Das begriffsorientierte Vorgehen nach
Grohnfeldt (1997) stellt z. B. ein geeignetes Konzept für die frühe
Wortschatztherapie:früheWortschatztherapie dar, da die Entwicklung grundlegender kognitiver Fähigkeiten die zentrale therapeutische Zielsetzung dieses Konzepts ist. Der patholinguistische Ansatz (
Siegmüller & Kauschke 2006) zeichnet sich insbesondere durch seine entwicklungschronologische Vorgehensweise aus, während der „Wortschatzsammler“ (
Motsch 2012) metasprachliche Fähigkeiten in den Fokus nimmt und die Vermittlung relevanter Strategien zum Auf- und Ausbau des Wortschatzes im Vordergrund therapeutischen Handelns sieht. Das EAST-Konzept (Elaboration-Abruf-Strategie-Therapie)
EAST-Konzept (Elaboration-Abruf-Strategie-Therapie) hingegen stellt die semantische und phonologische Elaboration, die Optimierung der Speicherorganisation durch das Knüpfen mentaler Netze, ins Zentrum der therapeutischen Arbeit. Diese werden mit ausgewählten Aspekten der Abruf- und Strategietherapie verbunden.
Begriffsorientiertes Vorgehen nach Grohnfeldt
Im
Wortschatztherapie:begriffsorientierte (nach Grohnfeldt)Zentrum des von
Grohnfeldt (1997) entwickelten Therapiekonzepts steht die
Begriffsbildung:Therapiekonzept nach GrohnfeldtBegriffsbildung. Grundlegend ist hier die Annahme, dass die Entwicklung des Wortschatzes mit basalen kognitiven Entwicklungsaspekten einhergeht. Begriffe werden als geistige Konzepte aufgefasst, die durch die Wahrnehmung und Erfahrung konkreter Situationen entstehen und in einem weiteren Schritt kognitiv abstrahiert werden. Aus der kognitiven Entwicklungsreihenfolge vom Konkreten, Besonderen zum Allgemeinen leitet
Grohnfeldt (1997) vier Stufen der semantisch-lexikalischen
semantisch-lexikalische Therapie:StufenTherapie ab:
•
Konkretionsstufe
•
Erste Abstraktionsstufe
•
Zweite Abstraktionsstufe
•
Anwendungsstufe
Dem Therapiekonzept wird ein situativer Ansatz mit integrierten, gezielten Angeboten zum rezeptiven und expressiven Wortschatz zugrunde gelegt. Dieser ist je nach Altersstufe zu modifizieren (
Kannengieser 2012).
Auf der Konkretionsstufe wird damit begonnen, den
Wortschatztherapie:KonkretionsstufeWorterwerb durch einen konkreten Umgang mit Realgegenständen zu fördern, der in möglichst natürliche Handlungen eingebettet ist. Hierbei wird die Wahrnehmung des Kindes auf den betreffenden Gegenstand und den jeweiligen Situationszusammenhang gelenkt, was dann auf einfache Weise versprachlicht wird. Anhand dieses Vorgehens sollen zu lernende Wörter konkret erfahrbar gemacht und in möglichst natürlichen kommunikativen Settings präsentiert werden. Dieser konkrete, handelnde Umgang stellt nach
Grohnfeldt (1997) die Grundlage der
Begriffsbildung:KonkretionsstufeBegriffsbildung dar.
Um dann erste abstrahierende Prozesse Wortschatztherapie:Abstraktionsstufe(n)auf der ersten Abstraktionsstufe zu aktivieren, werden die Begriffsassoziationen anhand von ausgewähltem Bildmaterial gelenkt. Die Erweiterung des rezeptiven Wortschatzes erfolgt hier in erster Linie durch das Wiedererkennen von Objekten auf Abbildungen. Die Aufgaben können mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gestaltet werden, z. B. durch das Erkennen eines Objekts in Abgrenzung zu einer Gruppe ähnlich klingender Wörter, durch die Vorgabe eines Oberbegriffs oder das Hervorheben eines Wortes nach einer das Objekt umschreibenden Frage. Expressive Übungen in dieser Therapiephase umfassen vorwiegend Benennaufgaben wie z. B. das Spielen von Bilderlotto, Domino oder Memory.
