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978-3-437-44422-7
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Kontextoptimierung in der Schuleingangsphase
8.1
Entwicklung und theoretische Fundierung der Kontextoptimierung
8.1.1
Überblick über ältere Konzepte zur Therapie morphologisch-syntaktischer Störungen
Charakterisierung
Pattern Practice
•
Die Therapieeinheiten lassen sich relativ einfach planen und erfordern wenig Zeitaufwand. Das liegt unter anderem daran, dass zahlreiche (auch aktuell erschienene) Therapiematerialien und -spiele auf dem Markt verfügbar sind, die diesem Ansatz folgen und dem Therapeuten die Arbeit erleichtern.
•
Zudem produzieren die Kinder innerhalb des stark strukturierten Rahmens in der Regel schnell die ersten richtigen Sätze, sodass der Eindruck eines raschen Fortschritts entsteht.
Entwicklungsproximaler Ansatz
Metasprachliche Elemente
Interventionsstudien
•
einerseits zu einem eher auf die Imitation grammatischer Strukturen zielenden Vorgehen, vergleichbar mit dem Pattern Practice,
•
andererseits zu einem stärker kommunikativ eingebetteten und auf Modellierungsmethoden fußenden Vorgehen, das dem entwicklungsproximalen Ansatz nahe kommt.
Unterschiedliche Ergebnisse
8.1.2
Entwicklung und Evaluation des Therapiekonzepts Kontextoptimierung
Grundsätzliche Überlegungen
Therapiesettings: Einzeltherapie, Kleingruppentherapie, therapieintegrierender Unterricht
8.1.3
Weiterentwicklung und Implementierung der Kontextoptimierung
8.1.4
Effektivitätsstudien zur Kontextoptimierung
Überblick
•
Sowohl in der Kontextoptimierung:GruppentherapieGruppentherapie:KontextoptimierungGruppentherapie als auch im therapieintegrierenden Unterricht zeigten die kontextoptimiert geförderten Dritt- und Viertklässler einer Studie zur Förderung des Nebensatzerwerbs (Motsch & Berg 2003, Berg 2007) hoch signifikante Fortschritte, während in der Kontrollgruppe keine Weiterentwicklung im Bereich der komplexen Syntax messbar war. Effektivität in Bezug auf das gleiche Therapieziel konnten Motsch & Seiffert (2008) auch bei Schülern der Sekundarstufe einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache feststellen, für die kontextoptimierte Unterrichtsphasen konzipiert und eingesetzt wurden.
•
Eine Intervention zur Förderung des Kasuserwerb:Förderung, kontextoptimierteKasuserwerbs (Motsch & Riehemann 2008a, 2008b), die Lehrkräfte in Form kurzer, regelmäßiger Therapiephasen in den Unterricht integrierten, führte ebenfalls zu signifikanten Fortschritten der kontextoptimiert geförderten Schüler und war der Kontrollgruppe bedeutsam überlegen.
•
Für die Schuleingangsphase:KontextoptimierungKontextoptimierung:SchuleingangsphaseSchuleingangsphase besonders relevant ist die Studie von Schmidt (2009), die im nächsten Abschnitt ausführlicher beschrieben wird. Sie ergab auch eine hohe Therapieeffektivität für den Erwerb der Subjekt-Verb-Kontrollregel und der Verbzweitstellung im Setting der Gruppenförderung für sprachbehinderte Kinder in einer vorschulischen Einrichtung.
Vertiefung: Effektivität der Kontextoptimierung in der Schuleingangsphase
Kleingruppentherapie
Intervention bei Erstklässlern
Gruppentherapie
•
Experimentalgruppe 1 mit vier kontextoptimierten Therapieeinheiten pro Woche
•
Experimentalgruppe 2 mit wöchentlich zwei kontextoptimierten Therapieeinheiten
•
Kontrollgruppe, die mit anderen Methoden im Grammatikerwerb unterstützt wurde.
8.2
Prinzipien der kontextoptimierten Grammatiktherapie
8.2.1
Konsequente Konzentration auf die jeweilige Zielstruktur
•
das Therapieziel entsprechend dem aktuellen grammatischen Entwicklungsstand ausgewählt und an der nächsten Entwicklungszone orientiert wird,
•
in den kontextoptimierten Phasen der Sprachtherapie nicht gleichzeitig an anderen – beispielsweise semantisch-lexikalischen oder phonologischen – Zielen gearbeitet wird und dass
•
ein unsystematischer, sprunghafter Wechsel zwischen unterschiedlichen grammatischen Strukturen vermieden wird.
8.2.2
Sprachentwicklungspsychologische und linguistische Aufbaukriterien für die Planung des Sprachmaterials
•
Zu den frühen NebensätzeNebensätzen zählen KausalsätzeKausalsätze, TemporalsätzeTemporalsätze, die mit wenn eingeleitet werden, KonditionalsätzeKonditionalsätze, FinalsätzeFinalsätze und einfache RelativsätzeRelativsätze.
•
Frühe Nebensätze:früheNebensätze sind Nebensätze ersten Grades, die sich direkt auf den Hauptsatz beziehen.
