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Aufsichten (A, B) und Querschnitte (C–E) eines Embryos zwischen dem 19. und 22. Entwicklungstag (ET). Dargestellt ist die durch Botenstoffe der Chorda dorsalis ausgelöste Entwicklung von der Neuralplatte über die Neuralrinne zum Neuralrohr. Aus den Zellen der Neuralleiste entwickeln sich u. a. die Spinalganglien und die Schwann-Zellen. Eine Verschlussstörung des vorderen Neuralrohrs (v) führt zur Anenzephalie, eine Verschlussstörung des hinteren Neuralrohrs (h) zur Spina bifida(verändert nach [1, 2]).
[L231]

Die vorgeburtliche Entwicklung des Gehirns in maßstabsgerechter Darstellung (Kasten). Zur besseren Sichtbarkeit sind die ersten fünf Entwicklungsstadien zusätzlich vergrößert dargestellt (vgl. [3], verändert aus [4]).
[L231]

Links: Krümmung und Wandverdickung des Neuralrohrs bei der Entwicklung der fünf sekundären Hirnbläschen eines Embryos in der 4. bis 5. SSW (verändert nach [1]). Rechts: Mediansagittalschnitt eines adulten Gehirns. Die Pfeile verweisen auf Anteile, die auf die fünf Hirnbläschen zurückgehen (verändert nach [5]).
Fl = Frontallappen (Stirnlappen), Pl = Parietallappen (Scheitellappen), Ol = Okzipitallappen (Hinterhauptslappen), Tl = Temporallappen (Schläfenlappen), sichtbarer Teil; Cb = Cerebellum (Kleinhirn), CC = Corpus callosum (Balken), Th = Thalamus, Ht = Hypothalamus, T = Tectum, Tg = Tegmentum, P = Pons (Brücke)
[L231/E406–04]

Entstehung der Nervenzellen in der Hirnrinde im Laufe der pränatalen Entwicklung. NR = Neuralrohr; VZ = Ventrikulärzone; MZ = Marginalzone; SVZ = Subventrikulärzone, IZ = Intermediärzone; KP = kortikale Platte; SP = Subplatte (verändert nach [11])
[L231]

Zeitlicher Ablauf der prä- und postnatalen Entwicklung von Nervenzellen, Synapsen und Nervenfasern. Die farbigen Kurven zeigen den Verlauf der Synaptogenese und Synapsenelimination für unterschiedliche Hirnbereiche. Die unterbrochenen Querbalken verdeutlichen, dass diese Prozesse in bestimmten Hirnregionen und in beschränktem Umfang auch weiterhin stattfinden.
[P226/P227/L231]

Verlauf der dorsalen Routen (D1 und D2) des Sprachnetzwerks. D1 = gelb, D2 = violett. Erst etwa ab dem 7. Lebensjahr nähert sich die D2-Route in ihrem Verlauf dem Erwachsenengehirn an (verändert aus [16]).
[F918–001]

Migration der Neurone im Gehirn. Die in der periventrikulären germinativen Zone gebildeten Neurone wandern auf unterschiedlichen Wegen zu ihrem Zielort. Von neuronalen Migrationsstörungen spricht man, wenn Hirnzellen nicht an ihrem Zielort ankommen.
[L231]

Wichtige MeilensteineMeilensteineder Gehirnentwicklung der GehirnMeilensteine der EntwicklungGehirnentwicklung in der 1. bis 3. Pränatalphase und der Postnatalphase
ET = Entwicklungstag; SSW = Schwangerschaftswoche; Lj = Lebensjahr
Zeit | Mikrostrukturen | Makrostrukturen |
a) 1. Pränatalphase | ||
18. ET | Bildung von Neuralplatte und Neuralrinne | |
20. ET | Bildung des Neuralrohrs | |
25. ET | Verschluss des vorderen Neuroporus | |
28. ET | Verschluss des hinteren Neuroporus | |
4. bis 6. SSW | Bildung von Hirnbläschen (5. SSW), Ohr-, Linsen- und Riechplakoden; Kerne der 12 Hirnnervenpaare vorhanden | |
5. SSW | Fünf Hirnbläschen sichtbar, beginnende Kortexbildung | |
42. ET | Beginn der Bildung „richtiger“ Neuronen | |
50. ET | Anlage des Cerebellums | |
8. bis 15. SSW | 2 intensive Proliferationsphasen; Apoptose; Neuroblasten und Glioblasten unterscheidbar | Bildung von kortikaler Platte (7./8. SSW) und Subplatte (12. SSW); grober Aufbau von Zwischen- und Mittelhirn beendet |
10. SSW | Rasche Größenzunahme des Kortex (ausgenommen Frontalhirn); Corpus callosum (Balken) sichtbar | |
12. SSW | Erste Synapsen und Myelinstrukturen; Astro- und Oligodendrozyten unterscheidbar | Äußere Hirngestalt und ZNS grob ausgebildet |
b) 2. Pränatalphase | ||
13. SSW | Höhepunkt der Proliferation und Migration von Neuronen (12.–20. SSW) | |
14. SSW | Beginn der Myelinisierung im Rückenmark | |
15. SSW | Glia im gesamten ZNS nachweisbar | Primäre Hirnwindungen und -furchen (Gyri und Sulci) im Kortex sichtbar |
16. SSW | Neuronendifferenzierung nach Erreichen des Bestimmungsorts | |
17. SSW | Neuronenproliferation im frontalen Kortex | Pons (Brücke) sichtbar |
20. SSW | Starkes Dendritenwachstum; sichtbare Myelinisierung ab der 20.–28. SSW | Zuerst in subkortikalen, dann kortikalen Regionen; zuerst posterior, dann anterior |
24. SSW | Ende der Proliferation und Migration (in bestimmten Hirnbereichen bis 30. SSW) | Vorwölbung der prä- und postzentralen Kortexregion; Kortexschichten ausgebildet |
c) 3. Pränatalphase | ||
29. SSW | Massive Dendritendifferenzierung, maximale Neuronenzahl | Zunehmende Ausdifferenzierung der kortikalen Gyri und Sulci |
31. SSW | Intensive Synapsenbildung und Myelinisierung; deutliche Eliminierung von Neuronen | Größenunterschiede der rechten und linken Heschl-Querwindungen; Kortexschichten mit Afferenzen sämtlicher Transmittersysteme |
34. SSW | Höhepunkt der Synaptogenese | Myelinisierung sensorischer, dann primärer motorischer Regionen sichtbar |
40. SSW | Neuronen am Bestimmungsort, wichtige Bahnen (z. B. thalamo-kortikale Verbindungen) ausgebildet | Balken vollständig; Inselregion verdeckt; alle Gyri und Sulci grob ausgebildet |
29. bis 41. SSW | Anteil der grauen Substanz am Hirnvolumen steigt von 25 auf 50 % | |
d) Postnatalphase | ||
2. bis 4. Woche | Massive Zunahme der Gliazellen; okzipital und parietal Zunahme der grauen Substanz | 36 % der Gehirngröße eines Erwachsenen; linke Hemisphäre jetzt größer als die rechte |
3. Monat | Hörrinde: Höhepunkt der Synaptogenese | |
4. Monat | Sehrinde: Höhepunkt der Synaptogenese | Myelinisierung der sekundären Assoziationsareale |
8. Monat | Beginn der Myelinisierung im Frontallappen (7.–15. Monat) | |
15. Monat | Gyrus frontalis medius: Höhepunkt der Synaptogenese | |
1. Lj. | Wachstum von Dendriten, Dornen, Axonen, Synapsen; sehr intensive Myelinisierung | |
3. Lj. | Ende des Wachstumsspurts | |