Auf der zweiten Abstraktionsstufe erfolgt die Wortschatzarbeit ohne den zusätzlichen Einsatz von Bildern oder Realgegenständen. Sie wird vermehrt bei Kindern im Schulalter eingesetzt, wenn die Schrift bereits als weiteres Symbolsystem zur Verfügung steht. Mögliche Therapieelemente sind hier Ratespiele mit Umschreibungen, Bedeutungszuweisungen mit Hyponymen (wie z. B. Teekesselchen), Lückentexte, Reimübungen, das Ergänzen von Sätzen und Silben in unvollständigen Wörtern und das Zusammenfügen von Silben zu Wörtern.
Den Abschluss einer therapeutischen Einheit bildet bei Grohnfeldt die sog. Anwendungsstufe. Wortschatztherapie:AnwendungsstufeHier sollen die gelernten Wörter in alltäglichen kommunikativen Kontexten verwendet werden, um somit die allgemeine kommunikative Kompetenz sowie die situative Verwendung der erlernten Sprachmuster im Transfer zu fördern. Elemente der Therapie können hierbei unter anderem Rollenspiele, Bildergeschichten oder Erlebniserzählungen sein.
Patholinguistischer Ansatz (PLAN) nach Siegmüller & Kauschke
In der
Wortschatztherapie:patholinguistischer Ansatz (PLAN) nach Siegmüller & Kauschkepatholinguistischen Therapie werden ebenfalls verschiedene Therapiebereiche unterschieden, die sich aus den von
Siegmüller & Kauschke (2006) definierten Störungsschwerpunkten ableiten lassen. Die Zuweisung des jeweiligen Störungsschwerpunkts erfolgt anhand der sprachlichen Symptomatik des Kindes und einer ausführlichen semantisch-lexikalischen Diagnostik (vgl.
Kauschke & Siegmüller 2010). Die therapeutische Arbeit dieses Ansatzes umfasst die folgenden entwicklungschronologisch aufgebauten
patholinguistischer Ansatz (PLAN):TherapieschwerpunkteTherapieschwerpunkte:
1.
Begriffsbildung
2.
Erwerb und Festigung von Wortformen und Bedeutungen
3.
Strukturierung und Organisation semantischer Repräsentationen
4.
Wortform: Repräsentation und Zugriff
5.
Generalisierung und Transfer
Dem therapeutischen Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass entsprechend der ungestörten Entwicklung des Kindes die Begriffsbildung dem eigentlichen Wortschatzerwerb vorausgeht. Der Therapiebereich „Begriffsbildung“ ist daher insbesondere in der frühen Lexikontherapie
Begriffsbildung:Lexikontherapievon Bedeutung (Kauschke & Siegmüller 2007). Anhand konkreter Erfahrungen soll das
WeltwissenWeltwissen der Kinder als grundlegende Basis der Wortschatzentwicklung gefördert und gestärkt werden. Das Kind wird beim Aufbau neuer Konzepte und deren mentalen Repräsentationen unterstützt. Hierdurch sollen sprachliche und nichtsprachliche Begriffsstrukturen etabliert und die Aufmerksamkeit des Kindes auf die Wortbedeutung sowie die jeweilige Wortform gelenkt werden. Der therapeutische Bereich der Begriffsbildung setzt sich aus Übungen zum konkreten Erfahrungsaufbau und zur Konzeptbildung sowie Aufgaben zur Objektkategorisierung zusammen. Bestehen in diesem Bereich kaum noch Probleme, kann zum Erwerb neuer Wörter übergegangen oder ggf. direkt auf der zweiten Stufe mit der therapeutischen Arbeit begonnen werden (vgl.
Kannengieser 2012).
