© 2021 by Elsevier GmbH
Bitte nutzen Sie das untenstehende Formular um uns Kritik, Fragen oder Anregungen zukommen zu lassen.
Willkommen
Mehr InformationenB978-3-437-44526-2.00013-3
10.1016/B978-3-437-44526-2.00013-3
978-3-437-44526-2
Elsevier GmbH
Diagnostische Kriterien für Sprachentwicklung und Hören in den Vorsorgeuntersuchungen (laut Kinder-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen 2011), ergänzt durch aktuelle Screening-Verfahren und Fragebögen für das entsprechende Alter
Zeitpunkt | Sprachentwicklung/Hören | |
U1 | Neugeborenen-Screening | Hörscreening |
U2 | 3.–10. Tag | |
U3 | 4.–5. Woche | |
U4 | 3.–4. Monat | |
U5 | 6.–7. Monat | Reaktion auf Ansprache der Eltern Reaktion auf Geräusche |
U6 | 10.–12. Monat | verzögerte Sprachentwicklung (keine Silbenverdopplungen) Reaktion auf leise Geräusche |
Kurztests, Screening-Verfahren und Fragebögen für die ärztliche Praxis | ||
|
||
ggf. audiometrische Überprüfung | ||
U7 | 21.–24. Monat | altersgemäße Sprache fehlt (z. B. keine Zweiwortsätze, kein Sprechen in der 3. Person wie „Peter essen“)altersgemäßes Sprachverständnis fehlt (z. B. kein Zeigen auf Körperteile nach Befragen, kein Befolgen einfacher Aufforderung) |
Kurztests, Screening-Verfahren und Fragebögen für die ärztliche Praxis | ||
|
||
U7a | 34.–36. Monat | altersgemäße Sprache fehlt (z. B. keine Drei- bis Fünfwortsätze, eigener Vor- oder Rufname wird nicht verwendet) altersgemäßes Sprachverständnis fehlt (z. B. kein Zeigen auf Körperteile auf Befragen) |
Kurztests, Screening-Verfahren und Fragebögen für die ärztliche Praxis | ||
|
||
U8 | 46.–48. Monat | altersgemäße Sprache fehlt (z. B. kein Sprechen von Sätzen in der „Ich-Form“) Aussprachestörungen (z. B. Stottern, schwere Stammelfehler, unverständliche Sprache) |
Kurztests, Screening-Verfahren und Fragebögen für die ärztliche Praxis | ||
|
||
U9 | 60.–64. Monat | Sprachstörungen Aussprachestörungen Sprachverständnis |
Kurztests, Screening-Verfahren und Fragebögen für die ärztliche Praxis | ||
|
Übersicht über Verfahren zur Sprachstandsfeststellung sowie zur Sprachförderung in den Bundesländern (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012: 248)Sprachstandsfeststellungsverfahren:nach BundesländernSprachförderung:in den Bundesländern
Land | Monate vor der Einschulung | Für alle Kinder verbindlich? | Verfahren | Kinder mit Förderbedarf (2010) | Sprachförderung:Dauer (Monate)/Umfang (Stunden) |
BW | 15–24 | ja | HASE (Brunner & Schöler 2001) SETK 3–5 (Grimm 2001) |
25,2 % (Daten von 2009) |
12 M./120 h |
BY | 18–24(6) | nur bei Migrationshintergrund | SISMIK (Ulich & Mayr 2003) „Kenntnisse in Deutsch als Zweitsprache erfassen“ (6 Monate vor Einschulung) |
76,1 % | 18 M./240 h |
BE | 15 | ja | QuaSta Deutsch Plus 4 (BSBJS 2008) |
17,0 % | 12 M/15 h pro Woche |
BB | 12 | ja | WESPE (Eichhorn & Liebe 2006) Beobachtung „Meilensteine der Sprachentwicklung“ |
18,4 % | mind. 3 M./3–5 h pro Woche |
HB | 12–24 | ja | CITO (NIEM 2004) | 42 % (Bremen: 41,6 %; Bremerhv.: 46,0 %) |
7–9 M./2–4 h pro Woche |