5. Lj. | Präfrontal: Höhepunkt der Synaptogenese (4–5 Jahre) | 90 % der Gehirngröße eines Erwachsenen |
12. Lj. | Hörrinde: Abschluss der Synapsenelimination | Frontal- und Parietalkortex erreichen maximale Dicke |
15. Lj. | Höhepunkt der Myelinisierung parietaler und frontaler Areale | |
16. Lj. | Temporaler Kortex erreicht maximale Dicke | |
Jugendalter | Regionale Abnahme der grauen Substanz | |
bis 50. Lj. | Regionale Zunahme der weißen Substanz (besonders bis in die 3. Dekade) | |
lebenslang | Modifikation von Synapsen und Dendriten; adulte Neurogenese (in geringem Umfang) |
Abfolge der normalen SprachentwicklungSprachentwicklungnormale
(gekürzte Fassung von Tab. 1 aus de Langen-Müller, Kauschke, Kiese-Himmel, Neumann & Noterdaeme (2012), S. 22–24. [8]) SprachwahrnehmungfrüheLallen/BabbelnPhonologie-Erwerbphonologische BewusstheitLexikon-ErwerbWortschatzspurtLexikon-ErwerbGrammatik-ErwerbGesprächs- und ErzählfähigkeitenSchriftspracherwerb
Bereich | Entwicklungsschritt | Meilensteine | Grenzsteine 90. Perzentile |
Frühe Sprachwahrnehmung | Interesse an der menschlichen Stimme („Lauschen“) | Pränatal, erste Lebenswochen | |
Erkennen rhythmischer und prosodischer Merkmale (Betonungsmuster) der Muttersprache | Pränatal, erste Lebenswochen | ||
Vokalisations-Entwicklung | Neugeborenschrei, Säuglingsschreien | Geburt | |
Gurren (Rachen-, Gaumen-, Kehllaute) | 6.–8. Woche | ||
Marginales Lallen/Babbeln (Erproben der Lautbildung) | 4. Monat | ||
Kanonisches Lallen/Babbeln (Silben aus Konsonanten und Vokalen, z. B. ba) | 6. Monat | 8.–10. Monat | |
Reduplizierendes Babbeln (Silbenverdopplungen, z. B. baba) | 8.–10. Monat | 11.–15. Monat | |
Variierendes (buntes) Lallen/Babbeln (z. B. bada) | 8.–10. Monat | ||
Phonologie-Erwerb | Elementares Lautinventar Einfache Silbenstrukturen (meist offene Silben) |
12. Monat | |
Beginnende Organisation des phonologischen Systems (Einsatz von Lauten in der Zielsprache) | 18. Monat | ||
Beginnende Überwindung phonologischer Prozesse (regelhafte entwicklungsbedingte Veränderungen der Aussprache gegenüber der Zielsprache, z. B. Papa tommt) | mit 2;6 bis 4;6 Jahren | ||
Entwicklung phonologischer Bewusstheit: Silben erkennen, Silben klatschen, Reime erkennen und bilden, Anfangslaut erkennen | Kindergartenbeginn, mit ca. 3 Jahren |
||
Entwicklung phonologischer Bewusstheit: Phoneme (kleinste bedeutungsunterscheidende lautliche Einheiten) erkennen und lokalisieren, Segmentation, Analyse und Synthese von Lauten, Silben und Wörtern | Vorschulalter, mit ca. 5 Jahren |
||
Lexikon-Erwerb | Beginn des Wortverstehens | 9. Monat | |
Verstehen von ca. 50 Wörtern | 16. Monat | ||
Vorformen des Benennens (situationsgebundene Protowörter) | 10. Monat | ||
Gezielte Verwendung von Mama, Papa | 10.–15. Monat | 18.–20. Monat | |
Produktion erster Wörter (Einwortäußerungen) | 13. bis spätestens 20. Monat | 18.–20. Monat | |
Produktion von mindestens 50 Wörtern | 18. bis spätestens 24. Monat | 24. Monat | |
Wortschatzspurt/Wortschatzexplosion | 18.–21. Monat | ||
1. Phase: personal-soziale Wörter (ja, hallo), relationale Wörter (da, auf), Lautmalereien, Eigennamen, einige Nomen | 12.–18. Monat | ||
2. Phase: Nomenwachstum, Beginn des Verberwerbs | 19.–30. Monat | ||
3. Phase: Verbzuwachs, Funktionswörter (der, weil), Pronomen | 30.–36. Monat | ||
Über- und Untergeneralisierungen (z. B. Hund/wauwau als Bezeichnung für alle Tiere) | im 2. Lj. | ||
Erwerb hierarchischer Organisation des mentalen Lexikons, Verstehen von semantischen Relationen (z. B. Ober- und Unterbegriffe) | 3. Lj. bis Schulalter | ||
Erwerb der Wortbildung: Komposition (Zusammensetzung, z. B. Haustür) + Derivation (Ableitung, z. B. heizen → Heizung; Sonne → sonnig) | 2.–5. Lj. | ||
Grammatik-Erwerb | Produktion von Wortkombinationen (Zwei- bzw. Mehrwortäußerungen) | 18. bis spätestens 24. Mon. | 25.–26. Monat |
Anstieg der Äußerungslänge auf durchschnittlich ca. 3 Wörter pro Äußerung | 3. Lj. | ||
Produktion einfacher Satzstrukturen | 3. Lj. | ||
Rückgang von Auslassungen obligatorischer Satzteile (z. B. Subjekt) | 3. Lj. | ||
Rückgang von Auslassungen von Funktionswörtern | 3.–4. Lj. | ||
Erwerb der Verbzweitstellung (Lisa Kuchen essen → Lisa isst Kuchen oder Was isst Lisa?) | 30.–36. Monat | ||
Verwendung variabler Satzarten: Aussage-, Frage-, Ausrufesatz | 30.–36. Monat | ||
Auftreten von Nebensätzen | 36. Monat | ||
Verwendung des obligatorischen Artikels (der, die, das) | 30.–36. Monat | ||
Korrekte Subjekt-Verb-Kongruenz (Personalflexion des Verbs) Reihenfolge: nur Verbstamm, -en, → -t → -e → -st |
ca. 2.–3. Lj. | ||
Aufbau des Kasussystems: zunächst Akkusativ, später Beherrschung des Dativs | 36. Monat bis Einschulung | ||
Aufbau des Pluralsystems | 2.–6. Lj. | ||
Erwerb von Tempusmarkierungen, vorübergehende Überregularisierungen (z. B. gegeht) |
3. Lj. 3.–4. Lj. |
||
Erwerb von Gesprächs- und Erzählfähigkeiten | Blickkontakt mit der Bezugsperson | 3. Monat | |
Früher Ausdruck kommunikativer Intentionen durch Blick, Gesten, Vokalisierungen | 1. Lj. | ||
Triangulärer Blickkontakt Herstellen gemeinsamer Aufmerksamkeit |
9. Monat | ||
Einhalten von Turn-taking-Regeln (Sprecherwechsel) | 2. Lj. | ||
Bezugnahme auf Gesprächspartner im Dialog | 18. Monat | ||
Themenorganisation im Dialog | 3. Lj. | ||
Entwicklung der Erzählkompetenz, zunehmende Kohärenz (inhaltlicher Zusammenhang) und Kohäsion (formaler Zusammenhang von Textelementen) in Erzählungen | 36. Monat bis frühes Schulalter | ||
Verstehen von Ironie und Metaphern | 6. Lj. | ||
Schriftspracherwerb | Logographische Phase (Wiedererkennen häufiger Wörter) | Vorschulalter, Beginn Grundschulalter | |
Alphabetische Phase (Verknüpfung von Lauten und Buchstaben) | Beginn Grundschulalter | ||
Orthographische Phase (Erlernen von Rechtschreibregeln) | Grundschulalter |
Bei der Tabelle handelt es sich um eine leicht gekürzte Übernahme. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Autorinnen.