Der Therapieschwerpunkt „Erwerb und Festigung neuer Wortformen und Wortbedeutungen“ dient in erster Linie der rezeptiven und expressiven
Lexikonerweiterung:rezeptiveLexikonerweiterung
Lexikonerweiterung:expressiveund findet daher vorrangig Anwendung bei Kindern mit einem eingeschränkten Lexikoninventar. Eine gezielte Lexikonerweiterung soll nach diesem Ansatz über spezifische Übungen zur Auslösung des
Fast-Mapping-Prozesses und Aufgabenstellungen zur rezeptiven und expressiven Wortschatzerweiterung erreicht werden. Zur Aktivierung des
Fast-Mapping-
Fast-Mapping-StrategienMechanismus werden Wortlernübungen mit Fantasiewörtern vorgeschlagen. Sie sollen den Kindern Wortschatzerwerbsstrategien vermitteln, die sie beim Wortlernprozess unterstützen können. Gelingt es dem Kind dadurch häufiger, neu gehörte Wörter auf bisher unbekannte Referenten abzubilden, kann mit der konkreten Wortschatzarbeit in verschiedenen semantischen Feldern begonnen werden. Die Autorinnen empfehlen, auf der rezeptiven Ebene mit der Therapie zu beginnen und erst dann zur Produktion überzugehen, wenn das Verständnis der Zielwörter eindeutig gesichert ist. Einer expressiven Übungsphase sollte daher immer eine längere rezeptive Vorlaufphase vorangehen (vgl.
Siegmüller & Kauschke 2006).
Eine Ausdifferenzierung semantischer Felder wird auf der rezeptiven Wortschatztherapie:rezeptive EbeneEbene durch die Methode der „InputspezifizierungInputspezifizierung“ erreicht. Dabei werden Zielwörter nicht isoliert, sondern in spezifischen sprachlichen Kontexten angeboten, um auf diese Weise sicherzustellen, dass die grammatikalischen und semantischen Informationen zu den Wörtern ebenfalls mitgeliefert werden. Bei den Übungsvorschlägen zur expressiven Lexikonerweiterung handelt es sich in erster Linie um klassische Benennübungen sowie Produktionsübungen im Satz und in komplexer werdenden Kontexten.
Im therapeutischen Bereich „Strukturierung und Organisation semantischer Repräsentationen“ wird eine systematisch gegliederte Vernetzung des semantischen Systems
semantische Repräsentationen:Strukturierung und Organisationangestrebt. Diese therapeutische Schwerpunktsetzung ist bei Kindern indiziert, die Wörter nicht thematisch-assoziativ verknüpfen können, weil ihnen entweder taxonomisch strukturierte semantische Kategorien fehlen oder weil sie Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den einzelnen Kategorien haben. Auch spezifische Abrufstörungen, deren Ursache in einem unzureichend organisierten semantischen System vermutet wird, können auf diese Weise therapiert werden. Durch deutliches Hervorheben taxonomischer Hierarchien und semantischer Relationen wird den Kindern in der Therapie die Struktur des semantischen Systems vermittelt. Dies kann sowohl anhand von Übungen zum Aufbau von Kategorien und deren Abgrenzung zueinander als auch über deren Ausdifferenzierung erfolgen (
Siegmüller & Kauschke 2006). Übungen zur Erarbeitung semantischer Relationen fallen ebenfalls in diesen Therapiebereich.
Für Kinder, die trotz eines guten semantischen Wissens und eines ausreichend strukturierten mentalen Lexikons
WortfindungsproblemeWortfindungsprobleme aufweisen, liegt der therapeutische Schwerpunkt auf der Ebene der „Wortform“. Bei der therapeutischen Arbeit in diesem Bereich stehen der Ausbau der phonologischen
phonologische Repräsentationen:TherapieRepräsentationen sowie der Zugriff auf die jeweilige Wortform im Zentrum. Um das Störungsbewusstsein des Kindes zu vermindern und als Hilfestellung wird hier der Einsatz eines „Abrufzeichens“ vorgeschlagen (
Siegmüller & Kauschke 2006). Das Kind hat dabei die Möglichkeit, mit Hilfe eines Zeichens oder Symbols zu signalisieren, dass es gerade Wortabrufprobleme hat. Das therapeutische Vorgehen im Bereich der phonologischen Repräsentation setzt nach diesem Konzept einerseits an der Konzentration auf die Wahrnehmung der
WortformenWortform selbst und andererseits an der Schulung der phonologischen Bewusstheit zur Verbesserung der phonologischen Wortrepräsentation an. In einem weiteren Schritt wird dann über Übungen explizit an der Effizienz des Zugriffs zum Abruf von Einzelwörtern gearbeitet. Wichtig ist hierbei die Einhaltung der Übungsabfolge, da diese aufeinander aufbauen.
