© 2021 by Elsevier GmbH
Bitte nutzen Sie das untenstehende Formular um uns Kritik, Fragen oder Anregungen zukommen zu lassen.
Willkommen
Mehr InformationenB978-3-437-45283-3.00003-9
10.1016/B978-3-437-45283-3.00003-9
978-3-437-45283-3
Elsevier GmbH
Chromosomen
[P228]

FISH-Analyse: Darstellung der Mikrodeletion 22q11.2
[T845–02]

Array-CGH: Darstellung einer Mikrodeletion 22q11.2
[T845–02]

Down-Syndrom
[J787–032]

Fragiles-X-Syndrom
[E874–06]

Typische Ohrmuschel bei Mikrodeletiom 22q11.2
[P228]

Fußrückenödeme beim Turner-Syndrom im Neugeborenenalter
[F919–001]

Williams-Beuren-Syndrom
[G515]

5p-Syndrom („Cri-du-chat-Syndrom“)
[G515]

Rett-Syndrom
[G516]

Angelman-Syndrom
[F312–001]

Pitt-Hopkins-Syndrom
[O1030]

Prader-Willi-Syndrom
[E331]

Café-au-Lait Flecken bei Neurofibromatose Typ 1
[E422]

Schema physiologischer Stoffwechselweg
[P229/L231]

Schema Stoffwechseldefekt
[P229/L231]

Zeitlicher Verlauf neurometabolischer Erkrankungen (beispielhafte schematische Darstellung)
Lila: normaler Verlauf mit kontinuierlich fortschreitender Entwicklung
Grün: krisenhafter Verlauf mit Erholungsphasen und fortschreitender Entwicklung bei Erkrankungen vom Intoxikationstyp (z. B. gestörter Eiweißabbau, Energiemangel und Unterzuckerung)
Orange: primär chronisch fortschreitender Verlauf, wie bei verschiedenen lysosomalen Speichererkrankungen und der X-ALD
[P229/L231]

Pathophysiologie der Migräne
[L231]

Unterschiedlicher zeitlicher Verlauf verschiedener KopfschmerzenKopfschmerzenzeitlicher Verlauf
[L231]

Anfallsmuster bei Absen generalisierte Spike-Wave-Komplexe
[T844]

Rolando-Epilepsie. SW mit Maximum temporal rechts (grüner Pfeil) sowie SW mit Maxima zentral (roter Pfeil) und temporal (blauer Pfeil) links.
[T844]

Epileptogene Läsion im MRT mit Kontrastmittel
[T844]

Strukturelle Epilepsie: Lage der Gitterelektroden
[T844]

Überlagerung von strukturellem und funktionellem MRT mit EEG und Simulation
[T844]

Akute spontane Hirnblutung aus einer AVM
Rechts oben: Notfallmäßige CT bei Aufnahme mit Nachweis einer etwa 5 × 4 cm großen Blutung rechts-parietal im Parenchym (gelbe Pfeile). Die Mittellinie ist um etwa 1 cm zur Gegenseite verlagert, als Zeichen der Raumforderung und des resultierenden Hirndrucks. Die Angiografie zeigte zu diesem Zeitpunkt keine pathologische Gefäßveränderung. Direkt nach der Untersuchung wird der Junge operiert.
Rechts unten: Etwa drei Monate nach der Operation ergibt sich kernspintomografisch der Verdacht auf eine AVM im Bereich der ehemaligen Blutungshöhle als Ursache der Hirnblutung (gelbe Pfeile).
Links: Darstellung der Hirngefäße mittels DSA (Kontrastmittel in der rechten Arteria carotis interna). Die Pfeile markieren das „Gefäßknäuel“ der AVM.
[T842]

Kleinhirntumor und Verschlusshydrozephalus:
Obere Reihe: präoperative Kernspintomografie mit Nachweis eines partiell kontrastmittel-aufnehmenden Tumors (gelbe Pfeile) im IV. Ventrikel und links im Kleinhirnstiel sowie Nachweis eines deutlichen Verschlusshydrozephalus.
Untere Reihe: Etwa ein Jahr nach der Operation und nach Bestrahlungs- und Chemotherapie zeigt sich größenstabiler Resttumor (gelbe Pfeile); die Hirnkammern sind normal groß, ohne Anzeichen eines Liquorstaus.
[T842]

Intrakranielle Hämatome
[L157]

Ventrikeldrainage
[L215]

Verteilung der CP-Subtypen
[L231]