Merkmale der drei Typen von StotternStotternTypen und Merkmale im Kindes- und Jugendalter (Neumann et al. [33])
Originäres neurogenes nichtsyndromales Stottern | Erworbenes neurogenes Stottern | Psychogenes Stottern | |
Häufigkeit | Häufig | Selten | Selten |
Beginn | In Kindheit oder Pubertät; plötzlich oder allmählich | In jedem Lebensalter, bei akuter oder chronischer Hirnschädigung | Plötzlich, meist nach der Pubertät, bei psychischem Störungsbild |
Ursache | Vorwiegend genetisch; evtl. ungünstige, nicht von Geschwistern geteilte Umweltfaktoren | Akute oder chronische Hirnschädigung | Akutes psychisches Trauma oder psychiatrische Grunderkrankung |
Symptome | Stottertypische Unflüssigkeiten, oft zu Beginn eines Wortes oder einer Phrase, in langen oder bedeutungsvollen Wörtern oder syntaktisch komplexen Äußerungen; oft Mitbewegungen und weitere Begleitsymptome | Stottertypische Unflüssigkeiten, durchgehend für alle Äußerungen, unabhängig von linguistischer Komplexität; seltener Mitbewegungen und weitere Begleitsymptome | Stottertypische Unflüssigkeiten, durchgehend für alle Äußerungen, z. T. auch beim Singen; schwer durch Sprachtherapie beeinflussbar |
Behandlung | Sprachtherapie ab frühem Kindesalter; apparative Sprechhilfen | Behandlung der Grunderkrankung, ggf. medikamentös; evtl. zusätzlich Sprachtherapie |
Psychotherapie, evtl. zusätzlich Sprachtherapie |
Entwicklung von Nervensystem und Sprache sowie mögliche Störungen
Entwicklung des Nervensystems1
2.1.1
Einleitung
1
Auf ausdrücklichen Wunsch der Kapitelautoren werden die Begriffe „Cerebellum“, „Aquaeductus“ und „fronto-temporal“ in dieser Schreibweise für Kapitel 2.1 verwendet.
2.1.2
Embryogenese des Nervensystems
-
•
1. PränatalphasePränatalphase (1. Trimenon/Schwangerschaftsdrittel): 15. postkonzeptioneller Entwicklungstag (ET) bis 12. Schwangerschaftswoche (SSW)
-
•
2. Pränatalphase (2. Trimenon): 13. SSW bis Ende 28. SSW
-
•
3. Pränatalphase (3. Trimenon): 29. SSW bis Ende 40. SSW
Merke
Bei Störungen des NeuralrohrVerschlussstörungenNeuralrohrverschlusses in der Frühschwangerschaft kommt es zur Anenzephalie oder Spina bifida.
Merke
Ab der 24. SSW ist das Hörvermögen vorhanden, ab der 29. SSW können bereits Lautfolgen unterschieden werden.
Makroskopische Gliederung des Gehirns
-
1.
Prosenzephalon (Vorderhirn)
-
–
Telenzephalon (End- oder Großhirn)
-
–
Großhirnhälften (Hemisphären)
-
–
Basalganglien
-
–
Limbisches System
-
-
–
Dienzephalon (Zwischenhirn)
-
–
Thalamus
-
–
Hypothalamus, Subthalamus, Epithalamus
-
-
-
2.
Mesenzephalon (Mittelhirn)
-
-
–
Tectum∗
-
–
Tegmentum∗
-
-
-
3.
Rhombenzephalon (Rautenhirn)
-
–
Metenzephalon (Hinterhirn)
-
–
Cerebellum (Kleinhirn)
-
–
Pons (Brücke)∗
-
-
–
Myelenzephalon (Markhirn, Medulla oblongata)∗
-
2.1.3
Reifung des ZNS
-
1.
Zellteilung und Zellwachstum der Neuroblasten (Proliferation) und
-
2.
Wanderung (Migration) der Nervenzellen zu vorbestimmten Positionen des Nervensystems (Abb. 2.4).
Neurogenese: Proliferation, Migration und Differenzierung
-
1.
Ventrikulärzone (VZ, viele Zellkörper)
-
2.
Subventrikulärzone (SVZ, viele Zellkörper)
-
3.
Intermediärzone (IZ, wenige Zellkörper)
-
4.
Marginalzone (MZ, keine Zellkörper)
Merke
Die Zellmigration ist sehr störanfällig; dadurch kann es zu unterschiedlich schweren neurologischen Beeinträchtigungen kommen.
Neuronale Reifung
Synaptogenese
Myelinisierung
Merke
Kognitive Anforderungen wie sensorische Reize, Kommunikation oder Gehirntraining fördern die Bildung und Entwicklung von Zellfortsätzen und Synapsen sowie die Myelinisierung.
2.1.4
Postnatale Entwicklung des Gehirns
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Welche Zeitabschnitte werden bei der Entwicklung des Nervensystems vor der Geburt unterschieden?
-
2.
Was versteht man unter Neurulation?
-
3.
Ab welcher SSW ist das Hörvermögen ausgebildet?
-
4.
Welche fünf Gehirnanteile werden makroanatomisch unterschieden?
-
5.
Nennen Sie die wichtigsten Vorgänge der Neurogenese.
-
6.
Welchen zeitlichen Verlauf nimmt die Synapsenbildung und -elimination in den unterschiedlichen Hirnregionen?
-
7.
Wann erreicht das kindliche Gehirn 90 % der Größe eines Erwachsenengehirns?
Literatur
1
2
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5
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10
11
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13
14
15
16
17
18
19
Weiterführende Literatur
Bystron et al., 2008
Donkelaar et al., 2014
Hinrichsen et al., 2014
Michaelis and Niemann, 2010
Sadler, 2014
Watson et al., 2010
Weiss-Croft and Baldeweg, 2015
Pathologische Entwicklung des ZNS, Hydrozephalus und Spina bifida
2.2.1
Einleitung
2.2.2
Entwicklungsstörungen des ZNS
Pränatale Diagnostik
Diagnostik nach der Geburt
Merke
Viele Anlagestörungen des ZNS entgehen der Routine-Pränataldiagnostik (Sonografie und Chromosomenanalyse). Einige können aber bei gezielter Suche mit speziellen Verfahren nachgewiesen werden.
Eine genetische Ursache ist nicht gleichbedeutend mit einer „vererbten“ Ursache, da es sich häufig um Neumutationen handelt.