HH | 18 | ja | Protokollbogen zur Vorstellung 4,5-Jähriger HAWAS Bildimpulse |
25,7 % | 12 M./160 h |
HE | 24 | nein | KiSS (Euler et al. 2007) | 30,9 % | 12 M./10–15 h pro Woche |
MV | - | - | - | - | - |
NI | 15 | ja | Fit in Deutsch (Niedersächsisches Kultusministerium 2006) | 20,4 % | 12 M./1–12 h pro Woche |
NW | 24 | ja | Delfin 4 (Fried 2008) | 24,7 % | k. A. |
RP | 12 | nein | VER-ES (Kammermeyer, Roux & Stuck 2010) | 27,7 % (Daten von 2009) |
9 M./2–5 h pro Woche |
SH | 9 | nein | HAVAS-5 (Reich & Roth 2004) |
o. A. | 6 M./max. 200 h |
SL | 12 | ja | „Früh Deutsch lernen“ (MBKWS 2004) | 14,5 % | 7 M./5–10 h pro Woche |
SN | 24 | nein | SSV (Grimm 2003) | o. A. | k. A. |
ST | 24 | ja | Delfin 4 (Fried 2008) | 10,9 % (Daten von 2009) |
12 M./k. A. |
TH | - | - | - | - | - |
BB Brandenburg, BE Berlin, BW Baden-Württemberg, BY Bayern, HB Bremen, HE Hessen, HH Hamburg, MV Mecklenburg-Vorpommern, NI Niedersachsen, NW Nordrhein-Westfalen, RP Rheinland-Pfalz, SH Schleswig-Holstein, SL Saarland, SN Sachsen, ST Sachsen-Anhalt, TH Thüringen
Versorgung
In Deutschland gibt es im Gegensatz zu anderen Ländern eine sehr heterogene Struktur in der Versorgung:sprachförderndeVersorgung von Kindern mit sprachlichem Förderbedarf im frühen Kindesalter. Unterschiedliche Institutionen und Berufsgruppen sind mit der rehabilitativen, sprachtherapeutischen, sprachheilpädagogischen, sprachfördernden sowie der frühfördernden Versorgung:sprachtherapeutischeVersorgung beauftragt. Zudem werden sie aus unterschiedlichen Quellen (z. B. Krankenkasse, Rentenversicherung, Sozial-, Kultusministerium, Bundes-, Landeshaushalt) finanziert. Dies führt zu einer nur schwer zu überblickenden Gemengelage. Die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland hat dazu geführt, dass Frühinterventionsprogramme, der Einsatz von verbindlichen Sprachscreenings für Kinder in einem bestimmten Altersbereich sowie sprachfördernde oder sprachtherapeutische Maßnahmen regional sehr verschieden geregelt sein können. Zusätzlich wird eine Einschätzung erschwert, da es Förder- und Therapieprogramme für Einzel- oder Gruppensituationen gibt und diese sich zudem darin unterscheiden, ob sie zusätzlich zu einer frühpädagogischen Versorgung:frühpädagogischeVersorgung stattfinden oder in diese integriert sind (ambulant vs. mobil-aufsuchend). Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal stellt die Qualifikation der Fachkräfte in Sprachförderung und Sprachtherapie dar (Kap. 14). Trotzdem soll mit dem Kapitel der Versuch unternommen werden, die aktuelle sprachfördernde und sprachtherapeutische Versorgungssituation von Kindern im Kindergartenalter zu beschreiben und zudem aktuelle Diskussionen aufzugreifen, die unter dem Stichwort Evidenzbasierung die Frage nach der Wirksamkeit von sprachtherapeutischen und sprachfördernden Interventionen oder bestimmten institutionellen Strukturen stellen. Zuvor werden die grundlegenden gesellschaftlichen Perspektiven auf frühe Hilfen sowie die Geschichte der Professionen im Bereich Sprachförderung und Sprachtherapie erörtert.