Klassifikation von Frühgeburt in der Fachliteratur
(leicht modifiziert nach Jungmann 2006 [1]) [F934–001]
Abkürzung | Bezeichnung | Definition |
a) nach Geburtsgewicht | ||
LBW | niedriges Geburtsgewicht (low birth weight) |
Geburtsgewicht < 2 500 g |
VLBW | sehr niedriges Geburtsgewicht (very low birth weight) |
Geburtsgewicht < 1 500 g |
ELBW | extrem niedriges Geburtsgewicht (extremely low birth weight) |
Geburtsgewicht < 1 000 g |
b) nach Gestationsdauer | ||
PT | mäßig unreif geboren (preterm) |
Gestationsdauer 32–36 SSW |
VPT | sehr unreif geboren (very preterm) |
Gestationsdauer 28–31 SSW |
EPT | extrem unreif geboren (extremely preterm) |
Gestationsdauer < 28 SSW |
c) nach Reifestatus | ||
AGA | adäquates Gewicht für die Gestationsdauer (appropriate for gestational age) |
Größenwachstum/Gewicht 10.–90. Prozentrang der Standardskalen |
SGA | zu geringes Gewicht für die Gestationsdauer (small for gestational age) |
Größenwachstum/Gewicht < 10. Prozentrang der Standardskalen |
Diagnostische Kriterien der Sozialen (pragmatischen) Kommunikationsstörung (F80.89 nach DSM-5)
[G543]
Soziale (Pragmatische) Kommunikationsstörung F80.89 | ||
A | Anhaltende Schwierigkeiten im sozialen Gebrauch verbaler und nonverbaler Kommunikation, die sich in allen folgenden Merkmalen zeigen: | |
1. | Defizite im Gebrauch von Kommunikation für soziale Zwecke, beispielsweise beim Grüßen oder beim Austauschen von Informationen in einer dem sozialen Kontext angemessenen Weise. | |
2. | Beeinträchtigtigung der Fähigkeit, den Kommunikationsstil an den Kontext oder die Befürfnisse des Zuhörers anzupassen, beispielsweise in unterschiedlicher Weise im Klassenzimmer oder auf dem Spielplatz zu sprechen, anders mit einem Kind als mit einem Erwachsenen zu reden oder die Anwendung übermäßig formaler Sprache zu vermeiden. | |
3. | Schwierigkeiten, Regeln für Konversationen und beim Erzählen zu beachten, beispielsweise den Gesprächspartner bei Unterhaltungen auch zu Wort kommen zu lassen, bei Missverständnissen eine andere Formulierung zu wählen oder verbale und nonverbale Signale zur Regulation von Interaktionen einzusetzen. | |
4. | Schwierigkeiten im Verständnis nicht-expliziter Botschaften (z. B. Schlussfolgerungen zu ziehen) und von nicht-wörtlicher oder mehrdeutiger Sprache (z. B. bei Redewendungen, Humor, Metaphern, mehrdeutigen Begriffen, deren Bedeutung vom Kontext abhängt). | |
B | Diese Schwierigkeiten führen zu funktionellen Beeinträchtigungen: in der effektiven Kommunikation, bei der sozialen Teilhabe, in sozialen Beziehungen, in der schulischen oder beruflichen Leistungsfähigkeit (einzeln oder in jeglicher Kombination). |
|
C | Der Beginn der Störung liegt in der frühen Entwicklungsphase Schwierigkeiten können sich aber erst voll manifestieren, wenn die Anforderungen an die soziale Kommunikation die begrenzten Fähigkeiten überschreiten. |
|
D | Die Symptome können nicht auf zu gering ausgeprägte Fähigkeiten in der Wortbildung und der Grammatik zurückgeführt werden Sie können nicht besser durch eine Autismus-Spektrum-Störung, eine intellektuelle Beeinträchtigung (intellektuelle Entwicklungsstörung), eine allgemeine Entwicklungverzögerung oder eine andere psychische Störung erklärt werden. |
Zielkrankheiten des Neugeborenen-Screenings
Krankheitsgruppe | Zielkrankheiten |
Endokrinopathien | Hypothyreose, adrenogenitales Syndrom (AGS) |
Aminoazidopathien | Phenylketonurie (PKU), inkl. Hyperphenylalaninämie, Ahornsiruperkrankung (MSUD) |
Organoazidurien | Glutarazidurie Typ I (GAI), Isovalerianazidämie (IVA) |
Fettsäureoxidationsstörungen | Middle-Chain-/Long-Chain-Hydroxy-/Very-Long-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel (MCAD-, LCHAD-, VLCAD-Mangel), MTP-Mangel (mitochondriales trifunktionales Protein) |
Carnitinstoffwechselstörungen | Carnitinpalmitoyltransferase-I- und -II-Mangel (CPT-I-, CPT-II-Mangel), Translokase-Mangel |
Andere | Biotinidase-Mangel, Galaktosämie |
Ausgewählte Stoffwechselerkrankungen mit Störungen der SprachentwicklungSprachentwicklungsstörungenStoffwechselerkrankungenKreatinmangelsyndromeMPS Typ IIIAlpha-MannosidoseMorbus Niemann-Pick Typ C (NPC)X-ALDSSADH-MangelGalaktosämie
Krankheit | Wichtige klinische Merkmale | Therapieoption |
Kreatinmangelsyndrome | Geistige Behinderung, autistische Verhaltensstörung, Krampfanfälle, Bewegungsstörungen, Störung der expressiven und rezeptiven Sprachentwicklung | Bei Synthesestörungen: Gabe von Kreatin; bei GAMT-Mangel: Ornithingabe und Eiweißreduktion Förderung (inkl. Sprachtherapie) |
MPS Typ III | Entwicklungsverzögerung mit Störung des Spracherwerbs, erworbene sprachliche Kommunikationsfähigkeiten gehen verloren; Verhaltensprobleme wie Impulsivität, Schlafstörungen und vermehrte Unruhe | Interdisziplinäre symptomatische Therapie Eine routinemäßige frühe Knochenmarktransplantation kann derzeit nicht empfohlen werden. |
Alpha-Mannosidose | Oft kombiniert mit Schwerhörigkeit und psychomotorischer Entwicklungsstörung (vorwiegend Sprachentwicklungsstörung), psychiatrische Störungen | Interdisziplinäre symptomatische Therapie; Enzymersatz in Erprobung Eine routinemäßige frühe Knochenmarktransplantation kann derzeit nicht empfohlen werden. |
Morbus Niemann-Pick Typ C | Verhaltensauffälligkeiten, Bewegungs- und Gangstörungen, Sprachentwicklungsverzögerung, Dysarthrie, Schluckstörungen und Augenmotilitätsstörungen Intellektueller Abbau und KrampfanfälleHepatosplenomegalie |
Interdisziplinäre symptomatische Therapie; Miglustat-Therapie |
X-ALD | Konzentrationsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten, schulischer Leistungsabfall, Veränderung des Schriftbilds Sprachverständnisprobleme bei normaler Hörfähigkeit sowie Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen von GeschriebenemMentaler Abbau, Gangstörungen, Nebennierenrindeninsuffizienz |
Frühzeitige Knochenmarktransplantation; interdisziplinäre symptomatische Therapie |
SSADH-Mangel | Psychomotorische Retardierung mit verzögerter Sprachentwicklung, z. T. autistisches Verhalten, Bewegungsstörungen | Interdisziplinäre symptomatische Therapie |
Klassische Galaktosämie | Akut lebensbedrohliche Erkrankung mit Leberversagen und Katarakten Langzeitkomplikationen: Intelligenzminderung, Koordinationsstörungen, Tremor, Sprechapraxie und Dysarthrie |
Diätetische Maßnahmen, hormonelle Therapie, Förderung (inkl. Sprach-, Bewegungs- und Ergotherapie) |
Verlaufsformen der SMA, Symptome, Fähigkeiten und Lebenserwartung
Verlaufsformen | SMA Typ I (Werdnig-Hoffmann), infantile Form | SMA Typ II, intermediäre Form | SMA Typ III (Kugelberg-Welander), juvenile Form | SMA Typ IV, adulte Form |
Auftreten erster Symptome | Frühes Säuglingsalter | 2. Hälfte des 1. Lj. bis frühes Kleinkindalter | Nach 1. Lj.; teilweise erst im Jugend- oder Erwachsenenalter | Nach 30. Lj. |
Motorische Fähigkeiten | Kein freies Sitzen | Lernt freies Sitzen, aber nicht Laufen | Lernt Laufen | Selten Verlust der Gehfähigkeit |
Lebenserwartung | Deutlich vermindert (meist unter 2 Jahren) | Mehrere Jahrzehnte | Keine wesentliche Verringerung | Keine Verringerung |
Liquorbefunde bei Meningitis, BZ: Blutzucker
Eitrig (Bakterien) |
Serös (Viren, Borrelien) |
Tuberkulös (Tuberkelbazillen) |
|
Zellzahl | 100 ≥ 50 000 | > 5–500 | > 5–500 |
Zelltyp | Granulozyten, Erregernachweis!! | Lymphozyten, initial Granulozyten |
Lymphozyten, initial Granulozyten |
Zucker | < 0,4 des BZ | ≥ 0,4 des BZ | < 0,4 des BZ |
Laktat | Erhöht | Normal | Erhöht |
Protein | Deutlich erhöht | Leicht erhöht | Deutlich erhöht |
Therapie | Antibiotika | Viren: meist keine Borrelien: Antibiotika |
Tuberkulostatika |
Kriterien der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft für Migräne ohne und mit Aura sowie für Kopfschmerz vom Spannungstyp (vom Autor zusammengefasst)Migräneohne AuraMigränemit AuraKopfschmerzenvom Spannungstyp
Primäre Kopfschmerzformen | |
1. Migräne ohne Aura | |
A. | Wenigstens 5 Attacken, die den Kriterien B–D entsprechen |
B. | Dauer der Kopfschmerzen (ohne Behandlung): bei Erwachsenen 4–72 Std., bei Kindern 2–72 Std. (schläft ein Patient ein, zählt die Zeit bis zum Erwachen) |
C. | Mindestens 2 der folgenden Charakteristika
|
D. | Mindestens 1 der folgenden Begleitphänomene
|
E. | Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen |
2. Migräne mit Aura | |
A. | Mindestens 2 Attacken, die die Kriterien B–D erfüllen |
B. | Mindestens ein reversibles Aurasymptom:
|
C. | Wenigstens 2 der folgenden Punkte sind erfüllt:
|
D. | Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen |
3. Kopfschmerz vom Spannungstyp | |
A. | Wenigstens 10 Episoden, die den Kriterien B–D entsprechen |
B. | Dauer der Kopfschmerzen zwischen 30 Minuten und 7 Tagen |
C. | Mindestens 2 der folgenden Charakteristika
|
D. | Beide folgenden Punkte sind erfüllt:
|
E. | Nicht auf eine andere Erkrankung zurückzuführen |
Diagnostische Methoden für die Lateralisationsprachrelevanter HirnarealeLateralisation („in welcher Großhirnhemisphäre“) und Lokalisation sprachrelevanter HirnarealeLokalisationsprachrelevanter Hirnareale („Wo in den Großhirnhemisphären sind Sprachfunktionen angesiedelt?“). Eignung und Altersgrenze der jeweiligen Methode sind individuell unterschiedlich einzuschätzen und insbesondere abhängig von der Compliance.Wada-TestBrain-Mapping
Methode | Erläuterung | Vorteile | Nachteile |
Funktionelle Kernspintomografie (fMRT) | Detektion von „aktivierten Hirnarealen“ (höhere Oxygenisierung des Blutes) bei Sprachtestung |
|
|
Transkranielle Magnetstimulation | Stimulation von Hirngewebe mittels Magnetfeld von außen |
|
|
Transkranielle Doppler-Sonografie | Messung der Durchblutung der Großhirnhemisphären bei Sprachtestung |
|
|
Magnetenzephalografie | Messung magnetischer Signale, die durch die Hirnströme verursacht werden |
|
|
Wada-Test | Sprachtestung unter selektiver Sedierung einer Großhirnhemisphäre im Rahmen einer Katheterangiografie; Applikation eines Barbiturats in eine Hirnarterie |
|
|
Wach-Operation mit „Brain-Mapping“ | Direkte Stimulation der Hirnoberfläche (kortikal) und von Faserbahnen (subkortikal) im Rahmen der Resektions-OP. Testung von Sprache (und anderer Funktionen) beim wachen Patienten |
|
|
„Brain-Mapping“ mit intrakraniellen Elektroden | Direkte Stimulation der Hirnoberfläche mit Gitterelektroden, die operativ implantiert werden |
|
|
Neuropsychologische Testung | Unterschiedliche Testverfahren |
|
|
Glasgow Coma Scale (GCS)
[F210–010]
Punkte | Augen öffnen | Verbale Kommunikation | Motorische Reaktion |
6 Punkte | befolgt Aufforderungen | ||
5 Punkte | konversationsfähig, orientiert | gezielte Schmerzabwehr | |
4 Punkte | spontan | konversationsfähig, desorientiert | ungezielte Schmerzabwehr |
3 Punkte | auf Aufforderung | unzusammenhängende Worte | auf Schmerzreiz Beugesynergismen (abnormale Beugung) |
2 Punkte | auf Schmerzreiz | unverständliche Laute | auf Schmerzreiz Strecksynergismen |
1 Punkt | keine Reaktion | keine Reaktion | keine Reaktion |
Glasgow Coma ScaleGlasgow Coma Scale (GCS)für Kinder für Kinder
Punkte | Augen öffnen | Verbale Kommunikation | Motorische Reaktion |
6 Punkte | greift gezielt | ||
5 Punkte | angemessenes Weinen, Lächeln | gezielte Schmerzabwehr | |
4 Punkte | spontan | Schreien, aber tröstbar | auf Schmerzreiz Beugung |
3 Punkte | auf Ansprache | Schreien, nicht tröstbar | auf Schmerzreiz abnorme Beugung |
2 Punkte | auf Schmerzreiz | Stöhnen oder unverständliche Laute | auf Schmerzreiz Strecksynergismen |
1 Punkt | keine Reaktion | keine Reaktion | keine Reaktion |
Neuropädiatrische Erscheinungsformen/Störungsbilder
Frühgeburt
3.1.1
Neonatale Neurologie
Physiologische Entwicklung des Neugeborenen
Merke