Der
Wortschatztherapie:Generalisierung und TransferTherapiebereich „Generalisierung und Transfer“ soll abschließend sicherstellen, dass die neu erlernten Wörter situationsadäquat und sicher in der Spontansprache umgesetzt werden können. Ziel ist es dabei, das Kind zur Kommunikation in alltäglichen Kontexten ohne den Einsatz von Vermeidungsstrategien zu befähigen. Dazu werden die neu erworbenen Wörter in unterschiedlichen Kontexten, die nach zunehmend freieren Situationen und wachsender kommunikativer Sinnhaftigkeit gestaffelt sind, angewendet (vgl.
Siegmüller & Kauschke 2006).
Der „Wortschatzsammler“ nach Motsch
Bei der
Lexikontherapie:Wortschatzsammler-MethodeTherapiemethode des „
Wortschatzsammler-Methode (nach Motsch)Wortschatzsammlers“ handelt es sich um eine von Motsch (2008) entwickelte lexikalische
Strategietherapie:lexikalischeStrategietherapie. Das zentrale therapeutische Ziel dieses Ansatzes ist das „
Deblockieren eigenaktiven LernensDeblockieren“ eigenaktiven lexikalischen Lernens. Diesem Therapieansatz liegt die Annahme zugrunde, dass eine lexikalische Therapie nur dann wirklich effektiv sein kann, wenn sie
Selbstlernmechanismen:LexikontherapieSelbstlernmechanismen des Kindes (re)aktiviert und somit eine nachhaltige Wortschatzerweiterung im Sinne eines Generalisierungseffekts
Wortschatztherapie:Generalisierungseffekteauf untrainierte Worte erzielt werden kann (
Motsch & Ulrich 2012). Der Grundgedanke einer strategiegeleiteten Therapie ist keinesfalls neu, sondern wurde bereits 1992 von German eingeführt. Jedoch ging man bisher davon aus, eine strategieorientierte Therapie sei für Vorschulkinder aufgrund mangelnder metakognitiver Fähigkeiten ungeeignet (
Motsch & Ulrich 2012).
Das Prinzip des „Wortschatzsammlers“ besteht darin, Kindern ab der ersten Therapieeinheit grundlegende Strategien zu vermitteln, die sie zu einem lexikalischen „Staubsauger“ (Pinker 1994) werden lassen (
Motsch & Ulrich 2012). Diese
StrategienStrategien (oder
HandlungsmusterHandlungsmuster) sollen sie dazu befähigen, Situationen zu bewältigen, in denen ihnen lexikalisches Wissen fehlt oder der Zugriff auf vorhandenes Wissen nicht gelingt. Indem sie die eigenen lexikalischen Lücken entdecken, sollen Kinder nach diesem Konzept zu eigenaktivem Lernen angeregt werden und somit wichtige Elemente des Selbstmanagements erwerben. Dies erfolgt über die Vermittlung von
FragestrategienFragestrategien zur semantischen und phonologischen Elaboration, Strategien zur Kategorisierung neuer lexikalischer Einträge sowie Strategien zur besseren Einspeicherung und zu einem verbesserten Abruf. Ein Transfer der erlernten Strategien in den Alltag soll durch Einbeziehung der Eltern in die Therapie erreicht werden.