Symptome
Therapie
2.2.3
Neuronale Migrationsstörungen
Lissenzephalie
Fallbeispiel 2.1
Lissenzephalie (Miller-Dieker-Syndrom)
Heterotopie
Polymikrogyrie
Fokale kortikale Dysplasie
Fallbeispiel 2.2
Fokale kortikale Dysplasie
2.2.4
Mikro- und Makrozephalus, Hydrozephalus
Merke
In einem kleinen Kopf befindet sich immer ein kleines Gehirn. In einem – zu – großen Kopf kann das Gehirn in seltenen Fällen auch normal groß sein. Je 3 % der gesunden Kinder haben einen KopfumfangKopfumfangPerzentilen unter der 3. Perzentile oder über der 97. Perzentile. Aber je größer die Abweichung von der Norm, desto häufiger sind neurologische Symptome und psychomotorische Entwicklungsstörungen. Es ist immer ein Warnzeichen und dringend abklärungsbedürftig, wenn der Kopfumfang im Wachstumsverlauf deutlich von seiner ursprünglichen Perzentile nach oben oder unten abweicht!
Mikrozephalus
-
•
familiäre Formen (ohne Symptome)
-
•
Chromosomenanomalien (z. B. Trisomie 21, Kap. 3.2.1)
-
•
andere genetische Störungen (z. B. Rett-Syndrom, Kap. 3.2.7)
-
•
Hirnanlagestörungen (z. B. ausgedehnte Migrationsstörungen, Holoprosenzephalie, Anenzephalus)
-
•
intrauterine Infektionen (z. B. Zytomegalie, Toxoplasmose)
-
•
intrauterine Toxine (z. B. fetales Alkoholsyndrom, unerkannte Phenylketonurie der Mutter)
-
•
intrauterine Durchblutungsstörungen
-
•
perinatale Hirnschädigung (z. B. Hypoxie, Infektion, Durchblutungsstörung)
-
•
postnatale schwere Hirnschädigung (z. B. schwere angeborene Herzfehler, Beinahe-Ertrinken)
-
•
schwere chronische Erkrankungen (z. B. Herz-, Leber-, Nieren- und Stoffwechselerkrankungen)
-
•
schwere Mangelernährung
Makrozephalus
-
•
familiäre Formen (ohne Symptome)
-
•
Hydrozephalus (diverse Formen, Kap. 3.11)
-
•
genetische Störungen und Syndrome (z. B. Sotos-Syndrom)
-
•
Stoffwechselerkrankungen (z. B. Mukopolysaccharidosen, Kap. 3.4)
-
•
Leukodystrophien (z. B. Morbus Alexander)
-
•
intrakranielle Blutungen (z. B. chronische Subduralhämatome, Kap. 3.11)
-
•
Skelettdysplasien (z. B. Osteopetrose)
Hydrozephalus
Merke
Bei Kindern mit einem ventrikuloperitonealen Shunt müssen alle (neuen) neurologischen Symptome und Verschlechterungen des Allgemeinbefindens äußerst ernst genommen und abgeklärt werden, da sie Zeichen einer ShuntdysfunktionShuntdysfunktion sein können. Im Zweifelsfall ist auch bei einem scheinbar normalen/unveränderten CT eine Shuntrevision indiziert.
-
•
Hirnanlagestörungen (z. B. Chiari-Malformation, angeborene Aquäduktstenose)
-
•
intrakranielle Tumoren
-
•
pränatale Infektionen (z. B. Zytomegalie)
-
•
postnatale intrakranielle Infektionen (z. B. bakterielle Meningitis, Tuberkulose)
-
•
angeborene Gefäßfehlbildungen
-
•
intraventikuläre Hämorrhagie (IVH) bei Frühgeborenen
-
•
andere intrakranielle Blutungen (durch Trauma)
-
•
Stoffwechselerkrankungen
-
•
genetische Syndrome
2.2.5
Spina bifida und Neuralrohrdefekte
Merke
Bei Kindern mit MMC/Hydrozephalus muss jeder Kontakt mit latexhaltigen Produkten (z. B. Handschuhe oder Sauger) streng vermieden werden!
Neuralrohrdefekte
Merke
Da die Häufigkeit von Neuralrohrdefekten bei einem Folsäuremangel der Schwangeren deutlich ansteigt, wird allen Frauen mit Kinderwunsch die tägliche Einnahme von Folsäure (mindestens 4 Wochen vor einer möglichen Konzeption) empfohlen.
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Zu den Entwicklungsstörungen des ZNS rechnet man z. B.
-
a.
Migrationsstörungen (z. B. fokale kortikale Dysplasie)
-
b.
Makro- und Mikrozephalus
-
c.
Hydrozephalus und Spina bifida
-
-
2.
Mit den üblichen pränatalen Untersuchungen (Sonografie, ggf. Chromosomenanalyse) erkennt man in der Regel
-
a.
alle Entwicklungsstörungen des ZNS
-
b.
Hydrozephalus und Spina bifida
-
c.
größere Hirnanlagestörungen (z. B. Lissenzephalie)
-
-
3.
Typische Symptome bei einem Kind mit einer Lissenzephalie sind
-
a.
schwer behandelbare epileptische Anfälle
-
b.
schwere allgemeine Entwicklungsstörung
-
c.
isolierte Lese-Rechtschreib-Störung bei normaler Intelligenz
-
-
4.
Typische Symptome eines Kindes mit einer kleinen fokalen kortikalen Dysplasie sind
-
a.
epileptische Anfälle, die schlecht auf Medikamente ansprechen
-
b.
schwere allgemeine Entwicklungsstörung
-
c.
normale Intelligenz
-
-
5.
Neuralrohrdefekte (z. B. Spina bifida) entstehen
-
a.
im letzten Drittel der Schwangerschaft
-
b.
während der gesamten Schwangerschaft vor allem durch äußere Einflüsse, z. B. bakterielle Infektionen
-
c.
in den ersten Schwangerschaftswochen
-
-
6.
Eine Frau, die eine Schwangerschaft plant, kann das Risiko eines Neuralrohrdefekts bei ihrem Kind senken, indem sie
-
a.
ihren Zigarettenkonsum reduziert, am besten ganz beendet
-
b.
mindestens 4 Wochen vor und nach der Empfängnis täglich 0,4 mg Folsäure und bei erhöhtem Risiko sogar 4 mg Folsäure täglich einnimmt
-
c.
absolute Alkoholkarenz einhält
-
-
7.
Bei Kindern mit Spina bifida (MMC) ist bei allen therapeutischen und diagnostischen Maßnahmen besonders wichtig
-
a.
verschlechtertes Allgemeinbefinden, Kopfschmerzen und neue neurologische Symptome sehr ernst zu nehmen und ggf. die Vorstellung beim Facharzt bzw. in der Klinik empfehlen. Denn die Ursache kann z. B. eine Shuntdysfunktion mit Hirndrucksymptomen sein, die potenziell lebensgefährlich ist.
-
b.
keine Händedesinfektion durchführen, wegen möglicher Hautreizung beim Kind.
-
c.
jeden Kontakt mit latexhaltigen Produkten strengstens zu vermeiden.
-
-
8.