Die Entwicklung des Kindes beginnt nicht erst nach der Geburt, sondern schon früh intrauterin. Zum Zeitpunkt der Geburt müssen sich fast alle Organsysteme auf die extrauterine Situation umstellen. Die postnatale Adaptation wird mit dem APGAR-Score beurteilt. Liegt der 5-Minuten-Wert unter 4, ist dies prognostisch ungünstig in Bezug auf die weitere Entwicklung.
Risikofaktoren für erworbene Entwicklungsstörungen
Frühgeburt
Merke
Sehr kleine FrühgeboreneFrühgeboreneEntwicklungsstörungen mit einem Geburtsgewicht unter 1 500 g haben ein erhöhtes Risiko für allgemeine EntwicklungsstörungenEntwicklungsstörungenFrühgeborene, besonders bei Beatmungsnotwendigkeit und Komplikationen wie Infektionen, Hirnblutungen oder -parenchymschädigungen. Als Spätkomplikationen können ausgeprägte Bewegungsstörungen, hochgradige Minderung der Intelligenz, schwere Sehbehinderungen oder Hörstörungen, aber auch leichtere motorische Auffälligkeiten oder kognitive Probleme auftreten, die manchmal erst im (Vor-)Schulalter diagnostiziert werden.
Fallbeispiel 3.1
Frühgeborenenbehandlung auf einer Neugeborenen-Intensivstation
Prä-, peri- oder postnatale Infektionen
-
•
Hauptsymptome der kongenitalen Syphilis sind Gedeih- und Entwicklungsstörungen, Knochenveränderungen, Augenentzündungen und Hörstörungen.
-
•
Bei der kongenitalen Toxoplasmose sind Enzephalitis, intrazerebrale Verkalkungen, Epilepsie, Entwicklungsretardierung, Hepatitis und Chorioretinitis die Hauptsymptome.
-
•
Eine kongenitale Rötelninfektion kann zur RötelnembryopathieRötelnembryopathie mit Mikrozephalie, globaler Retardierung, Herzfehler, Katarakt und Hörstörungen führen. Die Häufigkeit der Rötelnembryopathie ist durch die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene Rötelnimpfung deutlich zurückgegangen.
-
•
Die Zytomegalie-Virus-(CMV-)Infektion ist inzwischen die häufigste kongenitale Infektion und auch die häufigste infektiöse Ursache für frühkindliche HörstörungenHörstörungenCMV-Infektion (Kap. 4.1). Weitere Symptome der kongenitalen CMV-InfektionCMV-Infektion sind Mikrozephalie, intrazerebrale Verkalkungen, globale Entwicklungsretardierung und Sehstörungen, aber auch Hepatitis und Myokarditis.
-
•
Die kongenitale HSV-Infektion kann mit Enzephalitis, Mikrozephalie, Krampfanfällen und als generalisierte Infektion mit septischem Schock, Lungen- und Leberversagen einhergehen und hat eine hohe Letalität.
-
•
Bei der kongenitalen Listeriose kommt es zur Sepsis, Meningoenzephalitis und Granulombildung in allen Organen einschließlich der Haut.
-
•
Bei Ringelröteln (durch Parvovirus B19 verursacht) kann es intrauterin zu einem Befall des Knochenmarks und infolge der dadurch eingeschränkten fetalen Blutbildung zu Anämie, Hydrops fetalis oder sogar zum intrauterinen Fruchttod kommen [9, 10].
Merke
Kongenitale Infektionen können prä-, peri- und postnatal übertragen werden. Sie verlaufen zunächst häufig asymptomatisch, können aber im weiteren Verlauf schwere Entwicklungsstörungen einschließlich Hörstörungen verursachen. Die kongenitale CMV-Infektion ist die häufigste infektiöse Ursache frühkindlicher Hörstörungen.
Durch konsequentes Impfen lassen sich viele kongenitale Infektionen verhindern. Wegen der eingeschränkten Infektabwehr bei Neugeborenen können invasive Infektionen rasch zu einem septischen Schock oder einer Meningitis führen, die wiederum Risikofaktoren für spätere Entwicklungsstörungen sind.
Fallbeispiel 3.2
Kongenitale CMV-Infektion
Hirnschädigung durch perinatale Asphyxie, Hirnblutung oder neonatalen Schlaganfall
-
•
Grad I – subependymale Blutungen
-
•
Grad II – Ventrikeleinbruchsblutungen, die weniger als 50 % des Ventrikellumens ausfüllen
-
•
Grad III – Blutungen, die mehr als 50 % des Ventrikellumens einnehmen
Merke
Eine HirnschädigungHirnschädigung kann prä-, peri- und postnatal auftreten und durch SauerstoffmangelSauerstoffmangel (Hypoxie) im Rahmen einer Asphyxie, durch eine Hirnblutung nach Ruptur unreifer Blutgefäße oder fehlende Durchblutung (Ischämie) bei Verschluss von Hirnarterien verursacht werden. Dadurch kann es zum Untergang von Hirngewebe, aber auch zu einer Beeinträchtigung der noch nicht abgeschlossenen Entwicklung des Gehirns kommen. Dies kann je nach Lokalisation und Ausmaß der Schädigung zu neurologischen Störungenneurologische Störungennach Hirnschädigung unterschiedlichen Ausmaßes führen. Langjährige entwicklungsneurologische Verlaufskontrollen sind notwendig, um die Auswirkungen der Hirnschädigung diagnostizieren und entsprechende Fördermaßnahmen einleiten zu können.
Erkennen von Entwicklungsstörungen
Merke
Regelmäßige VorsorgeuntersuchungenVorsorgeuntersuchungen sowohl in der Schwangerschaft als auch beim Kinderarzt helfen, Erkrankungen und Entwicklungsstörungen frühzeitig zu diagnostizieren. Sehr kleine Frühgeborene, aber auch reifgeborene Kinder mit schweren Erkrankungen oder Fehlbildungen sollten neben den Vorsorgeuntersuchungen eine spezielle Nachsorge z. B. in einem sozialpädiatrischen Zentrum erhalten. Die Nachsorge sollte über einen Zeitraum von mehreren Jahren erfolgen, da manche Entwicklungsstörungen, wie z. B. Teilleistungsschwächen, erst im späteren Verlauf auftreten können. Nur durch eine frühe Diagnose ist es möglich, rechtzeitig Therapie- und Fördermaßnahmen einzuleiten und so das Ausmaß der Störungen zu verringern.
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Mit welchem Score wird die postnatale Adaptation beurteilt und welche Werte sind prognostisch ungünstig?
-
2.
Welches ist die häufigste infektiöse Ursache für frühkindliche Hörstörungen?
-
3.
Was sind die wichtigsten neonatalen Risikofakoren für erworbene Entwicklungsstörungen?
-
4.
Warum haben Hirnschädigungen wie Hirnblutung oder Schlaganfall bei Neugeborenen nicht die gleichen klinischen Auswirkungen wie bei älteren Kindern oder Erwachsenen?
-
5.
Welche Screening-Untersuchungen werden im Rahmen der ersten drei kinder- und jugendärztlichen Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt?
-
6.
Welche Methode erlaubt durch Beobachtung der Spontanmotorik von Neugeborenen eine Vorhersage zukünftiger Entwicklungsstörungen?
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
Sprachentwicklung nach Frühgeburt
Frühgeburt als Entwicklungsrisiko
Sprachentwicklung bei Frühgeborenen
Spracherwerb im Kontext der Neonatologie
Verzögerter Spracherwerb und Sprachtherapie
Sprachliche Leistungen nach Frühgeburt
Früherkennung und Intervention
Zusammenfassung
-
•
Die Sprachentwicklung beginnt pränatal. Eine Frühgeburt stellt ein bedeutsames biologisches Entwicklungsrisiko dar, das mit Abweichungen in verschiedenen Entwicklungsbereichen assoziiert sein kann.
-
•
Abweichende sprachliche Leistungen Frühgeborener (gegenüber Reifgeborenen) werden von der frühen Kindheit bis ins Schul- und Jugendalter beschrieben.
-
•
Im Einzelnen liegen Studien zur Phonologie, Phonetik/Artikulation (inkl. oral-motorischer Defizite), Morphologie, Syntax, Semantik und zum Wortschatz vor, während Untersuchungen zur Diskursentwicklung oder Pragmatik nach Frühgeburt bislang fehlen.
-
•
Die abweichenden sprachlichen Leistungen können im Rahmen allgemeiner Entwicklungsabweichungen zu interpretieren sein. Neben der allgemeinen Intelligenz und neurologischen Besonderheiten (z. B. Hirnblutungen) werden auch psychosoziale Faktoren (z. B. Eltern-Kind-Interaktion, Bildungsgrad, Minoritätenstatus) als Prädiktoren sprachlicher Leistungen benannt.
-
•
Eine erste vorsichtige Prognose zur Wahrscheinlichkeit von Abweichungen in der allgemeinen oder sprachlichen Entwicklung und zur Indikation einer Förderung könnte bereits anhand neonataler Risikoindikatoren (z. B. Geburtsgewicht, Gestationsalter, Hirnblutung, Fütterstörungen) getroffen werden.
-
•
Frühgeborene profitieren bereits vom frühen elterlichen Sprachinput [6]. Die Eltern sollten daher ermutigt werden, ihre Kinder häufig zu besuchen, mit ihnen zu sprechen und auf deren Vokalisationen zu reagieren. Sie sollten – sofern möglich – auch in Pflegeprozesse (Waschen, Füttern) einbezogen werden.
-
•
Abweichende sprachliche Fertigkeiten bergen Risiken für die Entwicklung kommunikativer und sozialer Funktionen sowie für den Bildungsverlauf. Ein möglichst frühes Screening der sprachlichen Leistungen nach Frühgeburt ist daher sinnvoll und im Zusammenhang mit einem Screening der allgemeinen Entwicklung und der Hörleistungen zu interpretieren.
-
•
Ein allgemeines Entwicklungs-Screening ist z. B. im Rahmen von Frühgeborenen-Nachuntersuchungen in Perinatal- oder sozialpädiatrischen Zentren möglich. Eine standardisierte allgemeine (Entwicklungs-)Diagnostik ist meistens im Alter von 24 Monaten möglich.
-
•
Die AlterskorrekturAlterskorrektur in Diagnostik und Förderplanung sollte kritisch reflektiert werden, da eine zu lange Alterskorrektur zur Unterschätzung des Entwicklungsrisikos führen kann.
-
•
Die psychosozialen Bedingungen der Familie sollten als Risiko- oder Schutzfaktoren der kindlichen Entwicklung in Diagnostik und Förderplanung beachtet werden.
-
•
Die Auswahl des Sprachfördersettings richtet sich nach der vorliegenden Störung und ihrer Schwere. Für die Therapie oral-motorischer Dysfunktionen sollte beachtet werden, dass der gesamte Mund-Nasen-Bereich eines FrühgeborenenFrühgeboreneaversive Stimulation nach verschiedenen aversiven Stimulationen (wie Sondierung, Absaugung, Intubation, Fütterung) überaus empfindlich sein kann.
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Wie ist das Entwicklungsrisiko in den Subgruppen der Frühgeborenen verteilt?
-
2.
Was raten Sie Eltern, die ihr Frühgeborenes auf der Intensivstation besuchen und unsicher sind, ob sie mit ihm sprechen sollen, weil es doch noch nichts verstehen könne?
-
3.
Welche Besonderheiten gilt es in der Förderplanung bei Frühgeborenen zu beachten?
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
Ausgewählte genetische Syndrome
Einleitung
Erbgänge
3.2.1
Down-Syndrom (DS, Trisomie 21)
-
•
Schallleitungsschwerhörigkeit, bedingt durch enge Gehörgänge, Mittelohrergüsse, häufige Mittelohrentzündungen und/oder eine sensorineurale SchwerhörigkeitSchwerhörigkeit
-
•
Anatomische Besonderheiten des Sprechapparats wie schmale Mundhöhle, hoher Gaumen, große Zunge, hypotone Muskulatur, Innervierungsstörungen und velopharyngeale Dysfunktion, die das SprechenSprechenBeeinträchtigung beeinträchtigen
-
•
Minderbegabung/geistige Behinderung mit vermindertem Kurzzeitgedächtnis, eingeschränktem Wortschatz und beeinträchtigtem SprachverständnisSprachverständnis
3.2.2
Fragiles-X-Syndrom (FXS, Martin-Bell-Syndrom)
3.2.3
Triple-X-Syndrom (Triplo X, Trisomie X)
3.2.4
Mikrodeletionssyndrom 22q11.2 (Shprintzen-Syndrom, velokardiofaziales Syndrom)
3.2.5
Turner-Syndrom (Ullrich-Turner Syndrom, 45,X-Syndrom)
3.2.6
Williams-Beuren-Syndrom (WBS, Williams-Syndrom)
3.2.7
5p-Syndrom („Cri-du-chat-Syndrom“, „Katzenschrei-Syndrom“)
3.2.8
Rett-Syndrom (klassische Form und Varianten)
3.2.9
Angelman-Syndrom (AS, „Happy Puppet Syndrome“)
-
•
Verlust der mütterlich ererbten Region am Chromosom 15 (Mikrodeletion in 70 %)
-
•
Verlust des kompletten mütterlichen Chromosoms 15 und zweifach vorhandenes väterliches Chromosom 15 (pUPD, paternale uniparentale Disomie in 2–7 %)
-
•
Fehlexpression der Region am mütterlichen Chromosom 15 infolge einer genetischen Regulationsstörung, z. B. einer Methylierungsstörung (Imprinting-Defekt in 3–5 %) oder einer Mutation des UBE3A-Gens (10 %)
3.2.10
Pitt-Hopkins-Syndrom (PHS)
3.2.11
Prader-Willi-Syndrom (PWS)
-
•
Verlust (Deletion) der vom Vater vererbten Region 15q11–13 (in ca. 70–75 % der Fälle)
-
•
vollständiges Fehlen des väterlichen Chromosoms 15 bei zweifach vorhandenem mütterlichem Chromosom 15 (uniparentale Disomie, UPD, in ca. 20–25 %)
-
•
„mütterliche Prägung“ des vom Vater ererbten Chromosoms 15 (in ca. 1–5 %)
3.2.12
Neurofibromatose Typ 1 (NF1, Morbus von Recklinghausen)
3.2.13
Tuberöse-Sklerose-Komplex (TSC, Morbus Bourneville-Pringle)
White spot bei Tuberöser Sklerose
[E422]