13.1
Institutionen, Versorgungssysteme und Kostenträger im Wandel
13.1.1
Historische Entwicklung und Professionalisierung
Fachgesellschaften und Berufsverbände im Bereich Spracherwerb/Sprachentwicklungsstörungen in der Bundesrepublik Deutschland
•
Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) und Sektion Klinische Psychologie im BDP
•
Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e. V. (BAG-Selbsthilfe)
•
Bundesverband Klinische Linguistik (BKL)
•
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)
•
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (DGKJP)
•
Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP)
•
Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGP)
•
Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ)
•
Deutsche Gesellschaft für Sprach- und Stimmheilkunde (DGSS)
•
Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik (DGS)
•
Deutscher Berufsverband der Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie (BVPP)
•
Deutscher Berufsverband der HNO-Ärzte (BV-HNO)
•
Deutscher Bundesverband der akademischen Sprachtherapeuten (DBS)
•
Deutscher Bundesverband der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen, Lehrervereinigung Schlaffhorst-Andersen (DBA)
•
Deutscher Bundesverband für Logopädie (DBL)
•
Deutscher Bundesverband Klinischer Sprechwissenschaftler (DBKS)
•
Gesellschaft für interdisziplinäre Spracherwerbsforschung und kindliche Sprachstörungen im deutschsprachigen Raum (GISKID)
•
Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP)
•
Verband für Patholinguistik (VPL)
13.1.2
Gesellschaftliche Einflussfaktoren
13.1.3
Frühintervention als gesellschaftliche Investition
13.2
Aktuelle Versorgungssituation für die Altersgruppe zwischen 3 und 5 Jahren
13.2.1
Sprachförderung und Sprachtherapie
Sprachförderung in der frühkindlichen Bildung
Sprachtherapeutische Praxen
Heilpädagogische Versorgung
Versorgung komplexer Störungsbilder
13.2.2
Medizinische Früherkennung
13.2.3
Sprachstandsfeststellungsverfahren im pädagogischen Bereich
13.3
Auf der Suche nach dem richtigen Weg
13.3.1
Wirksamkeit – Evidenzbasierung
13.3.2
Ergänzung institutioneller Versorgung: Elterntraining und Eltern-Kind-Projekte
13.4
Ausblick
Literatur
Albers, 2010
Albers, 2011
Anger et al., 2007
Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2012
AWMF, 2011
Beushausen and Grötzbach, 2011
Bockmann and Kiese-Himmel, 2012
Bode, 2002
Braun and Macha-Krau, 2005
BSBJS, 2008
BSBWF, 2008
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, 2011
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (2011). Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien"). Rechtsquellensammlung des Gemeinsamen Bundesausschusses, Stand: 28.4.2011.Bürki et al., 2011
Bury and Mead, 1998
Buschmann and Jooss, 2007
Buschmann et al., 2009
Centini, 2004
Cholewa, 2003
Cholewa, 2010
De Langen-Müller and Hielscher-Fastabend, 2007
Dietz and Lisker, 2008
Dillitzer, 2009
Eichhorn and Liebe, 2006
Engel et al., 2008
Engel et al., 2009
Euler A. et al., 2007
Fox, 2009
Fried, 2004
Fried, 2008
Grimm, 2001
Grimm, 2003
Grimm and Doil, 2006
Grohnfeldt, 2009
Homburg, 2012
IQWIG, 2009
Kammermeyer et al., 2010
Knapp et al., 2010
Law et al., 2003
Law et al., 2010
Leonard, 1998
Lisker, 2011
Lüdtke and Kallmeyer, 2007a
Lüdtke and Kallmeyer, 2007b
MBKWS, 2004
Melchers et al., 2003
Möller and Spreen-Rauscher, 2009
Niedersächsisches Kultusministerium, 2006
NIEM, 2004
Peterander, 2008
Reich H. and Roth, 2004
Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6, 2011
Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien") in Kraft getreten am 12. März 2011.Ritterfeld, 2007
Ritterfeld, 2000
Sandrieser and Schneider, 2008
Schelten-Cornish, 2005
Schöler and Brunner, 2008
Schrey-Dern and Trost-Brinkhues, 2010
Stamm, 2010
Szagun et al., 2009
Ulich and Mayr, 2003
Ullrich and Romonath, 2008
von Suchodoletz and Sachse, 2008
von Suchodoletz et al., 2009
Wagenknecht and Meier-Gräwe, 2009
Waltersbacher, 2011