Besondere therapeutische Optionen für die sprachtherapeutische Behandlung bei Kindern mit – neurologisch oder anatomisch – stark eingeschränkter Sprechfunktion sind
-
a.
gebärdenunterstützte Kommunikation
-
b.
elektronische Kommunikationshilfen mit spezieller Tastatur und Sprachausgabe (z. B. auf Tablet-Basis)
-
c.
blickgesteuerte Kommunikationshilfen
-
Weiterführende Literatur
Normale,
Normale und pathologische Entwicklung des ZNS, allgemein
Aicardi, 1998
Piña-Garza, 2013
ten Donkelaar et al., 2006
Volpe, 1995
Migrationsstörungen,
Migrationsstörungen
Barkovich et al., 1994
Fry et al., 2014
Prayson, 2014
Rosendahl and Wolff, 2003
Schulze-Bonhage et al., 2015
Neuralrohrdefekte,
Neuralrohrdefekte, Spina bifida und Hydrozephalus
Frey and Hauser, 2003
Keller and Farmer, 2015
McDonnell et al., 2015
Ovaere, 2015
Altersgemäße Sprachentwicklung und Sprachentwicklungsstörungen sowie weitere sprachassoziierte Störungen unter besonderer Berücksichtigung neuropädiatrischer Krankheitsbilder
2.3.1
Normaler Spracherwerb
-
•
prosodisch (Sprechmelodie, -dynamik)
-
•
phonetisch-phonologisch (Aussprache, Produktion von Lauten und Gebrauch von Sprachlauten im Sprachsystem)
-
•
semantisch-lexikalisch (Wortbedeutung, Wortschatz)
-
•
morphologisch-syntaktisch (Wort- und Satzgrammatik)
-
•
pragmatisch (situationsangemessener Gebrauch der Sprache während der Kommunikation) [3]
-
•
kognitive Anpassung an die Laute der Muttersprache und Bevorzugung ihrer Prosodie
-
•
gemeinsame Aufmerksamkeitsausrichtung (shared focus of attention) und Triangulieren (Benennung des Objekts durch die Mutter, nachdem das Kind mit seinem Blick ihre Aufmerksamkeit darauf gelenkt hat)
-
•
eine partiell entwickelte sensomotorische Intelligenz (Üben angeborener Reflexmechanismen im ersten Lebensjahr, Differenzierung angeborener Handlungsschemata, Erkennen von Zweck-Mittel-Zusammenhängen, Imitation von Verhaltensweisen der Bezugspersonen, Herstellung konstanter innerer Objektvorstellungen)
-
•
Reziprozität (wechselseitige Bezogenheit während der Kommunikation)
-
•
Gebrauchen und Verstehen referentieller und symbolischer Gesten (wie winke-winke, nein-nein)
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•
Intentionalität (mentale Ausrichtung auf Objekte oder Personen in kommunikativer Absicht)
-
•
Grundunterscheidung in „selbst“ und „andere“
-
•
Fähigkeit, Ereignisse zu segmentieren und Objekte, Handlungen und Zustände zu klassifizieren [1]
2.3.2
Late Talker
2.3.3
Sprachentwicklungsstörungen
Umschriebene Sprachentwicklungsstörungen (USES)
Diagnostische Kriterien für eine USES (F80.1 und F80.2)
-
1.
Die mit einem standardisierten USES (umschriebene Sprachentwicklungsstörungen)diagnostische Kriterien nach ICD-10und normierten Test erfassten Fähigkeiten der rezeptiven/expressiven Sprache liegen auf einer oder mehreren sprachlich-kommunikativen Ebenen 1,5 bis 2 Standardabweichungen unterhalb der Altersnorm des Kindes.
-
2a.
Die mit Hilfe strukturierter Verhaltensbeobachtung und linguistischer Analysen erfassten Fähigkeiten der rezeptiven/expressiven Sprache liegen bedeutsam unterhalb der Fähigkeiten der Altersgruppe.
-
2b.
Verwendung und Verständnis nonverbaler Kommunikation liegen innerhalb der Altersnorm
-
3.
Normalitätsannahme: Es fehlen neurologische, sensorische, emotionale, soziale oder körperliche Störungen, die die Sprachproblematik erklären können. Eine Intelligenzminderung (IQ < 85, gemessen mit einem nonverbalen Intelligenztest) besteht nicht.
Mit Komorbiditäten assoziierte Sprachentwicklungsstörungen
-
•
SES bei Intelligenzminderung (F70–F79)
-
•
SES bei Hörverlust (H90–H91) oder einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) (F80.20); Letztere ist in der ICD-10 ungünstigerweise unter den USES subsummiert
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•
SES bei anderen Sinnes- und Mehrfachbehinderungen
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•
SES bei tiefgreifenden Entwicklungsstörungen wie Autismus (F84.0–F84.1)
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•
SES bei Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend wie (s)elektivem Mutismus (F94.0)
-
•
SES assoziiert mit Syndromen
-
•
SES bei Störungen motorischer Funktionen (F82.-) [1, 2].
Symptomatik von Sprachentwicklungsstörungen
Umschriebene Sprachentwicklungsstörungen (USES)
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•
Später USES (umschriebene Sprachentwicklungsstörungen)SymptomatikSprechbeginn
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•
Verlangsamter Spracherwerb, evtl. Plateaubildung
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Störungen von Syntax/Morphologie überwiegen Störungen von Semantik und Pragmatik: fehlende Mehrwortäußerungen im Alter von zwei Jahren
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•
Defizitäre Textrepräsentation: unstrukturierte und bruchstückhafte Reproduktion auch einfacher Texte
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•
Bruchstückhafte Sprachproduktion: selten Bildung von Sätzen, sondern eher von kurzen und häufig unvollständigen Phrasen
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Eingeschränkte Aufnahmekapazität des phonologischen Arbeitsgedächtnisses
Mit Komorbiditäten assoziierte SES
-
•
SES bei IntelligenzminderungIntelligenzminderungSES-Symptomatik: gestörte Entwicklung der Konzeptbildung und der kommunikativ-pragmatischen Kompetenz; gestörte oder fehlende sprachliche Kommunikation; oft Mischen von Sprache mit Zeichen oder Ersatz durch Zeichen und konkrete Symbole; stereotype Verhaltens- und Sprachmuster; mangelnder thematischer Bezug der Äußerung und unzureichende Mitteilung notwendiger Inhalte; mangelnde Strategien zur Auflösung von Missverständnissen; kompensatorischer Einsatz von Mitteln der unterstützten (nonverbalen) Kommunikation, z. B. Gebärden, Gesten, Zeichen, Symbolen oder technischen Hilfsmitteln
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•
SES bei peripheren Hörstörungen: variable Auswirkung von gestörter Sprachperzeption, fehlendem Feedback für Laute, Lautverbindungen und prosodischen Elementen auf die Sprachentwicklung; beidseitige Schwerhörigkeit von >35 dB HL: Sprachperzeption stärker betroffen als Sprachproduktion; besonders gravierende Auswirkungen auf die Sprachentwicklung bei frühkindlichen HörstörungenHörstörungenSES-Symptomatik; beeinträchtigte Sprachanbahnung bereits in der vorgeburtlichen Phase, insbesondere melodische, rhythmische und dynamische Akzententstellungen und Dysprosodien; evtl. auffälliges Schreien; gehörlose Kinder verstummen beim Übergang von der ersten in die zweite Lallperiode; gestörte Entwicklung von Begriffsbildung und Bedeutungsdifferenzierung, dadurch Semantikstörungen mit eingeschränktem passivem und aktivem Wortschatz [22, 23]; aktiver Wortschatz umfasst vor allem Substantive mit konkretem Inhalt; zögerlicher Erwerb von Verben, Adjektiven, Adverbien, vor allem aber von Funktionswörtern; Verharren bei Ein- und Zweiwortäußerungen oder einfachen Sätzen; fehlerhafte Grammatik, oft auch nach abgeschlossener Sprachentwicklung Unsicherheiten bei Satzstellung, Flexions- und Kasusmarkierungen, verwaschene Aussprache wegen reduzierter Konsonant-Konsonant-Verbindungen, Lautelisionen und -substitutionen und Verwechslung ähnlich klingender Laute; phonetisch-phonologisch bedingte Aussprachestörungen wie addentale Bildung von Frikativen bei Hörminderung im Hochtonbereich [24]; widersprüchliche Studienergebnisse zur (Mit-)Verursachung von SES durch Schallleitungsschwerhörigkeit bei Mittelohrbelüftungsstörungen mit eventuellen Paukenergüssen; zwei methodisch umstrittene Metaanalysen zeigten keine [25] oder nur schwache [26] Effekte rekurrierender Mittelohrentzündungen mit Sekretbildung auf die Sprachentwicklung, was aber kaum generalisierbar für Kinder mit erhöhtem SES-Risiko oder sprachrelevanten Komorbiditäten erscheint [1, 2].