-
•
Haut und Zähne: white spotswhite spots, „Konfetti-Haut“, (Angio-)Fibrome von Haut, Schleimhaut und Nägeln, pits (Zahnschmelzdefekte)
-
•
Gehirn: Epilepsie infolge neuronaler Migrationsstörungen und typische Hirntumoren wie kortikale Tuber, subependymale Noduli (SEN) und subependymale Riesenzellastrozytome (SEGA)
-
•
Augen: Netzhauthamartome, white spots
-
•
Herz: Rhabdomyome, u. U. bereits vorgeburtlich nachweisbar
-
•
Nieren: Angiomyolipome
-
•
Lunge: Lymphangioleiomyomatosis (LAM)
-
•
Endokrinologie: unterschiedliche Tumoren in Nebennieren, Schilddrüse, Hypophyse
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Wodurch ist ein genetisches Syndrom gekennzeichnet?
-
2.
Welche genetischen Veränderungen können zu einer syndromalen Erkrankung führen?
-
3.
Welches häufige genetische Syndrom ist typischerweise von einem relativ guten expressiven Sprachvermögen bei reduzierter Intelligenz gekennzeichnet?
-
4.
Bei welchem genetischen Syndrom liegt häufig eine Veluminsuffizienz vor?
-
5.
Bei welchen o. g. genetischen Syndromen zeigt sich eine deutliche Regression und (fast) keine expressive Sprachentwicklung?
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Leggett V, Jacobs P, Nation K, Scerif G, Bishop DVM. Neurocognitive outcomes of individuals with a sex chromosome trisomy: XXX, XYY, or XXY. A systematic review. Dev Med Child Neurol. Vol. 52, 2 (first published online: 5. Jan 2010).10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
Verhaltensstörungen und Störungen der Sprachentwicklung und des Sprechens
3.3.1
Autismus
Einleitung
Welches Verhalten weist auf Autismus hin und welche diagnostischen Schritte sind notwendig?
Anamnese
Klinischer Befund und Verlauf
Merke
Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) sind eine neue Sammeldiagnose für autistische Störungsbilder. Bisherige Untergruppen autistischer Störungen gehen darin auf. Die Störungen von Kommunikation und Interaktion werden erst nach und nach deutlich, ebenso die stereotypen Interessen und restriktiven Verhaltensweisen. Störungen der Sprachentwicklung sind ein wichtiger früher Indikator für die Entwicklung einer ASS. Oft liegen gleichzeitig weitere Störungen wie Intelligenzminderung und ADHS vor (Kap. 3.3.2), aber auch depressive und Angststörungen. Die Therapie ist multimodal und bezieht die Begleitstörungen mit ein. Im multiprofessionellen Behandlungsteam haben Sprachtherapeutinnen eine wichtige Funktion.
Fallbeispiel 3.3
Autismus-Spektrum-Störung
Komorbide Störungen
Therapie bei Autismus-Spektrum-Störungen
Sprachtherapeutischer Fokus: präverbale Phänomene und erste Wörter
Joint Attention bezieht sich Joint AttentionKinder mit ASSauf die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zwischen Interaktionspartnern und Objekten/Ereignissen zu koordinieren, um dem Gesprächspartner gegenüber eine Bewusstheit über entsprechende Objekte/Ereignisse zum Ausdruck zu bringen [32]. Das impliziert das Teilen der Aufmerksamkeit mit anderen Personen (z. B. durch Blickkontakt, Blickbewegungen, Zeigegesten, andere nonverbale, aber auch verbale Handlungen), das Verfolgen der Aufmerksamkeit anderer Personen (z. B. Wahrnehmung von deren Blickbewegungen oder deren Zeigegesten) sowie das Lenken der Aufmerksamkeit anderer Personen (ebenfalls z. B. durch Zeigegesten oder Blickbewegungen). Die Fähigkeit zu Joint Attention entwickelt sich im Alter von ca. 8 Monaten [33].
Merke
Warnsignale für ASS im präverbalen Stadium
-
•
Das Kind reagiert Autismus-Spektrum-StörungenWarnsignalenicht auf seinen Namen.
-
•
Das Kind folgt nicht der Zeigegeste/der Blickrichtung des Interaktionspartners und nimmt keinen Blickkontakt auf, wenn dieser mit ihm redet.
-
•
Das Kind initiiert keine Joint Attention.
-
•
Das Kind hält beim Vokalisieren die Turntaking-Regeln nicht ein.
-
•
Das Kind produziert vermehrt Idiosynkrasien, Neologismen und Echolalien.
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Welche Entwicklungsstörung ist der häufigste Anlass für die diagnostische Abklärung einer Autismus-Spektrum-Störung?
-
2.
Welches sonstige Verhalten weist auf Autismus hin?
-
3.
Welche autismusspezifischen Diagnostikmethoden kennen Sie?
-
4.
Wie lauten die beiden zentralen Domänen autistischen Verhaltens?
-
5.
Welche komorbiden Störungen treten bei Autismus häufig auf?
-
6.
Nennen Sie sprachtherapeutische Interventionen bei Autismus.
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
ADHS
Einleitung
ADHS-Erscheinungsbilder
Welches Verhalten weist auf ADHS hin und welche diagnostischen Schritte sind notwendig?
Anamnese
Klinischer Befund und Verlauf
Fallbeispiel 3.4
ADHS
Merke
ADHS ist die häufigste kinder- und jugendpsychiatrische Störung mit Überschneidungen zu Autismus-Spektrum-Störungen. Komorbid treten nicht selten Spracherwerbsstörungen auf. Auch Teilleistungsstörungen wie Dyskalkulie oder Lese-Rechtschreib-Störungen finden sich häufig bei ADHS-Patienten. Bei Mädchen wird die Diagnose seltener als bei Jungen gestellt, vielleicht weil sie die typischen Symptome besser kontrollieren oder kompensieren können.
Komorbide Störungen
Soziale Kommunikationsstörung und ADHS (DSM-5)
Überschneidungen von ADHS und ASS
Therapie von ADHS
Sprachtherapeutischer Fokus: Komorbidität mit sprachstrukturellen und pragmatischen Störungen
Pragmatische Störungen
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Welches sind die beiden Kernsymptome bei ADHS?
-
2.
Welche Symptome von ADHS können auf eine Sprachentwicklungsstörung hinweisen?
-
3.
Welche Formen von AD(H)S kennen Sie?
-
4.
Welche komorbiden Störungen liegen bei ADHS häufig vor?
-
5.
Welche Therapieformen sind bei ADHS wirksam?
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
Neurometabolische Erkrankungen mit Störungen der Sprachentwicklung und des Sprechens
3.4.1
Einleitung
Stoffwechselstörungen
3.4.2
Wann sollte man an eine angeborene Stoffwechselerkrankung denken und welche diagnostischen Schritte sind hilfreich?
Anamnese
-
•
Komplikationen in der Schwangerschaft und stattgehabte Aborte sind zu erfragen.
-
•
Verminderte Kindsbewegungen in der Schwangerschaft können ebenso wie intrauterin oder postnatal verstorbene Geschwisterkinder Hinweise geben.
-
•
Bei Stoffwechselstörungen können Aversionen gegen bestimmte Nährstoffe diagnostisch wegweisend sein (z. B. Abneigung gegen Obst und Süßigkeiten bei der hereditären Fruktoseintoleranz oder gegen Fleisch bei Störungen im Eiweißabbau).
Klinischer Befund und Verlauf
Paraklinischer Befund/Laborwerte
3.4.3
Manifestationsformen neurometabolischer Erkrankungen
-
•
IntoxikationstypIntoxikationstyp mit von innen (intrinsisch) oder von außen (extrinsisch) auftretender Vergiftung: Hier kann es zu Verschlechterungakuteakuten krisenhaften, aber auch chronischen Krankheitsverläufen kommen. Zu dieser Gruppe gehören z. B. Störungen des Eiweiß-, Kohlenhydrat- (klassische Galaktosämie) und Fettsäureabbaus.
-
•
EnergiemangelEnergiemangel: Betroffen sind v. a. stark energieabhängige Organe wie Gehirn, Muskeln, Leber und Nieren. Typisch ist eine schubweise VerschlechterungVerschlechterungschubweise in Situationen mit erhöhtem Energiebedarf (z. B. bei Infekten). Zu dieser Gruppe gehören Erkrankungen der „Energiekraftwerke“ der Zellen (Mitochondriopathien), aber auch Störungen des Fettsäureabbaus und des Carnitinstoffwechsels. KreatinmangelsyndromeKreatinmangelsyndrome sind ebenfalls hier einzuordnen, obwohl es dabei weniger zu krisenhaften Verschlechterungen kommt.
-
•
Unterzuckerung nach zu langer Nüchternperiode: Hierzu gehören Störungen des Fettsäureabbaus und der Glukosefreisetzung (z. B. Glykogenspeichererkrankung Typ 1).
-
•
Veränderte Botenstoffkonzentration im Gehirn: Führende Symptome können schwer therapierbare, mit KrampfanfällenKrampfanfälleveränderte Botenstoffkonzentration einhergehende Hirnfunktionsstörungen und Bewegungsstörungen sein (z. B. der hier vorgestellte SSADH-MangelSSADH-Mangel).
-
•
Langfristige Speicherung bzw. Mangel bestimmter Substanzen: Hierbei kommt es in der Regel nicht zu einer metabolischen Entgleisung, sondern zu einer stetig progredienten VerschlechterungVerschlechterungprogrediente, die in vielen Fällen letal endet. Zu dieser Gruppe gehören z. B. lysosomale Speichererkrankungenlysosomale Speichererkrankungen (Morbus Sanfilippo, Alpha-Mannosidose, Morbus Niemann Pick Typ C) sowie als peroxisomale Störung die Adrenoleukodystrophie (X-ALD).
3.4.4
Angeborene Stoffwechselerkrankungen mit Auffälligkeiten der Sprachentwicklung und des Sprechens
Kreatinstoffwechselstörungen (Kreatinmangelsyndrome)
Klinisches Bild
Therapieoptionen
Merke