In dem von
Motsch & Ulrich (2012) entwickelten Konzept ist jeder Therapiebaustein in ein
Lexikontherapie:Wort-Schatzsuchespezifisches Rahmenthema eingebettet und in 3–4 Einheiten unterteilt. Gemeinsam mit dem Piraten Tom gehen die Kinder auf Schatzsuche bzw. „Wort-Schatzsuche“. Tom ist hierbei ausschließlich an Dingen interessiert, die er noch nicht kennt. Durch das gemeinsame Suchen nach neuen Gegenständen und den häufigen Einsatz verschiedener Strategien wird das Entdecken unbekannter Wörter für die Kinder zum Erfolgserlebnis. Anders als im Alltag des Kindes sollen Situationen des Nichtwissens nicht mehr zur Frustration und Entmutigung führen, sondern vielmehr ein Schlüssel zum Erfolg sein (vgl.
Motsch & Ulrich 2012).
In einer ersten Phase wird gemeinsam eine Schatztruhe erkundet, in der sich jeweils vier Gegenstände und zwei Fotos befinden. Die Objekte stellen hierbei vier Nomen dar, während die Fotos Handlungen repräsentieren. Beim gemeinsamen Entdecken der Schatztruhe gilt es herauszufinden, welche Gegenstände und Handlungen dem Kind bereits bekannt sind und welche es ggf. noch nicht benennen kann. Nur die Dinge, die das Kind noch nicht kennt, dürfen in einem dafür vorgesehenen „Schatzsack“ gesammelt werden.
In einem zweiten Schritt sollen die gesammelten Schätze erkundet werden. Die Handpuppe Tom demonstriert dem Kind in dieser Phase verstärkt, wie es sich durch gezielte FragestrategienFragestrategien lexikalisches Wissen aneignen kann. („Was ist das?“, „Wozu braucht man das?“, „Was kann man damit machen?“, „Wie heißt das?“). Erweist sich ein Wort als besonders schwierig, gibt Tom dem Kind zusätzlich eine kleine Hilfestellung, wie es sich das Wort besser merken kann – z. B. indem es sich das Wort dreimal laut, langsam und deutlich vorsagt.
Die dritte Phase besteht darin, die gefundenen Schätze in kleine Bilder verzaubern zu lassen. Das geschieht unter der Bedingung, dass das Kind dem Zauberer (ebenfalls einer Handpuppe) sagen kann, wie die Schätze heißen und was man mit ihnen machen kann.
Als vierte und letzte Phase kommt nur in jeder zweiten Sitzung eine Therapieeinheit hinzu, in der den Kindern Strategien zur
KategorisierungsstrategienKategorisierung an die Hand gegeben werden. Die Bilder, die das Kind vom Zauberer erhalten hat, werden nach ihrer Zusammengehörigkeit in ein Schatzheft eingeklebt: Gemeinsam wird überlegt, welche Bildchen aus welchen Gründen zusammengehören (z. B. semantische Felder, semantische Relationen), bevor sie dann auf eine gemeinsame Seite im Schatzheft geklebt werden (vgl.
Motsch & Ulrich 2012).
EAST-Konzept nach Glück
Das EAST-
EAST-Konzept (Elaboration-Abruf-Strategie-Therapie)Konzept
Wortschatztherapie:EAST-Konzept (nach Glück)nach Glück versucht die drei zentralen Bereiche des Interventionsfeldes semantisch-lexikalischer Störungen miteinander zu verbinden: die Optimierung der Speicherorganisation (Elaboration, E), die Verbesserung des Abrufs (A) und die Förderung von Metawissen und des Selbstmanagements anhand ausgewählter Strategien (S) in der Therapie (T). Je nach diagnostischen Befunden wird in diesem Konzept auf der semantisch-konzeptuellen und/oder der phonologisch-morphologischen Ebene des mentalen Lexikons an der Optimierung der
Speicherorganisation:OptimierungSpeicherorganisation und der
Abrufprozesse:OptimierungAbrufprozesse gearbeitet. Um Generalisierungseffekte auch für den nichttherapierten Wortschatz zu erzielen, wird das Elaborations- und Abruftraining durch Elemente der sog.
StrategietherapieStrategietherapie unterstützt (
Glück 2003).