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•
SES bei anderen Sinnesbehinderungen und Mehrfachbehinderungen:
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–
Blindheit oder Restsichtigkeit: gelegentlich verzögerte lexikalische und syntaktische Entwicklung, selten SES
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–
Mehrfachbehinderungen: SES-SymptomatikMehrfachbehinderungenSES-Symptomatik von Art, Ausprägung, Schwere, Zahl und Kombination der Behinderungen abhängig – von leichteren SES bis zum ausbleibenden Spracherwerb, der nur unterstützte Kommunikation zulässt
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SES bei tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (z. B. Autismus-Spektrum-Störungen), Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Sprachentwicklungsstörungenund tiefgreifende EntwicklungsstörungenBeginn in der Kindheit und Jugend (Kap. 3.3.1): Die SES-Symptomatik ist von Art, Ausprägung, Schwere, Zahl und Kombination der EntwicklungsstörungenEntwicklungsstörungenSES-Symptomatik abhängig.
Beispiele: Autismus-Spektrum-StörungenAutismus-Spektrum-Störungen (Synonyme: Kanner-Syndrom, gelegentlich auch und weniger präzise „frühkindliche Psychose“), Rett-Syndrom (Kap. 3.2.8), Heller-SyndromHeller-Syndrom (Synonyme: infantile Demenz, Dementia infantilis, desintegrative und symbiotische Psychose: vor dem 10. Lebensjahr eintretender Verlust zuvor erworbener Fähigkeiten in verschiedenen Entwicklungsbereichen nach anfänglich normaler Entwicklung zumindest in den ersten beiden Lebensjahren; allgemeiner Interessenverlust an der Umgebung, Stereotypien und motorische Manierismen, autistoides Sozialverhalten), überaktive Störungen mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien: All diese Störungen sind durch qualitative Abweichungen in den sozialen Interaktionen und Kommunikationsmustern sowie durch ein eingeschränktes, stereotypes, repetitives Repertoire von Interessen und Aktivitäten charakterisiert [2].
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–
Autismus: Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung des Gehirns, vorwiegend angeboren; als ursächlich wird eine prä-, peri- oder postnatale Hirnschädigung angenommen, hereditäre Ursachen sind nicht ausgeschlossen. Kernsymptomatik: Defizite in sozialer Interaktion und Kommunikation sowie stereotype oder ritualisierende Verhaltensweisen, aber auch Stärken in den Bereichen Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Intelligenz möglich; Unterscheidung in frühkindlichen Autismus (Kanner-SyndromKanner-Syndrom) und Asperger-SyndromAsperger-Syndrom (Erstmanifestation oft erst nach dem 3. Lebensjahr). Die Symptomatik reicht von leichten Verhaltensauffälligkeiten bis zu schwerer geistiger Behinderung.
SES-Symptome bei Autismus-Spektrum-StörungenSES-SymptomeAutismus-Spektrum-Störungen: Bei ca. 50 % der autistischen Kinder komplettes Ausbleiben der Lautsprachentwicklung, bei der anderen Hälfte starke Verzögerung und qualitative Abweichungen; Störungen des Sozial- und Kommunikationsverhaltens bis hin zur Unmöglichkeit, mit anderen Menschen (laut)sprachlich zu kommunizieren, Gesagtes richtig zu interpretieren, Mimik und Körpersprache einzusetzen; oft monotone, arrhythmische Prosodie; verzögerte und langsame Entwicklung von Wortschatz und Syntax; Echolalien und Mutismus, Probleme mit dem Konzept von Ja-/Nein-Antworten, Pronomenverwechslung und -vermeidung; Einsatz von Sprache eher zur Befriedigung eigener Bedürfnisse als zur Kommunikation; Vermeidung kommunikativer Turn-taking-Strategien; fehlende Reaktion auf Baby Talk; Ausnahme – Asperger-Syndrom: formell und pedantisch wirkende Sprache, merkwürdige Prosodie, ansonsten fast oder völlig regelrechte Sprachproduktion
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Überaktive Störungen mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien: Hyperaktivität, Sprach- und Aufmerksamkeitsstörungen, stereotype Verhaltensweisen, oft umschriebene oder globale Entwicklungsverzögerungen
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•
SES bei Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend, z. B. bei (s)elektivem MutismusMutismusSES-Symptome: Symptomatik und Schwere der SES Sprachentwicklungsstörungenund Störungen sozialer Funktionensind, wenn überhaupt vorhanden, von Ausprägungsform und Grad der Entwicklungsstörung abhängig.
Beispiel: Bei totalem oder (s)elektivem Mutismus keine Sprach- oder Sprechstörung, sondern Störung der sozialen Funktionen, d. h. KommunikationsstörungKommunikationsstörungenMutismus aufgrund einer Redehemmung bei intakten Hör-, Sprach- und Sprechfähigkeiten; bei (s)elektivem Mutismus (nahezu) normale Kommunikation in bestimmten Personengruppen bzw. mit bestimmten Einzelpersonen; weniger als 25 % der betroffenen Kinder haben Ausspracheprobleme oder über das normale Maß hinausgehende Sprechunflüssigkeiten.
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Totaler MutismusMutismustotaler: bei Kindern sehr selten; situationsunabhängige, vollständige Unmöglichkeit, mit anderen Personen verbal zu kommunizieren (Schweigen); Ursachen: Schockerlebnisse, Traumata, aber auch endogene Depression, Psychosen oder andere psychiatrische Erkrankungen; Mimik meist ausdrucksarm, Vermeidung von Blickkontakt. Die Patienten kommunizieren mitunter mit Hilfsmitteln (z. B. gestisch) und vermeiden öfter auch andere phonische Leistungen (Lachen, Weinen, Husten, Atemgeräusche).