Kreatinmangelsyndrome gehen mit sprachlichen und kognitiven Entwicklungsstörungen sowie VerhaltensauffälligkeitenVerhaltensauffälligkeitenKreatinmangelsyndrome einher. Die sprachlichen Symptome sind expressiv stärker ausgeprägt als rezeptiv. Die Therapie beinhaltet u. a. Fördermaßnahmen und Sprachtherapie.
Fallbeispiel 3.4
GAMT-Mangel
Morbus Sanfilippo (MPS Typ III, lysosomale Speichererkrankung)
Klinisches Bild
Therapieoptionen
Merke
Beim Morbus Sanfilippo kommt es zu einer Entwicklungsverzögerung mit VerhaltensauffälligkeitenVerhaltensauffälligkeitenMorbus Sanfilippo wie Impulsivität, Schlafstörungen und vermehrter Unruhe sowie zu einer Störung des Spracherwerbs mit Verlust bereits erworbener verbalsprachlicher Fähigkeiten. Die Therapie erfolgt symptomatisch und beinhaltet ineinandergreifende Fördermaßnahmen.
Alpha-Mannosidose
Klinisches Bild
Therapieoptionen
Merke
Bei der α-Mannosidose kommt es zu einer kombinierten SchwerhörigkeitSchwerhörigkeit mit konsekutiver Spracherwerbsstörung sowie einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung mit Verhaltensauffälligkeiten. Die Therapie erfolgt symptomatisch und beinhaltet ineinandergreifende Fördermaßnahmen.
Fallbeispiel 3.5
Alpha-Mannosidose
Morbus Niemann-Pick Typ C
Klinisches Bild
Therapieoptionen
Merke
Beim Morbus Niemann Pick Typ C treten u. a. Dysarthrie, Schluckstörungen und Augenmotilitätsstörungen auf. Im weiteren Verlauf kommt es zum mentalen Abbau und zu Krampfanfällen. Miglustat stellt eine medikamentöse Therapieoption dar. Daneben sind noch weitere symptomatische und fördernde Maßnahmen möglich.
X-chromosomale Adrenoleukodystrophie (X-ALD) des Kindesalters
Klinisches Bild
Therapieoptionen
Merke
Bei der kindlichen X-chromosomalen Adrenoleukodystrophie (X-ALD) kommt es trotz unauffälligem Hörvermögen zu Sprachverständnisproblemen und zu Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen von Geschriebenem. Der schulische Leistungsabfall ist begleitet von einem veränderten Schriftbild. Therapie der Wahl ist eine präsymptomatische Knochenmarktransplantation. „Lorenzos Öl“ wird bei frühzeitiger Gabe ein fraglich positiver Effekt zugesprochen.
Succinatsemialdehyd-Dehydrogenase-(SSADH-)Mangel
Klinisches Bild
Therapieoptionen
Merke
Beim SSADH-Mangel kommt es im Rahmen einer psychomotorischen Retardierung zu einer verzögerten Sprachentwicklung, v. a. der expressiven Sprachfähigkeit. Die Therapie erfolgt symptomatisch und beinhaltet entsprechende Fördermaßnahmen.
Klassische Galaktosämie
Klinisches Bild
Therapieoptionen
Merke
Bei der klassischen Galaktosämie kommt es bei ca. 60 % der Patienten auch unter guter Therapiecompliance im Langzeitverlauf zu Sprachentwicklungsstörungen bzw. Sprechauffälligkeiten (wie Sprechapraxie und Dysarthrie). Die diätetische Therapie wird von Fördermaßnahmen inkl. einer Sprachtherapie begleitet.
Fallbeispiel 3.6
Galaktosämie
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Welche Fragen stellen Sie den Eltern, wenn Sie bei einem kleinen Kind den Verdacht auf eine Stoffwechselstörung haben?
-
2.
Welche Formen von Stoffwechselstörungen im Hinblick auf den Entwicklungsverlauf kennen Sie?
-
3.
Nennen Sie die sechs Hauptgruppen der im Neugeborenen-Screening erfassten Erkrankungen.
-
4.
Wie kann sich die klassische Galaktosämie manifestieren und welche Therapieoptionen gibt es?
-
5.
Was sind die klinischen Hauptsymptome des Morbus Sanfilippo und welche therapeutischen Optionen gibt es?
-
6.
Nennen Sie eine X-chromosomal, also über die Mutter vererbte Stoffwechselerkrankung; deren Hauptsymptome und therapeutische Optionen.
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
Neuromuskuläre Erkrankungen mit Störungen der Sprachentwicklung und des Sprechens
3.5.1
Einleitung
3.5.2
Wann sollte man an eine neuromuskuläre Erkrankung denken und welche diagnostischen Schritte sind hilfreich?
Anamnese
Schwangerschaft und Geburt
Kindliche Entwicklung
Typische Symptome
Klinische Untersuchung
Diagnostik
3.5.3
Ausgewählte neuromuskuläre Erkrankungen mit Auffälligkeiten der Sprachentwicklung und des Sprechens
Spinale Muskelatrophie (SMA)
Fallbeispiel 3.7
Spinale Muskelatrophie
Transmissionsstörungen
Fallbeispiel 3.8
Kongenitales myasthenes Syndrom
Kongenitale Strukturmyopathien mit Gesichtsbeteiligung
Fallbeispiel 3.9
Nemalin-Myopathie
Systemerkrankungen (myotone Dystrophie)
Fallbeispiel 3.10
Myotone Muskeldystrophie
Spätsymptomatik einer Muskeldystrophie Duchenne oder einer Gliedergürtelmuskeldystrophie
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Welche Auffälligkeiten während der Schwangerschaft und in der Säuglings-und Kleinkindzeit können auf eine neuromuskuläre Erkrankung hinweisen?
-
2.
Zu welchen zusätzlichen gesundheitlichen Problemen kann eine Muskelschwäche führen?
-
3.
Wie werden neuromuskuläre Erkrankungen behandelt?
Weiterführende Literatur
Hilton-Jones and Turner, 2014
Feldmann et al., 2014
Müller-Felber and Schara, 2015
Sieb and Schrank, 2009
Akut entzündliche Erkrankungen des ZNS
Entzündliche ZNS-ErkrankungenZNS-Erkrankungenakut entzündliche stellen im Kindes- und Jugendalter Notfälle dar, die aufgrund einer hohen Letalität ein zügiges diagnostisches und therapeutisches Vorgehen erfordern.
An dieser Stelle sollen die folgenden Krankheitsbilder besprochen werden:
-
•
Meningitis
-
•
Enzephalitis
-
•
Hirnabszess
Die Gesamtinzidenz der Meningitiden („Hirnhautentzündungen“) und der Enzephalitiden („Gehirnentzündungen“) beträgt ungefähr 5–6:100 000 pro Jahr, die der Hirnabszesse 1:100 000, wobei die Wahrscheinlichkeit, an einer Meningitis zu erkranken, in den ersten zwei Lebensjahren am höchsten ist [1, 2].
Die Erreger gelangen hauptsächlich auf drei Wegen in das Gehirn und die Hirnhäute:
-
•
Hämatogen, also über die Blutbahn, durch Ausbreitung eines Nasen-Rachen-Infekts (z. B. Meningokokken-Meningitis)
-
•
Fortgeleitete Infektion aus Ohr, Orbita und Nasennebenhöhlen (z. B. Pneumokokken- oder Staphylokokken-Meningitis)
-
•
Direkte Infektion von außen bei einem Schädel- und Wirbelsäulentrauma mit Duraverletzung
3.6.1
Meningitis
-
•
Schweres Krankheitsgefühl mit Fieber
-
•
Nackensteifigkeit (insbesondere jenseits des Säuglingsalters)
-
•
Berührungsempfindlichkeit
-
•
Kopfschmerzen, ggf. Erbrechen
-
•
Lichtempfindlichkeit
Eitrige Meningitis
-
•
MeningokokkenMeningokokken (Deutschland: Serogruppe B, seit Kurzem ist auch hierfür ein Impfstoff vorhanden – neben dem regulär empfohlenen Impfstoff gegen Meningokokken der Serogruppe C)
-
•
PneumokokkenPneumokokken (Impfstoff vorhanden)
-
•
Haemophilus influenzae (Impfstoff vorhanden)
-
•
B-Streptokokken und E. coli (typisch bei Neugeborenen!)
Waterhouse-Friderichsen-Syndrom
-
•
Selbstschutz (Handschuhe, Kittel, Mundschutz)
-
•
Vitalfunktionen sichern
-
•
Rasches Anlegen eines venösen Zugangs zur Flüssigkeitsgabe (ggf. Knochennadel)
-
•
Medikamentöse Kreislaufunterstützung
-
•
Rascher Beginn einer hochdosierten Antibiotikatherapie
-
•
Gegebenenfalls Hirndrucktherapie (bei z. B. wechselnder Bewusstseinslage und fokal-neurologischen Zeichen)
-
•
Meldung der Erkrankung an das Gesundheitsamt
-
•
Umgebungsprophylaxe
Komplikationen
Seröse Meningitis
-
•
Enteroviren (häufigste Ursache; Hautausschläge sind möglich)
-
•
Mumps (Impfstoff vorhanden)
-
•
Borrelien
-
•
FSME (Frühsommer-MeningoenzephalitisFSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis), Impfstoff vorhanden)
Merke
Gegen die folgenden Erreger kann geimpft werden: Meningokokken, Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Mumps, FSME (siehe: www.rki.de). Gegen Borrelien gibt es bislang noch keine ImpfungImpfunggegen Meningitis.
Tuberkulöse Meningitis
3.6.2
Enzephalitis
-
•
Akut infektiös: Herpes-simplex-Virus (HSV), Enteroviren (am häufigsten), FSME, Mykoplasmen
-
•
Akut para- oder postinfektiös (z. B. autoimmunologisch vermittelt): Masern, Mumps, Varizellen, Mykoplasmen
-
•
Chronisch-degenerativ: HIV
-
•
„Slow-Virus-Infektion“: subakut-sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) als schwere Erkrankung nach Maserninfektion.
Merke
Bei Herpes-Enzephalitis kann es akut, aber auch als Spätfolge zu Sprachstörungen kommen [5, 6].
Fallbeispiel 3.10
Masern-Enzephalitis
3.6.3
Hirnabszess
-
•
HirndruckHirndruckzeichenHirnabszess und ggf. daraus resultierende Augenhintergrundveränderungen (wie ein Papillenödem)
-
•
SepsisSepsisHirnabszess
-
•
Entzündungszeichen wie Leukozytose und Senkungsbeschleunigung (oft fehlend)
-
•
Fokal-neurologische Zeichen, Kopfschmerzen
-
•
Liquor (cave: Lumbalpunktion bei Hirndruck kontraindiziert): sterile Pleozytose, niedrige Glukose
-
•
Streptokokken
-
•
Staphylokokken
-
•
Bakteroides
-
•
Haemophilus influenzae
-
•
