „Pflege und Erziehung des Kindes“ mit ihrer Unterschrift an den Testleiter delegieren, haben Kinder das Recht, über Ziele und Ablauf einer Studie in kindgerechter Weise aufgeklärt zu werden. Dabei ist zu beachten, dass Geschäftsfähigkeit am biologischen Alter des Kindes bemessen (und gesetzlich geregelt) ist; dennoch kann ein nicht geschäftsfähiges Kind einwilligungsfähig sein. Die Einwilligungsfähigkeit hängt von der kognitiven Reife eines Kindes ab und ist bis dato juristisch nicht eindeutig geregelt (Rohdenburg et al. 2013). Eine absolute Grenze scheint bei etwa 3 J. zu liegen (Rohdenburg et al. 2013; Schickhardt 2013). Die Deklaration von Helsinki empfiehlt, ergänzend zur Einwilligung der Eltern auch immer eine Zustimmung durch das Kind einzuholen. Hier ist die Unterscheidung in consent (Einwilligung durch die Eltern) und assent (Zustimmung durch das Kind) vorzunehmen (Dockett, Einarsdottir und Perry 2009)
18.3.4
Ethikkommissionen
•
die Hochschule Fresenius gründete 2009 in Zusammenhang mit der Einrichtung eines Masterstudienganges Therapiewissenschaften eine hochschuleigene Ethikkommission (Hochschule Fresenius 2009)
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2014 gründete der Deutsche Bundesverband der akademischen Sprachtherapeuten (dbs) eine eigenständige Ethikkommission zur ethischen Beurteilung von Forschungsprojekten und Abschlussarbeiten im Bereich der Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- und Kommunikationsstörungen (Grohnfeldt et al. 2016)