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(S)elektiver Mutismus: bei Mutismuselektiver/selektiverKindern häufig. Die Kinder sprechen in bestimmten Situationen (vor allem mit Familienmitgliedern), während sie in anderen (Kindergarten, Schule) bzw. gegenüber anderen Personengruppen (Fremde) schweigen [27]. Ursachen: oft mit Sozialangst, Empfindsamkeit, Rückzug oder Widerständen verbunden; meist familiäre Disposition mit Häufungen von Gehemmtheit, kommunikativem und sozialem Rückzug, eigenbrötlerischem Verhalten, Ängsten und Depressionen. In einer Studie von Kristensen hatten 72 % der untersuchten mutistischen Kinder auffällig schüchterne Familienangehörige, aber nur knapp 18 % der Kontrollgruppe [28]. Als aufrechterhaltende Bedingungen können verstärkte Aufmerksamkeit, Mittelpunktstellung in der Familie, Sonderrollen und Befreiung von Pflichten dazu beitragen, dass mutistische Kinder nicht mehr von selbst aus dem Teufelskreis des Schweigens herauskommen.
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Akinetischer Mutismus: neurologisches MutismusakinetischerSyndrom mit schwerer Antriebsstörung. Obwohl der Patient wach ist und keine Lähmungen hat, bewegt er sich nicht (Akinese), spricht nicht und zeigt aus der Antriebsarmut heraus auch keine Emotionen; Wahrnehmung und Gedächtnis sind meist, aber nicht immer unbeeinträchtigt. Ursachen im Kindesalter: Schädigungen des Frontalhirns oder des Gyrus cinguli, z. B. bei Schädel-Hirn-Trauma, beidseitigem Verschluss der vorderen Großhirnarterie (bei Apoplex) oder Druckeinwirkung auf das Zwischenhirn (z. B. durch Tumore wie Plexuspapillome) oder Hydrozephalus.
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SES in Vergesellschaftung mit Syndromen: Eine defizitäre Sprachproduktion ist Leitsymptom vieler Syndromegenetische SyndromeSES-Symptomatik; meist hereditär bedingt; starke Variabilität der Schwere der Sprachstörungen, abhängig von Art, Ausprägungsform und Schweregrad des Syndroms – von diskreten Sprachauffälligkeiten bis zum ausbleibenden Spracherwerb, bedingt u. a. durch Intelligenzminderung und Schwerhörigkeit (z. B. beim Down-Syndrom), Anomalien im Artikulationsapparat und Problemen bei der Kontrolle der Artikulationsmotorik. Wortverstehen oder Anwendung einer Schlüsselwortstrategie beim Satzverständnis ist meist auch bei schwerer geistiger Behinderung möglich; Sprachperzeption entwickelt sich meist bis ins Schulalter hinein.
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Down-SyndromDown-Syndromsprachrelevante/SES-Symptome (Kap. 3.2.1 und Kap. 4.4): später und langsamer Wortschatzerwerb, Stimmauffälligkeiten wie tiefe, raue Stimme, phonologische Merkmalsvertauschungen und Reduktionen von Merkmalsverbindungen; kurze Äußerungen (z. B. nach Rondal [29]: 1,9 Morpheme im Alter von 6,5 Jahren, 2,8 Morpheme pro Äußerung im Alter von 10 Jahren), die aber meist informativ und pragmatisch funktional sind, das Verhalten ist zuhörerorientiert. Weitere mögliche sprachrelevante Symptome neben kognitiven Einschränkungen sind häufig Schallleitungs- oder kombinierte Hörstörungen und Makroglossie.
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Angelman-SyndromAngelman-Syndromsprachrelevante/SES-Symptome (Kap. 3.2.9): Sprachrelevante präverbale bzw. motorische Symptome sind auffällig lange Dauer der oralen Phase (Erkundung der Umwelt mit dem Mund), oft auffällige Mund- und Kaubewegungen und Hervorstrecken der Zunge wegen ungenügender Kontrolle der Mundmuskulatur; Hypersalivation; verzögerte motorische Entwicklung; sensorische Integrationsstörungen insbesondere bezüglich der Körperwahrnehmung.
SES-bezogene Symptome: oft kein Babbeln und fehlende Sprechversuche im Säuglings- und Kleinkindalter, später nur sehr eingeschränkte Sprachproduktion, aber gewisse Fähigkeit zum Erlernen alternativer Kommunikationsformen, z. B. individuelle Gebärden entsprechend dem System der Gebärdenunterstützten Kommunikation (GuK), Gesten und Bildkommunikation; produktiver Wortschatz von durchschnittlich 1–6 Wörtern; oft völlig fehlende Sprachproduktion; semantisch unpräzise eingesetzte und phonologisch auffällige Wörter, aber gute sprachperzeptive Fähigkeiten, einfache Sätze und Aufforderungen werden verstanden.
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Cornelia-de-Lange-Syndrom: SES-Symptome Cornelia-de-Lange-Syndromsprachrelevante/SES-Symptomeindividuell unterschiedlich, vom Fehlen jeglicher Sprachproduktion bis zum möglichen Regelschulbesuch; Substitution oder Elision von Konsonanten; Sprachperzeption besser als Sprachproduktion, Wortschatzleistungen besser als Syntaxleistungen; sprechdyspraktische Symptome. Weitere mögliche sprachrelevante Symptome sind Gaumenspalte, Hörprobleme, schwere Ernährungsstörungen (Würgen, gehäuftes Erbrechen, Kau- und Schluckprobleme).
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Cri-du-Chat-Syndrom (Katzenschreisyndrom; Kap. 3.2.7): Cri-du-chat-SyndromSES-SymptomeSprachentwicklung oft schwer beeinträchtigt oder völlig ausbleibend; mitunter werden durch Schlüsselwortstrategie einige Äußerungen verstanden. 25 % der Kinder können im Alter von 4,5 Jahren und 50 % im Alter von 5,5 Jahren kurze Sätze produzieren [30].
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Deletionssyndrom 22q11 (Kap. 3.2.4; Synonyme: DiGeorge-Syndrom, velokardiofaziales Syndrom und Shprintzen-Syndrom): Deletionssyndrom 22q11SES-SymptomeSES bis hin zu ausbleibender Sprachproduktion, näselnde Sprache bei velopharyngealer Insuffizienz; weitere mögliche sprachrelevante Symptome sind Gesichts- und Gaumenfehlbildungen (Gaumenspalten); bei Säuglingen oft Schwierigkeiten, zu trinken und zu schlucken; gehäuft Mittelohrbelüftungsstörungen und Paukenergüsse, die Schwerhörigkeit bedingen können.
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Fragiles-X-Syndrom (Kap. 3.2.2): Ausgeprägte Fragiles-X-Syndromsprachrelevante/SES-SymptomeIntelligenzminderung, die mit variabler SES-Symptomatik einhergeht, von lediglich subtilen Kommunikationsdefiziten bis zum völligen Fehlen sprachlicher Strukturen; typisch sind Wortfindungsstörungen, Echolalien bzw. Perseverationen und Selbstgespräche; Grammatik und Artikulation stark beeinträchtigt, mitunter Poltersymptomatik. Weitere mögliche sprachrelevante Symptome sind Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsdefizite.
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Prader-Willi-Syndrom (Kap. 3.2.1): verzögerter Prader-Willi-Syndromsprachrelevante/SES-SymptomeSprechbeginn, variable Sprachsymptomatik. Einige Kinder können zwei Sprachen erlernen und lesen gern, andere erwerben nur einige Wörter; eingeschränkter Wortschatz, vorwiegend Gebrauch von Inhaltswörtern bei Fehlen von Funktionswörtern und morphologischen Markierungen; einfache und oft fehlerhafte Syntax. Weitere mögliche sprachrelevante Symptome sind kognitive Einschränkungen.