Anaerobier
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Ein 8-jähriger Junge wird in der Notaufnahme vorgestellt. Er hat hohes Fieber (39,5 °C), ist lichtempfindlich, berührungsempfindlich und sieht sehr krank aus.
-
a.
Welche Diagnose vermuten Sie und was prüfen Sie klinisch?
-
b.
Welche Diagnostik ist sinnvoll?
-
c.
Ist rasches Handeln erforderlich?
-
d.
Welche Konsequenz ergibt sich evtl. für das Umfeld des Patienten?
-
-
2.
Fallbeispiel Masern-Enzephalitis
-
a.
Welche Folgen für die Sprache sind beschrieben?
-
b.
Was ist bei der Sprachtherapie zu berücksichtigen?
-
-
3.
Ein 7-jähriges Mädchen wird in der Notaufnahme vorgestellt. Die Mutter berichtet, dass das Kind seit einer Woche über Kopfschmerzen klage, morgens nach dem Aufstehen erbreche und leicht erhöhte Temperatur habe (38 C). Der letzte Stuhlgang am Vortag sei normal gewesen. Das Mädchen erbricht in der Notaufnahme immer wieder und sieht sehr krank aus.
-
a.
Worauf achtet der Arzt bei der Untersuchung besonders?
-
b.
Welche Differenzialdiagnosen kommen in Betracht?
-
c.
Welche Diagnostik ist sinnvoll?
-
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
Chronisch entzündliche Erkrankungen des ZNS
Chronisch entzündliche Erkrankungen des ZNSZNS-Erkrankungenchronisch entzündliche sind meist immunologisch vermittelte Erkrankungen, bei denen sich der Körper gegen eigene Bestandteile des Nervensystems richtet. Sie verlaufen oft in Schüben mit beschwerdefreien Phasen, wobei aber auch Verläufe mit stetiger Verschlechterung vorkommen.
Zu den chronisch entzündlichen Erkrankungen des ZNS zählen im Kindesalter u. a. eine Sehnerventzündung mit und ohne weitere ZNS-Beteiligung (Neuromyelitis optica, Optikusneuritis), eine Rückenmarkentzündung (transverse Myelitis), die Multiple Sklerose und eine chronische Nervenentzündung (chronisch inflammatorische Polyneuroradikulitis).
In diesem Kapitel soll exemplarisch auf die Multiple Sklerose (MS)Multiple Sklerose (MS) eingegangen werden.
3.7.1
Multiple Sklerose
3.7.2
Weitere entzündliche ZNS-Erkrankungen
Fallbeispiel 3.12
Verdachtsdiagnose MS
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Welche Symptome treten im Kindes- und Jugendalter häufig bei einem ersten MS-Schub auf?
-
2.
Welche Therapiemaßnahmen kennen Sie neben der medikamentösen Therapie?
-
3.
Welches Therapieziel könnte eine sprachtherapeutische Behandlung im Rahmen einer chronischen MS haben?
Literatur
1
2
3
4
Kopfschmerzen und Migräne
3.8.1
Einleitung
Epidemiologie
Auswirkungen auf den Alltag und Prognose
Klinische Symptomatik und Klassifikation
3.8.2
Primäre Kopfschmerzen
Migräne
Migräne ohne Aura
Migräne mit Aura
Migräneäquivalente
Kopfschmerz vom Spannungstyp
Chronische Kopfschmerzen
Trigeminoautonome Kopfschmerzen
Weitere primäre Kopfschmerzen
3.8.3
Sekundäre Kopfschmerzen
-
•
Meningitis, Enzephalitis
-
•
akutes Trauma
-
•
Tumor, Hydrozephalus, evtl. Zyste
-
•
gutartige intrakranielle Druckerhöhung
-
•
intrakranielle Druckerniedrigung (z. B. nach Lumbalpunktion)
-
•
Arnold-Chiari-Malformation
-
•
zerebraler Krampfanfall
-
•
Infarkt, intrakranielle Blutungen
-
•
Gefäßmissbildungen, Vaskulitis
-
•
Augen (Weit- oder Kurzsichtigkeit, Schielen, Glaukom)
-
•
HNO-Bereich (Nasennebenhöhlenentzündung, Mittelohrentzündung)
-
•
Zahn-Mund-Kiefer-Bereich (Kiefergelenk, Karies, Abszess)
-
•
zervikogener Kopfschmerz durch Veränderungen der Halswirbelsäule
-
•
Neuralgien (Trigeminusneuralgie, Okzipitalis-Neuralgie)
-
•
Allgemeininfektion, Kopfschmerzenextrakranielle UrsachenFieber
-
•
Bluthochdruck, Kreislaufregulationsstörung
-
•
Anämie, Hypoxie, Hypoglykämie, Elektrolytstörungen
-
•
Drogen, Koffein, Medikamente: Analgetika, orale Kontrazeptiva
3.8.4
Ätiologie und Pathophysiologie von Kopfschmerzen
3.8.5
Diagnostisches Vorgehen
Anamnese
-
•
Seit wann? Häufigkeit? Akuter, rekurrierender, progredienter Verlauf (Abb. 3.20)?
-
•
Primär auslösendes Ereignis?
-
•
Zeitgleiche Veränderungen (z. B. neurologische Störungen oder psychische Auffälligkeiten)?
-
•
Medikamenteneinnahme (Analgetika, orale Kontrazeptiva)?
-
•
Auswirkungen auf den Alltag?
-
•
Auslösefaktoren?
-
•
Vorboten? Aurasymptome?
-
–
allmählich größer werdende Flimmerskotome
-
–
sich langsam ausbreitende Kribbelparästhesien
-
–
Sprach- und Sprechstörungen
-
–
einseitige motorische Schwäche
-
–
Schwindel, Ohrgeräusche, Hörminderung
-
–
Doppelbilder
-
–
Ataxie
-
–
Agitiertheit, Bewusstseinsminderung
-
–
Verkennung der Umgebung oder des eigenen Körpers
-
-
•
Tageszeit? Lokalisation? Dauer? Intensität?
-
•
Sonstige Charakteristika? Begleitphänomene?
-
–
Übelkeit, Erbrechen
-
–
Lichtempfindlichkeit, Lärmempfindlichkeit
-
–
trigeminoautonome Symptome
-
-
•
Wodurch wird der Kopfschmerz wie beeinflusst?
-
•
Akutmedikamente?
-
•
Migräne in der Familie?
-
•
Umgang mit Schmerzen?
-
•
Familienstruktur?
-
•
Entwicklung?
-
•
Andere Erkrankungen, sonstige Schmerzen?
-
•
Trinkmenge? Frühstück? Koffein?
-
•
Schlafverhalten?
-
•
Schulbelastung durch Leistungsdruck oder Mobbing? Leistungsbewusstsein?
-
•
Freizeitaktivitäten?
-
•
Position in der Familie?
-
•
Was läuft gut im Leben, was ist „doof“? „Was würdest du dir wünschen, wenn du drei Wünsche frei hättest?“
Körperliche Untersuchung
Ergänzende Diagnostik
3.8.6
Therapie
Akuttherapie
Merke
Bei der Behandlung von Patienten mit Kopfschmerzen ist zu beachten, dass entsprechende Medikamente (Analgetika und/oder Triptane) an nicht mehr als 10 Tagen im Monat gegeben werden dürfen, da sonst die Gefahr analgetikainduzierter KopfschmerzenKopfschmerzenanalgetikainduzierte steigt.
Intervalltherapie – Attackenprophylaxe
-
•
Magnesium kann niedrigschwellig eingesetzt werden, muss jedoch ausreichend hoch dosiert sein, d. h. bis an die Grenze der wichtigsten Nebenwirkung (Durchfall).
-
•
Die klarste Studienlage gibt es für den Kalziumantagonisten Flunarizin, allerdings treten oft Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme und Müdigkeit auf.
-
•
Für β-Blocker gibt es zwar im Kindesalter kaum Studiendaten, aber breite klinische Erfahrung. Sie sind bei Asthmatikern kontraindiziert.
-
•
Auch Pestwurzextrakt (Petasites) ist bei juveniler Migräne wirksam.
-
•
Bei ausgeprägten Aurasymptomen wird gern niedrigdosierte Azetylsalizylsäure (2–3 mg/kg KG/Tag) eingesetzt.
-
•
Das trizyklische Antidepressivum Amitriptylin zur Modifizierung der Schmerzverarbeitung sollte besonders langsam eingeschlichen werden. Die Dosierung liegt unterhalb derjenigen, die bei Depressionen notwendig ist.
-
•
Das Antiepileptikum Topiramat wurde in den letzten Jahren bei Kindern und Jugendlichen gut untersucht. Wegen der Hauptnebenwirkungen (Gewichtsverlust, evtl. Denkstörungen) sollte es dennoch zurückhaltend eingesetzt werden.
-
•
Beim chronischen täglichen Kopfschmerz und speziell beim chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp ist Amitriptylin Mittel erster Wahl. Die medikamentöse Prophylaxe sollte jedoch gerade bei diesen KopfschmerzenKopfschmerzenmedikamentöse Prophylaxe immer in ein auch nicht-medikamentöses Gesamtkonzept eingebettet sein.
Prophylaktische Therapie seltenerer Kopfschmerzformen
Zusammenfassung
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
In welchem Alter beginnt eine Migräne am häufigsten?
-
a.
< 10 Jahre
-
b.
10–20 Jahre
-
c.
25–35 Jahre
-
d.
40–50 Jahre
-
e.
55–65 Jahre
-
-
2.
Für eine Migräne im Kindesalter nicht typisch sind:
-
a.
leichte Kopfschmerzen
-
b.
beidseitige Kopfschmerzen an Stirn oder Schläfen
-
c.
Ruhebedürfnis
-
d.
Übelkeit
-
e.
Verstärkung durch Erschütterungen
-
-
3.
Für eine Migräneaura nicht typisch sind:
-
a.
Sprach- oder Sprechstörungen
-
b.
Ausfälle in einem Gesichtsfeld
-
c.
einseitige sensible Symptome
-
d.
Ausbreitung der Symptome über Sekunden
-
e.
Kopfschmerzen innerhalb von 60 Minuten
-
-
4.
Welche Aussage zur Behandlung einer Migräneattacke bei Kindern ist falsch?
-
a.
Der Rückzug in eine ruhige und dunkle Umgebung ist sinnvoll.
-
b.
Vor einem Analgetikum wird immer ein Medikament gegen Übelkeit gegeben.
-
c.
Es ist wichtig, Analgetika frühzeitig und ausreichend hoch dosiert zu geben.
-
d.
Analgetikum erster Wahl ist Ibuprofen.
-
e.
Wenn Analgetika nicht ausreichend wirksam sind, kommen Triptane – ggf. off-label – zum Einsatz.
-
-
5.
Welche Aussage zur Migräneprophylaxe bei Kindern ist nicht richtig?
-
a.
Verhaltensmedizinische Maßnahmen haben keine ausreichende Wirkung.
-
b.
Die Wahl eines prophylaktischen Medikaments richtet sich an erster Stelle nach den zu vermeidenden Nebenwirkungen.
-
c.
Für Betablocker sprechen die guten praktischen Erfahrungen.
-
d.
Hochdosiertes Magnesium ist eine nebenwirkungsarme Möglichkeit.
-
e.