•
Steht das einleitende Relativpronomen:NebensätzeNebensätze:RelativpronomenRelativpronomen des Nebensatzes im Nominativ, können Kinder im Spracherwerb früher und häufiger korrekte Relativsätze bilden.
•
Eingeschobene Nebensätze:eingeschobeneNebensätze werden später verstanden und produziert als Nebensätze, die dem Hauptsatz vorangehen oder folgen (Berg 2007, 2011; Rothweiler 1993).
8.2.3
Sprachbewusster Therapieeinstieg mit einer Kick-off-Aktion
8.2.4
Modalitätenwechsel
Beschreibung und theoretische Fundierung
•
Zum einen erweisen sich – trotz gradueller Unterschiede – sowohl primär auf die Rezeption als auch primär auf die Produktion ausgerichtete Therapieansätze als wirksam. Für beide Zugangsweisen können also therapiewirksame Faktoren angenommen werden.
•
Zum anderen sprechen interindividuelle Unterschiede in der Therapieeffektivität der jeweils evaluierten Verfahren dafür, dass nicht alle von den gleichen Therapiemethoden optimal profitieren (Motsch 2002: 91). Vielmehr bestehen Unterschiede in der Therapiewirksamkeit, die beispielsweise auf den individuellen Spracherwerbsstil des Kindes, die jeweilige Entwicklungsphase oder die konkrete grammatische Zielstruktur zurückzuführen sein könnten.
•
Während das Pattern Practice in Satzmusterübungen mit ganzen Sätzen arbeitet, reduziert die Kontextoptimierung die Äußerungslänge auf die kürzestmögliche Struktur, um das Arbeitsgedächtnis der Kinder zu entlasten und die Fokussierung auf die kritischen morphologischen bzw. syntaktischen Merkmale zu erleichtern.
•
Im Gegensatz zum Pattern Practice vermeidet die Kontextoptimierung mechanische Nachsprechübungen außerhalb kommunikativ sinnvoller Kontexte und setzt stattdessen auf Gespräche, Spiele und gemeinsame Handlungen, in denen die Verwendung der Zielstruktur sowohl in den Anteilen des Therapeuten (Sprachmodell) als auch auf Seiten des Kindes naheliegend, wahrscheinlich und sinnvoll erscheint.
•
Statt mit formal gleichbleibenden Satzmustern wie im Pattern Practice arbeitet die Kontextoptimierung gezielt mit sprachformalen Kontrasten, da die grammatischen Regeln nur so wahrnehmbar sind und abgeleitet werden können.
Konkretion für die Schuleingangsphase
8.2.5
Ursachenorientierung
Beschreibung und theoretische Fundierung
•
grammatische Anforderungen, die die aktuellen kindlichen Fähigkeiten übersteigen und außerhalb des eigentlichen Therapieziels liegen, sowie
•
komplexe phonologische oder semantisch-lexikalische Anforderungen, die die kindlichen Kapazitäten so beanspruchen, dass sie die Aufmerksamkeit von der grammatischen Zielstruktur abziehen.
Konkretion für die Schuleingangsphase
8.2.6
Ressourcenorientierung
Beschreibung und theoretische Fundierung
Metasprachliche Ressourcen
•
Liles, Shulman & Bartlett (1977) kamen ebenso wie Kamhi & Koenig (1985) zu dem Ergebnis, dass spracherwerbsgestörte Kinder beim Erkennen von Fehlern in vorgegebenen Sätzen durchschnittlich schlechter abschnitten als sprachunauffällige Kinder. Gemeinsam ist beiden Studien, dass nur im Bereich der grammatikalischen Fehler, nicht aber im Entdecken semantischer Fehler signifikante Unterschiede festzustellen waren. Die metasprachlichen Sprachentwicklungsstörungen:metasprachliche Fähigkeitenmetasprachliche Fähigkeiten:SprachentwicklungsstörungenFähigkeiten sprachentwicklungsgestörter Kinder differieren demnach in verschiedenen Leistungsbereichen.
•
Dalbert & Schöler (1989) überprüften in ihrer Studie 58 spracherwerbsgestörte Zweit- bis Viertklässler und fanden einen nahezu altersgemäßen Leistungsstand in der metasprachlichen Fähigkeit der Fehlererkennung in Sätzen.
•
Adler (1996) konnte zwar eine Verzögerung in der metasprachlichen Entwicklung sprachentwicklungsgestörter Kinder im Verlauf der Grundschulzeit gegenüber der sprachunauffälligen Vergleichsgruppe nachweisen, die jedoch geringer ausfiel als der Rückstand in der Sprachproduktion. Eine Teilgruppe der untersuchten sprachauffälligen Kinder war zudem schon früh in der Lage, die Grammatikalität korrekt zu beurteilen. Zudem zeigte sich keine bedeutsame Abweichung von dem in diesem Alter zu erwartenden metasprachlichen Entwicklungsstand.