Der Bereich der „semantischen und phonologischen
Elaborationstherapie:phonologischeElaboration“
Elaborationstherapie:semantischefokussiert in erster Linie die reichhaltige und fundierte Vermittlung von Wortwissen zu den jeweiligen lexikalischen
lexikalische Einträge:VerknüpfungenEinträgen für das
Knüpfen von Netzen (
Kannengieser 2012). Das Kind wird dabei unterstützt, seine lexikalischen Repräsentationen stärker auszuarbeiten und somit die Speicherorganisation der Einträge zu optimieren. Eine Verbesserung der Speicherqualität lässt sich therapeutisch einerseits durch Methoden der Wortschatzerweiterung und andererseits durch verstärkte Verknüpfungen der einzelnen Einträge untereinander und deren Abgrenzung zueinander erreichen. Die Elaborationsarbeit besteht insbesondere darin, die lexikalischen
lexikalische Einträge:DifferenzierungenEinträge mit weiteren Bedeutungsmerkmalen anzureichern und die Einträge durch Vergleichen, Unterscheiden und Kontrastieren zu differenzieren. Das Ordnen und Klassifizieren von Begriffen und/oder Wortfeldern auf der semantischen Ebene des mentalen Lexikons kann beispielhaft in Aufgaben umgesetzt werden.
Übungen
Durch die Visualisierung eines semantischen Kontinuums innerhalb eines Wortfeldes können die Kinder dazu aufgefordert werden, Begriffe zueinander in Beziehung zu setzen oder diese voneinander abzugrenzen: z. B. Adjektive zum Wetter (lau, schattig, frisch, warm, mild, kühl) in Bild oder Schrift auf einer zweipoligen Skala von heiß nach kalt anzuordnen.
Auch ein modifiziertes Memory-Spiel eignet sich gut für die semantische Elaborationstherapie:ÜbungenElaboration. Pärchen bilden in dieser Spielform z. B. nicht Bilder mit demselben Begriff, sondern zwei Bilder, die in einer bestimmten semantischen Relation zueinander stehen (z. B. ist Ast ein Teil von Baum).
Auf der phonologischen Ebene kann die Verknüpfung der Einträge unter anderem durch verschiedene Sortieraufgaben, z. B. nach Reimen, Anlauten, Silbenanzahl oder größerer bzw. geringer Wortformähnlichkeit, erfolgen.
Methoden der
AbruftherapieAbruftherapie sollen in diesem Therapiekonzept zu einer Verbesserung der Abrufleistung führen. Durch bewusste Steigerung der Verwendungshäufigkeit betroffener Wörter wird die Qualität der Abrufprozesse verbessert, da ein schneller, störungsfreier Abruf der
lexikalische Einträge:AbruftherapieEinträge nur dann gewährleistet ist, wenn er automatisiert erfolgt. Die Aktivierungen im mentalen Lexikon, die letztlich zum Abruf des gewünschten Items führen, laufen über die bei der Elaboration hergestellten Verknüpfungen zwischen den einzelnen Einträgen, weshalb die Qualität der Speicherung ebenfalls relevant für einen erfolgreichen Abruf ist. Je häufiger also ein bestimmter Eintrag abgerufen wird, desto stärker verknüpfen sich die Einträge untereinander. Ein erneuter Abruf kann infolgedessen schneller und sicherer erfolgen. Die Erhöhung der Abrufhäufigkeit ist die am stärksten abrufförderliche Methode, auch wenn hierdurch keine langfristige Wirkung entsteht (
Glück 2003a). Neben die Arbeit an der
AbrufqualitätAbrufqualität bestimmter Items tritt die generelle Förderung von Abrufprozessen. Zur Verbesserung des Aktivierungsgrades im mentalen Lexikon dienen Assoziations-, Reaktions- oder Rollenspiele. Gemeinsam ist ihnen, dass unter Zeitdruck (angepasst an die konkrete therapeutische Situation) Einträge abgerufen oder Merkmale von Einträgen beurteilt oder sogar ganze Lexikonbereiche (semantische Felder, Wortfelder) aktiviert werden müssen.