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Opitz-Syndrom/BBB-Syndrom (BBB = Initialen der zuerst beschriebenen Patienten): Opitz-Syndromsprachrelevante/SES-Symptomeverspäteter Spracherwerb oder nonverbale Kommunikation bis ins Erwachsenenalter, autistische Verhaltensweisen. Weitere mögliche sprachrelevante Symptome sind geistige Behinderung, Hirnfehlbildungen, Fehlbildungen von Larynx, Pharynx und/oder Trachea, die zu Schluck- und Atemproblemen führen und eine schwache, pfeifende oder heisere Stimme bedingen können.
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Smith-Lemli-Opitz-Syndrom: individuell Smith-Lemli-Opitz-Syndromsprachrelevante/SES-Symptomevariable SES-Symptome, vom Fehlen jeglicher Sprachproduktion bis zum möglichen Regelschulbesuch. Die sprachlichen Leistungen sind schlechter als vom Schweregrad der geistigen Behinderung zu erwarten wäre, Sprachproduktion auf dem Niveau von Zweiwortsätzen. Dennoch können einige Patienten komplexere verbal vermittelte Aufträge befolgen. Weitere mögliche sprachrelevante Symptome sind geistige Behinderung, Hirn- und kraniofaziale Fehlbildungen, Gaumenspalten, Saug- und Schluckschwierigkeiten, Ernährungs- und Verhaltensprobleme.
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Rett-Syndrom (Kap. 3.2.8): Sprachliche (produktive und z. T. rezeptive), aber auch kognitive Fähigkeiten gehen Rett-Syndromsprachrelevante/SES-Symptomezwischen 7. Lebensmonat und 2. Lebensjahr aufgrund einer X-chromosomal-dominant bedingten Enzephalopathie wieder verloren; autistische Symptome. Die Kinder können in der Regel nur wenige Wörter produzieren, manche gar keine Lautsprache; daher Neigung zu nonverbaler Kommunikation (Gesten, Berührung von Gegenständen und Blickbewegungen). Weitere mögliche sprachrelevante Symptome sind geistige Behinderung, Hirnfehlbildungen, Ataxie, Handstereotypien und Apraxie.
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Williams-Beuren-Syndrom (Kap. 3.2.6): später Williams-Beuren-Syndromsprachrelevante/SES-SymptomeSpracherwerb (erste Wörter mit 2–3 Jahren, wegen Aussprachestörungen teilweise schwer verständlich), langsame Wortschatzentwicklung bei Defiziten im sprachlichen Langzeitgedächtnis und gehäuften mittelohrbedingten Hörstörungen [31]; Echolalien im frühen Spracherwerb, anfangs gelegentlich Wortfindungsprobleme, später normaler Wortschatz; im Vorschulalter oft Auslassung von Funktionswörtern (Telegrammstil), Verwechslung des grammatischen Geschlechts. Die sprachlichen Defizite werden allmählich überwunden bis zur regelrechten Spontansprache im Erwachsenenalter. Ältere Kinder sprechen meist flüssig und gern, sie sind extrovertiert, freudig und meist sprachgewandt (z. B. Wortneuschöpfungen), wodurch ihre kognitiven Fähigkeiten öfter überschätzt werden. Weitere mögliche sprachrelevante Symptome sind Intelligenzminderung, gehäufte Mittelohrentzündungen, Hörstörungen, Geräuschempfindlichkeit, Hyperakusis und Konzentrationsschwierigkeiten.
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-
•
SES bei Störungen motorischer Funktionen: Störungen wie motorischemotorische Funktionsstörungenund SES Ungeschicklichkeiten (Syndrom des ungeschickten KindesSyndrom des ungeschickten Kindes), Entwicklungsstörungen der Fein-, Stato- und Grobmotorik, somatosensorische Dysfunktionen (z. B. taktile Diskriminationsstörung, taktile Abwehr), vestibulär-propriozeptive Dysfunktionen und Entwicklungsdyspraxie können sich ungünstig auf die Entwicklung kognitiver und motorischer Funktionen und auch auf die Sprech- und SprachentwicklungSprachentwicklungsstörungenund Störungen motorischer Funktionen auswirken mit nachfolgenden Wahrnehmungs-, stato- und allgemeinmotorischen Störungen sowie Lern- und Verhaltensstörungen.
Merke
Die Prävalenz der vorwiegend genetisch bedingten umschriebenen Sprachentwicklungsstörungen beträgt ca. 5–8 % ohne Tendenz einer Zunahme, die Prävalenz von Sprachentwicklungsstörungen mit sprachrelevanten Komorbiditäten mindestens 3 %.
Sprachentwicklungsstörungen müssen von umgebungsbedingten Sprachauffälligkeiten abgegrenzt werden, die z. B. durch ein sozial schwaches Umfeld oder unzureichenden Erwerb der Verkehrssprache bei Mehrsprachigkeit entstehen können. Sprachentwicklungsstörungen benötigen eine Therapie, umgebungsbedingte SprachauffälligkeitenSprachauffälligkeiten pädagogische Sprachfördermaßnahmen.
2.3.4
Verbale Entwicklungsdyspraxie
-
1.
inkonsistente Fehler bei der Bildung sowohl von Konsonanten als auch Vokalen während der wiederholten Äußerung von Silben oder Wörtern
-
2.
verlängerte und koartikulatorisch gestörte Laut- und Silbenübergänge
-
3.
unpassende Prosodie
2.3.5
Aphasie im Kindesalter
Merke
Subtile, zeitweilig verborgene sprachliche Schwierigkeiten können als Langzeitfolgen kindlicher Aphasien fortbestehen – auch lebenslang, z. B. im Bereich der Schriftsprache. Teilweise werden sie erst nach Jahren sichtbar, z. B. im Schulalltag, und behindern den Schulerfolg sowie die berufliche Entwicklung des Kindes. Dies beeinträchtigt häufig das sozioemotionale und familiäre Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen langfristig.
2.3.6
Neurogene Redeflussstörungen im Kindesalter
2.3.7
Kindliche Stimmstörungen bei neuropädiatrischen Krankheitsbildern
-
•
intrakraniellen Blutungen, Hirntumoren, Meningitis
-
•
Hyperbilirubinämie mit Kernikterus
-
•
Anoxie
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•
Hypoglykämie
-
•
Myasthenie
-
•
Hypothyreose und Down-Syndrom: tiefe, raue, gepresst-behauchte Stimme
-
•
Cri-du-chat-SyndromCri-du-chat-Syndrom: katzenschreiartige, hohe und schrille Lautäußerungen im Säuglings- und frühen Kindesalter, die sich mit der Zeit verlieren, meist bedingt durch Laryngomalazie [30]
Merke
Kindliche Stimmstörungen können bereits im Säuglingsalter Hinweise auf ein neuropädiatrisches Krankheitsbild geben, z. B. durch eine tiefe und raue Stimme bei Hypothyreose oder ein hohes, schrilles Schreien beim Cri-du-chat-Syndrom.
Fragen zur Wissensprüfung
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1.
Welche familiären Auffälligkeiten finden sich bei (s)elektivem Mutismus?
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2.
Was ist ein Rett-Syndrom? Erläutern Sie Ätiologie und Symptomatik.
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3.
Wodurch werden kindliche erworbene neurogene Redeflussstörungen hervorgerufen, und wie unterscheiden sie sich vom originären neurogenen nichtsyndromalen Stottern?
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4.
Was sind umgebungsbedingte Sprachauffälligkeiten? Wie werden sie behoben?
Literatur
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