Gruppenprogramme haben informativ-edukative, verhaltenstherapeutische und/oder hypnotherapeutische Elemente.
-
-
6.
Welche Aussage ist nicht richtig?
-
a.
Fehlende körperliche Aktivität erhöht das Risiko für das Auftreten von Kopfschmerzen.
-
b.
Übermäßiger Koffeinkonsum kann das Auftreten von Kopfschmerzen begünstigen.
-
c.
Ausreichender und regelmäßiger Schlaf sind kopfschmerzprophylaktisch günstig.
-
d.
Flüssigkeitsmangel ist ein häufiger Trigger von Kopfschmerzen.
-
e.
Fehlsichtigkeit ist kein Auslöser von Kopfschmerzen.
-
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
Weiterführende Literatur
Gerber et al., 2010
Lampl, 2002
Victor and Ryan, 2003
Epilepsien
3.9.1
Einleitung
Definitionen
Merke
Epilepsie ist eine Hirnfunktionsstörung, die durch die dauerhafte Veranlagung zu epileptischen Anfällen sowie durch die daraus resultierenden neurobiologischen, kognitiven, psychologischen und sozialen Konsequenzen gekennzeichnet ist [2].
Das Auftreten von mindestens einem epileptischen Anfallepileptische Anfälle gilt als Voraussetzung für die Diagnose „Epilepsie“.
Bei einem epileptischen Anfall treten vorübergehend innerlich empfundene oder äußerlich wahrnehmbare Symptome auf, die von einer gestörten – zu starken oder zu synchronisierten – neuronalen Aktivität im Gehirn ausgehen.
-
1.
Zumindest zwei unprovozierte Anfälle (oder Reflexanfälle) im Abstand von mehr als 24 Stunden
-
2.
Ein unprovozierter Anfall (oder Reflexanfall) mit einem Wiederholungsrisiko für weitere unprovozierte Anfälle innerhalb der nächsten 10 Jahre, das dem allgemeinen Wiederholungsrisiko nach zwei unprovozierten Anfällen entspricht (ca. 60 % oder höher)
-
3.
Die diagnostischen Kriterien eines bestimmten Epilepsie-Syndroms sind erfüllt.
Klassifikation epileptischer Anfälle
Häufigkeit der Anfallstypen im Kindesalter
-
•
Epilepsien mit fokalen Anfällen: ca. 60 %
-
•
Epilepsien mit generalisierten Anfällen: ca. 30 %
-
•
Epilepsien mit Anfällen, die nicht eindeutig zu klassifizieren sind: ca. 10 %
3.9.2
Beschreibung der verschiedenen Anfallstypen
Fokale Anfälle
-
•
motorisch
-
•
sensorisch
-
•
kognitiv
-
•
emotional
-
•
autonom
-
•
klonischfokale Anfälleklonische (rhythmische Zuckungen)
-
•
tonisch fokale Anfälletonische(für Sekunden bis Minuten erhöhter Muskeltonus)
-
•
myoklonisch fokale Anfällemyoklonische(einzelne, ggf. wiederholte, sehr kurze, nur Millisekunden andauernde Muskelzuckungen)
-
•
versiv (anhaltende, unnatürliche, konjugierte Wendung von Augen, Kopf und Oberkörper zu einer Seite)
-
•
dyston (anhaltende Anspannung von Agonisten und Antagonisten, die zu unnatürlichen Bewegungsmustern führt)
-
•
epileptische Spasmenepileptische Spasmen (plötzliche Anspannung – meist Beugung, selten Streckung – von Kopf, Oberkörper und Hüfte mit Blickdeviation nach oben; Dauer 1–2 sec, in der Regel in Serien über 3–10 min, häufig in Einschlaf- oder Aufwachphasen)
-
•
hypermotorisch (Bewegungsschablonen mit epileptische Anfällekomplex-motorische Elementehäufig heftigen Bewegungen proximaler Extremitäten, z. B. Strampeln, Springen)
-
•
negativ motorisch
-
–
negativ myoklonisch (kurzzeitiges Abbrechen des Muskeltonus ≤ 500 ms)
-
–
atonisch (Verlust des Muskeltonus für > 500 ms bis 2 ms; kann Kopf, Rumpf oder Extremitäten betreffen)
-
-
•
hypomotorisch (anfallsartig verminderte oder fehlende motorische Aktivität)
-
•
AutomatismenAutomatismenepileptische Anfälle mit koordinierter, wiederholter motorischer Aktivität, die unbewusst abläuft (häufig bei eingeschränktem Bewusstsein) und in der Regel nicht erinnert wird. Sie können der Willkürmotorik ähneln und in einer Fortsetzung der Handlung vor Beginn des Anfalls bestehen:
-
–
oroalimentär (z. B. Lippenlecken, Kauen, Schlucken)
-
–
manual oder pedal (z. B. Nesteln, Klopfen mit Hand oder Fuß)
-
–
gestisch (Hand- und Armbewegungen wie bei freier Rede)
-
–
gelastisch (Lachen oder Kichern ohne emotionale Empfindung)
-
–
dakrystisch (Weinen ohne emotionale Empfindung)
-
–
vokal (einzelne oder wiederholte Laute)
-
–
verbal (einzelne Wörter oder kurze Sätze, z. T. repetitiv)
-
-
•
somatosensorisch (z. B. Kribbeln, Gefühl von Zuckungen)
-
•
visuell (elementar: z. B. Lichtblitze, farbige Kreise; komplex: z. B. Schmetterlinge, Personen)
-
•
auditorisch (elementar: z. B. Klingeln, Töne; komplex: z. B. Melodien)
-
•
olfaktorisch (Gerüche, meist unangenehm)
-
•
gustatorisch (z. B. saurer, süßer, metallischer Geschmack)
-
•
„epigastrische“ AuraAuraepigastrische (unangenehmes Gefühl im Oberbauch, häufig in Richtung Hals aufsteigend) oder „zephale“ AuraAurazephale (z. B. Kopfschmerzen, Schwindel)
-
•
mnestisch (veränderte Gedächtniseindrücke, z. B. ein Déjà-vu oder Jamais-vu)
-
•
halluzinatorisch (Halluzinationen bei normalem Bewusstsein; im Gegensatz zur Psychose ist es für den Patienten dabei nachvollziehbar, dass seine Wahrnehmung eine Halluzination ist)
-
•
illusorisch (komplex veränderte Wahrnehmung vorhandener Objekte bei normalem Bewusstsein – im Unterschied zur Halluzination)
-
•
Aphasie (Störung der Sprache während des Anfalls)
-
•
Angst
-
•
Ärger
-
•
Aufregung/Agitation
-
•
Wohlgefühl
-
•
ausgeprägte Blässe oder plötzliche Rötung im Gesicht (Flush), seltener als Blässe
-
•
weite Pupillen, die unabhängig von der emotionalen Empfindung häufig wie „angstgeweitet“ erscheinen
-
•
Änderung der Herzfrequenz: in der Regel Tachykardie, selten Bradykardie
-
•
Anfall ohne Beeinträchtigung des Bewusstseins (einfach-fokal)
-
•
Anfall mit Beeinträchtigung des Bewusstseins (komplex-fokal)
-
•
Anfall mit ungeklärter Bewusstseinslage
Generalisierte Anfälle
-
1.
Motorische Anfälle
-
–
generalisiert tonisch-klonisch
-
–
generalisiert tonisch
-
–
generalisiert atonisch
-
–
generalisiert myoklonisch
-
–
generalisiert myoklonisch-atonisch
-
–
generalisiert klonisch
-
–
generalisierte epileptische Spasmen
-
-
2.
Absencen
-
–
typische AbsencenAbsencen (Kap. 3.9.3 „Absence-Epilepsie“)
-
–
atypische Absencen (Beginn und Ende der Bewusstseinsstörung sind weniger abrupt; häufig mit Tonusverlust – Absinken von Kopf, Rumpf oder Extremitäten – sowie dezenten Myoklonien)
-
–
myoklonische Absencen (begleitet von Anheben der Arme mit rhythmischen Zuckungen in der Frequenz der Spike-Wave-Komplexe)
-
–
Absencen mit Lidmyoklonien
-
Merke
Es gibt generalisierte und fokale Anfälle. Anfälle entstehen in einem epileptogenen Netzwerk. Während bei generalisierten Anfällen beide Hemisphären einbezogen sind, ist es bei fokalen Anfällen auf eine Hemisphäre begrenzt.
Klassifikation nach Ursachen und Verlauf
-
•
Idiopathisch wurde im EpilepsieidiopathischeWeiteren mit genetisch gleichgesetzt. Im Wortsinne bedeutet „idiopathisch“ soviel wie „eigenständiges Leiden“. Nach diesem Verständnis wäre die Epilepsie die einzige Erkrankung des Kindes.
-
•
Symptomatisch sind EpilepsiesymptomatischeEpilepsien, die im Rahmen einer zugrundeliegenden Erkrankung, z. B. bei AnlagestörungenAnlagestörungenEpilepsie (Hirnfehlbildungen) oder Tumoren, bzw. nach einer Schädigung des Gehirns durch Infarkt, Entzündung, Blutung oder Sauerstoffmangel auftreten.
-
•
Kryptogen war eine EpilepsiekryptogeneKategorie für Patienten, bei denen man eine symptomatische Epilepsie vermutete, diese aber nicht belegen konnte.
Elektroklinische Epilepsie-Syndrome
-
•
typisches Alter des Anfallsbeginns
-
•
spezifische oder typische Anfallsformen
-
•
spezifische oder typische EEG-Befunde
-
•
typische Verläufe und Komorbiditäten
Elektroklinische Epilepsie-Syndrome, geordnet nach Anfallsbeginn
Neugeborenenalter | Benigne (selbstlimitierende) Neugeborenen-Anfälle Benigne (selbstlimitierende) familiäre Epilepsie des Neugeborenenalters Frühe myoklonische Enzephalopathie (EME) Ohtahara-Syndrom |
Säuglingsalter und 2. Lebensjahr |
Fieberkrämpfe Fieberkrämpfe plus (Febrile Seizures +) Epilepsie des Säuglingsalters mit wandernden fokalen Anfällen West-Syndrom Myoklonische Epilepsie des Kleinkindalters Benigne (selbstlimitierende) Epilepsie des Säuglingsalters (Watanabe-Syndrom) Benigne (selbstlimitierende) familiäre Epilepsie des Säuglingsalters Dravet-Syndrom Myoklonische Enzephalopathie bei nicht-progredienten Erkrankungen |
Kindesalter | Fieberkrämpfe Fieberkrämpfe plus (FS+) Früh beginnende okzipitale Epilepsie des Kindesalters (Typ Panayiotopoulos) Idiopathisch fokale Epilepsie des Kindesalters mit zentrotemporalen Spikes (Rolando-Epilepsie, selbstlimitierende Epilepsie des Kindesalters mit zentrotemporalen Spikes) Autosomal-dominante nächtliche Frontallappen-Epilepsie (ADNFLE) Spät beginnende okzipitale Epilepsie des Kindesalters (Typ Gastaut) Absence-Epilepsie des Kindesalters Epilepsie mit myoklonischen Absencen Lennox-Gastaut-Syndrom Epileptische Enzephalopathie mit kontinuierlichen Spikes and Waves im Schlaf (CSWS) Landau-Kleffner-Syndrom (Epilepsie-Aphasie-Syndrom) |