Wenn die Einschränkung der Abrufqualität:EinschränkungenAbrufqualität nicht in der Geschwindigkeit, sondern in der Genauigkeit des Abrufes besteht, reicht eine bloße Aktivierung nicht aus. Diese Kinder antworten zwar im erwarteten Zeitrahmen, ihre Antworten liegen aber häufig semantisch und/oder phonologisch „daneben“, sind also ungenau (z. B. unspezifischer Oberbegriff, wenn ein Konkretum passender und bekannt ist). Neben der Stärkung der Speicherqualität:und AbrufqualitätSpeicherqualität (Elaboration) wird bei diesen Kindern die Reflexion der eigenen Antworten angebahnt und unterstützt, um letztlich zu einem Self-Self-Monitoring:AbrufprozesseMonitoring in der Bewertung des Abrufprozesse:Self-MonitoringAbrufprozesses zu kommen. Zur generellen Steigerung der Abrufaktivitäten eignen sich in der Therapie vor allem Wörterdominos mit Komposita, Assoziationsaufgaben oder Ratespiele mit Wortfragmenten oder silbisch gesprochenen Wörtern. Zusätzlich kann eine erfolgreiche Aktivierung durch die Variation verschiedener Abrufkontexte (z. B. visuelle Stimuli, verbale Stimuli: Benennung nach Definitionen, Satzergänzungen usw.) oder eine flexible semantische und syntaktische Verwendung der jeweiligen Einträge erleichtert werden.
Die Methode der semantischen und phonologischen Elaboration eignet sich besonders zur Erarbeitung neuer Wortschätze
Elaborationstherapie:Wortschatzerwerbund kann hier zu einer deutlichen Verbesserung der Speicherqualität und Speicherorganisation führen (
Glück 2003a). Um über diese exemplarisch erarbeiteten Wortfelder hinaus auch
Generalisierungseffekte:WortschatztherapieGeneralisierungseffekte auf den gesamten Wortschatz der Kinder zu erzielen, müssen in der
Wortschatztherapie:GeneralisierungseffekteWortschatztherapie angelegte Vorgehensweisen mehr und mehr vom Kind selbst übernommen werden. Langfristig müssen die Methoden der
Elaborationstherapie:eigenaktives LernenElaborationstherapie den Kindern zugänglich gemacht werden, damit sie ihr lexikalisches Wissen eigenaktiv zu organisieren und selbstständig zu erweitern lernen. Gleiches gilt für Aspekte der Abruftherapie, die ebenfalls nur dann generalisierende Effekte aufweisen kann, wenn das Kind von sich aus in der Lage ist, Abrufprozesse bewusst zu gestalten und die verfügbaren Informationen effizient zu nutzen. Elemente der
StrategietherapieStrategietherapie sollen daher zu einer verbesserten sprachlichen Handlungsfähigkeit und einem erweiterten Metawissen zusätzlich zu den eigenen Gedächtnisfähigkeiten verhelfen. Die therapeutische Vermittlung von
Metawissen:WortschatzerwerbMetawissen und
Strategien:WortschatzerwerbStrategien, die den Wortschatzerwerb unterstützen, erfolgt insbesondere über das
ModelllernenModelllernen, aber teilweise auch durch instruktionales Lernen. Den Kindern wird reichhaltiges Wissen über Speicher- und Abrufbedingungen und über die Funktionen des Wortgedächtnisses vermittelt. Die Strategien können als eine Art „Trick“ eingeführt und innerhalb der Therapie modellhaft verwendet werden. Die eingeführten „
Tricks:Worterwerbs- und AbrufstrategienTricks“ umfassen Worterwerbsstrategien, die Kinder dazu befähigen, neue Einträge im mentalen Lexikon anzulegen und diese zu vernetzen, sowie Abrufstrategien, die deren Abrufstärke intensivieren sollen. Außerdem werden Handlungsmöglichkeiten bei Abrufproblemen zur Verfügung gestellt, ebenso wie Kompensationsstrategien, um mögliche kommunikative Defizite ausgleichen zu können.