Konkretion für die Schuleingangsphase
Spielerische Formate
•
Veranschaulichung der Verbzweitstellung im Hauptsatz mit der spielerischen und handelnden Erfahrung des faulen Worts (des Verbs), das im Gegensatz zu den anderen Satzgliedern seine Position nicht verlässt (Motsch 2010),
•
Fokussierung des -st in der 2. Person Singular mit der Rahmenhandlung Das verliebte st (Motsch 2010, Variationen in Berg 2011),
•
Hervorhebung der Markierung der 2. Person Singular durch den Einsatz einer zischenden Schlangen-Handpuppe (Schmidt 2011),
•
Vorbereitung auf den Erwerb der Dativmarkierung durch phonologische Sensibilisierung für das -m in der Finalposition von Wörtern: In einem Zuordnungsspiel sammelt der Drache (Handpuppe) nur Dinge, die auf -m enden, also den Schirm, den Helm, nicht aber den Hahn (Motsch 2010),
•
Fluchtspiel (Motsch 2010, Berg 2011) zur Einführung der Nebensätze: Die Kinder können im Spiel handelnd erleben, wie das Verb beim Erscheinen einer Konjunktion jeweils an das Satzende flüchtet.
8.2.7
Therapieziele in der Schuleingangsphase
•
der Erwerb der Verbzweitstellungsregel im Hauptsatz,
•
der Erwerb der Subjekt-Verb-Kontrollregel, deren Entdeckung zur Subjekt-Verb-Kongruenz führt,
•
der Kasuserwerb mit den Teilschritten Akkusativ- und Dativerwerb sowie
•
der Erwerb der Verbendstellung im subordinierten Nebensatz.
Erwerb der Verbzweitstellungsregel und der Subjekt-Verb-Kontrollregel
•
So bietet die Kontrastierung der Sätze Ich male und Du malst Möglichkeiten, die Verbendung prägnant hervorzuheben und die kindliche Aufmerksamkeit auf die Subjekt-Verb-Kongruenz zu lenken. Für die Ableitung der Verbzweitstellungsregel wären diese Sätze jedoch ungeeignet, da das Verb hier zugleich am Satzende steht.
•
Andererseits wäre die Kontrastierung von Sätzen wie Ich male jetzt (SVX) und Dann schreibe ich (XSV) zwar geeignet, die Verbzweitstellung in den Fokus zu rücken. Aufgrund der gleichbleibenden Person gibt sie jedoch noch keine Information über die Veränderung des Verbs in Anpassung an das Subjekt.
Nebensatz- und Kasuserwerb
8.3
Therapiebeispiel für die Schuleingangsphase
Literatur
Adams and Gathercole, 1995
Adler, 2001
Adler, 1996
Berg, 2006
Berg, 2007
Berg, 2011
Böhme-Dürr, 1987
Camarata et al., 1994
Clahsen, 1986
Clahsen and Hansen, 1997
Cole and Dale, 1986
Connell, 1987
Courtright and Courtright, 1979
Cron-Böngeler, 1985
Dalbert and Schöler, 1989
Dalbert and Schöler, 1991
Dannenbauer, 1983
Dannenbauer, 1991
Dannenbauer, 1998
Dannenbauer, 1999
Dannenbauer M. and Kotten-Sederqvist, 1986
Dannenbauer M. and Kotten-Sederqvist, 1990
Dannenbauer M. and Künzig, 1991
Eisert and Rist, 2009
Ellis Weismer and Hesketh, 1993
Ellis Weismer and Hesketh, 1998
Fey and Proctor-Williams, 2000
Frank and Grziwotz,
Frank, G., & Grziwotz, P. (o. J.). Spiele für Dysgrammatiker. Ravensburg: Verlag am Sprachheilzentrum.Friedman and Friedman, 1980
Füssenich, 1998
Grimm, 1999
Grunwald, 1981
Haffner, 1995
Hansen, 1996
Hartmann, 1995
Hasselhorn and Grube, 2003
Hasselhorn and Körner, 1997
Hasselhorn and Werner, 2000
Homburg, 1991
Iven, 2001
Kaack, 2002
Kamhi, 1985
Keese, 2003
Kilens, 1980
Kregcjk, 1986
Law, 1997
Liles Z. et al., 1977
Maar, 1997
Mayer, 2003
Montgomery, 2004
Motsch, 1984
Motsch, 2002
Motsch, 2007
Motsch, 2008
Motsch, 2010
Motsch and Berg, 2003
Motsch and Berg, 2006
Motsch and Berg, 2010
Motsch J. and Hansen, 1999
Motsch and Riehemann, 2008a
Motsch and Riehemann, 2008b
Motsch and Riehemann, 2008c
Motsch and Schmidt, 2009
Motsch and Seiffert, 2008
Motsch and Ziegler, 2004
Nelson E. et al., 1996
Nye et al., 1987
Osburg, 2000
Panagos and Prelock, 1984
Penner and Kölliker Funk, 1998
Prelock and Panagos, 1980
Ramge, 1973
Romonath, 1997
Rothweiler, 1993
Schmidt, 2009
Schelten-Cornish, 2007
Schmidt, 2011
Schöler, 1999
Schöler and Spohn, 1998
Spengler, 1999
Szagun, 2007
Tracy, 1991
Troßbach-Neuner, 2003
Waldschütz, 2004
Wehr, 1994
Wilgermein, 1992
Yoder et al., 1991