Adoleszenz und Erwachsenenalter | Juvenile Absence-Epilepsie Juvenile myoklonische Epilepsie Epilepsie mit ausschließlich generalisiert tonisch-klonischen Anfällen Autosomal-dominante Epilepsie mit auditorischen Merkmalen (ADEAF) |
Familiäre Epilepsie-Syndrome | Familiäre fokale Epilepsie mit variablen Foci (FFEVF) Genetische Epilepsie mit Fieberkrämpfen plus (GEFS+) |
Merke
Die genaueste Beschreibung einer Epilepsie-Erkrankung erfolgt über das Epilepsie-Syndrom. Diese Zuordnung ist zu Beginn der Erkrankung häufig noch nicht möglich.
3.9.3
Ausgewählte Epilepsie-Syndrome im Kindesalter
Absence-Epilepsie
Fallbeispiel 3.13
Absence-Epilepsie des Kindesalters
Rolando-Epilepsie
Fallbeispiel 3.14
Rolando-Epilepsie
Aphasie-Epilepsie-Syndrom (Landau-Kleffner-Syndrom)
Epilepsie und kognitive Beeinträchtigungen: epileptische Enzephalopathie
Merke
-
1.
Epileptische Aktivität (entsprechend dem geschilderten Konzept einer epileptischen Enzephalopathie)
-
2.
Ursache der Epilepsie: Sowohl durch eine Anlagestörung des Gehirns als auch durch eine veränderte Funktion der Synapsen (typische Situation bei genetischen Epilepsien) können Anfälle verursacht und zugleich die Funktion des Gehirns auf anderem Wege beeinträchtigt werden.
-
3.
Behandlung der Epilepsie: Antikonvulsiva wirken nicht nur auf die epileptisch aktiven Zellen, sondern auf das gesamte Gehirn. Somit besteht auch das Risiko von Nebenwirkungen in Form einer Hirnfunktionsstörung.
Strukturelle fokale Epilepsie der linken Hemisphäre
Fallbeispiel 3.15
Strukturelle Epilepsie in der linke Hemisphäre
3.9.4
Medikamentöse Therapie
Therapie des akuten Anfalls
Dauertherapie
-
1.
Wirkung an spannungsabhängigen Ionenkanälen, insbesondere Natrium- und Kalziumkanälen: Hemmung des Aktionspotenzials der Nervenzellen.
-
2.
Wirkung über das GABA-System: GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im ZNS, dessen Wirkung verstärkt wird.
-
3.
Wirkung über das exzitatorische Glutamat-System. Glutamat ist der wichtigste erregende Neurotransmitter im ZNS. Dabei können präsynaptische Effekte, die sich auf die Ausschüttung des Transmitters auswirken, von postsynaptischen Effekten unterschieden werden, die den Einfluss des Transmitters auf die nachgeschaltete Zelle reduzieren.
Unerwünschte Wirkungen
Merke
Ziele der Epilepsiebehandlung sind Anfallsfreiheit und Nebenwirkungsfreiheit. Die Bedeutung beider Faktoren für die Lebensqualität muss individuell bewertet werden, um daran das konkrete Vorgehen zu orientieren.
Ketogene Diät
3.9.5
Epilepsiechirurgie
-
1.
was entfernt werden muss, um Anfallsfreiheit zu erzielen, und
-
2.
was nicht entfernt werden darf, um ein (nicht zu akzeptierendes) Funktionsdefizit durch die Operation zu vermeiden.
-
1.
Fragen zur Art und Lokalisation, die sich in den meisten Fällen mittels Anamnese, klinischer Untersuchung, Wach- und Schlaf-EEG sowie MRT-Bildgebung des Gehirns und Video-EEG-Registrierung der Anfälle beantworten lassen:
-
a.
Handelt es sich um epileptische Anfälle?
-
b.
Sind es fokale Anfälle, die ihren Ursprung in einem in einer Hemisphäre lokalisierten Netzwerk haben?
-
c.
Lässt sich die anfallsauslösende Region mit der notwendigen Sicherheit identifizieren?
-
-
2.
Fragen zur Funktion
-
a.
Trägt das zu resezierende oder das angrenzende Gewebe eine Funktion?
-
b.
Ist dieses Gewebe unverzichtbar für die Funktion?
-
c.
Besteht bereits ein Funktionsdefizit?
-
Funktionelle präoperative Sprachdiagnostik
Postoperative Funktionsstörungen der Sprache
-
1.
Reversible Störungen:
Es kann zu kurzfristigen Sprachfunktionsstörungenreversiblevorübergehenden Einschränkungen kommen, wenn funktionelles Gewebe postoperativ von einem Ödem im Randbereich der Resektion betroffen ist.
Es kann auch zu längerfristigen, aber reversiblen Einschränkungen kommen, wenn funktionell relevante, aber nicht essenzielle Areale in die Resektion einbezogen waren und es einer Reorganisation bedarf, bis die Funktion wieder intakt ist. Dies betrifft z. B. die Resektion des temporalen basalen Sprachareals der dominanten Hemisphäre.
-
2.
Irreversible Störungen:
Werden essenzielle, funktionstragende SprachfunktionsstörungenirreversibleAreale entfernt oder geschädigt, kommt es zu einem anhaltenden Funktionsverlust. In diesem Fall liegt das Ziel einer rehabilitativen Behandlung darin, Ersatzfunktionen zu etablieren.
Therapie von Epilepsien durch Stimulationsverfahren
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Wie lautet eine allgemein anerkannte, konzeptionelle Definition der Epilepsie?
-
2.
Was ist das Kriterium, um fokale Anfälle von generalisierten Anfällen zu unterscheiden?
-
3.
Was ist das Landau-Kleffner-Syndrom?
-
4.
Was untersucht der Wada-Test?
Literatur
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
Weiterführende Literatur
Neubauer and Hahn, 2014
Panzer et al., 2015
Raumfordernde intrakranielle Prozesse
3.10.1
Einleitung
3.10.2
Symptomatik und Diagnostik intrakranieller Raumforderungen
-
•
durch direkten Druck der Hirndruckdirekter (lokaler)Raumforderung auf das umgebende Hirngewebe oder weil
-
•
durch den erhöhten HirndruckerhöhterDruck im Schädelinneren die Blutversorgung eingeschränkt und letztendlich zum Erliegen kommen wird, was innerhalb kurzer Zeit zu schweren Schäden infolge des Sauerstoffmangels im Hirngewebe führt.
Diagnostik
3.10.3
Hydrozephalus
3.10.4
Intrakranielle Blutungen
Ursachen
Diagnostik
Fallbeispiel 3.16
Akute spontane Hirnblutung
Therapie
3.10.5
Hirntumoren
Hirntumoren pädiatrischer Patienten mit WHO-Klassifikation [8]
-
•
Tumoren der Stützzellen im Hirngewebe
-
–
Astrozytome (WHO-I bis WHO-III)
-
–
Glioblastoma multiforme (WHO-IV)
-
–
Ependymome, Subependymome (WHO-I bis WHO-III)
-
–
Oligoastrozytome, Oligodendrogliome (WHO-I bis WHO-III)
-
–
Hirnstammgliome
-
-
•
Embryonale Tumoren
-
–
Medulloblastom (WHO-IV)
-
–
Atypischer teratoider/rhabdoider Tumor (WHO-IV)
-
–
Primitiver neuroektodermaler Tumor (PNET, WHO-IV)
-
-
•
Tumoren des Plexus choroideus
-
–
Plexuspapillom (WHO-I bis WHO-II)
-
–
Plexuskarzinom (WHO-III)
-
-
•
Keimzelltumoren
-
–
Germinom
-
–
„Nicht-Germinome“ (z. B. Teratom, Dottersacktumor, Chorionkarzinom)
-
-
•
Kraniopharyngeom (WHO-I)
-
•
Tumoren der Pinealis-Region (z. B. Pineozytom: WHO-I; Pineoblastom: WHO-IV)
-
•
Tumoren mit neuronaler Zellkomponente (z. B. Gangliogliom: WHO-I bis WHO-III; dysembryoblastische neuroepitheliale Tumore, DNT: WHO-I)
Ursachen
Neurofibromatose Typ I (Morbus von Recklinghausen)
Neurofibromatose Typ II
Tuberöse-Sklerose-Komplex (Morbus Bourneville-Pringle)
Symptome
Fallbeispiel 3.17
Verschlusshydrozephalus durch Kleinhirntumor
Therapie
Zerebellärer Mutismus
Fragen zur Wissensprüfung
-
1.
Was besagt die Monro-Kellie-Doktrin?
-
2.
Was sind Vor- und Nachteile der Computertomografie (CT) und der Kernspintomografie (MRT) in der Diagnostik von raumfordernden Läsionen im Gehirn bei pädiatrischen Patienten?
-
3.
Was ist – abgesehen von Blutungen nach einem Schädel-Hirn-Trauma – die häufigste Ursache für Hirnblutungen bei Kindern?
-
4.
In welchem Teil des Gehirns sind bei pädiatrischen Patienten viel häufiger als bei erwachsenen Patienten Hirntumore lokalisiert?
-
5.
Wodurch entsteht der sog. Verschlusshydrozephalus bei Kindern mit Hirntumoren?
-
6.
Was ist der „zerebelläre Mutismus“?
Weiterführende Literatur
Anderson et al., 2011
Dennis, 2010
Balogun et al., 2014
Pearce et al., 2012
von Lehe et al., 2013
Niazi et al., 2010
Mehrotra et al., 2012
Louis et al., 2007
Küper and Timmann, 2013
Gudrunardottir et al., 2011
Schädel-Hirn-Trauma
3.11.1
Einleitung
3.11.2
Definition und Einteilung nach Schweregrad
Definition
-
1.
Commotio cerebriCommotio cerebri, eine „GehirnerschütterungGehirnerschütterung“ ohne dauerhafte Schädigung von Hirnstrukturen
-
2.
Contusio cerebriContusio cerebri, eine „GehirnprellungGehirnprellung“ mit initialer Bewusstlosigkeit >15 Minuten und mit offener oder gedeckter Schädigung der Hirnsubstanz
-
3.
Compressio cerebriCompressio cerebri, eine „GehirnquetschungGehirnquetschung“ mit intrakranieller Drucksteigerung (HirnödemHirnödem oder HirnblutungHirnblutungnach SHT) und/oder direkter Verletzung des Gehirns und mit Tage oder Wochen andauernder Bewusstlosigkeit
-
•
Grad I der Commotio ohne Bewusstseinsverlust
-
•
Grad II der leichten Contusio mit initialer BewusstlosigkeitBewusstlosigkeitnach SHT variabler Länge und Abklingen der Ausfälle innerhalb von 3 Wochen
-
•
Grad III der Compressio cerebri mit Ausfällen, die länger als 3 Wochen persistieren
3.11.3